Katzen hassen Wasser? >Kap36<

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  • [tabmenu][tab=Platzreduzierungsseite]Bitte auf Fortsetzung klicken ~[tab=Fortsetzung]Neko betete für Mizu.
    Seit sie bei den Rebellen des Herzlandes arbeitete, hatte sie kein wirkliches Gebet mehr an den Gott der Steppe geschickt. Auch vorher war sie nicht sehr religiös gewesen – der Gedanke, die Götter hatten immer ein wachsames Auge auf die Menschen, war ihr schon tröstlich genug. Doch jetzt brauchte es einfach ein bisschen mehr.
    Natürlich war Mizu endlich erwacht und man konnte fast meinen, ein solches Gebet käme daher zu spät. Doch Neko machte sich Gedanken darüber, was für Folgen diese Verletzung nach sich ziehen mochte, und die wollte sie so gut es ging eingedämmt wissen, nachdem die Heiler alles in ihrer Macht stehende getan hatten. Auf dem Fußmarsch nach Namine hatte sie mit sich gehadert, welchen Gott sie um Beistand erbeten sollte: Groudon, weil er nunmal Gott der Eloi war; Suicune als Göttin des großen Flusses, an dessen Ufern Mizu aufgewachsen war; oder Arceus, der gerade hier im Herzland die größte Macht des Pantheons ausübte.
    Letztlich hatte Neko sich jedoch für Groudon entschieden, da es ihr richtig vorkam. An ihn hatte sie sich stets gewandt, wenn sie Sorgen und Ängste geplagt hatten, also war diese Wahl nur logisch.
    Als Neko endete, steckte sie das Räucherstäbchen in den oberen Sandkasten zu den anderen und erhob sich. Sie wandte sich dem Arceus-Altar zu und neigte auch vor ihm das Haupt, um ihren Respekt vor der örtlichen Gottheit zu bekunden. Am Rande gewahrte sie, dass die Naminerin fort war; ihr Weggehen hatte sie gar nicht registriert. Wie auch die Fremde verließ Neko die Kirche, um ihren Besuch in der Hauptstadt fortzusetzen.


    Vom Tempel aus führte eine weitere Promenade ab, die der Allee, die Neko zur Kirche geführt hatte, sehr ähnelte. Sie stellte sich nicht ganz so protzig dar, wirkte aber auch alles andere als verarmt. Verschiedene Schilder unter der Bedachung des Gehwegs nannten den Namen und die angebotene Ware des Geschäfts, zu dem sie gehörten: Ein Antiquitätengeschäft nebst eines Pfandleihers, eine kleine Confiserie, ja sogar ein Friseursalon, wie man ihn nur in den reichsten Vierteln der größten Städte zu finden vermochte, wo diese Modeerscheinung eingeschlagen war.
    Neko fiel vor allem ein Schild auf, auf dem das Wort Steppenglas zu lesen war. Um das Wortspiel perfekt zu machen, zierten gläserne Grasbüschel das hölzerne Schild, in denen das Licht flackerte, wenn der Wind das Schild zu leichtem Schaukeln anregte. Neugierig warf Neko einen Blick durch die großen Schaufenster, in denen herrlich gearbeitete Glasfiguren ausstanden. Ob der Besitzer tatsächlich ein Eloer war, wie der Name des Ladens suggerierte?
    „Du bleibst schön hier, damit du mir nichts kaputt machst“, wies Neko Traunfugil an und wollte sogleich eintreten. Doch der Nebelgeist hielt sie quiekend auf. Er nahm ihre Hand, hob sie hoch, bis sie auf Armeslänge vor ihrem Gesicht hing, und schwebte dann demonstrativ hindurch. „Ne!“, verlangte Traunfugil bestimmt, doch seine Menschenpartnerin schüttelte den Kopf. „Auch wenn du durch alles hindurchschweben kannst, bleib bitte draußen.“ Ihr Tonfall machte deutlich, dass sie keine weiteren Widerworte hören wollte. Es brach ihr das Herz, als Traunfugil eine traurige Miene aufsetzte, hinaufschwebte und sich an der Decke festsaugte. Die geisterhaft glühenden Augen schloss er schmollend, um auf ihre Rückkehr zu warten.
    Er tat ihr leid, doch Neko wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Im Glashaus sollte man nicht mit Steinen schmeißen – und auch nicht von Geistern begleitet werden, die ihre Kräfte nicht recht unter Kontrolle hatten. Traunfugil war einfach zu übermütig.
    „Ich bin gleich wieder da“, versicherte Neko ihm und öffnete die Tür. Eine kleine, gläserne Klingel ertönte, als sie den Laden betrat. Was der Eloa sofort auffiel, waren die vielen Regale, die die Wände säumten und Gänge zwischen sich aussparten. Über und über waren die Böden vollgestellt mit meisterlicher Glaskunst, wie Neko sie noch nie gesehen hatte: Pokémon in allen verschiedenen Größen und Posen, Normale wie Bunte oder mit Farben, die nicht in der Natur vorkamen, aus klarem oder milchigem Glas gefertigt. Besonders gefiel ihr eine Libelldra-Figur, die sich nach Drachenart um einen Sandstein schlängelte. Die durchsichtigen, roten Augen schienen von innen heraus zu leuchten. Doch auch alle möglichen Pflanzen und Blumen fanden sich unter den Exponaten. Unter anderem entdeckte Neko eine Rose aus blutrotem Glas, die in ihrer Fertigungsweise sehr derjenigen ähnelte, die Seijin unlängst erworben hatte. Wahrscheinlich war das also hier geschehen.
    Neko erhaschte einen Blick zur Ladentheke, hinter der sie den Besitzer vermutete. Zwar war der Posten tatsächlich besetzt, doch wer immer dort saß, verbarg sein Gesicht hinter einer großen Tageszeitung. Zu gern hätte sie gewusst, ob es ein Angehöriger ihres Volkes war. Aber es musste nicht einmal der Ladenbesitzer selbst sein, wahrscheinlich beschäftigte er Angestellte.
    Auf ihrem Weg durch die Gänge fielen ihre staunenden Augen auf eine Gruppe an Glasfiguren, von der sie gedacht hatte, außerhalb ihres Elternhauses nie eine zu erblicken: Katzenfiguren, einem Mauzi nachempfunden, aus sanddornfarbenem Glas mit eingeschlossenen Sandkörnern. Kindheitserinnerungen durchwehten Neko wie ein Sandsturm, Erinnerungen daran, wie ihre Mutter bei ihr am Bett gesessen und ihr Geschichten vom Nomadenvolk der Elani erzählt hatte. Neko wusste, ihr Vater war ein solcher gewesen, und dessen Bruder hatte Sanako die Katzenfigur geschenkt, die Neko als Kind immer so geliebt hatte.
    Sie hatte geglaubt, diese Figur sei einzigartig gewesen. Ein Zeichen dieser tragischen Liebesgeschichte, wie auch Neko selbst eines war. Jetzt zu sehen, dass noch mehr davon existierten, ja sogar hier, weitab der Steppe zum Schleuderpreis verkauft wurden, schmerzte die Chimäre sehr. Enttäuscht stellte sie die gläserne Katze zu ihren Brüdern und Schwestern im Regal zurück und floh vor der Erschütterung ihres kindlichen Glaubens.

    Als Neko aus dem Geschäft trat, nahm Traunfugil sie augenblicklich wieder in Empfang und ließ sich auf ihrer Schulter nieder. Seinen kleinen Groll auf ihren Befehl schien er schon vergessen zu haben. Sie streichelte seinen Kopf, während sie die Erinnerungen zu sortieren versuchte, die sie beim Anblick der aus Glas gefertigten Katzenfiguren heimgesucht hatten. Vier, bald fünf Jahre war sie nun schon verschiedenen Rebellengruppen des Herzlandes unterstellt und hatte ihre Heimat in dieser Zeit nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Doch wenn sie an das Wort Heimat dachte, kam ihr nicht die Steppe in den Sinn, wie Neko erschrocken feststellen musste. Ihr inneres Auge zeigte ihr keine Bilder von wogenden Steppenweizenfeldern, die golden unter der Wüstensonne glänzten; keinen Obstgarten mit hitzebeständigen Nutzpflanzen, die zum Überleben nur der zusätzlichen Bewässerung aus dem Brunnen bedurften; nicht das gute alte Haus, das an der Spitze des Dorfes stand, seit dessen Geschichte zurückreichte …
    Was sie sah, waren keine Orte. Es waren Personen. Ihre Freunde bei den Rebellen – Akari, Momoko und Kasai –, ebenso wie Rai und sogar Raika, die beiden Anführer Tetsu und Seijin, die Stärke und Verstand der Schwarzen Rose verkörperten, und auch Shinzu, denn trotz allem war er ein wichtiger Teil Nekos eigener Geschichte. Und nicht zuletzt Mizu.
    Traunfugil summte eine kleine Melodie, während seine Menschenpartnerin die Promenade entlangging, und diese überkam ein leichtes schlechtes Gewissen, dass sie ausgerechnet ihre Partnerpokémon nicht mit einer Heimat assoziierte. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass Libelldra und Traunfugil so eng mit ihr verbunden waren, dass sie zu Neko an sich gehörten denn zu ihrem unmittelbaren Umfeld. Sie waren Teil ihrer Seele und ihres Wesens.
    Während sie so ihren Gedanken nachhing, folgte Neko dem Verlauf der Straßen, bis sie endlich den Markt erreichte. Hier tummelten sich wie immer mehr Menschen, als der Platz an sich zu fassen im Stande war, und im allgemeinen Gedränge wurde die unscheinbare Eloa vom Strom in eine Richtung gezwungen. Dabei achtete sie stets sorgfältig darauf, dass ihr weder der kostbare Klappdeckelkorb, noch ihr Erspartes, noch die Mütze abhanden kamen. Alle drei Gegenstände brauchte sie dringend.
    Auf ihrem Weg gelangte sie zu dem Teil des Marktplatzes, auf dem Taschenspieler und Wahrsager ihrem Gewerbe nachgingen. Neko hielt aktiv Ausschau nach dem Zelt Mirai Yochis, weil sie die alte Dame etwas den Brief betreffend fragen wollte, den sie bei ihrem ersten Besuch bei ihr erhalten hatte. Doch so wie es aussah, sollte es auch Nekos letzter Besuch sein: Wo sie sich auch hinwandte, sie entdeckte zwischen all den prachtvoll aufgemalten Zelten nicht das eine kleine, das sie suchte. So sollte die Frage, wann sie den Brief mit der Weissagung öffnen sollte, erst einmal unbeantwortet bleiben.
    Neko beobachtete für einen Augenblick einen Naminer, der an einem Tisch Kartentricks vorführte, eindrucksvoll in Szene gesetzt durch ein Pantimimi, das auf der Platte tanzte und die Karten zum Schweben brachte. Sie hatte es nicht sonderlich eilig, doch wollte sie nicht so lange bleiben, dass man von ihr erwartete, dem Kartenkünstler etwas zu spendieren. Sie brauchte ihr Geld selbst; das Pantimimi hatte sie an Pantimos erinnert, das Ryori in der Hauptquartiersküche aushalf.
    Als sie sich widerstrebend von dem faszinierenden Trickspiel loswandte, stellte sie fest, dass Traunfugil nicht mehr bei ihr war. Sein praktisch kaum spürbares Gewicht auf ihrer Schulter konnte schon einige Minuten nicht mehr darauf ruhen, sie hätte es nicht festmachen können. Obwohl es ihr eigentlich so vorgekommen war, seine roten Augen eben noch im Blickwinkel gesehen zu haben. Zunächst versuchte Neko, die Ruhe zu bewahren – vermutlich war ihr Nebelgeist genau wie sie an einem Ding von Interesse hängengeblieben und würde gleich wieder zu ihr finden.
    Doch als er auch nach Momenten des Wartens nicht wiederkam, fing Neko an, sich zu fragen, was sie tun sollte. Hier weiterhin stehen bleiben war definitiv keine Option. Wenn Traunfugil schon länger fort war, würde er sie auch nicht finden, wenn sie an einer Stelle verharrte, wenn die, an der er sie eigentlich verloren hatte, ganz woanders lag. Sollten sich die beiden nicht mehr in Namine begegnen, so würde Traunfugil sicher irgendwann von allein zum Hauptquartier zurückkehren.
    Zumindest hoffte Neko, dass der Nebelgeist auf eine solche Idee kommen würde.
    An einem der Gebäude, deren Fassaden zum Marktplatz hin zeigten, war eine der praktischen Karten des Stadtzentrums aufgehängt. Schnell fand Neko die Abschnitte, die die benötigten Waren verkauften, und stellte mit Freude fest, dass sie sogar nah beieinander lagen. Sie prägte sich den Weg ein, den sie gehen musste, und folgte dem Strom an Marktbesuchern, der ununterbrochen murmelnd an ihr vorbeizog.

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    Neko seufzte resigniert und betrachtete den Fisch, den der Stand zum Verkauf anbot. Alles nur Erdenkliche aus allen Sieben Ländern lag hier bereit, den Besitzer zu wechseln: Von Barschwa aus ferneren naminischen Gewässern, über Karpador aus dem Gebirge bis hin zu so exotischen Meeresbewohnern wie Lampi und Fione war alles vertreten, das Neko benennen konnte. Frisch gefangen waren die Fischpokémon natürlich allemal nicht mehr, dafür sprachen die roten, mit geplatzten Äderchen durchzogenen Augen; doch wie die Eiswürfel, in denen sie lagen, und die Frosdedje, die über sie hinwegschwebte und ihren kalten Atem in der nach Fisch riechenden Luft verteilte, bewiesen, wurden sie einwandfrei gekühlt. Also konnte Neko zumindest darauf vertrauen, dass der Fang nicht schlecht war.
    Den einen Fisch, den sie unbedingt wollte, gab es allerdings nur einmalig an diesem Stand. Da er noch eine Weile haltbar war und sein Verkauf nicht drängte, hatte der Standbesitzer seinen Preis noch nicht herabgesetzt und feilschte auch nicht darum. Nur leider genügte das, was Neko an Kleingeld dabei hatte, nicht aus, zu erwerben, was sie benötigte. Wenn sie hier am Fischstand zu viel ausgab, mochte sie später beim Getreide nicht mehr genug Geld übrig haben. Ryori hatte ihr den ungefähren Preis genannt, den diese Waren zumeist hatten, doch waren diese keinesfalls festgeschrieben. Sollte sie erst weitergehen und die andere Zutat besorgen? Was sollte sie dann jedoch tun, wenn sie zurückkam und dieser eine Fisch verkauft war? Kein anderer Stand im Umkreis hatte einen solchen im Angebot.
    Unsicher, was sie tun sollte, stand Neko wie ein Häufchen Elend neben der Schlange an Kunden, die sich vor dem Fischhändler gebildet hatte. Tief in Grübeleien versunken schrak sie auf, als sie plötzlich von etwas angefallen wurde, das sich mit Wucht gegen ihre Brust warf. Mit Mühe hielt sie das Gleichgewicht und sprang fluchtbereit zurück, als sie erkannte, dass es nur Traunfugil war. „Wo bist du denn gewesen?“, stieß sie überrascht aus, doch der graugrüne Geist kuschelte sich nur in ihre Arme und lächelte über das Ganze nebelhafte Gesicht.
    Mindestens ebenso glücklich wie er und noch viel erleichterter lächelte Neko und streichelte seinen Kopf. Als ihr aber das Dilemma in den Sinn kam, in dem sie sich befand, seufzte sie erneut. Das bemerkte Traunfugil und setzte eine Miene auf, als sei ihm gerade etwas eingefallen. Mit Gesten seiner winzigen Ärmchen gab er ihr zu verstehen, die Hand flach auszustrecken. Als sie verwirrt gehorchte, ließ er etwas in ihre Handfläche fallen.
    Neko glaubte, ihre Augen müssten aus den Höhlen fallen, als sie erkannte, um was es sich bei dem Gegenstand handelte: Eine Geldmünze! Ihr Wert war hoch genug, dass sich Neko den Fisch und das Getreide kaufen konnte, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, wie sehr die Preise vom Durchschnittswert abwichen.
    Neko merkte, dass sie die Münze mit offenem Mund anstarrte, und blickte sich verstohlen um. Hoffentlich war niemandem aufgefallen, wie ihr Partner ihr das Metallplättchen überreicht hatte. Diebstahl war eine Straftat, und wenn ein Pokémon sie verübte, war automatisch der Menschenpartner dafür verantwortlich, ob er nun den Befehl dazu erteilt hatte oder nicht. Die Eloa verkroch sich in den Schatten eines Verkaufspavillons und zog Traunfugil an seiner Kette mit sich. Der quiekte zwar überrascht, machte aber weiterhin ein stolzes Gesicht.
    „Wo hast du das her?“, fragte Neko beunruhigt und hielt ihm die Münze vor die nicht vorhandene Nase. Traunfugil kicherte nur geisterhaft frech, schwebte zu ihrem Kopf und machte Anstalten, ihr die Mütze vom Kopf zu ziehen. Glücklicherweise konnte sie ihn davon abhalten, bevor er ihre Mauziohren offenlegen konnte, und schalt ihn zurecht. „Aber andererseits …“ Nachdenklich drehte Neko die glänzende Münze in der Hand. Es gab keine Möglichkeit für sie, herauszufinden, wem das Geld gehört hatte, dann konnte sie es doch genauso gut selbst zum Kauf benutzen. Als ob sie es gefunden hätte; immerhin mochte es auch sein, dass Traunfugil selbst es irgendwo auf der Straße hatte liegen sehen.
    Der Nebelgeist bedachte sie mit ratlosem Blick, doch Neko tätschelte ihm nur den Kopf und trat aus dem Schatten. Wieder stellte sie sich am Fischstand an und suchte in ihrem Beutel das benötigte Geld zusammen. Da es ziemlich auffällig wäre, wenn sie plötzlich mit einer so wertvollen Münze erschien, nachdem sie vorher um jeden Groschen gekämpft hatte, ließ sie Traunfugils Geschenk erst in dem Säckchen verschwinden. Ihr übriges Kleingeld hätte auch so für das Fischpokémon ausgereicht, ihre Sorge war schließlich nur gewesen, ob sie danach noch etwas hätte kaufen können. Und die war jetzt verflogen.
    So ersteigerte sie das letzte Schmerbe, das der Fischhändler im Angebot hatte. Sorgfältig und mit viel zusätzlichem Eis wickelte er es in ein wasserdichtes Papier und überreichte ihr die Ware. Zufrieden und ohne nennenswert schlechtes Gewissen, dass sie fremdes Geld benutzt hatte – es war immerhin für eine gute Sache! – ließ Neko den Fisch in ihren Korb gleiten, schloss den Deckel und nahm das wenige Rückgeld an.

    Geistesabwesend wollte Neko die Münzen in ihren kleinen Geldbeutel zurückschieben, als sie feststellen musste, dass sich dieser nicht mehr in ihrer Hosentasche befand!
    Als sie erschrocken herumwirbelte, erhaschte sie gerade noch so einen Blick auf einen naminischen Jungen, der zusätzlich zu seiner geringen Körpergröße geduckt zwischen der Menschenansammlung verschwand.
    Mit einem Lichtblitz dämmerte Neko, was geschehen war.
    „Mein Geld! Ich wurde bestohlen!“, rief sie aus, noch während sie loseilte. Traunfugil folgte ihr in seiner Überraschung nicht sofort, holte sie jedoch rasch ein. Schlank, wie sie war, schaffte sie es meist, sich zwischen den Marktbesuchern hindurchzuwinden; doch oft genug stieß sie auch mit ihnen zusammen und handelte sich dadurch Tadel und Flüche ein, die ihr hinterhergerufen wurden. Darauf zu achten hatte sie jedoch keine Zeit. Der kleine Dieb blitzte immer wieder in ihrem Blickfeld auf, doch zunehmend misslang es ihr, ihn im Gedränge ausfindig zu machen.
    „Flieg höher“, wies Neko Traunfugil an, weil sie fürchtete, den Straßenjungen schon bald zu übersehen. Der Nebelgeist nickte und erhob sich über die Massen. Wenngleich Neko ihm nicht beschrieben hatte, wen er verfolgen sollte, erreichten die enge Verbindung zwischen ihnen und Nekos hastige Verzweiflung, ihn genau wissen zu lassen, nach wem Ausschau zu halten war. So gelang es Neko, sich an ihrem Partner zu orientieren, der wie ein Wegweiser über das Gedränge hinwegschwebte. Sie selbst hatte den Dieb schon längst aus den Augen verloren.
    Da bot sich ihr plötzlich eine Lücke, und ihr Blick fiel genau auf den Jungen. Er war noch immer in seine kopflose Flucht vertieft, hatte aber gewiss gemerkt, dass sie ihn verfolgte. Neko nahm all ihre Entschlossenheit zusammen und leitete sie in die Beine, um möglichst schnell zu ihm aufschließen zu können. Der Flüchtige führte sie dabei vom Hauptauflauf der Marktbesucher fort in weniger belebte Bereiche. Trotz seiner kurzen Beinen war der Junge erstaunlich schnell und vor allem flink: Neko gelang es nicht, ihn einzuholen, aber ohne die Tarnung der Menge entkam er ihr jetzt zumindest vorerst nicht mehr.
    Und sie sah ihre Chance gekommen, als der Junge in eine enge Gasse zwischen zwei Marktständen einbog, die sich erst hinterher von einem Gemüsewagen blockiert herausstellte. Neko lief noch einmal etwas schneller in der Gewissheit, ihn bald zu erwischen – doch der Dieb wurde nicht langsamer. Stattdessen warf er sich in einem halsbrecherischen Manöver kurz vor dem Wagen auf den Boden; der Schwung ließ ihn durch den engen Spalt zwischen Wagen und Untergrund hindurchschlittern.
    Ungläubig beobachtete Neko das Geschehen – und erkannte, dass es für sie selbst lange zu spät war, noch zu bremsen. Sie war gefasst auf einen unvermeidlichen und zweifelsohne schmerzhaften Zusammenstoß mit dem Gemüsewagen. Doch ihr Instinkt ließ das nicht zu: Unwillkürlich sprang sie noch vor dem hölzernen Gefährt ab und flog, getragen von ihrer Geschwindigkeit, darüber hinweg. Ihr Sprung war nicht perfekt und viel zu flach, so stießen ihre Beine gegen das aufgeladene Gemüse, das sich über der Tragefläche häufte. Sie geriet ins Taumeln, wurde herumgeschleudert, verlor jegliche Orientierung – und landete sicher und unbeschadet auf den Füßen.
    „Nein, meine Kohlköpfe!“, rief ein Mann aus, wohl der Besitzer des Wagens und des Gemüsestandes gleich nebenan. Seine Ware kullerte auf das Pflaster, doch Neko hatte keine Augen dafür. Sofort hastete sie weiter, jetzt wieder nur noch von Traunfugil geführt.
    Sie keuchte, als sie endlich ein Stadtviertel erreichte, in dem so gut wie keine Menschen auf der Straße waren. Neko zitterte, Beine und Hals schmerzten vom Rennen, das Herz raste. Die Gassen schienen hier noch enger, die Häuser noch bedrohlicher, und wenn sie jemanden zu Gesicht bekam, warf man ihr dunkle Blicke zu. Ein ungutes Gefühl beschlich sie, was die Gegend betraf, in der sie sich befand. Hier sollte sich eine junge Frau allein gewiss nicht nachts aufhalten – und tagsüber am besten auch nicht.
    An einer Seitengasse einige Meter vor ihr hielt Traunfugil schließlich an und winkte seine Menschenpartnerin zu sich. Den kurzen Weg legte Neko auch noch zurück, auf Traunfugils Urteil vertrauend, eine potentielle Gefahr zu erkennen. Sie ging auf das schmale Gässchen zu, trat um die Ecke – und wurde angegriffen.
    Etwas Festes rammte sich ihr schmerzhaft in den Magen und warf sie kraftvoll zu Boden. Erbittert schlug sie um sich, versuchte, sich ihrer Haut zu erwehren. Der Angreifer war nicht so stark, wie sie befürchtet hatte, doch noch immer wesentlich kräftiger als Neko. Sie rangen gegeneinander, bis eine Faust sie am Kinn traf und ihren Kopf nach hinten schleuderte. Er donnerte auf den Boden, Sterne tanzten vor ihren Augen.
    Benommen schaute Neko auf, als eine weitere Attacke ausblieb. Sie blinzelte und erkannte, dass derjenige, der sie angefallen hatte, noch immer vor ihr stand. Doch es war kein muskelbepackter, brutaler Kerl, der sie ausrauben oder noch viel Schlimmeres mit ihr wollte; sondern der Junge, der ihr den Geldbeutel gestohlen hatte. Ganz so naminisch, wie sie ihn erst gehalten hatte, war er allerdings nicht: Tatsächlich war sein Haar sehr dunkel, doch nicht schwarz, sondern tief grau. Zwei schlappe Ohren, von etwas hellerem Fell überzogen, hingen ihm seitlich vom Kopf. Seine Nase war knubbelig und schwarz, teilte die Oberlippe mittig in zwei gleiche Hälften. Die Augen blickten sie starr an – die Iris war blutrot.
    Eine Fiffyen-Chimäre.
    Neko erkannte, dass der Junge gar nicht in ihr Gesicht starrte, sondern auf etwas, das sich gleich darüber befand. Sie betastete ihren Kopf und stellte fest, dass bei ihrem Zweikampf die Mütze herabgerutscht war und so ihre Mauziohren offengelegt hatte.
    Tränen sammelten sich in den Augen des Straßenjungen, und er warf sich Neko weinend an den Hals.

    Nachdem sich Inu aus Nekos Umarmung gelöst hatte, gab er ihr ohne zu zögern den Geldbeutel zurück. Sie setzte sich die Mütze wieder auf und prüfte den Inhalt ihres Korbs. Erstaunlicherweise hatte dieser mitsamt Inhalt bei der Jagd keinen Schaden davongetragen – lediglich das Eis war durchgeschüttelt worden –, und vor dem Zweikampf war er Neko rechtzeitig runtergefallen. Da sie nicht wusste, wo in Namine sie sich genau befand und wie sie zurück zum Marktplatz finden konnte, führte der Streuner sie bereitwillig dort hin. Endlich ersteigerte Neko mithilfe Traufugils Münze die eine Portion lynoischen Sumpfreis, die sie für ihr Vorhaben brauchte, und gab diesen dem Schmerbe in ihrem Korb zur Gesellschaft.
    Während des Kaufgeschäfts und als sie den Marktplatz verließ, wich Inu nicht von ihrer Seite. Für sie ebenso unscheinbar wie ein Schatten schlich er hinter ihr her, ohne wirklich absichtlich unauffällig aufzutreten. Alsbald hatte sie seine Anwesenheit vergessen; erst, als sie sich auf dem direkten Weg zum Stadttor befand, zupfte Traunfugil an einer ihrer Haarsträhnen und machte sie auf die kleine Fiffyen-Chimäre aufmerksam.
    Neko blieb stehen und wandte sich Inu zu, der erschrocken zu ihr aufblickte. Vermutlich hatte er Angst, dass sie ihn nun doch fortscheuchte, wie er es zweifelsohne gewohnt war. Sie ging in die Knie, bis sie auf einer Höhe mit seiner knolligen Nase war, und fragte rundheraus: „Inu, möchtest du mit mir kommen? Da wo ich wohne, wird dich niemand wegschicken, das verspreche ich dir.“ Dessen konnte sie sich sicher sein, hatte das Hauptquartier immerhin schon sie und Tetsu als Mitglieder angenommen. Als Chimäre wäre Inu dort ganz gewiss am besten aufgehoben. Über das Wo machte sie sich erst keine Gedanken – da würde sich schon was finden.
    Bis auf seinen Namen und die einsilbige Einwilligung, sie zum Marktplatz zurückzuführen, hatte Inu noch nichts zu ihr gesagt. Jetzt jedoch wurden seine Augen weit, und er sprach mit hoffnungsvoller, von Natur aus rauchiger Stimme: „Darf ich?“
    Verständnisvoll lächelte Neko. Wahrscheinlich konnte er schon nicht glauben, dass ihn jemand ohne Widerworte mit sich mitgehen ließ; ihr Angebot, das ihm so gütig entgegenkam, musste außerhalb seiner Vorstellungskraft liegen. „Sonst hätte ich es nicht vorgeschlagen“, stellte die Eloa klar, richtete sich wieder auf und hielt Inu die Hand hin. „Komm.“ Unterstrichen wurden ihre Worte und Gesten durch Traunfugil, der sein freundlichstes Lächeln aufgelegt hatte und bekräftigend zu der kleineren Chimäre runternickte.
    Mit vor Freude leuchtendem Gesicht ergriff der Junge die dargebotene Hand und folgte ihr.[/spoiler]„Du könntest ihn im Heilerhaus unterbringen lassen“, schlug Ryori vor, nachdem sie Inu etwas Suppe und eine Scheibe Brot vorgesetzt hatte. Natürlich hatte er ihrer Meinung nach zu wenig Fleisch auf den Rippen, weswegen die Köchin ihm, sobald sie ihn erblickt hatte, sofort einen Teller ausgeschöpft hatte, ohne auch nur zu fragen, wo er her kam und warum er Neko begleitete. Jetzt, nachdem Neko erklärt hatte, wie sie sich begegnet waren und dass sie nicht gedachte, ihn wieder wegzuschicken, war Ryori erst recht auf ihrer Seite. „Im Heilerhaus ist immer genug Platz. Dort kann er sich auch nützlich machen, wenn er ein bisschen was im Kopf hat. Aber das musst du erst mit der Oberheilerin und vor allem mit Seijin besprechen. Er soll ja auch nicht im Weg sein oder zur Last fallen.“
    Neko sah die Fiffyen-Chimäre an, die vorsichtig einen Löffel nach dem anderen in den Mund schob und ab und zu vom Brot biss. Wie alt er sein mochte, konnte sie nur erahnen; zumindest hatte er selbst auf die entsprechende Frage keine Antwort geben können. Er war klein und zierlich, doch das musste nicht mit seinem Alter zusammenhängen. Genauso gut konnte es an der Mangelernährung eines Straßenkindes liegen oder an seinem Chimärenblut. Wie viele Jahre er auch immer gesehen haben mochte, er hatte sie bislang gut überlebt, und das auf den Straßen Namines. Neko dachte daran, wie unauffällig er ihr den Geldbeutel abgeluchst hatte und wie wendig er durch die dicht gedrängte Menschenmenge gelaufen war.
    Niemandem würde er im Weg stehen, weil er sich meisterlich darauf verstand, dass man ihn nicht einmal bemerkte. Ob er zur Last fallen würde, konnte Neko jetzt noch nicht sagen. Er wäre ein weiterer Mund, der etwas zu Essen verlangte, doch so, wie sich Ryori um ihn sorgte, wusste die Eloa, dass die gutmütige Köchin selbst gegen den Anführer der Schwarzen Rose für den Jungen einstehen würde.
    Und mit Sicherheit würde auch Tetsu für die neu angekommene Chimäre sein. Als Neko, Traunfugil und Inu aus Namine zurückgekommen waren, hatte er die kleine Gruppe zwar nicht bemerkt, doch dafür war er Inu umso mehr aufgefallen. Die Begeisterung in seinen Augen beim Anblick der eindrucksvollen Statur der Maschock-Chimäre rang Neko auch jetzt noch ein Lächeln ab.
    „Also, was hast du Schönes mitgebracht?“
    Ryoris Frage riss Neko aus ihren Gedanken, und diese wandte sich der Köchin zu. Die Naminerin war dabei, eine Arbeitsplatte freizuräumen, während Pantimos ein großes Holzbrett psychokinetisch hinüberschweben ließ. Neko hob den Korb vom Boden auf und stellte ihn auf die freie Fläche neben dem Brett. Vorsichtig entnahm sie ihm die gekauften Waren.
    Ryori nickte zufrieden. „Ich hoffe sehr, dass das deinen Freund entschädigen wird. Ich glaube nicht, dass er sonderlich glücklich war, als die Heiler ihm gesagt haben, dass er kein Mittagessen bekommt.“
    Neko zuckte schuldbewusst zusammen. Verunsichert wollte sie wissen: „Hat er großen Hunger?“ Jetzt, da Mizu sich in der Gesundungsphase befand, wäre es seiner Heilung bestimmt nicht zuträglich, wenn er nicht genug aß. Auch wenn Neko trotz diverser Zwischenfälle und Ablenkungen – denen sie nur zu bereitwillig gefrönt hatte, wie sie sich schlechten Gewissens eingestehen musste – versucht hatte, sich zu beeilen, war sie weit nach Mittagessen ins Hauptquartier zurückgekehrt. Sie selbst begnügte sich jetzt mit einem weiteren Brötchen, doch Mizu wusste noch nicht einmal, dass sie überhaupt etwas plante. So hatte er erst einmal kein Mittagessen erhalten, weil Neko Ryori darum gebeten hatte.
    Die Köchin tätschelte ihr tröstend die Schulter. „Ich habe ihm einen halben Teller Suppe zukommen lassen. Ganz verhungern lassen kann ich ihn ja wohl schlecht. Aber jetzt sollten wir anfangen, damit er heute noch eine ganze Mahlzeit zwischen die Zähne bekommt!“


    Yamiko blickte auf den Leichnam hinab, der von zwei Soldaten vor ihr aufgebahrt worden war. Friedlich schien er zu schlafen, wie die meisten Toten, doch hatten sich in seinen letzten Sekunden Zornesfalten in seinem Gesicht eingegraben. Er war voll Hass und Bitterkeit gestorben, ganz so, wie er auch gelebt hatte. Die Arme lagen seitlich des Körpers, die Handflächen nach oben gedreht: Ein uraltes Bestattungsritual, wonach Selbstmord das einzige Verbrechen war, das zu Lebzeiten nicht bestraft werden konnte und der Täter auf diese Weise die Gnade der Götter, denen er im Tod entgegentrat, erbitten sollte. Yamiko wertete das als Hinweis darauf, dass er nicht getötet worden war, und auch die Richtung, in die die Messerwunde deutete, ließ darauf schließen, dass er sich den Dolch mit eigener Hand ins Herz gestoßen hatte. Wer auch immer ihn zu ihr zurückgeschickt hatte – vermutlich der Rebellenanführer selbst –, versuchte wohl, jede Schuld von sich zu weisen.
    Aber Yamiko war es einerlei, wie Shinzu ums Leben gekommen war. Tot war tot.
    Obwohl sie erst nicht damit gerechnet hatte. Natürlich hatte die Königin gespürt, wie sein Kristall zerbrochen war. Doch das hätte auch nur ein Unfall gewesen sein können. Zwei Tage hatte sie nicht gewusst, was mit ihrem Sohn geschehen war, und hatte schon überlegt, ob sie ihm eine Nachricht zukommen lassen sollte, um sich nach seiner Lage zu erkundigen. Das war jetzt ja nicht mehr nötig.
    Irgendjemand im Hauptquartier musste aber den Xylith absichtlich zerstört haben. Irgendjemand, der genau wusste, um was es sich bei diesem Gegenstand der Macht handelte. Eigentlich hatte Yamiko geglaubt, dass es niemanden gab, der noch Kenntnisse über diese speziellen Kristalle hatte. Beizeiten musste sie in Erfahrung bringen, wer das war, und ihn am besten ausschalten. Doch im Moment, da außer ihrem Xylith weder ein weiteres Original noch eine Kopie existierte und sie außerdem wichtigere Dinge zu klären hatte, musste das erst einmal warten.
    Sie gab den Soldaten zu verstehen, Shinzus Leichnam aus dem Schloss zu entfernen. In der Nacht sollten sie ihn in die Schicksalsgasse tragen, jener Teil des Elendsviertels von Namine, in dem sie ihn gefunden hatte. Eine Leiche in diesem Stadtteil war nichts Ungewöhnliches, und vielleicht hielten ihn dessen Bewohner trotz seiner unspektakulären Todesursache für ein Opfer des Phantoms. Womit sie schließlich auch nicht falsch liegen würden: Shinzu war sein eigenes letztes Opfer geworden.
    Yamiko verließ den Raum und machte sich auf zu einem Zimmer, das weit oben im höchsten Turm des Schlosses zu Namine lag. Weit und breit war es der höchste Punkt, und diese Eigenschaft war für Yamikos Vorhaben besonders wichtig. Die Fenster waren mit Holzbrettern verriegelt, und in der Stadt hatte die geheime Königin verbreiten lassen, dass es das ehemalige Atelier der angeblich verstorbenen Königsgattin gewesen war. Aus Trauer um ihren Verlust habe der amtierende König, der eigentlich gar nicht existierte, das ehemals von Tageslicht hell erleuchtete Zimmer abdunkeln und verriegeln lassen, auf dass kein Sonnenstrahl und kein Blick von außen mehr nach innen gelangten. Yamiko erhellte es von innen nur mit einer kleinen, bleichen Blitz-Kugel. Laut mehrerer städtischer Legenden lag die tote Königin hier bestattet zwischen nie vollendeten Gemälden, weißen Leinwänden, Pinseln und Pigmenten.
    Tatsächlich stand in dem Raum nur ein einziger, großer Tisch, auf dessen quadratischer Platte eine Karte der Sieben Länder befestigt war. Es war eine ganz gewöhnliche geografische Karte, auf der nur kleine Kreuze auffielen, die statt einiger Städte darauf zu sehen waren. Etwas mehr als hundert dieser Markierungen zogen sich über die Darstellung, etwa gleichmäßig verteilt über das Reich – von der Steppe abgesehen. Dort fand sich nicht einer dieser Aufkleber.
    Yamiko hatte viele Frauen im Traum besucht und ihnen den Samen neuen Lebens eingepflanzt. Auf der Suche nach einer Blutlinie, deren Innere Kraft sich mit der Yamikos mischen und ein mächtiges Kind zeugen konnte. Jedes Kreuz stellte einen solchen Erben latenter Macht dar, und ihre drei verschiedenen Farben den Zeitpunkt ihrer Schaffung: Vor zwanzig, neunzehn und achtzehn Jahren hatte Yamiko jeweils gut drei Dutzend dieser Kinder in die Welt gesetzt; Shinzu hatte zu der ersten Generation gehört.
    Shinzu war ein absoluter Glücksgriff gewesen. Ein starkes inneres Licht, das praktisch unter ihrer Nase in Namine herangewachsen war; seine Familie war seit seiner Zeugung nur ein einziges Mal nicht sehr weit umgezogen und hatte sich ohne Weiteres zurückverfolgen lassen. Yamiko wusste, dass es nicht bei all ihren Sprösslingen so einfach verlaufen konnte. Vor Shinzu hatte sie so einige Fehlschläge einstecken müssen. Nicht nur, was das Auffinden ihrer Kinder betraf, sondern auch die Ausbildung. Shinzu war ihr erster Lehrling gewesen, der sich beim Üben mit dem Xylith nicht selbst umgebracht hatte.
    Bedächtig hielt Yamiko die offene Hand über die Karte und schloss die Augen. Um ihre Pläne zur Reife bringen zu können, musste sie unbedingt ein weiteres Kind finden. Daher rief sie ihre eigene Innere Kraft an und schickte eine Seher-Attacke durch ihre Hand in die Karte. Dabei konzentrierte sie sich auf die Attribute, die sie sich von diesem Kind erhoffte: Einen starken Willen, den sie jedoch durch ihm wichtige Beziehungen erpressen konnte, wenn er sich ihr nicht ergab, und natürlich ein helles inneres Licht, zumindest halb so stark wie ihres.
    Die erhöhte Position des Turmzimmers erlaubte es dem Seher, im ganzen Reich Empfang zu haben. Getrieben von Yamikos Kraft durchsuchte er die sechs Länder nach Kindern, die die gewünschten Eigenschaften mitbrachten. Schließlich kehrte er zurück und ließ sich in der Karte auf dem Tisch nieder, um die Kreuze zum Leuchten anzuregen, die an den Orten klebten, wo die entsprechenden Leihmütter zur Zeit der Zeugung gelebt hatten.
    Als Yamiko die Augen öffnete, schwindelte ihr zuerst. Ein Seher dieser Dimension brauchte viel Konzentration und Energie, und das spürte sie nun sehr deutlich. In den vergangenen acht Jahren hatte sie beinahe vergessen, wie ermüdend dieser Vorgang war.
    Eine gewisse Enttäuschung machte sich in ihr breit, als sie sah, dass nur ein einziges der aufgeklebten Kreuze leuchtete. Je weniger Kinder die Seher-Attacke fand, umso geringer war in der Regel die Wahrscheinlichkeit, eins von ihnen aufzuspüren. Das wusste Yamiko aus langer, kräftezehrender Erfahrung. Bei nur einem mochte es unmöglich sein, es aufzutreiben, vor allem nach so langer Zeit. Doch wenn nur eines ihrer Kinder so war, wie sie es brauchte, musste sie dieser einen Spur folgen. Vielleicht hatte sie ja Glück und auch dieses Kind war nicht weit von dem mit dem Kreuz markierten Ort weggezogen, wenn überhaupt.
    Als Yamiko den Raum verließ und bereits Überlegungen anstellte, wie sie dieser Person habhaft werden konnte, erlosch das Leuchten des Kreuzes aus der zweiten Generation. Es klebte im Lande des Lynor, genau dort, wo sich der Hauptarm des großen Flusses zum Delta aufspaltete.


    [tab=Namensbedeutungen]Yurika = von Yuri (Lilie), was auch für die Liebe zwischen Frauen steht
    Hana = Blume
    Isshu = Gedicht
    Arikui = Ameisenbär
    Inu = Hund
    Hitonoko = Menschenkind


    Da sind einige Namen zusammengekommen, aber letztendlich ist nur Inu von bleibender Bedeutung ^^
    Außerdem gibt es im Glossar neue Einträge: Elani, Blumensprache, Metagross-Rechner, Arceus-Altar, Allee, Kirche Namines

  • Hallo Pika! !
    Hab gestern endlich einen bisafans account angelegt und wollte dir erstmal herzlich für KhW? danken. Die Geschichte hat mich so gefesselt dass ich sie so schnell wie möglich durchgelesen habe, was dennoch dank der 36 (teilweise ganz schön langen) Kapis recht lange gedauert hat.
    Jetzt habe ich sie alle durch und bin total geschockt. :scared: Ich hatte so eine Vorahnung, dass Mizu was mit der Königin zu tun hat, und das ende des Kapis hat das aus meiner sicht bestätigt. Mizu ist doch im Prolog dort gewesen, wo der Aufkleber auf der Karte war, oder? :huh:
    Bin total gespannt auf das nächste Kapi und werde KhW? auf alle Fälle weiter lesen.
    In der Zwischenzeit schau ich mir mal deine anderen FFs an.
    Freu mich schon aufs nächste kapitel! :D
    Edit| Kannst du mir bitte ein Pn Schreiben, wenn das nächste Kapi da ist? Würde mich echt riesig freuen!

  • [tabmenu]
    [tab=Vorwort]
    Hey, @Pika!!


    Dann schauen wir mal, wie es weitergeht. Dass Kritikpunkte deprimieren, sollte aber nicht der Fall sein: Im Zweifelsfall kann das hilfreich sein, um neue Blickpunkte zu finden oder den Stil zu verfeinern, gleich, ob man sie nachvollziehen kann oder nicht.


    [tab=Kommi]
    SP-Bilder
    Du hast ja sicher schon mitbekommen, dass per img-Code nicht mehr alle Bildquellen im BB dargestellt werden können. Daher müsstest du ein paar Bilder im Startpost neu hochladen, wenn sie noch richtig angezeigt werden sollen. Eine Liste der Hoster/Quellen, die noch unterstützt werden, findest du hier.



    Tod per Luftpost
    Man stellt sich irgendwie die Frage, warum Seijin dagegen war, Shinzus Leichnahm fortzuschicken. War es aufgrund dessen, dass er seiner Feindin der Königin diese Geste nicht zukommen lassen wollte? Weil er gegenüber Shinzu selbst enttäuscht war? Oder er irgendetwas vorhatte, das dem Leser noch verborgen ist? Ein Recht interessanter Gedanke.
    Ich frage mich aber, warum in der Nähe des Rebellenlagers kein Ort für das Begraben von Toten sein soll, wie du schreibst - gerade bei einer Rebellion muss man immer mit Toten rechnen, demzufolge entsteht natürlich Verwunderung, dass es keinen Friedhof o.Ä. gibt. Aber vielleicht erfährt man später noch Näheres dazu, wer weiß?
    Irgendwie glaube ich gar nicht mehr, dass Shinzu wirklich tot ist. Zumindest schleicht sich so ein unbestimmtes Gefühl ein, dass das trotz der klaren Beschreibungen noch nicht alles gewesen ist ... oder gerade deswegen? Wer weiß.



    Spezialkapitelteile
    Auf der einen Seite finde ich die Idee sehr gut, dass du einiges an Zusatz und Hintergrund im Kapitel versteckst, ohne es für den Leser notwendig zu machen, sich damit auseinandersetzen zu müssen. Dadurch kann man als Leser selbst entscheiden, wie man #36 erlebt (mit oder ohne die Spoiler), was ein guter und kreativer Ansatz ist.
    Die Kehrseite sehe ich darin, dass die Struktur dieses Kapitels sehr verwirrend aussieht. Immer wieder durch Spoiler unterbrochen sieht sich der Lesefluss ein wenig gestört, egal, für welche Lesart man sich entscheidet. Ein Vorschlag wäre gewesen, dass man diese Zusätze in einem zusätzlichen Tab unterbringt und dafür kleine Zeichen im Text unterbringt (die Pokémon evtl.?), um anzudeuten, dass da noch zusätzliche Informationen/Lesstücke vorhanden sind. Bsp.:

    Zitat

    Und sollte die Rebellion über den König während Nekos Lebenszeit triumphieren, würde sie Mittel und Wege suchen, solche Ungeheuerlichkeiten gänzlich auszumerzen! Metagross


    Als einzige Stadt im ganzen Reich war Namine nicht nur dafür bekannt, dass die Familie des Königs seit jeher hier ihren Hauptsitz hatte; weil an diesem Ort so viele Menschen aus allen Sieben Ländern zusammenkamen, hatten sich auch ihre teils sehr unterschiedlichen Kulturen miteinander vermischt.


    Das ist subtiler imo.
    Ich hätte noch eine Frage zum "Roten Faden": Warum befindet sich dieser in einem Spoiler? Eigentlich stellt er ja den wesentlicheren Teil des Kapitels da, darum wäre es interessant, zu wissen, warum du ihn versteckt dargestellt hast.
    Alles in allem stellen diese Teile sehr schöne Ergänzungen dar. Leider wirken die verschiedenen Stationen Nekos dadurch auch ein klein wenig geplanter als mehr oder weniger zufällig angesteuert - vielleicht wäre es ja eine Möglichkeit gewesen, den einen oder anderen Aspekt für ein späteres Kapitel aufzubewahren und somit die Geschichte etwas zu entstrecken?



    Trauer?
    Mh ... Ich weiß noch nicht Recht, was ich von Nekos Verarbeitung von Shinzus Verrat und Tod halten soll. Mir ist sie etwas zu schnell darüber hinweggekommen: Zumindest Schock oder Schmerz, Wut oder Enttäuschung oder irgendeine andere Emotion sollte in Bezug auf den menschen, den sie geliebt hat, nach nur zwei Tagen noch spürbar sein. Und da die Erzählperspektive sehr stark an Neko orientiert ist, müsste man irgendetwas davon eigentlich merken. Es kann natürlich sein, dass du da im Sinne von Verdrängung noch etwas planst, aber falls nicht: Es passt nicht zu der sonst (zumindest innerlich) sehr gefühlsbetonten Eloa. Im Allgemeinen vermisse ich ein wenig die (emotionalen) Nachwirkungen des Angriffs und der Ereignisse danach. Für viele Rebellen dürfte es ja auch der erste Feindkontakt in dieser Form gewesen sein. Versteh dies als Anregung, vielleicht nochmal auf erste "Kriegstraumata" o.Ä. einzugehen :)



    Wortschatz und Schreibstil
    Was - wie immer - nichts zu wünschen übrig lässt, sind dein Wortschatz und die Art deines Schreibens. Trotz der beträchtlichen Länge ließ sich der Text ziemlich gut lesen. Auch seltener gebrauchte Worte wie "klauben" erscheinen im Text und verdeutlichen, wie gut du dich ausdrücken kannst - dabei bekommt man aber durch die Art und Weise, wie sie im Text verwoben sind, nicht den Eindruck, als müsste man das, was man nicht kennt, googlen. Ich persönlich hatte zwar jetzt kein Wort, dass ich nicht gekannt hätte, kann mir aber gut vorstellen, dass nicht mehr jeder so etwas wie "(zusammen-) klauben" kennt. Da du diese Ausdrücke aber in einen verständlichen Sinnzusammenhang einbettest, könnte man sich den Sinn auch dann erschließen, wenn man mit dem Wort selbst nicht vertraut ist.



    KhW? zum Mitnehmen
    Was mir beim Lesen dieses sehr langen (musst du zugeben ;3) Kapitels geholfen hat, war, es unterwegs lesen zu können. Zu diesem Zweck habe ich mir eine ePub-Datei der drei Teile gemacht und aufs Handy gezogen, sodass ich Wartesituationen gut nutzen konnte. Was ich dir also vorschlagen möchte, ist, solche mobilen Versionen deiner Kapitel für die Leser bereitzustellen - das kann verdammt praktisch sein. Falls du das umsetzen möchtest, aber Hilfe benötigst, kannst du sie in Form des Erstellungsguides für PDFs und ePubs finden oder im Auftragstopic nach jemandem suchen, der dir da zur Hand geht.



    Kutschen
    Du erwähnst an einer Stelle Folgendes: "Die Atmosphäre atmete Altertümlichkeit; man erwartete fast, Kutschen, von Gallopa oder anderen Pokémon gezogen, vorbeirattern zu hören, wie es aus Geschichten bekannt war."
    Das suggeriert, dass sich die Menschen auf andere Art und Weise durch die Straßen bewegen als zu Fuß, und dass solche Fortbewegungsmittel schon lange außer Mode gekommen sind. Die Lastkarren, die im Verlaufe des Kapitels genannt werden, könnte man noch erklären, aber was ist mit dem Gefährt, dass das Ermittlerteam vor einigen Kapiteln in die Hauptstadt gebracht hat? Man könnte hier natürlich einen Hinweis darauf sehen, dass dies eigentlich ein Kapitel aus einer anderen Zeit war, aber meiner Erinnerung nach sprechen Elemente aus jenem Kapitel dagegen (sehr eindeutige Hinweise auf Shinzu als "aktuelles" Phantom, afair). Das stimmt mich doch etwas nachdenklich ... ist es eine ländlichere Tradition, so zu reisen? Aber warum wirkt es hier so, als wäre das eine Art zu reisen, die schon seit gefühlten hunderten von Jahren anderweitig abgelöst wurde?



    Metagross
    Eine äußerst interessante Perspektive. Es ist schön gemacht, wie das gefühlskalte Pokémon im Laufe dieses Teils Stück für Stück mehr Widerwillen aufbaut und einen eigenen Charakter entwickelt - auch, wenn ich den Entschluss zu einer Art offenen Rebellion doch etwas zu schnell finde. Aber generell ist der Teil sehr schön gelungen.
    Wenn man den Spoiler als Leerzeile betrachtet, lässt sich der Rote Faden an dieser Stelle auch tatsächlich verfolgen, ohne das Gefühl zu haben, dass etwas verpasst wurde - verdammt wichtig und gut umgesetzt!



    Religion
    Die Erweiterung der Sicht auf die Mythen und Rituale der sieben Lande (wittere ich hier Westeros-Bezug btw? Nicht wegen der 7, aber die Bezeichnungen für deine Reiche ist dem "Sieben Königslande" bzw. "Seven Kingdoms" aus Martins Büchern recht ähnlich) ist gut und verständlich gemacht. Besonders hervorzuheben ist, dass man vermittelt bekommt, dass die Verehrung einer Gottheit nicht starr von der Herkunft des Bittstellers abhängt. Das lockert diesen Aspekt enorm auf und gibt ihm mehr Tiefe und erinnert stärker an aus der realen Welt bekannte Pantheoi.



    Sonnflora
    Sexualität kann ein sehr sensibles Thema sein. Ihm durch den hier dargestellten Blickwinkel mehr Komplexität zu verleihen, finde ich sehr gut. Auch die gesellschaftliche (Dis-) Akzeptanz bzw. Position zu solchen Themen wird hier gut deutlich.



    Furnifraß
    Das Schöne an Arikuis Geschichte ist, dass man einiges über andere Lebensumstände erfährt als das, was man bisher kennengelernt hat. Somit werden auch die kulturellen Einstellungen und Traditionen stärker differenziert und man bemerkt, dass das Reich Geschichte hat und nicht aus einer Sorte Mensch und 'Volk' besteht. Es gibt verschiedene Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Idealen, und das kommt sehr gut zum Ausdruck. Auch der Bezug zu Neko, deren Familiengeschichte noch etwas mehr beleuchtet wird, ist gut geglückt (vielleicht kannst du mal einen Stammbaum/eine Beziehungs-Mindmap zeichnen?).
    Auch hier ist die Einbettung gelungen bzw. geht der Faden flüssig weiter, ohne, dass man diesen Zusatz gelesen haben müsste. Das zieht allerdings nach sich, dass die Reaktion Arikuis etwas komisch wirkt: Er hat starken, begründeten Verdacht, seine Nichte vor sich zu haben, macht aber keine Anstalten, sich dieses Umstandes zu vergewissern, aufzuspringen und hinterherzugehen etwa. Bei der Beziehung, die zu dem verschollenen Bruder bestand, kommt das aber etwas komisch rüber.



    Darkrai
    Du achtest sehr darauf, keinen icon zweimal zu nutzen, wie mir scheint. Das ist einerseits sehr löblich und zeugt von Detailverliebtheit für deine Geschichte, aber es bewirkt mitunter auch, dass bestimmte Aspekte im Vorfeld verraten werden. Hier die Identität des Geistes (wenn auch noch nicht vollends enthüllt). Im Übrigen ein furchtbar spannender Punkt, der hier hinzukommt: Eine angedeutete Bedrohung jenseits der Königin und ihrer Ränkespiele, noch dazu eine, mit der keine der bisher gezeigten Seiten rechnen kann. Das lässt auf mehr hoffen! Vor allem, da man annehmen muss, dass die alte Geißel der Pokémon (die mich frappierend an die Lieblingsfigur aus einem alten Videospiel erinnert [Maisoul *_*]) nun in Traunfugils Körper steckt - irgendwie. Das Motiv hat etwas Klassisches, aber da sich der "Parasit" noch unauffällig verhält, dürfte ersteinmal niemandem eine signifikante Veränderung auffallen und diese Verbindung für schöne, subtile Verwirrung und interessante Ereignisse sorgen.
    Auch sehr gut gelungen ist die Art, wie aus der Sicht des Kleinen erzählt wird. Kindlich-verspielt und mit Gedanken, wie sie besser nicht hätten zugeschnitten sein können. Auch das "Nekos-ohne-Ohren" ist ein sehr kreativer Einfall, allerdings wird es selbst für Traunfugil ein bisschen zu oft benutzt.



    Schmerbe
    Hier ist das "Gemüt" des Pokémon sehr gut wiedergegeben. Die einfache, abgehackte Satzfolge fügt sich hervorragend in das Bild des eher schlicht anmutenden Schwarmpokémon. Dass sein Geist den Körper auch dann nicht verlassen zu haben scheint, als es aufgeschnitten auf dem Tisch des Fischstandes liegt, ist zugegebener Maßen etwas merkwürdig, aber ich sehe es als Teil deiner Vorstellung der Pokémonwelt und somit ist das absolut legitim.



    Fiffyen
    Aw, kleines Schnuckelchen. Inu ist ein Charakter, der viel Potential zum Publikumsliebling besitzt. Außerdem verfügt er über eine enge Bindung zum bisherigen Geschehen (durch den Tod seiner Mutter) bzw. den Figuren der bisherigen Geschichte, was die Verwicklungen noch einmal interessanter macht. Mir ist zwar nicht ganz klar, wie er als Chimäre so markanten Aussehens unauffällig bleiben kann, aber möglicherweise ist das auch eine seiner Eigenschaften, hm ...



    Die Böse Königin
    Immer mehr erscheint Yamiko wie die böse Hexe aus vielen Märchen. Ich hoffe, dass auch sie noch etwas stärker differenziert wird, aber da auch Shinzu das widerfahren ist, hege ich da wenig Bedenken - ansonsten wäre es sehr schade, wenn sie gänzlich schwarz bliebe.
    Dass am Ende Mizu gemeint sein dürfte, drängt sich dem Leser geradezu auf. Dass ist aber nicht weiter schlimm, da man aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten etwas in der Art schon vermutet haben kann. Das wirft allerdings noch einmal ein besonderes Licht auf Tanhel/Metang - warum besitzt es selbst diese Fähigkeiten? Und hat es vielleicht etwas mit den Hauptstadt"rechnern" zu tun? Nicht uninteressante Fragen ...
    [tab=Nachwort]
    Immer mehr Aspekte deiner Geschichte treten ans Tageslicht und verleihen ihr eine Komplexität, die sie mehr als reizvoll macht. Du solltest aber aufpassen, dass du das Ende nicht aus den Augen verlierst: Bislang wirkt jedes Kapitel noch sehr durchdacht und sich in den großen Handlungsbogen einfügend, aber die Geschichte läuft auch schon eine ganze Weile. Achte also darauf, dass du deinem Leser immer das gefühl gibst, in der Handlung auch voranzukommen und sich nicht in einem Labyrinth aus Verwicklungen zu verlieren. Das ist etwas, das ich an den "Lied von Eis und Feuer"-Romanen z.B. durchaus kritisieren würde: Martin schreibt unglaublich spannungsvoll und zunächst hat man auch den Eindruck, dass er sich zielsicher und doch auf komplexen Wegen durch sein Erzähldickicht bewegt. Mit der Zeit aber, als immer mehr Handlungsfäden abreißen, hatte ich zunehmend das Gefühl, dass der Mann nicht mehr weiß, wo er eigentlich hin will bzw. Probleme hat, auf sein Ende zuzusteuern/die einzelnen Kapitel ins Gesamtkonzept einzugliedern. Es wäre schade, wenn dir etwas Ähnliches passiert :/


    In diesem Sinne, und in freudiger Erwartung auf die Fortsetzung,


    ~ Sheo


    P.S.: Warum Nordheim @Sig? :0
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