Katzen hassen Wasser? >Kap36<

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  • Hallo, von der Sonne gestreiftes Blütenblatt (Ich suche solange nach einem Spitznamen, bis ich den richtigen gefunden habe, komme, was wolle).


    Es freut mich, dass das neue Kapitel so schnell da ist, umso schneller kommt dann auch mein neuer Kommentar. Habe heute bei Zerochan.net „Katze“ und „Wasser“ eingegeben und dieses Bild gefunden:



    Hübsch, nicht wahr? Habe es allerdings etwas verkleinert, sonst hätte es den ganzen Post für sich eingenommen. Herzlichen Glückwunsch zum Einjährigen Bestehen deiner Fanstory! *applaudiert* Bei mir ist es im November soweit, kaum zu glauben, dass ich mal etwas so lange schreiben würde, normalerweise lebte nie etwas mehr als so 2-3 Monate, allerhöchstens. Freue mich übrigens dass du daran gedacht hast, stimmt, vorher hatten wir nie Kontakt. ^^ Na, dann hatte deine Geschichte ja noch etwas gutes, abgesehen davon, dass sie mich auch immer angetrieben hat, mich zu verbessern, um dir irgendwann mal (vielleicht) das Wasser (oder wenigstens eine Katze) reichen zu können.

    Nun komme ich zu Kapitel zwölf (wie passend für das Einjährige), die Stunden danach."


    Der Titel könnte für ein Anschlusskapitel gar nicht passender sein, ehrlich gesagt. Nekos Gedankengänge, als sie fällt, finde ich nachvollziehbar. Ja, was denkt man dann wohl? Vermutlich so etwas wie „Aaaah!“ Oder etwas in der Art, aber wohl kaum philosophische Überlegungen, aber es passt zu Neko, darüber nachzudenken, was sie wohl denken sollte. Wie auch sonst beweist du einen schönen (wenn auch etwas trockenen) Humor, als Neko den „toten, niemals lebendig gewesenen“ Gegenstand namens Stein betrauert. Ich wünschte, mir würde so etwas in meinen Kapiteln einfallen, ehrlich gesagt. Ach, Vibrava hat sich entwickelt, wie schön! <3 Das habe ich mir schon länger gewünscht, endlich. Ich hoffe, es büßt nicht sein süßes Wesen ein, aber wohl kaum. Libelldra ist wirklich niedlich, rettet gerade Neko das Leben und schon im nächsten Moment fliegt es Schleifen und freut sich darüber, dass es sich entwickelt hat. Die Szene ist wirklich sehr schön, außerdem musste es sich einfach in einem solchen Augenblick entwickeln, das war so vorhersehbar. Nicht, dass ich das schlecht finde, immerhin wäre es ungut, wenn Neko und Vibrava ertrunken wären. Etwas unfreiwillig komisch ist dieser Wortwechsel:
    „Danke, dass du mich gerettet hast.“
    „Das hätte ich ohne dich nie geschafft.“
    Okay, natürlich meint Libelldra, dass es Neko nicht hätte retten können, wenn sie nicht so eine tolle Trainerin wäre und es sich dadurch hätte entwickeln können. Aber im ersten Moment klingt es eher nach „Naja, gäbe es dich nicht oder wärst du zumindest nicht so ungeschickt, hätte ich dich auch nicht retten können“. Ist nichts schlimmes, wollte es nur gesagt haben. ^^
    Ach, Shana wird mir mit jedem Kapitel noch sympathischer. Wie süß sie sich gleich um Neko sorgt und zu Tränen gerührt ist. Gleiches gilt für Traunfugil, das süße Ding, das ich mir immer noch als Shiny vorstelle, ich kann mir nicht helfen.
    Von Mizu hätte ich allerdings mehr erwartet, gerade nachdem sie schon so offensichtlich romantische Szenen hatten... Verräter! *böse anschaut* Dabei habe ich so auf Kitsch gehofft. Mah, du bist gemein, nur damit du es weißt.
    Das Stahlos hält ganz schön viel aus, aber das macht es auch spannender. Vulnona ist wahnsinnig toll, gib es her! *sich greift* … Die Feuerschweife stelle ich mir schön vor, auch wenn die Irrlichter nun weg sind, schade. Wow, ein Dragonir. Oh, ich liebe Dragonir einfach, es gehört schon seit Jahren zu meinen absoluten Lieblingspokémon. Besonders dein Exemplar stelle ich mir hübsch vor, mit noch größeren Flügeln, aww. Das mit Iwao ist traurig, hoffentlich geht es ihm verhältnismäßig gut und sie können ihn retten... Armes Dragonir.
    Och niedlich, Libelldra will natürlich, dass Neko mit ihr fliegt. Ist nicht überraschend. Mich wundert aber, dass das Noctuh so viele Pokémon tragen kann, eigentlich stelle ich mir das ziemlich schwierig vor. Ich denke, es könnte höchstens eines mit beiden Klauen tragen, immerhin soll das ja auch nicht abstürzen. Dass das Drachenpokémon trauriger geworden ist, seit Traunfugil dabei ist, fiel mir ehrlich gesagt gar nicht auf... Ich denke gerade auch über etwas nach: Wenn die passenden Pokémon einen auswählen, sagt das wohl etwas über den Charakter aus. Libelldra und Traunfugil... Darunter kann ich mir absolut nichts vorstellen, ehrlich gesagt. Mh.
    Neko macht sich Gedanken, ob Mizu verletzt ist?! So, wie er sich im Moment aufführt, würde ich ihn eiskalt ignorieren oder allenfalls gekränkt sein, ich bin ihm ein bisschen böse.
    Achso, Noctuh setzt Psychokinese ein, okay, da hätte ich auch selbst darauf kommen können. So macht das ganze auch Sinn, bin nur zu faul, es auszubessern. Neko betet zu Groudon, das ist gut, ich kann Arceus nicht mehr sehen (oder lesen).
    Ich freue mich mit Libelldra, endlich kann es Neko ohne Genickstarre ansehen und fliegen. Das hat es sich wirklich verdient. Ist noch dazu eines meiner Lieblingspokémon.
    Schönes Kapitel, wie gewohnt. Toller Abschluss mit der noch tolleren Vulnona und dem süßen, neuen Drachenpokémon. Besonders Vulnonas Aussage mit „gewusst“ und „geahnt“ ist gelungen, das gibt ihr noch mehr Tiefe. Sie ist eine von meinen Lieblingen in deiner Geschichte. Rechtschreibung & Grammatik waren diesmal absolut makellos, mir fiel nichts auf und das will schon was heißen bei meinem Fehlersensor. Wirklich gut! Freue mich auf mehr, auch wenn es noch ein wenig dauert, aber das werde ich vermutlich überstehen. *nochmal zum Einjährigen gratuliert und knufft* Jetzt gehe ich hinaus und warte auf den rosenfarbenen Mond...


    Edit: Seite 3! <3

  • Alles, alles gute zum einjährigen KhW? – Jubiläum, Pika! <3 *knuffs*


    Die Stunden danach
    Wow, der Anfang ist ja toll, Pika-sama x3
    Neko fragt sich also, was sie fühlen sollte. Ich habe bei mir eine ähnliche Stelle drin, da fällt mein Chara vom Rücken eines Phoenixes ins Meer; bei mir denkt er auch nichts. Aber im Unterschied zu dir ist mein Chara dann panisch. Neko mag ich sowieso sehr gern, sie hat so eine ruhige, überlegte Art. Wäre ich eine ihrer Gefährtinnen bei der schwarzen Rose, würde ich mich mit ihr anfreunden, so nett wie sie ist. Neko denkt sogar darüber nach, wie der Felsen sich gefühlt haben muss, wow. Entweder ist sie total verwirrt vom Fallen, oder sie ist philosophisch, ich hoffe Letzteres. Libelldra hat sie also aufgefangen, das ist wirklich toll. Und dass Neko wusste, dass Libelldra es war, ist meiner Meinung nach irgendwie logisch, denn ich denke mal nicht, dass sich ein Pokémon anfühlt wie Felsen / ein reißender Fluss, oder? Ich hab’s zwar noch nicht ausprobiert, aber ‚einfachste Logik’ und so.
    Libelldra freut sich über die Entwicklung; das ist gut. Ich meine, die meisten Menschen freuen sich ja auch, wenn sie im Beruf befördert werden, nur so als Vergleich. Deshalb kann ich Lucias Plinfa auch nicht verstehen, mal so am Rande xD
    Oooh, die Widersehensszene finde ich total süß. Das arme Traunfugil, dieses Gefühl, seine Partnerin zu verlieren.. ich kann mir nicht ganz vorstellen, wie schrecklich es wohl sein mag, aber es muss ja schrecklich sein. Durch dieses Band verbunden, und dann stirbt einer der beiden. Mah, in solchen Momenten bin ich froh, nicht selbst so was machen zu müssen. Und Shanas Verwirrung ist ja auch nachvollziehbar. Naja, wenn sie eben zwei Fragen stellt, deren Antworten sich gegenseitig.. du weißt schon, deren Antworten Gegenteile sind. Oder so. Und dann nur ein ‚Ja’ kommt, hm, dann würde ich wohl auch erst vom Schlimmsten ausgehen. Den Rest des Kampfes Vulnona vs. Stahlos hast du wieder sehr plastisch beschrieben, wie man es von dir gewohnt ist. Auch die Brüller – Attacke kommt mir jetzt sinnvoller vor, als im Spiel. Einschüchterungstaktik xD. ‚Unauffällig aus dem Staub machen’ in Verbindung mit einem Stahlos; bei dieser Vorstellung musste ich jetzt wirklich lachen xD Ich meine, es ist eine riesige Stahlschlange, wie will es unauffällig weg… wie bewegt es sich eigentlich? Kriecht es? Naja, ich weiß, dass ich es eigentlich wissen sollte ^^“
    Der arme Iwao, er tut mir so leid… und das Dragonir auch. Naja, in den Augen der Soldaten haben sie als Rebellen das wohl verdient, aber trotzdem finde ich das nicht richtig. Noctuh setzt also Psychokinese ein… das ist eine gute Idee, Pika-sama x3 So können sogar Moorlords fliegen, obwohl ich Moorlords nicht mag. Die sind mir zu… bah. Wie niedlich, Traunfugil kommt also doch in der Nacht zu Neko, es konnte wohl nicht widerstehen x3 *Traunfugil knuff*
    Libelldra und Vulnona beobachten zusammen den Himmel. Vulnona hat doch, glaube ich, rote Augen? Dann müsste der Mond ja für beide rosa sein, wie schön! Der Mond hüllt sich in eine Wolke.. der Satz ist so toll. x3


    Fehlerchen <3 (oder eher Chii krittels x3) (mehr habe ich nicht gefunden x3)
    Libelldra schaffte es zwar, ihren Flug vor der Landung abzubremsen und nicht gerade wieder hinzustürzen, aber der Stoß, der durch sie ging, als sie aufkam, schüttelte ihre Menschenpartnerin ordentlich durch, sodass diese einen Moment Sterne sah, bevor sie sich umsehen konnte. | ‚sah’ und ‚umsehen’ im selben Satz, das ist nicht so schön, vor allem nicht so kurz hintereinander.


    Diesmal ist mein Kommi länger, ich habe ihn in Word getippselt <3 Alles Liebe *knuffs* Chii

  • Hallihallo, Sonnenmausi <3.
    Ich habe es, endlich, geschafft, die letzten tausend Kapitel deiner Story zu lesen und werde mich nun an ein Kommentar heranwagen. (Kann ich nicht schönes Deutsch formulieren, wenn ich mir Mühe gebe?) Natürlich entspricht alles, was ich schreibe, meinen wahrhaftesten Gefühlen und ehrlichen Gedanken. Damit dir dieser Kommentar keinerlei Probleme bereitet, werde ich ihn in einzelne, durch Überschriften gekennzeichnete, Teile gliedern. (Boah, wenn ich so schreibe, muss ich nachdenken! v______v Jetzt bekommst du wieder die volle Ladung Umgangssprache! xD)


    Titel & Startpost
    Also, "Katzen hassen Wasser?" hört sich schon einmal niedlich an. Seitdem ich den Titel gelesen habe, überlege ich die gesamte Zeit ob das stimmt ._____. (Wusstest du, dass Tiger bis zu 5 km schwimmen können?) Ich hätte deine Story, wenn ich nicht wüsste, dass eine solch begabte Autorin wie du sie verfasst hast, trotzdem angeklickt.
    Mache ich mit dem Startpost weiter! (Oh Gott, diese Ordnung verwirrt mich! xD) Den Banner finde ich süß, aber irgendwie ist es schade, dass unsere Hauptperson nicht darauf abgebildet ist q.q Hat das Mädel da eine Bedeutung oder hast du es willkürlich ausgesucht? Immerhin der Spruch ist schön, und über dieses kleine Unterwort (?) ist wunderschön <3. Ich habe mich sofort in die beiden letzten Sätze verliebt <3. (Liebe, Tod und überwinden, das ist soooooo romantisch!) Ich liebe dein Titellied und es hat so eine schöne Übersetzung und wow <3 (Ich möchte nicht an Draw with me erinnert werden! Das Video ist einfach tragischromantischtraurigwundervoll, ich hätte einfach nur heulen können, als ich es zum ersten Mal gesehen habe q.q) Das Vorwort ist hübsch gestaltet, auch wenn ich nicht weiß, was da dieses "letzte Fanstory ... die beste" zu suchen hat ö.ö. Du hast die Geschichte übrigens auch mir gewidmet <3. Dann hast du auch noch immer diesen leuchtenden Anhänger von dem Mädel aus dem Banner als kleines Bild neben die Unterüberschriften gesetzt, was ich auch hübsch finde <3. Steckbriefe sind nett (Bitte zähle nicht, wie oft ich hier das Wörtchen "sein" verwende!), auch wenn mir die Bildchen ein wenig klein sind und ich gerade darüber nachdenke, ob du Vibravas Entwicklung editieren solltest. Die Infos finde ich hilfreich, habe sie aber eher überflogen. (Schade übrigens, dass es keine Götter gibt, ich stehe einfach ungemein auf Intrigen zwischen denen xD) Also, alles in allem einfach toll. Und selbst wenn du nichts in den Startpost geschrieben hätte, wie hätte das deine Story trüben sollen und können?


    Kapitel
    So, ich werde hier einfach alles zusammenfassen, mit dem nächsten Kapitel werde ich eines ausführlich behandeln, aber du kennst mich, ich bin einfach faul... Trotzdem, du wirst schon etwas zu jedem Kapitelchen entdecken ^-^
    Der Kerl im Prolog war sicherlich Mizu und ich finde ihn jetzt schon toll! <3 Er ist sarkastisch und gelassen, nicht dumm und hat auch noch eines meiner Lieblinge als Erstpartner (Bojelin ist soooo süß! Carolyn aus Seelenwind bekommt auch eines ^-^) Der Kerl, der ihn mitnimmt, stammt also aus demselben Land wie er. Er kommt mir auch ganz sympathisch vor, ebenfalls recht kühl. Mal sehen, wohin ihre Reise führt. (Übrigen s hasse ich Kriegsberichte als Prolog, habe einmal ein Buch gelesen, dass genauso begonnen hat und es war einfach nur schlecht xD Aber deinen mag ich <3)
    Neko ist ein süßes Ding <3. Sie scheint kämpfen zu können, immerhin hat sie ein Gewaldro besiegt. Ich mag übrigens Vibrava auch sehr gerne, aber nur, weil es sich zu Libelldra entwickelt xD. Den Kerl mit dem "Zwinkertick" finde ich lustig, besonders, weil die sonst doch recht kluge Neko nicht gemerkt hat, was es zu bedeuten hat. Aber sie soll sich mal nicht beschweren, keine Freunde zu haben, wenn sie so anspruchsvoll ist, da gäbe es einen, der mit ihr zu tun haben möchte und sie stößt ihn vor den Kopf o.o Dass über Mizu getratscht wird, finde ich sehr niedlich, aber alle diese Mädels sollen sich doch bitte einmal nichts einbilden! Mizu gehört Neko! o.o
    Was für ein schönes Kapitel. Das meiste, dass mir in Erinnerung geblieben ist, ist der Name Rido, weil ich ständig überlege, ob das nicht der fiese Onkel von Kaname und Yuki ist... Jedenfalls, Mizu ist sooo süß! Und er ist mir sympathischer als Neko, nicht, dass ich sie nicht mag, aber ich habe noch keinen Draht zu ihr gefunden... Kotaku mag ich, sie ist nett und klug, vielleicht auch eingebildet, aber niedlich. Er tut mir Leid, da ewig gestanden zu haben, ohne Essen (Ich wäre schon längst ausgeflippt!)), aber immerhin entwickelt sich dadurch ja ein nettes Gespräch zwischen ihm und der Chimäre. Ich glaube, ich wäre gerne ein Igelavar-Chimäre <3.
    Irgendwie verschmilzt die Handlung in meinem Kopf immer zu einem großen Brocken, aber das ist auch in Büchern so, von daher... Ich bin daran gewöhnt xD Mizu ist nicht sehr nett - Ich liebe ihn! Und er hat eine tragische Vergangenheit, was kann ihn da noch süßer machen? Er bewahrt Neko vor der Offenbarung ihrer Ohren, und dabei hat er sich ja beinahe eifersüchtig angehört! Mir taten aber die Mädels ein bisschen leid, Mizu war doch ziemlich fies zu ihnen, schließlich können sie nicht dafür, dass er so ein Eisblock ist. Das Essen stelle ich mir verdammt kompliziert vor, ich hasse ohnehin Menschenmengen, ich hätte es bestimmt als schrecklich empfunden xD.
    Das Kapitel trägt den schönsten Namen. "Geliebtes Kätzchen" ... Hach *-* Gott, so ein süßes Kapitel! Ich hätte als Partner ein Tornupto und ein Lucario gewollt ^-^ Dass Mizu keine Katzenohren mag, ist nicht nett von ihm. Erstens hat seine Zukünftige auch Katzenohren und zweitens sind Katzen total flauschig, was kann man schon gegen ihre Öhrchen haben? q.q Ich weiß nicht, ob ich ihm, wie Neko, meine Ohren gezeigt hätte, wahrscheinlich eher nicht, aber jetzt bin ich gespannt wie er reagiert. Rido empfinde ich übrigens als unsympathisch, was aber auch an seinem Namen liegt. (Ich bin sowieso nicht so der Fan von japanischen Namen ^-^") Und auf welche Stories hast du angespielt? *Interessiert Cassi*
    q.q Kein Konflikt? Kein zwei-Kapitel-dauerndes-Schweigen, dass dadurch gelöst wird, dass er sie eines abends trifft, ihre Tränen sieht und versteht, wie sehr es ihm leid tut? Du enttäuschst mich, Pika xD Ich habe so gehofft, dass es richtig Streit gibt *Mizu böse anschielt* Das Eneco, wird das Tierchen noch eine Rolle spielen? Oh, und Mizu hat ein Tanhel bekommen, auch ein Pokémon, dass ich recht gerne leiden mag. Das sind gute Voraussetzungen, was? Oh, die Szene beim See war sooo romantisch. Und bei einem Satz ("Wann sind wir einem anderen Menschen näher als dann, wenn wir genauso empfinden wie er?") habe ich mich positiv an Nocturna erinnert gefühlt, da, wo Tigwid kurz wie Bonni fühlt <3. Und er hat sie gerettet, mit übersinnlichen Kräften. Jetzt, lieber Mizu, bin ich dir endgültig verfallen *-* Also, weiter geht es mit Part 2: Hey, da war eine Anspielung auf den Titel, aber diesen Gedanken habe ich schon sofort wieder vergessen, weil Mizu jetzt wieder beweist, wie sexy er ist: "Ich habe dich fallen sehen." Gott, ich habe ihn richtig im Kopf, wie er das sagt. (Nerve ich mit meinen Mizu-Schwärmereien? xD) Er kann die Zukunft sehen und missachtet Regeln. Wenn du ihn dir nicht schnappst, Neko, gehört er mir! Schwalboss hat Mizu und Neko beobachtet? Der Boss weiß mehr als er zugibt, auch über Tanhel und ich bin gespannt, was in diesem dummen Brief steht! Die Sache ist sehr viel verworrener, als ich zuerst dachte. Und ich freue mich auf die Szene mit den Volbeat <3. Komm schon, Mizu, du liebst sie! Das wird bestimmt süß <3.
    Nekolein ist in Mizu verliebt, weiß es aber nicht. Süß <3. Ich finde ihre Gedanken sehr nachvollziehbar und mir wäre es sicherlich auch so gegangen. Außerdem bewundere ich dich dafür, wie du solch recht belanglosen Szenen mit deinem Schreibstil so viel Leben (und auch Länge, was ich ja gar nicht kann) einhauchst ö.ö Und dann kommt Mizulein und es zeigt sich, dass er in sie verliebt ist, was auch noch niemand von den beiden weiß. Das mit den Volbeat hast du unglaublich schön beschrieben <333333. Mizu könnte etwas einfühlsamer reden, ich hätte ihm höchstwahrscheinlich eine runtergehauen. Aber da er ja eine freundliche Erklärung hinterhergeschickt, brav :3 Jetzt wird es porno! xD Was hat man in der Zeit, gibt es elektrisches Licht?, für Unterwäsche an? Gab es den BH schon? Boah, die zwei sind niedlich <3
    Süße Zusammenfassung, die zwei passen einfach gut zueinander :3 *Miau* Uh, da waren die Momente der Trennung nahe, glücklicherweise wurde Mizu als Ersatz benannt, also besteht die Hoffnung, dass die zwei zusammen bleiben. Ich fühle mit Neko, es wäre schrecklich, auseinandergerissen zu werden. (Und Shagukan no Shana ist total süß, besonders Shana, die hübsche, kleine Flame :3) Anscheinend wird Neko mehr geschätzt als sie denkt, warum sollte sie sonst befördert werden? (Ich denke, weil hinter Mizu und/oder Neko ein Geheimnis steckt, dass den Anführer interessiert)
    "Es war ihr letzter Tag im Bau..." Mir ist sofort der Gedanke an das Gefängnis durch den Kopf geschossen xD Uh, die Vorbereitungen beginnen, und Mizu ist nicht dumm, er macht sich Gedanken, warum er befördert wurde. Immer misstrauisch bleiben, Schätzchen! Ich finde, du charakterisiert die Menschen und Pokémon so toll, ohne sie zu beschreiben oder sie viel reden zu lassen, einfach nur durch ihre Handlungen. "Show, don't tell!" Uh, Sora, die verbirgt ein handlungsrelevantes Geheimnis, oder? Niedlich, Shana kann die Farbe ihrer Augen ändern xD Ich finde sie recht nett, aber der erste Eindruck kann ja täuschen, nicht wahr? Cooler Schwertkämpfer <3 (Ich hatte einen Feenlicht-Gedanken, da gibt es eine Person, deren Bezeichnung (Also er, sein, ihm) immer großgeschrieben wird. Ich bin gespannt, was das für ein Gegenstand ist und ob er sich gut in die Schwarze Rose einfügt o.o
    Ich mag es, dass Traunfugil gegen pflanzliche Gifte immun ist, dass ist niedlich. Außerdem mochte ich die Szene, in der beschrieben wurde, was und wie die Pokémon fressen. Shana und Vulnona sind echt süß, ich finde es irgendwie traurig zu wissen, dass Vulnona sie überleben wird. <.< Jetzt hätte man fast etwas über Nekos Geschichte erfahren und du versaust es. Pachirisu und Traunfugil sind süß x3, Vulnona etwas weise ö.ö Die weiß etwas, dass die anderen nicht wissen <.<
    Der Anfang von Nekos Geschichte ist wirklich süß, wird dann aber tragisch. Oh, Sanakos Schwester war aber wirklich eine nette, genauso wie ich Isago als sympathisch empfinde. Gemein, dass sie das Land nicht erhalten haben, aber von mir aus hätte Neko guten Gewissens weitersprechen können, denn ich habe noch nicht verstanden, was es mit Nekos Vergangenheit auf sich hat x-x Uh, Mizulein hat also eine Version. Das Tanhel ist toll, ich weiß nicht, ob es nur die Versionen hervorruft oder ob es sie hat und an Mizu weitergibt. Trotzdem, diese Fähigkeit scheint ja noch hilfreich zu sein, ich bin gespannt, was sie so alles erwarten wird. Böse Wesen lauern in den Klippen! ô.o
    Viel Spaß auf dem Trampelpfad, ihr Süßen! xD Juhuu, Reise über einen Steinweg, ungeheuer lustig, aber du hast alles gut beschrieben <3. Ai, Nekolein hat Freunde gefunden, dass freut mich für ihr sie. Das ist ja spaßig, eine Onixattacke! Ich wäre garantiert schreiend herumgelaufen, die wirken alle sehr ruhig. Ich bewundere solche Leute, ich neige zu Hysterie. Yeah, bei dem Stahlos hatte ich mich flach neben ein besiegtes Onix auf den Boden geschmissen. Der Augenblick, in dem Stahlos sich Neko nähert, war toll beschrieben und dann stürzt sie... o.o Wer rettet sie? - Der Absatz aus Vibravas Sicht war so unglaublich schön, eine der besten Stellen in deiner Geschichte! Vor allem die letzten Sätze enthielten soviel Gefühl, einfach nur wundervoll! *-*
    Die Szene danach ist auch schön, wie Libelldra Neko rettet, und es war auch alles so lebensecht. (Ich frage mich sowieso immer in so Zeichentrickfilmen, was es bringt, wenn man drei Meter bevor man auf den Boden der Schlucht aufschlägt, auf einem Felsplateau landet. da tut doch gleich weh, oder?) Mizu war ein wenig unbesorgt, dafür, dass seine zukünftige Geliebte da heruntergestürzt ist ö_________________ö Ich mag Dragonir <3 Toll, dass es kommt und unsere Freunde rettet, aber Dragos Geschichte hingegen ist traurig q.q Ich finde die nett, aber Dragonir und Noctuh müssen wahre Muskelpakete sein! Das Gespräch zwischen Lilli und Nona ist auch süß <3.


    Sonstiges
    Du hast in einem Kapitel dich mitten im Satz selbst kommentiert q.q Das mag ich ja überhaupt nicht, lasse das! xD Allerdings war das schon im zweiten, du hast es mittlerweile bestimmt aufgegeben ^-^
    Ich bin auch kein Fan von Musik dazwischen, aber das sei dir verziehen, weil H2O sooo schön ist <3. (Auch wenn ich diese neue Bella nicht mag und Ricky und Zane sich streiten q.q Noin! Die müssen zusammenbleiben! Und KiKa hat das jetzt abgesetzt, ziemlich zeitgleich mit dem Ende von GnT und ich warte sehnsüchtig auf die Fortsetzung. Ist es übrigens kindisch, H20-Fan zu sein? o.o)
    in Momente Part 1 war schon wieder ein Autorenkommentar! Aber ja, ich habe dasselbe bei ihrem ersten Satz gedacht wie Mizu. Muss Neko sich auch so seltsam ausdrücken xD?
    Kapitel 8, die Vergangenheit von Gott-ich-weiß-nicht-wie-das-Verb-heißt-! ist nicht stieben, sondern stoben, glaube ich ^-^ *Leicht unsicher* (Okay, mein Opera-Wörterbuch kennt das Wort nicht x-x)
    Du hast sogar noch in Kapitel 9 eigene Kommentare eingefügt q.q
    Das Spezialkapitel: Gott, dass ist eine traurige Geschichte o.o Ich verstehe Shana, wenn die kleine Schwester immer bevorzugt wird und dann auch von deinem Partnerpokémon zuerst gerettet wird... Natürlich versteht man Vulnona im Ansatz, aber ich denke, ich hätte zuerst die Person gerettet, die mir mehr bedeutet. Vielleicht ist Vulnona weiser als ich, nicht so impulsiv, oder es hat Shanas Schwester tatsächlich lieber. Aber warum hätte sie sonst Shana als Partnerin erwählt?
    Kapitel 10, bei Mizus Version hieße es wohl eher "aufhält" anstatt "aushält" xD
    Noin, schon wieder Autorenkommentare! v_________________________________________v Übrigens hast du in dem Kapitel Lawine zweimal mit v geschrieben, es muss aber ein w sein ^-^.
    Schon wieder ein Autorenkommentar! Füg das doch am Ende des Kapitels einfach mit einem Sternchen ein, wenn dir das so wichtig ist, aber mitten im Kapitel gefällt es mir nicht ^-^


    Gott, ich bin durch. Lass dir gesagt haben, dass ich deine Story unglaublich schön finde und ich bei einem neuen Kapitel auch näher darauf eingehen werde, aber mir fallen jetzt die Finger ab und meine Augen beginnen zu tränen. Ich bin Mizu x Neko-Fan! Also, noch einmal, wirklich unglaublich tolle Geschichte!
    *FLAUSCHFLAUSCHFLAUSCH!* <3 Katzi!

  • [tabmenu][tab=Komisches Blabla]@Sanu: Dir hab ich dochn Statement gegästebucht, oder? o0
    Nyan, wieder nur ein Spezikapi nach einer Ewigkeit keines neuen Kapitels << Aber es gibt eine tolle Neuigkeit: Ich habs nun endlich fertigbekommen, das Tabmenu zu benutzen! ^o^ Wahrscheinlich werde ich auch die anderen Kapitel in Tabs tun, damit die Posts nicht immer so lang sind ...


    [tab=Kapitel]KnacklionSpezialkapitel 2: Unbeugsam


    Noch eine gute Weile drehte sich Neko auf ihrer Matte hin und her. Obwohl sie so unsagbar müde war, hatte der heutige Tag sie dennoch zu sehr aufgewühlt, als dass sie einfach so einschlafen konnte. Da waren der Angriff der Onix, ihr Sturz, Libelldras Entwicklung und das schreckliche Schicksal Iwaos, von dem Shoku ihnen erzählt hatten. Außerdem plagte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie kaum ein Wort mit Mizu gewechselt hatte. Lag es daran, dass sie sich – ob bewusst oder nicht – seiner Freundschaft zu sicher war? Hatte sich zwischen ihnen in den wenigen Wochen, die sie sich kannten, bereits eine solche Bindung aufgebaut, dass sie Gefahr lief, leichtsinnig zu werden?
    Aber das war nicht alles. Etwas anderes verschlug ihr noch zusätzlich den Schlaf. Heute im Boot hatte sie so einiges über sich preisgegeben, worüber sie mit noch niemandem gesprochen hatte. So auch nicht nur über ihre unschöne Vergangenheit, sondern auch über den Grund, weswegen sie sich den Rebellen angeschlossen hatte…


    Wie immer um diese Jahreszeit fegten Sandstürme über die Steppe hinweg. Auch das Dorf blieb nicht verschont, und so verdeckte man die Ritzen und Spalten zwischen den Wänden mit Tüchern, um wenigstens einen Teil des Sandes daran zu hindern, ins Innere der Gebäude zu dringen. Dennoch waren die meisten Dorfbewohner fast unablässig damit beschäftigt, ihre Wohnung auszufegen, doch das diente lediglich dafür, dass es nicht mehr Sand wurde; fing man in der einen Ecke eines Zimmers zu kehren an und kam an die andere, so hatte der Wind dort, wo man begonnen hatte, schon wieder Staub hereingetragen. Doch so war das Leben in der Steppe nunmal, und nicht nur, dass man damit zu leben gelernt hatte, unterstützte man sich natürlich, wo es nur ging.
    Neko stand an der Wand ihres Zimmers und versuchte, eines der Tücher, das sich gelöst hatte, gegen den Spalt zu drücken. Obwohl ihr Haus das am besten errichtete im ganzen Dorf war, hatte auch dieses die einen oder anderen Makel, und durch die dünnen aber zahlreichen Ritzen drang beinahe ebenso viel Sand in ihre Wohnung wie in andere Gebäude auch. Mit arger Mühe schaffte es die Achtjährige, das Tuch wieder festzuklemmen, und betrachtete dann ihr Werk. Perfekt war es nicht, denn es rieselte mehr Sand herein als vorher, doch es erfüllte seinen Zweck. Sie beschloss, den hereingeblasenen Staub später wegzufegen, und ließ sich vorerst auf ihr Bett nieder, um zu erschnaufen.
    Mein Bett?, dachte sie bitter und richtete sich wieder auf, als ihr klar wurde, dass ihr nichts in diesem Haus gehörte. Nur die Kleider, die sie am Leib trug, und die, die in ihrem Schrank hingen, waren wirklich ihr Eigen. All das besaßen in Wirklichkeit ihre Tante und ihr Onkel, die ihr und ihrer Mutter darin zu leben gewährten, und das Bett und das übrige Mobiliar war nur Leihgabe. Dabei war Sanako doch die ältere von beiden! Ihre Mutter hatte ihr das ziemlich genau erklärt, dass es für sie als Unverheiratete unmöglich war, Anspruch auf den Besitz des Grundstückes zu erheben, aber Neko hatte nur die Hälfte davon wirklich verstanden. Was sie jedoch sofort erkannt hatte war, dass das Königliche Gesetz, das über allem und jeder Handlung wie ein unheilvoller Schatten schwebte, sie daran hinderte, ihr gutes Recht einzufordern. Oft hatte die kleine Chimäre Wut auf diese Regelung, doch manchmal richtete sie diese auch auf ihren Vater, den sie nie kennen gelernt hatte; nicht nur, dass er ihre Mutter und sein ungeborenes Kind im Stich gelassen hatte, wegen dieser Tat hatte das Gesetz Sanako das Erbrecht entzogen.
    Nein, ihrem Vater konnte sie nicht die Schuld geben. Isago hatte Sanako geliebt, wie es noch nie in ihrem Dorf gesehen worden war, und dieser Tatsache war gerade Neko doch die beste Zeugin. Eigentlich konnte – außer dem Königlichen Gesetz, versteht sich – niemandem die Schuld an dieser Situation zugeschrieben werden. Vielleicht meinte es das Schicksal auch nicht gerade gut mit ihrer Familie, wie sich bald herausstellen sollte.
    Ein paar Tage später saßen Sanako und ihre jüngere Schwester Ichijuku zusammen mit Neko am Küchentisch. Das Mittagessen war gerade beendet worden, und ihr Onkel hatte sich bereits wieder seinen Aufgaben gewidmet. Eine bedrückende Stille lastete schon den ganzen Tag im Haus, das hatte die Chimäre gespürt. Sogar ihre ständig nachwachsenden und wie Krallen geformte Fingernägel zu feilen hatte ihre Mutter vergessen. Das tat sie sonst nie.
    „Neko, mein Schatz“, wandte sich Sanako, nachdem sie ihre Schwester eine Weile traurig angesehen hatte, an ihre Tochter. „Möchtest du nicht ein bisschen mit den anderen Kindern spielen gehen?“
    Die kleine Eloa rümpfte die Nase, als sie daran denken musste, was ihr gestern mal wieder widerfahren war. Wie so oft war sie der Sündenbock gewesen, auf den man alles schieben konnte, als sie die eingelegten Feigen einer Familie eines dieser Kinder geplündert hatten. Manchmal fragte sich Neko wirklich, warum sie überhaupt mit diesen Bälgern noch spielte oder überhaupt ihre Nähe suchte. Doch sie war weder einfältig noch ein Kleinkind mehr und erkannte, dass ihre Mutter und ihre Tante etwas zu besprechen hatten, das sie offenbar nicht mitanhören sollte. „Ich geh in mein Zimmer“, beschloss sie schließlich für sich selbst und rutschte vom Stuhl.
    Wie jede Mauzi-Chimäre war auch sie furchtbar neugierig, was natürlich nicht immer von Vorteil war. Aber dieser Gedanke kam ihr nicht, als sie sich, anstatt weiter in ihr Zimmer zu gehen, neben der Küchentür an die Wand drückte und das Katzenohr lauschend ins Innere des Esszimmers drehte.
    „Warst du bei der Heilerin?“, fragte Sanako gerade, und Neko erschrak, als sie ihren besorgten Tonfall hörte. Da stimmte etwas nicht.
    Ichijuku antwortete lange nicht, als suche sie nach den richtigen Worten. „Nein“, murmelte sie schließlich so leise, dass die spionierende Chimäre es beinahe nicht hörte. Auch wenn sie nicht genau wusste, worüber die beiden sprachen, so konnte sie dennoch heraushören, dass diese Antwort einer anderen Frage galt als der, die Sanako eben ausgesprochen hatte. Nur welcher?
    „Ichi, was ist los?“ Man hörte einen Stuhl über den Boden schrammen, als ihre Mutter aufstand und sich neben die Schwester stellte, um tröstend die Hände auf die Schultern zu legen. „Da ist noch etwas, stimmt´s?“
    Wahrscheinlich nickte Nekos Tante schweigend. Als Sanako sie dazu drängte, es ihr zu verraten, musste Neko sich etwas weiter vorbeugen, um das Geflüsterte ihrer Tante zu verstehen: „Sie sagt, dass es nie klappen wird. Oh, Sana, ich werde nie ein Baby bekommen!“ Plötzlich brach die Eloa in Tränen aus, und heftige Schluchzer waren auch bis in den Flur gut zu hören. Neko zuckte dabei zusammen. So grenzenlos traurig hatte sie ihre Tante noch nie gehört. Gleichzeitig freute sie sich auch, schämte sich jedoch auch dafür. Es war nicht recht, sich zu freuen, nur weil Ichijuku, weil sie keine Kinder kriegen konnte, jetzt vermutlich doch nicht Erbin sein durfte. Ob ihrer Grausamkeit entsetzt schüttelte Neko den Kopf, überwand ihre verfluchte Neugier und ging in ihr Zimmer.
    Nur am nächsten Tag standen vor ihrer Tür drei Krieger und hielten der höchst angeschlagenen Ichijuku einen königlichen Ersuch vor die Nase, dass das Besitzrecht des Grundstückes von ihrer Familie gefallen war. Ihr Mann begehrte heftig auf und verteidigte sie, dass sie doch nichts dafür könne, keine Nachkommen zeugen zu können. Auch Sanako versuchte ihr Glück, indem sie vorhielt, bereits eine Erbin zu haben, doch man sah sie und ihre Tochter, beide mit Katzenohren, nur schief an und erwiderte nichts. Die Soldaten blieben unbeugsam und wichen nicht von der Stelle. Sie drohten mit Rauswurf, dem Abbrennen ihres Hauses. Schließlich überließ ihnen ihre Tante schweren Herzens die Urkunde ihres Grundstücks. Damit zogen sie ab und ließen die Familie künftig in Ruhe.
    Aktiv zumindest. Passiv hatten sie nach wie vor Einfluss auf sie. Da ihnen das Haus nun nicht mehr gehörte, mussten sie, genau wie all ihre Pächter es vorher bei ihnen getan hatten, monatlich einen gewissen Betrag zahlen, wenn sie nicht fliegen wollten.


    Das war ihr Grund. Dass man ihrer Familie das Besitzrecht entzogen hatte, war es jedoch nicht direkt. Ihre Mutter war unverheiratet gewesen, daher war es auf ihre Tante gefallen, daran gab es nichts auszusetzen. Auch, dass es dieser wieder entzogen wurde, war noch akzeptabel und durchaus nachvollziehbar. Aber dass man dann nicht auf ihre Mutter zurückgekommen war, nur deswegen, weil Chimärenblut in ihr floss, war Neko ein Kaktusdorn im Auge. Als sie von den Rebellen gehört hatte, die für bessere Rechte für das Volk kämpften und sich gegen das Königsgeschlecht verschworen hatten, hatte sie gespürt, dass das ihre Chance war, ihre Familie von der Abhängigkeit dieses Königshauses zu befreien. Dass sie nicht mehr dafür zahlen mussten, auf einem Stück Land zu leben, das ihnen schon seit vielen Generationen rechtmäßig gehört hatte.
    Irgendwann drang etwas Nebelhaftes durch die Wand und legte sich auf ihre Beine. Und nur wenige Minuten später hatten ihre Füße Neko etwas weit voraus: Sie waren eingeschlafen.[/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Dobbelbost]
    Dieses Kapitel ist mal wieder ein Doppelkapitel, da ich eig geplant hatte, das hier geschehende in eines zu packen. Nur leider hab ich mich zu lange im Tal und auf der Reise aufgehalten, daher ist es für die erste Hälfte eines Kapitels zu lang. Also heißt es nun: "Zwischen Himmel und Erde - (Nächtliche) Begegnungen" und das zweite dann "Zwischen Himmel und Erde - Ein alter Bekannter und neue Freunde"
    HF ^^
    [tab=Part 1]DamhirplexKapitel 13: Zwischen Himmel und Erde - (Nächtliche) Begegnungen


    „Ich habe dem Hauptquartier eine Nachricht zukommen lassen“, informierte sie Shoku, als die kleine Gruppe am nächsten Morgen bei einem einfachen Frühstück aus etwas Brot, Butter und Käse am Tisch in der Hütte beisammensaß. Trotz der nur kurzen Nachtruhe waren die Strapazen des Vortages unter den Rebellen wie weggeblasen, und auch Neko war guter Dinge. Die heimelige Atmosphäre, die die holzgetäfelten Hüttenwände ausstrahlten, tat ihr Übriges und sorgte bei allen für ausgelassene Stimmung. „Wir werden heute gegen Nachmittag losfliegen. Es reicht auch noch, wenn ihr heute Abend ankommt; die große Begrüßung ist ohnehin erst morgen.“
    Dass sie sich auch weiterhin in dem kleinen, künstlichen Tal erholen konnten, kam Neko gerade recht, da sie vor der Abreise noch einen Probeflug mit Libelldra unternehmen wollte. Es war nämlich gut möglich, dass es die Wüstendrachin, weil sie noch ungeübt war, gar nicht bis zum Hauptquartier aushielt, und für die Zeit, die Neko auf ihr fliegen würde, wollte sie besser vorbereitet sei als auf ihre ersten Flüge. Gleich nach dem Frühstück wollte sie eigentlich damit loslegen und vielleicht auch noch einen Übungskampf mit Mizu und seinen Partnern austragen, doch Shoku rief sie und Shana gleich zu sich in den kleinen Lagerraum. Neben drei in Papier eingewickelter Brot- und Käseleiber und den anderen Vorräten lagen hier auch einige Säcke mit Futter für die Pokémon bereit. Mit dem Auftrag, einen davon unter den Partnern zu verteilen, drückte die naminische Rebellin den beiden einen Sack in die Hand und entließ sie nach draußen.
    Da es noch Morgen war, hatte das Sonnenlicht seinen Weg ins Tal noch nicht gefunden, sodass das silbrige Zwielicht mit unschuldig weißem Nebeldunst zu kämpfen hatte, jedoch gegen die morgendliche Kälte kläglich versagte. Das taufeuchte Felsengras knirschte unter den Schritten der beiden Rebellinnen, als sie den Verschlag ansteuerten, unter dem die Pokémon geschlafen hatten. Während Vulnona dank ihres inneren Feuers bereits trocken war, mussten Bojelin und Pachirisu das feuchte Fell gut durchschütteln und versprühten dabei kleine, glänzende Tröpfchen. Obwohl Mizus Erstpartner als Wasserpokémon die Feuchtigkeit eigentlich liebte, saugte sie ihm die Wärme aus dem Körper. Morlord gähnte träge, als sie kamen; er musste auf die wärmenden Sonnenstrahlen warten, um wieder einigermaßen agil zu werden. Genauso verhielt sich auch Iksbat, der als nachtaktives Wesen kopfüber von der Decke hängend die Augen noch halb geschlossen hatte. Ganz anders als Traunfugil, der kreischend hinter Tanhel herflog und es durch den Nebel über das ganze Tal jagte.
    „Wo ist Libelldra?“, fragte Neko Dragonir, die den Morgentau aus dem schwarzweißen Gefieder ihrer Flügel schüttelte.
    Wieder erklang ihre Stimme warm und klar aus der Kugel an ihrem Hals, als die Schlangendrachin antwortete: „Sie ist mit Noctuh mitgeflogen. Sie dürften aber gleich zurück sein.“ Die Chimäre nickte und lächelte, war tief im Innern jedoch enttäuscht, dass ihre Erstpartnerin nicht darauf gewartet hatte, dass sie kam. Jetzt, da sie sich entwickelt hatte, sollten sie so wichtige Momente wie der erste Morgen danach doch zusammen verbringen!
    Sie wandte sich an Shana, die bereits begonnen hatte, den Sack aufzureißen. Als er endlich offen war, griffen die beiden hinein, um den Inhalt an die Pokémon zu verteilen. Das Futter in Form daumenknöchelgroßer, zusammengepresster Stückchen war mit Spezialrezeptur gemacht, sodass sowohl fleischfressende als auch vegetarische Pokémon davon essen konnten. Sie legten jedem der Anwesenden einen entsprechenden Haufen davon hin, und als Traunfugil bemerkte, was unter dem Verschlag los war, ließ er von Tanhel ab, schnappte sich einen Mundvoll der Stücke und jagte dem gepeinigten Metallpokémon sofort wieder hinterher. Neko hatte etwas Mitleid für das blaue Wesen, doch gegen den kleinen Quälgeist war nunmal nichts zu machen. Für Libelldra legte Neko den Rest des Futters im Sack zur Seite.
    „Was war das gestern eigentlich für eine Attacke?“, fragte die Chimäre während ihrer Arbeit und deutete mit dem Kopf auf Vulnona. „von Feuerschweif habe ich noch nie etwas gehört.“ Und wenn man Mitglied der Schwarzen Rose war und jeden Tag mit dem verschiedensten Menschen und daher auch Pokémon zu tun hatte, bekam man so einiges mit.
    Shana klopfte sich die Krümel des Futters von den Händen und erklärte prompt: „Eigentlich ist es keine Attacke; es ist eine Kombination aus Eisenschweif und Flammenrad.“ Sie erläuterte, dass ein Pokémon mit genug Übung zwei seiner Attacken kombinieren konnte, sodass die Vorzüge beider eine neue bildeten. Irgendwann war es dann so weit, dass sie regelrecht zu einer verschmolzen, und das Pokémon dadurch nochmals eine weitere Attacke lernen konnte. Dummerweise ließen sich die kombinierten Angriffe nicht mehr trennen und auch nicht einzeln einsetzen. Aber im Laufe der Zeit waren mit ebendieser Technik immer neue Attacken entstanden, wenn die Veranlagung, sie auf Anhieb zu erlernen, an die nächsten Generationen weitergegeben wurde. War dies der Fall, so war diese Generation auch in der Lage, die Attacken, aus der sie kombiniert war, auch einzeln nochmals zu lernen. Außerdem gab es je nach Attack andere gewisse Nachteile: Vulnona hatte mit Eisenschweif ihre Schwänze regelrecht brennbar gemacht, um das Flammenrad auf sie zu konzentrieren, ohne dass es erlosch. Dadurch war sie für ihren eigenen Typ empfindlich geworden, und das sonst feuerfeste Fell wies an vielen Stellen ihrer neun Schweife verkohlte Brandflecke auf.
    Neko fand das ungemein faszinierend, und unwillkürlich fragte sie sich, aus welchen Attacken gewisse andere entstanden waren: Ob Drachenwut eine Mischung einer Drachen- und Feuerattacke ist? Sind Flammenrad und Eisenschweif selbst einmal aus zwei Attacken entstanden?
    Während sie noch darüber nachdachte, näherten sich dem Tal ein Paar lautloser, gefiederter, und eines lederner Schwingen. Kurze Zeit später landeten Noctuh, der ein weiteres Rattfratz zum Opfer gefallen war, auf dem Dach des Verschlags und Libelldra ein weiteres Mal sehr ungeschickt auf der Wiese knirschenden Felsengrases. Obwohl bei der Landung und auch beim Flug noch sehr tapsig, wirkte die Wüstendrachin im Tageslicht noch viel majestätischer, und wie um diesen magischen Schein noch zu unterstreichen, stieg die Sonne genau in diesem Moment über die Hände des Tals und brachte die rubinroten Augen zum Strahlen. Libelldra kam auf Neko zu, und sie erkannte die Begeisterung im Blick ihrer Erstpartnerin, als diese ausrief: „Der Sonnenaufgang ist einfach traumhaft! Ich könnte Stunden damit verbringen, ihn zu bewundern, wenn er doch nur nicht so kurz wäre. Farben sind toll!“ Euphorisch schlug sie mit den Flügeln und wehte dabei aus Versehen Traunfugil weg, der näher gekommen war, um mit ihrem glücklich peitschenden Schweif zu spielen.
    „Das freut mich“, behauptete Neko, doch es entsprach nur zum Teil der Wahrheit. Lieber wäre sie dabei gewesen, auch wenn sie versuchte, Verständnis mit ihrer Partnerin zu haben: Sie hatte endlich den Sonnenaufgang in all seiner Pracht sehen wollen, und zu dem Zeitpunkt hatte Neko noch gemütlich gefrühstückt. Genau das tat Libelldra nun auch, als sie den Futtersack entdeckte, und machte sich heißhungrig darüber her.
    „Und, sind noch alle da?“
    Shana und Neko drehten sich um, und Shoku kam auf sie zu. Auch wenn man ihr die Trauer um Iwao noch deutlich ansah – was sich vermutlich auch nicht ändern würde – wirkte sie genauso frisch wie der Morgen, trotz der kurzen Nacht. Ganz so, als wolle sie mit ihrem Auftreten sagen: „Die Sonne geht trotzdem jedes Mal wieder auf!“, was die richtige Art zu denken und zu leben war, wie Neko fand. Sie beneidete die ältere Rebellin etwas um diese Einstellung, denn sie hätte nach dem Verlust eines geliebten Menschen wahrscheinlich längst nicht so gefasst sein können. „Nach dem, was gestern war, wollt ihr bestimmt ein Bad nehmen, oder? Kommt.“
    Die Naminerin führte sie von der Hütte weg, wobei ihnen Traunfugil und Vulnona folgten. Neko fragte sich schon, wo hier in einem künstlich angelegten Tal zu baden wäre, wenn nicht in der Baute selbst, doch ihr Ziel war eine ebenso künstlich angelegte Quelle. Im Innern einer Felsspalte, sodass der Platz von den meisten Stellen des Tales nicht einzusehen war, sprudelte aus drei Metern Höhe ein größeres Rinnsal aus dem Felsen und sammelte sich am Boden zu einem kristallklaren Teich, der tief genug war, dass das Wasser Neko bis zur Hüfte reichte. Moos und Flechten wucherten an der Felswand am Wasserfall entlang, und eine glitschige Schicht grüner Algen überzog die Steine, die das Ufer säumten. Ein kleines Bäumchen mit kirschroten, giftig wirkenden Beeren wuchs aus der Wand senkrecht nach oben. Die Luft war angenehm frisch und kühl, und es roch nach feuchter, lebendiger Erde.
    „Lasst euch Zeit“, verabschiedete sich Shoku und ging.
    Zuerst wusste Neko nicht recht, was zu tun war, und zuckte daher unwillkürlich zusammen, als Shana fragte: „Möchtest du zuerst?“
    So selbstbewusst, wie sie sich dabei anhörte, so unsicher fühlte sich Neko. „Ich… ich weiß nicht…“
    „Wenn du dich genierst, kann ich ja auch weggehen. Wäre dir das angenehmer?“ Das fand die Chimäre unglaublich zuvorkommend, also nickte sie bloß und begann, an den Knöpfen ihrer Bluse herumzunesteln, während Shana sich umdrehte und aus der Felsspalte trat. Die Anwesenheit der Pokémon hingegen machte Neko nichts aus. Nachdem sie sich fertig ausgezogen hatte, ließ sie sich in das klare Wasser gleiten, doch es war noch sehr viel kälter, als sie es befürchtet hatte. Vulnona hatte ihre Reaktion offenbar bemerkt – wegen ihrer Gänsehaut war ja auch schwer zu übersehen, dass sie fror -, denn sie senkte den Kopf bis knapp über die Wasseroberfläche und blies vorsichtig einen Flammenwurf hinein. Langsam wurde das Wasser wärmer, und als sich Neko endlich entspannen konnte, brach der Feuerfuchs ab und setzte sich an den Rand des Teichs. Traunfugil schwebte heran und tauchte ebenso ins Wasser. Nach ein paar Bahnen kuschelte er sich an Neko, wobei er sie nicht gerade so berührte, wie es die guten Sitten verlangten, doch sie versuchte, diesen Umstand zu ignorieren, da er es schließlich nicht mit Absicht tat und auch keine Ahnung davon hatte.
    „Neko?“, erklang Shanas Stimme, durch Felsen und Wasserrauschen sehr gedämpft.
    „Ja?“
    „Wegen Mizu… du scheinst ihn sehr zu mögen, oder?“
    Die Chimäre fing an, das flammende Haar ihres geisterhaften Partners zu streicheln, während sie überlegte, warum die Keranerin sie das so plötzlich fragte. Vulnona rollte sich zusammen und schloss die Augen, wie um auf etwas zu lauschen. „Er ist ein guter Freund“, meinte sie und ließ sich etwas tiefer ins Wasser, obwohl sie schon darin saß. Sie dachte an die Momente, die sie mit ihm schon erlebt hatte: Ihre erste Begegnung, die Sache mit den Katzenohren, auf der Brücke, und die Nacht unter den Lichtern der Volbeat. Und wie froh sie war, dass sie beide befördert wurden!
    „Ein guter Freund?“ Shana klang überrascht. „Ich könnte mir aber vorstellen…“ Während sie sprach, wurde sie immer leiser, sodass der Rest ihres Satzes über das Plätschern des Wassers nicht mehr zu hören war.
    „Was hast du gesagt? Ich habs nicht verstanden“, sagte Neko daher.
    Shanas Stimme klang schmunzelnd: „Ach, nichts.“


    Nach dem Baud fühlte sich Neko sauber und erfrischt, und als auch Shana fertig war, kehrten sie zur Hütte zurück. Das Sonnenlicht hatte den Nebel mittlerweile vertrieben, und eine kleine Herde Damhirplex, von denen sich Neko nicht erklären konnte, wie sie hergekommen waren, graste friedlich das Felsengras. Shoku schickte nun auch die Männer zur Quelle in der Felsspalte, sodass Neko sich die Zeit nahm, mit Libelldra einen Übungsflug zu machen. Die Drachin hatte nichts dagegen, und begleitet von ihrem Mitpartner schwangen sie sich in die Lüfte.
    Die Böe, die sich in dem Tal verfangen hatte, sorgte für Auftrieb und schob Libelldra in den Himmel, als sei die der Schlüssel zur verlorenen Freiheit. Neko wurde es abwechselnd heiß und kalt, so verschieden waren die Emotionen, die sie plötzlich durchfluteten: Angst vor dem Absturz, Euphorie ob der Höhe, Verlust des sicheren Bodens und auch ein wenig Wut, weil Libelldra vorher nicht mit ihr geflogen war. Ihre Erstpartnerin glitt nun so hoch über die Klippen hinweg, dass der Fluss, den sie geschnitten hatte, nunmehr wie ein Bächlein wirkte. Von hier oben konnte Neko das Tal sehen, und auch den Steinschlag, der sie tags zuvor aufgehalten hatte, und das Plateau, wo die Onix sie angegriffen hatten. Sie schauderte und klammerte sich fester an Libelldra, als sie an das Stahlos denken musste.
    Ihr Blick folgte dem Flusslauf, an sanften Hügeln und kleineren Wäldchen vorbei. Zwischen Himmel und Erde gab es noch Stellen, die so unberührt und naturbelassen waren wie diese Gegend; nirgends ließ sich ein Dorf, ein Haus oder ein anderes Zeugnis menschlicher Einwirkung erkennen.
    Und dann sah Neko es.
    Weit weg von ihnen, angeschmiegt an den Horizont, stand das Königsschloss, die grauschwarze Burg, in der die Könige seit Jahrhunderten residierten. Die Entfernung nahm den Augen jedes Maß, sodass Neko unmöglich sagen konnte, wie groß das kolossale Bauwerk wirklich war. Lediglich an den Häusern der Stadt am Fuße des Hügels, auf dem die Feste errichtet war und darauf thronte wie ein Herrscher, konnte sie inetwa abschätzen, welche Größe es hatte. Es überstieg ihre Vorstellungskraft. Namine, flüsterte sie in Gedanken. Bald werde ich deinen Glanz von Nahem sehen.
    Nach einigen weiteren Schleifen setzte Libelldra zum Sinkflug an. Als sie dem Tal näher kamen und schließlich sehr wackelig landeten, blickten die Damhirplex nur gelangweilt auf, beendeten ihr Dauermahl jedoch nicht. Neko saß ab. „Das war schon viel besser“, lobte sie ihre Erstpartnerin und strich zärtlich über den geschuppten Hals, musste damit aber aufhlren, als Traunfugil meinte, eifersüchtig werden zu müssen, und auch gestreichelt werden wollte.
    Shoku kam auf sie zu und trug ihr auf, dass sie sich für die Abreise bereit machen sollte. Sie ging in die Hütte, um ihren Beutel zu holen, wo sie auf Mizu stieß, der dasselbe vorgehabt hatte. „Und, aufgeregt?“, fragte die Chimäre, vom Flug noch ganz begeistert.
    Er sah sie kurz und eindringlich an – war da Enttäuschung in seinem Blick? – und erwiderte: „Nicht wirklich.“ Er verließ die Hütte, und das Sonnenlicht glänzte bläulich in seinem nur halb getrockneten Haar.
    Neko war viel zu gut drauf, um auf den Gedanken zu kommen sich zu wundern, was mit dem Lynoer los sei.
    Schließlich standen alle auf der Wiese bereit. Es lief ab wie am Abend zuvor auch: Alle Menschen bis auf Neko stiegen auf Dragonir; die Eloa flog auf Libelldras Rücken. Mit Psychokinese brachte Noctuh alle flugunfähigen Pokémon zum schweben, und Traunfugil, Tanhel und Iksbat trudelten gemütlich hinterher. Diesmal jedoch folgten der Luftflotte auch eine Bodentruppe: Wie selbstverständlich trabten die Damhirplex hinterher. Nachdem sie geschwind und leichtfüßig die Wände des Tals erklommen hatten, nahmen sie an Geschwindigkeit zu und preschten über die raue Landschaft dahin, als würden auch sie fliegen. Neko fragte sich, weswegen sie ihnen folgten und zu welchem Zweck, bis die Truppe am Ende der Klippen neben dem Fluss anhielt, wo auch die Drachen und das Eulenpokémon landeten. Die Eloa wagte nicht zu fragen, was das alles sollte, denn die anderen schienen bescheid zu wissen. Stumm ärgerte sie sich darüber, zu lange mit Libelldra geflogen zu sein, sah es Shoku aber scheel an, dass sie sie nicht aufgeklärt hatte.
    Die Naminerin trat an das größte und majestätischste der Hirschpokémon heran und legte zärtlich eine Hand auf dessen Schnauze. „Vielen Dank für eure Hilfe.“
    „Immer wieder gerne, meine Shoku!“ Neko blinzelte überrascht, als sie glaubte, das Damhirplex habe geredet. Nein, es hatte geredet, nur konnte sie es sich nicht erklären. Es sei denn… Erst jetzt fiel ihr auf, dass Noctuh noch kein einziges Wort gesprochen hatte, was bedeutete, dass sie gar nicht Shokus Erstpartnerin war, sondern dieses Damhirplex, das die Herde anführte. Kein Wunder also, dass die anderen Hirschpokémon ihnen so bereitwillig gefolgt waren. „Ich muss nun zurück“, erklärte Shoku ihnen und stieg nun alleine auf Dragonir. „Viel Glück weiterhin!“ Damit flogen sie, Noctuh und die Drachenschlange zurück zum Tal; ihr Posten erlaubte es nicht, dass sie allzu lange fort waren, daher ging die Reise der Beförderten nun zu Lande weiter.
    „Na dann“, posaunte Bato lauthals und trat auf Shokus Erstpartner zu. „Trödelt nicht lange! Wir haben noch einiges an Weg vor uns.“ Leichtgüßiger, als man es einem Menschen seiner Größe zutraute, schwang er sich auf den kräftigen Rücken des Damhirplex.
    Zweifelnd sah Neko sich um: Es waren, bis auf den Anführer, nur vier weitere der Hirschpokémon da. Kisho würde mit Pachirisu eins reiten, und der schwerfällige Morlord würde eines für sich alleine beanspruchen müssen. Blieben noch zwei Damhirplex und drei Menschen. „Ich kann auf Libelldra fliegen“, entschied Neko also und wollte auf sie zukommen, doch die Drachin schüttelte den Kopf.
    „Ich glaube, bis nach Namine schaffe ich es dann nicht.“ Zuerst zögerte Neko, weil sie sich nicht sicher war, was nun zu tun war.
    Doch Mizu nahm ihr die Entscheidung ab, indem er eine einladende Geste auf ein Damhirplex machte und meinte: „Das hält uns beide aus, würde ich sagen.“ Fast hätte Neko widersprochen und wäre mit Shana auf einem geritten, doch irgendetwas klebte ihr die Zunge am Gaumen fest. Was ist schon dabei? Er wird mich schon nicht runterwerfen, drängte eine Stimme in ihr, und sie folgte ihr nur zu bereitwillig. Mit Mizus Hilfe stieg sie auf das Illusionsreh. Sie war noch nie geritten, einmal nur als Kind auf einem Ponita gesessen, die zusammen mit ihrer Entwicklung als sehr reiterfreundlich galten. Aber auf einem Damhirplex? Konnte man diese wilden, ungestümen, unzähmbaren Pokémon überhaupt reiten? Mizu setzte sich hinter sie und umfasste ihre Hüfte, und augenblicklich fühlte sie sich sicherer. Ein merkwürdiges Gefühl. Ungewohnt.
    „Seid ihr bereit?“, ließ Bato von sich vernehmen und sah sich in der Runde um. „Na dann los!“ Shokus Erstpartner bäumte sich auf und stieß einen röhrenden Laut aus; dadurch gab er den anderen Hirschpokémon wohl den Befehl zum Start. Sofort preschten sie mit donnernd aufschlagenden Hufen los. Trotzdem war der Ritt so sanft wie der Wind, als liefen sie über Wolken, und entgegen Nekos Erwartung wurde sie kaum durchgerüttelt, während die ebene, leicht bewaldete Landschaft an ihnen vorbeizischte. Mizus Anwesenheit war irgendwie beruhigend…


    Nur ein Mal machten sie Pause, um etwas zu sich zu nehmen und zum Ausruhen der Langstreckenläufer. Neko war schwer beeindruckt von Vulnona und Bojelin, die den blitzschnellen Damhirplex im vollen Lauf hinterhergeflitzt waren, ohne zurückzufallen. Auch die Fliegenden hatten sich gut geschlagen, wobei Tanhel zu langsam gewesen war und sich von Libelldra hatte mitziehen lassen. Das hatte Traunfugil natürlich auch prompt gewollt – obwohl er schnell genug war, um mitzuhalten – und sich die ganze Zeit glücklich jauchzend an den drei Schuppen des Drachenschwanzes festzuhalten.
    Nach der Verschnaufpause stiegen die Rebellen und Morlord wieder auf die Damhiplex, und der Ritt ging im gleichen halsbrecherischen Tempo weiter. Dass Libelldra dabei jedoch noch wackelige Saltos schlug, um dem Nebelgeist an ihrer Schwanzspitze noch mehr Freude am Flug zu bereiten, fand Neko etwas verräterisch von ihr. Warum verausgabte sie sich so ausgelassen, ließ ihre Menschenpartnerin jedoch nicht mit ihr fliegen, weil es angeblich zu anstrengend für sie war?
    Als der Abend bald dämmerte, hielt die Damhirplexherde unverhofft vor einem Waldstück, wie sie hier viele zu finden waren, an. Bato sprang von dem seinen und bedankte sich bei ihm. „Ich muss euch danken“, widersprach der Anführer. „So viel Auslauf bekommen wir in den Klippen nur selten.“ Damit drehte er sich um und rannte mit seinen Freunden den Weg, den sie gekommen waren zurück. Neko hatte etwas Mitleid mit ihnen – das Band zwischen dem Anführer und Shoku fesselte sogar die Damhirplex an eine Gegend ohne viel Platz zum endlosen Lauf, die gar keine Menschenpartner hatten. Nicht immer war so eine Partnerschaft nur von Vorteil.
    Während Iksbat voraus in den Wald flog, um ihr Kommen anzukündigen, ging die Gruppe ihm im Schritttempo hinterher. Nach dem langen Ritt auf den stolzen Hirschpokémon fühlte sich Neko irgendwie benebelt, aber nicht geistig, sondern körperlich. Ihre Beine fühlten sich leer an, als habe man ihr die Knochen sauber herausgeschnitten, und nach der atemberaubenden Geschwindigkeit war ihre eigene wie eine Beleidigung. Aus dem dichten Blätterdach spürte sie große Augen auf sich ruhen, und unter den durchdringenden Blicken überkam sie ein leichtes Unbehagen. Unsicher schielte sie zu den anderen, verweilte dabei aber – unwillkürlich - besonders lange auf Mizu. Wie gut, dass sie nicht alleine war.
    Der Wald schien von außen zwar groß zu sein, doch sie durchschritten ihn in nur wenigen Minuten. Wie es sich herausstellte, war es ein Waldring, der um eine weite Lichtung wuchs. Von der Fläche her kam diese Lichtung etwa auf die Größe ihres Heimatdorfes, schätzte sie, und als solches Dorf konnte man das Hauptquartier der Schwarzen Rose auch bezeichnen: Ein kleines Bächlein schipperte gemütlich gurgelnd vorbei und schnitt die Wiese in zwei ungleich große Teile. Auf der kleineren Seite war neben einer flachen Baute ein Kräutergarten angelegt; Neko vermutete, dass dies das Heilerhaus war, das unter den Rebellen für die besten Heiler bekannt war, die für die Schwarze Rose arbeiteten. Diesseits des Baches war gut die Hälfte der Fläche ein mit Kies bestreuter Übungsplatz, wie auch der Bau über einen verfügte, doch dieser hier war überraschenderweise kleiner als der andere. Außerdem war er leicht zweckentfremdet, denn zwischen den Zelten, die darauf aufgestellt waren, war gewiss kein Platz für Trainingskämpfe, ob Pokémon gegen Pokémon oder ein Zweimannkampf. Ein Gebäude aus gehauenen Steinen, aus dessen Schornstein eine dünne Fahne Rauch aufstieg, stand neben einer Reihe sechs weiterer Häuschen, die mehr hoch als breit waren. Sie reihten sich in einem Halbkreis um ein anderes Haus, das mitten auf der Lichtung stand, wie das Herz oder ein denkendes Organ. Dass es sogar beides war, wusste Neko noch nicht. Überall auf der Lichtung, wo gerade noch Platz war, lagen oder saßen Pokémon, würdigten die Gekommenen jedoch nicht eines Blickes.
    Eine junge Frau in Begleitung von Iksbat und eines Chaneria – wie Neko daher vermutete eine Heilerin – kam augenblicklich zu ihnen, und die viergeflügelte Fledermaus nahm Platz auf der Schulter ihres Menschenpartners. „Willkommen!“, begrüßte die Heilerin die Neuankömmlinge, und das Eipokémon verbeugte sich höflich. „Ihr seid bestimmt müde und hungrig! Kommt mit, ich werde euch verpflegen.“ Sie machte eine auffordernde Geste und wandte sich um, um zu der Ansammlung von Zelten zu gehen.
    „Tja, Freunde, hier endet unser gemeinsamer Weg“, sagte Bato und klang dabei so, als täte es ihm tatsächlich leid um diesen Umstand. Vielleicht war es sogar so. „Wir werden uns vermutlich so bald nicht mehr sehen. Bis irgendwann.“ Damit wandte er sich weg von seinen ehemaligen Schützlingen, doch nicht, wie Neko erwartet hatte, zum Wald, sondern nach innen, so er auf die Gruppe von Häusern zuging.
    Es gab nur ein kleines Abendessen, das sie zusammen mit den anderen Rebellen einnahmen, die in der Zeltstätte einen Unterschlupf fanden. Hier und da wurde ein Gespräch geführt, aber Neko war viel zu aufgeregt, um mitzureden. Das Hauptquartier!, spukte es stetig in ihrem Kopf, wie Traufugil, der sich jedem Partner, sehr zu deren Leidwesen, vorstellen wollte, über die Lichtung. Schließlich legte sie sich in eines der Zelte schlafen, wo auch Shana und drei weitere Frauen die Nacht verbrachten.
    Das Hauptquartier!


    Es klopfte dreimal kräftig gegen die Tür. Seijin, der sich gerade in einen Brief vertieft hatte, den er schon in- und auswendig kannte, sah auf und rieb sich die müden Augen. „Es ist nicht abgeschlossen“, sagte er, bereits ahnend, wer ihn besuchte. „Komm rein.“ Die Klinke würde runtergedrückt, und eine kleine Gestalt trat in sein Büro. „Bato, schön, dich wiederzusehen, alter Freund!“, rief Seijin dennoch überrascht aus und stand aus Höflichkeit auf, deutete auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch und lud den Naminer ein, sich zu setzen. Bato lächelte, ließ die Tür zufallen und nahm das Angebot an. „Darf ich dir etwas zu Trinken anbieten?“, fragte Seijin, wartete jedoch keine Antwort ab, goss etwas Rotwein von den tiroischen Weinbergen aus einer blechernen Karaffe in einen Becher und reichte ihn dem Besucher.
    Dieser beäugte ihn skeptisch, während er wieder Platz nahm. „Du bist so gutgläubig wie immer“, warf er ihm vor. „Jeder Depp könnte in dein Büro reinspazieren und dich eben mal abstechen!“ Sein Gegenüber antwortete nichts, sondern schielte hinter sich in eine stets dunkle Ecke seiner Residenz; zwei schlitzförmige Flecke glühten auf wie Kohlen, und sein Erstpartner schüttelte langsam den Kopf. Bato stellte krachend seinen Becher ab und lachte laut. „Also doch misstrauisch! Du weißt doch genau, dass sie mich nie kriegen wird!“
    Die schwarzen Augen Seijins richteten sich lange und trüb auf ihn – das hatten auch schon andere zu ihm gesagt –, dann schüttelte er den Kopf: „Mein Büro muss nicht abgeschlossen sein. Ich will mich vor meinen Verbündeten nicht verstecken, nur weil ich unsere Widersacher fürchte!“ Auf die andere Bemerkung ging er nicht ein – das hatte er schon oft genug getan. Wieder rieb er sich über die Augen; er hatte, bei Arceus, schon zwei Nächte durchgearbeitet, wie es so oft vorkam. Er wechselte das Thema: „Irgendetwas Neues?“
    Der Angesprochene betrachtete die Oberfläche des dunkelroten Rebensaftes, die sich mittlerweile wieder beruhigt hatte. Anscheinend hatte ihm Shoku nichts von dem Zwischenfall erzählt. „Sie hat Iwao.“ Er sagte das mit solcher Gefühlskälte, wie ihm es in seiner Aufgewühltheit möglich war.
    Wie nicht anders zu erwarten, suchte Seijin, obwohl er es besser wusste, dennoch eine Hoffnung: „Wessen haben sie ihn angeklagt?“
    „‚Mehrmalige Zerstörung einmaliger Naturkunstwerke unter Vorbehalt angeblich guter Absichten’“, versuchte Bato, die Worte der Soldaten, die er von Shoku hatte, wiederzugeben.
    Auch wenn die weitere Aussicht, Iwao konne wieder zu seinem Posten zurückkehren, gegen Null ging, fragte Seijin weiter: „Was sagt Dragonir?“
    Bato schnippte beiläufig einen Fussel von seiner Hose und beobachtete seinen Flog, wobei er den Blick des Erstpartners seines Gegenübers kreuzte. Ihn durchlief ein Frösteln. „Er sei wieder tot noch am Leben. Du kennst sie doch.“ Und mit dem letzten Satz meinte er nicht die blaue Drachenschlange.
    Seijin biss die Zähne zusammen; wieder hatten sie einen guten Mann und noch besseren Freund an sie verloren, auch wenn es für die meisten anderen Rebellen das wohl erste Mal war, dass es während ihrer Lebenszeit geschah. Wieder wechselte er das Thema – ihm war jetzt mehr als klar, dass für Iwao keine Hoffnung mehr bestand –, als er auf das Amtliche zu sprechen kam: „Sind alle wohlbehalten angekommen?“
    „Ja, alle“, antwortete Bato etwas zu hastig und umging dabei die Frage, die in Seijins Stimme mitgeschwungen hatte. Und er war sich mehr als nur bewusst, dass sich sein Freund mit dieser Halbantwort nicht zufrieden geben würde.
    Dieser strich in einer unbewussten Geste über ein zerknittertes Papier, das er einmal zusammengeknüllt hatte, und drängte: „Meinst du damit alle oder alle und Sora?“
    Zuerst trat Schweigen ein. Bato wusste, dass er – gezwungenermaßen – einen wunden Punkt getroffen hatte, aber wenn er jetzt noch länger stumm blieb, war seinem Gegenüber auch das schon Antwort genug. „Alle“, sagte er schließlich.
    Seijin nickte und faltete die Hände auf dem Tisch, als würde er jemanden verhören; und zwar sich selbst. „Das ist alles meine Schuld.“ Es schien, als wolle er dem noch etwas hinzufügen, verstummte jedoch.
    Wissend richtete Bato seinen Blick auf einen Punkt in weiter Ferne. „Wenn sie hier wäre, wäre sie in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt“, versuchte er, seinem Freund diese Meinung auszureden – auch wenn er wusste, dass das ebenso möglich war, wie ein Festungstor mit einem Kieselstein einzureißen. „Und sie war viel zu jung.“
    „Sie hat mich geliebt“, murmelte Seijin nun und schien sowohl räumlich als auch zeitlich weit weg zu sein. Seine Finger verkrampften sich, dass sie Knöchel weiß hervortraten. „Ich bereue es, sie jemand eingeweiht zu haben…“
    Bato schnaubte verächtlich; diesen Gedanken durfte sein Freund sich nicht leisten! Er beugte sich vor und sah ihm fest in die Augen. Die Gestalt in der Ecke spannte sich bereit. „Ich weiß genau, was du jetzt denkst, ebenso wie du weißt, was ich jetzt sage: Wenn du Sora die Wahrheit weiter verschwiegen hättest, ihr niemals gebeichtet hättest, warum du sie niemals lieben darfst, es niemals kannst, wäre sie bis zum heutigen Tage unglücklich. Sie ist es vielleicht auch heute, aber es ist Jahre her und sie akzeptiert deine Beweggründe!“
    Beschämt wich Seijin seinem Blick aus – etwas, das er schon seit Langem bei keinem mehr getan hatte – und widersprach scharf: „Dann nenne mir ihren Beweggrund, warum sie mich meidet.“
    Ertappt ließ sich Bato auf seinen Stuhl zurücksinken und schwieg wieder; darauf wusste er nichts zu sagen.
    Zum dritten Mal lenkte Seijin das Gespräch nun wieder auf ein anderes Thema: „Der Lynoer, der mit dir gereist ist, Mizu; ist dir an ihm irgendetwas aufgefallen?“
    Lange Zeit suchte Bato im Gesicht seines Gegenübers nach dem Grund dieser Frage, doch es blieb so ausdruckslos, wie Seijin es sein mochte, wenn er es wollte. Er zuckte die Achseln. „Er redet nicht viel“, meinte er, erinnerte sich dann jedoch der Felswand, vor der Mizu sie gewarnt hatte, und fügte das noch hinzu.
    Seijin nickte, faltete den Brief, in dem er vor Batos Erscheinen gelesen hatte, und schon ihn in die mittlere der fünf Schubladen seines Schreibtisches – wer ihn gut kannte wusste, dass es das Fach für besondere und wichtige Briefe war. Wieder rieb sich sein Freund die Augen und gähnte. „Ich würde mich nun gerne zu Bett legen“, sagte Seijin und fuhr mit der Hand durch das schlohweiße Haar. Ohne ein Wort des Abschieds stand Bato auf und verließ das Büro.
    Irgendetwas hatte Seijin ihm verschwiegen – doch was konnte so geheim sein wie sein allergrößtes Geheimnis? Hatte dieser Lynoer etwa von dem Steinschlag gewusst, vielleicht sogar irgendwie selbst verantwortet? Ihr war alles zuzutrauen. Doch wenn dem so war, gehörte Mizu dem Feind an – wusste Seijin am Ende sogar darüber bescheid oder ahnte es zumindest? Wie viel mochte der Anführer der Schwarzen Rose wohl noch wissen?
    Ein flatterndes Schlagen zweigepaarter Flügel riss ihn aus seinen Gedanken, und aus den Schatten der Dämmerung flog Iksbat hervor und setzte sich auf seine Schulter. Freudig begrüßten sich die beiden Partner und gingen dann zum Fluss, der nur einige Minuten Fußmarsch vom Hauptquartier entfernt war und an dieser Stelle immer ein Boot bereit lag. Morgen schon wäre er weit weg von Namine und trüge weiter seine Aufträge aus.
    In seinem Büro hatte Seijin aus einer anderen Schublade eine Kartei hervorgeholt und setzte ein kleines Zeichen in die rechte obere Ecke; es war ein Auge. Dann war er also endlich hier…


    _____________
    Seijin: weise (im Sinne von klug)


    Tjo, weswegen ist derjenige jetzt im Hauptquartier, dessen Name auf der Kartei steht? Wir kennen alle diesen Namen, aber was bedeutet das Auge? :D [/tabmenu]

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    [tab=Dreifachpost](Is ja nich meine Schuld, wenn keiner Komitet xD)
    Meh, der Umbruch is da, tüdeltüdel! Ab jetzt fängt sozusagen ein neuer Arc an, was ich frei als "Handlungsbogen" übersetze ^~^ Ich bin gespannt, was ihr zu Nekos neuen Bekanntschaften so sagen tutet :sarcastic:
    [tab=zweiter Paaart]RoseliaKapitel 13: Zwischen Himmel und Erde - Ein alter Bekannter und neue Freunde


    Es war noch in den frühen Morgenstunden, als er bereits erwachte. Zarteste Nebelfetzen hingen auf der Lichtung, sehnsuchtsvoll der verloren gehenden Kälte hinterhertrauernd, und in bangem Erwarten der wärmenden Sonnenstrahlen. Das helle Gestirn kündigte sich mit einem schwachen Perlmuttschimmer im Osten bereits an, und es war förmlich zu spüren, wie der Wald sich auf sie freute. Hin und wieder uhute ein Hoothoot in den Wipfeln der Bäume, und es war ein müdes Gähnen, bevor sich das Pokémon, zu dem der Ruf gehörte, zur Ruhe begab.
    Es war ein beeindruckendes Bild: Im Osten die aufgehende Sonne, und im Westen die schwarze Königsburg zu Namine, bestrahlt vom rötlichen Schein, wie die Vereinigung von Licht und Dunkelheit gleichermaßen. Wie ein verheißungsvolles Glühen ging von dem stolzen Bollwerk eine Kraft aus, die ihn förmlich anzuziehen schien, an seinem Körper ebenso zerrte wie an seiner Seele. Nicht nur die Sehnsucht nach seinem wirklichen Zuhause war es, sondern auch das Verlangen nach dem wichtigsten Gegenstand in seinem Leben, hatte er sein altes doch so gründlich über den Haufen geworfen…
    Widerwillig löste er den Blick von der Königsburg. Irgendwann würde er wieder dorthin zurückkehren, und dann würden die Rebellen nicht mehr existieren.
    Er sah sich auf der Lichtung um, zwischen deren Nebelschlieren sich die Zelte ausbreiteten wie die Fruchtkörper eines Pilzes, wie die Schwarze Rose einer war. Überall waren Pokémon zu sehen, die Partner der Anwesenden, eingerollt auf dem Gras, sanft auf dem Wasser des Baches treibend, zusammen mit den Hoothoot im Waldring. Er überlegte, ob er sie wohl alle im Alleingang würde besiegen können, doch all diese Gedanken waren ohnehin wertlos, wenn er dieses eine bestimmte Ding nicht hatte, das auf ihn eine solche Anziehungskraft hatte wie ein Magnet. Nein, er durfte nicht dran denken, das würde alles nur noch unerträglicher machen.
    Allmählich erklang das leise Seufzen erwachender Menschen, und nach und nach schälten sich die Rebellen um ihn herum aus ihren Zelten. Sie hatte ihm genau erklärt, was er hier zu tun hatte und wie die ganze Sache ablief – Informationen von Spionen, die sie vorher schon hergeschickt hatte, die jedoch alle gescheitert waren. Zuerst wurden die Anwesenden nach einer gut durchdachten Liste in fünf oder sechs Gruppen zusammengestellt und lernten sich untereinander kennen. Dann erst würden sie dem Obersten Anführer begegnen, jenem Mann, der hier die Fäden in der Hand hielt wie ein Ariados in seinem Netz. Er musste grinsen. Sie war genauso wie dieser Anführer. Und er war das Webarak, das auf dem Netz umherzuckelte, Schaden ausbesserte und die Beute einsammelte.
    Und bald werde ich mich entwickeln…
    Er wandte sich einem Zelt zu, aus dem gerade ein Kopf mit Katzenohren herauskam.


    Die frostige Frische, die auf der Lichtung herrschte, machte Neko mit einem Schlag munter, als sie noch verschlafen aus dem Zelt kroch. Sie streckte sich, um ihre Arme und Beine zu durchbluten, und ging ein paar Schritte. Fast augenblicklich war Traunfugil bei ihr und umheulte sie wie die Manifestation aller Schreckgespenster, die sich Menschen auszudenken vermochten, wohlwissend, dass er dadurch ihre Aufmerksamkeit erregte. Aus einem der Zelte kam ein unwirsches Murren, und Neko bedeutete ihrem Partner, endlich still zu sein.
    Unwillkürlich hielt sie nach Mizu Ausschau und fragte sich, ob er denn schon auf war. Erst nach einigen Minuten entdeckte sie ihn am Bach, wo er sich mit Bojelin unterhielt, der wohl an dem kleinen Flusslauf geschlafen hatte wie die meisten anderen Wasserpokémon auch. Seine beiden Schweife machten aufgeregte Wellenbewegungen, als erzähle das Wasserwiesel seinem Menschenpartner gerade, welch merkwürdigen Traum es gehabt hatte. Auch mit ihren nach vorn gestellten Katzenohren vermochte Neko nicht zu verstehen, was die beiden redeten, und als sie näher kam, unterbrach sich Bojelin abrupt. Mizu, der ihr den Rücken zugedreht hatte, wandte sich um, als sein Partner so plötzlich verstummte. Er wirkte genau so, wie sich Neko im Moment nicht fühlen wollte: Ausgelaugt und ganz und gar nicht ausgeruht. Doch sie hatte das Gefühl, dass sie es nur deswegen bemerkte, weil sie ihn nun schon eine Weile kannte. Der Lynoer verstand sich darauf, seine wahren Gefühle hinter einer Maske zu verstecken, die auch sie nur selten durchschauen konnte.
    „Guten Morgen“, begrüßte sie ihn fröhlich, als sie bei ihm ankam, und tat dies auch bei Bojelin, der jedoch genauso stumm blieb wie sein Menschenpartner. Neko vermied es, ihn zu fragen, ob er gut geschlafen habe; so viel Takt besaß sie gerade noch. Das „Guten Morgen“ war schon unverschämt genug gewesen, wie sie fand.
    „Morgen“, brummte Mizu unwirsch, sah sie aber nicht direkt an, sondern beobachtete Tanhel, das in der Nähe des Steinhauses geschlafen hatte und nun auf sie zuschwebte. Die Nebelschwaden hatten sich verzogen, und im jungen Morgenlicht war gut und deutlich zu sehen, wie trüb das Glasauge des Metallpokémons nach der letzten Vision geworden war. Noch wirkte es, als habe man in einen Eimer Wasser ein wenig Milch getropft und daraus dann eine Glaskugel gemacht, und es fiel auch nicht weiter auf, wenn man den vorigen Zustand nicht kannte, aber wenn das Licht direkt darauf leuchtete, erkannte man es doch genau.
    „Was meinst du, was das ist?“, fragte Neko - weniger in der Hoffnung, ob Mizu es wusste, eher aus dem Wunsch, irgendetwas zu sagen und die Morgenstille zu durchbrechen - und deutete auf Tanhels Auge, als es sie erreicht hatte.
    Der Lynoer zuckte lediglich die Schultern und strich geistesabwesend über das Glas, als wolle er den Staub wegwischen, der sich im innern der Kugel befand. Fast erwartete die Eloa, dass er eine neuerliche Vision haben würde, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen rief die Heilerin, die sie gestern im Hauptquartier willkommen geheißen hatte, alle Rebellen zusammen und wies sie an, die Zelte fortzuräumen. Das Unterfangen dauerte seine Zeit, in der die Sonne unter dem Horizont hervorkroch wie ein Schwimmer, der nach einem langen Tauchgang wieder Luft holen muss. Nachdem der Platz freigeräumt und man auch die Reste der Lagerfeuer, die noch am Abend zuvor lichterloh gebrannt und ihre gelbe Wärme gespendet hatten, fortgeschafft waren, erhielten die fleißigen Arbeiter ein kleines Frühstück, bevor der wichtigste Teil dieses Morgens anstand.
    Neko zitterte am ganzen Leib, jedoch weniger wegen der Kälte, sondern weil sie keine Ahnung hatte, ob sie und Mizu nun doch getrennt werden würden oder nicht. Selbst wenn sie in verschiedene Gruppen eingewiesen werden sollten, so wären sie dennoch beide hier im Hauptquartier. Aber trotzdem wollte sie mit ihm in einem Team sein, vielleicht aus Gewohnheit, vielleicht, weil sie ihn nicht verlieren wollte; als guten Freund wie auch als Gefährten. Seit sie sich getroffen hatten, war so ziemlich alles, was mit den Rebellen zu tun hatte, mit ihm geschehen, und die Chimäre konnte sich kaum vorstellen, ohne ihn weiterzumachen.
    Die Heilerin schritt durch die Menge der Anwesenden, hinter ihr zuckelte eine Chaneira her, beide einen Stapel Karten in der Hand. Außerdem waren noch zwei weitere Heiler unterwegs, die dieselbe Arbeit verrichteten. Jeden, an dem sie vorbeikamen und der selbst noch kein Kärtchen besaß, fragten sie nach dessen Namen und Herkunft und drückten ihm dann einen Wisch in die Hand. Schließlich war die Heilerin mit dem Eipokémon auch bei ihnen angekommen und fragte sie ebenso wie die anderen vor ihr. Neko gab ihren Namen, die Steppe als ihre Heimat und ihre beiden Partner an. Sofort blätterte die junge Frau vor ihr im Stapel, doch es war die Chaneira, die ihre Karte in ihrer Sammlung fand und ihr entgegenreichte. Es überraschte Neko, dass das Eipokémon anscheinend lesen konnte, machte sich darüber aber keine weiteren Gedanken. Mizus Karte war nicht dabei, doch er erhielt sie von dem nächsten Heiler, ein ernst dreinblickender Dyrier in mittleren Jahren, der an ihnen vorbeikam.
    Neko warf einen Blick auf ihre, die mit schlichter, aber gut leserlichen Schrift beschrieben war:

    Neko, Eloa
    Libelldra, weiblich; Traunfugil, männlich
    Chimäre: Mauzi
    Gruppe 6: Tetsu

    Zuerst wusste sie nicht recht, was sie von der dritten Zeile halten sollte. Nicht, dass sie ein Problem damit hatte, dass man bemerkt hatte, dass sie eine Chimäre war – das erkannte man doch sofort, wenn man sie ansah. Es war eher die gespielte Schwierigkeit der Heilerin, ihre Karte zu finden. Eigentlich hätte es doch nur eines Blickes auf ihre Katzenohren bedurft, um die entsprechende Kartei ausfindig zu machen, denn soweit Neko das sehen konnte, war sie die einzige Chimäre im ganzen Hauptquartier. Und selbst wenn noch eine zweite dagewesen wäre, so war die Wahrscheinlichkeit, dass auch durch deren Adern das Blut eines Mauzi floss, verschwindend gering. Dieser Umstand, dass sich die Heilerin solche unnötige Mühe gemacht hatte, war verletzender, als wenn sie ihr ihre Karte sofort entgegengestreckt hätte.
    Dann fiel ihr Blick jedoch auf die letzte Zeile, und sie musste stutzen. Bedeutete sie, dass sie in Gruppe 6 eingeteilt war? Bestimmt, es musste so sein. Ihre Ohren zuckten neugierig, als sie zu dem Schluss kam, dass auch auf den anderen Karten etwas Entsprechendes stand, und somit auch auf Mizus. Verstohlen wollte sie darauf schielen, doch der Lynoer hatte ihr den Rücken zugewandt und beobachtete den jüngeren Heiler. Dieser war gerade fertig geworden mit dem Verteilen der Karten und stellte sich zu seinen Kollegen und der Chaneira, bevor die Heilerin wieder um Aufmerksamkeit bat. „Ihr seid nun den verschiedenen Gruppen zugeteilt“, fasste sie zusammen und deutete hinter sich. „Dies sind eure zukünftigen Gruppenanführer; die Nummer ihrer Gruppe und ihre Namen sind auf euren Zetteln vermerkt.“ Dann stellte sie jeden der sechs Rebellen – vier Männer und zwei Frauen – einzeln und der Reihe nach vor: Okami, ein etwas ergrauter Naminer mit kalten Augen, die aber eine verborgene Gerissenheit ausstrahlten und ihm den Eindruck verliehen, dass ihm so schnell niemand etwas vormachte; Uyoku, eine sehr freundlich wirkende Tira, deren goldenes Haar im Sonnenlicht leuchtete wie die Sonne selbst; Koso, ebenfalls Naminer, jedoch mit so kurz geschorenem Haar, dass es eher wirkte, als habe man seine Glatze schwarz angestrichen; Kyobo, ein hoch aufragender Dyrier, der eine Autorität auf Neko ausstrahlte, als habe er sein ganzes Leben nichts anderes gemacht, als hier im Hauptquartier Rebellen anzuführen; Nana, eine neben den beiden Männern links und rechts von ihr, die gute zwei Meter in den Himmel stachen, sehr zierlich wirkende Eloa mit rosenfarbenem Haar; und Tetsu, ein gotelischer Hüne, dessen Schultern fast genauso breit wirkten, wie er hoch war.
    Als sein Name fiel, huschte Nekos Blick auf die Karte, die sie in der Hand hielt. Tetsu, schoss es ihr durch den Kopf. Das würde also ihr Anführer sein. Sie ließ den Blick über die versammelten Rebellen schweifen; es waren sechzig oder siebzig, in allen Farben und Formen, wie es schien. Wer außer ihr wohl sonst noch in die Gruppe des Gotela gekommen war? Wieder fiel ihr Blick auf Mizus Rücken. Eine andere Frage war viel wichtiger: Ist auch Mizu in dieser Gruppe?
    „Ich möchte euch jetzt bitten“, ergriff die Heilerin, die hier offenbar federführend das Sagen hatte, wieder das Wort. „euch zu euren Gruppen zu gesellen und euch untereinander bekannt zu machen. Alles weitere erfolgt dann später.“ Sie, die beiden anderen Heiler und die Chaneira zogen ab und überließen die Rebellen ihrer eigenen Verantwortung.
    Zuerst regte sich keiner, doch als die sechs Autoritätspersonen sich voneinander entfernten und auf dem Platz verteilten, um einen Andrang der Rebellen auf einer Stelle zu vermeiden, riss der Damm, und die Anwesenden stoben auseinander. Neko schaffte es endlich, ihre Neugier zu befriedigen und stellte mehr als nur erleichtert, sondern auch noch überglücklich, fest, dass auch Mizu in die sechste Gruppe eingeteilt worden war. Augenblicklich schossen ihre Gedanken von diesem gelösten Thema zu Shana. Ob auch die bisher so freundlich zu ihr gewesene Keranerin denselben Weg gehen sollte wie sie?
    Als sie das blutrote Haar in der Menge entdeckte – es waren zwar viele andere vom Land um den Vulkan anwesend, aber kein einziger Schopf hatte diese auffallende Tönung – ging Neko sofort auf sie zu und fragte sie. „Ich habe auch gehofft, dass wir zusammenbleiben könnten“, gab Shana zu und hielt die Karte vor. „Aber ich bin in Kyobos Gruppe.“ Das nahm die Chimäre zwar gefasst zur Kenntnis, konnte ihre Enttäuschung vor der Keranerin, die sie mittlerweile gut kennengelernt hatte, schwer verbergen. „Mach dir keine Gedanken“, munterte die Rothaarige sie tröstend auf. „Wir sind ja immer noch im selben Land. Außerdem bin ich mir sicher, dass die anderen auch nett zu dir sein werden; da wirst du mich schnell vergessen.“
    „Danke“, gab Neko ehrlich zurück, und meinte damit nicht nur die aufmunternden Worte, sondern auch die Freundlichkeit der jungen Frau, seit sie sich kannten. Diese nickte ihr noch einmal zu, bevor sie sich der kleinen Traube hinzugesellte, die sich bereits um den Dyrier gesammelt hatte. Neko wollte sich nach Mizu umsehen, doch diesen hatte sie auf ihrer Suche nach Shana aus den Augen verloren. Schließlich fand sie ihn aber bei der Gruppe um Tetsu, der über dem Wald aus Rebellen aufragte wie ein Berg.
    Die Chimäre überkam plötzlich eine bleischwere Schüchternheit, als sie die sechs weiteren Rebellen erblickte, die nun mit ihr in einer Gruppe sein sollten. Es fiel ihr schwer, sich ein Herz zu fassen, an sie heranzutreten und ein fröhliches „Hallo, ich bin Neko!“ von sich zu geben, wie es offenbar erwartet wurde. Das konnte sie gut verstehen; gewiss sollten sie erste Freundschaften knüpfen durch das untereinander Kennenlernen, was von größter Wichtigkeit war, wenn sie die nächsten Jahre im engen Kreis miteinander arbeiten sollten.
    Glücklicherweise wurde Neko die Entscheidung, wem sie sich zuerst nähern sollte, abgenommen, als zwei Mädchen auf sie zukamen, wie sie verschiedener nicht sein konnten. Die eine Rebellin hatte zwar das brünette, überschulterlange Haar einer Gotela, in dessen Färbung sich jedoch der Schimmer von Blättern einmischte, was ihm ein Moosgrün verlieh. Der streng zu einem Zopf gebundene Schopf wellte sich gegen die Spitzen hin. Außerdem sprach auch ihre Figur für ihre dyrische Herkunft, denn sie war schlank und groß und überragte Neko um eine gute Handbreite. Sie hatte leicht mandelförmige Augen, die ihr schmales Gesicht in seiner Form vollendeten. Das andere Mädchen hingegen war recht klein, und obwohl sie als Dyrierin – ihr Haar hatte das satte Grün einer frischen Frühlingswiese – einen ähnlichen Körperbau wie ihre Freundin haben musste, war ihrer mehr der eines geschrumpften Relaxo, das man als Mensch verkleidet hatte. Ihr kindliches, rundliches Gesicht strahlte jedoch nur so vor purer Energie und Elan, an dem man sich schnell anstecken konnte, wenn man nicht aufpasste.
    „Du musst Neko sein!“, entfuhr es ihr, und ein breites Lächeln zog ihre fülligen Wangen zusammen. „Du hast süße Katzenohren, die sind bestimmt richtig praktisch. Kennst du noch andere Chimären? Ich habe noch nie eine Chimäre getroffen! Naja, bis eben auf…“
    „Das ist Momoko“, warf die andere ein, um auf das eigentliche Gesprächsthema zurückzukommen. „Und ich bin Akari.“
    Neko versuchte sich an einem Lächeln, war jedoch immer noch vollkommen überrumpelt, weil die Dyrierin, die Akari als Momoko vorgestellt hatte, ihren Namen gewusst hatte. „Freut… freut mich“, brachte sie schließlich doch hervor und war erleichtert, dass sie einen einigermaßen freundlichen Tonfall hinbekommen hatte.
    „Tetsu hat mir deinen Namen verraten“, erklärte Akari und deutete hinter sich auf den Hünen, der sich gerade mit Mizu und zwei weiteren Mitgliedern seiner Gruppe unterhielt.
    „Er ist ihr Vater“, bemerkte Momoko und zuckte die Schultern, doch man konnte sehen, dass sie das nicht nur gesagt hatte, um Neko darüber zu informieren.
    Anscheinend trat ein, was sie sich erhofft hatte, denn sie grinste, als Akari plötzlich aus der Haut fuhr: „Musst du das gleich jedem verraten? Als ob das irgendwen interessieren würde!“ Neko schrak zurück und hatte das Gefühl, die Gotela höbe gleich die Hand und verpasse ihrer Freundin eine Ohrfeige, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen sahen sich die beiden einen Moment mehr oder weniger ernst in die Augen, und plötzlich lachten sie los.
    „Gut, in Ordnung, das merke ich mir für den nächsten, der ankommt“, entschuldigte sich Momoko zwischen zwei Lachanfällen und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
    „Da kommt niemand mehr; das sind alle“, gab Akari hingegen zu bedenken, brach in ihrem Lachen jedoch sofort ab, als ihr wieder einfiel, dass Neko auch noch bei ihnen stand. „Jedenfalls schön, dich kennen zu lernen. Hoffentlich haben wir eine gute Zeit.“
    „Das hoffe ich auch“, erwiderte sie diesen Wunsch, und damit war das Vorstellungsgespräch beendet.
    Neko war erleichtert, dass die beiden sich anscheinend nicht darum scherten oder zumindest kein Problem damit hatten, dass sie eine Chimäre war. Die Hemmungen und die Beklemmung, die sie vorher noch davon abgehalten hatten, sich ihrer Gruppe auf wenige Schritt zu nähern, waren wie weggeblasen. Natürlich war nicht gewährleistet, dass auch die anderen sie so einfach aufnehmen würden, doch es beschwingte sie zu wissen, dass sie schon mal zwei Mitglieder ihrer Gruppe auf ihrer Seite hatte. Und Mizu natürlich auch.
    Obwohl sie sich zuerst vorgenommen hatte, zu ihm zu gehen und ebenso wie er sich einem Naminer und einem Keraner vorzustellen, fand sie es vernünftiger, zuerst mit Tetsu zu reden. Schließlich war er ihnen übergeordnet in der Hierarchie der Schwarzen Rose, und es konnte nicht schaden, sich seine Sympathie zu sichern, indem sie ihn höflich als ersten grüßte. Da im Moment niemand mit ihm sprach, ging sie gleich auf ihn zu.
    „Ah, du bist sicher Neko“, stellte er fest, und sein tiefer, warmer Bass, der nicht besser zu seiner Erscheinung hätte passen können, dröhnte in ihren Ohren und ihrer Magengrube. Jetzt, wo sie direkt vor ihm stand, wirkte er noch größer und imposanter auf sie. Ihre erste Einschätzung warf sie schnell beiseite, denn es waren gewiss keine zwei Meter, die der Gotela in die Höhe ragte, sondern fast das Doppelte ihrer eigenen Körpergröße. Was eigentlich widersprüchlich war, denn das nomadische Volk aus dem Mittelgebirge wurde nicht besonders groß. Unter dem Hemd, das er trug, wölbten sich mächtige Muskeln, und in Verbindung mit der dunklen, gräulichen Haut erweckte Tetsu einmal mehr den Eindruck, ein Berg zu sein. Neko konnte sich das nicht erklären, bis sie auf seinen Oberarmen etwas entdeckte: Drei rote Streifen, die auf seiner Haut gezeichnet waren wie Tätowierungen.
    „Du bist eine Chimäre!“, rief sie überrascht aus, als sie endlich verstand, bereute die übereiferte Reaktion jedoch sofort.
    Tetsu, der einen Moment zu seiner Tochter – dass er und die zierliche Akari verwandt sein sollten, konnte Neko eigentlich nicht glauben – hinübergeblickt hatte, wandte sich wieder ihr zu. „Richtig. Maschock, um genau zu sein“, erwiderte er, und seine erdfarbenen Augen rutschten etwas weiter hoch, als er ihrem Blick auswich und ihre Ohren betrachtete. „Mauzi, wie mir scheint. Aber gut, ist nicht schwer zu erraten, wenn man seine Pappenheimer kennt.“ Er lächelte so breit, dass seine Zähne in seinem dunklen Gesicht strahlten wie Sterne. Anscheinend meinte er, dass er ihre Akten gelesen hatte. Irgendwie war er Neko sofort sympathisch.
    „Ich habe außer meiner Mutter noch nie eine andere Chimäre getroffen“, erklärte sie ihre Überraschung.
    Tetsu nickte, als sei das selbstverständlich. „Du warst anscheinend noch nie beim Chimären-Treffen, oder?“
    Das musste sie, so Leid ihr das für sich selbst tat, bejahen. Auf das alljährliche Treffen der Chimären, das im Frühjahr am großen Wasserfallsee, der das Mittelgebirge und den Großen Wald gewissermaßen miteinander verband, stattfand, kamen jedes Mal mehr der unmenschlichen Wesen, als sie je in ihrem Leben sehen würde. Es war bekannt, dass vor allem aus der Steppe nur sehr selten Chimären den Weg dorthin fanden, weil sie ihn gar nicht erst einschlugen; er war zu lang und zu beschwerlich. Ihre Mutter hatte ihr oft davon erzählt, denn sie hatte einmal eine Chimäre gekannt, die oft dort gewesen war. Immer schon hatte Neko von diesem wunderbaren Ort geträumt, wo nur jene zugelassen waren, durch deren Adern das alte Blut ihrer Vorfahren floss. Sie wäre so gerne mal dorthin gereist und hatte es als praktisch angesehen, beim Bau nicht mehr allzu weit davon entfernt zu sein, doch ihre Pflichten als Rebellin hatten sie bisher davon abgehalten.
    „Wie ist es dort eigentlich?“, wollte sie wissen, da es sie brennend interessierte, was jemand davon hielt, der selbst schon dort gewesen war, und nicht erst aus zweiter Hand wie durch ihre Mutter. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es war, wenn ihre Rasse nicht die Ausnahme, sondern die Regel in einer Gesellschaft darstellte; dafür hatte sie zu viel Gegenteiliges erlebt.
    Tetsus Blick richtete sich in die Ferne, und es fiel Neko schwer, ihn richtig zu deuten. „Es ist der einzige Ort, zu dem man sich als Chimäre wirklich verbunden fühlen kann“, versuchte der Gotela schließlich, seine Gefühle für den Wasserfallsee in Worte zu fassen. „Für mich ist es der einzige, wo ich mich wirklich zugehörig fühle, und für die meisten anderen auch. Aber… manchmal habe ich mir gewünscht, auch dorthin zu ziehen. Das Dorf am See ist fast nur von Chimären bewohnt – aber nur fast. Auch wenn dort Chimären leben, deren Blut noch reiner ist als bei den meisten anderen, mischt sich auch dort schon Menschenblut unter.“ Er sah vielsagend zu ihr herunter, aber sein Blick drückte eine seltsame Melancholie aus. „Ich war damals verliebt in eine Chimäre, aber ich war klein und naiv, und es konnte nie etwas werden.“ Mit seinen riesigen Pranken umfasste er einen Stein, der in seinen Händen wie ein Kieselchen wirkte. Es war ein schlichter, grauer Stein, in den ein rund geschliffener Bergkristall eingelassen war. Neko fiel es schwer, sich den Riesen als kleinen Jungen vorzustellen; es war unmöglich. „Ich glaube, weil wir immer weniger werden, fühlen wir uns sofort zu jeder anderen Chimäre hingezogen. Aber als ich Akaris Mutter kennenlernte, habe ich sie schnell vergessen.“ Wie um eine traurige Erinnerung loszuwerden, schüttelte er den Kopf. „Trotzdem war ich etwas enttäuscht, als Akari vollkommen ohne Merkmale zur Welt kam. Meine Eltern sind äußerlich auch nur Menschen, aber wahrscheinlich hat sich bei mir etwas aus beiden Blutlinien vermischt. Wir sterben aus, aber wenn es der Wille der Götter ist, so soll es geschehen.“
    Neko verstand und nickte. Auch wenn sie immer als unmenschliches Wesen beschimpft worden war, so war sie doch viel mehr Mensch als Chimäre, und höchstwahrscheinlich würden ihre Nachkommen schon keine ihrer Merkmale mehr haben. „Meine Mutter war auch viel mehr Chimäre als ich“, berichtete sie, musste bei dem Gedanken aber lächeln, und die beklemmende Düsternis verflog von ihrem Gemüt. „Ich weiß noch, dass sie Angst hatte, mich als kleines Kind in den Arm zu nehmen, weil ihre Fingernägel wie Krallen geformt waren. Sie war ständig nur damit beschäftigt, sie zu feilen, weil sie so schnell nachgewachsen sind.“
    „Es hat ja keiner gesagt, dass es nur Vorteile mit sich bringt“, scherzte nun auch wieder Tetsu, und Neko kam der flüchtige Gedanke, dass er mit seinem breiten Grinsen im Gesicht viel eher wie eine Chimäre wirkte als ohne. Ihre Rasse war nunmal dafür bekannt, alles lockerer zu sehen, als es tatsächlich war; oder zumindest war das das einzige Vorurteil, das sie nicht hasste, von denen, die die Menschen ihnen gegenüber hatten.
    Sie musste kichern und ließ dabei den Blick über ihre neuen Teamkameraden schweifen. Nun waren all ihre Zweifel ausgeräumt. Sie hatte zwar noch nicht alle kennengelernt, aber wenn es so weit war und sich herausstellen sollte, dass die anderen nicht so tolerant waren wie Momoko und Akari – die es wahrscheinlich auch nur deswegen war, weil ihr Vater von diesem Blut war – dann hatte sie immer noch Tetsu im Rücken.
    Plötzlich fiel Mizu in ihr Blickfeld.
    Tetsu hatte Recht, was ihr Verhältnis betraf. Als Chimären mussten sie zusammenhalten und füreinander da sein, aber mit einem Mal war Neko klar, dass sie auch Mizu eine gute Freundin sein musste. Sie durfte ihn nicht im Stich lassen. Nicht nur, weil auch er – auch wenn alles dagegensprach – unreines Blut in sich trug, sondern einfach, weil sie es bisher auch nicht getan hatte; und er noch weniger.
    „Auf eine gute Zusammenarbeit“, wünschte Tetsu ihr Glück, und sie erwiderte diesen Gruß, als sie auf den Lynoer zuging. Im Moment unterhielt er sich mit einer Tira, deren zitronengelbes Haar so hell strahlte, wie seines das Licht verschluckte. Noch bevor sie die beiden erreicht hatte, kam sie an dem Keraner und dem Naminer vorbei, mit denen Tetsu und Mizu vorhin gesprochen hatten. Sie blieb stehen, als sie einen Satz aufschnappte:
    „Noch so eine…“
    Auf eine unangenehme Art angesprochen blieb sie stehen und wandte sich den beiden zu. Etwas überrascht blickte der Keraner, der das letzte ausgesprochen hatte, an, wohl verblüfft darüber, dass ihre zu ihm gedrehten Katzenohren ihn gehört hatten. Er war in etwa in ihrem Alter, vielleicht etwas jünger. Sein Haar und seine Augen waren nicht von dem grellen Rot wie Shanas, sondern spielten mit der Farbe kupferroten Rosts. Die Sommersprossen, die seine Haut besprenkelten wie Sterne den Nachthimmel und besonders unter seinen Augen, auf der Nase und auf seinen Handrücken ihre größte Konzentration fanden, gaben ihm etwas Schelmisches. Neko fiel auf, dass seine Nase leicht gebogen war, was auf einen schon vor langer Zeit geheilten Bruch hindeuten mochte.
    „Bitte?“, fragte sie und bemühte sich um einen scharfen Ton. Weil es sonst nicht ihre Art war, so zu reagieren, gelang es ihr auch nicht wirklich.
    „Nichts“, lenkte der Keraner rasch ein, und sein Blick driftete ab. „Ich habe nichts gegen Chimären, falls du das denkst.“ Aber sie hatte einen Verdacht, wo er jetzt hinsah. Plötzlich fühlte sie sich noch besser in dieser Gruppe und war demjenigen, der sie hierher eingeteilt hatte, insgeheim sehr dankbar. Dadurch, dass Tetsu für sie alle zuständig war, würde sich niemand an sie heranwagen. Ganz einfach wegen seiner Ehrfurcht gebietenden Statur. Der Keraner suchte wieder ihren Blick und stellte sich knapp vor: „Kasai.“
    „Neko“, gab sie ebenso kurz und bündig zurück. Ebenso, wie sie Momoko mit ihrer offenen und heiteren Art sofort ins Herz geschlossen hatte, mochte sie den Rothaarigen nicht, was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. Doch er hatte ihr noch keinen direkten Grund gegeben, ihn auch zu verabscheuen, und so beließ sie es beim ersten Eindruck bei einem neutralen. Ein wenig war sie schon davon enttäuscht, hoffte jedoch, dass sich das mit der Zeit ändern würde.
    „Und ich bin Shinzu“, stellte sich der Naminer fest, der neben Kasai stand. Erst jetzt sah Neko ihn an, und war sofort sprachlos. Sowie sie ihn betrachtete, kam ihr das Wort „Tod“ als erstes in den Sinn. Wenn der Tod nämlich eine Verkörperung hätte, so wäre das wohl dieser Rebell. Aber nicht im schlechten Sinne, sondern er stellte so ziemlich alles dar, was sich Neko Gutes am Tod vorstellte, verführerisch und gefährlich zugleich: Shinzu war gut einsneunzig groß, überragte sogar Mizu, wie sie am Rande erkannte, breitschultrig, kräftig und drahtig gebaut. Seine blasse Haut strahlte regelrecht unter dem pechschwarzen Haar, und obwohl seine Augen die gleiche tiefdunkle Farbe hatten, leuchteten sie wie schwarze Sterne. In den Augenwinkeln hatte er winzigste Fältchen, die ihn erwachsener wirken ließen, obwohl er nicht viel älter sein konnte als sie. Er sah nahezu unirdisch gut aus, und plötzlich wurde ihr eins klar: Sie hatte sich zwar nie bewusst darüber Gedanken gemacht, wie für sie der Traumprinz aussähe, von denen so viele Mädchen schwärmten, aber irgendwie war er diese lebendig gewordene Vorstellung, die sie unbewusst mit sich rumführte. Sie hatte das Gefühl, feuerrot anlaufen zu müssen, aber irgendetwas tief in ihr drin, eine andere, ähnliche Emotion, bewahrte sie davor, wofür sie dankbar war.
    „Glotz dir nicht die Augen aus dem Kopf“, hörte sie Kasai sagen, der plötzlich zu lachen anfing.
    „Kasai, wie wäre es, wenn du nach deinem Partner kuckst, bevor er wieder am Boden festfriert?“ Shinzu wirkte genervt, doch das schwache Lächeln um seine Mundwinkel verriet, dass er von der Reaktion seines Freundes eher belustigt war.
    „Jaja, versteh schon.“ Der Keraner hob geschlagen die Hände. „Du willst alleine mit dem Kätzchen sein. So schnell wird Magcargo auch wieder nicht festfrieren.“ Damit ließ er von ihnen ab, stieß aber noch ein genervtes „Ein hoffnungsloser Casanova!“ aus, bevor er endlich den Mund hielt.
    „Bitte nimm das nicht persönlich“, entschuldigte sich Shinzu für seinen Freund. „Kasai spricht schneller als er denkt. Wenn er überhaupt nachdenken kann“, fügte er kurz darauf hinzu. Zuerst fasste Neko den letzten Satz als Witz auf, doch Shinzu wirkte, als meine er es ernst. Vielleicht tat er das sogar tatsächlich. Dann plötzlich war er fast über ihr und blickte sie direkt an, und im Pechschwarz seiner Augen, dieser völligen Lichtlosigkeit, drohte sie sich beinahe zu verirren wie in finsterster Nacht. Ihr fiel auf, dass in dieser tiefdunklen Farbe silberne Sprenkel glänzten wie Diamanten. Eindringlich sagte er: „Er meint das nicht so böse, wie es klingen mag, aber wenn hier irgendwer irgendetwas zu melden hat, was das wirklich betrifft, kannst du es mir sagen. Ich werde mich dann… darum kümmern.“
    „Danke, aber ich glaube, ich komme selbst damit klar“, log Neko. Natürlich hatte sie es bisher auch einigermaßen ausgehalten, aber hier, wo so viele neue, fremde Menschen versammelt waren, die auf ihr rumhacken könnten, wäre das wohl schwer. Innerlich jedoch war sie sich sicher, dass es gar nicht erst dazu kommen würde, weil Tetsu wohl so etwas wie ein Mentor war. Zudem fragte sie sich im Stillen, was Shinzu denn damit meinte, dass er sich „darum kümmern“ würde. Trotzdem fand sie das nett von ihm, sagte es ihm aber nicht.
    Sie ließ ihn stehen und wollte neben Mizu treten, hielt beim letzten Schritt jedoch inne. Sicher war sie sich plötzlich nicht mehr, ob er vorhin mit einer Tira geredet hatte, aber jetzt, wo sie genauer hinsah, glaubte sie, doppelt zu sehen. Vor dem Lynoer standen nun zwei gelbhaarige Mädchen, und auf Neko wirkten sie wie das Spiegelbild der anderen. Bis sie genauer hinsah: Die eine hatte längeres, vorne zu feinen Zöpfchen geflochtenes Haar, während die andere kurzes hatte. Wenngleich die Unterschiede nur minimal waren, so war die Langhaarige zierlicher gebaut, an Brust und Hüfte zeigten sich leichte, weibliche Rundungen. Bei der Kurzhaarigen kam Neko jedoch schnell zum Schluss, dass es sich nicht um ein Mädchen, sondern um einen Jungen handelte. Auch die Stimmen der beiden zeugten davon, denn obwohl sie sich fast gleich anhörten, ging die eine nur eine winzige Nuance tiefer als die andere, was man leicht überhörte, konzentrierte man sich nicht darauf.
    „Das ist wohl die Kleine, von der du gesprochen hast“, stellte das Mädchen der beiden fest und zeigte an Mizu, der sie noch nicht bemerkt hatte vorbei auf Neko. Er wandte sich um und nickte. Ein Anflug eines spöttischen Grinsens zeigte sich in den Mundwinkeln der Hügelländerin. „Eine Sandanbeterin, nicht wahr? Kriechst du auch im Staub, wenn du zu deinem Gott betest?“
    Einen Moment war die Angesprochene vollkommen sprachlos und starrte die Gelbhaarige an wie ein Wesen von einem anderen Stern. Sie hatte schon oft – viel zu oft – erlebt, dass man sie wegen ihrer Katzenohren verhöhnte, aber das? Ihr Gegenüber ging direkt daran vorbei und zielte auf ihre Abstammung, und mit dieser Art von Spott hatte sie noch nie zu tun gehabt.
    „Orange und Dunkelblau passen nicht gut zusammen, findest du nicht auch?“ Die Tira klang so schmierig, dass es Neko wie ein Fausthieb in den Magen fuhr. An wen die Bemerkung eben gerichtet war, war nicht ersichtlich.
    Gerade schien die andere zu einer weiteren Bemerkung zu den Ritualen der Steppenbewohner oder anderen Theorien anheben zu wollen, als ihr Zwillingsbruder ihr ins Wort fiel, bevor sie überhaupt Luft geholt hatte: „Lass gut sein, Raika.“
    „Du hast recht“, schnaubte sie verächtlich und sah Neko von oben herab an – was physisch eigentlich fast nicht möglich war, da sie beide fast gleich groß waren. „Sie ist es nicht wert.“ Damit ließ sie die völlig perplexe Eloa stehen und ging. Ihr Bruder zögerte nur einen winzigen Augenblick, bevor er ihr schließlich folgte, jedoch nichts weiter sagte. Die Beleidigte wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Was sie denken sollte. In nur drei Sätzen hatte sie Neko auf eine Art und Weise verhöhnt, wie es niemand mit einer ganzen Schimpftirade zu ihren Ohren hätte tun können. Dabei war der erste und der letzte gar nicht so verletzend. Manche der Bräuche der Eloi waren tatsächlich sehr merkwürdig, und viele davon waren im Laufe der Zeit abgeschafft worden. Aber dafür konnte sie schließlich eigentlich genauso wenig wie für ihr Blut; die Rituale hatte sie sich nicht ausgedacht. Dass sie es nicht wert war, sie zu beschimpfen, sollte mal so dahingestellt sein – lieber war sie es nicht, als es ertragen zu müssen. Nur der zweite Satz, was hatte Raika mit ihrer Metapher mit den Farben gemeint? Das sie und Mizu nicht gut zusammenpassten? Sollte ihr doch recht sein, ob es so war oder nicht, bisher waren sie doch recht gut miteinander ausgekommen.
    „Und, wie kommst du bisher zurecht?“, wollte Neko wissen, nicht nur, weil sie neugierig war, sondern auch, um ihre übersprudelnden Gedanken zu bändigen.
    „Mhm. Geht so“, war seine knappe Antwort, als könne jedes weitere Wort zu viel verraten. „Du?
    Über ihre Antwort musste die Chimäre erst einmal gründlich nachdenken und sah sich währenddessen auf dem Platz um. Von Akari und Momoko hatte sie einen recht guten ersten Eindruck; die beiden waren nett zu ihr gewesen wie selbstverständlich – was es ja auch sein sollte. Von Tetsu war sie natürlich mehr als nur beeindruckt, wie es wohl die meisten waren, die ihm begegneten, dafür sorgte einfach seine bloße Statur. Mit Raika hatte sie sich erst einmal das Wetter verhagelt, was aber eindeutig nicht an ihr lag. Das Verhältnis zu dem Zwillingsbruder der Tira, dessen Namen sie nicht erfahren hatte, und Kasai war relativ neutral, was sich in den nächsten Stunden bestimmt noch ändern würde. Und Shinzu…
    „Sagen wir es mal so“, fasste sie also zusammen. „Irgendwie müssen wir mit jedem hier auskommen. Schließlich arbeiten wir noch eine Weile gemeinsam.“
    [tab=So viele Namen auf einmal hatte ich noch nie o0]
    Unwichtige Namen, die ihr auch getrost wieder vergessen könnt:
    Nana: 7 (hat mit der Zahl selbst nichts zu tun sondern eher mit der Nana aus Elfen Lied x3)
    Okami: Wolf
    Koso: Heu (nein, nicht, weil er Heu im Hirn hat! Ich wollte erst Gras nehmen, aber die Wörter ham mir nich gefallen lol)
    Kyobo: kyoboko=Baum
    Uyoku: Feder

    Wichtigere Namen, die ihr euch merken solltet:
    Tetsu: Eisen
    Akari: (elektrisches) Licht (sollte zuerst Hikari heißen, doch in meinem Kopf wurde sie dann immer zur Lucia <<)
    Rai(ka): Blitz (ja, Raikas Zwillingsbruder heißt Rai. Wusste nur nich sicher, wie ich das in dieses Kap einbauen sollte, daher kommts später)
    Momoko: momo=Pfirsich (kann man gut interpretieren xDD)
    Kasai: Brand
    Shinzu: (anatomisches, glaub ich) Herz
    [/tabmenu]Darf ich freundlichst um Kommis bitten dieses Mal? ^^
    Achja, den Anführer sollten sie ja noch kennenlernen, aber das läutet dann das nächste Kapi ein. Nach dem tollen Satz von Neko musste ich einfach einen Schlusstrich ziehen.

  • Hallo, liebste Sonnenblume!

    Ja, mein Kommentar hat lange auf sich warten lassen und das tut mir leid. Habe momentan viel zu tun und manchmal funktioniert kommentieren dann einfach nicht so gut, soll ja auch nicht nur zwei Zeilen lang sein, sondern schon etwas brauchbarer. Die Idee, die Kapitel in Tabmenüs zu unterteilen, finde ich nicht schlecht – die Länge hat mich vorher aber auch nicht gestört. Ich weiß noch ganz genau, wie verliebt ich in deine Geschichte war und das hat sich nie geändert ^.^ Hier bin ich also wieder und hole mein Defizit auf. Hoffe, du bist nicht böse.



    Zuerst komme ich zum 2. Spezialkapitel, „Unbeugsam“. Nekos Überlegungen finde ich wieder sehr nachvollziehbar. Ja, wenn man zu gut mit jemandem befreundet ist, wird man schnell leichtsinnig und das ändert meist alles... Das kenne ich selbst nur zu gut, hatte ich gerade gestern wieder, um genau zu sein. Aber will nicht jammern, ist nämlich schon wieder alles okay. Dass es ihr den Schlaf „verschlägt“, finde ich etwas seltsam, normalerweise verschlägt es einem die Sprache und es raubt einem den Schlaf, oder? Ist aber nur eine Kleinigkeit. „Erschnaufen“ kenne ich nicht, vielleicht „verschnaufen“? Entschuldige bitte, dass ich hier so auf die Details bestehe, so bin ich nun einmal. Statt „Eigen“ würde ich eher „Eigentum“ sagen, das klingt nicht so abgehackt, „Eigen“ nimmt man glaube ich eher, wenn danach noch etwas folgt, wie „Eigen Fleisch und Blut“, oder so. Irgendwie kommt mir gerade ein leicht widerlicher Gedanke. Sie ist eine Mauzichimäre, aber wie geht das eigentlich? Doch nicht so, wie ich es mir gerade vorstelle, oder? Igitt. Wenn ich so darüber nachdenke, verstehe ich nämlich, wieso sie etwas schief angesehen wird, auch wenn sie natürlich ein wunderbares Mädchen ist, aber... Wah. Ein Mauzi und ein Mensch... Die Geschichte von Nekos Tante tut mir wirklich leid, aber ich kann mir das ganz gut vorstellen, soweit. Dass sie keinen Chimären das Haus überlassen, wirkt auch sinnvoll. Mich hat aber etwas grammatikalisches gestört (wieder einmal, heute nerve ich damit, ich weiß...), „wenn sie nicht fliegen wollten“, das klingt so umgangssprachlich. Wieso nicht so etwas wie „wenn sie nicht herausgeworfen werden wollten“? Ich finde nämlich, dass ein solcher Ausdruck nicht zu deinem sonst sehr hohen Schreibniveau passt. Generell gefällt mir das Spezialkapitel aber, es ist wie immer gut geschrieben und Hintergründe zu den Charakteren finde ich generell immer sehr spannend.

    Als nächstes widme ich mich dem neuen Kapitel. Das ist schon das dreizehnte Kapitel, wow. Ich hoffe, dass ich demnächst über fünf Kapitel komme, seufz... Ab Kapitel elf habe ich dann endlich mein neues Topic und den neuen Namen und so weiter, das wird um einiges besser als jetzt, ich habe es im Gefühl. „... für die Zeit, die Neko auf ihr fliegen würde, wollte sie besser vorbereitet sein als auf ihren ersten Flügen“, da fehlt ein „n“ bei „sein“, „ihren“ und „Flügen“, nur kleiner Hinweis. Mir fehlt etwas die Romantik zwischen Neko und Mizu, ehrlich gesagt. Die hat mich am Anfang so bezaubert und ich fände es schade, wenn es das schon gewesen sein soll. Bin momentan total auf einem Romantiktrip, wird man auch an meiner Geschichte ziemlich merken demnächst... Aber so oder so bleibe ich treue Leserin, deine Geschichte ist einfach schön. Es gibt vegetarische Pokémon? Nenn mich oberflächlich, aber darüber habe ich noch nie nachgedacht. Vielleicht solche wie Girafarig oder so? Aber ich könnte mir jetzt kein Eneco vorstellen, das kein Fleisch isst, zum Beispiel. Auch, wenn es eklig ist, weil sie andere Pokémon essen, aber bei Tieren ist es ja genauso, igitt. Wenn ich daran denke, dass meine Katze andere Tiere isst... Na, besser nicht darüber nachdenken. Aha, hier ist die Erklärung für „Feuerschweif“. Sie macht Sinn, auf jeden Fall. Finde es gut, dass du dir viel neues überlegt hast und Vulnona hat eben ein Stück Mary Sue Anteil verloren, da sie empfindlich gegen Feuerattacken ist, die Ärmste... Das regt zum Nachdenken an, vielleicht ist jede jetzige Pokémonattacke ja einmal aus zwei anderen entstanden? Wer weiß. Aww wie süß, sie weht Traunfugil weg. ^^ Der Arme. Diese kleinen Details geben deiner Geschichte einfach einen unerreichbaren Charme, weil sie so nebenbei eingestreut wirken, aber einfach besonders sind, hach... Oh, Vulnona erwärmt ihr Badewasser! Toller Einfall und auch Traunfugils „Annäherungsversuch“ finde ich bezaubernd. Entschuldige, ich schwärme hier nur, mah. Was schreibst du auch so toll?! Und so lange schon, ich wünschte, ich hätte früher angefangen als Januar 2009, dann wäre ich wesentlich besser... Naja, genug Katzenjammer. Der Flug von Libelldra und Neko ist absolut magisch und die Beschreibung von Namine auch, kann es kaum erwarten, dort zu sein. Wow, Damhirplex sind wild und ungestüm? Da musste ich grinsen, denn so habe ich über die Hirsche noch nie nachgedacht. Jetzt habe ich Jingle Bells im Kopf und das ist wohl kaum verwunderlich, oder? Die ganze Szene hat etwas Weihnachtliches, es fehlt nur noch der Schlitten und die Geschenke, wunderbar! Gefällt mir wirklich sehr. <3 Das andere Gespräch war etwas kompliziert zu verfolgen, da ich einige der Namen gerade nicht einordnen kann. Ich bin aber sicher, dass sich mir der Sinn im späteren Verlauf der Geschichte noch eröffnen wird. „Weise im Sinne von klug“? Welchen Sinn gibt es bei „weise“ denn noch? ^^
    So, kommen wir zu Teil zwei des Kapitels. Uyoku heißt Feder? Oh, das ist hübsch, aber hübscher finde ich „Miu“, das bedeutet nämlich „schöne Feder“. Ist einer meiner Spitznamen. Ein Freund nennt mich so, weil ich für ihn ein Engel bin, naja... Süß, nicht? Wenn Momo Pfirsich heißt, müsste „Momoko“ doch Kind des Pfirsichs bedeuten, oder? Glaube, das war bei japanischen Namen so, bei Yukiko heißt es dann ja auch „Kind des Schnees“. Japanische Namen sind so toll, ich liebe sie einfach. Akari kenne ich aus dem Anime „This ugly yet beautiful world“ (sehr zu empfehlen!), dort gab es auch eine Hikari, aber die waren beide gar nicht wie Lucia, Gott sei Dank. Soviel zu den Namen, jetzt komme ich zum Kapitel selbst. Wow, toller Anfang! Auch, dass du „er“ immer kursiv geschrieben hast, oder eher nicht immer, sondern ab und zu, ich glaube, ein paar Mal ist es normal geschrieben. Das Ende dieses Abschnittes lässt mich ein wenig misstrauisch werden... Die Beschreibungen der Tutoren sind dir gut gelungen, musste bei einigen schmunzeln. Dass Mizu und Neko in einer Gruppe sind, habe ich erwartet; dass Shana nicht dabei ist, leider auch, auch wenn ich sie furchtbar gern habe und es mir leid tut... Aber vielleicht kommt sie ja irgendwann wieder vor. Oh, die beiden Mädchen mag ich! Pfirschkind und elektrisches Licht, wunderbar. Sind auf jeden Fall sympathisch. Oh, eine andere Chimäre, das ist gut. Dann fühlt sich Neko erst recht nicht alleine, und ich mag es nicht, wenn sie einsam ist. Gut gelöst ^^ Wow, Shinzu die geile Sau. Ich kann Neko vollkommen verstehen, denn etwa die gleiche Reaktion hatte ich eben auch, lechz. Raika ist ja wohl das totale Miststück, hoffentlich stirbt sie, grr! In meiner Geschichte würde ich sie unter Garantie umbringen lassen, mah. Wer gemein zu Neko ist, soll zu Grunde gehen. Mizu regt mich aber auch auf, er ist so kurz angebunden! Wehe, er ist auch fies zu ihr... Na, ich bin super gespannt wie es weiter geht und kann es gar nicht abwarten. Schreib weiter, großes Vorbild, ja? Rechtschreibung & Grammatik waren gut, nur ein paar kleinere Fehler habe ich noch gefunden, aber bei so viel Text waren es echt unglaublich wenige. Der Inhalt war gut und spannend und die Textlänge super, denn von dir würde ich sowieso immer gerne viel lesen. Mehr!

  • [tabmenu][tab=Übliches Geplänkel]Ja, nach einiger Wartezeit kommt endlich das viertzehnte Kapitel on ^^ Es passiert nicht besonders viel (und trotzdem ist es das bisher längste von ganz KhW <<), doch es soll folgendes tun:
    1. Seijin vorstellen (eine sehr wichtige Person!)
    2. Einige Vorgänge im Hauptquartier und in der Rangfolge der Schwarzen Rose erklären
    3. Die Beziehungen zwischen den alten und neuen Charakteren noch einmal festsetzen.
    HF <3[tab=Kapsitula]
    XatuKapitel 14: Frauengespräche (obwohl das nicht mal im Fokus stand o0)


    Nachdem man sich vorgestellt und einen ersten Eindruck von den neuen Teamkollegen bekommen hatte, stellte sich alles in Reih und Glied auf, denn nun sollte ihr Anführer die Neuankömmlinge willkommen heißen. Da nun alles etwas geordneter vonstatten ging, war es Neko endlich möglich, die Versammelten zu überblicken. Bis auf ihre neuen Partner und Mizu kannte sie – was ja nicht weiter verwunderlich war - nur noch Shana und Kisho, die beide in verschiedene Gruppen eingewiesen worden waren. Die Chimäre fragte sich, ob sie auch noch weitere Rebellen näher würde kennenlernen. Jedenfalls wünschte sie sich das.
    Das allgemeine Gemurmel brach ab, als die Heilerin auf dem Platz erschien und in die Runde lächelte. Die meisten Rebellen hatten bereits begriffen, dass ihr Auftauchen Ruhe verlangte, und so wurde es allmählich leiser um sie herum. Eigentlich hatte Neko angenommen, die junge Frau würde den Anführer großspurig und mit lobpreisenden Worten zu Ehren seiner Taten und Persönlichkeit ankündigen. Stattdessen gesellte sie sich schweigend zu der Menge, wie eine Chaneira konstant lächelnd.
    Und dann kam der Mann der Stunde.
    Der erste Gedanke, der Neko kam, war schlicht und einfach unmöglich. Jedoch nicht im Sinne davon, dass sie sich Seijin anders vorgestellt hatte und nun nicht glauben wollte, dass er so ganz anders war, sondern deswegen, weil er einfach unmöglich auf sie wirkte: Das wohl Markanteste dieser Unmöglichkeit waren die Farbe seiner Augen und die seines Haars. Wobei erstere nicht weiter überraschend war – tief nachtschwarze Obsidiankugeln, die eine große Weisheit sowohl verbargen als auch regelrecht in die Welt schrieen. Seine Haarfarbe hingegen, die eigentlich auch hätte schwarz oder mindestens dunkelgrau sein müssen, war das komplette Gegenteil. Während seine Augen jedes Licht zu schlucken, ja zu verschlingen schienen, als wollten sie alles, was sie erblickten, in Finsternis stürzen, wirkte sein Haar, als sei es selbst eine Lichtquelle, so weiß war es. Neko hatte noch nie etwas so rein Weißes gesehen, ja nicht einmal gewusst, dass es solch eine lichte Farbe überhaupt gab. Auch wenn sie als Kind der Steppe nie Schnee zu Gesicht bekommen hatte – oder vielleicht auch gerade deswegen – war die beste Definition, die sie für diese Farbe finden konnte, das Wort „schneeweiß“. Die beiden widersprüchlichen Töne verwandelten Seijins Gesicht in die Vereinigung von Hell und Dunkel.
    Doch das war nicht das Einzige, was sie so an ihm in den Bann zog. Eigentlich, so überlegte sie fast ernsthaft, musste sich der Raum um ihn krümmen oder die Zeit in seiner Gegenwart verkehrt laufen, wirkte er doch wie die Personifikation des Gegensatzes selbst. Auch seine übrige Erscheinung hatte etwas… Zeitloses? Oder Unendliches? Nicht zuletzt auch wegen seiner Haarfarbe wirkte er älter als vierzig, vielleicht fünfzig oder sogar älter – so genau ließ sich das nicht abschätzen. Trotzdem waren seine Bewegungen so voller Kraft und Eleganz, als habe ein besonders großzügiger Gott bei seiner Erschaffung das Beste aller Entwicklungen Evolis in sie gesteckt. Gekleidet war ihr Anführer in ein zu weit wirkendes, cremefarbenes Hemd, das er locker in eine sandbraune Hose gesteckt hatte. In diesem Aufzug, mit dem spannenlangen Dolch an seinem Gürtel und den autoritär in die Hüften gestemmten Händen wirkte er wie ein gepflegter Seeräuber, was in sich bereits ein weiterer Widerspruch war. Seine Haltung verriet, dass er ebenso ein gütiger Vater wie ein strenger Lehrmeister sein konnte, ein misstrauischer Fremder wie ein entgegenkommender Bruder. Neko kam der flüchtige Gedanke, dass er in jungen Jahren gewiss sehr attraktiv gewesen sein musste.
    Erst, als Seijin zu ihm sah, bemerkte die Eloa das Xatu, das neben dem weißhaarigen Naminer stand und ihm so lautlos und selbstverständlich gefolgt war wie ein Schatten. Die Katzenaugen auf der Brust des Psychoadlers glühten auf, und als sie erloschen, schüttelte er langsam und entschlossen den Kopf. Seijin nickte kaum merklich und wandte sich wieder seinen Rebellen zu. „Willkommen im Hauptquartier der Schwarzen Rose“, rief er mit kräftiger Stimme, die geradezu darum drängte, ungestört weiterreden zu können. Was vorher demütige Ruhe gewesen war, entwickelte sich nun zu absoluter Stille. Auch wenn er sie alle jeden nur sehr kurz musterte, kam es Neko so vor, als bohrte sich sein Blick tief in sie hinein, ohne sie auch nur zu berühren. Es war unheimlich.
    Keinem der Versammelten fiel auf, dass ihr Anführer Mizu den Bruchteil einer Sekunde länger ansah als die anderen.
    „Ich freue mich“, fuhr Seijin nun fort, als habe er nie eine Redepause gemacht. „dass ihr alle so zahlreich meiner Einladung gefolgt seid. Hiermit wurde euch eine große Ehre zuteil, die nur die wenigsten unserer Organisation genießen dürfen.“ Neko war überrascht, wie beiläufig er das Wort „Organisation“ gebrauchte. Sonst war immer nur von einer Rebellion die Rede gewesen, was die Schwarze Rose ja eigentlich auch war. Doch so, wie Seijin diese Bezeichnung anwandte, gab er ihnen damit zu verstehen, dass sie keinesfalls einem planlosen Haufen Widerständler angehörten, die den Hintern gewisser Herrscher einmal kitzeln wollten, weil sie sich in ihrem Recht verletzt fühlten; nein, dadurch sollte in ihnen das Gefühl wach werden, dass sie wirklich etwas bewirken konnten, und zwar mehr, als es einer von ihnen oder nur eine kleine Gruppe vermochte. Deswegen Organisation: So wie die Organe im Zusammenschluss einen Menschen am Leben hielten, einzeln jedoch nicht viel mehr tun konnten, als selbst zu sterben.
    „Bildet euch darauf aber noch lange nichts ein!“ Seijins Stimme hatte einen warnenden Unterton angenommen wie leiser Donner, der ein fernes Gewitter ankündigt. „Ihr seid hier, weil ihr alle nicht erwecktes oder noch nicht erschöpftes Potential habt, das ihr hier besser nutzen könnt als in irgendeiner Tochtergruppe möglich ist. Doch heißt das nicht, dass ihr übermütig werden dürft und eure Selbsteinschätzung in den Himmel schießen soll, denn sonst landet ihr sehr schnell in der Hölle. Ich bitte euch, nein, ich erwarte von euch, dass ihr euch weiterhin so anstrengt und für unsere Sache kämpft wie bisher, wenn nicht sogar mit noch mehr Enthusiasmus. Es wird nicht oft etwas von euch verlangt werden, aber wenn es so weit ist, werdet ihr und eure Partner alles geben müssen. Dabei sollt ihr natürlich nicht nur alleine oder mit euren Pokémon zusammenarbeiten, sondern euch auch an eure Teampartner wenden. Auch wenn sich vieles alleine bewerkstelligen lässt, so kann ein Felsen, wenn alle an ihm schieben, weiter und schneller verrückt werden, als wenn nur einer an ihn herangeht. Das wichtigste ist, dass ihr stets für die anderen da seid – nur so dürft ihr erwarten, dass man es auch für euch ist. Ebenso bin ich immer ansprechbar – es sei denn, ich schlafe, da müsstet ihr mich erst einmal wecken.“ Es war das erste Humorvolle, was Seijin gesagt hatte, und die Runde lachte leise, auch wenn jeder den tieferen Sinn dieser Worte verstand.
    „Ich bitte euch, mit all euren Problemen, die nicht innerhalb der Gruppe gelöst werden können, zu mir zu kommen“, beendete der Anführer der Schwarzen Rose seine Willkommensrede, nickte den Versammelten noch einmal bedeutungsvoll zu und entfernte sich dann in Begleitung des Xatu.
    Neko war schwer beeindruckt von dem höchsten Mann der Rebellen und beschloss für sich, seiner Aufforderung, ihm um Rat zu ersuchen, nachzugehen, wenn es nötig war. Kaum, dass sich Seijin entfernt hatte, wurde wieder aufgeregtes Gemurmel laut, und aus Tonfall und Wortfetzen schloss Neko, dass sie nicht die einzige war, bei der der weißhaarige Naminer Eindruck hinterlassen hatte. Es war unmöglich, dem zu entgehen.
    „So, Leute“, erdröhnte Tatsus tiefer Bass über die Unterhaltungen hinweg und rief damit seine Gruppe zusammen. „Wir sollten auch gehen.“ Zwei weitere Teams hatten sich nämlich bereits in Bewegung gesetzt und hielten auf die Ansammlung der Häuser zu, in denen sie künftig leben sollten. Neko, Mizu und die anderen aus Tetsus Gruppe folgten dem baumgroßen Hünen, der sie zu dem letzten der sechs Bauten führte. Genau wie vor den anderen wartete auch hier eine Ansammlung der verschiedensten Pokémon – die Partner der Teammitglieder – und Neko vermutete, dass sie bereits von der Chaneira, die sie eine Weile nicht mehr gesehen hatte, davon unterrichtet worden waren, wo sie hinmussten. Während sie selbst, umschwirrt von einem wie immer fröhlich kreischenden Traunfugil, zu Libelldra ging, um sie zu begrüßen, stellte sich Mizu zusammen mit Bojelin und Tanhel lediglich neben sie, die Arme vor der Brust verschränkt. Um Akari tanzte eine Kussilla, und Momoko putzte Pollenstaub von den fleischigen Blütenblättern eines Duflor. Kasai stand neben einem Camaub und einem in sich gedrehten Felsen, der wohl ein Magcargo, von dem er und Shinzu bereits gesprochen hatten, beinhaltete. Raika streichelte gerade unbeteiligt die Schnauze eines überglücklich mit dem Schwanz peitschenden Voltenso, während neben ihrem Zwillingsbruder ein Magneton brummte. Wie aus dem nichts, da es sich an der Fassade des kleinen Wohnhauses getarnt hatte, erschien Shinzus Partner, ein Porygon2. Mit dem Absol, das sich lautlos zu ihnen gesellte und neben Tetsu ins Gras sank, war die sechste Gruppe des Hauptquartiers vollständig.
    „Also dann“, begann Tetsu und kramte einen Schlüssel hervor, der in seinen Pranken lächerlich klein wirkte, und entriegelte die lackierte Holztür. „Immer hereinspaziert!“ Der Eingangsraum, der sich nun vor ihnen öffnete, war zwar recht geräumig, aber mit all seinen Bewohnern, den wenigen Pokémon, die der unteren Größenklasse angehörten und ihren Menschenpartnern gefolgt waren, und vor allem der übermassigen Maschock-Chimäre schnell gefüllt. Mittendrin stand ein recht großer Tisch, an dem sie alle genügend Sitzplatz fanden – vorausgesetzt, man wollte sich sonst in dem Zimmer nicht bewegen – und an der linken Wand vom Eingang aus gesehen führte eine Treppe in das obere Stockwerk. Unter den Stufen musste ein Wandschrank sein, denn eine einsame, wie die Wände weiß getünchte Tür führte sonst ins Nichts. Gegenüber dem Eingang war eine weitere Tür, durch die es wohl in Tetsus Zimmer ging, und in der Ecke daneben stand eine stark zurückgeschnittene Zimmerpflanze, die dringend Wasser bedurfte.
    Nachdem alle den Eingangsraum betreten und bestaunt hatten, schloss Tetsu den Wandschrank auf und bat: „Mizu, Rai, kommt mal bitte her.“ Die beiden Jungen folgten der Aufforderung und stellten sich neben ihn – sie beide wirkten neben der Chimäre wie dünne kleine Schösslinge neben einer ausgewachsenen Eiche – und lugten in den Schrank.
    „Na, das nenne ich Service!“, rief Raikas Zwillingsbruder, dessen Name Neko endlich erfahren hatte, aus und langte in den Schrank. Heraus holte er eine Sense, deren Stiel fast so lang war wie er selbst und deren Klinge im Licht, das durch die Fenster fiel, bedrohlich aufblitzte. Prüfend wog er die Waffe in der Hand. „Gut ausbalanciert. Nicht schlecht! Damit lässt sich der eine oder andere Königliche Krieger sehr schnell köpfen.“ Ohne mit der Wimper zu zucken ließ er die Sense wie der Tod persönlich in weitem Bogen herumschwenken, brachte das Kunststück fertig, nichts und niemanden zu treffen, zielte jedoch auf die verkümmerte Zimmerpflanze, deren ohnehin schon beinahe toter Strunk mit einem dumpfen Aufschlag zu Boden fiel. Es war nicht schwer zu erraten, dass der Tiro sich unter dem bedauernswerten Kraut einen der genannten Soldaten vorgestellt hatte. Er ignorierte gekonnt den drohenden Blick, mit dem Tetsu ihn bedachte.
    Auch Mizu griff in den Schrank, entnahm ihm jedoch keine weitere Waffe, wie Neko erwartet hatte, sondern einen Federballschläger. Zuerst war sie leicht überrascht, erinnerte sich jedoch daran, dass Mizu ihr während ihrer gemeinsamen Zeit beim Bau erklärt hatte, dass das Federballspiel eine erstklassige Übung für den Schwertkampf war, da bei beiden Disziplinen der Schwung im Handgelenk eine wichtige Rolle spielte. Sie vermutete, dass auch für ihn ein Kurzschwert in dem Wandschrank bereit lag, doch er schien, anders als Rai, vernünftig genug zu sein, auf dem engen Platz, den sie hier nur hatten, nicht mit scharfen Klingen herumzufuchteln.
    Während die beiden ihre Utensilien wieder einräumten, hörte Neko Akari, wie sie Shinzu und Kasai fragte, ob sie denn keine Waffenkünste gelernt hatten, doch beide verneinten diese Frage.
    „Meine Eltern verbieten es mir“, war Kasais Erklärung, denn gerade als Keraner war es schon beinahe Pflicht, ein Schwert, in den feurigen Schlünden des Keran geschmiedet, führen zu können. „Seit mein Bruder einen Arm verloren hat, haben sie mich nicht einmal ein Messer in die Hand nehmen lassen.“ Anders als sein Freund verzichtete Shinzu auf eine Erläuterung, was Neko – so überrascht sie selbst von ihrer Reaktion war – etwas enttäuschte. Der Naminer hatte die besten Voraussetzungen, ein gut im Umgang mit einer beliebigen Waffe zu werden; er war stark und groß und im Faustkampf gewiss auch so manchem Gegner überlegen, was Taktik und Strategie betraf. Sie beschloss, ihn irgendwann nach seinen Beweggründen zu fragen.
    Doch das musste sie auf ein irgendwann später verschieben, denn die Hausbesichtigung setzte sich fort. Tetsu schloss den Waffenschrank ab und bot ihnen an, sich oben umzusehen, und verschwand daraufhin in seinem Zimmer, wobei der Türrahmen beinahe zu schmal war, seine breiten Schultern passieren zu lassen. Die kleine Meute erklomm die Treppen ins obere Geschoss, das auf den ersten Blick lediglich einen schmalen Flur umfasste, in dem sie alle zusammen kaum Platz hatten. Dann jedoch entdeckte Neko eine Tür gleich neben dem Treppenabsatz und eine weitere am Ende des Gangs. Ganz offensichtlich herrschte auch hier strikte Geschlechtertrennung. Ohne ein Wort der Absprache nahmen die Herren der Schöpfung gleich das rechte Zimmer, sodass Neko und ihren Genossinnen nichts anderes übrig blieb, als das hintere linke zu wählen.
    Der Raum, in den sie nun traten, war alles andere als heimelig, eher unheimlich, und strahlte sofort eine ungemütliche Atmosphäre aus. Es war unschwer zu erkennen, dass der Posten der sechsten Gruppe schon lange nicht mehr besetzt worden war und man daher auch nichts in diesem Zimmer gemacht hatte. Zwar war auf der Kommode gegenüber dem Eingang, auf den Fensterbrettern Staub und die –scheiben gewischt wie geleckt, und auch Bettlaken und Bezug waren frisch wie am ersten Tag. Doch nicht nur, dass man die Vernachlässigung vieler Jahre fast riechen konnte, spürte man auch durch die Schuhsohlen den harten Teppich, starrend vor Schmutz, den man hätte vermeiden können, doch nun nicht mehr auswaschen konnte. Die bleiche Tapete, die einmal rot, braun oder auch blau gewesen sein mochte, schälte sich an den oberen Ecken, und die schimmelzerfressenen Muster darauf waren nur noch schwer als Lilien zu erkennen. Ein milchiger, blinder Spiegel blinzelte ihnen wie ein geblendeter Gefangener entgegen, der seit Jahren nicht mehr das Licht der lebenden Außenwelt mehr zu Gesicht bekommen hat. Hier war dringend die Feinfühligkeit einer Frauenhand nötig.
    Die vier Mädchen traten in ihr Schlafzimmer, in dem nur noch Platz war, um von A nach B zu kommen – weitere Bewegungen waren unausführbar. „Trautes Heim…“, kommentierte Raika, als sie sich auf das untere eines der beiden Stockbetten sinken und ihre Tasche achtlos fallen ließ. Sie legte sich hin und verschränkte in einer Geste, die völlige Gleichgültigkeit ausdrückte, die Hände unter dem Kopf. „Wie ihr es aufteilt, ist mir egal. Hauptsache, Fräulein Pfirsich schläft nicht über mir.“
    Zuerst nahm Neko an, dass sie damit gemeint war – ihre Haarfarbe war schließlich eine Art von pfirsich – doch als Momokos Mondgesicht leicht rötlich anlief und die Dyrierin sich schnaubend abwandte, wurde sie eines Besseren belehrt. Sofort sank ihre Meinung von Raika noch weiter in den Keller.
    Schließlich kamen sie und die beiden anderen überein, dass Akari und Momoko sich das andere Stockbett teilten, während Neko das Bett über Raika bezog. „Keine Sorge, Sandanbeterin“, ging die Tirade der Gelbhaarigen geradewegs weiter – und setzte damit ihren Spitznamen fest – als sie Nekos unsicheren Blick aus dem Fenster genau in der Wand, an der das Bett stand, bemerkte. „Du wirst leider nicht rausfallen. Das Fenster lässt sich nur kippen.“ Beruhigt war die Chimäre nach diesem Spruch keineswegs, denn sie konnte trotzdem sehen, wie tief es runterging. Es war wie der Sprung in klares Wasser: auch wenn die Oberfläche fast gleich unter einem ist, wirkt sie durch den erkennbaren Grund noch viel weiter weg, als sie eigentlich ist. Wie gut, dass sie einen tiefen Schlaf hatte, wenn sie einmal eingeschlafen war, sonst würde diese schwindelerregende Höhe sie wohl auch noch in ihren Träumen verfolgen.
    Akari war gerade dabei, ihre Sachen in eine der – passend – vier Schubladen der Kommode zu räumen, als Raika fragte: „Dürfen wir eigentlich auch in die Stadt? Ich würde gerne das eine oder andere einkaufen gehen…“
    „Ohne Erlaubnis nicht“, informierte sie Akari, die das nötige Wissen wohl von ihrem Vater bekommen hatte. „Du darfst das Hauptquartier nicht verlassen, es sei denn, wir sind auf Mission. Wenn du nach Namine willst, musst du erst zu Seijin und ihn um eine Erlaubnis bitten. Solange du zu einer bestimmten Uhrzeit wieder da bist, geht normalerweise aber alles in Ordnung.“
    Raika ließ ein verächtliches Schnauben hören, bevor sie spottete: „Jetzt muss ich bei dem alten Knacker auch noch um eine Erlaubnis betteln, wenn ich nur mal Klopapier besorgen will?! Ich bin volljährig und kann gut auf mich selbst aufpassen.“
    „Darum geht es doch gar nicht…“, probierte es Akari weiter, mühsam beherrscht, die Tira nicht zurechtzuweisen. Neko glaubte zu ahnen, was sie so auflöste, nämlich, dass die Gelbhaarige gerade sehr genau bewiesen hatte, dass sie auch vor Seijin keinen Respekt hatte.
    „Was willst du überhaupt einkaufen?“, trat Momoko dazwischen, die nach der Sache mit ihrem unfreiwilligen Spitznamen wohl auch nicht gut auf Raika zu sprechen war. „Alles, was wir brauchen, stellt uns die Rose zur Verfügung; Essen, Wasser, sogar fürs Waschen und Kleidung. Was brauchst du da noch?“
    Die Angesprochene gedachte anscheinend nicht, ihr zu antworten, wollte aber dennoch das letzte Wort behalten, und so sagte sie lediglich schroff: „Vielleicht fällt es sogar dir auf, wenn ich fertig bin“, und beließ es dabei. Wie gerne hätte Neko noch irgendetwas entgegnet, aber sie vermochte es nicht. Wahrscheinlich lag es daran, wie sehr sie Raika bereits verabscheute, obwohl sie eigentlich immer gut auf jeden zu sprechen sein wollte, den sie kennenlernte, erst recht bei jenen, mit denen sie eine Zeitlang zusammenleben und arbeiten sollte. Doch die Tira schaffte es, dass Nekos Meinung zu ihr immer weiter absank, ohne, dass sie viel dazu tat. Nicht einmal ihr Volksgenosse Kisho war so schwierig wie sie. Ob ihr Bruder – mal abgesehen vom Meuchelmord der Zimmerpflanze, die er eher aus ihrem Leiden erlöst hatte - auch so war?
    Gedankenverloren spielte Momoko mit den altersgrauen Gardinen an dem Fenster, das auch die Wand ihres Bettes löcherte. „Was passiert jetzt eigentlich?“, wollte sie wissen und sah eine nach der anderen an, wobei sie aber bei Akari hängen blieb, die die einzige von ihnen war, die zumindest Ahnung hatte. Sie erwiderte den Blick und antwortete: „Nun, bestimmt wollt ihr alle ein Bad, oder?“


    Eine halbe Stunde später standen die vier mit den Jungs ihrer Gruppe vor dem Steingebäude, aus dessen Schornstein beständig Rauch austrat. Auf dem Weg hierher war Neko aufgefallen, dass diese Baute über drei Eingänge verfügte: eine gewöhnliche Holztür auf der einen Seite, und hier, wo sie gerade standen, zwei rechteckige Öffnungen direkt nebeneinander, die in kurze Gänge führten, die schon nach zwei Metern in entgegengesetzte Richtungen abbogen. Weiteres war von hier aus nicht einzusehen. Über beiden Eingängen prangte jeweils ein Dreieck; das eine, dessen Spitze nach unten deutete, die des anderen nach oben – die allgemeinen Zeichen für Mann und Frau.
    „Also ich fände es ja interessanter, wenn wir nicht getrennt baden müssten“, gab Rai zu vernehmen und musterte die Metallplatten. „Oder? Was sagst du, Mizu?“ Er stieß den Angesprochenen zwar kumpelhaft aber sehr unsanft mit der Schulter an. Der dunkelhaarige Lynoer antwortete nicht, sondern sah Neko eine für Außenstehende kaum spürbare Sekunde an, doch die Chimäre wusste, was er gerade dachte. Im Grunde genommen hatten die beiden schon zusammen gebadet – oder zumindest etwas Vergleichbares, immerhin war Wasser im Spiel gewesen. Doch allein deswegen, dass sie eigentlich gegen die Regeln des Baus verstoßen hatten – nämlich das Gebäude nicht nach Einbruch der Nacht zu verlassen und den Seebereich unter der Woche zu betreten – war es besser, die Sache zu verschweigen und fortan die Vorschriften der Schwarzen Rose zu befolgen. Sie wich hastig seinem Blick aus, als sie eine schwache Schamesröte bei dem Gedanken überkam, mit Mizu etwas Verbotenes getan zu haben. Es hatte etwas Aufregendes, das ihre Nerven kitzelte und in ihrem Magen kribbelte. Sie musste lächeln.
    Nach und nach kamen aus beiden Eingängen Rebellen heraus, die meisten noch mit feuchtem Haar, jedoch schon wieder in Alltagskleidung. Manche grüßten freundlich die jüngste Gruppe des Hauptquartiers. Endlich riss sich die Runde zusammen, als Kasai den ersten Schritt tat und wortlos den Eingang unter dem nach unten deutenden Dreieck betrat. Mizu und Rai folgten ihm sogleich, Shinzu jedoch drehte sich noch einmal zu dem Mädchen um und lächelte charmant. Bis auf Momoko, die rot anlaufend den Kopf sank, reagierte keine von ihnen auf diese Geste. Zumindest Neko wusste nämlich nicht, wie sie reagieren sollte. Es war ihr immer noch ein Rätsel, warum sie bei seinem Anblick nicht, genau wie ihre Kollegin, sofort errötete.
    Auch sie setzten sich nun in Bewegung. Als die Steinwände sie umgaben, schlug Neko augenblicklich feuchte Luft entgegen, die nach verschiedenen Kräutern duftete. Am Ende des Gangs bogen sie nach rechts ab und betraten einen kleinen Raum, an dessen Wände sich Bänke und darüber Regalböden als Ablage zogen. Eine Lynoerin um die dreißig trocknete sich gerade ihre türkisblaue Lockenpracht, die ihr in feuchten Kaskaden über die Schultern wallte. Sie grüßte die Neuankömmlinge nickend und ging dann ebenso wie ihre Gruppenkameradinnen zuvor.
    Die vier verteilten sich in der Umkleide und begannen damit, sich auszuziehen. Oder zumindest nicht alle: Neko traute sich nicht recht, sich hier vor den anderen drei Mädchen zu entkleiden, kannte sie sie doch erst seit wenigen Stunden. Sie hatte sich noch nie gerne entblößt vor anderen gezeigt, auch vor jenen, die sie länger kannte; im Bau war es immerhin möglich gewesen, einzeln zu baden. Von den Gruppenbädern hatte sie bereits gehört, war jedoch noch in keinem gewesen.
    Akari und Momoko unterhielten sich, während Raika auf blind und taub tat und sie alle nicht beachtete. Wenn Neko es halbwegs geschickt anstellte, konnte sie sich wenigstens in der Toilette ausziehen, zu der einer der drei Durchgänge dieses Raums führte. Mit dem Handtuch, von dem jede von ihnen eines mitgebracht hatte, könnte sie sich wieder bedecken, bevor sie den kleinen Nebenraum wieder verließ. Und was dann? Sollte sie etwa im Handtuch ins Wasser steigen? Eigentlich undenkbar.
    Dennoch zog sie sich auf das stille Örtchen zurück und grübelte einen Moment nach, wie sie diese Situation lösen konnte. Die einzigen Möglichkeiten, auf die sie kam, waren, es einfach zu lassen – oder, wortwörtlich, Augen zu und durch ins Wasser zu springen. Am liebsten hätte sie die erste Variante genommen, doch es stand zu erwarten, dass nach ihrer Gruppe auch die vier anderen zum Bad folgen würden, und da wollte sie doch lieber mit denen zusammen sein, die sie bereits kannte.
    Beim See der Steppe!, schalt sie sich selbst und schüttelte den Kopf. Eigentlich benehme ich mich wie ein kleines Kind!
    Trotz dieser auf sich selbst gerichteten Ermahnung wartete sie noch so lange, bis die drei anderen Mädchen durch die dritte Tür in den Baderaum gegangen waren, bevor sie wieder in die Umkleide kam. Ihren Kleiderhaufen legte sie neben die fein säuberlich gefalteten frischen Klamotten, die ihr bereitgestellt worden waren, und ging dann auch, zwar sehr zögerlich, aber dennoch entschlossen, ins Bad.
    Zuerst verstärkten sich die Eindrücke angenehmer Wärme und duftender Kräuter, und Wasserdampf nahm ihr einen Moment die Sicht. Als sie sich an die neuen Verhältnisse gewöhnt hatte, fand sie sich in einem Raum wieder, der inetwa die Ausmaße ihres neuen Gemeinschaftsschlafzimmers hatte und durch schmale Fenster direkt unter der Decke beleuchtet wurde. In den merkwürdigerweise warmen Steinboden war eine Mulde eingelassen, die sie von der Tiefe her an die Quelle bei den Klippen erinnerte, was wohl beabsichtigt war, denn so war das Becken ideal zum Baden. In dem klaren, leicht grünlichen Wasser entspannten sich Raika, Momoko, Akari und – was Neko sehr überraschte – Shana. Offenbar war die Keranerin, nachdem ihre Teamkameradinnen gegangen waren, noch kurz geblieben.
    „Da bist du ja endlich!“, rief Momoko überrascht aus und stieß sich vom Rand ab, um durch das Wasser zu ihr zu tänzeln. Mit ihrer fülligen Körpermasse wirkte sie wie die Waldgöttin Celebi, die versucht hatte, in die Gestalt eines Relaxo zu schlüpfen, an der Verwandlung jedoch gescheitert war. „Und ich hatte schon Angst, du seist ins Klo gefallen. Komm rein!“
    Die Chimäre wäre dieser Aufforderung liebend gerne gefolgt, doch sie traute sich es nicht zu, das Handtuch fallen zu lassen. „Ich, ähm…“, stammelte sie, wurde aber von Shana unterbrochen:
    „Komm ruhig rein, das Wasser ist toll! Du musst dich nicht genieren, wir sind doch alle Frauen.“
    „Außerdem“, begann Raika mit dem gleichen Tonfall wie die Rothaarige – wohl, um sie zu verspotten, wie es nunmal ihre Art war – und machte die Wirkung, die diese durch ihr freundliches Lächeln erzielen wollte, zunichte. „hast du nicht viel an dir, was wir dir wegkucken könnten.“ Sie ließ sich etwas tiefer ins Wasser und warf Neko einen herausfordernden Blick zu.
    Den sie mit äußerstem Unwillen erwiderte. Wenn die Tira mit dieser Aussage auf diverse Merkmale einer Frau anspielte, so hatte sie selbst noch weniger an sich als Neko. Es fiel ihr nicht schwer, eine solche Bemerkung herunterzuschlucken; sie unterschied sich einfach von Raika und wollte diesen Umstand auch nicht ändern. Schließlich nahm sie die Worte Shanas doch ernster und das Handtuch von sich und legte es zu den anderen, bevor sie sich vorsichtig ins Wasser hinabließ. Das kristallklare Nass wärmte sie sofort, und die Dämpfe, die von ihm aufstiegen, taten Nase und Lunge gut. Eine wohlige Entspannung nahm Besitz von ihr ein, und sie nahm sich unwillkürlich vor, ihr Bestes zu geben, um im Hauptquartier zu bleiben – einfach deswegen, um diesen kleinen Luxus nicht herzugeben. Immerhin konnte sie darüber etwas vergessen, völlig entblößt zu sein.
    „Und, wie findet ihr es bisher hier?“, stellte Shana eine zu Nekos Gedanken sehr passende Frage und schrubbte sich den Nacken. Außer von Raika, die sie schlicht ignorierte, waren die Antworten der Mädchen positiv. Das war ja auch nicht anders zu erwarten, wenn man von warmem Wasser umgeben war, in dem man sich schweben lassen und weltliche Sorgen einfach vergessen konnte. Auf die Lippen der Keranerin trat ein verschmitztes Lächeln, als sie fragte: „Habt ihr schon den einen oder anderen Rebellen ins Auge gefasst? Und streitet es nicht ab – in eurer Gruppe ist schon so mancher Ritter dabei, da muss man sich doch vergucken!“
    „Da hast du recht“, pflichtete Momoko bei und blickte verträumt an ihnen allen vorbei. Wen sie wohl gerade im Sinn hatte? „Was ist mit dir, Akari?“, fragte sie aber ihre Freundin, um von sich abzulenken.
    Die Gotela sah sie nicht an, als sie zögernlich antwortete: „Um ehrlich zu sein… wartet im Gebirge schon jemand auf mich…“
    „Du hast schon einen?!“, stieß Momoko begeistert hervor. „Warum hast du mir das nie gesagt? Wahnsinn! Du musst mir alles erzählen! Wie habt ihr euch kennengelernt? Sieht er gut aus? Wie ist er so?“ Wegen des wahren Ansturms an Fragen, der auf Akari hereinbrach, konnte Neko sie gut verstehen, noch nichts von ihrer Fernbeziehung erwähnt zu haben.
    Während die Moosfarbenhaarige die Fragen abarbeitete, wandte sich Shana an Neko: „Du bist bestimmt froh, mit Mizu in einer Gruppe zu sein, nicht wahr? Läuft es noch gut zwischen euch, wo ihr jetzt neue Bekanntschaften gemacht habt?“
    Zuerst antwortete die Chimäre nicht, weil sie solche Gesprächsthemen nicht besonders mochte – bisher hatte sie nie Freundinnen gehabt, mit denen sie diese führen konnte, und in ihrer Familie war es ein ungeschriebenes Gesetzt, sie zu vermeiden; eine schwierige Situation, die nicht zu regeln war. Außerdem konnte sie es nicht leiden, von anderen so etwas gefragt zu werden, als kenne jener sie gut genug, um so etwas zu behaupten – wobei es natürlich stimmte, dass sie sich darüber freute wie über einen frischgebackenen Keks. Gedankenverloren fixierte sie die Wand gegenüber, bis ihr gewahr wurde, dass das Männerbad dahinterlag.
    Ohne ihr bewusstes Zutun überschlugen sich ihre Gedanken, als sie an die Nacht im See unter den Lichtern der Volbeat denken musste, und im nächsten Moment stellte sie sich ungewollt vor, Shinzu sei damals bei ihr gewesen. Fast wünschte sie sich, die anderen Badegäste und die Wand seien weg, erschrak jedoch sofort. Nicht vor dieser Imagination, sondern davor, sich das überhaupt überlegt zu haben. Was ging nur in ihr vor? Ein tosendes Gefühlschaos bemächtigte sich ihrer, und sie war froh, dass das Wasser so heiß war – so konnte keine erkennen, dass ihr das Blut nun doch ins Gesicht schoss. Äußerlich wirkte sie zwar vollkommen ruhig, was sie innerlich ganz und gar nicht war, als sie in dem verzweifelten wie jämmerlichen Versuch, sich dieser Gedanken zu erwehren, die Beine an den Körper presste und mit den Armen umschlang.
    „Und wenn schon“, verlautete Raika mit ihrem üblichen höhnischen Unterton. Sie sagte es zwar als Antwort auf Shanas Frage, richtete es jedoch eindeutig an Neko: „Er spielt in einer ganz anderen Liga. Eine kleine Sandanbeterin hat da nicht viel…“ Der Rest ihres Satzes ging unter, im wahrsten Sinne des Wortes, denn ein Schwall Wasser erstickte Raika die Stimme. Sie hustete Kräuterwasser hervor und funkelte Momoko, die die Welle verursacht hatte, düster an.
    „Verzeihung“, brachte diese kleinlaut hervor. „Ich hab mich etwas zu fest abgestoßen…“ Was sogar stimmte: Nachdem ihre Fragen bezüglich Akaris Liebsten befriedigend beantwortet waren, hatte sie sich vom Rand abgestoßen, um sich etwas im freien Wasser auf kurzer Strecke gleiten zu lassen. Ob sie damit auch beabsichtigt hatte, Raika zu unterbrechen, oder nicht, war Neko egal – sie war der Dyrierin dafür sehr dankbar. Dennoch fragte sie sich, ob die Tira damit Recht haben mochte; doch wenn dies so war, bedeutete das automatisch, dass Neko bei Shinzu erst recht keine Chancen hatte. Er war ohnehin der Typ Mann, dem sich die Frauen reihenweise an den Hals warfen. Was sollte sie unbedeutende Chimäre da schon groß anfangen?
    Die Gelbhaarige stützte den Kopf auf die Hand. „Aber natürlich“, entgegnete sie sarkastisch. „Lass gut sein; ich verstehe schon.“ Damit wandte sie den Kopf ab und gab den anderen damit zu verstehen, nicht mehr mit ihnen reden zu wollen.
    Auch Neko wollte diesem Thema so schnell wie möglich entgehen, also sprach sie einfach aus, was ihr gerade in den Sinn kam: „Wie geht es Vulnona?“
    Die angesprochene Keranerin blickte überrascht auf. „Warum? Ging es ihr denn schlecht?“ In ihrer Stimme schwang ein leicht amüsierter Unterton mit, als wolle sie zum Spaß fragen, ob sie etwas bei ihrer eigenen Erstpartnerin verpasst hatte, was Neko offenbar bemerkt hatte.
    „Naja, weil…“ Die Chimäre fühlte sich unangenehm ertappt und rang einen Moment um die richtigen Wort, bevor sie hinzufügte: „Na weil ihr Fell verbrannt ist. Wegen Feuerschweif.“
    Shana, die ihre Farce bestimmt durchschaut hatte, es sich jedoch nicht anmerken ließ, antwortete: „Ist halb so wild. Sie hat ja keine Schmerzen; es ist nur etwas angekokeltes Fell, das wächst sich wieder raus.“ Mit einer wegwischenden Handgeste winkte sie ab.
    „Ist Vulnona auch im Heizkeller?“, wollte Akari wissen, die gerade Momokos Rücken schrubbte. Da bis auf die Befragte und die Gotela keine eine Ahnung hatte, worum es ging, erklärte letztere, dass die Feuerpokémon und manchmal auch jene, die eine Attacke dieses Typs beherrschten, im Heizkeller unter dem Steingebäude tätig waren. Mit ihrem Feuer heizten sie das Wasser auf, das aus einer natürlichen Quelle unterhalb des Hauptquartiers sprudelte. Was zuerst wie eine undankbare Aufgabe erschien, war sehr wichtig vor allem für die betroffenen Pokémon selbst: Da sie ihre Feuerangriffe innerhalb des Waldrings aus Brandschutzgründen nicht anwenden durften, konnten sie so in Übung bleiben und taten gleichzeitig etwas Gutes für die Schwarze Rose, denn das Warmwasser wurde nicht nur zum Baden sondern auch in der Küche nebenan verwendet.
    „Oh, Mist!“, rief Shana plötzlich aus und sprang hastig aus dem Wasser. „Wenn wir gerade von Training reden; meine Gruppe wollte sich zu einem Übungskampf treffen!“ Eilig griff sie nach ihrem Handtuch, verabschiedete sich einsilbig und war schon in der Umkleide, bevor sich die Lichtreflexe an den Wänden, die die von ihr aufgewühlte Oberfläche warf, wieder beruhigt hatten. Als sie weg war, wurde es seltsam beklemmend im Baderaum, was Neko irgendwie unangenehm war. Sie wünschte, irgendjemand würde ein Gespräch anfangen – selbstverständlich möglichst mit anderen Themen als die zuvor – doch sie selbst traute sich nicht dazu.
    „Momoko, hör bitte auf, meine Füße zu kitzeln“, forderte Akari irgendwann nach ein paar Minuten, als sie sich gerade das Haar wusch.
    Die Dyrierin verteidigte sich prompt: „Ich mach doch gar nichts!“
    „Ja, wie, aber…“, stammelte Akari, die nach den richtigen Worten suchte. „Wer war es dann?“
    „Hey, haltet mich da gefälligst raus!“, schnauzte Raika grob, aber nicht weil sie sich verdächtigt fühlte, sondern weil auch sie gekitzelt wurde. „Was auch immer es ist“, drohte sie düster. „Es soll aufhören, mit meinen Zehen zu spielen!“ Da entdeckte Neko im Dämmerlicht des Wasserdampfs einen Schatten am Grund des Beckens, der sich auf sie zubewegte. Rote Augen blitzten durch das leicht grünliche Kräuterwasser auf. Momoko kreischte verängstigt auf und wich so weit davor zurück, wie es ihr in dem Bad möglich war, stieß aber mit Raika zusammen, die sie mit einem „Mach dich nicht breiter, als du sowieso schon bist“ wieder von sich stieß.
    „Da… da…!“, stotterte sie und stellte damit nur etwas fest, was ohnehin schon jede von ihnen bemerkt hatte. „Da ist… etwas im Wasser!“ Auch wenn die anderen sonst Ruhe bewahrten und auch Neko nicht unnötig Panik schieben wollte, rutschte auch sie auf der unter Wasser liegenden Bank näher an den Beckenrand, als könne sie das vor dem Schatten bewahren. Das Etwas, wie es Momoko benannt hatte, trieb aber weiter auf sie zu und kniffelte erst auch mit ihren Zehen, als könne es sie dadurch von den anderen unterscheiden. Was im Grunde auch so war.
    Der Schatten stieg fast bedrohlich langsam auf, in das Rot seiner Augen mischte sich schwefliges Gelb, aus grau wurde grün und rosa, die wabernde Masse wurde zu langsam lodernden Flammen… und plötzlich grinste ihr unter der Wasseroberfläche Traunfugil entgegen.
    Neko blinzelte überrascht, und als ihr Partner das Erkennen in ihrem Gesicht bemerkte, brach er heulend aus dem Wasser und zog schief singend Kreise um die Badenden. Momoko erschrak so heftig, dass sie ausrutschte und kurz untertauchte, und dabei das ganze Becken in Wallung brachte. Doch als sie nach Luft japsend wieder hochkam, lachten alle ob dieser ulkigen Szene – alle bis auf Raika, die Traunfugil mit missbilligendem Blick verfolgte, als wolle sie ihn damit nicht nur töten, sondern auch auflösen. „Jetzt weiß ich, was mich heute morgen geweckt hast“, stellte sie betonend sachlich fest und sah dann Neko an. „Was habe ich nur getan, dass ich mit so etwas meine Zeit verbringen muss?“ Genervt stieg sie aus dem Wasser und ging ohne ein weiteres Wort.
    Die gute Stimmung unter ihren Teamkolleginnen sank abrupt ab, und auch der Nebelgeist hielt inne wie ein verloren treibendes Irrlicht. „So eine gemeine Zicke“, beschwerte sich Momoko und schnippte einen Fussel aus dem Wasser. Dass Raika noch im Nebenraum sein musste und jedes ihrer Worte mithören konnte, was ihr entweder egal oder gerade recht. Neko ließ betrübt den Kopf hängen. Wir kennen uns kaum und hassen bereits einander!, schoss es ihr traurig durch diesen. Auch wenn sie die Tira nicht mochte, so wusste leider nur zur genau, wie es war, keine Freunde zu haben und außerhalb zu stehen. Doch das kreierte noch lange kein Mitleid für die Hügelländerin: anders als Neko konnte diese nämlich etwas dafür, nicht gemocht zu werden.
    „Hey, lass das!“, rief Akari lachend, als Traunfugil ihre Schrubbbewegungen nachahmte und mit seinem vielarmigen Körper ihr Haar verstrubbelte. Doch der Quälgeist, der sonst für alles zu begeistern war, ließ bald von ihr ab, und anstatt sich nun einer der anderen beiden zu widmen, schwebte er durch die Wand geradewegs ins Männerbad, um auch dort Unfug anzustellen. Sein ausgelassenes Heulen erstarb sofort. „Also wenn er ein Mensch wäre, würde ich ihn als Perversling bezeichnen“, meinte Akari amüsiert. Sie hatte einige Mühe, ihr moosfarbenes Haar, das nun in alle Richtungen anstand, nach gründlicher Geisterbehandlung wieder zu bändigen.
    Neko betrachtete nachdenklich die Stelle, an der Traunfugil durch die Wand gedrungen war, und fragte sich, was dahinter nun lossein mochte. Doch ihre Gedanken glitten an diesen Überlegungen ab wie auf Eis, und einer wichtigeren Frage zu: Würde das mir Raika nach einem solch holprigen Start noch was werden?


    Als sie Stimmen aus der Umkleide hörten, machten sie sich auf, den nachkommenden Rebellinnen Platz zu machen, damit diese auch baden konnten. Als hätte es an Raika gelegen, schämte sich Neko ihrer Blöße nun auch vor den anderen Frauen nicht mehr; vielleicht hatte sie einfach mal solch eine Erfahrung gebraucht, um damit leben zu können. Was auch immer dafür verantwortlich war, hatte gewirkt.
    Sie drei waren alle gut gelaunt nach dem warmen, gemütlichen Bad und kamen sich fröhlich unterhaltend aus dem Steingebäude heraus. Fast zeitgleich verließen es auch Kasai und Shinzu. Neko hätte sie wohl nicht bemerkt, weil sie nach ihnen herausgekommen waren, hätte sie nicht in dem quietschigen Lachen das übliche Gebrabbel ihres zweiten Partners erkannt. Traunfugil spielte wie ein kleines Kind mit Shinzus rabenschwarzem Haar, als sei es ein besonders interessantes Spielzeug.
    „Das macht er schon die ganze Zeit!“, verteidigte sich der Naminer, als sich er und Kasai zu den drei Mädchen stellten, als könne er etwas für die Albernheiten des Nebelgeistes. „Immerhin musste ich mir nicht selbst die Haare waschen.“
    „Er ist nicht der einzige, der einen Narren an dir gefressen hat“, witzelte Kasai, der als einziger zu wissen schien, was er wirklich damit meinte.
    Der Schwarzhaarige lächelte und stupste Traunfugil sachte an, der sich aber nicht beirren ließ und nur noch mehr Chaos auf seinen Kopf brachte. „Ach was, ich finde das süß.“ Auch diese Aussage war sehr zweideutig – wenn nicht sogar noch mehr. Er warf sein charmantes Lächeln Neko zu, und sie schaffte es nicht, seinem Blick lange standzuhalten.
    In diesem Moment wusste Momoko nicht, ob sie Neko noch genauso mochte wie eine Minute zuvor.
    Ähnliches, jedoch gegenüber Shinzu, empfand auch Mizu, der in diesem Augenblick aus dem Badehaus trat.[/tabmenu]Demnächst gehts dann auch in die wichtige Handlung ein ^^ Wobei das mit ihm eigentlich schon... ach, ich hab nix gesagt :whistling:
    Edit:

    Zitat von Maj

    Schon lange leben die Katzenmenschen und Halbkatzen friedlich in Arangana, doch als der Jaspisdolch, ein wertvolles Artefakt, gestohlen wird, brechen Unruhen im ganzen Land aus. Es kommt zur Verfolgung der Chimären, sodass diese in den Untergrund flüchten müssen.

    Hab ich gerade in Majs inaktiven Allgemeiner Fanstory mit dem unmöglich schreibbaren Namen gefunden (heißt übersetzt jedenfalls Jaspisdolch) Das nenn ich zwei Dumme ein Gedanke xD

  • [tabmenu]
    [tab=Schnischna-schnickschnack]Nein, leider kein neues Kapitel :( Sondern ein eher älteres, obwohl es jetzt erst auftaucht und eigentlich schon vor dem viertzehnten hätte gepostet werden müssem. Ich habs zum Love-Story-WB geschrieben und es aufs Treppchen geschafft! <3 Ich glaub, es war der zweite Platz, aber wieauchimmer. Ich schrieb es in der ersten Person, aber das wird ab sofort eher selten sein bei Spezialkapiteln. Eins ist ganz sicher in Ichperspektive geplant, das kommt aber ohnehin erst ganz zum Schluss. Außerdem enthält dieser Post die Grundrisse des Wohnhauses von Tetsus Gruppe und des Badehauses, außerdem eine Karte mit einem winzigen, kaum sichtbaren Kreuzelchen, das anzeigt, wo die Story ab sofort hauptsächlich stattfinden wird.
    Gibts noch was zu sagen? Ähm... HF beim Lesen :pika:[tab=Spezialkapitel]MiloticSpezialkapitel 3: Bergkristall


    Das Rauschen des Wasserfalls toste über den See hinweg, die feinen Sprühtröpfchen, die sie beide gebaren, tanzten wie lebendige Eissteine über die glänzende Oberfläche und spielten mit dem Licht in hunderten Farben. Aus der Ferne lugten die Gipfel des Gebirges herüber, wie gigantische Neider, die auch in der warmen Frühlingsluft sein wollten, wohl wissend, dass es ihr Ende bedeute. Rebellische Wolken trieben am Himmel, sich mit aller Kraft dagegen auflehnend, von der Sonne aufgelöst zu werden.
    Im stets in Bewegung gehaltenen Wasser spiegelte sich ein Junge, der älter schien, als er wirklich war. Breite Schultern gaben ihm das kräftige Aussehen eines Erwachsenen, und die dunkle Haut, die mehr als nötig ins Blaugraue stach, glänzte feucht. Drei rote Streifen zierten seine muskulösen Oberarme.
    Dieser Junge war ich.
    So sah man nunmal aus, wenn man kein gewöhnliches Kind war. Das hatte man mir schon sehr früh klargemacht. In meinem Stamm war ich der einzige, vielleicht sogar der einzige im ganzen Gebirge, bei dem es sichtbar war. Ich fühlte mich nicht dazugehörig, und doch war ich unentbehrlich für sie. Nur hier war ich ein Teil all jener, durch deren Adern das gleiche alte Blut floss wie durch die meinen.
    Absol tauchte plötzlich neben meinem Spiegelbild auf und setzte sich völlig lautlos neben mich. Ohne aufzusehen, legte ich die Hand auf das weiße, raue Fell, um auf andere Gedanken zu kommen. Doch es war schwer, nicht an sie zu denken, wenn sie nicht weit von mir elegante Bahnen unter der aufgewühlten Wasseroberfläche drehte. Fast jeden, den ich hier kannte, hatte ich bereits begrüßt, und gerade sie hatte sich bisher leider vor mir verborgen. Wie, als hätte sie meine Gedanken gehört, brach sie nun aus dem flüssigen Spiegel auf, genau unter dem Regenbogen, und schüttelte das lange, kirschrote Haar, das nie feucht war. Sie hielt einen runden Flusskiesel in der Hand; diese Artefakte einer unendlichen Reise durch Stromschnellen und Flussbetten liebte sie zu sammeln.
    So wie ich sie liebte, aus der Ferne bewunderte wie die Berge den Wald, sei es auch nur aus Naivität.
    Aus den Fluten tauchten nun auch zwei weitere Körper auf, doch keiner von beiden konnte es mit ihrer Schönheit und Eleganz aufnehmen. Liebevoll strich sie mit zarten, blasshäutigen Händen über den Kiesel, als sei es der größte Schatz auf Erden, und mich überkam plötzlich das Verlangen, auch von ihr so gestreichelt zu werden. Aber nein, das war unmöglich. Trotz ähnlichen Blutes lagen zwischen ihr und mir Welten, nicht nur von unserer Statur her oder unseres Alters, auch unsere Heimat unterschied sich von Grund auf. Ich sah sie schließlich auch nur wenige Male im Jahr, wenn das Große Treffen im nahen Winterhort in den Bergen stattfand oder wenn mein Stamm um meinetwillen diesen Ort besuchte, damit ich unter Meinesgleichen war.
    Als sie mich sah, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, doch es war keines aus den Gefühlen, die ich für sie empfand, sondern jenes Lächeln, das man kleinen Kindern zuwirft. In diesem Moment gab es nichts Schmerzvolleres für mich. Während ihre beiden Freunde zum Wasserfall schwammen, näherte sie sich mit geschmeidigen Bewegungen dem Ufer, an dem ich saß und auf den See hinausblickte. Ihre rubinartigen Augen mit den grünlichen Einschlüssen fixierten einen Augenblick Absol, der völlig entspannt neben mir saß und wachsam zurücksah. In ihr war das alte Blut stärker als in mir, daher war sie fremden Pokémon misstrauisch eingestellt, traf sie das weiße Unlichtwesen doch zum ersten Mal.
    Nun sah sie zu mir, und ihre eigentlich nur zweifarbigen Augen schienen bunter zu schimmern als der Regenbogen, der sie wie ein Heiligenschein umgab. „Schön, dass du dieses Jahr auch da bist“, meinte sie, und ihre engelsgleiche Stimme schien widerzuhallen und das Rauschen des Wasserfalls zu übertönen. Mit interessiertem Blick sah sie sich um und lächelte wieder. „Heute sind mehr da als letztes Jahr.“
    Ich folgte ihrem Blick und beobachtete die kleinen Gruppen, die sich am See versammelt hatten, manche mit Pokémon, einige jedoch ohne, da in ihren Adern ähnliches Blut floss wie das der unmenschlichen Wesen. Verstohlen schielte ich zu ihr zurück und besah sie mir eingehend. Ihre schlanke, schmale Gestalt zierte eine aus winzigen, blassen Schuppen bestehende Haut, und die Flosse, die ab der Hüfte ein Beinpaar ersetzte, bewegte sich wie ein Vipitis, um ihr Gleichgewicht im Wasser zu halten. Die großen blauen und roten Schuppen schillerten wie Juwelen, und das fächerartige Paddel wirbelte Staub auf. Sie war eine Milotic-Chimäre durch und durch. Und dennoch sah man auch an ihr das in unserer Rasse immer stärker werdende Menschenblut, das die Schuppen an ihren Händen vertrieben hatte, wo ihre Haut die eines Menschen war. Auch die grünen Einschlüsse ihrer Augen zeugten davon. Und dennoch war sie für mich der Inbegriff dessen, was unsere Vorfahren vor so langer Zeit einmal gewesen waren.
    „Wie lange wirst du bleiben?“, fragte sie mich freundlich.
    Das war schwer zu sagen. Das jährliche Treffen der Chimären fand zwar zeitgleich mit dem Fest im Winterhort statt, doch sowohl her als auch dort gehörte ich zum Teil, schließlich waren meine Eltern beide – zumindest äußerlich – Menschen. Ich liebte den See und seine Bewohner, vor allem mein Gegenüber, aber wenn ich später in meinem Stamm eine führende Persönlichkeit und überhaupt Autoritätsperson würde werden wollen, und nicht nur ein Wesen fremden Blutes, dann musste ich auch im Winterhort zugegen sein. „Morgen muss ich schon wieder gehen“, antwortete ich und sah kurz zu Absol, der interessiert ein kleines Karpador beobachtete.
    Wieder betrachtete sie den Kiesel in ihrer Hand; er schien nichts Besonderes zu sein, ein etwas unförmiger, von Jahren im Fluss glatt geschliffener grauer Stein, unscheinbar. Doch sie fand in allem noch etwas Nennenswertes, das jeden Gegenstand zu etwas Einmaligem machte. Das machte ihre Gesellschaft zur mir wichtigsten bei diesen Treffen. Voller Sehnsucht beobachtete ich ihre Hände, wie sie den Stein sanft umgriffen. Als sie meinen Blick spürte, sah sie auf und deutete ihn anscheinen falsch: „Gefällt er dir?“, fragte sie und zeigte ihn mir in all seiner schlichten Pracht.
    „Du hast ihn geborgen“, war meine Antwort; damit meinte ich jedoch, dass mir alles gefiel, was ihre Hände berührten, ganz so, als würde der Glanz, der sie umgab, darauf übergehen, ohne dabei an ihr zu reduzieren.
    Auch das verstand sie falsch: „Ja, das hab ich, weil ich ihn schön finde. Er ist etwas ganz Besonderes!“ Eine Idee schien sich anzubahnen, denn sie lächelte wieder, und dieses Mal ging es mir tief unter die Haut, direkt in mein aufgeregtes Herz. Sie umschloss den Stein fest und drückte sanft aber bestimmt, als wolle sie etwas ihr Kostbares in ihn stecken, damit sich sein eigener Wert erhöhte. Dann betrachtete sie ihn noch einmal und hielt ihn mir hin. Etwas verwirrt sah ich zu ihr auf, doch ich wusste nicht, wie ich ihre Miene deuten sollte. Es machte mich nervös. „Nimm ihn!“ Mit auffordernder Geste hielt sie ihn mir unter die Nase.
    „Ich… es ist doch deiner“, stammelte ich drauf los; eigentlich hätte es für mich nichts Schöneres gegeben, als etwas von ihr zu besitzen, sei es auch nur dieser Flusskiesel, aber ich war zu verlegen, um ihn einfach an mich zu nehmen.
    Fast schon enttäuscht ließ sie die Hand sinken und meinte: „Nein, jetzt gehört er dir.“ Damit nahm sie die meine in ihre Hand, und es war ein wunderbares Gefühl, ihre feuchte, weiche Haut auf meiner. Von mir aus hätte dieser Moment bis in alle Ewigkeit weitergehen können, doch ich wusste, dass das nie möglich war. Sie drückte mir den Stein zu, dann wandte sie sich um, als einer ihrer Freunde ihren Namen rief; sie wollten wieder tauchen gehen. Mit einem Wink forderte sie die beiden auf, schon vorzugehen, und wandte sich dann wieder mir zu. „Dieser Stein ist etwas ganz Besonderes“, wiederholte sie, und diesmal klangen ihre Worte eindringlicher, als hätten sie einen tieferen Sinn. „Du bist ihm sehr ähnlich.“ Sie lächelte gütig, ließ meine Hand los und schwamm davon.
    Als das letzte Plätschern ihrer Flosse verklungen war, drückte ich den Stein fest zusammen, um das, was sie ihm noch eingeflößt hatte, in mich aufzunehmen, selbst wenn ich es mir nur einbildete. Ehrfürchtig strich ich mit einem Finger über die runde, leicht raue Oberfläche, und stellte mir vor, sie streichele mich wie ihn zuvor. Absol hob neugierig den Kopf und schnupperte an dem Kiesel, und insgeheim wünschte ich mir, auch ich hätte so eine feine Nase wie mein Partner, nur um ihr noch näher zu sein.
    Irgendetwas Kaltes und glattes drückte sich sanft in meine Handfläche, das sich anders anfühlte als der Stein selbst. Ich drehte ihn um und erkannte sogleich, was sie so an diesem Brocken fasziniert hatte: Eingeschlossen in den grauen Basalt lag ein kugelrunder Eisstein, der wie die Wassertröpfchen das Sonnenlicht einfing und dabei leuchtete wie ein Stern.
    „Etwas ganz Besonderes“, zitierte Absol. „So wie du, Tetsu.“
    Abwesend nickte ich und nahm mir vor, ihr bei ihrem nächsten Auftauchen für ihr Geschenk zu danken. Ich würde von ihr zwar nie ebenso geliebt werden, wie ich es für sie empfand, doch durch unser Blut und diesen Stein wäre ich immer mit ihr verbunden.[tab=Grundrisse unso][Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/thumbs/74ha-rs.jpg]
    Ich hoffe, man erkennt einigermaßen, was ich sagen will xP
    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/thumbs/74ha-rt.png]
    Edit: Ja, merk ich auch grad, man sieht die Bilder nicht xP Wenn ich wieder am PC bin *gradamlaptop* kümmer ich mich um das Problem...
    Edit²: Liegt es an mir oder sieht man die Bilder jetzt doch wieder? .__."
    [/tabmenu]*mui* :cat:
    Lumi, bald kommt der Kistengeist! xDD

  • [tabmenu][tab=Wieder das Blabla]Sou, das neue Kapitel ist ein etwas anderes als sonst. Es fängt mit Kapitel 15 an, schließt das vierte Spezialkapitel ein und führt das 15. wieder fort. Demnach ist der ganze Text ziemlich lang, jedoch kann man das Spezialkapitel wie alle anderen auch getrost weglassen, da verpasst man nix.
    Jiej, jedenfalls viel Spaß unso ^^[tab=Kap15 erster Teil]
    VoltensoKapitel 15: Unruhige Nächte und durchsichtige Fassaden


    Normalerweise konnte sie ziemlich schnell einschlafen. Doch heute war irgendetwas anders…
    War es, weil sie heute erst hier im Hauptquartier angekommen war? An dem schäbigen Raum, in dem sie schlief? Dem neuen Bett?
    Von wegen. Da war etwas anderes. Wie eine dunkle Vorahnung…
    Die sich plötzlich bestätigte.
    Durch ihr Fenster konnte sie jemanden über den Trainingsplatz laufen sehen. Sie erkannte ihn sofort, trotz der schon weit fortgeschrittenen Dämmerung. Was tat er so spät noch draußen? Man hatte ihnen doch erklärt, dass, zumindest für die Sommerzeit, bei Sonnenuntergang alle in ihren Häusern zu sein hatten, alles andere wurde misstrauisch und verdächtig betrachtet. Schlimmer noch als das blickte er sich immer wieder um, als fühlte er sich beobachtet, konnte sie jedoch nicht sehen.
    Rasch überquerte er den Platz und verschwand im Waldring. Richtung Namine.
    Wenn das nicht verdächtig war, dann wusste sie auch nicht weiter.


    Die nächsten Tage verliefen wenig ereignisreich. Raika verschwand an einem dieser Tage plötzlich spurlos, und als die Mädchen am gleichen Abend in ihren Schlafraum kamen, waren die vergilbte Tapete und der blinde Spiegel durch neue Gegenstücke ersetzt worden, und mit den neuen Gardinen wirkte der Raum gleich insgesamt viel freundlicher. Man wies ihnen allen einen Stundenplan zu, der eine gewisse Regelmäßigkeit, jedoch auch Eintönigkeit versprach, die es selbst wettzumachen galt. Morgens gab es gemeinsames Frühstück der einzelnen Gruppen im Eingangsbereich ihrer Häuser, genauso zu Mittag und zu Abend eine kleinere Mahlzeit. Zwischendrin war tägliches Training für Mensch und Pokémon angesagt, während das Badehaus rund um die Uhr für jedermann offenstand. Auch für die eine oder andere Stunde Muße war noch Raum.
    Es war Nachmittag, und Neko und die meisten ihrer Gruppenkameraden hatten sich zu genau so einer Stunde neben dem leise dahinplätschernden Bachlauf im Gras niedergelassen. In der Nähe übten sich drei Dyrier in der Treffsicherheit mit Pfeil und Bogen, indem sie immer wieder auf einen gelben Fleck schossen, den irgendjemand an die Rinde einen Baumes gekleckst hatte. Das monotone Geräusch der Pfeilspitzen, wenn sie in das Holz fuhren, hatte etwas Beruhigendes an diesem bisher doch sehr anstrengenden Tag.
    Zumindest hatte das Neko so empfunden. Ihr schmerzten Fersen und Waden vom Lauf um den Waldring herum, der auf dem Zeitplan jener, die nicht mit Waffen umgingen, dort stand, wo bei den anderen Kampftraining angesagt war. Einige Runden um den Wald des Hauptquartiers joggen mochte erst nicht sehr schwer anmuten, doch die Chimäre hatte schnell festgestellt, wie sehr sie außer Form war. Kasai und Shinzu hatten sie längst überrundet, und auch Akari und sogar Momoko wäre das ohne weiteres gelungen, doch die beiden Mädchen waren nie weit vorausgelaufen, um dann, auf der Stelle tretend, auf sie zu warten. Neko hatte schon beinahe schlapp gemacht, doch Momoko mit ihrer unendlich scheinenden Energie hatte sie jedes mal wieder aufgerappelt und vermutlich auch noch den Rest der Strecke auf dem Rücken getragen, wenn es nötig gewesen wäre. Die Eloa beneidete die Dyrierin für ihren Ehrgeiz und hätte sich nur allzu gern davon anstecken lassen, wäre da nicht auch noch Raika gewesen, die jedes Mal, wenn sie an ihnen vorbeigeprescht war wie ein junges Ponita, eine abfällige Bemerkung von sich gegeben hätte. Es war unglaublich lästig mit ihr.
    Die fleißigen Läufer saßen nun einfach nur da und genossen die Pause, während Mizu und Rai nach wie vor gegen andere Rebellen aus anderen Gruppen Übungskämpfe zu fechten hatten. Oft kreuzten sich dabei die gleichen Waffen, manchmal jedoch wurden zwei verschiedene in den Kampf geschickt. Neko fand es unfair, dass Mizu mit seinem Kurzschwert der viel längeren Reichweite Rais Sense entgegentreten musste, und es schien wie ein Wunder, dass das scharfe Blatt noch niemanden verletzt hatte, denn der junge Tiro war mit Abstand der beste im kriegshandwerklichen Umgang mit dem Feldwerkzeug, der hier im Hauptquartier zu finden war.
    Irgendwann stand Kasai auf und verließ die ruhende Gruppe ohne ein Wort in Richtung ihres Wohnhauses.
    „Was hat er denn?“, fragte Momoko und sah dem Keraner hinterher. Sie sah unsicher in die Runde, wohl weil eigentlich klar sein müsste, dass niemand eine Ahnung hatte.
    Doch dem war nicht so, denn Shinzu, der zuvor auf dem Rücken gelegen hatte, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, richtete sich auf und beobachtete die Tür, die sich kurz zuvor hinter ihrem Teamkameraden geschlossen hatte, als könne sie sich jeden Moment wieder öffnen. „Ich bin mir nicht sicher“, gab er schließlich Auskunft und setzte sich vollständig hin. Ob es ihm unangenehm war, nun als einziger junger Mann unter vier Frauen zu sitzen, ließ er sich nicht anmerken; Neko hingegen brachte es nicht fertig, ihn genau anzusehen. Sie fühlte sich hilflos, lenkte sich jedoch davon ab, indem sie ihre Gedanken Kasai zuwandte. Shinzu fuhr fort: „Ich glaube, er spielt Violine, will es aber anscheinend verheimlichen. Immer, wenn er sich irgendwie entfernt, ertönt kurz darauf Musik aus dem Wald. Nur ganz leise.“
    „Er ist ein Feigling“, stellte Raika nüchtern fest und drehte einen Grashalm zwischen den Fingern. „Wenn er nicht einmal mutig genug ist, zuzugeben, dass er ein verweichlichter Musiker ist, hat er hier im Hauptquartier wie die meisten anderen auch nichts verloren.“ Dass sie dabei ganz bewusst Neko im Blick hatte, war natürlich kein Zufall.
    Gerade schien Momoko zu einer Antwort anzuheben, als Akari sie jedoch mit einem Handwink unterbrach und mit dem Kopf zu ihrem Wohnhaus deutete. Dort war die Tür nämlich tatsächlich wieder aufgegangen, und Kasai trat heraus. Irgendetwas trug er bei sich, vollbrachte jedoch das Kunststück, es so zu verbergen, dass es aus keiner Richtung einzusehen war. Wenn es stimmte, was Shinzu ihnen eben gesagt hatte, musste das der Violinenkasten sein. So unauffällig wie möglich zog sich der Rothaarige in den Wald zurück, ohne sich dabei zu viel umzusehen, was nur Aufmerksamkeit erregt hätte. So wie es aussah, tat er dies nicht zum ersten Mal und hatte damit wahrscheinlich schon in seiner vorigen Rebellengruppe begonnen.
    Kurz darauf ertönte eine leise, melancholische Melodie, unverkennbar die singenden Töne einer Violine. Dass die kämpfenden dies nicht bemerkten, war kein Wunder: allein ihr beschleunigter Atem reichte aus, dass sie die hauchfeinen Noten schon nicht mehr hören konnten, doch hier, neben dem noch leiser flüsternden Bach, waren sie gut zu vernehmen.
    Schweigend lauschte Tetsus Gruppe auf das Lied, und Neko fragte sich, was Kasai dazu veranlasste, sein musisches Talent geheim zu halten, denn dieses war nicht geringer als Rais Umgang mit der Sense. Doch schnell vergaß sie diese Frage und wurde von einer neuen eingenommen: Warum nur spielte Kasai so ein trauriges Lied?[tab=Spezialkapitel]SchneckmagSpezialkapitel 4: Schiefe Töne

    Als Chishio den rechten Arm verlor, war die ganze Verwandtschaft sofort auf den Beinen und mit den üblichen Fragen zur Stelle: „Wie ist es passiert?“ – „Wird er wieder gesund?“ – „Was wird nur aus seinen Talenten?“
    Zumindest auf die erste Frage war schnell eine Antwort gefunden: Chishio hatte sich ein zu heftiges Duell mit seinem ewigen Rivalen geliefert, den er stets versucht hatte zu übertrumpfen, einfach nur, um ihm in etwas überlegen zu sein. Dabei war wohl auch die eine oder andere verbale Beleidigung gefallen, die die Streitlust beider nur noch weiter angestachelt hatte. Schließlich war der Kampf so heiß geworden, als lodere in beiden das Feuer des schlafenden Keran, dass keiner mehr auf die übliche Sicherheit geachtet hatte und jede Lücke in der Deckung des anderen ausnutzte, dabei jedoch die eigene Offensive vergaß. Sein Rivale musste nach diesem Kampf einige Wochen das Bett hüten, denn ein gut geführter Schwertstreich hatte ihm eine tiefe Wunde an der Seite geschnitten, die jedoch nichts weiter als eine Narbe zurückließ.
    Chishio hingegen trennte sein Gegner beinahe den Arm durch; oberhalb des Ellenbogens, tief ins Fleisch, auch in den Knochen. Die Heiler sahen absolut keine Möglichkeit, ihn noch zu retten. Kein Faden der Welt konnte solch eine Fleischwunde nähen, vom Knochen, der nun offen dalag, ganz zu schweigen. Um eine Entzündung zu vermeiden, müsse der Arm amputiert werden, bedauerten sie. Da Chishio bewusstlos war und im Sterben lag, war die Entscheidung an seinen Eltern, die sich natürlich strikt dagegen äußerten. Letztenendes hatten sie aber klein bei gegeben, da das Leben ihres Sohnes auf dem Spiel stand, und den Heiler gewähren lassen.
    Seitdem war das Verhältnis zwischen Kasai, seinem Bruder und seinen Eltern ein anderes.
    Nicht, dass es vorher besser oder schlechter gewesen war, sondern schlicht und einfach anders. Zum Zeitpunkt des unglücklichen Unfalls war er gerademal sechs gewesen, elf Jahre jünger als sein großer Bruder, die Ehrenperson Chishio. Dieser stand immer im Mittelpunkt allen Geschehens, war er doch als Erstgeborener ein weiterer Hoffnungsträger einer Familientradition, die sich bis zur Gründung der Sieben Länder zurückführen ließ und seit Generationen gehegt und gepflegt wurde. Demnach musste immer der älteste Sohn ihrer Blutlinie ein Meister in der Schwertkunst werden, mit einem Schwert, das der eigene Vater geschmiedet hatte. Es war eine unglaubliche Katastrophe, dass ausgerechnet Chishio den Arm verlor – nicht sein jüngerer Bruder, der ohnehin für diese Tradition nicht so wichtig war.
    Kasai hasste es, so von seinen Eltern und Verwandten zu denken. Doch es drückte sich ihm einfach auf, dagegen konnte er nichts tun. Immer und überall hatten sie es ihn spüren lassen, dass er schlichtweg nicht so wichtig war wie sein älterer Bruder, und in seinen ersten Lebensjahren hatte er das als selbstverständlich betrachtet. Bis zum sechsten, als der Unfall passierte. Als er in das Alter kam, in dem man langsam anfängt, selbst zu denken, und vor allem, als sich alles änderte. Ganz plötzlich wurde er ein klein wenig mehr beachtet, während Chishio gleichzeitig doch noch mehr Aufmerksamkeit erhielt als zuvor, jetzt, da er ein Pflegefall war. Man behandelte Kasai anders, irgendwie wahrnehmender, so als habe man eben erst wirklich festgestellt, dass auch er noch da war.
    Schnell hatte er begriffen, welche Last nun auf seinen Schultern ruhte: Da der älteste Sohn nicht mehr in der Lage war, die Tradition fortzuführen, musste er zum Schwert greifen und erst jetzt damit beginnen, was sein Bruder schon mit vier erlernt hatte. Natürlich würde er nie so viel Ruhm erlangen, wie es Chishio ganz bestimmt gelungen wäre, und die Familienehre wäre für eine ganze Generation damit beschmutzt, dass der zweitgeborene Sohn den Brauch am Leben erhielt. Kasai, der die ganze Sache erst zu dem Zeitpunkt verstand und den genauso wenig Schuld an der Niederlage seines Bruders traf wie das Taubsi, das daneben gesessen und begriffsstutzig zugeschaut hatte. Ihn würde man dafür von oben herab anblicken, nicht mit der Demut, die man immer vor den Würdeträgern seiner Familie empfand, denn er war ja nicht der rechtmäßige. Und genau das wollte er sich nicht antun. Noch am nächsten Tag beschloss er, sich irgendwie dagegen aufzulehnen.
    Zuerst sabotierte Kasai die ersten Lehrstunden, indem er Schnackmag damit beauftragte, die Holzschwerter als Brennholz zu verwerten. Zunächst kam niemand darauf, dass er dahinter steckte, sondern machte die Flammenschnecke dafür verantwortlich. Doch kurz darauf verplapperte sich diese in einem Gespräch mit einem anderen Pokémonpartner, und die Sache flog auf. Die Holzschwerter wurden von nun an an Stellen versteckt, wo er sie nicht fand, und nur zu Übungszwecken wieder hervorgeholt. Also heckte Kasai den nächsten Plan aus, nämlich gar nicht zu den Lehrstunden zu erscheinen und sich immer an einem anderen Ort zu verstecken, so wie die Erwachsenen es mit den Übungsschwertern taten. Auch dieses Vorhaben scheiterte irgendwann, und nach einigen weiteren mehr oder weniger trostlosen Versuchen, dem Schwert zu entgehen, das die Familienehre gegen ihn richtete, gab Kasai schließlich doch auf.
    Oder zumindest gab er das den anderen nur vor; sollten sie ruhig glauben, sie hätten seinen Willen gebrochen und ihn endlich dazu gebracht, die Tradition fortzuführen, da das für Chishio nicht so entwürdigend wäre, für Kasai selbst jedoch gleich zweimal. Er gab sich dumm und ungeschickt und vermasselte alle Trainingseinheiten, so gut es nur ging. Dass man deswegen hinter vorgehaltener Hand über ihn lästerte, ignorierte er gekonnt.
    Und dann kam der Tag, der ihn aus all dem befreite.
    Es war das Fest der Kirschblüten, das jedes Jahr im Frühling im Land des Keran gefeiert wurde. Selbstverständlich sah er als Junge das ganze Getanze um die üppig blühenden Bäume, die die Straßen säumten wie Spalier stehende Wachen, als Frauensache an, aber wenn das Wort „Fest“ fiel war er natürlich gleich dabei. Nicht nur wegen des Festessens, das eine ganze Woche lang jeden Abend serviert wurde und jedes Mal ein anderes Thema verfolgte, waren diese Tage etwas Besonderes, konnte er hier auch zum ersten Mal den Sorgen seiner aufgezwungenen Pflicht entgehen. Mit den anderen Jungen, in jeder Hand einen bis zum Rand gefüllten Becher, über den Platz zu rennen, Mädchen damit zu ärgern, sie mit dem Inhalt zu bespritzen und ihnen vorzugaukeln, dass es mehr als Wasser war – das waren für ihn die ausgelassenen Stunden, nach denen er immer so lechzte.
    Schließlich aber blieb Kasai stehen, als eine wunderschöne Melodie sein Ohr streifte. Auf die Kirschblütenfeste kamen allerhand Akrobaten und Musiker, die sich mit dem Erfreuen der Feiernden die eine oder andere Münze zu verdienen erhofften. Doch noch niemals hatte er jemandem beim Spielen zugehört, der seinem Instrument solche Töne zu entlocken vermochte. Während seine Kameraden den spaßend fluchenden Mädchen weiter hinterher rannten, ließ er sich zurückfallen und lauschte auf das Lied, folgte ihm, bis er den ungekannten Violinist in der Menge gefunden hatte. Um den jungen Mann hatte sich eine kleine Traube Menschen versammelt, und auf einem Tuch, das er vor sich ausgebreitet hatte, lag schon die eine oder andere Münze. Doch, wie Kasai schnell feststellte, hörte keiner wirklich auf die Melodie, ließ sich von ihr berühren, verzaubern und mitreißen, wie er es empfand. Während die anderen in dem Musiker nichts anderes als eine weitere Ablenkung, die das Kirschblütenfest mit sich brachte, von alltäglichen Problemen sahen, trat Kasai, der kleine Junge mit dem einarmigen Bruder und unwürdiger Traditionsträger seiner Familie, näher an ihn heran.
    Es war ungemein faszinierend, wie leicht der Violinist, ein Keraner, den Bogen über die gespannten Sehnen gleiten ließ und dabei jeden Ton so perfekt traf wie ein dyrischer Bogenschießer – ja, eine Violine glich Pfeil und Bogen nur darin nicht, dass das eine eine tödlich Waffe, das andere ein beruhigendes Instrument war. Was man von diesem Exemplar hier vielleicht nicht unbedingt behaupten konnte; der Fremde spielte mal langsame, sehr traurige Lieder, mal zuckte sein Bogen so schnell, dass man ihm nicht mit dem Blick folgen konnte, und eine rasche Tanzmusik erfüllte die Luft. Und das war noch nicht einmal das Beeindruckenste, sondern die Tatsache, dass der Musiker das alles auswendig spielte, völlig ohne Notenblatt. Oder er spielte aus dem Stegreif wie ein Zirpeise, dann wären seine Lieder noch einzigartiger. Jedenfalls sah man ihm die Leidenschaft und Hingabe an, Gefühle, die er niemals für ein anderes Mädchen würde empfinden können als für seine Violine.
    Irgendwann, Kasai wusste schon lange nicht mehr, wie lange er dem Violinenspiel gelauscht hatte, nahm der Fremde das zauberhafte Instrument runter und räumte es in den dafür vorgesehenen Kasten. Mit dem Geld, das er zusammengespielt hatte, könnte er sich gewiss eine Weile durchschlagen, aber Kasai konnte sich kaum vorstellen, dass er allein vom Musizieren lebte – das war einfach nicht möglich.
    Noch während der junge Mann wegräumte, blickte er immer wieder auf, und Kasai war, als sah er ihn direkt an. Die kleine Menge Zuhörer, die sich um ihn versammelt hatte, löste sich nach und nach auf, bis zum Schluss nur noch die beiden Keraner blieben, der eine schon jahrelang Violinist, der andere, der es erst noch werden sollte.
    „Tut mir leid, aber heute gibt es kein Lied mehr“, erklärte der ältere sachlich und schulterte den Instrumentenkasten. Das Geld verstaute er in einem kleinen Beutel, den er am Gürtel trug.
    „Wo hast du das gelernt?“, fragte Kasai frech und zeigte überflüssigerweise auf die Violine, die sich nun seinen Blicken entzog; allerdings hallte das magische Stück immer noch in seinem Herzen wider, so tief hatte es ihn berührt.
    Der Fremde verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn forsch an – als ahne er etwas, als erinnere er ihn an jemanden. „Wie heißt du?“, wollte er wissen, anstatt eine Antwort zu geben.
    „Ich habe zuerst gefragt“, gab der Junge trotzig zurück und verzog das Gesicht.
    Der Mann lachte, ein helles, wirklich erfreutes Lachen, als seien seine Stimmbänder auch die Sehnen einer Violine. „Du gefällst mir.“ Er öffnete seinen Beutel und holte daraus eine Münze hervor, die er mit einem Schnippen Kasai zuwarf, bevor er sagte: „Frag morgen Vormittag im Gasthaus nach Narimono und bestell dir was zu trinken. Vielleicht werde ich auch dasein.“ Mit diesen Worten ließ er ihn stehen und entfernte sich in der Menge – in Richtung städtisches Gasthaus.
    Eigentlich hatte man Kasai beigebracht, nie zu größeren Festen, wenn die Straßen und Schenken voller übergutgelaunter Menschen waren, eine öffentliche Einrichtung zu betreten, und dass er der Einladung Fremder niemals Folge zu leisten hatte, sowieso. Doch er ging. Vielleicht aus Trotz, vielleicht aus Neugier. Auf jeden Fall deswegen, weil er den geheimnisvollen Violinisten noch einmal sehen wollte, bevor dieser zur nächsten Stadt wanderte, um dort zu spielen, und vermutlich für immer aus Kasais Leben verschwand. Zusammen mit seiner unglaublichen Musik.
    In der Schenke des Gasthauses gab es natürlich keine Getränke, die für Kinder geeignet waren, also ließ sich Kasai einfach etwas Wasser geben und wartete in einem hinteren Teil auf Narimono, wie er mittlerweile vermutete, dass es der Name des Musikers war. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis der junge Mann plötzlich wie aus dem nichts erschien; ohne seine Violine, dafür jedoch in Begleitung eines Panflam. Er lächelte glücklich, irgendwie wissend, als er Kasai an dem Tisch sitzen sah, und gesellte sich zu ihm.
    „Wo hast du Violine spielen gelernt?“, platzte es sogleich aus dem Jungen heraus, den die Frage bis in seine Träume verfolgt hatte. Er spürte, dass dieses Instrument wichtig für sein Leben war, dass sie sein Schwert sein würde.
    Narimono antwortete zunächst nicht, sondern sah ihn eine Weile schweigend an. Schließlich beugte er sich vor, wie als müsse er etwas geheim halten, und raunte ihm zu: „Hast du schon einmal von der Schwarzen Rose gehört?“ Natürlich hatte er das nicht. In großen, reichen Städten vor allem im Land um den Keran wurde die Rebellengruppe so gut geheim gehalten wie nur möglich. Narimono konnte von Glück reden, wenn er bisher noch nicht entdeckt worden war. Als Kasai den Kopf schüttelte, lehnte sich der Musiker wieder zurück, und in seinen Augen brannte plötzlich ein Feuer auf, das jedoch ebenso schnell verschwand, wie es gekommen war. „Wen hast du als Erstpartner?“
    „Schneckmag“, antwortete Kasai wahrheitsgemäß, konnte dem schnellen Themawechsel jedoch nicht folgen.
    „Ist er stark?“
    „Langsam. Zu langsam.“ Dabei hatte der Junge eine Situation im Hinterkopf, in der sein Partner beim Verbrennen der Übungsschwerter beinahe erwischt worden wäre, weil er zu langsam war.
    Narimono lächelte, als habe er diese Antwort schon erwartet.
    Sie unterhielten sich stundenlang über dies und jenes, doch bald kam die Rede auf Kasai und seine ungewollte Bestimmung. Er machte keinen Hehl daraus, dass er die strengen Gesetze seiner Familie hasste, hatten sie ihm doch bisher kein einigermaßen normales Leben beschert und erschwerten nun alles noch mehr. Es tat unglaublich gut, endlich einmal darüber zu reden, jemanden zu haben, dem er all das anvertrauen konnte, was sich in ihm aufstaute, denn seinen Eltern oder Verwandten durfte er es nicht sagen. Es war, als kühle eine frische Brise einen zu heiß gelaufenen Hochofen ab, der kurz davor war, ob der Hitze zu platzen.
    Und dann stellte Narimono die alles entscheidende Frage: „Willst du Violine spielen lernen?“
    Kasai wurde ganz aufgeregt. Mit dieser Frage hatte er ihm doch genau genommen das Angebot gemacht, bei ihm in die Lehre zu gehen, vielleicht sogar mit ihm mitzureisen. Natürlich wollte er Violine spielen – dessen war er sich bereits sicher gewesen, als er in der Menge um den Musiker aufgetaucht war. Das wunderschöne Instrument konnte ihn aus seinen Pflichten befreien, ihm einen neuen Weg eröffnen, den er einschlagen konnte. Es war eine Sache, die sein Bruder nie würde erlernen können, und die dadurch etwas Besseres war als der Umgang mit dem Schwert. Er konnte etwas besser machen als Chishio, dem Einarmigen, denn im Kampf wäre das nie so geworden. Endlich gab es etwas, worin er seine Eltern würde stolz machen können – wohlgemerkt seine Eltern, seine Mutter und seinen Vater, nicht die Personen, die ihn dazu nötigten, die Familienehre fortzuführen. Sie würden stolz auf ihn sein als Eltern, weil er es zu etwas bringen würde, und um das zu erreichen war ihm die Würde als Preis, den er dafür zahlen musste, gerade recht. Sollten sich die ganzen Querköpfe doch über ihn den Mund aufreißen und schlecht über ihn reden!
    Kasai ging, ohne ein Wort. Er verabschiedete sich weder von seinen Freunden, noch von der Familie, die ihm nie eine gewesen war. Von dem Moment an gab es nur noch ihn, Narimono, die beiden Pokémon und die Violine. Er lernte zu spielen, ihr mit sanften Griffen und zärtlichem Streicheln die schönsten Melodien zu entlocken, sie zum Singen anzuregen und die Töne durch sein Herz fließen zu lassen wie sein Blut. Sie hatten nur ein Instrument, sodass sie nie gemeinsam spielen konnten, denn eine Violine war sehr teuer. Kasais Familie war zwar sehr vermögend und solch ein Kauf nur eine kleine Erdnuss, doch er hatte sich fast nichts mitgenommen, gerademal genug, um die erste Zeit zu überstehen. Zurückkehren und seine Verwandten um das benötigte Geld anzubetteln, dazu ließ er sich nicht herab.
    Über Narimono kam er schließlich zu den Rebellen, die sich gegen alles verschworen hatten, was Menschen, Chimären und Pokémon unterdrückte, entwürdigte und demütigte. Bald sah Kasai in der Schwarzen Rose seine zweite Violine, mit deren Melodien er gegen die Unterdrückung durch seine Familie anspielen konnte. War die Musik sein Schicksal, so war seine Arbeit bei den Rebellen seine Bestimmung, der er nur allzu bereitwillig folgte. Er verbrachte einige Jahre in der Gesellschaft einer kleineren Tochtergruppe der Rebellen, zwar noch im Land des Vulkans, aber weit entfernt von seiner Heimatstadt. Die Zeit stärkte Schneckmag im Kampf und ihn im Violinenspiel, und am liebsten hätte er sich gewünscht, dass sie nie zu Ende ging.
    Leider war dem nicht so. Aus heiterem Himmel griff eine Horde Königlicher Soldaten das Lager an, in dem die Gruppe residierte. Die Königsfamilie wusste eigentlich aus Erfahrung, dass das Abschlachten von Rebellen nur dazu führte, dass sich die doppelte Anzahl der Getöteten der Vereinigung anschloss, so konnte sich keiner diesen Schritt erklären. Vielleicht taten es die Krieger einfach aus Spaß; in allen Ländern waren sie dafür berüchtigt, skrupellos und grausam zu sein. Die unvorbereiteten Rebellen traf der Schlag mitten in die Magengrube, und es dauerte nicht lange, bis sie auf ihrer Seite die ersten Toten zu verkraften hatten. Narimono packte Kasai an den Schultern und schob ihn so schnell wie möglich aus dem Lager heraus.
    „Nimm die Violine und bring dich in Sicherheit!“, trug er ihm auf und drückte ihm das wertvolle Instrument in die Hände. „Gehe nach Süden in die Rebellengruppe, die wir einmal besucht haben; dort werden sie dir helfen.“ Damit lief er davon, wieder mitten ins Kampfgetümmel hinein.
    Kasai, damals eben erst zehn geworden, wartete einige Stunden versteckt darauf, dass die Soldaten wieder abzogen. Dann erst kehrte er in Begleitung von Schneckmag an den Ort des Geschehens zurück. Die Königskrieger hatten keinen Überlebenden gelassen, und wenn sie selbst Tote oder Sterbende unter sich gehabt hatten, dann hatten sie diese wieder mitgenommen. Es war ein schreckliches Bild, das sich dem Keraner hier bot, all die Freunde, die er gewonnen hatte, mit durchstochenen Bäuchen oder durchschnittenen Kehlen hier im Lager liegen zu sehen. Einige der Partner waren noch dazwischen, stumm in die Trauer um ihren Menschen versunken. Bestimmt bereuten sie, ihnen nicht geholfen haben zu können. Pokémonattacken vermochten Menschen nicht zu töten, nur zu verletzen, so hatten sie gegen die Überzahl der Soldaten wohl nichts ausrichten können. Ein trauriges Bild, das Kasai niemals vergessen würde…
    Mitten unter den Toten fand er Narimono. Der ältere Violinist hatte ein Schwert in der Hand, rot befleckt vom Blut dutzender Soldaten. Eigentlich hätte es Kasai stolz machen müssen, dass der Mann, der ihm über drei Jahre großer Bruder wie Vater zugleich gewesen war, auch in die Reihen ihrer Gegner eine Schneise geschlagen hatte. Doch das tat es nicht. Er war einfach nur geschockt. Er hatte sich selbst vom Schwert abgewandt, um sich der Violine zuzudrehen, und nie hatte Narimono ihm gesagt, dass er ein Kämpfer war. Kasai konnte und wollte es nicht glauben, wandte sich ab und ließ das Lager hinter sich.
    Nicht jedoch die Violine und die Schwarze Rose. Ob sein Vertrauen und sein Glaube in Narimono nun gebrochen waren oder nicht, waren das Instrument und sein Dasein als Rebell doch zu seinem Lebensinhalt geworden. Er folgte dem Ratschlag seines Lehrers gen Süden, wo er bald auf die Rebellengruppe stieß, die ihn an der Violine wiedererkannte. Dass Narimono tot war, war für alle eine schreckliche Nachricht, doch sie hatten gelernt, mit solchen umzugehen.
    Anders als Kasai. Auch wenn er sich nie etwas anmerken ließ und den Bogen nur noch in aller Geheimhaltung rührte, war seine Wunde um den Verrat seines Freundes doch sehr tief. Er spielte nie wieder fröhliche Lieder; vielleicht, so sagte er sich, würde er es tun, wenn das alles geschafft war, doch darin hatte er wenig Vertrauen. Das war mit der Entdeckung Narimonos Geheimnis völlig dahingegangen. Jetzt hatte er nur noch sich und seine Musik.


    Auch jetzt noch, über fünf Jahre nach dem Todestag seines besten Freundes, spielte er heimlich und ganz für sich allein. Manchmal hörte Magcargo zu, oft zusammen mit Camaub, doch diesmal war er für sich. Kasai war froh, auch hier im Hauptquartier einen Platz gefunden zu haben, an dem er ganz für sich alleine spielen konnte: Mitten im Waldring, auf einer kleinen, unscheinbaren Lichtung, auf der ein großer grauer Felsen stand wie eine rettende Insel inmitten einer viel zu chaotischen Welt. Er war vertieft in sein Violinenspiel, wie Narimono damals auf dem Kirschblütenfest, wo sie sich begegnet waren, und zwar so sehr, dass die Welt um ihn herum hätte in Scherben zerbrechen können, und er hätte es nicht bemerkt.
    Daher nahm er auch nicht wahr, wie jemand auf die andere Seite der Lichtung trat und leise mit dem Xatu neben sich zu reden begann: „Er spielt doch nur Violine; was sollte daran so verdächtig sein?“
    „Das mag sein, Seijin“, antwortete der Psychoadler und fasste Kasai scharf ins Auge. „Aber warum tut er es ausgerechnet hier? Gerade du solltest wissen, wie gefährlich es ist, wenn…“
    „Natürlich weiß ich das“, schnitt er seinem Erstpartner das Wort ab, ging um den Felsen herum auf den Keraner zu, der, als er die Gesellschaft endlich bemerkte, in seinem Spiel innehielt. „Bitte, ich wollte dich nicht stören“, entschuldigte sich Seijin und machte eine beruhigende Handgeste. „Du spielst wirklich sehr gut; das erinnert mich an jemanden. Bei den Rebellen hat es schon einmal einen sehr begnadeten Keraner gegeben.“
    Dass er von Narimono sprach, stand für Kasai sofort außer Frage, doch er deutete nicht an, ihn gekannt zu haben. Er sah seinen Anführer einfach nur unverwandt an und fragte sich, was er ausgerechnet hier, an seinem einsamen Ort, zu schaffen hatte.
    Seijin trat, als habe er seine Gedanken erraten, näher an Kasai heran und flüsterte, ganz so wie Narimono damals in der Schenke des Gasthauses: „Ich bitte dich darum, nicht mehr hier zu spielen. Wenn du die Violine rühren willst, dann suche dir dazu bitte einen anderen Ort. Haben wir uns verstanden?“
    Der Keraner sah erschrocken zu ihm auf und ließ das Instrument sinken. „Warum?“, fragte er misstrauisch; ihn überkam plötzlich ein ungutes Gefühl, als habe der Anführer der Schwarzen Rose ein dunkles Geheimnis, das er möglichst nicht erfahren durfte.
    Der weißhaarige Naminer lächelte freundlich, doch es erreichte nicht seine tiefschwarzen Augen. „Es wäre doch schade, ein solches Talent wegzuschmeißen. Spiele doch abends auf dem Übungsgelände, das würde die anderen sicher erfreuen.“ Er legte dem Rothaarigen kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter, als wären sie gleichaltrige Freunde. Ohne ein weiteres Wort packte Kasai die Violine ein und verließ so eilig wie möglich die Lichtung.
    Es war ihm unheimlich. Der sanfte Druck, mit dem Seijin ihn bedacht hatte, als er ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte, hatte etwas Drängendes an sich gehabt, so als wolle er ihn vorsichtig, aber bestimmt von dem Felsen wegschieben. Dieses Vorhaben strafte seiner Worte Lügen, und diese Begründung war gewiss eine falsche gewesen. Doch was auch immer der Ältere dort geheim zu halten versuchte, Kasai war nicht darauf aus, es irgendwie herauszufinden. Er würde sich einen neuen Platz suchen, wo er allein und für sich Violine spielen konnte.

  • [tabmenu][tab=xP]Unglaublich, zum ersten Mal muss ich ein Kapitel aufspalten, weils zu lang ist :ugly:[tab=15 Fortsetzung]
    Neko hatte gar nicht bemerkt, dass das Violinenspiel plötzlich mitten im Stück abbrach und kurz darauf Kasai wieder zu ihnen kam. Sie war gerade in ein Gespräch mit Momoko und Akari vertieft gewesen, als auch Mizu und Rai von ihren Übungsstunden zurückkehrten und sich zu der Gruppe gesellten.
    „Was haltet ihr von einem kleinen Kampf?“, fragte Kasai ausgelassen, doch man sah ihm an, dass er sich von irgendetwas ablenken wollte. Neko vermochte nicht genau zu sagen, woran sie das festmachen sollte, aber wenn man den Keraner genau beobachtete stellte man fest, dass ihn irgendetwas beunruhigt haben musste, was zu vergessen ihn zu diesem Vorschlag antrieb. „Unsere Partner brauchen auch etwas Übung“, begründete er seine Frage und ließ den Blick schweifen.
    Es folgte ein peinlicher Moment, da niemand etwas sagte, doch plötzlich sprang Momoko, deren innere, unerschöpfliche Energiequelle sie immer zu etwas Neuem antrieb, auf und rief vergnügt: „Worauf warten wir noch? Lasst uns anfangen!“ Wie um weiter zur Eile anzutreiben packte sie Akari am Arm und zog sie hoch, während die anderen schwerfällig aufstanden. Niemand hatte große Lust, seine Partnerpokémon jetzt in einem Kampf aufeinander loszulassen und ihnen Befehle zuzubrüllen, und vor allem Neko tat sich schwer, aufzustehen, da ihre Beine nach wie vor schmerzten. Eigentlich hatte sie sich erhofft, sie würde sich an den täglichen Lauf gewöhnen und ihre Beine irgendwann nicht mehr so wehtun, doch mittlerweile hatte sie feststellen müssen, dass das nicht so schnell vonstatten ging, wie sie gerne gewollt hätte.
    „Gib mir deine Hand“, hörte sie Mizu über sich sagen, als die seine vor ihrem Gesicht auftauchte. Es war kein höflicher Vorschlag gewesen, ihr aufzuhelfen, sondern eine Aufforderung, sich helfen zu lassen. Neko sah ihn kurz an, als könne sie in seinen Augen die Antwort darauf finden, warum er ihr plötzlich Hilfe anbot, schließlich war sie nicht schwer verletzt oder konnte nicht mehr richtig gehen.
    Aber anstatt abzulehnen, rappelte sie sich mit seiner Hilfe auf und klopfte sich daraufhin so beiläufig wie möglich Gras von der Hose, um sich ihre Verlegenheit nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Noch nie war jemand Kavalier genug gewesen, einer Chimäre wie ihr bei so etwas Belanglosem zur Unterstützung zu eilen, zumindest ihr nicht, und das war unangenehm für sie. „Danke“, murmelte sie nur, doch Mizu hatte sich bereits abgewandt, denn Bojelin war aus dem Bach gestiegen, als er mitbekommen hatte, dass es nun Zeit für einen Übungskampf war. Neko wusste nicht so recht, was sie von dieser Situation halten sollte.
    Es dauerte einige Minuten, bis sich die Nachricht unter den Partnern rumgesprochen hatte. „Ich würde sagen, ein zwei gegen zwei wäre sehr interessant“, ließ Momoko vernehmen und überblickte die versammelten Pokémon, die sich mittlerweile eingefunden hatten. „Das wären dann drei Kämpfe insgesamt.“
    „Ich weiß nicht, was du im Kopf hast“, begann Raika kritisch und machte eine abfällige Geste. „vielleicht ist es ja das gleiche, was du um die Hüften trägst, jedenfalls geht deine Rechnung nur schwerlich auf. Es sind nur elf Pokémon.“ Die Dyrierin war sichtlich getroffen von der Beleidigung ihrer Teamkollegin, setzte zu einer Gegenaussage an, doch die Gelbhaarige unterbrach sie sogleich: „Aber wenn es dich glücklich macht, ein Mathegenie zu sein, will ich dir nicht im Wege stehen; Voltenso und ich kämpfen zweimal.“
    Überrascht sah Neko die Tira an. Das war ein riskantes Vorhaben, das sie da geäußert hatte, vor allem, da sie Doppelkämpfe austragen würden. Sie musste sich ihrer Sache sehr sicher sein, dass sie dies freiwillig tat. Aber so war Raika nun einmal: Sie war nicht wie gewisse andere Personen, die sich selbst besser machten, indem sie andere demütigten und schlecht redeten, sondern hatte vom Selbstbewusstsein eine Portion zu viel abbekommen und wusste, wie sie diesen Umstand anderen, weniger selbstbewussten unter die Nase reiben konnte. Und sie liebte das Risiko – die Nase so hoch zu tragen war ein gewaltiges, da man sich schlimmer verletzt, wenn man stürzt.
    „Dann losen wir aus“, meinte Momoko mit Bitternis in der Stimme und zückte aus ihrer Hosentasche ein zerknittertes Blatt Papier und einen Kohlestift. Geschwind schrieb sie die Namen aller Partnerpokémon auf – Voltensos zweimal – und riss den Zettel dann in Papierstreifen, die sie jeweils zweimal faltete. Dann mischte sie vor den Augen ihrer Teamkameraden die Schnipsel ordentlich durch, zog vier und verkündete die Kandidaten für den ersten Kampf: „Kussilla, Duflor, Voltenso und Traunfugil. Sollen wir auch auslosen, wer mit wem gegen wen antritt?“
    „Unsinn, das entscheiden wir dann doch lieber selbst.“ Raika gab ihrem Erstpartner zu verstehen, dass er ihr folgen sollte, und sah dann die Dyrierin an. „Mich würde mal interessieren, wie es in einem Kampf mit dir ist. Auch wenn es mich sträubt, bilde ich mit dir ein Team“, stellte sie klar und ließ dabei keinen Raum für Widerworte.
    „Dann bilden wir das andere“, verkündete Akari überflüssigerweise, und sie und Neko betraten zusammen mit Traunfugil und Kussilla den Kampfplatz.
    Sie standen noch nicht einmal in der richtigen Position, und auch Traunfugil flog noch eine Schleife wie im Tanz, als Voltenso auch schon angriff: Mit einer Donnerwelle hatte er Kussilla schneller paralysiert, als sie blinzeln konnte, und wollte gerade dazu anheben, auch den Nebelgeist zu lähmen, doch der wich der Attacke spielerisch im Flug aus, wobei er lachte und kicherte, als sei das alles ein einziges Spiel. Während der Donnerhund der kleinen Eissängerin mit Funkensprung nachsetzte, denen sie nur schwer ausweichen kann, befahl Momoko Duflor Rasierblatt auf Traunfugil; einige der Blätter trafen, auch wenn der Nebelgeist ihnen auszuweichen versuchte. Akari wartete auf den Moment, in dem Voltenso nahe genug war und Kussilla von der Paralyse nicht zu sehr befangen war, und befahl Konfusion. Noch während das Eispokémon aufleuchtete, sprang ihr direkter Gegner zur Seite, und die sehr effektive Psychoattacke traf Duflor mit voller Kraft. Traunfugil nutzte den Moment und probierte einen Spukball auf Voltenso, der ebenso traf, jedoch nicht viel bewirkte, da sich der Donnerhund gleich wieder aufrappelte.
    Es war ein enges Rennen, denn Kussilla ebenso wie Duflor waren beinahe besiegt, und das nur nach den ersten wenigen Attacken. Offenbar erkannte Traunfugil, dass der ganze Spaß bald ein Ende finden würde, und setzte eine Miene auf, als habe er einen guten Einfall. Im letzten Moment erst gewahrte Neko, was er vorhatte, doch das eilig ausgerufene „Traunfugil, nicht!“ kam zu spät: ein gelbes Leuchten ging von dem Nebelgeist aus, das kurz darauf auch die drei anderen Pokémon erfasste. Die Leidteiler-Attacke hatte zur Folge, dass Duflor und Kussilla wieder weiterkämpfen konnten, doch der Übeltäter selbst schien gleich darauf zu spüren, dass es ein Fehler gewesen war, weil seine Bewegungen sich sichtlich verlangsamten. Auch in Voltensos folgender Dunkelklaue lag nicht mehr so viel Kraft wie zuvor. Jedoch streckte die sehr effektive Geistattacke Traunfugil augenblicklich nieder.
    Nun war Kussilla alleine auf dieser Seite, und Neko hatte ein schlechtes Gewissen, Akari nicht mehr weiter unterstützen zu können, nur weil sie nicht rechtzeitig erkannt hatte, was Traunfugil im Schilde führte. Die kleine Eistänzerin versuchte, mit einer Konfusion gleich beide ihre Kontrahenten zu treffen, was ihr jedoch nur bei Duflor gelang. Blitzschnell schoss Voltenso an der Attacke vorbei und auf sie zu, besiegte sie rasch mit einer vernichtend geschwungenen Dunkelklaue. Damit war der erste Kampf geschlagen.
    Als nächstes zog Momoko die Zettel mit den Namen Bojelin, Camaub, Porygon2 und Magneton. Während Shinzu und Kasai ein Team bildeten, schlossen sich Mizu und Rai zum anderen zusammen. Der folgende Kampf ging schon etwas flotter daher als der zuvor, und die Kontrahenten lieferten sich einen schnellen Schlagabtausch mit einigen Attacken. Meistens wehrte Bojelin die Attacken von Camaub mit einer Hydropumpe ab, um Magneton vor dem sehr effektiven Flammenwurf und Hitzekoller zu bewahren. Zum gleichen Teil beschützte Porygon2 sich vor Elektroattacken von Magneton damit, dass es Camaub als lebenden Schutzschild benutzte, was diese bereitwillig über sich ergehen ließ, hatten Donner und Donnerblitz doch keine Effektivität gegen sie; außerdem wusste Porygon2 die Wasserdüse von Bojelin mit Sondersensor von dem Lavakamel abzuleiten und es davor zu beschützen.
    Schließlich schienen Kasai und Shinzu im Stillen eine Taktik zu vereinbaren, indem sie sich kurz aber vielsagend ansahen. Camaub feuerte auf Magneton einen mächtigen Flammenwurf ab, den Bojelin wie erwartet mit einer Hydropumpe abfing. Während das Wasserwiesel auf diese Weise abgelenkt war, befahlr Shinzu Porygon2 eine Triplette vorzubereiten: Sein Schnabel glühte weißlich auf, und es schoss drei verschiedenfarbige Kugeln auf Mizus Erstpartner ab. Während das Feuer und das Eis keinen großen Schaden anrichteten, elektrisierte der Blitz ihn im wahrsten Sinne des Wortes und warf ihn ein Stück weit zurück. Nun war Magneton dem Flammenwurf schutzlos ausgeliefert. Wider erwarten wurde es jedoch nicht davon getroffen, als Rai ihm auftrug: „Teile dich.“ Ein überraschtes Raunen kam von seinen Teamkameraden – außer von seiner Zwillingsschwester, die diesen Trick scheinbar gut kannte –, als Magneton sich plötzlich in seine drei Bestandteile zerlegte, die so weit auseinanderdrifteten, dass der Feuerstrahl ohne sie zu treffen zwischen ihnen hindurchrauschte. Es kostete dem Elektropokémon sichtbar große Mühe, sich gegen sein eigenes Magnetfeld derart entgegenzustellen, doch diese Taktik verfehlte ihre Wirksamkeit nicht. In dem Moment, in dem die drei Magnetilo-Kugeln wieder mit voller Wucht aufeinanderstießen, entlud sich ein gewaltiger Donner, der vernichtend über den Platz fegte und Porygon2 so überraschend traf, dass dieses nicht einmal mehr die Gelegenheit dazu hatte, auszuweichen. Es wurde zwar auf der Stelle besiegt, aber auch Magneton brachte nun nicht mehr die Kraft auf, irgendeine Attacke einzusetzen. Kasai befahl Camaub Erdkräfte, die den Boden unter ihren Füßen zum Beben brachten und einen breiten Spalt rissen, dessen aufsteigende, von der Hitze geschmolzene Erde Magneton von unten trafen und es immerhin kampfunfähig machten. Besiegt war es zwar noch lange nicht, doch das war auch nicht mehr nötig:
    Camaub war so auf ihre Attacke fixiert, dass sie gar nicht erst versuchte, Bojelins Wasserdüse abzuwehren, mit der er nun über die Erdspalte hinwegpreschte und sie mit voller Breitseite traf. Auch Kasais zweite Partnerin war nun besiegt und der Kampf dadurch entschieden.
    Letztlich blieben von Momokos Zetteln demnach nur noch Libelldra, Tanhel, Magcargo und ein zweites Mal Voltenso übrig. Der Donnerhund schien überhaupt nicht geschwächt von seinem ersten Kampf, auch wenn Traunfugil mit Leidteiler eigentlich einiges an Schaden hätte angerichtet haben müssen. Neko kam nicht umhin, Raikas Erstpartner dafür zu bewundern. Hochachtung vor der Tira selbst hatte sie dadurch noch lange nicht.
    Die Chimäre freute sich schon, zusammen mit Mizu und Tanhel diesen dritten Kampf zu schlagen, doch die Gelbhaarige war schneller als sie: Raika trat an den Lynoer heran und sprach ihn direkt an: „Kämpfe mit mir zusammen, dann hast du nichts zu verlieren!“ Ob sie es deswegen tat, um taktische Vorteile zu schaffen, oder weil sie andere Gedanken im Hinterkopf hatte, war aus ihren Worten nicht ersichtlich, doch sie hatten eine gewisse Doppeldeutigkeit, mit der Neko nicht zurechtkam.
    Jedoch wagte keiner, sich Raikas Forderung zu widersetzen, und Mensch wie Pokémon bezog Stellung. Wie auch beim ersten Kampf zögerte Raika nicht lange und entließ Voltenso sofort mit einer Dunkelklaue auf Libelldra, um ihren empfindlichen Bauch mit seinen schwarzen Krallen zu traktieren. Die Wüstendrachin erhob sich schwerfällig in die Lüfte und wich der Attacke im letzten Moment aus, jedoch verbiss sich der Donnerhund in ihrem Schwanz, ohne dabei eine Attacke einzusetzen. Während sie darum kämpfte, ihn anzuschütteln, widmete sich Tanhel mit einer Konfusion der Feuerschnecke, die sich gleich zu Beginn des Kampfes in ihr Steinhaus zurückgezogen hatte.
    „Magcargo, komm raus und kämpfe!“, rief Kasai aufgebracht und wurde wutrot.
    Neko musste unwillkürlich lächeln, widmete sich jedoch sofort dem Geschehen über ihren Köpfen. Auch wenn Voltenso Libelldra keinen Schaden zufügte, war die Taktik, die Raika und ihr Erstpartner mit diesem Spielchen verfolgten, leicht ersichtlich: Die Sanddrachin, die sich ohne die warmen Aufwinde der Wüste ohnehin schon nicht mit der üblichen Eleganz ihrer Spezies im Flug bewegen musste, hatte Mühe, sich mit dem Donnerhund in der Luft zu halten. Bald schon ermüdete sie und musste wieder zur Erde zurück, wo Voltenso gleich wieder mit Dunkelklaue über sie herfiel. Am liebsten wäre Neko gewesen, Libelldra wäre mit Schaufler unter die Erde getaucht und hätte das Elektropokémon von unten mit der sehr effektiven Bodenattacke angegriffen, doch seit ihrer Entwicklung hatte Libelldra diese durch Fliegen ersetzen müssen.
    „Libelldra, versuche es mit Sandsturm!“, trug sie ihrer Erstpartnerin daher auf, die sogleich mit den Flügeln schlug, um Sand aufzuwirbeln. Schnell jedoch wurde klar, dass da mehr erwuchs als der bloße Wetterumschlag durch die Attacke, denn die Sandkörner waren ungewöhnlich groß.
    „Voltenso!“, rief Raika warnend, und zum ersten Mal bröckelte ihre Fassade, die sie sonst so gleichgültig daherkommen ließ. „Weich aus, das ist Sandgrab!“
    Als die Tira das aussprach, bemerkte Neko es auch, und auch Libelldra grinste verschmitzt zu Voltenso herunter, der seine Attacke augenblicklich abbrach. Euphorisch über ihre verstärkte Attacke schlug die Wüstendrachin mit den Flügeln, um ihr noch mehr Kraft zu verleihen, und schoss dabei Wellen aus scharfen Sandkörnern auf den Donnerhund hab, der in wilder Hast zu fliehen versuchte. Der aufgewirbelte Staub nahm Neko fast die Sicht, doch sie konnte sehen, dass Libelldra in ihrem Übereifer nicht ein einziges Mal traf, sondern immer einen Augenblick zu spät abschoss. Schließlich lockte Voltenso ihre Angriffe auf Magcargo, dessen steinernes Gehäuse der doppelt sehr effektiven Attacke nichts entgegenzusetzen hatte. Noch bevor Libelldra Sandgrab abbrechen konnte, hatte sie ihren Teampartner bereits schwer getroffen. Zuerst befürchtete Neko, ihre Erstpartnerin stünde nun alleine da, doch als sich der Staub etwas legte, erkannte sie, dass unter der grobkörnigen Sandschicht nicht nur Magcargo, sondern auch Tanhel begraben lagen. Die Wüstendrachin hatte beide fast gleichzeitig ausgeschaltet.
    Neko sah erschrocken zu Mizu auf, der seinen Partner nur nachdenklich musterte. Was auch immer er dachte, die Chimäre überkam plötzlich ein schlechtes Gewissen, das sie hier wirklich nicht gebrauchen konnte. Das war ein ernster Übungskampf, in dem kein Platz für Rücksicht war!
    Nun wollte Libelldra mit dieser Attacke fortfahren, als sich die beiden Sandhaufen bewegten. Offenbar hatte der Bodentyp trotz seiner Effektivität auf beiden Seiten doch nicht völlig dazu geführt, dass Magcargo und Tanhel besiegt waren. Auf Raikas Gesicht zeigte sich ein düsteres Lächeln, als sie kalt sagte: „Ladungsstoß.“ In Voltensos Fell sammelten sich zuckende Blitze, die immer größer und länger wurden und den Donnerhund schließlich einhüllten wie ein Schutzpanzer. Mit einem Schritt nach vorn entlud das grüne Elektropokémon die Attacke, die über den Platz hinwegfegte und die drei anderen Kämpfenden traf. Der letzte Rest Energie, der Tanhel und Magcargo noch geblieben war, ging endgültig verloren, und die beiden waren besiegt.
    Ungläubig sah Neko Raika an. Sie hatte doch tatsächlich Tanhel geopfert, um Magcargo zu besiegen! Natürlich konnte man behaupten, sie habe auch Libelldra damit treffen wollen, doch die Tira wusste sicher ganz genau, dass Elektroattacken gegen die Wüstendrachin keine Effektivität hatten, völlig nutzlos waren. Genauso gut hätte Voltenso Magcargo mit einem Funkensprung ausschalten können, aber war es Raika das wert, dass ihr Erstpartner nun allein im Ring stand? „Was denn?“, konterte die Gelbhaarige Nekos wortloses Starren. „Du hast deinen eigenen Kampfpartner auch angegriffen.“ Das mochte zwar stimmen – obwohl es natürlich Libelldra und nicht die Chimäre gewesen war – doch das war was völlig anderes, schließlich hatte Libelldra Magcargo aus Versehen getroffen, oder, genau genommen, weil Voltenso sie dazu verleitet hatte.
    Neko überkam eine kalte Wut auf Raika, nicht nur, dass sie ihr Illoyalität vorwarf und sich dadurch zum eigenen Verrat befähigt fühlte; vor allem war sie wütend auf die Tira, dass sie Mizu so schnell und bereitwillig aus dem Rennen geworfen hatte. Über das starke Band, das sie und Libelldra verknüpfte bis in den Tod, übertrug sich diese Aufwallung der Gefühle auch auf die Wüstendrachin. Neko befahl ihr erneut Sandgrab, und Libelldra setzte dem auf Voltenso heranrauschenden Sturm aus Sandkörnern Drachenwut hinterher, deren Kraft sich durch die besonders starke Emotion noch verdoppelte. Dem hatte der Donnerhund nichts entgegenzusetzen, der Orkan aus Sand und gelbvioletten Flammen erfasste ihn, warf ihn hoch in die Luft, und er wurde mit dieser vernichtenden Kombination sofort besiegt.
    Zuerst herrschte Stille, in der sich der aufgewirbelte Staub nur langsam legte, genauso wie Nekos brodelnder Zorn. Sie versuchte, sich wieder etwas abzukühlen, genoss aber das Triumphgefühl, das sie überkam, da sie der eingebildeten Schnepfe endlich einmal etwas zurückgegeben hatte – und das nicht einmal so, dass es als Racheakt erkenntlich war, sondern gut versteckt hinter einem Übungskampf verborgen lag. Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als sie bedachte, dass sie vor allem Raikas Überheblichkeit, dass Voltenso zwei Kämpfe überstand, zerschlagen hatte.
    Wieder war es Momoko, die das Schweigen unterbrach und heftig in die Hände klatschte. „Gut gemacht, Libelldra!“ Dass sie für diesen Sieg besondere Begeisterung empfand, war mehr als selbstverständlich, denn auch gegen sie hatte Raika bekanntermaßen das eine oder andere böse Wort erhoben. Diese strich sich das zitronengelbe Haar hinter die Ohren und maß die Chimäre mit durchdringenden Blicken. Doch das konnte Neko ihre Freude nicht verderben.
    Erst jetzt fiel den Übenden auf, dass Tetsu und Absol schon eine Weile dabeigestanden und zugesehen hatten. Die beiden traten nun an die Gruppe heran, und der Gotela ließ den Blick über die Pokémon seines Teams schweifen. „Ihr solltet euch ausruhen“, sagte er zu diesen genauso wie auch zu ihren Menschenpartnern. „Seijin hat uns eine Mission übergeben.“
    In einigen Worten schilderte er ihnen, dass im Großen Wald ein kleineres Dorf schon einige Male von einer wütenden Nidoqueen angegriffen worden war, gegen die die dortigen Pokémon der Bewohner nichts hatten ausrichten können. Auch die für diesen Bereich zuständigen Rebellen waren auf keinen grünen Zweig gekommen, und nun sollten sie als die Gruppe mit den jüngsten und daher noch vergleichsweise am wenigsten erfahrenen Mitglieder des Hauptquartiers sich dieser Sache annehmen – vor allem als Auftakt zu noch gefährlicheren Missionen, wie es Seijin formuliert hatte. Tetsu gab ihnen auf, sich für eine mehrtägige Reise vorzubereiten. Wie sie in den Großen Wald kommen sollten, verriet er ihnen jedoch nicht, sondern ließ sie mit dem Auftrag, morgen in aller Frühe bereitzustehen, zurück.
    „Ist das zu fassen?!“, rief Momoko aufgeregt aus, als ihr Gruppenanführer außer Hörweite war. „Unsere erste große Mission! Und das auch noch in den Großen Wald!“ Dass sie sich als Dyrierin besonders darauf freute, in die mit gewaltigen Baumriesen bewaldete Gegend zurückzukehren, war zu verstehen.
    „Freust du dich auch so sehr darauf, Neko?“ Als Shinzu hinter sie trat und sie plötzlich ansprach, entfuhr ihr ein leises, erschrockenes Miauen, und mit einem verkrampften Gefühl im Magen drehte sie sich zu ihm um.
    „Nicht so sehr wie Momoko“, gab sie als Antwort und versuchte ein ungezwungenes Lächeln. „Ich freue mich auf den Wald; ich wollte ihn immer schon einmal besuchen gehen.“ Damit spielte sie unbewusst auf das jährliche Treffen am Wasserfallsee an, bei dem die Chimären von nah und fern zusammenkamen.
    „Als Rebell kommt man viel rum, wie es scheint.“ Shinzu lächelte charmant, doch es verschwand sofort, als Mizu zu ihnen kam.
    „Der Wald mag zwar schön sein“, begann er und blickte zwischen ihnen hin und her. „aber bedenkt, weswegen wir hingehen. Wenn die Rebellen dort schon nicht mit der Nidoqueen fertig werden, wie stark muss sie dann sein? Das wird nicht einfach.“ Dass er es so nüchtern auf den Punkt brachte, überraschte Neko ebenso wie es sie verärgerte. Da er selbst schon auf einer ähnlichen Mission gewesen war, wusste er besser als sie, wie schwierig das war. Doch ihre Vorfreude so eiskalt zu zerstören war nicht gerade nett von ihm.
    Die Sachen, die sie auf der Reise benötigen würden, waren schnell gepackt. Doch Neko lag noch lange wach, oder zumindest in einer dämmrigen Zwischenphase, in der sie flüsternde Stimmen hörte. Sie war aufgeregt, nicht nur von den Ereignissen des heutigen Tages, sondern auch wegen ihrer Mission. Endlich konnte sie wirklich etwas tun, anstatt einfach nur Rebellin zu sein!


    Wieder lag sie wach, wie auch die Tage zuvor. Doch diesmal war es kein besonderes Wunder, denn der Kampf hatte sie sehr aufgewühlt und vertrieb ihr den Schlaf. Ein gefühltes tausendstes Mal drehte sie sich wieder um, sodass sie nun aus dem Fenster blicken konnte. Es war wieder annähernd nachtdunkel, wie in der ersten Nacht, in der sie ihn beobachtet hatte, wie er das Hauptquartier Richtung Namine verlassen hatte. Seitdem hatte sie jede Nacht darüber nachgedacht, ihn jedoch kein weiteres Mal gesehen.
    Zumindest bis heute.
    „Da bist du ja wieder!“, flüsterte sie und rutschte näher an das Fenster heran.
    Da unten schlich er wieder herum, der Verräter, wie sie vermutete. Wieder huschte er über den Platz, schaute bei jedem dritten Schritt verstohlen über die Schulter. Es war schon seltsam, dass außer ihr ihn noch niemand bemerkt zu haben schien. Oder niemand wollte Seijin bescheid sagen, so wie sie. Da müsste sich auch ein anderer finden lassen, der diese Sache ihrem Anführer meldete.
    Sie drehte sich ein tausendunderstes Mal um. Was für Sorgen!
    Vielleicht hätte sie sich größere gemacht, hätte sie gewusst, dass es in nur wenigen Stunden einen Mord geben würde…


    Er schlich sich heute erst zum zweiten Mal davon, denn außer am ersten Tag war keine andere Gelegenheit mehr gewesen. Außerdem war es höchst riskant, das Hauptquartier zu verlassen. Sie hatte ihm erklärt, dass in dem Waldring Hoothoot lebten, die nachts alles beobachteten, was durch den Waldring ein- und ausging, und jeden Morgen dem Erstpartner des Rebellenanführers Bericht erstatteten. Nur zu ganz besonderen Zeiten, hatte sie ihm gesagt, und an einer ganz besonderen Stelle war es möglich, sich unbemerkt herauszuschleichen. Dort war er auch in der ersten Nacht entkommen und dank einer Tarnung, die sie ihm auferlegt hatte, wieder hereingekommen, ohne dass es aufgefallen war. Jedoch war es sehr knapp gewesen – sein unsichtbarer Zustand hatte nur gerade so ausgereicht, ihn geschützt durch den Wald zu leiten, bei seinen kommenden Ausflügen musste er daher seinen eigenen…
    Bei dem Gedanken an den Gegenstand überkam ihn ein wohliger Schauer.
    Nur jetzt konnte er unbemerkt das Hauptquartier verlassen, jetzt, beim haarschmalen Übergang zwischen Dämmerung und Finsternis, wenn alle Rebellen bereits in ihren Häusern zu sein hatten und die Hoothoot noch nicht erwacht waren. Es war schon schwer genug gewesen, aus dem Wohnhaus seiner Gruppe zu entkommen…
    Das Hauptquartier lag nur eine Viertelstunde Fußmarsch von Namine entfernt. Er konnte sich nicht erklären, wie der damalige Anführer so dumm hatte sein können, den wichtigsten Mittelpunkt der Schwarzen Rose ausgerechnet in unmittelbarer Nähe ihres Feindes zu errichten. Dann musste sich doch niemand wundern, wenn sich Spione wie er einschlichen.
    Durch einen geheimen Hintereingang gelangte er in die Burg zu Namine. Kaum, dass er den Raum, in den der Gang mündete, erreicht hatte, fuhr er auch schon erschrocken zurück: sie wartete bereits auf ihn, majestätisch auf einem Stuhl sitzend, mitten in der geheimen Hinterkammer, in der sie sich auch schon das letzte Mal getroffen hatten. Sie wusste immer, wann er kam.
    Schnell ging er in die Knie und verneigte sich demütig vor ihr. Ohne diesen Gegenstand war er auch nichts Besseres als die Menschen, die sie jeden Tag an sich vorbeiziehen sah und ihnen keine Beachtung schenkte.
    „Du hast lange gebraucht“, stellte sie fest und er hörte, wie sie sich erhob. Er hätte sich gerne gerechtfertigt, doch er wusste, dass es bei ihr nichts brachte. „Was ist passiert?“ Sie wollte es nicht wissen, damit sie sich im Klaren darüber war, warum er so lange nicht gekommen war. Nein, er musste ihr nun das sagen, wofür herauszufinden sie ihn bei den Rebellen eingeschleust hatte.
    „Ich weiß es nicht“, gab er kleinlaut zu und wappnete sich innerlich gegen ein hartes Wort, das jedoch ausblieb. Wahrscheinlich reichte es ihr, sich einfach nur an seiner Angst zu weiden. „Ich habe noch keine Schwachstelle gefunden. Aber morgen schon habe ich eine Mission in den Großen Wald.“
    „So?“ Ihre Stimme klang belustigt, so als hätte sie das erwartet. Oder sie erfreute sich tatsächlich an seiner Demut. „Das trifft sich gut; ich habe nämlich beschlossen, dir etwas zu geben…“ Langsam griff sie sich an die Brust und berührte den Gegenstand, der für ihn so viel bedeutete, hatte er sein ganzes Leben doch grundlegend verändert, ja unglaublich verbessert. Und den er mehr wollte als irgendetwas sonst… Etwas leuchtete unter ihrer Hand auf, und als sie sie wegnahm, hielt sie eine perfekte Kopie des ersten darin. Mit dem Lederband, auf das sie den Gegenstand auffädelte, hing sie ihn ihm um den Hals.
    Augenblicklich durchströmte ihn das bekannte, ungeheuer wunderbare Gefühl, das er so viele Tage vermisst hatte. In nur wenigen Sekunden, wenigen Herzschlägen floss in ihm wieder die Kraft, die er so liebte, und er fühlte sich, als könne nichts und niemand ihn aufhalten – was in gewisser Weise auch stimmte. Am liebsten hätte er hier und jetzt auf irgendeine Weise diese Macht demonstriert und er wusste auch, dass dieses Verlangen lange anhalten würde…
    „Ich habe ihn dir gegeben, damit du umsichtig mit ihm umgehst“, warnte sie, als ahne sie seine Gedanken. „Die Rebellen dürfen keinen Verdacht schöpfen, sonst fliegt alles auf. Deine Kraft mag zwar enorm sein, doch gegen alle Pokémon hast du keine Chance. Außerdem verfolge ich ein Ziel, das du nicht mit einer Unbedachtsamkeit unmöglich machen darfst. Ich vertraue dir – nutze dieses Vertrauen nicht aus!“ Bevor sie den Raum verließ, wandte sie sich noch einmal zu ihm um. Ihr langes, dunkles Haar fiel ihr verführerisch über die Schultern, doch er versuchte, nicht daran zu denken; auch wenn sie wirkte, als sei sie nur wenig jünger als er, war sie doch um so vieles älter… „Bleibe noch ein paar Stunden, bevor du wieder gehst. Nicht, dass du noch in Versuchung gerätst!“
    Er befolgte diesen Befehl, jedoch nicht, weil er wusste, dass er jener Versuchung nachgeben würde, täte er es nicht, sondern weil er noch nie einen ihrer Befehle missachtet hatte. Trotzdem spürte er tief in sich, dass er sein Verlangen nicht würde zurückhalten können. Er musste vorsichtig sein…[tab=Namensbedeutungen]Chishio: Blut
    Narimono: Musik

  • Hallo, goldenes Blütenblatt. <3

    Einen Monat ist es schon her, dass ich das letzte Mal hier war. Ich habe viele Kapitel aufzuholen, aber das macht nichts. Erstens freue ich mich darauf, meiner Lieblingsgeschichte hier einen Besuch abzustatten, und zweitens liege ich zuhause im Bett und bin krank: Dann mache ich zumindest etwas nützliches heute. War mein erster Fehltag in diesem Schuljahr, aber mir geht es auch echt dreckig... Bringt ja dann nichts, wenn ich mit Schüttelfrost, Fieber und ohne Luft zu kriegen dasitze, vor allem bei den trockenen Stunden heute, die viel Aufmerksamkeit verlangen.
    Wie geht es dir, hat dich der kalte Winter in seinem eisigen Griff?
    Ach, bevor ich es vergesse: Elements hatte gestern um 15 Uhr 30 sein einjähriges Jubiläum! Kaum zu glauben, dass ich solange an einer Geschichte schreibe, wie an dieser.

    Gespräche unter weiblichen Geschöpfen
    Es ist seltsam, aber auch wenn ich nur ab und zu hier bin, weil ich viel zu wenig Zeit habe mittlerweile, wenn du ein Kapitel mit Neko beginnst, bin ich sofort wieder gedanklich in der Geschichte. Ich hab das kleine Kätzchen einfach so wahnsinnig gern. Daher fiebere ich auch mit ihr mit und hoffe, dass ihre neuen Gefährten sich auch als so nett entpuppen wie einige der letzten. Uh, der Mann gefällt mir! Weißblond ist zwar gar nicht mein Fall (okay, seit Bones in blutrote Küsse ein wenig mehr...), aber schwarze Augen, da hatte er schon meine Verehrung, miau. Ist so ein Typ Mann, der mir schon alleine nach der Beschreibung gefallen würde... Ist er single? Nein ach was, ich mache nur Spaß. Würde eine gewisse Person auch wohl nicht so freuen, wenn ich etwas mit einem deiner Charaktere anfangen würde, lol.
    Deine Erklärung zum Wort Organisation ist sehr gelungen, wow! Dadurch kriegt das Ganze einiges an Drama dazu. Seijin, mein Held... Schmacht.
    Die Pokémon von Nekos Gruppe finde ich wahnsinnig toll, alle haben Stil und besonders Porygon2 und Absol haben mir sehr gefallen. Übrigens interessant, dass mein Wort alle Pokémonnamen anstreicht und als falsch betitelt – Porygon2 aber nicht. Mysteriös, ich muss schon sagen.
    Rai holt einfach eine Sense heraus, na toll! War eine interessante Szene, wenn auch etwas beängstigend, wuh. Raika mag ich allerdings auch überhaupt nicht, arrogantes Weib. Hoffentlich endet die Reise für sie tödlich, pah.
    Wie niedlich, als sich Mizu und Neko an ihr gemeinsames Bad zurückerinnern. Ich finde immer noch, dass sie ein tolles Pärchen abgeben. Oh, die Szene im heißen Wasser fand ich toll. Ich wäre da nun auch gerne, wäre sicher toll gegen meinen Katzenschnupfen... Die Mädchen finde ich bis auf Raika allesamt sehr sympathisch, gut gemacht. Akari ist verliebt... <3 Wie er wohl so ist? Jetzt klinge ich auch schon wie eines der anderen Mädchen, aber diese Fragen sind gut gewählt, kenne ich. Frischgebackener Keks? Ich will auch!
    Die Idee mit den Feuerpokémon, die das Wasser erhitzen, hat mir sehr gefallen. Ist ein hübscher, kleiner Einfall, ebenso wie das Wasser, das Raika abbekommt. Neko ist aber böse, dauernd an Shinzu zu denken, armer Mizu... Traunfugil, wie niedlich! Der kleine Weiberheld. Diese Szene im Bad werde ich mir für Elements merken, wenn du erlaubst... Natürlich nicht genau gleich, keine Sorge, alleine schon weil ich keine Pokémon verwende. Aber etwas in der Art, als kleine Ode an Katzen hassen Wasser. <3
    Nettes Ende, das könnte Streit geben zwischen Shinzu, Momoko, Mizu und Neko! Ich liebe solche Intrigen und Eifersüchteleien und mochte das Kapitel sehr gerne, Liebes. Weiter geht es. ~

    Bergkristall, Rosenquarz und Lapislazuli
    Ach, ich mag Spezialkapitel, vielleicht schreibe ich auch irgendwann wieder eins... Die Beschreibungen am Anfang sind toll und du schaffst gekonnt einen Übergang von auktorial zu Ich-Perspektive, was alles andere als einfach ist. Den Charakter, um den es geht, konnte man auch leicht erkennen. Ich glaube, das Mädchen habe ich auch erkannt. Glaube ich jedenfalls, sicher bin ich mir nicht. Aber wie schön! Nicht kitschig, sondern überaus romantisch und die Sache mit dem Stein war so rührend, dass ich Tränen in den Augen hatte. Tolle Länge auch, knackig. Von dieser Art Spezialkapitel hätte ich gerne noch mehr, und ein Happyending für die beiden...

    Unruhig, durchsichtig und nachtfarben
    Ich ändere gerne Titel, merkt man gar nicht, was? ^.^ So, mal schauen wie dieses Kapitel so sein wird. Wie schön, das mit der Violine fand ich sehr hübsch und melancholisch... Aber auch ich frage mich, wieso er das niemandem erzählen will und wieso er überhaupt diese Melodie spielt. Wer in der Nacht weggeschlichen ist, ist ebenfalls mysteriös. <3 Das Video, das du gefunden hast, passt gut dazu. ^^ Eigentlich mag ich ja keine Videos mitten im Text (okay, mitten im Text trifft es nicht so ganz...), aber bei dieser wunderhübschen Melodie beschwere ich mich ganz bestimmt nicht.
    Und da ist sie auch schon, die Antwort in Form eines Spezialkapitels. Zusammen mit der Melodie, die ich während des Lesens gehört habe, ergab es ein harmonisches Bild. Ich habe kein musikalisches Talent, hatte es auch nie, aber ich liebe Musik aus tiefster Seele und kann mir gut vorstellen, wie sich Kasai fühlt, als er den Violinist hört... Seine Geschichte fand ich berührend, realistisch, nachvollziehbar. Das Spezialkapitel ist auf jeden Fall eines meiner liebsten von deinen bisherigen Werken, unbestritten. Auch wenn das Szenario an sich kein schönes ist, du machst es zu einem. Bah, ich habe schon wieder Tränen in den Augen... Dass er seinen Lehrmeister verliert, finde ich so furchtbar, ebenso wie die Vorstellung des Schlachtfeldes und die armen Pokémon, die ihre Menschen betrauern... ~.~ Jetzt muss ich erst einmal tief durchatmen.
    Interessantes Ende, dass der Anführer einen doppelten Boden hat, wundert mich wenig. Tut mir aber leid um Kasais Plätzchen, aber er findet sicher ein neues, tolles.
    Deine Geschichte ist eine tolle Inspiration für Himmelgrau, fällt mir gerade auf. Der Kampf gegen Raika geht so aus, wie ich es erwartet hatte, allerdings wundert es mich, dass sie nicht direkt noch einen Kommentar dazu abgegeben hat. Den von Mizu und den Anderen fand ich noch etwas spannender, da sie irgendwie... erfahrener wirken als die (netten) Mädchen. Netter Einfall mit dem lebenden Schutzschild! Stelle ich mir irgendwie niedlich vor.
    Wow! Die Idee, dass sich Magneton in seine Einzelteile zerlegt, in dem er sein Magnetfeld nutzt, ist brilliant! Das sind solche Sachen, auf die ich nie kommen würde, leider. Dann setzt es auch noch Donner ein, einfach unglaublich spannend. *.* So, dann bin ich auch schon neugierig, wie Nekos zweiter Kampf wohl so werden wird. Ladungsstoß? Ich glaube nicht unbedingt, dass das gegen Tanhel und Magcargo überhaupt was bringt, aber du wirst es wissen. War nur ein wenig verwirrt gerade. Die Kämpfe sind dir also sehr gelungen und es war befriedigend, Raika verlieren zu sehen. Das mit dem Mord ist beängstigend, hoffentlich ist es niemand, den Neko mag!
    Mysteriöses Ende wieder einmal, hoffentlich geht es bald weiter, denn ich kann es kaum erwarten! Von dir würde ich auch noch tausend Kapitel lesen, Sonnenblume. Hoffentlich war der Kommentar hier irgendwie nützlich, trotz der üblichen Lobtiraden...

  • [tabmenu][tab=Schnickschnackschnuck]Gell es gibt ein neues Buch, das heißt so ^^
    Ich habe mir GESCHWOREN, diese Ferien und möglichst noch in diesem Jahr ein Kapitel onzustellen. ENDLICh hab ichs hier xD Und das auch noch sehr knapp o,o
    Yao... hab grad keine Zeit, die Links in den Staddi zu editieren, das mach ich dann später. Und auch die Benachrichtigungen kommen noch...
    Der Titel ist vielleicht etwas irreführend: Sind meine Charaktere nicht immer irgendwie in Gedanken? xDD Edit: Man kanns auch in Gedenken nennen. Schließlich... ach, lest selbst ;)
    Noch was wichtiges: Seijin sagt ja: "Viel Glück bei eurem Unterfangen, und kommt wohlbehalten zurück." Die Doppeldeutigkeit kommt im Deutschen nicht zum Ausdruck. Das ist wohl das erste Mal, dass in einer deutschen Geschichte ein englisches Wortspiel vorkommt; naja, zumindest bei mir xP Im Englischen ist you ja sowohl singular als auch plural. Das meine ich...


    Namensbedeutung:
    Odori: springen (weil Teleport und so)


    HF :pika: [tab=Kapitelchen?]Abra16. In Gedanken


    Als er sich einige Stunden später auf den Rückweg ins Hauptquartier machte, versank er in tiefen Grübeleien.
    Dank ihr war es nicht besonders schwer gewesen, einen schnellen Aufschwung in der Hierarchie der Rebellen zu erreichen. Aber eigentlich war durch sie, durch das, was sie ihm gab, schließlich fast alles möglich. Dass aus einem kleinen, hilflosen Straßenjungen in nur wenigen Jahren das geworden war, was er jetzt darstellte, zeugte doch von ihrer Macht und der Umsicht, mit der sie sie anwandte. Und er hatte einen Anteil davon, von dem Normalsterbliche nicht einmal mehr träumten, weil sie es sich schlicht nicht vorstellen konnten.
    Normalsterbliche, dachte er nochmals und musste grinsen. Das war ein gutes Stichwort. Seitdem er den Kristall hatte, war er alles andere als ein normaler Mensch. Wenn sie ihm erst einmal gewährte, was sie schon lange mit sich selbst durchführte, dann wäre er ein Wesen, das den Göttern nahe kam. Wenn diese Geschöpfe aus den Mythen der Völker überhaupt existierten, verstand sich. Er wäre jedenfalls real, so viel stand fest.
    Was unter normalen Umständen einen Fußmarsch von fast einer halben Stunde bedeutet hätte, legte er in nur wenigen Minuten zurück, doch als er in gute Sichtweite des Waldrings kam, bremste er ab und besah sich die Bäume genauer. Für Außenstehende musste es so aussehen, als leuchteten seine Augen bunt auf, als er die Baumkronen mit Wunderauge durchleuchtete. Auf diese Weise konnte er alles ausblenden, was er nicht zu sehen wünschte, und das erblicken, was sich dahinter verbarg. Wie er es erwartet hatte, saßen zwischen den Ästen einige Hoothoot, die ihre riesigen Augen wachsam in alle Richtungen schweifen ließen. Sie waren Pokémon von nur mäßigem Verstand, aber das bisschen, was sie an Intelligenz aufbrachten, war scharf wie ein dünnes Messer. Sobald sie ihn sahen, wie er den Wald betrat oder verließ, würden sie augenblicklich Alarm schlagen. Er konnte notfalls bis zum Morgen warten, der sich bereits mit einem zarten grauen Schimmer im Osten ankündigte, bis sich die Nachteulen zur Ruhe begeben hatten. Dabei ging er jedoch das Risiko ein, dass im Hauptquartier bereits jemand wach war, sobald er eintrat, und das würde nur unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihn lenken.
    Wieder musste er grinsen. Warum schon warten? Es war ihm doch ein leichtes, den Wald zu durchqueren, ohne von irgendjemandem beobachtet zu werden.
    Er schloss die Augen, um sie wieder in ihren Normalzustand zurückkehren zu lassen, konzentrierte sich dabei jedoch weiterhin auf sein Innerstes. Das warme ebenso wie kalte Licht in tiefster Dunkelheit umschmeichelte seinen Geist, und er erwiderte die Berührung. Einen Moment genoss er die feste Umschlingung, dann löste er sich langsam und widerwillig davon, jedoch nicht ohne einen kleinen Funken des Lichtes mitzunehmen, ohne dass dieses an Leuchtkraft verlor. Der Funken pulsierte heftig in ihm, was ihn wie ein wohliger Schauer durchströmte, und schließlich formte er ihn zu dem, was er benötigte.
    Leicht und unsichtbar wie Luft legte sich der Mantel der Tarnung um ihn und machte ihn ebenso unsichtbar. Entschlossenen Schrittes setzte er nun seinen Weg fort. Nicht ein einziges Geräusch löste er im Wald aus, kein Rascheln von Laub verriet seine Position, kein trockener Ast brach unter seinem Gewicht, kein Zweig bewegte sich, wenn er daran vorbeiging. Es war, als sei er gar nicht anwesend, und das war auch gut so. Als er das letzte Mal diesen Wald mithilfe von Tarnung unbemerkt durchquert hatte, war es nicht seine eigene gewesen, daher hatte sie auch nur sehr knapp angehalten. Es war keine besonders starke und wirkungsvolle Attacke, daher konnte er sie nun nahezu unbegrenzt selbst anwenden, ohne nennenswert zu ermüden.
    Doch das brauchte er auch nicht. Es dauerte nicht lange, da hatte er das Innere des Waldrings erreicht. Einige Schritte entfernte er sich noch von den Bäumen, dann sah er sich um, ob ihn auch niemand beobachtete, und löste Tarnung. Die Hoothoot achteten nur auf das, was wo in den Wald ging und ihn wieder verließ, und nicht auf das, was sich außerhalb ihrer Grenzen abspielte. Es war nun absolut sicher, die Unsichtbarkeit aufzulösen. Leise wie die Nacht ging er auf die Wohngebäude zu.
    „Bei Zapdos und den Stürmen der Hügel!“
    Ruckartig drehte er sich um, als die Stimme hinter ihm erklang. Augenblicklich bereute er es, die Tarnung schon fallen gelassen zu haben, und griff wieder nach dem feurigen Licht in sich, um einen eventuellen Angriff abwehren zu können. Aus den Schatten des Badehauses trat nun ein Man mit kornblondem Haar, aber auch von der Art des Ausrufes her hatte er darauf geschlossen, es mit einem Tiro zu tun zu haben.
    „Was war das?“, fragte dieser scharf und meinte damit offenkundig, dass er so plötzlich und praktisch aus dem Nichts aufgetaucht war. Ihn schien keiner seiner Partner zu begleiten.
    Der Angesprochene beschloss zu heucheln, dass nichts vorgefallen war. Er zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Vielleicht bist du geschlafwandelt und hast geträumt?“ Dennoch täuschte das nicht darüber hinweg, dass er erwischt worden war. Er musste sich so schnell wie nur möglich etwas einfallen lassen…
    Kisho lachte – etwas unsicher, wie er feststellte, und ganz sicher etwas verstört wegen seines plötzlich Erscheinens. „Das glaube ich nicht. Wie beim donnernden Blitz hast du es geschafft, hier einfach aufzutauchen? Woher überhaupt. Moment mal…“ Der Tiro verengte die Augen und drehte den Blick in die Richtung, in den sein Rücken deutete – aus der Richtung, aus der er gekommen war, direkt von Namine her. Nun war aller Schock überwunden, und Kishos Stimme zeugte von abgrundtiefem Misstrauen, als er fragte: „Was hat ein Rebell mitten in der Nacht in Namine zu schaffen? Du bist doch bei Tetsu mit dieser Kleinen. Wie hieß sie gleich? Neko?“
    Er hätte am liebsten laut losgelacht, dass sich sein Gegenüber einbildete, irgendetwas ausrichten zu können, indem er ihn bei Seijin meldete. Wenn Kisho sich nicht mit guten Worten abwimmeln ließ, musste es auch anders gehen…
    Das Licht wurde zu glühendem Feuer, das in seinen Adern pulsierte, und schlug mehr und mehr den Weg zu seinem Kopf ein. Es würde eine kleine Weile dauern, bis es fertig vorbereitet war; so lange musste er den Tiro ablenken.
    „Hat sie Eindruck bei dir hinterlassen?“, wollte er ausweichend wissen und meinte damit Neko, da sich sein Gegenüber ihren Namen gemerkt hatte. Gleichzeitig versuchte er, seine Konzentration beizubehalten. Nur eine unbedachte Bewegung, gegründet aus einer kleinen Unachtsamkeit, und er könnte sich selbst vergiften. Ob er dann noch schnell genug reagieren konnte, um das Toxin mit einer Stahlattacke und dem entsprechenden Typ zu neutralisieren, blieb zu bezweifeln.
    Kisho war offensichtlich argwöhnisch ob dieses Themenwechsels, fühlte sich aber in seinem Stolz verletzt. „Ich habe nichts gegen Chimären, falls du das andeuten möchtest.“
    Er brauchte dringend noch mehr Zeit! „Das liegt bestimmt an Tetsu, nicht wahr?“ Das Feuer loderte nur so in ihm, und erst jetzt wurde ihm klar, was er da tat. Er war im Begriff, ihren Befehl zu missachten! Doch im nächsten Moment war es ihm auch wieder egal – erstens weil er das Gift nun nicht mehr würde zurückziehen können, ohne selbst Schaden zu nehmen; zum anderen hätte er es auch nicht tun wollen, selbst wenn er es gekonnt hätte. Das Gefühl von Macht war einfach viel zu überwältigend. Er bekam nicht mit, was der Tiro zu seiner Bemerkung erwiderte, so laut rauschte das Blut in seinen Ohren, um dem Gift eilends Platz zu machen. Schmerz stach in seine Kiefer, als das Toxin in seine Eckzähne floss. Er spürte es regelrecht, wie sie auf die doppelte, dreifache Länge anwuchsen und sich zuspitzten, bis sie wie kleine knöcherne Dolche waren.
    „Kisho“, zischte er – das Gift lähmte seine Zunge und seinen Kiefer, sodass es auch seine Stimme verzerrte. Ein hämisches Grinsen wie eine Dämonenfratze verzog sein Gesicht, und er musste den Kopf neigen, damit sein Gegenüber die spitzen Reißzähne nicht sehen konnte. „Es war ein Fehler, mich hier zu entdecken…“
    Der Tiro musterte ihn überrascht. Er war so armselig zu denken, dass er hier im Hauptquartier sicher war. „Warum? Was meinst du…?“
    Zu schnell, als dass ein menschliches Auge die Bewegung hätte verfolgen können, sprang er vor, zielte dabei auf den Hals des Tiro.
    Und ließ den Giftbiss sein tödliches Werk tun.
    Nur wenige Minuten später schlich er in ihr Gruppenhaus zurück und stellte sich schlafend, als sei nichts gewesen. In seinem Innern jedoch fühlte er sich ein wenig befriedigt in seinem Verlangen, endlich diesen Zwängen zu entfliehen, so zu tun, als sei er jemand anderes.


    Es war ein recht kühler Morgen, der nur widerwillig den ersten Sonnenstrahlen wich, die sich über den östlichen Horizont schoben. Die Hoothoot blinzelten geblendet gegen das grelle Licht, schüttelten müde das Gefieder und zogen sich von ihrer täglichen Nachtwache zurück in ihre Baumhöhlen, um bis zum Sonnenuntergang zu schlafen. Die stolzen Bäume, die völlig unberührt von jeden weltlichen Ereignissen waren, da für sie ein Jahr nur ein langer Atemzug war, warfen lange Schatten über die Wiesen, und erste morgendliche Windböen spielten in ihren Zweigen.
    Den eben erst erwachten Rebellen bot sich ein schrecklicher Anblick. Kisho als tot zu bezeichnen, war noch untertrieben, ja fast geschmeichelt. In schmerzhafter Kauerstellung lag er im Gras, gleichzeitig merkwürdig verdreht, als habe er sich noch im Sterben gewunden wie ein Wurm. Davon zeugten auch die Gras- und Erdflecken an seinem Rücken und seiner Hose. Die Arme fest an den Körper gepresst, hatte er die Hände im Todeskampf so fest geballt, dass die Fingernägel in die Handflächen geschnitten hatten; Blutrinnsale hatten das Gras unter ihm besprenkelt. Das Gesicht war eine einzige Maske des blanken Entsetzens, als habe er bis zum erlösenden Ende in unsäglichen Qualen gelitten, Angesicht in Angesicht mit seinem Mörder. Die Augen waren weit aufgerissen, starrten leer und glanzlos dem Tod entgegen. Wie um den Schmerzen etwas entgegenzubringen, indem er die letzten Reserven mobilisierte, schien sich sein Körper selbst verzehrt zu haben: seine Wangen waren tief eingefallen wie nach Wochen des Hungers. Die Lippen waren blau, aber halb geöffnet, als wollten sie den Namen des Mörders verraten.
    Am schlimmsten zugerichtet war aber Kishos Hals. Bis über das Doppelte seines ursprünglichen Umfangs angeschwollen, war jede Vene, jedes noch so dünne Äderchen als violette Mäander auf der blassen Haut zu sehen. Ganz besonders intensiv verfärbt waren sie im Bereich der vier im Viereck angeordneten Einstiche, die nicht einmal mehr geblutet hatten. Nur ein wenig getrocknete Lymphflüssigkeit versiegelte die Löcher, doch seine Seele hatte das nicht aufhalten können.
    Die Heilerin tastete vorsichtig über die Halsschwellung und betrachtete mit Missbilligung die Delle, die ihre Finger hinterlassen hatten und die nur langsam wieder ausbeulten. „Ich kann nicht genau sagen, woran er gestorben ist“, sagte sie mit der Kaltblütigkeit eines Menschen, der schon viele Tote gesehen und untersucht hatte und mit dem Tod, seinen dunklen Seiten, der Verzweiflung und den Leiden, die mit ihm einhergingen, vertraut war.
    Sie sah zu Seijin auf, der neben ihr stand und auf den gefallenen Rebellen herabblickte. Seine Miene verriet nicht, was er dachte oder fühlte. „Was vermutest du?“, wollte er wissen und ließ sich nun seinerseits neben Kisho in die Hocke.
    Die Heilerin besah sich den Tiro noch einmal und meinte schlicht: „Es sieht mir nach einer Vergiftung aus. Vermutlich hat sie aber keine Organe zerstört, sondern zu Erstickung geführt. Es muss… ein unvorstellbarer Todeskampf gewesen sein.“ Neko entging nicht, wie sie in ihrer Unterhaltung stockte. Offensichtlich hatte auch sie dieser seltsame Fall schwer getroffen. Was die Eloa anging, wäre sie am liebsten vor dem Anblick des Toten davongelaufen. Ihr war übel, und das nicht nur ob der Verstümmelung, die Kisho noch während seines qualvollen Todes hatte erleiden müssen, sondern auch, weil er nicht einfach nur ein Rebell gewesen war, der ebenfalls für die Schwarze Rose arbeitete. Natürlich war er auch lange kein Freund für sie gewesen, dafür hatten sie sich zu schlecht gekannt, aber immerhin war sie ein paar Tage mit ihm gereist, hatte am gleichen Feuer und buchstäblich im selben Boot wie er gesessen. Sie war sich sicher, sein Tot hätte sie psychisch nicht so sehr mitgenommen, hätte sie nie ein Wort mit ihm gewechselt. Diese Gewissheit machte die Sache selbstverständlich auch nicht besser…
    „Was auch immer es war…“, begann Seijin eben, brachte den Satz aber nicht zu Ende, sondern schloss Kisho die aufgerissenen Augen, legte ihm die Hand auf die Stirn und sprach mit ehrenvoller Stimme: „Möge deine Seele bei den Göttern aufgenommen werden und im Tod den Frieden finden, den sie im Sterben nicht hatte.“
    Eine Weile herrschte betretenes Schweigen, das den Worten des Anführers nur beipflichtete. In der eintretenden Stille konnte man nun auch ein leises Wimmern hören, das von einem kleinen, elenden, weißen Bündel ausging. Es war Pachirisu, der mit seinem spitzen Entsetzensschrei wegen dem Tod seines Menschenpartners die Rebellen frühzeitig geweckt hatte. Er lag eingerollt, den Schweif um den Kopf geschwungen, so eng wie nur möglich an Kisho, zitterte am ganzen Körper und weinte vor sich her. Es war ein herzzerreißender Anblick, und Neko hätte aus dem Mitleid, das sie für das Blitzeichhörnchen empfand, dieses am liebsten in den Arm genommen und getröstet wie ein trauriges Kind. Seijin sah ihn eine Weile an, bevor er die Hand nach ihm ausstreckte und mitfühlend murmelte: „Pachirisu, wir müssen…“
    Weiter kam er nicht, denn kaum hatte er das weiße Elektropokémon berührt, schoss dieses plötzlich auf, schneller, als Neko es erfassen konnte, und fauchte den Rebellenanführer mit aufgestelltem Schwanz, gesträubtem Fell und gebleckten Zähnen zornig an. So wirkte Kishos Erstpartner ganz und gar nicht wie der friedliebende Nager, der den ganzen Tag von Baum zu Baum sprang und Nüsse knackte, sondern eher wie ein bestialisches Raubtier, das Herden riss und Menschen anfiel. Der Moment, in dem Seijin die Hand erschrocken zurückzog, währte nur den Bruchteil einer Sekunde. Dann rollte sich Pachirisu wieder zusammen und wimmerte weiter, als sei nichts geschehen – nichts, außer dass das ihm wichtigste Lebewesen gestorben war. Es konnte einem nur leidtun.
    Seijin richtete sich wieder auf, und die Schwester fragte ihn: „Meinst du, es könnte ein Zubat gewesen sein?“
    Das, was er nun antwortete, wusste sie als Medizinerin natürlich sowieso, aber vielleicht war es jetzt einfach nötig, sich nicht komplett machtlos zu fühlen, wenn man ohnehin nichts mehr tun konnte außer den Verantwortlichen zu finden. „Nein, das ist unmöglich.“ Seijins Stimme klang merkwürdig belegt und vielleicht auch ein wenig so, als spräche er insgeheim über etwas anderes. „Dafür sind die Einstiche viel zu klein. Außerdem kann das Gift eines Pokémon keinen Menschen töten. Es muss… mehr gewesen sein.“ Neko hatte das ungute Gefühl, dass er es ganz genau wusste.
    Doch sie schüttelte diesen Gedanken ab und wagte einen genaueren Blick auf Kishos Hals. Für einen kurzen Augenblick kamen ihr die Abstände der vier kleinen Stichwunden, relativierte man sie zu einem Hals ohne Schwellung, bekannt vor… Von der Größe her passten sie genau auf die Abstände von Eckzähnen im menschlichen Gebiss überein; was natürlich noch absurder war als die Theorie der Heilerin: Erstens waren Eckzähne beim Menschen längst nicht spitz genug, um solche Stiche zu beißen, und zweitens waren Menschenbisse ganz einfach nicht giftig. Ein sehr eigenartiger Fall.
    „Unabhängig davon, was oder wer Kisho umgebracht hat“, erhob Seijin laut das Wort und sprach damit alle umstehenden Rebellen an, „haben wir immer noch unsere Aufgaben zu erfüllen. Lasst diesen höchst unglücklichen Vorfall euch nicht dazu bringen, eure Pflichten zu vernachlässigen.“ Damit ging er, gefolgt von Xatu, der die ganze Zeit über schweigend dabeigestanden hatte, durch die Schneise, die sich in den Versammelten bildete, zu seinem Haus. Kaum, dass die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, fingen die Rebellen sofort zu debattieren an, wie Kisho wohl zu Tode gekommen sein mochte.
    Neko beteiligte sich nicht an den Gesprächen, sondern blieb an ihrem Platz stehen, um mit sich selbst über diese Angelegenheit zu verhandeln. Doch egal, wie sie die Sache drehte und wendete, kam sie nicht auf ein plausibles Ergebnis. Vielleicht war sie aber nur etwas verwirrt, weil sie so geschockt war, doch das war auch keine Entschuldigung. Sie war so tief in Gedanken versunken, dass sie nicht mitbekam, wie sie ihrem Team ins Haus zurück folgte und sich am Tisch zum gemeinsamen Frühstück niederließ. Erst dann kehrte sie ins Bewusstsein zurück, als Momoko sie anrief: „Neko, willst du nichts essen?“
    Wie geschlagen schreckte die Chimäre auf und sah sich am Tisch in der Runde um. Die anderen hatten ihr Frühstück bereits zu sich genommen, während sie das Brot nicht einmal angerührt hatte. „Danke, nein. Ich hab… keinen Hunger“, erwiderte sie hastig und stand auf. Auch wenn ihr mittlerweile und glücklicherweise nicht mehr so schlecht war, dass sie Angst haben musste, ihr Magen könne sich umdrehen, hatte ihr das morgendliche Ereignis den Appetit auf alles verdorben.
    Während sie ohne weitere Worte in den oberen Stock ging, konnte sie Raika noch spotten hören: „Fräulein Pfirsich fragt das ja auch nur, weil sie deine Portion will!“ Akari antwortete darauf irgendetwas, doch das bekam Neko schon nicht mehr mit. Sie betrat das Mädchenschlafzimmer und setzte sich dort auf einen kleinen Schemel, der normalerweise unbenutzt im Raum herumstand. Eine Weile saß sie einfach nur da und tat nichts, dann fasste sie den Entschluss, dass alle Grübeleien Kisho auch nicht mehr würden zurückholen können und dass sie gewiss nicht die richtige war, seinen Mörder zu finden. Also suchte sie sich eine Beschäftigung und wühlte zu diesem Zweck noch einmal in ihrer Tasche, um sicher zu gehen, alles für ihre Mission in den Großen Wald eingepackt zu haben.
    Während sie damit noch beschäftigt war, öffnete sich die Tür und Momoko und Akari traten ein. Sie wirkten etwas besorgt um die Eloa, doch diese winkte nur ab und versuchte ein die Situation entschärfendes Lächeln. „Es geht schon wieder.“ Ihre beiden Freundinnen schienen mit dieser Antwort immerhin erleichtert zu sein und widmeten sich derselben Handlung wie sie. Als Momoko ungeschickt nach ihrer Tasche griff, ergoss sich deren Inhalt auf dem Boden des kleinen Zimmers. Es waren ein paar Klamotten und einige abgegriffene und umgeknickte Bögen Papier. Die Dyrierin fluchte und machte sich sofort daran, ihre Habseligkeiten wieder zusammenzusammeln. Neko zögerte nicht lange und half zusammen mit Akari mit. Ein paar der Blätter waren unter ihres und Raikas Bett gerutscht, und als sie sie hervorholte, war sie überrascht von den schönen Bildern, die darauf zu sehen waren. Es waren ausschließlich graue Kohlezeichnungen, doch die Strichführung war so fein, dass sie mit Farbe nicht hätten lebendiger wirken können. Die oberste von denen, die sie gerade in der Hand hielt, zeigte einen Jungen in Reisekleidung, auf dessen Schulter ein Plusle saß. In der einen Hand hielt er eine Kugel, deren eine Hälfte durch ein dunkleres Grau hervorgehoben war. Neko gab sie Momoko zurück und fragte begeistert: „Das sind wirklich schöne Zeichnungen. Sind die von dir?“
    Indem sie etwas errötete, nahm die Grünhaarige die Zettel entgegen und stopfte sie nicht gerade umgänglich in ihre Tasche zurück. „Ja, die sind von mir…“
    Akari richtete sich gerade auf und betrachtete eine weitere der vielen Skizzen. „Die sehen ein bisschen aus wie diese Bücher mit den vielen Bildern, die seit neuestem Mode sind“, stellte sie fest und hielt Neko das Papier hin. Es zeigte ein Vogelpokémon mit kreisförmig gefächertem Schwanz, das der Chimäre aber völlig unbekannt war.
    „‚Manga’ nennt man das“, informierte Momoko und nahm das Blatt weg. „Das sind Skizzen für einen Manga, den ich gerne einmal zeichnen und veröffentlichen würde…“
    „Wirklich?“ Akari setzte sich auf Momokos Bett und stützte neugierig den Kopf in die Hände. „Wovon handelt er denn?“
    Einen Moment schien die Dyrierin noch mit sich zu hadern, schien sich aber zu freuen, endlich mit jemandem über ihre Idee sprechen zu können. „Also“, fing sie an und wurde ob der Aufmerksamkeit noch ein wenig rötlicher, „das Ganze spielt in einer fiktiven Welt, aber es kommen darin auch Pokémon vor. Die Hauptperson ist…“ Sie kramte in ihrer Tasche herum und entnahm ihr die Zeichnung, die Neko zuvor erst unter ihrem Bett hervorgeholt hatte. „… Satoshi, der sein erstes Pokémon – ein Plusle – bekommt, um eine Reise anzutreten.“
    „Moment“, unterbrach Akari sie und betrachtete das Bild. „Sein erstes Pokémon? So etwas wie ein Erstpartner?“
    Momoko schüttelte den Kopf. „In dieser Welt läuft das ein bisschen anders. Da kann nämlich jeder so viele Pokémon haben, wie er braucht. Mit diesen Kapseln hier“ – sie zeigte auf dem Bild auf die Kugel in der Hand des Jungen – „Pokébälle genannt, kann man Pokémon fangen. Sie gehören einem dann aber nicht, sondern sind dann doch so etwas wie Partner.“
    Neko schielte zu der Zeichnung des Vogels hinüber, die Momoko in der anderen Hand hielt. „Was ist das für ein Pokémon?“, fragte sie und zeigte darauf.
    Die Augen des grünhaarigen Mädchens glühten aufgeregt, als sie es erklärte: „Das ist Ho-Oh, ein legendäres Pokémon; so etwas wie ein Gott, nur nicht ganz so mächtig. Es repräsentiert die Sonne und den Regenbogen und es soll das erste Legendäre sein, das Satoshi sieht. Gleich im ersten Kapitel, das macht die Sache spannender.“
    „Du klingst, als wärst du dir sicher, dass man deine Idee publiziert“, stellte Akari fest und gab Momoko einen letzten Stoß Papiere zurück.
    „Ich weiß“, gab diese zu und gab den Rest den bereits in ihrer Tasche befindlichen Zeichnungen als Gesellschaft. „Ich hoffe, in Namine findet sich ein Verleger, der sie annimmt. Mit diesen komischen Monsterkarten lässt sich schließlich auch Geld verdienen, warum dann nicht auch damit?“
    „Nimmst du die Zeichnungen mit in den Wald?“, wollte Neko wissen und betrachtete kritisch die Tasche der Dyrierin – besonders schonend war diese Art des Transports nicht gerade.
    Momoko schien ihr Blick aufgefallen zu sein, denn sie schulterte ihren Beutel elegant, wie um zu demonstrieren, dass die Bilder darin doch sicher waren. „Natürlich. Wenn mir eine Idee kommt oder ich eine Zeichnung ausbessern will, habe ich sie somit gleich dafür da.“
    Akari und ihre Freundin unterhielten sich noch weiter, aber Neko hörte nicht mehr zu. Momoko hat eine klare Vorstellung von ihrer Zukunft, überlegte sie und dachte mit Bitterkeit daran, was sie für die ihre plante. Ihre Zukunft war einzig und allein darauf gestützt, dass die Schwarze Rose sie auch weiterhin unterstützte und für ihre Unterstützung einstand, doch was sollte passieren, wenn sie sich einmal aus ihrem aktiven Rebellendasein zurückzog? Irgendwie musste sie dann ja auch weiterhin ihren Lebensunterhalt verdienen. Natürlich war da noch das Grundstück in ihrem Heimatdorf, doch das durfte ihre Familie nicht mehr legal verpachten.
    Dann jedoch wurden ihre Gedanken ganz schnell von anderen verdrängt, von denen die Unterhaltungen mit ihren Freundinnen sie bisher abgelenkt hatten: Kisho war tot. Für ihn gab es keine Zukunft mehr. Er war ein erstklassiger Beweis, wie schnell und unerwartet das Leben doch zu Ende sein konnte, als habe jemand plötzlich einen Faden durchtrennt. Es hatte keinen Sinn, jetzt schon zu weit in die Zukunft zu planen, befand Neko und beschloss für sich, lieber darauf zu hoffen, dass diese Zukunft überhaupt kam.
    Bald kam auch Raika ins Zimmer und informierte die drei davon, dass sie sich zum Abmarsch auf dem Übungsplatz einfinden sollten. Als sie das Haus verließen, trennte sich Momoko kurz von den anderen, um zum Heilerhaus zu eilen. Kishos Leiche war, wie Neko erkannte, schon weggebracht worden, und sie fragte sich, ob Pachirisu es diesmal zugelassen hatte oder man es mit Gewalt dazu hatte zwingen müssen – doch wenn dem so wäre, hätte man Kisho nicht weggebracht, daher musste es doch mit Pachirisus Einverständnis geschehen sein. Moorlord, Kishos anderer Partner, war, so wie sie das mitbekommen hatte, nicht mehr gesehen worden und wahrscheinlich in seine alte Heimat zurückgekehrt.
    Neko und Akari gingen ohne Momoko weiter und wurden von Kussilla begrüßt, die auf sie zugerannt kam. Die Eloa vermisste zunächst irgendetwas, als sie Libelldra in Empfang nahm, war sich aber nicht sicher, was es war. Erst als sie Traunfugils freudiges Kichern hörte, gewahrte sie, dass der kleine Nebelgeist nicht wie üblich um seine Mitpartnerin umherschwirrte. „Er ist mit seinem neuen Freund beschäftigt“, meinte Libelldra und deutete mit dem geschuppten Schwanz hinter sich. Neko linste an ihr vorbei und stellte fest, dass ihr Partner damit beschäftigt war, Shinzus Haar durcheinanderzubringen, wie er es sich in den letzten Tagen zur Gewohnheit gemacht hatte. Seinem natürlichen Beschützerinstinkt folgend versuchte Porygon2, das kleine Gespenst von seinem Menschenpartner abzuwimmeln, doch daraus wurde nur ein ulkig anzusehender Tanz. Shinzu selbst hatte es aufgegeben, Traunfugil irgendwie loswerden zu wollen, da es diesen meist noch dazu antrieb, weiterzumachen.
    „Immerhin hat er Spaß“, meinte Neko und löste nur langsam den Blick von Shinzu.
    „So, bin wieder da“, kündigte sich Momoko überflüssigerweise an und stellte sich neben Akari.
    „Warum warst du bei den Heilern?“, wollte diese wissen.
    Die Dyrierin zuckte die Achseln. „Ich hatte neulich einen Ausschlag wegen irgendeiner Allergie…“ Die Gotela blinzelte ihre Freundin überrascht an – Dyrier wuchsen im Wald auf, wo sie das ganze Jahr über von allen möglichen Pollen und Samen regelrecht belagert wurden, und waren dafür bekannt, gegen nichts Natürliches allergisch zu reagieren. Momoko ignorierte diesen Blick und ließ sich neben Duflor in die Hocke, um eines der orangefarbenen Blätter glattzustreichen.
    „So, Kinder“, dröhnte Tetsus tiefer Bass über den Platz und rief sie damit alle zusammen. „Dann wären wir jetzt wohl bereit zum Abflug.“
    Genau diesen Aspekt hatte ihr Gruppenanführer noch nicht angesprochen: Wie sollten sie zum Wald gelangen? Doch die Frage beantwortete sich schnell von selbst, als der Ruf eines Drachenpokémon hinter den Bäumen zu hören war. In Begleitung einer mächtigen Windböe, die Blätter mit sich riss und Staub aufwirbelte, kam über den Wipfeln ein Garados in Sicht. So elegant seine Größe es zuließ, landete es auf dem begrenzten Platz und schüttelte den massigen Kopf, um einige Zweige loszuwerden, die sich in seinen Flossen und seinen weißen Barten verfangen hatten. Nun entdeckte Neko auch Seijin, der bei der Gruppe gestanden hatte und nun zusammen mit Xatu auf den blauen Drachen zuging. Sie hatte gewusst, dass der Psychoadler nicht der einzige Partner des Rebellenanführers war, und dass die anderen beiden in anderen Ländern tätig waren. So viel sie wusste, half Garados normalerweise im Delta des Lynor, und Tengulist war in einem Bereich des Großen Waldes zuständig, der an die Wüste grenzte. So, wie es aussah, sollten sie auf dem Rücken des Drachen zum Wald gelangen.
    Nachdem Seijin und Xatu ihre Partnerin begrüßt hatten, stellten sie sich neben Tetsu, der das Wort dem Naminer überließ. „Eigens für eure Mission habe ich Garados herschicken lassen, damit sie euch an euren Bestimmungsort bringt“, eröffnete er, was die anderen schon geahnt hatten. „Allerdings ist es um die Grenze zwischen dem Herzland und dem Großen Wald sehr riskant, auf etwas zu fliegen, das größer ist als ein Tauboga. Alles, was fliegend die Grenze überqueren will, wird von den Königlichen Soldaten gnadenlos vom Himmel geholt – wenn jemand darauf reitet. Das bedeutet also im Klartext, dass Garados euch nur bis zur Grenze bringen kann und nicht weiter, zumal sie im dichtbewachsenen Wald ohnehin nirgends landen könnte. Ihr werdet dann zu Wasser euren Weg fortsetzen.“ Er hielt inne und sah sich auf der Wiese um, als warte er auf etwas. In dem Moment, als der Rebellenanführer sich dem Sonnenlicht zuwandte, bemerkte Neko eine Narbe in seinem Gesicht, die von seiner Schläfe über die Wange bis hinab zum Kinn verlief. Doch es war eine Narbe von der Sorte, die lediglich oberflächlich war und sich daher nur blass von der restlichen Haut abhob. Die Chimäre fragte sich, wo und wann Seijin sich solch eine Verletzung zugezogen haben mochte, dass sie schon so gut verheilt war.
    Anscheinend schien das, worauf ihr Anführer gewartet hatte, endlich einzutreten, denn Xatu hob interessiert den Blick und machte seinen Menschenpartner auf etwas aufmerksam. Kurz darauf schimmerte plötzlich die Luft in ihrer Mitte wie über einer Kerzenflamme, und daraus materialisierten sich nach und nach zwei Gestalten, die schnell an Konsistenz gewannen. Das Flimmern verschwand, und wo es gewesen war, stand jetzt eine Frau, und neben ihr schwebte ein Abra im Schneidersitz. „Willkommen im Hauptquartier, Odori“, begrüßte Seijin die Naminerin, trat auf sie zu und reichte ihr die Hand. „Vielen Dank, dass du Zeit erübrigst für diese Kleinigkeit.“ Sie erwiderte den Händedruck, nickte aber nur stumm. Der Rebellenanführer wandte sich Tetsus Gruppe zu und erklärte: „Odori und Abra werden mithilfe von Teleport eure Partner bis zur Grenze bringen, während ihr auf Garados dorthin gelangt. Alles Weitere wird euch Tetsu dann dort begreiflich machen. Viel Glück bei eurem Unterfangen, und kommt wohlbehalten zurück.“ Wie beiläufig klopfte er Mizu beinahe väterlich auf die Schulter, und Neko überkam das Gefühl, als spräche er ganz besonders mit dem Lynoer. Ohne weitere Worte fallen zu lassen, entfernte sich Seijin, streichelte noch einmal überraschend liebevoll den blaugeschuppten Hals seiner Partnerin und ging.
    „Dann folgt uns bitte“, sagte Odori in die Runde, und in Begleitung Abras und der anderen Pokémon nahm sie etwas Abstand zu den anderen ein. Als auch Traunfugil ihr hinterherschweben wollte, sprang ihm Absol dazwischen und hielt ihn davon ab. Es war klar, was das weiße Unlichtpokémon verhindern wollte: Er und der kleine Nebelgeist würden nicht mit teleportieren dürfen, da das gefährlich werden konnte. Pokémon, die Teleport beherrschten, konnten nur andere Pokémon mitnehmen, jedoch wurde es mit zunehmender Anzahl und Gewicht anstrengender für sie. Hatten sie jedoch Menschenpartner, so konnten diese ebenfalls durch den Raum mitgenommen werden. Bei Teleport erschuf das Pokémon, das die Attacke anwandte, einen Tunnel durch den Raum, in dem die Zeit langsamer verging. So sollte es für jene, die hindurchtraten, so aussehen, als zöge sich ihre Umgebung in die Länge, doch in Wirklichkeit zischte sie nur rasend schnell an einem vorbei. Aber sämtliche Geist-, Unlicht- und Käfertypen – also alle, die einen Typvorteil gegenüber Psycho hatten – konnten nicht mitreisen, da ihr natürliches Element Störungen in jenem Raumtunnel hervorrief. So konnte es passieren, dass Mitreisende auf dem Weg plötzlich verloren gingen, da sich noch ein weiteres Loch im Tunnel gebildet hatte, oder das Ziel konnte vollkommen verfehlt werden. Im schlimmsten Fall wurden die Passagiere in alle Himmelsrichtungen verstreut.
    Also durften Traunfugil und Absol auf keinen Fall mitreisen. Während dieser Umstand für den Geist keine große Schwierigkeit darstellte, musste der weiße Unlichthund umständlich auf Garados festgebunden werden, was der kraftvollen Eleganz, die ihm normalerweise innewohnte, einen gewaltigen Abbruch tat. Doch Absol schien seinen Stolz in dieser Sache schon längst überwunden zu haben, denn er ließ den Vorgang freiwillig über sich ergehen.
    Während sich auch die Menschen zum Abbruch bereitmachten und nacheinander in die Schlaufen der Sättel stiegen, die an Garados’ Rücken festgeschnallt waren, sammelten sich ihre Partner um Odori und Abra. Neko hatte überlegt, eventuell auf Libelldra zu fliegen, doch es war bei weitem sicherer, wenn sie darauf verzichtete. Sie hatte nicht wirklich die Lust, von den Soldaten des Königs vom Himmel geholt zu werden. Doch ein gewisser Nervenkitzel hätte die Sache schon gehabt…
    Gerade wollte auch sie auf die große Wasserdrachin zugehen, als sie jemand zurückhielt. Sie drehte sich um – Mizu. „Kann ich dich kurz alleine sprechen?“, fragte er, und Neko glaubte, in seiner Stimme Anspannung zu hören. Was ja auch nicht gerade verwunderlich war, wenn sie kurz davor waren, eine größere Mission anzutreten. Die beiden entfernten sich einige Schritte, bis sie außer Hörweite waren. Mizu sah sie eindringlich an, als wolle er ihr jetzt schon über Gedanken übermitteln, was er zu sagen hatte. „Im Wald… ist es gefährlich“, eröffnete er schließlich, doch das hatte Neko auch schon gewusst. Gerade wollte sie etwas erwidern, doch er unterbrach sie sofort: „Ganz besonders für dich, auch wenn ich nicht genau weiß, was. Bitte erlaube mir, dich davor zu beschützen!“
    Überrascht blinzelte sie ihn an, verstand aber nicht sofort, was er genau wollte. Ein Brummen machte sie auf die Antwort dieser Frage aufmerksam: Tanhel. Mizu musste sein Auge erneut berührt und eine Vision gehabt haben – eine Vision über eine Gefahr, die im Wald auf sie lauerte. Ein Kälteschauer überlief sie, als sie daran dachte, dass Mizus Vorhersagen bisher immer zugestimmt hatten, auch wenn sie ihm immer in unerwarteten Augenblicken kamen. Auch wenn es eine sehr komisch formulierte Frage war, ob er sie beschützen dürfe, war er doch der einzige, der wenigstens im Ansatz von dieser Gefahr wusste, und sie musste ihm einfach vertrauen… „Ja“, sagte Neko schlicht, hätte zwar gerne noch etwas hinzugefügt, doch jedes weitere Wort hätte so verpflichtend geklungen. Sie wollte nicht, dass Mizu glaubte, er müsse sie beschützen. Er sollte es aus freien Stücken tun.
    „Hey, seid ihr fertig mit Turteln, oder dauert das noch bei euch?“, rief Kasai von Garados’ Rücken aus und erntete dafür einen finsteren Blick von Shinzu, den jedoch keiner bemerkte.
    „Wir kommen“, gab Neko zurück und folgte sogleich Mizu, der schon ein paar Schritte voraus war.
    Als sich Garados, umwirbelt von Blättern und Gras und Traunfugil, der mit den Pflanzenteilen spielte, in die Lüfte erhob, blickte sie noch einmal zurück auf die Lichtung. Von hier oben konnte sie alles überblicken – das Heilerhaus, die Wohngebäude, das Badehaus mit der angebauten Küche. Und natürlich Seijins Wohnung. Ihr fiel die dicht beieinanderstehende Gruppe Pokémon ins Auge, die sich um Abra versammelt hatte. Bisher hatte es den Teleport für eine so große Anzahl an Mitreisenden noch vorbereiten müssen, doch jetzt begann die Luft um sie zu flimmern. Ein schwaches Glühen ging von der Luft aus, dann löste sie sich auf, und die Pokémon waren verschwunden.
    „Liii?“, ließ Traunfugil von sich vernehmen und setzte sich auf Nekos Schulter. Ihr war erst vor einigen Tagen aufgefallen, dass er einen ganz bestimmten Ruf verwendete, wenn er mit Libelldra sprach, der sich tatsächlich so ähnlich anhörte wie die erste Silbe ihres Namens. Wirklich sprechen konnte er deswegen selbstverständlich noch lange nicht.
    „Ihr geht es gut“, beruhigte sie ihn, doch sie war gegen den Wind kaum zu hören. „Wir sehen sie bald wieder.“
    Ihre Gedanken waren eigentlich an einem ganz anderen Ort: Sie flogen voraus, noch schneller als die Teleport-Reisenden, hatten die Grenze zum Wald schon überschritten und verharrten dort in der Luft an so vielen Fragen, die sie plagten: Was mochte das nur für eine Gefahr sein, die Mizu gesehen hatte? Von wem oder was ging sie aus? Und welcher Größenordnung gehörte sie an? Kehrte Neko am Ende dieser Mission nur mit ein paar harmlosen Schrammen zurück oder musste sie um ihr Leben fürchten?
    Oder war die Gefahr letztlich doch von ganz anderer Art?[/tabmenu]Üblicher Spruch: Wer Fehler findet, darf sie behalten ^^

  • Liebes. ♥


    Wieso hat so lange niemand kommentiert, mich eingeschlossen? Momentan komme ich einfach zu nichts, ich schaffe es gerade noch so, nach Schule (und weggehen mit Schulleuten, das lässt sich nicht vermeiden ^^) hier vorbeizuschauen und ein bisschen aufzuräumen, aber zu lesen und schreiben komme ich schon seit Monaten nicht mehr vernünftig, seufz. Egal, kommentieren geht vor selber schreiben, auch wenn ich bei Himmelgrau endlich weiterkommen will, jetzt, da ich alle anderen FS beendet habe fürs Erste. Egal, genug des Katzenjammers, Kommentar goes. xD


    Schöner Titel, verspricht, interessant zu werden. In Memoriam // In Memories also, geht sogar in Englisch ganz gut, das Wortspiel. Ich mag ihn, er kam schon öfter vor, oder irre ich mich? Ebenso wie sie, neuerdings nicht mehr in kursiv. Ich habe gerade ein paar Probleme, mich einzufinden, nach so vielen Monaten ohne KHW wohl aber auch kein Wunder. Besonders gefallen hat mir sein Kommentar zu den Noctuh und Hoothoot, dass das bisschen Intelligenz, das sie haben, scharf ist wie ein Messer. Ich dachte immer, nur besonders hohe Intelligenz ist schneidend, aber jetzt, wo ich so darüber nachdenke... Nein, eigentlich sehe ich es noch genauso, aber ein Wechsel der Perspektive tut ja ab und zu ganz gut. xD Bin auch gespannt, was für eine Intrige der Kleine da plant, hoffe auf ein neues Kapitel bald. Oh, nette Attacken, die er da hat.
    Dass er erwischt wird, überrascht mich nicht sonderlich, aber ER ist doch nicht... ER?! Das vermute ich ja schon länger, aber ich verdränge den Gedanken wieder, weil erstens bin ich schlecht im Erraten von solchen Sachen und zweitens würde es mir das Herz brechen, samt Neko, und das kann ich nicht zulassen. Also schnell weiterlesen und sicherstellen, dass ich mich irre. Ein Mord... Ich versuche, den Charakter einzuordnen und scheitere, aber ich lese es einfach nach, ich habe einfach kein gutes Gedächtnis für Charaktere, leider. Fand die Szene interessant, aber ER ist doch ein Mensch, wie kann er dann so viele Pokémonattacken? Mysteriös. Schöner Kommentar am Ende des Absatzes, übrigens.


    Tolle Beschreibungen, wie gewohnt von dir. Wenn ich das Kapitel so lese, sehe ich auch, was mir noch alles an Schreibskillz fehlt, aber das ist nicht schlimm, ich weiß ja wie gut du bist *anhimmel und auf Altar stellt*. Neko tut mir furchtbar leid, es muss schlimm sein, jemanden tot zu sehen, mit dem man im selben Boot saß (...), auch wenn man ihn noch nicht soo gut kennt. Ogott nein, jetzt kann ich ihn auch einordnen, das Pachirisu war der Auslöser! ;_; Nein, das macht es jetzt definitiv nicht einfacher für MICH, ebenso wenig wie für Neko...
    Zurück zu etwas Positivem. Die Idee mit dem Manga ist ja supersüß, und auch noch Satoshi und Plusle. *.* Ich liebe solche Anspielungen und du bringst es so lebendig herüber. Deine Charaktere haben ein Innenleben, ohne dass du alles unnötig beschreibst, wenn du nichts dagegen hast, schneide ich mir eine Scheibe ab... *Messer zückt*. Nekos Gedankengänge liebe ich auch wie immer, gott, ich bin so ein gottverdammtes Fangirlie deiner Story. -.-
    Ah, da war die Stelle mit dem englischen Wortspiel, übersetzt du mir sie bitte? Ich komme beim besten Willen nicht darauf, wie sie zweideutig werden könnte, war einfach ein zu langer Tag heute und bei Englisch gibt es sowieso gefühlte unendlich viele Möglichkeiten.
    Die Erklärung, weswegen einige Pokémon auf Garados mitreisen müssen, fand ich sinnvoll und realistisch. Auf solche Sachen würde ich einfach niemals kommen, aber ich präge mir das alles ein und verwende es irgendwann, also, in nicht-geklauter Form, du weißt schon. Süße Szene mit Absol, stelle ich mir toll vor. <3 Das mit Mizu, Neko und Shinzu könnte auch noch interessant sein. Ich glaube, momentan hat Shinzu meine Sympathie...


    Übrigens macht mir der Titelspruch im Startpost furchtbare Angst um Neko x Mizu, allen Shinzus zum Trotz... Ich warte auf mehr! :*

  • Es ist schon einige Monate her, dass ich zum ersten Mal etwas von dieser deiner Geschichte gelesen habe: Genauer gesagt waren das die beiden Prologe und das erste Kapitel, die du damals auch auf Pokefans gepostet hast. Die Geschichte hat mir dann auch gleich so gut gefallen, dass ich mir fest vorgenommen habe sie demnächst zu kommentieren, was ich dann auch prompt ... vergessen habe... :blush:
    Als ich dann aber vor ein paar Wochen mal ein bisschen im FanFiction-Bereich von Bisafans gestöbert habe, ist mir sofort der Titel deiner FanFiction ins Auge gestochen, da er mir irgendwie bekannt vorkam. Also habe ich sie mal angelesen, dabei festgestellt, dass ich diese Geschichte tatsächlich schon kenne und schließlich ebenso erstaunt wie erfreut festgestellt, dass diese FanFiction doch nicht eingeschlafen, sondern ganz im Gegenteil deutlich gewachsen ist.
    Also habe ich über zwei Wochen hinweg jeden Tag 1-2 Kapitel gelesen bis ich - nein nicht wirklich "endlich", sondern eigentlich immer noch viel zu früh - zu ihrem momentan letzten Kapitel gekommen bin, sodass ich nun endlich in der Lage bin sie tatsächlich zu kommentieren:





    Anfangen möchte ich dabei - natürlich - beim Titel: Eigentlich sagt es ja schon alles, dass ich mich noch nach Monaten daran erinnern konnte. Bei meinem in solchen Dingen ansonsten ziemlich löchrigen Gedächtnis ist das schon eine ziemliche Leistung!
    Der Titel ist aber auch wirklich etwas besonderes: Wenn man ihn zum ersten Mal liest ohne die Geschichte zu kennen, denkt man erstmal an eine eher langweilige Geschichte, ist aber zugleich auch schon ein wenig irritiert und daraus folgend interessiert, ob dieses - jedenfalls für meinen Geschmack - höchst ungewöhnlichen Titels. Dies steigert sich noch, wenn man erst einmal angefangen hat die Geschichte zu lesen, da die Prologe zumindest meinen Erwartungen, die ich in Folge des Titels von der Geschichte hatte, absolut nicht entsprechen - allerdings eindeutig im positiven Sinne.
    In den folgenden Kapiteln zeigt sich dann aber immer mehr, dass der Titel nicht nur originell, sondern durchaus auch perfekt passend zur Geschichte gewählt ist. Dabei finde ich es besonders toll wie diese Bezüge in den ersten Kapiteln Stück für Stück hergestellt werden und die Geschichte dabei abwechselnd dem Titel entspricht und scheinbar widerspricht. Eine so enge Beziehung zwischen Titel und Inhalt habe ich noch selten erlebt und es ergeben sich aus deren Zusammenspiel beim Lesen immer wieder neue Erwartungen/Vermutungen, die mal bestätigt, mal widerlegt werden - immer aber hat man das Gefühl, dass diese Geschichte wirklich unter diesen Titel passt.
    Interessanterweise nimmt das dann im (momentanen) Mittelteil der Geschichte etwas ab (nicht weil der Titel nun etwa schlechter passen würde, aber weil man (scheinbar) sämtliche Bedeutungen des Titels kennt), scheint dafür aber in den zur Zeit letzten Kapiteln wieder an Bedeutung zu gewinnen. Jedenfalls lädt der Titel hier erneut zu Spekulationen für neue mögliche Bedeutungen ein und wird so erneut noch interessanter als er das eh schon ist.
    Kurz gesagt: Einen besseren Titel hättest du kaum finden können.



    Auch in den Kapitel-Überschriften zeigt sich deine Kreativität immer wieder, ich kann dazu aber nicht so viel sagen, da ich ehrlich zugeben muss, dass ich diese meistens gar nicht so recht wahrnehme (das ist bei mir irgendwie immer so, dass ich Kapitelüberschriften fast überlese).



    Vielleicht liegt es auch daran, dass ich immer schon so gespannt auf den Inhalt des nächsten Kapitels bin, dass ich mich mit solchen Dingen wie Überschriften gar nicht erst aufhalte :D
    Also, auf zum Inhalt: Dieser ist - um es mit einem Wort zu sagen - überwältigend! Du hast hier ja nicht einfach "nur" eine Geschichte erfunden, nein, du hast gleich eine ganz neue Welt geschaffen! Und zwar eine hoch interessante und gut durchdachte Welt. Diese ganz andere Beziehung zwischen Menschen und Pokémon ist sehr interessant und eine schöne Abwechslung zu der "echten" Pokémonwelt. Ein wenig erinnert es mich manchmal mit den Menschen und ihren Erstpartnern an die Welt aus "His Dark Materials" (Der goldene Kompass) - kennst du die Bücher? Gefällt mir jedenfalls sehr gut, diese Welt, und es macht so eine Geschichte natürlich gleich viel interessanter, wenn man so "nebenbei" auch noch eine ganz neue Welt kennenlernt. Besonders beeindruckend finde ich dabei ja wie perfekt und fehlerlos diese Welt konzipiert ist - alles passt zusammen und die Welt ist in sich logisch. Nur eine kleine aus meiner Sicht Ungereimtheit ist mir bisher aufgefallen:

    Zitat von Spezialkapitel IV

    Pokémonattacken vermochten Menschen nicht zu töten, nur zu verletzen

    Das erscheint mir doch etwas unlogisch. Immerhin können sie sie auch verletzen (wie man ja etwa in dem Kampf gegen die Onix erfährt) und was verletzen kann, kann ja wohl auch töten. Andererseits könnte man natürlich argumentieren, dass das in der Pokémonwelt einfach so ist (also auch schon in der von Nintendo) und insofern kann man das schon gelten lassen...


    Zurück zur Geschichte: Sehr interessant finde ich ja auch wie viel Zeit du dir für die Entwicklung der Geschichte nimmst. Das kenne ich bislang eigentlich noch aus keiner FanFiction, sondern nur aus echten Romanen. Dadurch wird das ganze natürlich ziemlich lang, aber wenn die Geschichte nur gut genug ist - und das ist diese hier zweifellos - dann ist das ja ein Plus- und kein Minuspunkt.
    Eine Großteil dieser Zeit investierst du dabei ja auch in die Entwicklung der Charaktere - und zwar mit Erfolg: Es sind lauter sehr interessante und originelle Charaktere. Das gilt natürlich vor allem für die Hauptcharaktere Neko und ihre Partner sowie Nizu und sein Tanhel (nur das arme Bojelin kommt für meinen Geschmack bislang noch etwas zu kurz), aber durchaus auch für die zahlreichen Nebencharaktere. Jede dieser Personen ist dabei tatsächlich auch einzigartig - was bei dieser Vielzahl an Charakteren wirklich sehr beeindruckend ist.
    Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei der mysteriöse Kämpfer aus dem achten Kapitel, weil er mich in der ersten Hälfte irgendwie total an Yoda erinnert hat - der Charakter, über den man dann in der zweiten Hälfte mehr erfährt, passt aber natürlich gar nicht dazu (also zu dem Yoda-Vergleich - zu deiner Person natürlich schon ^^).


    Was mir aber gerade auffällt, ist, dass ich in diesem ganzen "Inhalts-Abschnitt" noch gar nichts zu der eigentlichen Handlung geschrieben habe. Und wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass neben den vielen Nebenhandlungen sowie den Handlungen in den vielen Rückblenden eigentlich noch gar keinen richtigen Haupthandlungsstrang gibt. Klar, alles hängt irgendwie zusammen und die Geschichte verläuft schon in einer gewissen Richtung, aber man hat eigentlich noch keine Ahnung in welche Richtung es eigentlich gehen soll. Eigentlich erst in den letzten Kapiteln zeichnet sich mit den Auftritten des mysteriösen Kämpfers langsam so etwas ab. Interessanterweise habe ich das bislang aber auch gar nicht wirklich vermisst :D
    Nur in Bezug auf die Rebellen ist mir das zwischenzeitlich schon mal aufgefallen: Es wäre ja eigentlich naheliegend, dass einer der Haupthandlungsstrang vom Kampf dieser Rebellen gegen "die Regierung" handelt. Dies ist hier nun nicht der Fall und das muss natürlich auch nicht sein, allerdings habe ich bislang so das Gefühl, dass diese Rebellen eigentlich gar nichts tun - jedenfalls hat man abgesehen davon, dass sie irgendwie "die Regierung" schlecht finden, noch so gut wie nichts darüber erfahren, was sie eigentlich tun bzw. wie ihr Widerstand/Kampf gegen die Herrschenden aussieht. Besonders aufgefallen ist mir das bei diesem Satz vor dem Verlassen des Baus:

    Zitat von Kapitel 8

    Es war ihr letzter Tag im Bau, also waren sie von allen Pflichten und Zwängen befreit.

    Wo ich mich beim Lesen spontan gefragt habe: Äh, welche Pflichten eigentlich? Und bei einem Gedanken von Neko in Kapitel 16:

    Zitat von Kapitel 16

    Ihre Zukunft war einzig und allein darauf gestützt, dass die Schwarze Rose sie auch weiterhin unterstützte und für ihre Unterstützung einstand, doch was sollte passieren, wenn sie sich einmal aus ihrem aktiven Rebellendasein zurückzog? (Kapitel 16)

    Sie scheint ja nicht mal die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass die Rebellen irgendeine Veränderung bewirken könnten, sondern sie sieht ihre Mitgliedschaft bei diesen offenbar eher als so eine Art Beruf an. Ob aber eine Rebellengruppe, bei der ihre eigenen Mitglieder nicht mehr an einen Sieg glauben, noch funktionieren kann, halte ich ehrlich recht unwahrscheinlich.
    Insgesamt fände ich es einfach schön, wenn man mal ein bisschen mehr über die Ziele der Rebellen und ihre Pläne für den Weg dahin erfahren würde.


    Zum Abschluss dieses Absatzes noch ein paar kleinere Anmerkungen zu einzelnen Szenen/Ausschnitten mit Fokus auf den Inhalt:

    Zitat von Kapitel 5 II

    „Nein, das meine ich nicht.“ Mizu schüttelte langsam den Kopf, dann betrachtete er Tanhel eine ganze Weile. „Ich habe es vorher
    gesehen.“ Sein Blick wanderte zu ihr. „Als ich Tanhels Auge berührt habe, verschwamm alles vor mir, und ich sah dich über das Geländer ragen. Es kam so plötzlich und intensiv, als würde es wirklich geschehen. Als du dann wirklich im Begriff warst zu fallen, habe ich bereits geahnt, was passieren würde.“

    Ein interessantes Zeit-Paradoxon: Das Ereignis, das Mizu mit Tanhels Hilfe vorhersieht, wird erst dadurch ausgelöst, dass Mizu es vorhergesehen hat. Ich liebe sowas :D
    (und ich hoffe, dass man von dieser Fähigkeit Tanhels noch öfter was zu lesen bekommt.

    Zitat von Kapitel 6

    „Zieh dich aus“, sagte Mizu unvermittelt. Er sprach es so neutral aus, dass Neko zuerst nicht wusste, wie sie reagieren sollte.
    Ausziehen? Was meinte er damit? Er wollte doch nicht etwa…?!

    Dass Neko diese Aussage so missversteht wie sie das letztlich ja auch tut, ist doch eigentlich so naheliegend, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Mizu das nicht selbst erkannt hat - und dann stellt sich natürlich die Frage, warum er es doch so formuliert (weil es so im Skript für die Geschichte steht und dadurch eine sehr gelungene Szene entsteht, vermutlich ^^)
    Ein besonderes Lob möchte ich dagegen noch für das Doppelkapitel 11+12 loswerden: Vor allem die Beschreibung des Kampfes fand ich richtig genial und der Cliffhanger (<< was ein Wortspiel :D ) ist auch sehr gelungen: Es ist eine scheinbar aussichtslose Situation, aber gleichzeitig deutet sich schon schwach eine mögliche Rettung an, indem die darauf folgende Entwicklung Vibravas für den aufmerksamen Leser bereits angedeutet wird. Und die Weiterführung wird den Erwartungen dann auch vollkommen gerecht:

    Zitat von Kapitel 12

    Neko war sich nicht sicher, was sie denken sollte – ob sie überhaupt etwas denken sollte. Was denkt man denn schon, wenn man aus vielen Metern Höhe eine Klippe herabstürzt, wenn man – verhältnismäßiges – Glück hat und nicht an den Felsvorsprüngen aufschlägt, dann aber sowieso im Fluss ertrinkt, weil man nicht schwimmen kann? Sie wartete, während die Zeit träge verstrich, auf einen Aufprall, ob hart wie Stein oder unberechenbar wie Wasser. So ähnlich musste sich der Felsen gefühlt haben, als sie ihn vom Weg herabgerollt hatten.

    Die Szene kann ich mir total gut als Teil irgendeines epischen Kinofilms vorstellen - in einem schlechten wäre das dann unterlegt von einem lauten und langezogenen "NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEIN" in einem guten dagegen einfach nur von Stille. Und genau das ist es ja - in auf einen Text übertragener Form - auch bei dir!
    Einen kleinen Detail-Kritikpunkt habe ich dann wieder zum nächsten Kapitel:

    Zitat von Kapitel 13 II

    Zuerst wusste sie nicht recht, was sie von der dritten Zeile halten sollte. Nicht, dass sie ein Problem damit hatte, dass man bemerkt hatte, dass sie eine Chimäre war – das erkannte man doch sofort, wenn man sie ansah. Es war eher die gespielte Schwierigkeit der Heilerin, ihre Karte zu finden. Eigentlich hätte es doch nur eines Blickes auf ihre Katzenohren bedurft, um die entsprechende Kartei ausfindig zu machen, denn soweit Neko das sehen konnte, war sie die einzige Chimäre im ganzen Hauptquartier.

    Denn hier ist mir irgendwie nicht ganz klar, wieso dritte Zeile auf der Karte, das Auffinden eben dieser leichter machen sollte - denn ob man nun die Karten nach einer dritten Zeile oder einem bestimmten Wort (etwa unter dem Stichpunkt Name) durchsucht, das dürfte zeitlich keinen all zu großen Unterschied machen. Insofern sehe ich da eigentlich keine "gespielte Schwierigkeit" der Heilerin.

    Zitat von Kapitel 15 I

    Neko fand es unfair, dass Mizu mit seinem Kurzschwert der viel längeren Reichweite Rais Sense entgegentreten musste, und es schien wie ein Wunder, dass das scharfe Blatt noch niemanden verletzt hatte, denn der junge Tiro war mit Abstand der beste im kriegshandwerklichen Umgang mit dem Feldwerkzeug, der hier im Hauptquartier zu finden war.

    Das "denn", das ja einen kausalen Zusammenhang zwischen den beiden Sätzen herstellt, passt hier nicht so recht. Denn da die beiden ja wohl kaum die Absicht haben sich zu verletzen, dürfte es doch umso wahrscheinlicher werden, dass das auch klappt, je gewandter die beiden im Umgang mit ihrer Waffe sind. D.h. dieser Umstand sollte ihr eigentlich nicht als Wunder erscheinen, weil Tiro ein so geübter Kämpfer ist.


    Damit wäre der inhaltliche Part abgeschlossen und ich gehe noch kurz zum Stil über:
    Dieser ist, wie ja schon der ein oder andere Komentator vor mir angemerkt hat, ebenfalls sehr schön und passt vor allem hervorragend zum Inhalt der Geschichte. Die Neuheit der hier beschriebenen Welt etwa wird besonders unterstrichen durch deine vielen sehr kreativen und ausgefallenen Formulierungen. Wie zum Beispiel diese sehr schöne kompakte Formulierung, die mit, obgleich eigentlich naheliegend scheinend, so noch nie untergekommen ist:

    Zitat von Kapitel 4

    Eine Weile blätterte er darin, strich mit dem Finger über Seiten, auf denen mit schwarzer Tinte kurze und lange Wörter geschrieben standen, einige durch-, andere unterstrichen

    Nur ganz selten geraten dir dabei mal Formulierungen etwas "zu originell" und dadurch seltsam/unlogisch - Beispiele hierfür sind sehr rar gesät, diese zwei habe ich aber trotzdem gefunden ^^

    Zitat von Kapitel 2

    ...denn wenn er schon seit morgens hier herumlungerte, war sein Magen wahrscheinlich so leer wie es Wasser in der Todeswüste gab.

    Hier passen die beiden verglichenen Aussagen nicht so richtig zusammen, da man ja nicht sagt, dass in der Wüste das Wasser leer ist o.ä. (auch wenn der Vergleich an sich natürlich eine nette Idee ist).

    Zitat von Kapitel 4

    blaue, glitzernde Masse des Sees

    Hier ist die Formulierung deswegen etwas seltsam, da man einen See (oder allgemein ein Gewässer) ja normalerweise eigentlich nicht als Masse, sondern nur als Oberfläche wahrnimmt. Dafür wird das aber auch gleich gefolgt von einer der unzähligen wieder sehr gelungenen Formulierungen:

    Zitat von ebenda

    in dessen wallenden Fluten sich das Sonnenlicht so unberührt und natürlich wie in einem ungeschliffenen Diamanten spiegelte.

    Herrlich!


    Auch bei den Personen gelingt es dir immer wieder sehr schön, die Charaktere durch gelungene Formulierungen zu unterstreichen - allen voran natürlich den der Hauptprotagonistin Neko durch deinen allgemein sehr lockeren und humorvollen Stil. Nur manchmal stören dabei etwas zu lange und komplizierte Sätze wie in diesen Beispielen:

    Zitat von Kapitel 4

    Mit knapper Atemnot drückte sie Traunfugil von sich weg, der gleich darauf fast wieder an ihr geklebt hätte, hätte er nicht den kleinen Funken Vernunft gehabt und seine Menschenpartnerin umbringen wollen.

    Das klingt aufgrund des komlizierten Satzbaus fast so als wäre es Traumfugils Absicht sie umzubringen.

    Zitat von ebenda

    Es sollte sarkastisch klingen, aber für die Mimik von Menschen gewohnte Augen konnten den entsprechenden Gesichtsausdruck im Gesicht der Drachentermite nicht erkennen.

    Da passt irgendwas von der Grammatik her nicht so ganz...

    Zitat von ebenda

    Er schien etwas zu suchen, und schließlich schob er einen Stapel Papiere zur Seite, der daraufhin stürzte und sich ein Schwall Blätter auf dem Boden ergoss.

    Den Bezug könntest du hier noch etwas klarer machen - etwa mit "und sich als ein Schwall..."

    Zitat von Kapitel 8

    der einzige Mensch, von dem sich Neko – die sich unbeschreiblich freute, Kinosei nicht zu begegnen, und sich dafür schlecht fühlte – hätte verabschieden wollen, wäre Mizu gewesen, und auch der Lynoer verspürte nicht den Drang, gerade jetzt mit Leuten zu sprechen, mit denen er außer beim Training oder auf Mission nicht geredet hatte.

    Sehr langer Satz und dann auch noch mit Konjunktiv - das muss man schon mehrfach lesen um durchzublicken. Ich jedenfalls habe mich erst gewundert, warum sie sich den von Mizu verabschieden wollte - denn das will sie ja gerade nicht, sondern ist vielmehr froh, dass sie es nicht muss.

    Zitat von Kapitel 11

    Sie selbst spürte nichts dergleichen, aber weil sie wusste, dass ihre Erstpartnerin ein sehr empfindliches Gefühl für Erdbewegungen hatte – in der Wüste war diese Eigenschaft sehr praktisch, denn man konnte nie wissen, wann man von einer Sandlavine überrollt wurde –, tat es aber als leichten Steinschlag ab, der sich irgendwo weit entfernt an der Klippe ereignet hatte.

    Wer "aber weil" sagt, muss auch "deswegen" sagen - oder anders gesagt: Dem "aber weil"-Satz fehlt irgendwie ein zweiter Teil.

    Zitat von Kapitel 13 II

    Nana, eine neben den beiden Männern links und rechts von ihr, die gute zwei Meter in den Himmel stachen, sehr zierlich wirkende Eloa mit rosenfarbenem Haar;

    Auch dieser Satz ist, obwohl er gar nicht so lang ist, sehr kompliziert gebaut, so dass ich ihn gleich mehrfach lesen musste, bis ich ihn wirklich verstanden hatte.
    Andererseits sollte ich in Bezug auf lange und komplizierte Sätze aber sowieso ganz still sein - denn ich selbst bin da noch wesentlich schlimmer ;D
    Von diesen wenigen Ausnahmen abgesehen aber hast du wie gesagt einen sehr schönen Schreibstil, der sich nicht nur gut und flüssig liest, sondern ganz besonders viel Spaß beim Lesen macht.


    Nur einen letzten Kritikpunkt hätte ich noch, der zumindest im Entferntesten etwas mit dem Stil zu tun hat. Manchmal bist du ja so begeistert von deinem Text, dass du dir selbst einen Kommentar nicht verkneifen kannst. Das kann ich zwar einerseits gut verstehen, aber anderseits wirkt es doch sehr störend im Text:

    Zitat von Kapitel 5

    Zuerst schien auch er sich fangen zu müssen (by the way, er hat bei Nekos erstem Satz das gleiche verstanden wie ihr vermutlich xP), dann tat er jedoch unwissend und fragte zurück: „Was denn?“

    Gerade in einer Atmosphärisch so gelungenen Szene wie der romantischen Seeszene, solltest du das unbedingt weglassen, da es die ganze Atmosphäre mit einem Mal zerstört. Zumindest mir geht es beim Lesen eines guten (!) Textes immer so, dass ich komplett darin versinke bis ich die Szene direkt vor dem inneren Auge sehe, ja fast selbst selbst Teil der Szene bin. Und aus dieser Verseknung reist einen ein solcher "Autorenkommentar" natürlich komplett heraus. Aber auch an anderen Stelle finde ich das eher als störend:

    Zitat von Kapitel 8

    Kompliment oder Kritik (Achtung, Alliteration :0)

    Schönes Stilmittel, ohne Frage - aber es wirkt wesentlich besser, wenn es für sich steht und man es gar nicht so bewusst wahrnimmt.

    Zitat

    der seinen Vorrat an Wasserkraft in seinem Körper aufgebraucht hatte (= keine AP mehr)

    Und hier finde ich den Kommentar vor allem deshalb schade, weil das mit den AP ja eigentlich eine tolle Idee für eine Anspielung ist - aber da würde man doch viel lieber selbst darauf kommen. Jedenfalls bei mir wirken solche Anspielungen am besten, wenn ich sie beim Lesen selbst erkennen kann (von wegen "kleines Erfolgserlebnis" und so ^^)
    Da hättest du statt diesem Kommentar lieber eine solche Stelle etwas weiter ausbauen sollen, sodass man die Anspielung auch so erkennt:

    Zitat von ebenda

    Doch Attacken können nicht endlos eingesetzt werden, und aus dem Loch, das nach wie vor in der Wand klaffte, drangen immer wieder neue Onix, die unversehrt waren, und ersetzten ihre gefallenen Artgenossen.

    Und wenn du gerne deine eigenen Texte kommentierst - wogegen ich an sich gar nichts habe, denn solche Autorenkommentare können ja durchaus interessant sein - dann tu das lieber außerhalb der eigentlichen Geschichte, als z.B. in dem zweiten Tab; dadurch kann man als Leser dann selbst entscheiden, wann man diese Zusatzinfomrationen liest.



    Abschließend möchte ich noch drei kurze Kommentare zum aktuellen Kapitel - dem Kapitel Nummero 16 - abgeben:

    • Die Idee mit den Pokémon-Mangas ist genial. Solche Anspielungen liebe ich :)
    • Der böse Charakter des mysteriösen Kämpfers wird von Auftritt zu Auftritt interessanter - offenbar ist er ja auch noch eine Art Chimäre, und zwar eine, bei der die Pokémon-Fähigkeiten noch sehr stark ausgeprägt sind. Das verspricht spannend zu werden...
    • Ich will unbedingt wissen wie es weiter geht - bitte schreib schnell weiter!




    Tja, der Kommentar ist jetzt ein kleines bisschen lang geraten - aber das ist diese FanFiction ja schließlich auch; und irgendwie schreibt es sich neben dem Wetten dass...?-Schauen so gut ;D

  • [tabmenu][tab=You know I can't smile without You...]Und so weiter x3

    Auf die Kommentare bin ich größtenteils schon eingegangen, nur... war hier nicht noch eins? Ok, das war ziemlich kurz geraten, vielleicht hats jemand gelöscht =/ Weiß eh nimmer genau, was drin stand lol *amnesia*
    Tut mir wirklich sehr leid, dass es so unsagbar lange gedauert hat, das mit dem neuen Kapitel, aber ich werde mir Mühe geben, noch in diesen Ferien das 18. rauszubringen! Versprechen kann ich nix... aber mal sehn ^^ Ich hab für etwa das letzte Drittel nicht mehr korrekturgelesen, aber ganz so scheif dürfte es nicht sein x3[tab=Lesen!]GaradosKapitel 17: Ein Verräter an Bord


    Das weite, zum Teil hügelige oder bewaldete, hin und wieder kahle Herzland schoss unter ihnen hinweg. Manchmal passierten sie den Luftraum über einem Dorf oder einer kleineren Stadt, von wo aus ihnen ein paar Leute zuwinkten. Anscheinend breitete die Schwarze Rose ihre Triebe auch hierhin aus, oder zumindest kannten einige Personen das Garados des Rebellenanführers. Neko genoss das Gefühl, alles und jeden von oben betrachten zu können, ohne einen tadelnden Blick auf sich zu fürchten. Es war ein berauschendes Gefühl, über die Landschaft hinwegzufliegen, ganz abgesehen davon, nur den unendlichen Himmel und ein paar Wolken über sich zu haben – alle weltlichen Grenzen schienen bedeutungslos angesichts dieser Weite. Die Chimäre wusste nicht, ob sie auch so empfunden hätte, wäre sie noch nicht mit Libelldra geflogen oder hätte sich diese noch nicht entwickelt. Vielleicht erfreute sie der Flug nur deswegen so sehr, weil ihre Erstpartnerin dieses Gefühl selbst schon hatte auskosten können; ein weiterer Beweis für das starke Band zwischen Menschenpartner und Pokémon.
    Dass Traunfugil den Ritt in hoher Luft genoss, war schwer zu übersehen: Ständig umkreiste er den langen, blauen Körper Garados’ in windenden Spiralen und kreischte dabei vergnügt seine Geisterlaute. Da außer dem bewegungsunfähigen Absol sonst keine Pokémon anwesend waren, denen er hätte auf die Nerven gehen können, spielte er manchmal mit den Barten der großen blauen Drachin. Auch wenn diese ihn dann schnaubend verscheuchte, wenn er zu frech wurde, ließ sie ihm seine Späße. Neko fragte sich, ob das in der Natur der Drachen lag, ein ruhiges Gemüt zu haben, denn dies hatte sie auch schon bei Libelldra beobachtet. Andererseits hatte sie auch schon von Dragoran gehört, die in einem Anflug von Raserei ganze Landstriche verwüstet hatten, und auch Garados waren berühmt für diese Wutausbrüche.
    Verstohlen warf sie einen Blick nach unten – nicht nur, dass ihr die Landschaft mit ihren Feldern und Weiden gut gefiel, hatte sie wenig Lust, von dem Rücken der Drachin runterzufallen. Weder dem noch der Zerstörung des Bildes unter ihr wollte sie entgegenwirken. Also rief sie den Nebelgeist zu sich und schalt ihn zur Ruhe. Wie aber nicht anders zu erwarten war, verlor er schon nach kurzer Zeit die Geduld, doch anstelle jene von Garados weiter zu strapazieren, widmete er sich seinem neuesten Hobby: Der Vernichtung jeder Ordnung auf Shinzus Kopf. Wie fast immer freudig lachend hockte er sich auf den schwarzen Schopf des Naminers und zerzauste es ihm. Der Verfolgte zeigte nicht, ob ihm das gefiel oder nicht, aber immerhin schüttelte er Traunfugil nicht ab.
    Für die anderen – die sowieso nicht darauf achteten – mochte es so aussehen, als beobachte Neko ihren Partner. Doch in Wirklichkeit starrte sie Shinzu nachdenklich von hinten an. Traunfugil schien ihn sehr zu mögen, und in dem Moment, in dem sie das dachte, fiel ihr ein Spruch von ihrem Großvater ein: „Pokémon empfinden sehr oft dieselben oder zumindest ähnliche Gefühle wie ihre Menschenpartner. Und nicht selten auch für einen anderen Menschen.“ Konnte das auch auf ihre Situation bezogen werden? Empfand sie so starke Gefühle für Shinzu, dass sogar ihr zweiter Partner, zu dem ihr Band längst nicht so innig war wie zu Libelldra, diese mit ihr teilte? Aber das konnte eigentlich nicht sein, denn sonst hätte auch die Wüstendrachrin, die ihr schließlich viel näher stand, auch solche Gefühle gezeigt.
    Allmählich wurde die Landschaft unter ihnen flacher, obwohl sie sich eigentlich dem Gebirge näherten, und vor allem bewaldeter. Die vorher vereinzelten Baumgruppen wurden größer, dichter und zahlreicher, und die wogenden Wiesen wichen sehr kurzem, sperrigem Gras. Der Große Wald mit seinen himmelhohen Baumriesen kam am Horizont in Sicht, aber es war noch zu wenig, um genau zu sagen, welche Ausmaße er hatte. An dem Flusslauf, der ihnen aus dem weit entfernten Berg aus Pflanzen entgegenfloss, kam nun ein kleines Dorf in Sicht. Es war wirklich so klein und ähnelte stark dem Hauptquartier der Rebellen, dass Neko sich einer weiteren Zweigstelle der Schwarzen Rose gegenüber vermutete. Garados ging in einen flachen Sinkflug über und landete unweit des äußersten Gebäudes auf der einzigen baumfreien Stelle, die nicht bebaut war.
    Neko, die schon fast kein Gefühl mehr in den Füßen hatte, fingerte an den Riemen, mit denen ihre Beine an der sattelähnlichen Konstruktion auf Garados’ Rücken festgeschnallt waren. Auch ihre Hände waren vom Festhalten etwas klamm, daher brachte sie es gerademal fertig, die Schnalle auf der einen Seite zu lösen. Sie drehe sich um und wollte auch bei der anderen zur Tat schreiten, als ihr Shinzu dazwischenfuhr. Der Naminer war als erster der Gruppe bereits abgesprungen und kam auf sie zu. „Lass mich das machen“, bot er ihr seine Hilfe an und machte sich an der Schnalle zu schaffen. Obwohl Neko etwas gekränkt war – eigentlich wegen ihr selbst, da sie es nicht fertig brachte, die Riemen allein zu lockern –, ließ sie ihn seine Aufgabe tun. Immerhin hatte sie so eine Hand frei und konnte den Riemen aus der Schnalle ziehen. Schließlich war es geschafft, und sie konnte vom Rücken der blauen Wasserdrachin rutschen.
    Sie bedankte sich bei Shinzu, der jedoch abwinkte. „Kein Problem!“, war sein einziger Kommentar.
    Neko fiel auf, dass auch Momoko durchaus Schwierigkeiten hatte, sich aus dem Sattel zu befreien, vermied es aber sich zu wundern, warum der Naminer nicht auch ihr zu Hilfe ging. Stattdessen trat die Eloa selbst an ihre grünhaarige Freundin heran, um ihr zu helfen. Sie erschrak, als die Dyrierin sie dunkel von der Seite anfunkelte und betont ruhig sagte: „Lass nur, ich kann das auch selbst!“, wobei ihr hochrotes Gesicht und die ungelenken Bewegungen ihrer Finger ihrer Worte Lügen straften. So war sie die letzte, die mit sicheren Füßen auf der Wiese aufkam. Aus dem Augenwinkel erkannte die Chimäre, dass Raika angesichts der Ungeschicklichkeit der Grünhaarigen süffisant grinste. Neko fand die ganze Situation sehr merkwürdig und wusste sie nicht zu verstehen.
    Das Brechen von Zweigen lenkte ihre Aufmerksamkeit hinter sich, wo gerade ihre Partner, die mittels Teleport hergekommen waren, auf den Platz traten. Traunfugil, der nach der Landung sofort damit begonnen hatte, Absols Krallen nachzuzählen, als ob eine beim Flug verloren gegangen wäre, flitzte auf seine Mitpartnerin zu und umarmte ihre Fühler glücklich. Auch die Wüstendrachin begrüßte den Nebelgeist und hob den Schweif zum Gruß für ihre Menschenpartnerin. Diese trat auf sie zu und strich sanft über den rauen, schuppigen Hals. „Du hast mir gefehlt“, sagte sie sanft und fragte sich unwillkürlich, wie es Seijin nur ertrug, so lange getrennt und so weit entfernt von seinen anderen beiden Partnern zu sein. Oder Xatu, der als Erstpartner auch eine besondere Bindung zu den beiden Pokémon hatte, enger noch als zwischen Tengulist und Garados selbst.
    Nachdem alle Partner wieder miteinander vereint waren, verabschiedete Tetsu die Wasserdrachin. „Vielen Dank, und komme wohlbehalten zurück“, sagte er im Namen seiner Gruppenmitglieder. Seijins Partnerin knurrte freundlich und erhob sich unter Schlägen von Flügeln, die noch nie jemand zu Gesicht bekommen hatte, in den Himmel. Zum Abschied ließ sie noch einen hohen Drachenruf ertönen und war bald hinter den Kronen der Bäume verschwunden. „So, dann lasst uns keine Zeit verlieren!“, dröhnte der tiefe Bass des Gotela über den Platz. In Begleitung seines Erstpartners setzte er sich in Richtung Dorf in Bewegung, und seine Gruppenmitglieder und deren Schar aus Pokémon folgten ihm gehorsam. Während sie durch die Zweigstelle der Rebellen auf den Fluss zuschritten, der die Häuseransammlung mittig durchschnitt, erklärte er den weiteren Verlauf ihrer Reise: „Wir leihen uns von hier ein Boot und schiffen damit flussaufwärts zum Großen Wald. Es wird wahrscheinlich Abend sein, wenn wir über die Grenze gekommen sind, also werden wir im nächsten Dorf Rast machen. Erst morgen kommen wir dann an unserem Ziel an.“
    Neko hörte nur mit einem halben ihrer Katzenohren hin. Ihr war aufgefallen, dass sich hier in dem kleinen Dorf kaum ein Rebell aufhielt. Die meisten der wenigen Menschen, denen sie begegneten, waren scheinbar sehr beschäftigt und grüßten die Neuankömmlinge nur beiläufig. So wie es schien, waren sie das Kommen und Gehen größerer Flugwesen mit Passagieren gewöhnt, und höchstwahrscheinlich wussten sie darüber bescheid, dass Tetsu und sein Team hier vorbeikamen. Schließlich wandte sich Neko der Frage zu, wie sie es mit einem Boot so einfach gegen die Flussströmung schaffen sollten. Sicher, das Landschaftsbild war hier dahingehend praktisch, dass es sehr flach und der Fluss dadurch leicht zu befahren war. Dennoch durfte es für eine Gruppe von Rebellen, von denen die Hälfte körperlich zu schwach zum Rudern war und ein Großteil keine Erfahrung mit der Bootsfahrt hatte, sehr schwierig werden, überhaupt von der Stelle zu kommen – ohne entgegen ihres Ziels von der Strömung abgetrieben zu werden.
    Doch ihre Bedenken zeigten sich als unbegründet: Am Flussufer vertäut lag ein Boot im Wasser, das die Eloa als Kind der Steppe zwar noch nie in der Realität, aber immerhin in Zeichnungen gesehen und natürlich auch davon gehört hatte: Es war ein größeres Boot, fast schon ein kleines Schiff, mit einem tiefen Rumpf, der weit unter dem Wasser hing. Sein breiter Bauch bot genug Raum für sämtliche Mitglieder ihrer Gruppe und auch noch deren Pokémon, und das stabile, leichte Holz verhinderte ein Einsinken bei dieser Belastung. Am hinteren Ende befand sich ein Kasten, der die gesamte Höhe des Bootes spannte, und aus dem unten im Wasser eine Ruderschraube ragte – mit normalen Paddeln wurde dieses Gefährt nicht betrieben. Eine Kurbel an Deck diente dazu, die Schraube unten zu drehen und damit Fahrt zu gewinnen, wobei ein kompliziertes System aus Ketten und Flaschenzügen innerhalb des Kastens die eingesetzte Kraft optimal ausnutzte. Normalerweise wurde dieser Mechanismus von mehreren kräftigen Männern oder auch Pokémon betrieben, aber wenn Neko sich den muskulösen Chimärenkörper Tetsus besah, war sie sich sicher, dass er es auch im Alleingang bis zum Wald schaffte. Dennoch beschloss sie, Libelldra einmal aufzutragen, den Gotela abzulösen.
    „Darf ich vorstellen?“, sagte der Gotela gerade und klopfte auf das Holz des Bootes. „Das ist die Welsarherold. Ein… Freund von Seijin leiht sie uns freundlicherweise für diese Flussfahrt. Also behandelt sie auch entsprechend!“ So, wie sich diese Ansprache anhörte, fand Neko, klang es fast, als sei das Wassergefährt ein Lebewesen, dem man Zuneigung entgegenbringen musste. Aber sie ahnte, worauf Tetsu tatsächlich hinauswollte: Normalerweise gab man Booten keine Namen, nur den stolzen Schiffen, die im Meer weit im Süden segelten. Anscheinend fand der Besitzer es für die größte Schiffart im Inland angebracht, ihm einen Namen zu geben. Ohnehin war das einzige, was man als Mensch von seinen Eltern auch nach deren Tod letztendlich behielt, der eigene Name – vielleicht war ihm dieses Gefährt so wichtig, dass er so eine Verbundenheit zu ihm unterstreichen wollte. Jedenfalls bedeutete das für sie alle in diesem Moment und für die nächsten Stunden, weder etwas zu verschmutzen oder zu beschädigen.
    Der kurze Steg, der zu dem Boot führte, war über das Wasser angehoben, wodurch man so leichter an Bord gehen konnte. Für Anlegestellen ohne diese Begehhilfe war an der Welsarherold auf halber Höhe eine Holzstange fast um den ganzen Rumpf befestigt, an der man sich bei Bedarf hochziehen konnte. Tetsu wechselte einige Worte mit einem naminischen Rebellen und bedeutete ihnen dann, das Boot zu betreten. So einfach wie gedacht wurde dieses Unterfangen nicht, da Magcargo Gefahr lief, die Holzbretter in Brand zu setzen. Um das zu vermeiden, musste die Feuerschnecke ihre Heizflamme derartig runterdrehen und seinen Lavakörper damit abkühlen, dass es eine halbe Stunde dauerte, bis er endlich auch zugestiegen war. Auch wenn Kasai seinen Erstpartner unterstützte wo es nur ging, grummelte er später einige Verwünschungen vor sich her, die Neko aber nicht weiter verstand. Schließlich bugsierte sich Magcargo unter Deck und verkroch sich in seinem Steinhaus, um nicht weiter im Weg zu sein. Irgendwie tat er ihr leid.
    Erst jetzt trat Tetsu an Mizu heran und beauftragte ihn ganz direkt mit der Steuerung der Welsarherold. „Du bist immerhin am Lynor aufgewachsen“, begründete die Chimäre diese Entscheidung. „Von uns allen kennst du dich am besten mit Untiefen aus.“ Also setzte sich der Lynoer auf einen festgeschraubten Hocker, direkt neben der Bedienkurbel. Der Hebel auf Hüfthöhe diente dann also dem Manövrieren. Neko fragte sich, wie Mizu eventuelle Untiefen oder auch nur engere Flusspassagen von so weit hinten erkennen sollte, als Bojelin am Rande ihres Blickfeldes den Kopf aus dem Wasser streckte. Kein Lynoer würde jemals ein Boot wie die Welsarherold steuern ohne einen schwimmfähigen Partner. Das Wasserwiesel würde seinen Menschenpartner schon rechtzeitig warnen. Tetsu platzierte sich neben die Kurbel und begann erst langsam, dann allmählich schneller werdend, daran zu drehen. Ein Rumpeln und Rattern kündigte von Bewegung im Kasten am hinteren Teil des Bootes, und schließlich fuhr es an. Die sanfte Strömung gluckerte erst gegen den Bug, als wolle sie es wieder zurücktreiben, gab aber bald Ruhe und nahm den hölzernen Leib des Wassergefährts auf.
    Jetzt hieß es warten. Warten darauf, dass die Grenze zum Großen Wald näher kam. Gewiss, so war es weitaus sicherer, aus dem Herzland rauszukommen, als auf dem Rücken eines Garados zu fliegen, aber Neko hatte nach dem blitzschnellen Flug das Gefühl, in dem Boot überhaupt nicht voranzukommen. Als sie nach mehreren Minuten die Rebellenstadt verließen, seufzte sie gequält und setzte sich irgendwo hin. Verträumt beobachtete sie Mizu, der den Hebel hin und wieder sanft in eine Richtung drehte, um Untiefen auszuweichen, jedoch war die Bewegung, die das Boot dabei mitmachte, fast nicht zu spüren. Manchmal platschte es hörbar neben dem Boot, mal von links, mal von rechts, und Neko fiel auf, dass der Lynoer es dann genau von dieser Richtung fortlenkte. Wahrscheinlich signalisierte Bojelin seinem Menschenpartner auf diese Weise schnell und einfach, wo sich seichtere Stellen im Fluss befanden.
    Ja, der Fluss… Unbehaglich stierte Neko über den Rand des Bootes ins Wasser. Es war zwar nur wenige Monate her, als sie und Mizu im See beim Bau so etwas wie geschwommen waren, aber die wirkliche Technik hatte sie nicht gelernt. Ihr war nach wie vor unbehaglich zumute, wenn sie in das klare Nass blickte, und die Reinheit des Wassers ließ es noch weiter weg und noch tiefer wirken. In einem stillen See war schwimmen lernen eine Sache – doch hier, auch bei noch so freundlich anmutender Strömung, würde sie hoffnungslos ertrinken.
    „Alles in Ordnung?“
    Neko schrak auf, als sie plötzlich gewahrte, dass Shinzu neben ihr saß. Aus tiefschwarzen Augen blickte er sie mit leicht schräg gelegtem Kopf besorgt an. Traunfugil hatte sich auch auf die Bank gesetzt und ahmte die Haltung des Naminers nach. An dem Wirr aus schwarzem Haar auf dessen Kopf erkannte Neko, was ihr Zweitpartner in der Zeit der Langeweile getrieben hatte. Auch Proygon2 schwebte in der Nähe, musterte jedoch nur das vorbeiziehende Ufer. „Du siehst nicht gerade glücklich aus, wenn du ins Wasser starrst“, erklärte Shinzu seine Frage. „Geht’s dir nicht gut?“
    Neko winkte ab und schüttelte den Kopf. Momoko lag zwar schon seit ein paar Minuten unter Deck, weil ihr schlecht geworden war, aber sie hatte zum Glück keine Seekrankheit. „Nein, es ist nur…“ Ja, was war eigentlich? Fürchtete sie sich tatsächlich davor, ins Wasser zu stürzen und zu ertrinken? Wie wahrscheinlich war das schon, bei einem Geländer, das ihr bis zum Bauch reichte? Da musste sie sich schon weit über die Reling hinausbeugen; was sie natürlich nicht tun würde. Andererseits nagte in ihrem Hinterkopf eine freche Angst, die ihren Ursprung in Mizus seltsamer Bitte hatte. Wovor musste er sie beschützen? Welche Gefahr drohte ihr hier? Etwa, dass sie im Fluss ertrinken könnte? Als Lynoer, der neben dem Hauptarm, aus dem dieser Fluss entsprang, aufgewachsen war, war er derjenige, der sie wohl am ehesten retten könnte. Doch ganz bestimmt war er nicht der einzige an Bord, der schwimmen konnte – das war viel zu unwahrscheinlich.
    „Es ist nur…?“, klopfte Shinzu wieder bei ihr an. Sein erwartungsvoller Blick jagte ihr einen elektrisierenden Schauer über den Rücken, und sie wich ihm aus. Er rutschte noch ein klein wenig näher an sie heran, als könne das ihr eine Antwort entlocken.
    Die Bretter des Bodens hatten eine sehr interessante Maserung.
    „Wenn irgendwas ist, kannst du es mir ruhig sagen“, bot Shinzu an, und sie spürte, wie er sich vorbeugte und die Arme auf die Knie stütze. „Das ist absolut kein Problem. Ich helfe dir gern.“
    Fast war sie versucht, auf sein Angebot einzugehen, doch sie stockte. Ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Stattdessen quiekte nur ein halblautes Miauen aus ihrem Mund, das sie am liebsten sofort zurückgenommen hätte. Verdammt, war das peinlich! Was war nur los mit ihr?
    Als sie ihr Zunge wieder bewegen konnte, sagte sie leicht heiser: „Ist schon gut. Ich kann nur nicht schwimmen.“ Sie hoffte, dass es als Antwort ausreichte, denn mehr brachte sie nun wirklich nicht hervor.
    „Wenn’s nur das ist“, war Shinzus Antwort, bevor er sich zurückbeugte und an die Reling hinter sich lehnte. Irgendwie hatte sich Neko gewünscht, dass er nach der Klärung seiner Frage wieder ging – aber irgendwie auch nicht. Vielleicht war es sogar besser, er blieb…
    Probehalber ließ auch Neko sich zurück und linste ihn aus den Augenwinkeln an. Er hatte den Kopf zurückgelehnt und blickte in den Himmel, als sei das unendliche Blau mit seinen vereinzelten Wolkenfasern genauso interessant wie die Holzmaserung. Sie konnte nur sein Profil sehen, das sich leicht abgedunkelt gegen das Licht abhob, aber das machte es nur noch mysteriöser. Im Grunde wusste sie eigentlich nichts über ihn. Auch über die übrigen in ihrer Gruppe nicht, wobei diese in der Zeit, in der sie sich schon kannten, immerhin Andeutungen gemacht hatten. Er sagte nur sehr wenig über sich selbst, und vor allem schwieg er über seine Vergangenheit, seine Herkunft. Ob es unhöflich war, ihn direkt danach zu fragen, wo er von sich aus noch nichts verraten hatte?
    Shinzu schien ihren Blick gespürt zu haben und drehte das Gesicht zu ihr um. Wieder fiel ihr auf, wie gut aussehend er doch war, was sie nun wirklich nicht verstand – bisher hatte sie das an Männern doch auch nicht interessiert!
    „Wo hast du eigentlich gelebt, bevor du zu den Rebellen kamst?“, fragte sie vorsichtig, und wünschte sich, er würde es nicht als Angriff sehen.
    Tat er auch nicht. Seine Augen fixierten nicht mehr sie, sondern starrten in weite Fernen, als er nach kurzem Zögern bereitwillig erzählte: „Ich hab kein besonders schönes Leben in einem Armenviertel verbracht. Meine Mutter war eine Hure, und hat mit ihrer Arbeit mich und meine fünf Geschwister mehr schlecht als recht ernähren können. Unter uns sechs hat sie mich am meisten gehasst, weil sie mit mir zu einer Zeit schwanger wurde, zu der es am aller ungünstigsten gewesen ist. Und weil ich meinem Vater noch ähnlicher sehe als die beiden anderen meiner Geschwister, die sie mit ihm hatte. Und mein Vater…“ Er schwieg einen Moment, als wäre das eine besonders schreckliche Erinnerung. Seine Stimme bebte vor uralter Trauer und unterdrücktem Zorn. „Mein Vater hat sie verlassen, kurz nachdem sie ihm das zweite Kind geboren hat. Deswegen hat sie mich auch immer wie ein Wechselbalg behandelt: Eigentlich hätte sie nicht noch einmal von ihm schwanger werden können, weil sie ihn jahrelang nicht gesehen hatte, und doch hat sie mich gekriegt. Sie hat mich all den Hass, den sie auf ihn hatte, spüren lassen, immer und überall…“ Seine Stimme erstarb, und er beugte sich wieder vor, vergrub das Gesicht in Händen.
    Wenn Neko ihn so sah, wirkte er irgendwie… zerbrechlich, klein im Angesicht einer grausamen Welt, einer Vergangenheit, die er lieber vergessen wollte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, seine traurigsten Erinnerungen wieder hervorgegraben zu haben. „Es… es tut mir leid“, brachte sie als einzige Entschuldigung hervor, zwang sich aber dazu, mehr zu sagen: „Ich hätte nicht fragen sollen. Das war nicht richtig.“
    „Nein, sag das nicht.“ Shinzu schüttelte den Kopf, richtete sich wieder auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Plötzlich hatte er seine Würde und seine Haltung wieder, und Neko konnte nicht umhin, deswegen erleichtert zu sein. „Es war gut, darüber zu reden. Das habe ich gebraucht… Es ständig nur zu verdrängen, ist keine Lösung. Und Amnesie ist nicht gerade die Krankheit, die ich als anderen Lösungsweg haben will. Vergessen ist nicht besser, als darüber zu reden.“ Neko hatte das Gefühl, dass er eine Andeutung machte auf sein Angebot, sie könne mit ihm über alles reden. Es war fast wie eine Aufforderung, es zu tun. Plötzlich legte er eine Hand auf ihr Bein. Sie lag schwer und warm darauf, und Neko starrte seinen Handrücken verwundert an. „Danke“, sagte er ehrlich, nahm seine Hand wieder weg und stand auf. Ohne sie noch einmal anzusehen, wiederholte er seinen Dank. Irgendetwas fügte er noch leise hinzu, doch er wandte sich ab, weswegen sie es nicht verstand. Er ging unter Deck.
    Nur das warme Gefühl seiner Hand auf ihrem Bein – das blieb.


    Etwas später machten sie eine kleine Rast und nahmen Proviant zu sich, wobei Momoko nicht dabei sein konnte. Ihr war nach wie vor schlecht, aber sie meinte, dass es ihr schon besser ging. Immerhin tat sie ein paar Schritte und es schien ihr nur etwas schwindlig zu sein – nichts Ernstes also, weswegen sie wieder zurückgemusst hätte. Während es Essens informierte sie Tetsu, dass sie demnächst die Grenze erreichen würden.
    „Es wäre besser“, trug er ihnen auf, „wenn ihr euch während der Überfahrt unter Deck befinden würdet. So viele Passagiere über die Grenze zu bringen, erregt Aufmerksamkeit. Bleibt einfach unten und verhaltet euch ruhig, den Rest erledige ich.“ Auch Libelldra, die unermüdlich neben dem Boot hergeflogen, manchmal auch gegangen war, sollte sich im spärlichen Vorläufer des Großen Waldes verbergen, bis sie diesen gänzlich erreicht hatten.
    Mittlerweile waren sie von Bäumen regelrecht umzingelt, und manchmal tauchte zwischen den Stämmen und im Unterholz das eine oder andere Pokémon auf, entweder ängstlich davonhuschend oder ihnen interessiert nachblickend. Die Baumriesen, die man von Garados’ Rücken aus am fernen Horizont gesehen hatte, waren nun nicht mehr sichtbar – kleinere, nähere Bäume versperrten die Sicht auf sie. Es war schade, bei diesem Anblick unter Deck zu gehen und all das vielleicht nur noch durch ein winziges Bullauge bewundern zu können, doch es ging nicht anders.
    Tetsu schloss die Klappe hinter ihnen, nachdem er ihnen nochmals eingeschärft hatte, ruhig zu bleiben. Vor allem bei Traunfugil durfte sich das als schwierig erweisen, doch auch er spürte die Wichtigkeit und den Ernst dieser Situation und schwieg ausnahmsweise. Neben dem Gotela waren an Deck auch noch Akari, Absol und Kussilla geblieben, die anscheinend auf irgendeine Weise Teil des Plans waren. Das Rattern der Ketten dröhnte hier unten besonders laut, als Tetsu das Boot an die Grenze heransteuerte. Über den Lärm hinweg konnte Neko eine Männerstimme etwas rufen hören, und bald darauf wurde es ruhig und das Boot blieb stehen. Ein kurzer Blick aus dem Bullauge zeigte ihr ein riesiges Netz aus dickem Hanfseil, das sich vor ihnen über den ganzen Fluss spannte und ein Weiterkommen unmöglich machte.
    Von Deck erhallten Stimmen: „Was ist euer Anliegen?“, rief ein Mann, wahrscheinlich der von vorhin, der Tetsu befohlen hatte, die Welsarherold anzuhalten.
    Dieser antwortete: „Wir sind auf der Reise in den Großen Wald. In einigen Tagen findet wieder ein Chimärentreffen am Wasserfallsee statt, und dorthin sind wir unterwegs.“
    Eigentlich hatte Neko erwartet, die Stimme des anderen würde misstrauisch klingen, doch sie war nach wie vor fast emotionslos: „Ein ganz schön großes Boot allein für dich und deine Tochter.“
    „Das ist richtig“, stimmte Tetsu zu, als wolle er Zeit schinden. „Auf dem Weg zum See sammeln wir ein paar Verwandte ein – wenn wir schon mal unterwegs sind, du verstehst?“
    „Hey, Mizu, was machst du da?“, zischte Kasai dem Lynoer zu, als dieser an ein Bullauge am hinteren Teil des Bootes trat und es öffnete.


    Das dauerte ihm viel zu lang. Er kannte die Soldaten der Königin, die auch die Grenzen bewachten, gut genug, um zu wissen, dass sie nicht locker lassen würden. Sie wussten davon, dass ihre Rebellengruppe auf der Durchreise war, und deswegen würden sie das Boot niemals durchlassen. Obwohl das eigentlich nicht hätte passieren dürfen – sie hatte ihm schließlich gewährleistet, dass diese Diskussionen nicht passieren würden. Die Befehle der Krieger hätten sein müssen, dass sie das Netz unten lassen sollten, und jetzt hatten sie es erst recht hochgezogen, wohlweißlich, dass dies hier ein Rebellenboot war. Wäre ja auch alles richtig gewesen – hätte er sich nicht an Bord befunden!
    Er warf einen Blick hinaus aus einem Bullauge. Das konnte noch ewig so weitergehen, und sie würden trotzdem nicht von der Stelle kommen. Er musste den Soldaten ein Zeichen geben, dass er hier war und sie das Boot passieren lassen sollten. Bloß wie? Er konnte ja nicht einfach einen Lichtblitz in den Himmel schießen, ohne dass die anderen es bemerkten.
    Andererseits brauchte es ja auch kein so offensichtliches Signal. Er stellte sich vor eines der kleinen runden Fenster. Nicht viel, nur ein unauffälliges, leuchtschwaches Irrlicht, das man nur vom Ufer aus sehen konnte…


    Was auch immer Mizu gemacht hatte, es war ein Fehler.
    Die Sätze, die sich die Männer oben an Deck zuwarfen, wurden plötzlich lauter und drohender, und zwei weitere Stimmen mischten sich mit ein – noch mehr Königliche Soldaten. Ein metallisches Quietschen war zu hören, und das Netz fuhr mit einem Mal wieder runter.
    Doch anscheinend waren es nicht die Krieger gewesen, die dies verursacht hatten, denn schon bald hörte man etwas schwer auf Deck des Bootes landen – die Soldaten waren an Bord gesprungen!
    „Jetzt gibt’s Hackbraten!“, sagte Rai schadenfreudig und holte seine Sense hervor.
    „Du hast doch nicht vor…?“, fragte Kasai entsetzt, doch der Tiro grinste nur boshaft und nickte. Auch Mizu griff zu Nekos Entsetzen sein Kurzschwert, und zusammen begaben sich die beiden nach oben. Tanhel und Magnetilo folgten ihren Menschenpartnern, und Raika befahl Voltenso, ihrem Zwillingsbruder zu Hilfe zu gehen. An Deck wurden Rufe laut, donnernde Schritte knallten auf die Holzplanken, und Staub rieselte herunter.
    Erst jetzt begriff Neko, dass dort oben ein Kampf stattfand.
    Fast gleichzeitig sprangen sie und Shinzu auf und wollten ebenfalls hoch, als Kasai sie zurückhielt: „Ihr wollt doch nicht wirklich dort oben mitmischen, oder? Sind jetzt alle lebensmüde geworden!“
    „Es ist besser für Porygon und Libelldra“, erklärte Shinzu, merkwürdig gelassen für die angespannte Situation, „wenn wir dabei sind. Simmt’s, Neko?“, fragte er an sie gewandt.
    Sie nickte. Natürlich stimmte das! Wozu waren sie der Schwarzen Rose beigetreten, wenn sie jetzt kniffen, gerade dann, wenn sie von Soldaten angegriffen wurden? Shinzu ließ sie voraus die Leiter emporklettern, wo ihr auch gleich Kussilla entgegenlief. Die kleine Eistänzerin war sichtlich geschlagen, und Neko stellte fest, dass nicht nur die drei Soldaten, sondern auch noch deren Pokémon hier waren und mitkämpften. Offenbar war Akaris Erstpartnerin nicht damit fertig geworden. Auch diese tauchte gerade auf, Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben. Kaum, dass die Leiter wieder frei war, stieg sie diese auch gleich herab; was auch in Ordnung war, denn wenn ihre Partnerin kampfunfähig war, konnte sie ohnehin nicht mehr viel helfen.
    Ganz anders als Neko und Shinzu. Er und Porygon2 warfen sich gleich ins Geschehen und halfen Voltenso gegen ein Scherox, das mit seinen überdimensionierten Scheren gnadenlos auf den Donnerhund eindrosch. Neko sah in den Himmel hinauf und sah Libelldra, die in der Luft mit einem Kramshef zu kämpfen hatte. Mehrere Taubsi umschwirrten sie immer wieder, griffen zwar nicht an, verwirrten sie aber so sehr, dass sie sich kaum gegen das schwarze Flugpokémon zur Wehr setzen konnte. In solchen Fällen war es immer gut, am Boden noch ein weiteres Paar Augen zu haben, das den Überblick behielt.
    In diesem jener Fälle war es für Libelldra Neko, die sich in eine ruhige Ecke zurückzog und die Taubsi beobachtete. Natürlich konnte das die Wüstendrachin vor lauter Federn und Flügeln nicht sehen, aber die kleinen Vögel ließen immer eine Lücke, als seien sie zwar auf solche Situationen eingespielt, aber als fehle ihnen ein Mitglied ihres Teams. „Libelldra, flieg höher!“, rief Neko ihrer Erstpartnerin zu, als die Lücke wieder über ihr war, was diese auch sofort befolgte. Endlich konnte sie sich dem kleinen Schwarm entreißen, wandte sich sofort zu ihm um und schleuderte ihm gelb-violette Drachenwutflammen entgegen. Einige der Taubsi schafften es zwar, auszuweichen, doch noch mehr wurden von der Attacke zu Boden geschleudert. Sofort war das Kramshef heran und krallte sich mit Schattenklaue an Libelldra fest. Das Glück des Kampfes in der Luft hatte sich nun Libelldra zugewandt, und sie schaffte es besser, sich die Vögel vom Leib zu halten. Das konnte man von jenem auf dem Boot nicht behaupten: Die Rebellen befanden sich in arger Bedrängnis, und es war kaum Platz auf Deck, den sie hätten nutzen können, um ihre Gegner wegzudrängen.
    Jetzt, nachdem Libelldra weitgehend allein zurecht kam, war es eigentlich reichlich dumm, sich noch hier aufzuhalten – sie konnte genauso gut auch Platz machen und nicht weiter auf ihren Dusel hoffen, nicht von einer Attacke oder eine Klinge getroffen zu werden. Vorsichtig machte Neko sich auf den Weg zurück zu der Luke, die unter Deck führte, doch mittlerweile war dieser versperrt durch ein Magnayen und Magneton versperrt, die sich gegenseitig mit Attacken auf Distanz zu halten versuchten. Als sie an ihnen vorbeischlich, kam es, wie es kommen musste: Magneton schoss einen Blitz ab, der das Unlichtpokémon unversehens verfehlte und stattdessen auf Neko zuflog. Natürlich wäre ihr nichts passiert – die wenigstens Attacken von Pokémon waren dazu in der Lage, Menschen ernsthaften Schaden zuzufügen – doch das plötzliche Aufzucken viel zu grellen Lichtes ließ sie einen Sprung zur Seite machen, um auszuweichen. Sie knallte unsanft mit der Seite gegen die Reling, und von ihrem eigenen Schwung getragen passierte, was sie eigentlich durch heftiges Rudern mit den Armen verhindern wollte: Sie kippte über das nur halb hohe Geländer und verlor den Boden unter den Füßen.[/tabmenu]Und jetzt halt noch die Benachrichtigungen - mal sehn, wer mich noch kennt x.X
    :pika:

  • Hallo, Sonnenblume!

    Wie geht es dir so, alles klar bei dir? Das letzte Kapitel ist schon wieder viel zu lange her, aber ich habe noch in etwa im Kopf, worum es ging (für so etwas habe ich ein gutes Gedächtnis...). Daher komme ich nun auch zu meinem Kommentar, ohne groß weiter drumherumzureden. x) Übrigens zähle ich auf dich als Inspirationsquelle, brauche sie jetzt mehr denn je...

    Ein Verräter an Bord

    Der Titel macht nachdenklich, was bei deiner Geschichte erschreckend oft vorkommt! Aber es ist trotzdem schade, dass von der leichten Romantik am Anfang nicht mehr viel übrig ist. Seufz. Ich hasse Veränderungen, aber das macht ja nichts. Auch Geschichten entwickeln sich weiter. :/ Die Beschreibung der Szenerie und des Fluges hat mir sehr gefallen, du hast es geschafft, die Landschaft kaum zu beschreiben, was bei einem Flug Sinn ergibt und trotzdem konnte ich sie mir gut vorstellen, denke ich. Das mit Shinzu vermute ich ja auch schon länger... Und vielleicht sind Geister einfach sensibler als Libellen? Das würde erklären, wieso Traunfugil etwas merkt, das Libelldra nicht aufgefallen ist (oder aber, sie lässt sich nichts anmerken).
    Momoko ist ein toller Name, seit ich Momo – Little Devil lese – ich liebe den Manga, er ist gigatoll – mag ich den Namen Momo und alles, was ihm ähnelt. Dass Shinzu ihr nicht herunterhilft, sondern nur Neko, finde ich jetzt nicht so überraschend. Aber Neko ist so bescheiden, sie würde nie glauben, dass jemand auf sie steht! Aber das macht sie ja so liebenswert...
    Was mir auch auffällt, ist, dass du sogar den Mechanismus eines Bootes beschreiben kannst und es wirkt, als ob du Ahnung davon hast. ._. Beneide ich dich sehr darum, würde ich nie im Leben so hinkriegen... Mir graut es schon, wenn ich irgendwann nicht darum komme.
    Das Magcargo tut mir auch leid, das arme Ding! Es wollte ja nur helfen...

    Shinzu scheint sich gar nicht allzu sehr daran zu stören, dass der Geist seine Frisur zerstört, wenn er sie danach nicht wieder gerichtet hat. Er wird mir immer sympathischer, flöt... So wie er sich an Neko heranschmeißt, ist er entweder der böse Verräter oder sehr verliebt!
    Mich wundert ein wenig, dass sich Neko so wenig an Shinzus Vergangenheit stört. Sie denkt zumindest in dem Moment seiner Erzählung nicht weiter darüber nach, macht keine geschockte Geste, nichts dergleichen. Schon alleine, wie kalt er das alles erzählt! Aber macht ja nichts, vermutlich ist sie da einfach anders ^.^ Schöner Abschlusssatz des Absatzes, schmacht...
    Wer er nun wohl ist?! Mizu wäre einfach viel zu leicht, das ist er nie im Leben! Wobei, es ist so offensichtlich, dass man es als unwahrscheinlich ansehen muss und dann vielleicht... Oder doch Shinzu. Oder jemand ganz anderes! Wah, ich bin so verdammt schlecht im Raten.
    „Panik stand ihr in das Gesicht geschrieben“, ich liebe diesen Satz! Kann nicht genau sagen, warum, aber er löst immer Gänsehaut bei mir aus. Ein paar Sätze vor Schluss hast du zweimal „versperrt“ verwendet, sonst sind Rechtschreibung und Grammatik makellos.
    Gemeines Ende, diesmal kein Cliffhanger, sondern eher ein... Gibt es ein passendes Wort? Waterfall? Hust. Bin gespannt, wie es weitergeht, wie immer. ~ Und freue mich auf mehr!

    <3

  • [tabmenu][tab=OMG schon ein neues Kapitel?! :0]Blabla und so, neues Kapitel fertig und das tatsächlich noch vor dem Ende der Ferien OoO
    User88150, vielen Dank für das Kommi, das Kommi dazu ist schon unterwegs in dein Gästebuch, braucht aber noch ein Weilchen, sorry ^^"
    Vor dem neuen Kapi muss ich aber warnen: Sage und schreibe 13 Seiten hab ich zusammengekriegt, dafür wird das nächste wohl etwas kürzer werden (hat aber auch nen bestimmten Grund, da passiert was Großartiges, das aber nich sehr viel Platz aber doch ein ganzes Kapi würdig ist, höhö) Außerdem dürfte die vorvorvorletzte Zeile, halt so fast am Ende, nich gerade appetitlich sein. Aber so was passiert nunmal, wenn er zuschlägt ;]
    HF <D[tab=Ja ein neues Kapitel!]KanivanhaKapitel 18: Eiskalt


    Im ersten Moment zuckten durch Nekos Geist Erinnerungen an eine Brücke über einem See. Da hatte sie auch das Gleichgewicht verloren, war über das Geländer gerutscht – aber nicht gefallen. Jetzt war niemand da, um ihr zu helfen.
    Es gab plötzlich einen Ruck, und ein unerträglicher Schmerz schoss durch ihren Arm. Ihr Sturz wurde mit einem Mal aufgehalten. Sie zwang sich, den Blick von dem unter ihr um ihre Beine fließenden Wasser abzuwenden und nach oben zu sehen: Überrascht stellte sie fest, dass sie sich im Augenblick des Schocks instinktiv an der Aufstieghilfe, die um den hölzernen Leib des Bootes verlief, festgehalten hatte.
    „Neko!“ Als Mizus Kopf über der Reling erschien, empfand sie unendliche Erleichterung. Sein Blick war zwar gehetzt, doch er wurde sogleich weicher, als der Lynoer Neko unter sich am Boot hängen sah, und nicht wie erwartet hilflos im Wasser treibend. „Schnell, gib mir deine Hand!“, forderte er sie auf, beugte sich über das Geländer und streckte ihr den Arm entgegen. Sofort ging ihm jedoch auf, dass das nicht genug war, ließ sein Kurzschwert klimpernd neben sich fallen und legte sich auf den Boden, sodass er ihr näher war. Die ganze Aktion war sehr riskant, da er leicht von hinten angegriffen werden konnte, doch das schien ihn nicht weiter zu stören. Neko befand jedoch, dass sie Mizu auch später noch für diese selbstlose Handlung würde dankbar sein können, und es nun wichtig war, auf seine Hilfe einzugehen. Vor Schmerz musste sie die Zähne zusammenbeißen, als sie sich mit der einen Hand fester an die Stange klammerte, um die andere mühsam nach oben zu strecken und die Mizus zu ergreifen. Es war ein unglaublicher Kraftakt, doch schließlich schafften es ihre Finger, sich nahe genug zu kommen, um zuzupacken und Neko hochzuziehen.
    Plötzlich ging durch das Boot ein heftiger Stoß, und Neko musste sich mit beiden Armen festhalten, um nicht runterzufallen. Als die Sterne vor ihren Augen und der leichte Schwindel verflogen waren, wagte sie einen verstohlenen Blick nach unten: Ihr erster Gedanke war, dass das Wasser durch seine unglaubliche Klarheit noch viel tiefer schien, als es eigentlich war, und dass sie sich trotz der sanften Strömung unmöglich an der Oberfläche halten konnte. Dann gewahrte sie die vielen Kanivanha, die um das Boot herumschwammen. Dass diese überhaupt hier waren, war schon verwunderlich – eigentlich lebten die Fischpokémon im Hauptarm des Lynor, um kurz vor ihrer Entwicklung schneller in den Salzwassersee gelangen zu können, da sie dort ihr restliches Leben fristeten – aber normalerweise griffen sie auch keine Boote der Größenordnung der Welsarherold an.
    Das alles waren Überlegungen, die zu denken Neko sich gerade nicht leisten konnte. Sie hob den Blick und sah wieder hinauf, machte sich daran, sich erneut zu Mizu hochzustrecken, als neben diesem Shinzu auftauchte und entsetzt nach unten starrte. „Verdammt, geh zur Seite!“, fuhr der Naminer Mizu hart an und stieß ihn grob fort, nur um dieselbe Position wie der Lynoer zuvor einzunehmen. Neko gönnte sich nicht die Muße darüber nachzudenken, von wem sie lieber gerettet werden wollte, und ob Shinzus Reaktion besonders freundlich gewesen war, sondern streckte sich so weit hoch wie möglich, um seine Hand zu ergreifen. Wie nicht anders zu erwarten, konnte sie sie nicht ganz erreichen, um sie tatsächlich zu packen.
    Ein jäher Schmerz blitzte in ihrer Schulter auf und raubte ihr den Atem. Sie konnte regelrecht mitverfolgen, wie der Krampf sich ihren Arm hinauf ausbreitete und bis in ihre Fingerspitzen schoss. Ihr entfuhr ein Schrei, und unwillkürlich ließ sie die Haltestange fest.
    Nur einen Wimpernaufschlag später war sie auch schon von klarem, kühlem, tödlichem Nass umgeben, und Luftblasen schillerten um sie herum auf. Der erste Schreck war schnell überwunden, und ein uralter Instinkt – nämlich der, zu überleben – gab ihr die Kraft, sich wieder zur Oberfläche hochzustrampeln. Der Moment an frischer Luft währte nicht lange genug, um ihre geschockten Lungen zu füllen, und Neko geriet fast sofort wieder unter Wasser. Verzweifelt schlug sie mit Armen und Beinen auf das Wasser ein, als könne sie es dadurch irgendwie bekämpfen oder dazu bringen, sie wieder nach oben treiben zu lassen. Was vorher wie die sanfte Strömung eines flachen Flussbetts ausgesehen hatte, entpuppte sich nun als heimtückische Falle: Durch die wenigen Erhebungen wie Felsen oder Sandhaufen wurde der Fluss kaum ausgebremst – weswegen er auch keinen Schaum schlug oder Wellen erzeugte, und daher harmlos und unschuldig wirkte – und bildete vor allem unter der Oberfläche eine Unterströmung, die die hilflose Chimäre aus der Steppe sofort mit sich riss. Neko versuchte, den Mund geschlossen zu halten und den Reflex, tief durch die Nase einzuatmen, zu unterdrücken, auch wenn der Sauerstoff knapp wurde – das, so hatte Mizu es ihr als erstes erklärt, war die Grundregel, wenn man schwimmen lernen wollte. Glücklicherweise erinnerte sie sich jetzt daran, doch mehr hatte er ihr nicht beigebracht, wobei das in diese Moment gewiss sehr praktisch, ja lebensnotwendig gewesen wäre.
    Als wäre die Strömung nicht genug, kamen nun auch die Kanivanha ins Spiel. Normalerweise fraßen die roten Wasserpokémon eigentlich kein lebendiges Fleisch und jagten auch nicht, solange sie nicht das Schuppenkleid eines Tohaido erhielten. Auf ihrem Speiseplan standen Aas und Früchte, die ins Wasser fielen, oder Seepflanzen, die sie aus dem Flussschlamm gruben. Aber sowieso war an diesen Pokémon so Einiges nicht normal, und so trauten sie sich an die heftig zappelnde Neko heran. Natürlich hatte die Eloa es erwartet, dass sie sich ihr nähern würden, vermied es aber möglichst bei ihren Versuchen, wieder an die Luft zu kommen, die Rauhaut der Kanivanha zu berühren und sich daran zu verletzen.
    Irgendwie schaffte sie es, sich rauszuarbeiten, brach durch die Oberfläche und atmete tief und verzweifelt ein. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf das Boot, das trotz der kurzen Zeit, die sie schon der Flussströmung ausgesetzt war, schon weit von ihr entfernt lag. Auch wenn ihr Blick durch viel Wasser verschwommen war, glaubte sie zu erkennen, wie eine Gestalt auf die Reling stieg und sich ihrerseits in den Fluss warf.
    Eines der Kanivanha schien die instinktive Angst vor größeren Wesen abgeworfen zu haben und packte nach Nekos Bein. Die spitzen, ebenfalls von der Rauhaut überzogenen Zähne gruben sich in ihr Fleisch, und das Wasserpokémon zog sie wieder zu sich hinab in sein nasskaltes Reich. Es gelang ihr mit einigen Tritten des anderen Fußes gegen den Raubfisch, ihren Unterschenkel wieder freizubekommen, und eigentlich konnte sie noch von Glück reden, dass das Kanivanha nicht fester zugebissen hatte – es war auch in der Steppe weitgehend bekannt, dass ihre starken Kiefer und die scharfen Reißzähne auch Beine ohne Mühe abreißen konnten. Nur ein wenig Blut floss aus den verhältnismäßig kleinen Stichwunden, aber der Schmerz war so groß, dass Neko nicht mehr die Kraft fand, sich erneut zur Oberfläche zu kämpfen. Sie sank immer tiefer, und der rettende Himmel entfernte sich immer weiter von ihr. Was vorher noch die letzte Luft gewesen war, die sie mit größter Not in ihre Lungen hatte einholen können, wurde jetzt zu brennendem Feuer, das sie von innen verzehrte. Sie schaffte es einfach nicht mehr…
    Gerade, als sie dachte, dass alles vorbei sei, verdunkelte ein Schatten die blau schimmernde Oberfläche des Flusses. Wie von Stromschlägen attackiert schossen die Kanivanha panisch davon. Etwas legte sich vorsichtig um Nekos Brust, zog sich sanft zusammen und trug sie nach oben. Als erstes war sie damit beschäftigt, Luft in sich hineinzusaugen, als ihr Kopf durch das Wasser brach, und kämpfte das Schwindelgefühl davon, das sie zu übermannen drohte.
    Erst jetzt schaffte sie es, ihren Retter anzusehen. Zuerst glaubte sie, der dunkle Haarschopf sei der Mizus, dann jedoch registrierte sie, dass er zu dunkel war, um dem Lynoer zu gehören.
    Es war Shinzu, der mit aller Kraft durch die Flussströmung pflügte, immer weiter zurück auf das Boot zu. Vor Angst und Schmerzen kam sie nicht einmal dazu, verlegen zu sein.
    Wie Neko feststellte, begleiteten sie auch Bojelin und Traunfugil, der besorgt um sie herumschwirrte, sich jedoch nicht weiter herantraute, um nicht im Weg zu sein. Was er wahrscheinlich auch nicht gewesen wäre: Shinzu schwamm so verbissen auch noch gegen die Strömung und mit gleich bleibender Geschwindigkeit an, dass ihn nichts und niemand abgelenkt hätte. Er kämpfte gegen den in ihrer Situation größtmöglichen Feind an, was sollte da schon sonst noch hinderlich sein?
    Kurze Zeit, nachdem Neko in den Fluss gefallen war, hatten sie die Welsarherold auch schon wieder erreicht. Auf den letzten Metern legte Shinzu noch einmal einen Zahn zu, um dann mit Schwung aus dem Wasser zu springen und sich mit der freien Hand an der Haltestange zu vergreifen. „Neko, geht es dir gut?“, hörte sie ihn fragen, aber sie brachte nur ein Nicken zustande. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt, und das nicht nur wegen der kurzen Zeit ohne Sauerstoff oder der Kälte, die ihre durchgeweichte Kleidung durchzog. Shinzu sagte nichts mehr, sondern versuchte, sie beide hochzuziehen – wenn er es erst einmal so weit geschafft hatte, könnte Neko sich auf die Stange hieven und dann am Boden über ihr Halt für ihre Hände finden. Doch so sehr Shinzu die Armmuskeln auch anspannte, er schaffte es nicht, sie beide raufzubringen. Auch mit den Beinen vermochte er es nicht sich abzustoßen, denn auf den feuchten Holzbrettern des Bugs rutschten seine Füße ständig ab.
    Da flitzte Porygon2 heran und rief seinen Namen. „Porygon, hilf uns!“, trug Shinzu seinem Erstpartner auf, und die Kolibriente nickte kaum merklich. Sie hielt sich im Schwebeflug ruhig in der Luft, während sie sich auf Neko konzentrierte. Die gefühlskalten Augen einer künstlichen Intelligenz durchbohrten sie, wurden stechend hellblau. Neko spürte einen leichten Druck von allen Seiten auf jeden Quadratzentimeter ihres Körpers, das zu einem schwachen Kribbeln wurde und sich schließlich auf ihrem Kopf und ihrem Oberkörper verstärkte. Shinzu lockerte seinen schützenden Griff um sie, und die Psychokinese seines Partnerpokémon ließ sie sanft nach oben schweben. Eine leichte Panik befiel die Eloa, doch sie wusste, dass Bewegungen es Porygon2 nur erschweren würden, sie in der Luft zu halten. Also verhielt sie sich ruhig und wartete, bis es sie auf sicheren Holzbrettboden wieder abgesetzt hatte. Neko war nicht sehr überrascht, dass der Kampf auf der Welsarherold unverändert weiterging.
    Nur einen Augenblick nach ihr sprang auch Shinzu wieder an Bord und ging neben ihr in die Hocke. Er war triefend nass von seinem Sprung ins Wasser, und sein schwarzes Haar war so durcheinander, wie es Traunfugil alleine niemals hinbekommen hätte. „Alles in Ordnung?“, wollte er noch einmal wissen und schien erst damit zufrieden zu sein, dass sie heftig nickte und es ihm wörtlich versicherte. Er warf zwar einen missbilligenden Blick auf die Wunden, die ihr das Kanivanha zugefügt hatte, sagte jedoch nichts dazu. „Dann geh besser unter Deck!“, ermahnte der Naminer seine Teampartnerin eindringlich und stand wieder auf.
    Neko brauchte ein paar Atemzüge, um die Kraft zu finden, sich überhaupt aufzurichten. Traunfugil schwebte neben ihr und beobachtete sie eingehend, als könne allein sein Blick sie dazu bewegen, die Beine in die Hand zu nehmen und zur Luke zu verschwinden. Gerade wollte sie seiner stummen Aufforderung nachkommen, als der Nebelgeist einen erstickten Schrei ausstieß und sich hinter ihrem Rücken versteckte, den sie gegen eine Stange des Geländers gestützt hatte. Seine Menschenpartnerin sah auf und erschrak nicht weniger als er: Mit weit ausladenden Schritten kam ein Königlicher Soldat auf sie zu, das Schwert im Anschlag. Kaum, dass er nahe genug war, hob er die im abendlichen Sonnenlicht silbern aufblitzende Klinge über seinen Kopf, um sie mit einem Schlag davon aus dem Leben zu reißen.
    Der silberne Blitz fuhr nieder, und Neko hob schützend den Arm vors Gesicht, nicht wirklich in der Hoffnung, dass es sie retten könnte, sondern weil sie ihren stählernen Tod nicht kommen sehen wollte. Ein metallisches Klirren war zu hören, doch der erwartete Schmerz blieb aus.
    Verstohlen wagte es die Chimäre, den Blick wieder zu heben. Mizu!, dachte sie ebenso glücklich wie erstaunt, als sie den Lynoer mit dem Rücken zu ihr vor sich stehen sah. Seine Pose verriet, dass er schnell angeeilt war, um das Schwert abzubremsen – er stand nur auf einem weit vorgestellten Bein, das andere hing wie zum nächsten Schritt bereit daneben, und er hatte sich im letzten Moment zu dem Krieger umgedreht, sodass er völlig schief stand – doch es war eine so unglückliche Stellung, dass er dem Druck, den der Soldat auf seine Waffe ausübte, kaum etwas entgegensetzen konnte. Mit absolut gefühlslosem Blick, als ärgere er sich noch nicht einmal darüber, dass der Dunkelblauhaarige ihn daran gehindert hatte, die Rebellin zu töten, drückte er Mizus Schwert immer weiter nach unten.
    Da trat Shinzu hinter den Soldaten, packte seine Arme und bog sie nach hinten, sodass Mizu frei kam und seinen Widersacher schnell entwaffnen konnte. Der Krieger, der gute fünfzehn Jahre älter war als Nekos Retter, ließ sich davon nicht beirren und riss mit einem Tritt Shinzu die Beine unter dem Leib weg. Der Naminer stürzte schwer auf den Holzboden, der Soldat kam frei und griff sich sein Schwert wieder, um Mizu erneut in einen Tanz der Klingen zu verwickeln. Shinzu rappelte sich schwerfällig auf und blickte einen kurzen Moment benommen um sich. Schließlich sah er sie durchdringend an und drängte warnend: „Geh unter Deck!“
    Neko nickte erschrocken – so wütend hatte er sie noch nie angesehen – und zog sich an der Reling hoch. Vorsichtig belastete sie das verletzte Bein zur Probe. Zwar schmerzte ihre Wade nach wie vor, aber wenn sie sich am Geländer neben ihr aufstützte, konnte sie sich langsam zur Luke voranarbeiten.
    In der Nähe kämpfte Tetsu als ihr Anführer gegen den der Soldatengruppe, der ein Schwert mit goldener Klinge immer wieder auf die Maschock-Chimäre niederfahren ließ. Zwar war der Gotela um ein Vielfaches stärker als der auch einen guten Kopf kleinere Naminer, doch dieser war ungleich schneller und flinker. Tetsu wehrte einige Klingenhiebe mit gewaltigen Schlägen seiner Hämmer ab, bemühte sich aber sichtlich darum, den Soldaten nicht zu verletzen. Diesem lag das körperliche Wohl seines Gegners natürlich nicht am Herzen, und so sprang er mit einem eleganten Ausfallschritt nach vorn, schwang seine Waffe und schlitzte Tetsu den Oberarm auf. Der dunkelhäutige Riese brüllte einen Fluch und schlug dem Krieger mit einem in weitem Bogen geschleuderten Hammerhieb das Schwert aus der Hand.
    Neko hatte in der Zwischenzeit beinahe die Luke erreicht. Tetsus plötzlicher Ausruf erschrak sie jedoch so sehr, dass sie falsch auf ihr verletztes Bein auftrat, sodass es einknickte. Was vielleicht auch ihre Rettung gewesen war: Das herrenlose Schwert flog eine hohe Parabel und landete genau an der Stelle, an der sie gewesen wäre, hätte sie nicht innegehalten. Die hellgelbe, gold glänzende Klinge, deren Schärfe mit nichts zu vergleichen war, hatte sich zu einem guten Teil in die Holzbretter gebohrt und bebte noch von ihrem Aufschlag. Kein einziger Tropfen Blut befleckte die spiegelglatte Oberfläche. Wie gelähmt starrte Neko das metallene Blatt an, und es schien zurückzustarren; nicht nur, weil sich ihre eigenen entsetzt aufgerissenen Augen verzerrt darin spiegelten: Sie hatte das unheimliche Gefühl, dass in diesem Schwert eine Seele steckte, auch wenn sie nicht sagen konnte, woher es kommen sollte. Zitternd stand sie wieder auf und starrte das eigentümliche Material des Schwertes weiter an.
    Es war, als ob sie etwas rufen würde. Um Hilfe.
    Geistesabwesend legte Neko die Hand um den Knauf des Schwertes und zog es aus dem Holz. Für einen Moment meldete sich wieder ihre Vernunft, die auch eine sehr vernünftige Frage stellte: Warum ist es so leicht? Neko hatte noch nie ein richtiges Schwert in Händen gehalten, geschweige denn dass sie eine Ahnung hatte, welches Gewicht eines haben musste. Doch sie hatte schon Küchenmesser gehalten, mit denen man sich im Ernstfall ebenfalls verteidigen konnte, und für deren Gewicht proportioniert zu der Länge dieser Klinge war das Schwert eindeutig viel zu leicht. Es fühle sich an, als hielte sie einen einfachen, trockenen Stock denn eine tödliche Waffe.
    Dann schaltete sich wieder ihr Unterbewusstsein ein, das all diese Überlegungen niederdrückte. Jetzt war sie sich sicher: Dieses Schwert rief – nicht unbedingt nach ihr, aber sie schien die Einzige zu sein, die es hören konnte.
    Ein Brummen und Krachen holte Neko wieder in die Gegenwart zurück, und sie sah Magneton, das orientierungslos mal in diese, mal in die andere Richtung flog und sie immer wieder abrupt wechselte, dabei nicht selten auf dem Boden aufschlug. Schließlich landete es kraftlos vor ihr. Seine Augen bewegten sich unabhängig voneinander, und seine Magnete drehten sich schnell, langsam oder ruckartig. Feine Blitze zuckten immer wieder auf, und besonders dicht waren sie um einen kleinen, schwarzen Gegenstand auf der stählernen Haut seines dreigeteilten Körpers. Neko sah genau hin und erkannte, was es war: Ein Magnet. Ein ziemlich starker sogar, wenn er es schaffte, Magnetons eigenes Magnetfeld, mit dem es sich normalerweise in der Schwebe hielt, völlig durcheinander zu bringen und außer Kraft zu setzen. Sie beugte sich zu dem Elektropokémon runter und versuchte mit bloßen Händen, den Magneten zu entfernen, doch der saß so fest wie angewachsen. Nach kurzem Zögern entschloss sie sich dazu, das merkwürdige Schwert zu benutzen. Vorsichtig, um sich selbst und auch Magneton nicht zu verletzen, schob sie die Klinge leicht unter das Objekt und verkantete sie dort. Mit einem Ruck und heftigem Hin und Herbewegen der fremden Waffe konnte sie den Magneten lösen, den sie ohne lange nachzudenken über Bord warf. Ihr zweckentfremdetes Werkzeug hatte eine Schramme auf der metallischen Haut zurückgelassen, die jedoch nicht weiter schlimm war und irgendwann heilen würde.
    Magneton zischte erleichtert, drehte seine eigenen Magnete zuerst unterschiedlich, dann gleichmäßig und in dieselbe Richtung, um sein Magnetfeld wieder zu ordnen. Schließlich konnte sich Rais Erstpartner wieder in die Schwebe erheben. Kaum hatte es wieder Orientierung, fiel der Blick der drei Pupillen seiner Augen aber auf die goldene Klinge des Schwertes in Nekos Händen. Wie gebannt starrte es darauf, als erzähle ihm das Metall seine tragische Geschichte.
    „Du spürst es auch, nicht wahr?“, fragte sie leise. Es war leicht zu erkennen, wie schwer Magneton den Blick von der Klinge lösen konnte, denn seine drei Augen richteten sich nacheinander auf sie. Es brummte, und kleine Blitze zuckten bestätigend zwischen seinen Segmenten auf. „Was ist das nur?“ Die Frage war mehr an sie selbst gerichtet denn an das Metallpokémon, denn Neko erwartete nicht wirklich eine Antwort. Eigentlich wollte sie auch keine – es war einfach viel zu merkwürdig. Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, ob es die richtige Tat war oder nicht, hielt sie die Waffe weit über die Reling hinaus und ließ sie fallen. Das Schwert mit der goldenen Klinge drehte sich zweimal, blitzte ein letztes Mal auf, bevor es in den Fluss fiel und in seinen Fluten versank.
    Der ganze Vorgang nahm nicht einmal zwei Minuten in Anspruch, und in der Zwischenzeit hatte Tetsu seinem entwaffneten Gegner mit einem Schlag seines Hammergriffs das Bewusstsein geraubt. Er schnaubte vor Wut, ließ seine eigenen schweren Waffen auf den Boden donnern und hielt sich die heftig blutende Wunde am rechten Oberarm. Neko wollte gerade weiter, als sich die nicht mehr weit entfernte Luke von unten öffnete und Giflor und Momoko ausspuckte. Überrascht starrte die Chimäre ihre grünhaarige Freundin an, die nun kein bisschen mehr blass war. Wie auch immer sie ihre Seekrankheit so plötzlich überwunden hatte, das Selbstbewusstsein, das sie mit einem Mal ausstrahlte, stand ihr eigentümlich gut.
    „Leute, haltet die Luft an!“, rief sie warnend, und Neko tat es ohne nachzudenken – es lag eine Autorität in der Momokos Stimme, die alles Nachdenken vergessen ließ. Es schien, als verliehe die Nähe ihrer Heimat der Dyrierin neue Energie. Sie nickte zu Duflor runter, die daraufhin eine mehr oder minder grazile Tanzbewegung machte und aus der fleischigen Blüte auf ihrem Kopf eine dichte Wolke grünen Staubes entließ. Dieser breitete sich von selbst über das ganze Boot aus und raubte einem die Sicht. Neko hatte bald keine Luft mehr und unterdrückte nur mit Mühe den Drang, tief einzuatmen, als Libelldra über die Welsarherold hinwegflog und mit eifrigem Flügelschlag einen Wind heraufbeschwor, der die grüne Wolke davonschweben ließ. Schließlich hatte sich der Schlafpuder so weit verdünnt, dass man gefahrlos wieder Luft nehmen konnte.
    Neko atmete einige Male tief durch, etwas kraftlos nach dem zweiten Mal Atemnot, bevor sie sich eingehender auf dem Boot umsah. Ein paar Taubsi, das Kramshef, die übrigen Pokémon der Soldaten und diese selbst lagen schlafend auf dem Holzboden. Wie nicht anders zu erwarten war, hatten sie keine Befehle von jemand anderem als dem König selbst entgegengenommen und auch nicht auf den gut gemeinten Rat Momokos gehört. Die gehörige Dosis Schlafpuder hatte alle ihre Feinde erwischt.
    „Großartig!“, rief Rai als Erster unter ihnen aus und trat vorsichtig mit dem Fuß gegen den Krieger, gegen den er bis eben noch gekämpft hatte. Der Tiro hatte einige Schnittwunden an Armen und Beinen, die aber nicht gefährlich aussahen. „Dann lasst sie uns jetzt endlich kalt machen!“ Vom Rausch des Kampfes getrieben hob er seine Sense weit über den Kopf, um seinen Widersacher damit aufzustechen. Allerdings fuhr ihm Mizu dazwischen, der schnell den Schaft der Sense ergriff, bevor sie entgleiten konnte. Rai entwand sie ihm empört, aber der Lynoer ließ sie ohnehin gleich wieder los. „Was soll das?!“, schnauzte der Gelbhaarige ihn an.
    „Mizu hat Recht“, ermahnte Tetsu den hitzköpfigen Rai – auch wenn Mizu nichts gesagt hatte – und betrachtete nachdenklich seine blutverschmierte Hand. „Wir sollten sie nicht hinterrücks ermorden. Jemanden im Kampf zu verletzen oder zu töten ist eine Sache – aber das, was du vorhast, ist kaltblütiger Mord. Und solange du meiner Führung unterstellt bist, lasse ich keinen Mord zu.“ Er blickte zum Ufer. „Lasst sie uns rübertragen und dann die Grenze passieren. Irgendwann werden sie schon aufwachen.“ Er griff das dicke Hanfseil, mit dem er näher an das Ufer und die Zollstelle herangekommen war und die Welsarherold festgemacht hatte, und zog sie gänzlich ins seichte Wasser.
    Es dauerte nicht lange, bis die Soldaten, ihre Waffen und alle feindlichen Pokémon an Land gebracht waren, dann stießen sie sich wieder in tieferes Wasser und setzten ihren Weg fort. Akari bewies großes Geschick beim verarzten der Wunden, insbesondere bei der ihres Vaters, und Neko hielt ihr heimliches Versprechen ein und wies Libelldra an, die Kurbel zu bedienen. Das konnte Tetsu nun nicht mehr selbst erledigen, um seinen Arm zu schonen. Neko entging nicht, dass ihm das ganz und gar nicht gefiel und er immer wieder unwirsch vor sich hinbrummte. So resigniert hatte sie ihn noch nie erlebt. Sie betrachtete die beiden Kriegshämmer, von denen einer allein schon so viel wog wie sie, und entdeckte eine tiefe Schramme in einem von ihnen. Das goldene Schwert hatte sie bestimmt in den dunklen Stein gerissen, als Tetsu es seinem Besitzer aus der Hand geschlagen hatte. Sie wunderte sich, dass die Klinge dann nicht mindestens ein bisschen verbogen oder brüchig gewesen war, sondern wie neu gewirkt hatte. Was war das nur für ein Ding?, fragte sie sich, und das nicht zum ersten Mal.
    „Also ich finde es ja sehr seltsam, dass sie das Netz runtergelassen haben“, meinte Kasai und blickte nachdenklich flussabwärts, wo die Schranke, die sie vor einigen Minuten passiert hatten, gerade hinter einer Flussbiegung verschwand.
    „Das haben sie auch nicht“, entgegnete Mizu, der sein Kurzschwert vom Blut seiner Feinde gesäubert und dann gleich wieder die Steuerung des Bootes übernommen hatte. „Es war Bojelin. Schranken wie diese gibt es am Lynoer so einige, und die meisten haben unter Wasser noch einen Hebel, mit dem sie sich öffnen lassen. Eigentlich bewacht ein Pokémon diese Stelle, aber daran haben die hier wohl nicht gedacht.“
    Akari, die vor Neko kniete und geschäftig eine Mullbinde an ihr Bein anbrachte, zog diese noch einmal fest zu und betrachtete zufrieden ihr Werk. „Und sonst fehlt dir nichts?“, erkundigte sie sich und stand auf.
    „Nein. Vielen Dank“, antwortete Neko aufrichtig und strich vorsichtig über den Verband. Eigentlich hatte sie keinen gebraucht, denn allzu schlimm war ihre Verletzung nicht, aber die Gotela hatte darauf bestanden, sie zu verarzten, was sie auch bei Rai und Mizu getan hatte. Auch Voltenso und Libelldra hatten von ihren Kämpfen die eine oder andere Wunde davongetragen, doch die waren nicht mehr als Kratzer. Alles in allem waren sie aus dem Kampf eigentlich gut davongekommen. An Lob für Momoko, ohne deren beherztes Eingreifen das nicht möglich gewesen wäre, mangelte es natürlich nicht.
    „Was ich mich aber frage“, warf Raika ein und Momoko einen abschätzigen Blick zu, „ist, wie du deine Seekrankheit losgeworden bist. Du hättest uns da unten beinahe deinen Mageninhalt präsentiert, und nach einem Schluck Wasser geht es dir plötzlich gut genug, wie Seijin aufzutreten? Da stimmt doch was nicht!“
    Momoko lächelte kokett und genoss sichtlich den Moment der Überlegenheit, der ihr gegönnt war. „Was sollte daran nicht stimmen? Adrenalin weckt nunmal verborgene Kräfte!“
    Allmählich dämmerte der Abend, und besonders im Großen Wald mit seinen gewaltigen Baumriesen verlor das schwindende Licht der Sonne schnell den Einfluss auf das Leben in ihm. Neko hatte als Kind der Steppe nie so viele und vor allem so große Pflanzen an einem Ort gesehen, trotz ihrer vier Jahre als Rebellin. Im Herzland gab es natürlich auch Wälder, aber im Verhältnis zu diesem waren sie nur Sandkörner neben einem Berg. Die meisten Bäume, die am Fluss wuchsen und langsam an ihnen vorbeizogen, waren schon himmelhoch, vielfach höher als die Bäume, die die Chimäre kannte. Und das waren nicht einmal die höchsten, die der Wald zu bieten hatte. Allein der Anblick, der sich ihr gerade bot, war schon unvorstellbar. Aber Neko hatte sogar einmal gehört, dass das Gebiet zur Todeswüste hin Bäume beheimatete, die so hoch waren, dass sie nicht einmal genug Wasser in ihre entlegendsten Zweige zu bringen vermochten, weil der Luftdruck da oben zu sehr abnahm. Außerdem schien es keine einzige Baumart zweimal zu geben: Jede Pflanze, die ihr Blickfeld passierte, schien einzigartig, hatte keine Borke wie jeder andere Baum in der Umgebung, eine andere Abwandlung von Grün, eine eigene Blattform. Auch das Unterholz wies diese Vielfalt auf: Vielerlei kleinere, jüngere Bäume, die sich mit jedem ausgewachsenen des Herzlandes messen konnten, jede Menge Büsche, die meisten mit Beeren, und vereinzelte Blumen lugten zwischen den dicht stehenden Stämmen hervor. Und welche vegetative Welt sich in den Schatten des Waldes verbarg, die das Abendlicht nicht freigab, konnte man nur erahnen. Die Luft war so frisch und klar, wie Neko sie noch nie geatmet hatte, und es war wie Balsam für ihre Lungen, nachdem diese heute schon zweimal ihren Dienst hatten verweigern müssen.
    Doch von ihrer Gruppe schien es Momoko zu sein, die sich hier am besten fühlte. Jetzt, da ihr nicht mehr schlecht war und sie sich gefahrlos an Deck aufhalten konnte, nahm sie die ganze Schönheit ihrer Heimat wie ein Schwamm in sich auf. Neko konnte das vollauf verstehen – auch sie war hin und weg. Doch ein Zustand, an den sie sich gewöhnen wollte, war es nicht. Die fehlende Freiheit des Himmels über ihr, die sie von der Steppe her gewöhnt und von der sie nun durch dichtes Blattwerk getrennt war, kitzelte Platzangst in ihr wach. Aber für die wenigen Tage, die sie hier verbringen würden, wäre das sicher kein Problem.
    „Wir werden bald landen“, dröhnte Tetsus tiefer Bass plötzlich in die abendliche Stille. „Es ist zu dunkel, um noch was zu erkennen, und wir wollen ja nicht auf Grund laufen. Wir erreichen demnächst ein Dorf, in dem wir die Nacht verbringen werden, aber da gibt es ein Problem.“ Wie als könne der Wald sie belauschen senkte er die Stimme, auch wenn das bei seiner nicht sehr viel brachte. „Die Dorfbewohner sind Rebellen nicht gerade freundlich gesinnt. Aber uns einfach so aus Verdacht zu verraten oder gar anzugreifen werden sie nicht tun. Wenn ihr verheimlicht, wer wir sind, wird uns nichts passieren. Bitte seid schweigsam und gebt darauf Acht, was ihr sagt und worüber ihr sprecht!“ Einstimmiges Nicken folgte dieser Ansprache. Niemand von ihnen hatte nach dem anstrengenden Kampf besondere Lust auf weitere Schwierigkeiten. „Morgen werden wir dann unseren Zielort erreichen“, verkündete Tetsu noch.
    Der Gotela trug Mizu und Libelldra auf, das Boot im Schutze der Dunkelheit zuerst an der Anlaufstelle des Dorfes vorbeizuschiffen. Einige Meter weiter flussaufwärts, hinter einem dichten Gestrüpp vor Blicken geschützt, vertauten sie die Welsarherold am Ufer und stiegen ab. Kasai ließ eine Tirade wüster Flüche vernehmen, als er feststellen musste, dass sein Erstpartner eingeschlafen war. Durch die geöffnete Luke war auch unter Deck eine gute Portion Schlafpuder gedrungen, und Magcargo, der ohnehin nichts zu tun gehabt hatte, unterlag immer noch dessen Wirkung. Tetsu versuchte den Keraner zu beruhigen und versicherte ihm, dass das sogar sehr gelegen kam: Falls jemand das Boot finden würde, könnte die Lavaschnecke es zur Not verteidigen, vorausgesetzt, sie erwachte bis dahin. Aber auch im anderen Fall würde es wohl keiner ausplündern, wenn in der Nähe ein Pokémon schlief, das jederzeit aufwachen und einem die Rübe versengen konnte. Darauf hatte Kasai natürlich nichts zu erwidern, aber man sah ihm an, dass ihm das Nickerchen seines Erstpartners nicht gelegen kam. Was auch verständlich war: Die Probezeit, die sie alle in der Hauptgruppe der Schwarzen Rose zu bestehen hatten, hing auch sehr vom Potential ihrer Partnerpokémon ab, und wenn sich Magcargo als inkompetent erwies, musste Kasai das Hauptquartier verlassen.
    Zunächst folgte die Gruppe dem Flusslauf zurück zu der Stelle, an der zwei kleine Boote vertäut lagen. Von dem Landungssteg führte ein ausgetretener Trampelpfad in den Wald hinein. Nach einigen Metern erreichten sie das Dorf, das im Wald verborgen lag. Neko hätte es wohl übersehen und für eine Lichtung gehalten, denn die Dunkelheit verschluckte das meiste. Außerdem waren die Dyrier für ihre eigenartige Architektur bekannt, ihre Holzhütten in den Wipfeln der Bäume oder um die Stämme herum zu bauen, sodass ihre Behausungen wirkten wie ein Teil des Waldes. Über Strickleitern konnte man vom Boden aus nach oben gelangen, und durch Hängebrücken waren die einzelnen Gebäude auch in der Luft miteinander verbunden. Vor einigen Hauseingängen hingen kleine Laternen, die ein schwaches, gelbliches Licht verströmten, wodurch das Dorf etwas von einer Geisterstadt erhielt. Dieser Effekt wurde interessant unterstrichen, als Traunfugil ein verwundertes Heulen ausstieß. Anscheinend erstaunte auch ihn die Eigentümlichkeit dieses Dorfes.
    Tetsu hielt zielsicher auf ein etwas größeres Gebäude zu, das zu Füßen eines der dicksten Bäume hier erbaut war. Wie lange es hier schon stand, ließ sich leicht daran erkennen, dass das Wachstum des Baumes es an vielen Stellen ausgebeult und verformt hatte, sodass es mehr wirkte wie ein zerknautschter Karton denn wie der gleichmäßiger Quader, den solide gebaute Häuser normalerweise darstellten. In der Baumkrone hingen zwei kleinere Hütten, die jedoch viel jünger wirkten.
    Ihr Gruppenanführer wies sie an, die Partner in den Wald zu schicken, ließ Absol ihn jedoch begleiten. Sie betraten das Gasthaus – wobei es viel mehr eine einfache Schenke war, wie Neko fand: Das Innere war genauso ausgebeult wie das Äußere, und an vielen Stellen hatten sich die Bretter der Wände voneinander gelöst und ließen durch schmale Ritze kalte Abendluft ein. Was auch gut war, denn die Luft hier drinnen war so stickig, dass man sie in Würfel schneiden und raustragen konnte, ja musste, um sie überhaupt atembar zu machen. Unter der Decke, die rußgeschwärzt war, hing eine Glocke dunstigen Rauches, der einem Atem und Sicht raubte. Ein gutes Dutzend runder Holztische stand in dem Schankraum, und an den meisten saßen grimmig dreinblickende Männer, manche auch im Rausch von Bier und Met bereits eingeschlafen. Manche sahen auf, als die Rebellengruppe eintrat, aber die meisten nahmen sie nicht weiter zur Kenntnis.
    Hinter einem Tresen stand ein Mann, der seine mittleren Jahre weit hinter sich gelassen zu haben schien, und geschäftig ein Glas mit einem schmutzigen Geschirrtuch trocknete. Auf diesen hielt Tetsu zu und blieb schließlich vor ihm stehen. Während er ihm sein Anliegen darlegte, dass sie eine Unterkunft für die Nacht benötigten, sah Neko sich weiter in der Schenke um. Ein paar der Männer grinsten lüstern zu den Mädchen rüber, aber sie stellte fest, dass einige mit Missbilligung bemerkten, dass sie eine Chimäre war. Mehr unbewusst als gewollt holte sie aus ihrer Umhängetasche ihre Mütze hervor und zog sie sich über den Kopf. Wie beiläufig stellte sich in diesem Moment Mizu zwischen sie und einen besonders nahe sitzenden Gaffer, sah aber nicht zu ihr. Wahrscheinlich versucht er, mich immer noch vor dieser Gefahr zu beschützen, überlegte Neko, wandte sich jedoch ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Tetsu und den Schankwirt.
    „Ihr seid mir leider eindeutig zu viele“, wimmelte dieser gerade ab, nachdem der Gotela ihm ein gutes Sümmchen Geld angeboten hatte. „Ich habe gerademal zwei Zimmer, und die sind beide belegt.“
    „So?“, fragte Tetsu misstrauisch. „Von wem denn?“ Neko konnte sich vorstellen, was ihren Anführer zu dieser Frage bewegte: Wer sollte schon in dieses von den Göttern verlassene Dorf kommen, das irgendwo hinter der Grenze zum Herzland lag? Außer Leuten, die unentdeckt durch den Großen Wald reisen wollten, diente dieses Gasthaus niemandem.
    Der Dyrier grinste breit und spöttisch und entblößte eine Reihe gelb verfärbter Zähne. „Von Celebi und ihrem Zuhälter natürlich.“ Momoko sog empört die Luft ein ob dieser Blasphemie, was der Wirt mit einem erneuten Grinsen quittierte und eine dickflüssige, schwarze Masse vor sich auf den Boden spuckte. Kautabak vermutlich. „Wenn ihr hier übernachten wollt“, fing er an, stellte das Glas, das jetzt zwar trocken, dafür aber wahrscheinlich noch schmutziger war wie vor dem Spülen, zur Seite und nahm sich ein neues, „könnt ihr es auf der Wiese neben der Eiche tun. Für so viele Gäste habe ich keinen Platz.“ Damit vertiefte er sich wieder ins Abtrocknen seiner Gläser, und die Unterhaltung war für ihn beendet.
    „Vielen Dank“, brummte Tetsu sarkastisch und wandte sich zum gehen. Alles, was vorher noch die Mädchen beäugt hatte, sank nun wieder die Köpfe in Biergläser und Spielkarten, und die Rebellengruppe verließ die Schenke.
    Die ihnen genannte „Wiese neben der Eiche“ war schnell gefunden, denn in dem Dorf gab es nur eine einzige Eiche, an der niemand gebaut hatte. Was Neko nicht wirklich verstand, denn die stämmige Baumart war eigentlich die, die am langsamsten wuchs, und daher ideal, um ein Haus zu bauen, das man nur selten renovieren musste. Aber viele Dyrier sahen es als Teil ihrer Baukunst an, dass ihre Häuser ständig im Wandel waren und sich mit den Bäumen ausweiteten. Wahrscheinlich war das der Grund, aus dem die Eiche noch unbehelligt von Bebauung geblieben war.
    Tetsu, Akari und Kasai gingen noch einmal zum Boot zurück, in dessen Bauch sie einige Zelte mitgenommen hatten, und brachten sie auf die Wiese. Jeweils zwei von ihnen schliefen in einem, Tetsu allein. So standen alsbald fünf Zelte bereit, in ihnen die Nacht zu verbringen. Neko erklärte sich bereit, mit Raika ein Zelt zu teilen, da sie nicht wollte, dass Akari oder Momoko sich mit ihrer herablassenden Art rumschlagen mussten. Sie war ohnehin zu müde, um auf die Beleidigungen der Tira irgendwie einzugehen.
    So lag sie also auf dem Zeltboden, das weiche Wiesengras und die harte Erde darunter. Es war ziemlich frisch geworden über den Abend, und jetzt in der Nacht war es kalt geworden. Überhaupt wurde es im Großen Wald wohl nie besonders warm, da die Baumkronen jedes Eindringen von Licht unmöglich machten. Doch nachts kühlte es auch im Sommer gut und gerne auf unangenehme Temperaturen herunter. Das fand wohl auch Traunfugil, der durch die Zeltwand geschwebt kam und sich zu Neko unter die Decke kuschelte, um ein wenig von ihr gewärmt zu werden. Die Chimäre fragte sich, wo Libelldra wohl war, denn die Wüstendrachin hatte sich nicht mehr blicken lassen, nachdem sie gelandet waren. Wahrscheinlich hielt sie sich irgendwo im Wald nicht weit vom Dorf entfernt auf, gut verborgen durch ihre praktische Farbe in einem Baum, und wartete darauf, dass sie zum Boot zurückkehrten.
    „Ich sage dir eins“, warnte Raika sie, als sie bemerkte, dass sich Traunfugil mit ihnen im Zelt aufhielt, „wenn diese kleine Nervensäge mir zu nahe kommt, war es seine letzte Untat!“
    Schützend legte Neko ihre Hand auf den flammenden Kopf ihres Partners. Der sah sie verwundert an, doch sein Blick schien sagen zu wollen, dass er nichts verbrechen würde – lieber lag er hier bei ihr unter der warmen Decke und ließ es sich gut gehen. „Gute Nacht“, flüsterte die Eloa, nicht nur zu dem Nebelgeist, sondern auch zu Raika. Doch die antwortete nicht und stellte sich schlafend. Neko zog die Decke noch ein wenig höher und war kurze Zeit später auch schon eingeschlafen.[/tabmenu]

  • [tabmenu][tab=Aufspaltung]Das Kapi is zu lang o0[tab=weiterlesen]Als er sich sicher war, dass nun alle schliefen, insbesondere sein Zeltnachbar, legte er eine Tarnung über sich, um sich unsichtbar zu machen. Langsam, ohne ein Geräusch zu verursachen, stand er auf und verließ das Zelt. Wie er es erwartet hatte, pirschte Voltenso zwischen den Zelten umher und schnüffelte an den Planen, bewachte aber ganz besonders das, in dem seine Menschenpartnerin lag. Auch wenn Tetsu gemeint hatte, dass es besser sei, die Pokémon versteckten sich im Wald, hatte er ein paar wenigen erlaubt, bei ihnen als Wache zu bleiben. Auch sein eigener Erstpartner hielt sich unweit ihres Lagers auf und merkte sofort, dass er aus dem Zelt getreten war. Er beobachtete den Unsichtbaren reglos, ließ sich aber nicht anmerken, was seine Meinung dazu war, dass er wieder herumschlich. Er legte einen Finger auf die Lippen, auch wenn er wusste, dass sein Partner es nicht sehen konnte – und überhaupt hätte dieser ihn niemals verraten, egal was kam.
    Voltenso kam auf seinem Wachgang immer näher an ihn heran und hatte ihn bald erreicht. Sowieso war er schon nahe genug, um einen Geruch wahrzunehmen, auch wenn er unsichtbar war. Schnell füllte er die Luft mit einer Aromakur-Attacke. Ihm war klar, dass er sich dadurch noch auffälliger machte, aber der Donnerhund konnte dann wenigstens nicht seine Fährte aufnehmen und ihn wohlmöglich auch noch erkennen. Der intensive Duft von Blüten und Salzen umwehte Voltensos Nase fast sofort, und Raikas Partner blickte auf. Er duckte sich, fletschte die Zähne und knurrte bedrohlich.
    „Mann, Voltenso, halt dein Maul, du dämlicher Köter!“, ertönte es aus einem nur wenige Meter entfernten Zelt.
    Das war Raika! Die Tira war also noch gar nicht eingeschlafen! Wenn Voltenso jetzt nicht Ruhe gab, würde sie das misstrauisch machen. Er überlegte sich, was er nun tun sollte. Sicher, vor einem kaltblütigen Mord, wie Tetsu das formuliert hatte, an einem hilflosen Menschen schreckte er selten zurück, aber ein Pokémon hatte noch nicht zu seinen Opfern gezählt. Wäre es ein Fehler, wenn der Donnerhund das erste wäre? Würde er ihn überhaupt schnell genug erledigen können, um nicht die ganze Rebellengruppe zu wecken? Was, wenn ein anderes Pokémon irgendwo versteckt ihn dabei beobachtete?
    Doch all diese Überlegungen erwiesen sich als sinnlos, denn Voltenso gab tatsächlich Ruhe. Demonstrativ legte er sich neben das Zelt seiner Menschenpartnerin, wie um zu zeigen, dass er sie mit seinem Leben beschützen würde, wenn es nötig war. Wie alle anderen seiner Art war das blaue Elektropokémon nicht gerade helle im Kopf und brachte den plötzlich aufgekommenen Geruch nicht mit einem unsichtbaren Eindringling oder einer anderen Merkwürdigkeit in Verbindung. Doch er blieb wachsam.
    Sollte er doch. Ihn kümmerte das herzlich wenig.
    Er schlich davon, an der Eiche vorbei, auf die Schenke zu. Wie er gehört hatte, hatte der Wirt hier das Sagen, da allein durch sein Gasthaus überhaupt Geld in die Kasse des Dorfes floss, und jeder Bewohner respektierte und fürchtete ihn zugleich. Dass die Dörfler die Rebellengruppe in Frieden lassen würden, wagte er stark zu bezweifeln. Er würde dem Wirt verraten, dass sie der Schwarzen Rose angehörten, ihm jedoch mehr als nur drohen, was er ihm antun würde, täte er etwas gegen die ungebetenen Gäste. Im schlimmsten Fall würde der Wirt doch etwas unternehmen und einen Boten zu den Soldaten an der Grenze schicken, um ihren Aufenthaltsort zu verraten, aber noch einmal würden diese wohl nicht angreifen. Sie hatten strickten Befehl, ihn und seine Gefährten zu verschonen, und sein irrlichterndes Zeichen hatten sie irgendwie falsch verstanden. Noch einmal käme das sicher nicht vor.
    Er betrat die Schenke, und ein Schwall stickiger Luft, die noch unbrauchbarer war als vorher am Abend, schlug ihm entgegen. Es waren weniger Gäste da als vor ein paar Stunden, dafür schienen noch mehr von ihnen so betrunken, dass sie sich kaum auf den Stühlen halten konnten. Er fand es erbärmlich, wie diese Männer mit ihrem Leben umgingen, auch wenn ihm ihr Gehabe bekannt vorkam.
    Sie beobachteten ihn, während er auf die Theke zuging. Ihm fiel auf, dass einige von ihnen an Pfeifen pafften, aus denen dichter, grauvioletter Qualm aufstieg. Auch das kannte er zur Genüge: In den Pfeifen glühten Nadeln der Traum-Akazien, die im Großen Wald an der Grenze zum Mittelgebirge wuchsen. Die Laubbäume, deren Blätter aber die Form von Nadeln angenommen hatte wie bei Rosmarin, produzierten ein Rauschgift, das sie in ihren Blättern einlagerten. Allerdings war die Konzentration dieser Droge sehr gering, und vielerlei andere Stoffe neutralisierten zum Teil ihre Wirkung. Wer sich die veredelte Form der Akaziennadeln nicht leisten konnte, benutzte eben die schwächere, einfachere. Die wirkliche Droge hingegen war der Traumdunst, den wilde Somniam und Somnivora als Abfallprodukt ausstießen. Die selten gewordenen Psychopokémon ernährten sich von den Blättern der Akazien, benötigten zum Überleben allerdings nur jene Stoffe, die neben dem Rauschgift in ihnen saßen. Da Somniam noch wenig davon brauchten, war ihr Traumdunst auch nicht vollständig rein. Ganz anders verhielt es sich bei Somnivora, deren Mägen die Blätter derart ausbeuteten, dass nur die Droge von ihnen als der charakteristische rosafarbene Dunst ausgestoßen wurde. Weil sie natürlich größer waren, brauchten sie dann auch mehr Nahrung; was zur Folge hatte, dass sie so viel Traumdunst produzierten, dass sie ihn nicht schnell genug loswerden konnten und meist selbst davon einschliefen.
    Bei Menschen hatte der Traumdunst, auch der verschmutzte, den man aus den glühenden Nadeln gewinnen konnte, eine leicht andere Wirkung. Wenn man ihn einatmete, verfiel man in einen Trancezustand, der der Traumphase im Schlaf ähnlich kam. Man sah Träume, wie sie realer nicht sein konnten, und doch so fantastisch waren, dass sie unmöglich die Wirklichkeit waren. Der Dunst aus den Nadeln hatte aber eine so schwache Wirkung, dass man meist nur benommen dalag und sich der induzierte Traum und die Realität vor den Augen aufs Merkwürdigste miteinander vermischten. Der Traumdunst von Somnivora hingegen war so stark, dass man ebenfalls wie tot dalag, von seiner Außenwelt jedoch nicht das Geringste mehr mitbekam. Er hatte selbst einmal diese Art von Traumdunst probiert – daran kam man nicht vorbei, wenn man in den Straßen Namines verkehrte – weil man ihm gesagt hatte, welch wonnigen Rausch dieser erzeugte. Doch er war sehr enttäuscht worden: Natürlich war es ein Traum gewesen, so wunderbar wie er ihn noch nie erlebt hatte, aber es war nicht halb so berauschend gewesen, wie wenn er seine innere Kraft aufrief. Die Menschen, die dem Traumdunst verfielen, hatten ja nicht die geringste Ahnung, dass die einzig wahre Droge der Kristall war, mit dem er Unglaubliches zu vollbringen vermochte.
    Außerdem bestand die große Gefahr, dass einem der Dunst von Somniam als der von Somnivora viel teurer verkauft wurde, und man diesen fälschlicherweise als solchen gebrauchte. Denn dieser Traumdunst hatte eine stärkere Wirkung als der aus Akaziennadeln, sodass man viel fantastischere Träume erlebte, leider war er aber nicht stark genug, um den Körper ebenfalls zu lähmen. Meistens bewegte sich dieser zu dem Geschehen im Traum mit, und nicht wenige waren auf Hausdächer gestiegen und im Glauben, fliegen zu können, in ihren sicheren Tod gestürzt. Es war immer ein Spiel mit dem Feuer, wenn es um den Traumdunst ging, obwohl die Pokémon, die ihn produzierten, so friedvolle Wesen waren. Da die Menschen und vor allem Dyrier Handel mit der Droge betrieben und Somniam und Somnivora für die Gewinnung oft grausam quälten, waren die Psychotapire schon so gut wie ausgestorben. Das trieb den Kaufpreis für den Traumdunst in die Höhe, was wiederum bedeutete, dass die Pokémon noch mehr ausgebeutet wurden. Eine schreckliche, steil abwärts gerichtete Teufelsspirale, an deren Ende unweigerlich die Ausrottung der Somniam und ihrer Entwicklung stand.
    Er ging auf den Wirt zu, der wie vorher auch mit dem ewigen Abtrocknen und wieder schmutzig Machen irgendwelcher Gläser beschäftigt war. Er beobachtete ihn, wie er näher kam, legte dann das Tuch aus der Hand und sah ihn durchdringend an. „Ich habe euch doch gesagt, dass meine Zimmer belegt sind!“, fuhr er ihn barsch an. „Wenn dir der Boden zu hart ist, ist das nicht mein Problem.“
    Der Angeschnauzte winkte lässig ab. „Darum geht es nicht.“ Er beugte sich vor, sodass keiner mithören konnte. Die meisten Gäste der Schenke mochten zwar aussehen, als würden sie nicht einmal mehr ihren eigenen Namen erkennen, schriee man ihnen ihn ins Ohr, aber er wusste, dass der Schein trog: Ein paar von ihnen waren sicher noch nüchtern genug, um ihm sein Geschäft mit dem Wirt zu vermasseln. Er murmelte: „Meine Gefährten und ich – wir sind Rebellen.“
    Sein Gegenüber drückte den Rücken durch und sah ihn von oben herab an. „Ach, wirklich?“, fragte er sarkastisch; er hatte es wohl schon vorher geahnt.
    Der Verräter aus Tetsus Gruppe nickte. „Aber ich würde dir raten, darüber Stillschweigen zu bewahren“, fuhr er fort. „Und wenn irgendjemand sich denkt, er müsse etwas gegen uns unternehmen, dann bringe ihn irgendwie davon ab. Verstanden?“
    „Sonst passiert was?“, höhnte der Wirt und verschränkte die Arme vor der Brust. Vielleicht war das ein geheimes Zeichen, denn er hörte hinter sich Bewegung. Die Gäste und Leibwächter des Wirtes machten sich zum Aufspringen bereit, um ihm eventuell zu Hilfe zu gehen.
    Er tat so, als würde er unruhig werden, doch im Innern grinste er in sich hinein. Diese Konversation war schon so gut wie gewonnen, wenn der Wirt jetzt Panik schob. Er griff unter sein Hemd, während er leise drohend sagte: „Was dann passiert? Ganz einfach…“ Seine Finger berührten den Kristall an dem Lederband um seinen Hals, und ein wohliger Schauer durchlief ihn. Nein, er durfte ihr jetzt nicht verfallen, sondern musste die Beherrschung wahren, wenigstens für ein paar Minuten.
    Wahrscheinlich dachten sich die Gäste und der Wirt, er zöge ein Messer, um sein Gegenüber zu lynchen, denn sofort schoss ein halbes Dutzend Gäste auf, ihrerseits Dolche gezückt, und auch der Wirt hielt schützend eine Sichel vor sich. Er konnte die eine oder andere Klinge bedrohlich auf seiner Schulter ruhen spüren, aber er blieb völlig gelassen. Die angespannten Züge des Wirtes lockerten sich, als er erkannte, welche „Waffe“ der Fremde in der Hand hielt. Er lachte laut und dröhnend. „Was willst du mir denn damit antun, Kleiner?“, spottete er und schubste mit der Sichel den Kristallanhänger an. „Hat dir das dein Liebster geschenkt?“ Nun fingen auch die Umstehenden zu lachen an und ließen ihre Messer sinken. Aber sie blieben stehen, weniger, um den Wirt in einem Ernstfall, der wohl nicht eintreten würde, zu beschützen, sondern eher, weil sie diese lächerliche Szenerie weiter aus der Nähe verfolgen wollten. „Bist wohl vom anderen Ufer, was?“, fragte der Wirt und lachte noch lauter.
    Auch er musste nun leicht grinsen. Es war ein Grinsen jener Sorte, die Kindern Angst einflößte und Albträume bescherte, Frauen in die Flucht trieb und gestandene Krieger einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte. Diese Männer hatten doch absolut keine Ahnung von gar nichts. Jetzt war es ihm egal, ob er Beherrschung hatte oder nicht, sondern ließ seine innere Kraft ihren Dienst tun. Er umschloss den Kristall fest mit der Faust, und seine Augen spuckten sprichwörtliches Feuer. Ein leichter Wind fegte durch die Schenke, wie er durch die wenigen Ritzen in den Wänden niemals hätte aufkommen können. Jetzt merkte auch der Wirt, dass etwas nicht stimmte, und hörte abrupt zu lachen auf. Seine Leibwache benötigte erst einige Augenblicke, bis sie die Veränderung in der Gaststube wahrnahmen.
    „Macht mal jemand das Fenster zu, hier zieht’s“, nuschelte ein Gast undeutlich, der wohl von Traumdunst und Alkohol zu viel abbekommen hatte. Doch es war kein einziges Fenster offen, dieser Zug kam aus dem Inneren der Schenke.
    Genau genommen kam er von ihm.
    Als er das Entsetzen des Wirts bemerkte, stachelte ihn das nur noch mehr an, und aus dem Windstoß wurde eine ausgewachsene Windhose. Ein Luftwirbel brauste auf und durch die Schenke, nahm Karten und Blätter, kleine Gegenstände mit sich. Das Tosen wurde immer stärker, und die Laternen und Kerzen fielen aus. Bald schossen leere und auch gefüllte Flaschen durch die Luft. Die Männer im Raum schrieen wild durcheinander, wenn sie nüchtern genug dafür waren, andere wurden einfach niedergetrampelt. Man duckte sich, um fliegenden Gegenständen zu entkommen, doch viele wurden von umhersausenden Stühlen erschlagen. Ein heilloses Chaos brach aus, aus dem niemand entkommen konnte. Der Druck des Sturmes presste Fenster und Türen, die alle nach innen geöffnet wurden, so fest zu, dass man sie kaum weit genug aufschieben konnte, um nach draußen zu gelangen.
    Kaum weit genug für einen ausgewachsenen Mann. Aber genug für einen kleinen Jungen?
    Der Rausch der Macht überkam ihn, und er dachte nicht länger nach. Der Wirt und seine Gäste hatten ihn beleidigt und seine Würde verletzt. Sie mochten gottlos sein und auf ihre eigene Waldgöttin spucken, doch mit einem echten Gott sollten sie sich lieber nicht anlegen. Noch einmal verstärkte er den Tornado der Windhose und setzte Eiseskälte hinzu. Die Attacke, die normalerweise nur selten traf, wurde von der Drachenattacke derart verteilt, das nichts und niemand vor ihr sicher war. Von der einen Sekunde auf die nächste erstarrten alle Menschen im Raum zu Eis, starben augenblicklich am Schockfrost. Es wurde derart kalt in der Schenke, dass sogar die Luft sich nicht mehr zu bewegen vermochte und die Windhose sich legte. Auch die Getränke in sämtlichen Fässern hinter dem Tresen, die noch unversehrt waren, gefroren so schnell, dass die Flüssigkeiten keine Zeit hatten, sich auszudehnen und ihre Gefäße zum Platzen zu bringen. Auf den Fensterscheiben bildeten sich innen wie außen Eisblumen, die das Glas sofort erblinden ließen.
    Wo vorher panische Angst wie ein Vorgeschmack des Weltuntergangs gewirkt hatte, herrschte nun absolute Stille. Kein Lüftchen regte sich. Sein Atem beschlug nicht in der kalten Luft, denn er hatte selbst diese niedrige Temperatur. Nur, indem er seinen Körper so tief abkühlen ließ, konnte er selbst an seiner eigenen Attacke nicht erfrieren. Dem Wirt ihm gegenüber war der entsetzte Ausdruck im Gesicht wortwörtlich eingefroren. Seine Augen starrten glasig geradeaus, durch die eisige Konservierung seltsam lebendig für einen Toten. Eine Schicht Eiskristalle überzog seine steinharte Haut. „Das passiert“, beantwortete sein Mörder ihm die Frage, aber seine Kehle war so kalt, dass es nur ein Hauchen der Wörter wurde. Boshaft grinsend stieß er den Wirt um, sodass dieser auf dem Boden mit einem hellen Klirren in tausende tiefgefrorene Fleischsplitter zerfiel.
    Er wandte sich um und kehrte arglos zum Lager zurück, ohne dass jemand außerhalb der Schenke mitbekommen hatte, was vorgefallen war.
    Oder doch?[/tabmenu]

  • ich glaube, dass das Kommi, was du verpennt hast von mir war...
    Also mal ganz kurz ich bin Kurzkommentator :D deshalb leben meine Kommis net lange, habe aber 'nen Fehler gefunden! :D Platzangst=Angst vor weiten freien Räumen/Plätzen, nicht vor ängen Räumen. Diese Verwechslung tritt häufig auf.
    Finde die Story sehr geil, schicker Eiseskälltemove, er kann alle Attacken ne? Er muss ein Farbeagle sein :D ähm ob es Mizu oder Shinzu oder Ray (unwarscheinlich) ist weiß ich net, Mizu ist wegen dem Anfang und Bat usw (der mit Iksbat) unwarscheinlich, ich denke an Shinzu, aber wer jetz den Blitz im Boot gefeuert hat weiß ich net :D
    Hab kein Prob mit 13S, mag mehr mehr :D
    Naja, ma schaun obs so schnell ein neues Kap gibt - wär mega
    Pn-Benachrichtigung bei neuen Kaps wär toll
    Hey Mods! Des ist zwar theoretisches Dummgelabere, aber es füllt einige Zeilen - also pls für 48h stehn lassen - jenachdem wannses ließt (sie ist ne sie oder?). Danke
    Lg,
    Almarik
    Achja: Rechtschreibfehler gefällig? Habe welche zu Verschenken :D

    Warum wollen Männer keine Osterhasen sein?


    Rechtschreibfehler sind rein zur Belustigung da. Ihr müsst mich auch nicht darauf hinweisen, wie toll ihr sie fandet.