Wie denkt ihr über psychische Krankheiten?

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  • Ist wohl besser. Ich rege mich darüber zu sehr auf...aber kann man es überhaupt verhindern sowas oder Ähnliches zu machen?

  • Edex ja kann man. Wir sperren jeden Menschen in ne Zelle für den Rest seines Lebens. Dann kann nix mehr passieren.


    Aber mit genug Abstand damit der Kinderlärm nicht stört bei dem ein oder anderen.


    Nein im Ernst: du wirst Gewalttaten von Menschen niemals verhindern können. Das gabs schon immer und wird es immer geben, ob’s jetzt wegen ner Krankheit ist oder wegen der beschmutzten Ehre oder weil einem Langweilig ist oder weil man einen Kick braucht. Ist egal. Wird man nie ganz verhindern können. Simple Antwort.

    « I might not be able to decide whether the road is easy or not,

    but whether I walk it is entirely up to me. »


  • Was glaubst du, wie es andere erst aufregt. :')


    Davon abgesehen wissen wir nicht weshalb er in die Psychiatrie eingewiesen wurde.


    Viele solcher Taten sind reine Racheakte von Expartner*innen, oder Leuten, die sich aus anderen Gründen vom Opfer gekränkt gefühlt und dabei ein hohes Aggressionspotential haben.

    Oder wie du in einem Beispiel genannt hast: Jemand, der wiederholt seinen Kollegen, aus welchen Gründen auch immer, bedroht.


    Solche Menschen sind oft rein klinisch gesehen vollkommen gesund, sie haben "nur" eine miese Persönlichkeit. (Zum wiederholten Male ... vielleicht bleibt's ja doch irgendwann hängen.)


    Aber du glaubst offensichtlich, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen ausschließlich Freakshows oder Schwerverbrecher sind, oder umgekehrt: dass Menschen, die schwere Gewaltverbrechen begehen, psychisch krank sein müssen. Spoiler: Viele sind es nicht.

  • Warum sollte man auch über jene berichten, die keine direkten Schäden an andere anrichten?



    Edex Solange nichts Genaueres über den psychischen Zustand des Täters bekannt ist, würde ich mich mit Vorurteilen zurückhalten. Weder wird eine psychische Krankheit noch eine Störung genannt, er wurde nur in die Psychiatrie gebracht. Vermutlich wird dort erst einmal überprüft, ob derartiges überhaupt vorliegt. Andernfalls gilt das, was Bastet schon schrieb:

    Solche Menschen sind oft rein klinisch gesehen vollkommen gesund, sie haben "nur" eine miese Persönlichkeit.

    Oft genug landen auch diese miesen Persönlichkeiten dort, ohne dass die tatsächlich krank oder gestört sind. In der Klinik, in der mein Freund war, gab es auch so einen, der andauernd geklaut und bei anderen schmarotzt hat und wenn er von den Mitpatienten nicht bekam, was er wollte (meist Zigaretten), hat er die niedergemacht, wie asozial die doch alle seien.


    Ein anderer war nur noch dort, weil der keine eigene Wohnung mehr hatte, und hat sich scheinbar auch nicht darum bemüht, eine neue zu finden.


    Und wieder andere sind nur kurzweilig dort, weil sie ein schlimmes Ereignis verarbeiten müssen.

  • Finde psychische Krankheiten an sich interessant, besonders schwerwiegende, wie etwa schwere Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie. Dass ein falsches Zusammenspiel biochemischer Vorgänge im Körper/Gehirn in der Lage sind, die eigene Wahrnehmung derart zu verzerren, dass man Realität von Einbildung nicht unterscheiden kann. Zugleich ist es ziemlich gruselig, wenn man sich versucht in die Situation eines Betroffenen zu versetzen. Dann stellt sich aber auch die Frage, wie viel von der Umgebung ist für einen "gesunden" Menschen dennoch Einbildung, wenn das Gehirn versucht, unvollständige Informationen über die Umwelt mit eigenen Interpretationen zu füllen, nicht nur optische, sondern auch akustische, taktile, etc.


    Frage mich auch, in wie weit psychische Krankheiten bei Tieren ausgebildet sind, und ob solche psychischen Störungen nicht der "Preis" für unsere Intelligenz und Bewusstsein ist, da komplexere Systeme eine höhere Fehleranfälligkeit haben.

  • Finde psychische Krankheiten an sich interessant, besonders schwerwiegende, wie etwa schwere Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie. Dass ein falsches Zusammenspiel biochemischer Vorgänge im Körper/Gehirn in der Lage sind, die eigene Wahrnehmung derart zu verzerren, dass man Realität von Einbildung nicht unterscheiden kann. Zugleich ist es ziemlich gruselig, wenn man sich versucht in die Situation eines Betroffenen zu versetzen. Dann stellt sich aber auch die Frage, wie viel von der Umgebung ist für einen "gesunden" Menschen dennoch Einbildung, wenn das Gehirn versucht, unvollständige Informationen über die Umwelt mit eigenen Interpretationen zu füllen, nicht nur optische, sondern auch akustische, taktile, etc.


    Frage mich auch, in wie weit psychische Krankheiten bei Tieren ausgebildet sind, und ob solche psychischen Störungen nicht der "Preis" für unsere Intelligenz und Bewusstsein ist, da komplexere Systeme eine höhere Fehleranfälligkeit haben.

    Tiere können genauso, vor allem unter Depressionen und PTSD leiden. Tiere mit Trauma reagieren kaum anders als ein Mensch, was auch logisch ist, denn PTSD ist nunmal eine Art Selbstschutz mit dem man bereits bekannte, gefährliche Situationen und Lebewesen eher meidet. Wenn ein Hund von Menschen gequält wurde, ist es eben Selbstschutz Panik vor diesen zu haben und sich an dieses Erlebnis ständig zu erinnern.


    Andere psychische Krankheiten lassen sich schwerer nachweisen, aber es scheint wohl so zu sein. Jetzt nicht grad die Hausfliege, aber intelligente Tiere durchaus.


    Die Katerchen bei meiner Mom stammen aus einem abusive Haushalt, der die auch emotional ziemlich vernachlässigt hat.

    Der eine ist extra anhänglich und hat richtig arge Verlustängste (wenn ich gehe und für ein paar Tage nicht da bin, wartet er dann regelmäßig bei der Tür ob ich zurückkomme) und der andere zuckt immer noch bei schnellen Handbewegungen zusammen ...


    Es passiert aber seltener. Ich hab damit begonnen ihn umzukonditionieren. Zuerst heb ich die Hand und dann gibt es gleich darauf Leckerli oder ich spiel mit ihm.

  • Sorry für die späte Antwort: Was wird denen diagnostiziert oder welche Begründung hat man dafür, dass die da landen?


    Obwohl ich es verstehen kann, wenn sich ein psychischer kranker Mensch nicht um eine neue Wohnung bemüht. Depressionen und anderes machen es einem häufig schwer sich zu solchen Dingen aufzuraffen.


    ------------------------------------


    Was anderes: Ich weiß endlich, dass ich nicht einfach nur faul, unorganisiert und vergesslich bin.

    Oder zumindest vermutet meine Psychiaterin stark, dass ich ADHS haben könnte. Damit meine ich nicht dieses Klischee-ADHS, sondern das "ich lerne entweder 300 Seiten in kürzester Zeit und scanne die Seiten quasi mit meinen Augen ab" oder "ich kann mich nicht für fünfzehn Minuten konzentrieren, wenn ich mich nicht eisern zwinge (und es dann manchmal nicht schaffe)"-ADHS. Und zu Schulzeiten und manchen Unikursen dachte ich, das sei normal und erginge jedem so. Ähm ja...


    Ich dachte auch, es sei normal, dass man viele kleine Dinge in Millisekunden vergisst zu tun oder es einem sehr schwerfällt auf simple Nachrichten zu antworten ... oder dass einem ein Dutzend Gedanken gleichzeitig durch den Kopf gehen, und all diese Sachen.


    Ich habe mich letzten Monat endlich getraut sie darauf anzusprechen, unter anderem weil es dieses eine, extremst spezifische Symptom gibt, das mir etwas zu spezifisch war lol


    Anscheinend werden Leute mit ADHS auf Koffein entweder sogar müder bzw. ruhiger, oder es wirkt gar nicht. Und ich glaube, ich könnte mir zehn Kaffee und drei Monster reinpfeffern, übertrieben gesagt, und fühl mich höchstens ruhiger. Well. :upsidedown:

    Fanden immer alle Leute seltsam, dass ich um elf Uhr nachts noch Kaffee trinke und zwei Stunden später besser schlafen kann als ohne. xD und dann hör ich so unbequeme Wahrheiten wie "Caffeine can be a form of self medication for adhd people." Stop spiting facts, please. My body drives on caffeine.

  • Obwohl ich es verstehen kann, wenn sich ein psychischer kranker Mensch nicht um eine neue Wohnung bemüht. Depressionen und anderes machen es einem häufig schwer sich zu solchen Dingen aufzuraffen.

    Das ist wirklich ein problematischer Punkt, über denen sich viele, die sich niemals mit dem Thema befasst haben lustig machen.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich wie tükisch Depressionen sind, ich meine, bei mir gingen die bis zum Suizidgedanken, aber ich hatte auch schon eine Phase wo ich eigentlich so keinen schlechten Gedanken hatte, aber trotzdem und Depressionen leidete, es aber so nicht gemerkt habe, gerade bei dem Thema aufraffen.

    Diese Phasen habe ich selbst heute immer wieder öfters, man macht an sich keine schwere Arbeit, hat aber nicht mal für das kleinste Ding, was eigentlich ein Finger schnippen wäre, Lust, Kraft, what ever.

    In diesen Phasen ziehe ich mich bspw. gerade so durch die Arbeit und liege dann zu Hause auf dem Bett und habe weniger Lust noch Kraft die Glotze anzumachen und was zu gucken, dann kommen diese Momente, wo man sich denkt, "ich bin so motiviert, ich mache jetzt was", nur um sich nach dass man sich nach dem aufstehen und ein paar Schritte gehen dazu nicht mehr überwinden kann und wieder zurück ins Bett fällt.


    Was ich seit Jahren habe ich diese permanente Müdigkeit und Angeschlagenheit, egal wie ich schlafe und wie viel ich schlafe, ich bin immer müde und könnte permanent schlafen.

  • 🦇 Polyam Witch Maya 🦇 on Twitter
    “Reminder: das Stockholm-Syndrom ist eine Fiktion, die entstanden ist weil Menschen nicht akzeptieren konnten, dass Menschen der Polizei nicht vertrauen. Es…
    mobile.twitter.com


    Das "Stockholm-Syndrom" taucht halt wirklich oft in den Medien auf und deshalb ist es wichtig zu wissen, dass diese angebliche "psychische Krankheit", die eine Person in seinen Kidnapper verlieben lässt nicht existiert. Keine medizinische Fachanstalt erkennt Stockholm-Syndrom als Fachdiagnose an, es ist nie im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders aufgeführt worden und der Psychologe, der es einer Geisel "zugeschrieben" hatte, hatte sich nie mit der Frau auseinandergesetzt und diese hatte die "Frechheit" sich selbst um ihre Sicherheit zu bemühen nachdem er durch seine Inkompetenz die Bedrohungslage verschlimmert hatte.


    Und Stockholm- Syndrom dürfte nur eine von einigen angeblichen "psychischen Krankheiten" sein die fachmedizinisch nicht anerkannt sind bzw. nicht existieren.

  • Soweit ich weiß, wurde das Stockholm Syndrom auch nie als psychische Krankheit sondern als Anpassungsreaktion bezeichnet, was etwas grundlegend anderes ist. Eine Anpassungsreaktion ist etwas, was die Psyche aus Überlebenswillen in Extremsituationen macht, um sie erträglicher und aushaltbarer zu machen. Das kann dann zu tatsächlichen psychischen Erkrankungen führen (wie zb DID), muss es aber nicht.

    Zum Stockholm Syndrom tragen mehrere Punkte bei, wie zum Beispiel die Hoffnung auf eine höhere Überlebenschance bei kooperation, Isolation von der Außenwelt und damit den Geiselnehmer und mögliche andere Geiseln als einzige Kontaktpunkte, Reduktion der Anspannung und des Stresslevels, mentales Umgehen der völligen Hilflosigkeit und Abhängigkeit in der Situation und das Gefühl, dass die Forderungen ja alle erfüllbar seien, aber man von den Sicherheitkräften allein und in der Situation drin gelassen wird, weil diese die Forderungen nicht erfüllen und einen damit in der Gewalt des Geiselnehmers lassen wollen.

    Sowie ich das gelesen habe, bezieht sich das nicht nur auf denn Fall einer Frau (ich bin mir nicht sicher, welchen Fall du meinst) da in der ersten Geiselnahme, in der das Phänomen aufgetreten ist, mehrere Opfer involviert waren, die danach ihre Täter im Gefängnis besucht und für Strafmilderung plädiert haben sollen.


    Also ja, es ist keine psychische Erkrankung. So wie ich das gelesen habe, behauptet das auch keiner. Es ist wohl einfach nur eine Coping-Strategie des Gehirns, um mit bestimmten Situationen umgehen zu können.


    Quellen: 1, 2, 3

  • Das Stockholm-Syndrom wird ja auch, vor allem mittlerweile umgangssprachlich aber auch tatsächlich von Ärzt*innen, für Menschen verwendet, die sich aus toxischen Beziehungen nicht lösen oder diese Person nicht zu 100 % hassen können, was halt auf diese Weise Schwachsinn ist.

    Das ist weder eine Anpassungsreaktion noch Sonstiges, sondern das Natürlichste der Welt, dass man nicht einfach einen Schalter umlegen und seine Gefühle für jemanden, mit dem man bereits einen Teil seines Lebens verbracht hat, abschalten kann.



    Das andere Ding ist ... in der Psychiatrie ist es zumindest in manchen Bereichen allgemein sehr fragwürdig was als Erkrankung oder Störung bezeichnet wird und weshalb.

    Dass zb. Depressionen deine Lebensqualität sehr stark mindern ist selbstredend, aber speziell bei Neurodivergenzen frag ich mich das immer noch.


    Okay, bei manchen autistischen Menschen zeigt es sich tatsächlich als Entwicklungsstörung äußert, aber viele Menschen kommen sehr gut alleine zurecht und du fragst dich, wo mittlerweile der Unterschied zwischen einer Störung oder einer Behinderung und schlicht und ergreifend Charaktereigenschaften liegt, die vielleicht als ungewöhnlich empfunden werden, aber deinem Umfeld und dir nicht per se schaden.


    Und ich meine, trans Personen werden theoretisch ja immer noch als psychisch krank angesehen. Das hat zwar auch den Grund, dass die Krankenkasse alle medizinischen Behandlungen übernimmt, aber in erster Linie ist das natürlich noch ein historisches Relikt.

  • Okay, bei manchen autistischen Menschen zeigt es sich tatsächlich als Entwicklungsstörung äußert, aber viele Menschen kommen sehr gut alleine zurecht und du fragst dich, wo mittlerweile der Unterschied zwischen einer Störung oder einer Behinderung und schlicht und ergreifend Charaktereigenschaften liegt, die vielleicht als ungewöhnlich empfunden werden, aber deinem Umfeld und dir nicht per se schaden.

    Ich verstehe, was du damit meinst. Es ist allerdings extrem problematisch, Neurodivergenzen mit Charaktereigenschaften gleichsetzen zu wollen. Nicht, weil es immer besonders ausgeprägt oder schadhaft sein muss (was Charaktereigenschaften im Übrigen auch sein können), sondern weil es zwei grundlegend verschiedene Dinge sind. Charaktereigenschaften kannst du ändern, wenn sie dich stören. "Faul sein" ist eine Charaktereigenschaft und wenn du lieber diszipliniert und produktiv sein willst, kannst du das entsprechend an dir selbst mit genügend Aufwand ändern. Charaktereigenschaften unterliegen dem Wandel der Zeit und deiner persönlichen Entwicklung und können daher auch nur Phasenweise in deinem Leben auftreten oder du kannst aus ihnen herauswachsen. All das geht bei Neurodivergenzen nicht. Klar, man kann beispielsweise bei Autismus lernen damit umzugehen und die Schwere der Beeinträchtigung kann sich im Laufe der Zeit auch verändern, aber man kann sie weder wegtrainieren, noch wächst man aus einer Neurodivergenz hinaus. Das bleibt ein Leben lang und dagegen kann man eben nichts machen, so sehr man es auch will. Man kann allerhöchstens lernen, damit besser umzugehen und sich weniger davon beeinträchtigen zu lassen. Das mit Charaktereigenschaften auf eine gleiche Stufe stellen zu wollen ist ein Schlag ins Gesicht für alle Personen mit hochfunktionalen Neurodivergenzen, die trotzdem im Selbstempfinden darunter leiden, eben weil du damit suggerierst "Ach das ist ja nicht so schlimm und wenn es dich stört, dann trainiere es dir eben ab!", so wie man es mit störenden Charaktereigenschaften tun kann.

  • Okay, bei manchen autistischen Menschen zeigt es sich tatsächlich als Entwicklungsstörung äußert, aber viele Menschen kommen sehr gut alleine zurecht und du fragst dich, wo mittlerweile der Unterschied zwischen einer Störung oder einer Behinderung und schlicht und ergreifend Charaktereigenschaften liegt, die vielleicht als ungewöhnlich empfunden werden, aber deinem Umfeld und dir nicht per se schaden.

    Ich verstehe, was du damit meinst. Es ist allerdings extrem problematisch, Neurodivergenzen mit Charaktereigenschaften gleichsetzen zu wollen. Nicht, weil es immer besonders ausgeprägt oder schadhaft sein muss (was Charaktereigenschaften im Übrigen auch sein können), sondern weil es zwei grundlegend verschiedene Dinge sind. Charaktereigenschaften kannst du ändern, wenn sie dich stören. "Faul sein" ist eine Charaktereigenschaft und wenn du lieber diszipliniert und produktiv sein willst, kannst du das entsprechend an dir selbst mit genügend Aufwand ändern. Charaktereigenschaften unterliegen dem Wandel der Zeit und deiner persönlichen Entwicklung und können daher auch nur Phasenweise in deinem Leben auftreten oder du kannst aus ihnen herauswachsen. All das geht bei Neurodivergenzen nicht. Klar, man kann beispielsweise bei Autismus lernen damit umzugehen und die Schwere der Beeinträchtigung kann sich im Laufe der Zeit auch verändern, aber man kann sie weder wegtrainieren, noch wächst man aus einer Neurodivergenz hinaus. Das bleibt ein Leben lang und dagegen kann man eben nichts machen, so sehr man es auch will. Man kann allerhöchstens lernen, damit besser umzugehen und sich weniger davon beeinträchtigen zu lassen. Das mit Charaktereigenschaften auf eine gleiche Stufe stellen zu wollen ist ein Schlag ins Gesicht für alle Personen mit hochfunktionalen Neurodivergenzen, die trotzdem im Selbstempfinden darunter leiden, eben weil du damit suggerierst "Ach das ist ja nicht so schlimm und wenn es dich stört, dann trainiere es dir eben ab!", so wie man es mit störenden Charaktereigenschaften tun kann.

    Ich meine... also nein, nicht wirklich.

    Auch "normale" Charaktereigenschaften sind oft sehr schwierig zu ändern und haben oft ebenso auch gewisse, genetische und neurochemische Komponenten, sowie sind sie quasi in deiner Gehirnstruktur eingraviert, wenn du es so willst.

    Dass man morgen aufwacht und ein neuer Mensch sein kann, wenn man es sich bloß vornimmt und ein bisschen bemüht, ist halt auch ein Mythos und halt sehr einfach gedacht.


    Die andere Sache ist: Leidest du unter deinem Selbstempfinden von dir selbst aus darunter (ist natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich), oder hängt das mit der Wahrnehmung anderer Menschen von dir zusammen und hat man gelernt, dass man sich selbst als grundlegend anders zu betrachten hat.


    Ich hatte vor circa einem Monat ein langes Gespräch mit meiner Psychiaterin darüber und die hat mir genau das bestätigt und ist halt froh, dass ich damals nie mit ADHS "diagnostiziert" wurde, da man von vielen Menschen grundlegend als eingeschränkt oder behindert wahrgenommen wird, selbst wenn man dich halt noch gar nicht kennt, obwohl sich bloß die Blaupause deiner Gehirnstruktur und die Regulierung deines Dopaminhaushalts ein wenig von der Mehrheitsgesellschaft unterscheidet.

  • Dass man morgen aufwacht und ein neuer Mensch sein kann, wenn man es sich bloß vornimmt und ein bisschen bemüht, ist halt auch ein Mythos und halt sehr einfach gedacht.

    So wie du das schreibst ist das tatsächlich sehr einfach gedacht. Deswegen habe ich ja explizit:

    mit genügend Aufwand

    dazu geschrieben. Logischerweise ist es nicht einfach, Dinge zu verändern, die wir so lange Zeit machen und uns eingeprägt haben. Wie es mein Therapeut einst so treffend sagte: "Einen neuen Weg im Gehirn anzulegen erfordert viel Zeit und Arbeit". Das trifft so nicht nur auf negative Denkmuster sondern eben auch auf Handlungsabläufe (die ja im Endeffekt aus der Charaktereigenschaft kommen) zu und wie ich sagte, mit genug Aufwand kann man das an sich ändern, wenn man es möchte.


    Die andere Sache ist: Leidest du unter deinem Selbstempfinden von dir selbst aus darunter (ist natürlich von Fall zu Fall unterschiedlich), oder hängt das mit der Wahrnehmung anderer Menschen von dir zusammen und hat man gelernt, dass man sich selbst als grundlegend anders zu betrachten hat.

    Ich denke nicht, dass es deine Aufgabe ist, anderen Leuten abzusprechen, es für sich selbst beurteilen zu können. Wenn jemand unter seiner Neurodivergenz leidet, warum auch immer, und auch nicht mit Selbstakzeptanz allein weiter kommt, weil sie eben Probleme in einem für die Person wichtigen Lebensbereich macht, auch wenn die Person in sonst allem anderen gut zurecht kommt, dann ist und bleibt es eine Einschränkung, die man nicht wegreden kann. Und am Ende gilt immer das, was die betroffene Person empfindet, nicht was deiner Meinung nach das eigentliche Problem ist.

  • Dennoch sind Charaktereigenschaften halt nicht bloß durch Lebenserfahrung erlernt, sondern haben genauso auch biologische Komponenten.


    Ich meinte halt, dass man Neurodivergenzen einfach als ein Konzept von einem Set an Eigenschaften erschaffen hat, bei dem sich die Gesellschaft gedacht hat: "Find ich komisch, muss eine Störung sein" und sich dies in der Medizin fortgesetzt hat.

    Das Konzept von Neurodiversitäten ist ja nicht einfach vom Himmel gefallen und da die Medizin in jeder Epoche von den Menschen, die in ihr leben definiert wird, ist diese natürlich auch nicht perfekt.


    Solange deine geistigen Fähigkeiten nicht eingeschränkt sind, du tägliche Dinge selbst bewältigen kannst und grundlegend keine größere Gefahr für dich oder andere darstellst als der Durchschnittsmensch, gibt es aus psychiatrischer Sicht gesehen eigentlich keinen Grund überhaupt irgendetwas zu diagnostizieren ... außer eben, weil es historisch so gemacht wird.

  • Solange deine geistigen Fähigkeiten nicht eingeschränkt sind, du tägliche Dinge selbst bewältigen kannst und grundlegend keine größere Gefahr für dich oder andere darstellst als der Durchschnittsmensch, gibt es aus psychiatrischer Sicht gesehen eigentlich keinen Grund überhaupt irgendetwas zu diagnostizieren

    Damit ignorierst du aber auch jegliche Zusammenhänge zwischen bestimmten Neurodivergenzen und anderen Krankheitsbildern. Sei es die erhöte Chance auf Depressionen, selbstschädigendem Verhalten oder einer ganzen Bandbreite an körperlichen Erkrankungen, die mit verschiedenen Neurodivergenzen einher gehen können, selbst wenn man seinen Alltag auf die Reihe bekommt.

    "tägliche Dinge selbst bewältigen" ist an der Stelle auch nicht wirklich ein Maß für ein erstrebenswertes Leben, denn das bedeutet, dass du allenfalls nicht ohne Betreuer verhungerst und dich um deine Basisbedürfnisse wie Essen und eine grundlegende Hygiene kümmern kannst. Andere Themen wie eben zwischenmenschlicher Kontakt, ein Wunsch nach etwas Abwechslung im eigenen Leben oder einfach alles, was über "man kann sich selbst am Leben erhalten" hinausgeht, ist schon wieder mehr als das und viele Personen mit funktionalen Neurodivergenzen leiden entsprechend auch darunter. Ohne eine fundierte Diagnose nimmt man den Personen die Möglichkeiten, Behandlungen auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten zu bekommen.

    Man nimmt ihnen auch die Möglichkeit, sich selbst zu verstehen. Ich kenne einige neurodivergente Personen (mich eingeschlossen), die froh um ihre Diagnose waren, weil plötzlich vieles Sinn ergeben hat und man so gezielt mehr über sich selbst lernen konnte, eben weil man einen Anhaltspunkt hatte. Man nimmt anderen die Möglichkeit, mehr über einen selbst zu verstehen, was eben grade in zwischenmenschlichen Kontakten unfassbar wichtig ist.


    Und bevor jetzt wieder "aber andere behandeln dich wie ein Kleinkind wenn du eine Neurodivergenz hast" kommt: Du musst niemandem davon erzählen, wenn du nicht willst. Niemand MUSS sofort bei der Begüßung wissen, dass du ADHS oder sonst eine Neurodivergenz hast. Man kann völlig frei selbst entscheiden, wem man davon erzählt und wann man es tut, eben meistens dann, wenn man sich schon besser kennt und entsprechend ein Vertrauen zu den Personen hat. Und da ist es eben extrem hilfreich, wenn man den Personen sagen kann "Ich habe grade nicht die Kraft/die Zeit/ die Lust dir das ganze im Detail zu erklären, aber under dem Begriff findest du eine Menge Informationen und wenn du dazu fragen hast oder wissen willst, welche Punkte davon genau auf mich zutreffen, kannst du mich gern fragen".

  • Das ist ja okay, dass du froh drum warst, aber es wird einem eben eingeredet, dass es sich um eine tatsächliche Störung handelt, nicht bloß um ein Set an Eigenschaften, bei dem die Gesellschaft beschlossen hat diese als Störung wahrzunehmen.

    Es wäre was anderes, wenn dir bloß Unterstützung, wo du sie brauchst, zugesprochen wird, aber du nicht stigmatisiert wirst.


    Und srsly, in dem Fall kann man sagen, war es zu den Zeiten besser, als es diese Diagnosen nicht gab. Vielen heute bekannte Künstler*innen und Wissenschaftler*innen wird im Nachhinein anhand der Aufzeichnungen, die über sie existieren, eine gewisse Art von Neurodiversität nachgesagt.

    Über die wurde halt allgemein bloß geredet, dass die als irgendwie "exzentrisch" wahrgenommen wurden, aber diese wurden nicht so extrem pathologisiert wie es heute oft der Fall ist.



    Ich rede ja nicht von Privatgesprächen, aber Kinder, die schon in der Schule mit Neurodivergenzen diagnostiziert werden, werden sehr schnell stigmatisiert und infantilisiert.

    Glaubst du, das Lehrpersonal behält das wirklich für sich. Natürlich tratschen die im Lehrerzimmer drüber und behandeln sowas wie eine tatsächliche, geistige Behinderung.

    Wenn man nie einen Begriff draufklatschen würde, sprechen sie vielleicht gewisse Eigenschaften von dir an, aber das machen sie mit allen anderen Leuten auch. Man spricht eben über "X hat dies und jenes getan / diese und jene Eigenschaft", aber nicht als eine Art Stigmatisierung, oder als etwas Pathologisches.


    Naja, es ist halt so, dass die Informationen, die bei der Googlesuche auf den ersten ein, zwei Seiten auftauchen, schon extrem überholt sind. Wenn du als Person, die keinerlei Ahnung von der Materie hätte, nach ADHS oder nach der Bedeutung des Autismusspektrums suchen würdest, würdest du viele veraltete Informationen finden. Da erscheint zb. ziemlich zu Beginn eine Seite der Caritas, die speziell auf Kinder mit ADHS ausgelegt ist, stellen diese eben sehr klischeehaft dar, und sind auch sehr auf das typische, männliche Erscheinungsbild ausgelegt... was ebenfalls längst nicht auf alle zutrifft, ofc.

  • Ich würde mal sagen es gibt fast nichts schlimmeres als psychische Krankheiten, als jemand der auch noch andere Probleme hat, würde ich das für mich selbst so einschätzen, lediglich vieles andere zu haben, wäre weniger problematisch, als psychische Erkrankungen.

    Ganz besonders problematisch sind die Deperessionen, die wie hier auch schon geschrieben wurden, nicht zwangsläufig mit vollkommen negativen Gedanken einher gehen müssen, sondern dass man einfach angeschlagen ist.


    Mein Umfeld hat es damals gut geschafft mich nachhaltig so zu zerstören, dass ich halt heute der bin, der ich bin und der Therapeut bei dem ich war hat es nicht besser gemacht, der war auch irgendwie ein gefühlter Kriegsveteran aus dem zweiten Weltkrieg, der nach dem Motto lebt, "steh auf klopf dir den Staub ab und lauf weiter".

    Ich habe ja schon im Freundschafts-Thread geschrieben, dass ich sehr wahrscheinlich ein nachhaltigen Schaden davon getrage habe, was Vertrauen, Freundschaft und Liebe angeht, weniger, dass ich mir offensichtlich Gedanken mache, dass da was ist, was ich wirklich brauche, gut ich denke schon mal drüber nach, dass das nicht unbedingt normal ist, aber ich spreche diesem Gedanken eher gar keine Emotionen zu, weil ist halt so.

    (Auch wenn mir die Emotion dazu fehlt, objektiv kann ich das selbst einschätzen und hätte ich die Emotion dazu, würde ich wahrscheinlich auch darauf hin streben, etwas zu verändern)

    Im Gegensatz zu früher sind was für ein Glück die Depressionen weniger geworden und eher diese Angeschlagenheit ist noch vorhanden.


    Der Punkt, dass ich früher von meiem Umfeld und meiner Familie gerne als minderbegabt (um das mal höflich auszudrücken, so freundlich wurde mir das oft nicht zu getragen), hat halt auch einen "Schaden" hinterlassen, da ist halt dieser Beweis ohne das Leute mir unbedingt irgendeinen geistiges Level vorweg schon zusprechen, sondern einfach, "ich mache es besser als du es verlangst", der Gedanke wie früher, "kann ich das, bin ich nicht vllt. doch zu dumm dafür", ist quasi nicht mehr existent.


    Was mich halt sehr steuert und was ich schon öfters mitbekommen habe, sind Leute, die meinen "jo musste halt mal einsehen, dass die damals asi waren, schließ damit ab und mach dein Kopf frei", auf der anderen Seite, wenn ich dann aber so etwas zu Leuten sagen damit kommen, "hallo, die/der ist psychisch angeschlagen, was verlangst du von denen".

    Genauso lustig, wenn es sich um Personen handelt, die selbst ein Problem haben und genau das von sich geben.

    Diese Leute sind halt mittlerweile so richtig cringe in meinen Augen, "du musst halt was an dir ändern, um wieder raus zu kommen" (so gesehen richtig, jeder hat halt aber sein eigenes Tempo und verarbeitet Dinge anders), auf der anderen Seite aber dann wenn man es bei der Person anspricht oder bei anderen gesagt zu bekommen, dass man ja krank ist und dass das nicht so einfach ist, wie man sich das vorstellt, ähhhh what?!


    Das beste Beispiel ist zwischen mir und meinen Bruder der Fall, wir beide haben eine sozial Phobie, wobei die bei mir mittlerweile nur noch hier und da bei großen Menschenmassen mit etwas Unruhe einher geht.

    Gut mein Bruder hat bei großen Menschenmassen auch ein unwohles Gefühl, aber es geht, wenn es aber usm arbeiten geht, geht es einem dann so schlecht, er kann einfach nicht arbeiten, er hat auch was gelesen, was mit sozialer Phobie einher gehen kann, daher hat er die anderen Probleme auch, er hat es ja gelesen, daher wird das schon so sein *ironie off*, nun gut, jeder verarbeitet seine Probleme anders, sehe ich ein, er ist halt leider aber so der Typ, "du verstehst das nicht, du bist ein schlechter Mensch" (für Ihn sind alle Menschen scheiße und die, die gut sind werden auch noch scheiße), dann habe ich zu Ihm gesagt, er soll doch mal versuchen raus zu gehen, Luft schnappen, geht auch ohne "scheiß" Menschen, er lebt auf einem Dorf wo man kaum Leute draußen sieht, aber wir haben ja keine Ahnung, weil er sich mit Youtubevideos weiterbildet... (lel).

    Egal was man sagt, "Ihr verstehst das nicht, das ist so, weil das ist und wenn es das nicht ist, dann ist es deshalb", seine allgemeine Einstellung wird halt auch von Jahr zu Jahr fragwürdiger.

    Da heißt es aber dann immer, "du musst das verstehen, er ist so und es ist für Ihn nicht so einfach, was zu ändern", ähhh ja und ich wurde trotz dass nervliche Probleme in der Familie in mehreren Generationen vorhanden waren (u.a. auch mit Selbstmord), von Leuten die selbst nervliche Probleme haben, belächelt und mir wurde gesagt, musst halt was ändern, mir wurde damals sogar die Pistole auf die Brust gesetzt, dass ich mir ne Arbeit suchen sollte, egal wie es mir geht, wohin es bei meinem Bruder egal ist, der kriegt sogar noch alles in den A,,, geschoben.

    (Auch ein Punkt, der ohne dass ich das noch genauer erleutert habe, mich nervlich damals gebrochen hat)

    Dann kommen noch die, "als ich in deinem Alter war, hatte ich auch die Probleme und trotzdem habe ich....", die starken Leute von damals die mit schweren Depressionen fünf Brüchen, zwei Schlaganfällen, nem Herzinfarkt noch arbeiten gegangen sind, wer kennt Sie nicht, die Leute sind ja heute alle so weich gespühlt, wehe dem, man meckert nur einmal.... *Ironie off*


    Resultat ist mittlerweile für mich, Depressionen sind noch da, ich würde mal sagen, das Freundschafts- und Beziehungsthema ist auch noch so ein Ding, auch wenn mir das gar kein Kopfzerbrechen bereitet (eher die, die mich damit nerven xD) und dass ich mittlerweile ungerne mit Leuten Kontakt habe, die einem permanent mit Ihren Problemen volljaulen, das gilt ganz besondersn für Leute, die nervlich nichts haben, aber trotzdem permanent rumjaulen, so zum Eigenschutz halt.

    Ansonsten würde ich aber sagen, bin ich ganz gut weggekommen, gerade wenn ich mein damaligen Ich mit meinem heutigen vergleiche.




    Edit: Ich habe bis jetzt nichts zu dem Thema gefunden, wenn man mir was schenkt bspw. Schokolade als Dankeschön oder weil ich Geburtstag habe, macht es mich immer traurig, wenn ich die "Lebensmittel", die ja zum Verzehr da sind aufbrauche.

    Es ist klar, dass es einem geschenkt wurde und den Sinn des Verzehrs erfüllen sollen, es macht mich aber traurig, wenn ich so ein Geschenk verbrauche.

  • Das ist ja okay, dass du froh drum warst, aber es wird einem eben eingeredet, dass es sich um eine tatsächliche Störung handelt, nicht bloß um ein Set an Eigenschaften, bei dem die Gesellschaft beschlossen hat diese als Störung wahrzunehmen.

    Ich kann da logischerweise nur aus meiner Erfahrung sprechen, aber mir wurde niemals irgendetwas eingeredet. Bei meiner Diagnose wurde mir erklärt, was genau das bedeutet und in welchen Punkten das auf mich zutrifft und wie das eben alles zusammenhängt und in dem Zug eben auch, welche Probleme mich daher wohl häufig begleiten werden und eine daran entsprechend angepasste Therapie. Eine Therapie, die mir im Übrigen bei der Bekämpfung sämtlicher Begleiterscheinungen (wie beispielsweise Depressionen, Essstörungen und schädlichem Verhalten das aus Vermeidungstaktiken heraus entstanden ist) deutlich besser geholfen hat, als jede Therapie im Vorfeld zu den Begleiterscheinungen, eben weil sie nicht die Ursache waren. Und nur Symptome zu bekämpfen, ohne an die Ursache heran zu gehen ist eben extrem fruchtlos und hilft keinem Betroffenen wirklich langfristig weiter.


    Was ich verurteile, da kommen wir dann wohl auf einen Nenner, ist, wenn grade Kindern ADHS oder Ähnliches ohne eine vernünftige Diagnose gegeben wird, sondern nur weil "er ist ein Träumerchen" oder "sie hat viel Energie" und dann direkt junge Kinder schon mit Medikamenten wie Ritalin vollgestopft werden sollen. Das finde ich tatsächlich verwerflich und da wird dann meiner Meinung nach tatsächlich Personen etwas aufgezwungen. Daher sollten solche Diagnosen eben immer entsprechend in einem längeren Therapieverlauf erstellt und über die Therapiezeit auch immer wieder überprüft werden. Aber grundsätzlich zu sagen, dass jede diagnostizierte Neurodivergenz bei einer "funktionierenden" Person nur der Person eingeredet wird und unnötig ist, halte ich für absolut falsch.


    Ich rede ja nicht von Privatgesprächen, aber Kinder, die schon in der Schule mit Neurodivergenzen diagnostiziert werden, werden sehr schnell stigmatisiert und infantilisiert.

    Glaubst du, das Lehrpersonal behält das wirklich für sich. Natürlich tratschen die im Lehrerzimmer drüber und behandeln sowas wie eine tatsächliche, geistige Behinderung.

    Auch hier, aus meiner eigenen Erfahrung (und auf Nachfrage bei einer neurodivergenten Person in meinem Freundeskreis) kann ich das so nicht bestätigen. Ja, man muss generell Glück bei Lehrern haben, das gilt für jeden Bereich des schulischen Alltags. Und ja, sicher gibt es auch den ein oder anderen Lehrer, der sich unprofessionell verhält. Ich möchte definitiv nicht absprechen, dass das passiert und das ist natürlich nicht ok und sollte man das als Betroffener oder als Elternteil mitbekommen, sollte man auch definitiv ein Gespräch mit der Schulleitung oder (wenn die Schule soetwas hat, es wird immerhin schon häufiger) einem speziell für solche Fälle an der Schule angestellten Sozialarbeiter suchen, damit das möglichst unterbunden wird. Aber das ist sicher nicht für alle Lehrer der Fall. Und auch hier bin ich mir sicher, dass man das der Schule nicht mitteilen muss, wenn man das nicht möchte.


    Natürlich ist es hilfreich, die Schule darüber in Kenntnis zu setzen, weil es eben für Kinder mit beispielsweise ADHS oder Lernschwierigkeiten dann entsprechende Hilfen wie längere Schreibzeiten bei Klausuren gibt. Eben generell die Dinge, die man als Nachteilsausgleich beantragen kann. Aber auch dazu müssen so weit ich weiß nicht alle Lehrer informiert werden, sondern man kann das bei der Schulleitung beantragen. Ob man das inzwischen in Schulen machen kann, ohne die Problematiken komplett auszuführen weiß ich allerdings nicht, in der Uni ging das allerdings mit einem Brief vom Arzt ohne genauere Erklärung (und ich glaube auch ohne genaue Diagnose, sondern eben nur mit der Auflistung der Dinge, in denen man einen Nachteilsausgleich braucht) problemlos.


    Naja, es ist halt so, dass die Informationen, die bei der Googlesuche auf den ersten ein, zwei Seiten auftauchen, schon extrem überholt sind. Wenn du als Person, die keinerlei Ahnung von der Materie hätte, nach ADHS oder nach der Bedeutung des Autismusspektrums suchen würdest, würdest du viele veraltete Informationen finden. Da erscheint zb. ziemlich zu Beginn eine Seite der Caritas, die speziell auf Kinder mit ADHS ausgelegt ist, stellen diese eben sehr klischeehaft dar, und sind auch sehr auf das typische, männliche Erscheinungsbild ausgelegt... was ebenfalls längst nicht auf alle zutrifft, ofc.

    Deswegen sollte es ja auch nicht das persönliche Gespräch ersetzen. Es ist nur meistens eben ein guter erster Anlauf für viele Dinge und wenn man eine Person besser kennt wird man vermutlich auch selbst merken, wenn etwas überhaupt nicht auf die Person passt. Man sollte danach auf jeden Fall nochmal mit der entsprechenden Person darüber reden und nachfragen, nicht nur, weil Informationen veraltet sein können, sondern weil eigentlich jede Neurodivergenz ein breites Spektrum hat und nicht alles auf jeden zutrifft. Es ist, wie ich sagte, eben ein erster Anlaufpunkt für Personen ohne Vorwissen, die zumindest einige der eher nervigen Erklärungen vorweg nehmen, wie zum Beispiel bei Depressionen so Fragen wie "Warum kämpft man sich nicht einfach durch?" oder "Ist das nicht ein Zeichen für Schwäche?". Ich für meinen Teil habe auch ein paar Websiten gespeichert, die meine Neurodivergenz recht nah an meinen Erlebnissen abbilden und im Zweifel gebe ich einfach die Links weiter.


    ADHS und Autismus bei männlichen/weiblichen Betroffenen ist da nochmal ein ganz anderes Thema, da eben sehr lange nur das "typische männliche" Erscheinungsbild untersucht wurde und Abweichungen davon kaum festgestellt wurden. Soweit ich informiert bin, ist man da aber inzwischen am Nachholen.

  • Das ist ja okay, dass du froh drum warst, aber es wird einem eben eingeredet, dass es sich um eine tatsächliche Störung handelt, nicht bloß um ein Set an Eigenschaften, bei dem die Gesellschaft beschlossen hat diese als Störung wahrzunehmen.

    Ich kann da logischerweise nur aus meiner Erfahrung sprechen, aber mir wurde niemals irgendetwas eingeredet. Bei meiner Diagnose wurde mir erklärt, was genau das bedeutet und in welchen Punkten das auf mich zutrifft und wie das eben alles zusammenhängt und in dem Zug eben auch, welche Probleme mich daher wohl häufig begleiten werden und eine daran entsprechend angepasste Therapie.


    ...

    Sorry, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, als hätte man dir bloß eingeredet, dass du neurodivers seist oder etwas in diese Richtung.

    Ich meinte eher, dass Neurodiversitäten von den Erfahrungen denen, mit denen ich mich unterhalten habe, in der Medizin oft wie Menschen mit einer geistigen Behinderung behandelt werden.


    Die Psychiaterin zu der ich alle paar Monate ging, um meine Medikamente abstimmen zu lassen und halt zur Kontrolle, meinte in der Hinsicht auch, dass ich froh sein könnte nie mit ADHS diagnostiziert worden zu sein. Besonders eben in den 2000ern.

    Auch heute noch stellen Kinderpsychiater*innen und Broschüren und andere Informationsseiten diverser Organisation für Eltern und Lehrpersonal das Ganze als "omg Hilfe, wie geh ich mit meinem nervigen Kind um und bieg es hin!!1" dar, you know. Und die für Autismus sind noch viel schlimmer. Darauf wollte ich hinaus.