Unwished - Wenn man eigentlich gar nicht existieren dürfte (Neu, am 18.11.12: Kapitel 10 + 11 überarbeitet gepostet!)

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Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • @Almarik: Sorry, ich hatte das letzte Mal zu wenig Zeit, um deinen Kommentar zu kommentieren (lol).
    Auf jeden Fall fand ich ihn genial :DD solche Kommentare, die mit einem gewissen Pepp geschrieben sind, machen mich
    immer total happy :DD



    Kapitel 23 – Brodellande


    „Hey, Kathrin, wach auf! Wir brauchen dich, jetzt!“, quengelt jemand und zieht mir unsanft meine warme Decke weg. Schlagartig bin ich wach. Lea steht neben meinem Bett, meine Bettdecke in ihren Armen. Zuerst blinzele ich sie überrascht an. Es braucht ein paar Sekunden, bis ich bemerke, dass ich Lea nur erkennen kann, weil sie vom Mond beleuchtet wird. Dieser hat jedoch inzwischen so sehr abgenommen, dass ich nicht mehr als den Umriss der Technikerin sehe.
    „Okay, was ist denn los?“, murmele ich noch leicht verschlafen. Sany, die immer noch auf meinem Kissen liegt, murrt, versucht aber, sich langsam aufzurichten. Ich hüpfe aus dem Bett. Die Technikerin flüstert so leise wie möglich: „Erst raus aus dem Schlafsaal, dann erzähle ich es dir.“ Vorsichtig nehme ich Sany auf den Arm und verlasse den dunklen Raum. Das Licht, das im Flur brennt, blendet mich am Anfang, also muss ich mir mit einer Hand die Augen verdecken. Trotzdem taste ich mich in den großen, ebenfalls erleuchteten Eingangsraum. Als sich dann meine Augen an das Licht gewöhnt haben, bemerke ich Frohderich. Er läuft unruhig in der Mitte des Raumes auf und ab, die ganze Zeit überprüft er seinen FangKom.
    Seine Unruhe verleiht ihm etwas ernsthaftes, dass ich bei ihm als unseren Scherzbold noch nie erlebt habe. Normalerweise mindert er das Schlimmste und den ganzen Ernst drum herum mit mehreren Witzen ab. Ihn so zu sehen, macht mich echt nervös. Es gibt mir das Gefühl, dass wirklich etwas nicht stimmen kann, wenn mein derzeitiger Chef derartig verändert ist. Draußen ist es noch dunkel, ich wurde unsanft aus dem Bett geschmissen und Frohderich ist ernst. Das kann nur eines bedeuten: Irgendetwas muss passiert sein.
    „Frohderich, Kathrin ist jetzt wach!“, ruft ihm die Technikerin zu. Er blickt von seinem FangKom auf und stürmt auf mich zu. Währenddessen erklärt er: „Gut, Kathrin, wir brauchen dich! Du musst zu den Brodellanden aufbrechen, Ah, nein, lass mich ausreden“, sagt er, als ich etwas einwerfen will. Schnell fährt er fort: „Ich weiß, Urs ist dort, weil die ganzen Pokémon verschwunden sind. Aber jetzt sind die Pokémon nicht mehr die einzigen, die sich von der Bildfläche verzogen haben. Urs ist auch weg! Es scheint so, als habe er sich in Luft aufgelöst! Lea wurde aufgeweckt, als das Ranger HQ Alarm geschlagen hat. Die Einsatzzentrale hat gemeldet, dass das Signal von Urs auf der riesigen Kartenanzeige verschwunden ist. Das ist ein schlechtes Zeichen! Solange sein FangKom noch funktionieren müsste, muss das Signal doch zu sehen sein! Außerdem hat er sich schon so lange nicht mehr bei uns gemeldet!“
    Frohderichs Nervosität und Panik stecken mich an und machen mich ganz schön aufgekratzt. Trotzdem nicke ich, um zu zeigen, dass ich verstanden habe. Wenn sich unser Chef nicht mehr meldet und einfach so weg ist, dann ist es passiert. Etwas gar nicht Gutes. Immerhin ist Urs ein richtiger Brocken und außerdem unser Anführer.
    „Gut, dann zieh dich an, damit du dich auf den Weg nach Havebrück machen kannst. Von dort nimmst du ein Schiff und begibst dich auf die Brodellande. Finde Urs. Und betrachte das als vollwertige Mission! Los, Beeilung!“ Noch einmal nicke ich. Dann renne ich in den Schlafsaal, um mich leise umzuziehen und fertig zu machen. Zurück im Eingangsraum bekomme ich noch eine Tasche, die ich an meinen Uniformgürtel hängen kann.
    „Sobald du beim Boot bist, solltest du frühstücken. Es wäre eine schlechte Idee, nicht gestärkt die Mission anzutreten. Da drin sind mehrere belegte Brote und zwei Flaschen. Wir wissen nicht, wie lange du brauchen wirst, also heb dir was auf. Besonders, da es im Vulkan, in dem Urs verschwunden ist, nicht unbedingt kalt ist. Du wirst viel Trinken müssen. Aber jetzt, hopp! Schick uns eine Voicemail, wenn du mehr herausgefunden hast.“ Ein letztes Nicken, bevor ich aus der Basis stürme.
    Ich versuche, gleichmäßig und ausdauernd zu laufen, um nicht mittendrin anhalten zu müssen. Dennoch muss ich auf dem Panoramafelsen kurz ausruhen. Jetzt erst geht die Sonne auf. Sie färbt den dunkelblauen Himmel hellblau und am Horizont kann ich sogar schon etwas Orangenes und leicht Gelbes sehen. Sany, die sich bisher von mir hat tragen lassen, klettert auf meine Schulter.
    „Ich habe ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache…“ flüstert sie mir zu. „Ich auch“, erwidere ich und fange wieder an, zu laufen, „Aber es ist mein Job, etwas gegen so etwas ‚Schlechtes‘ zu machen. Und du bist mein Partner Pokémon, deswegen bist du verpflichtet, mir beizustehen.“ „Das ist ja alles richtig“, kontert sie, „Aber warum haben die Pokémon überhaupt ihren natürlichen Lebensraum verlassen? Genau den Ort, an dem sie sich wohler fühlen als sonst wo? Soll ich dir was sagen? Die Chance, dass Team Nachtschatten dahinter steckt, ist mehr als hoch. Sie können mithilfe ihrer seltsamen Maschinen Pokémon kontrollieren, sie verwirren und das machen lassen, was sie nie machen würden.“
    Ich schlucke. Wenn das wirklich das Werk von Team Nachtschatten ist und ich sie, mal wieder, bekämpfen muss, werde ich mit erneuten Kopfschmerzen und Schwindelanfällen rechnen müssen.
    „Das wird ja einen tolle Mission…“ Bis jetzt weiß noch keiner von meinen Reaktionen auf die Geräte von Team Nachtschatten. Abgesehen von Maike, Misty und Lucia, denen selber bei den Geräten schwindelig wurde. Ihnen habe ich es mehr oder weniger sagen müssen. Jedoch habe ich sie seit damals nicht mehr gesehen. Seltsam ist nur, dass ich bis jetzt anscheinend die einzige unter den Rangern bin, die sich so in der Nähe von KonGigas und KonMinis fühlt. Vielleicht habe ich es deshalb so geheim gehalten. Nicht, dass mich jemand für durchgeknallt hält. Oder dass ich wegen zu viel Gefahr danach kein Ranger mehr sein darf.
    Trotzdem sollte ich mit Bodo darüber sprechen. Wer weiß, vielleicht hat er eine Erklärung hierfür. Außerdem ist er mein bester Freund und sollte besser darüber Bescheid wissen… Oder?
    In Havebrück angekommen, mache ich mir das erste Mal Gedanken, wer mich am besten zu den Brodellanden bringen kann. Das letzte Mal hat mich Stegners Kumpel auf das Meer hinausgefahren, auf Stegners Bitte hin. Am Hafen schaue ich suchend die Stege auf und ab.
    „Ah, braucht die junge Lady wieder mal eine Möglichkeit, auf das Meer hinauszukommen?“, höre ich eine Stimme hinter mir. Natürlich fahre ich vor Schreck zusammen. Es ist Kev, der Freund von Stegner. „Nicht direkt, ich muss zu den Brodellanden, weiß aber nicht wie…“, erkläre ich. Er lächelt mich an. „Ach, das ist kein Problem. Ich wollte heute ohnehin dorthin, also kann ich dich ja mitnehmen. Wir können sofort losfahren“, meint er und zeigt gerade aus. Ich wirble herum und schaue in die Richtung, in die Kev deutet. Am Steg, direkt hinter mir ist sein Boot mit dem Lampi vorne an der Spitze und der himmelblauen Kajüte, in die man durch eine Perlutüre gelangt.
    „Klasse“, freue ich mich. Erleichtert und froh betrete ich das Schiff, das in den Wellen leicht hin und her schaukelt. Kevin verschwindet sofort in der Kajüte, um loszufahren. Ich hingegen lasse mich auf dem Holzboden nieder. Endlich kann ich frühstücken. Als ich die Tasche öffne, stelle ich fest, dass neben den drei Frischkäsebroten, zwei großen Flaschen Mineralwasser und sogar noch einer Packung Gummibärchen drei Dosen Pokéfutter drinnen sind. Natürlich bin ich überrascht, wie Lea und Frohderich das alles in die nicht unbedingt groß wirkende Tasche packen konnten.
    Sany stürzt sich hungrig auf ihr Essen. Während ich genüsslich in ein Frischkäsebrot beiße, überprüfe ich die Kontaktdaten auf meinem FangKom. Urs Profil ist durch das „Signallos“-Zeichen, ein großes, schwarzes X, tatsächlich unzugänglich. Dabei ist jeder Ranger dazu verpflichtet, seinen FangKom immer angeschaltet zu haben. Selbst, wenn er schläft und besonders dann, wenn er auf Mission ist. Dafür ist Bodo auf Patrouille, wie ich überglücklich feststelle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Frohderich mit Absicht gesagt hat, dass meine Mission erst auf den Brodellanden beginnt. Immerhin, wenn ich noch Frühstücken kann, wie von ihm erlaubt, dann darf ich auch bei meinem besten Freund anrufen. Vier Mal klingelt es, bevor er abhebt.
    „Hey, Morgen! Deine Mission ist doch nicht schon vorbei?“, fragt er gleich als erstes, ein wenig überrascht. Trotzdem lächelt er und mein Herz schlägt mehrere Saltos hintereinander. Nachdem ich einmal tief Atem geholt und mich ein bisschen beruhigt habe, antworte ich: „Um genau zu sein hat sie noch nicht richtig begonnen. Momentan bin ich auf den Weg dorthin, wo ich gebraucht werde. Ich muss nach meinem Chef suchen. Auf den Brodellanden, weil von dort sein letztes Signal kam. Er ist nämlich von der Karte im HQ verschwunden und Frohderich hat mich zu der Mission auserkoren, ihn zu finden…“
    „Brodellande… Ist das nicht die Insel mit dem kleinen Dorf, das direkt an dem Fuße eines aktiven Vulkanes steht“ „Doch, das ist sie. Ich muss im Vulkan nach meinem Chef suche…“ „Moment, IM VULKAN?!?“, ruft mein bester Freund und zieht ungläubig beide Augenbrauen hoch. Der Gesichtsausdruck kommt mir schon so vertraut vor, obwohl ich ihn erst zum dritten Mal zu Gesicht bekomme. Die Schmetterlinge, die ich meinem Bauch flattern wie wild, stoßen allesamt zusammen und flattern dann nur noch intensiver und schneller. Er ist besorgt und bestürzt und wütend.
    Schnell plappere ich: „Ja, es gibt anscheinend einen Eingang und innendrin einen verschlungenen, aber breiten Weg, auf dem man gut gehen kann. Hat Luana mir mal erklärt…“, „Ganz ungefährlich ist das aber sicherlich auch nicht, oder?“, erwidert er aufgebracht, „Warum bist du überhaupt alleine auf so einer Mission?“ Ich glaube nicht, dass er sich bewusst ist, wie süß er ist, wenn er besorgt ist. Stotternd versuche ich zu erklären, dass, wenn neben mir noch Luana oder Frohderich mitgekommen wären, nur noch ein einziger Ranger an der ansonsten mit vier Rangern besetzten Basis wäre. Das wäre zu wenig.
    „Aber warum wurdest du unbedingt dazu ausgewählt? Immerhin, Luana ist doch schon ein ganzes Jahr länger als du Pokémon Ranger!“, wirft mein bester Freund ein. Kein schlechtes Argument, er hat tatsächlich recht. Um mich zu sammeln und das Rasen meines Herzens zu ignorieren, beiße ich von meinem Frischkäsebrot. Ich schlucke und sage: „Das weiß ich nicht… Es war nicht genug Zeit, um genaueres zu hinterfragen“, ich stocke und gebe zu, „Als ich schließlich auf dem Schiff war, wollte ich dich anrufen, nicht Frohderich, um genaueres zu wissen.“
    Sein Gesichtsausdruck wird milder. Dennoch schüttelt er verständnislos den Kopf. Ein weiteres Mal nehme ich einen Bissen von meinem Brot. „Evoo“, maunzt Sany plötzlich und ich zucke zusammen. Leichtfüßig tappt mein Partner Pokémon auf meine Schulter. Sie reibt ihre Wange an meine. Dadurch fällt mir ein neues Thema ein. „Sany meint, dass der Grund für das Verschwinden von Pokémon vielleicht Team Nachtschatten ist. Nur, weil die alle verschwunden, ist Urs überhaupt aufgebrochen. Glaubst du, dass das stimmen könnte?“, frage ich und kraule Sany hinter den Ohren.
    Sein Gesichtsausdruckt wechselt von noch ein wenig wütend zu nachdenklich.
    „Nun ja“, überlegt er laut, „Persönlich kenne ich die Typen ja nicht, aber durch das, was ich bis jetzt von dir über sie gehört habe, kann ich mir gut vorstellen, dass sie dahinter stecken. Eine solche Gemeinheit würde jedenfalls gut zu ihnen passen. Aber wenn das wirklich so ist, würde ich dir raten, nur noch vorsichtiger zu sein.“ „Mir wird schon nichts passieren“, versuche ich, ihn zu beruhigen. „Das will ich aber auch hoffen“, entgegnet er mit gerunzelter Stirn. Alles, was ich daraufhin machen kann, ist zu lächeln und er lächelt zurück, wenn auch ein wenig schwächlich.
    „Evo, Evoli!“, murrt Sany, „Evoli, Evo, Evolii!“ Sie legt ihre samtenen Pfötchen auf das Display. Bodo, der nur noch zur Hälfte zu sehen ist, grinst und fragt, was das heißen soll. Ich sage: „Nun, Sany hat gemeint: ‚Beruhig dich, ich bin ja bei ihr. Ich passe auf sie auf, versprochen!‘“ „Immerhin will ich miterleben, wenn du ihm endlich dein kleines Geheimnis verrätst“, schnurrt mein Partner Pokémon deutlich hörbar und ich laufe dunkelrot an. Jetzt bin ich froh, dass Bodo nicht versteht, was Pokémon sagen.
    „Sany!“, schimpfe ich, „Sag das nochmal und ich sorge persönlich dafür, dass du es nicht mehr miterlebst.“ Mein bester Freund schaut mich verwirrt an. Kein Wunder, mein Gesicht sieht aus wie Tomate und ich bin wütend auf mein ansonsten von mir so geliebtes Partner Pokémon. Das Evoli springt munter von meiner Schulter, um sich dann an meiner Seite einzurollen.
    „Unverschämtes, kleines Ding“, brumme ich. „Was?“, will Bodo wissen, „Was hat sie gesagt?“ Zur Antwort schüttele ich den Kopf und sage: „Das übersetze ich jetzt lieber nicht. Nicht in dieser Situation, noch dazu kurz vor einer Mission.“ Ja, jetzt das Geständnis, ein Korb dazu und dann ich geschlagen, deprimiert und in Liebeskummer in einem aktiven Vulkan, auf einem dünnen, nicht wie vorhin gelogen breiten, Pfad? Nein, danke.
    Ich seufze und beiße von meinem Brot ein großes Stück ab. Wahrscheinlich hätte ich ihm erzählt, dass ich mich verliebt habe, wenn es nicht unbedingt IHN getroffen hätte. Als mein bester Freund hätte er mir wahrscheinlich ansonsten sogar geholfen.
    „Muss ich das verstehen?“, fragt Bodo und legt seinen Kopf schief. „Nein, das musst du nicht. Solltest du auch besser nicht. Nicht jetzt, wie schon gesagt, WEIL du ein JUNGE bist. Das ist alles Mädchenkram. Leider…“ Bei meinem missmutigen Gesichtsausdruck muss er lachen. Noch ein weiteres Mal beiße ich von meinem Brot ab, kaue und schlucke runter, während langsam das Rot aus meinem Gesicht verschwindet.
    „Hey, junge Lady“, höre ich Kev rufen und schaue auf. Ich sehe seinen Umriss gegen das Fenster in seiner Kajüte, da die schöne Perlutüre offen steht. Schnell erhebe ich mich. Mit Frischkäsebrot in der einen, FangKom in der anderen Hand laufe ich unter das Dach. „Siehst du das am Horizont? Da kann man den Rauch und die Spitze des stets aktiven Brodelvulkans erkennen“, in der kurzen Pause zwischen den zwei Sätzen, höre ich Bodo wütend grummeln und brummeln, „Es ist eine sehr schöne Insel mit sehr netten Leuten. Willst du allerdings in die riesige, garantiert heiße und gefährliche Lavahöhle“, wieder höre ich Bodo leise schnauben, „musst du dir erst die Erlaubnis des Dorfältesten einholen.“
    Kann es sein, dass Kev mitgehört hat? Wenn nein, dann schafft er es echt gut, unbewusst, Bodo rasend zu machen. Obwohl ich es doch gerade erst geschafft habe, ihn zu beruhigen. Also versuche ich wenigstens, schnell einen Themenwechsel herbeizuführen.
    „Wo wohnt der Dorfälteste denn?“, hake ich interessiert nach. Kev grinst: „Direkt neben dem Haus, in dem der Scherbensammler wohnt.“ „Und wo wohnt der?“ „Das Haus von dem ist sehr einfach zu erkennen. Steine, wo auch immer du hinschaust. Links daneben ist das Haus des Dorfältesten, seiner Tochter und seiner Enkelin.“ Na, das wir eine tolle Mission.
    „Sei einfach vorsichtig und pass auf dich auf, ja?“, sagt Bodo und ich schaue wieder auf das Display. Er lächelt, aber es wirkt seltsam verkrampft. „Und sag Sany, dass, wenn dir irgendetwas passiert, dann komme ich persönlich nach Almia. Das würde kein Spaß für sie werden. Aber ich muss jetzt auflegen. Ich bekomme Gesellschaft…“ „Bye“, murmle ich und der Bildschirm wird schwarz.
    Kauend schlurfe ich zu Sany zurück, die sich um keinen Millimeter bewegt hat, als ich gegangen bin. Auch als ich mich neben sie setze, rührt sie sich nicht. Bevor wir ankommen, habe ich noch zwei Frischkäsebrote verputzt und eine Mineralwasserflasche bis zur Hälfte ausgetrunken. Der Boden der Insel ist steinig und anstelle von Gebüsch oder Sträucher liegen hier überall Brocken herum. Selten sind Bäume zu finden, und wenn, dann sind sie knorrig und haben keine Blätter. Der Vulkan ist einfach nur… riesig! Stetig steigt Rauch aus dem garantiert genauso übergroßen Krater und trotzdem befindet sich an seinem Fuße ein Dörfchen.
    Es hat ungefähr die Größe von Schikolingen und die Häuser bestehen, natürlich allesamt, aus Vulkangestein. Wie die gesamte Insel. Keiner der Bewohner scheint ein Problem damit zu haben, direkt neben einem Feuerberg zu sein. Im Gegensatz, sogar die Kinder spielen seelenruhig auf einem Spielplatz am Rande des Dorfes. Mal ganz ehrlich, ich wäre die ganze Zeit nervös… Nein, ich BIN nervös!
    Immerhin muss ich direkt IN den Vulkan. Vorhin, bei dem Telefonat mit Bodo habe ich das schummrige Gefühl erfolgreich verdrängt, um Bodos Willen… Jetzt breitet sich zusätzlich zu den beruhigten Schmetterlingen etwas eklig Schwammiges in meiner Magengegend aus. Mein Partner Pokémon hat weniger Muffensausen als ich vor dem, was wir jetzt machen sollen. Vorausgesetzt, wir dürfen dort reingehen.
    Zwar hat Kev mir gesagt, dass ich das Haus des Steine Sammlers erkenne, wenn ich es erblicke, doch wenn ich mir die Bauten so anschaue, kommen langsam Zweifel in mir auf. Kev selber ist schon verschwunden. Im Schnellschritt schaue ich mich in den breiten Straßen um. Der Boden ist dunkelbraun, egal, wo man hinsieht. Die Straße, in die ich jedoch gerade einbiege, hat den dunkelsten, fast schwarzen Boden. Und am Ende entdecke ich ein buntes Haus. Es ist so farbig, so knallig, dass es an diesem natürlich farbigen Ort so richtig fehl am Platze wirkt.
    „Das Haus hat Kev gemeint“, schießt es mir durch den Kopf, „Keine Zweifel. Das ist bestimmt das einzige, dass so auffällig ist.“ Und in einem Punkt hatte ich mich geirrt. Es steht nicht am Ende der Straße, sondern nur fast am Ende. Ihm folgend steht ein weiteres, großes Gebäude. Als ich ankomme, klopfe ich zaghaft an. „Dem „Herein!“ folgend, drücke ich die eiserne Türklinke herunter.
    Ein Mädchen in einem hellroten Trägerkleid begrüßt mich: „Hallo, Ranger! Du willst doch sicher zu meinem Opa, dem Dorfältesten, hab ich recht?“ Ich nicke und folge ihr in einem Raum. Egal wie ich mir das Innere eines dieser seltsam steinigen Häuser vorgestellt habe, so sicherlich nicht. Die weiß bestrichenen Wände machen die Küche, in der ich jetzt bin, so hell, dass es richtig in den Augen sticht. In der Küche am Tisch sitzt ein älterer Herr mit weißem Stoppelbart und einem hellbraunen Holzstab. Sobald er mich sieht, richtet er den Stecken auf mich und meint:
    „Wer bist du denn?“ und dann, nach einer Sekunde, in der ich sprachlos bin, „Ah, du bist der vermisste Ranger, wie? Und, wo sind die verschollenen Pokémon? Wo ist mein geliebtes Pantimimi?! Hast du es nicht mitgebracht Warum nicht?!?“ Seine raue Stimme schwillt von Mal zu Mal mehr an. Ich glaube, Zorn und Traurigkeit herauszuhören, bin mir jedoch nicht sicher. Vollkommen erstarrt bleibe ich im Türrahmen hängen, bis die Enkelin des Dorfältesten hinter mir ruft: „Aber Großpapa, da liegt eindeutig eine Verwechslung vor!“
    Sie quetscht sich an mir vorbei. „Dieser Ranger ist da, um nach dem Pokémon Ranger zu suchen, der vermisst wird. Nur weil du dein Pantimimi vermisst, musst du nicht die ganze Zeit so aus der Haut fahren.“ Der alte Mann winkt mir mit der Hand zu, die nicht den Stock hält und erklärt: „Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Hiermit hast du die Erlaubnis, den linken Eingang unseres Vulkanes zu betreten, solange du nach unserem süßen Pantimimi Ausschau hältst. Vergiss jedoch nicht, dass für dich nur die linke Seite erlaubt ist, nicht die rechte. Nun husch, husch, du hast doch, was du willst und was du brauchst.“
    Überrumpelt schaue ich das Mädchen an. Sie nickt mir freundlich mit einem netten Lächeln zu. „Äh.. Danke. Und Auf Wiedersehen!“, stammele ich, immer noch überrascht, und stolpere rückwärts in den Gang. Draußen schaue ich in Richtung Vulkan. Die zwei Höhleneingänge, die der Dorfälteste erwähnt hat, sind unverkennbar. Der linke, der, durch den ich gehen darf, ist weit und hoch, und ungefähr zwanzig Meter von mir entfernt. Die rechte, die für mich verbotene, ist ohnehin nicht passierbar. Eine rostrote, eiserne Stahltür mit schwarzem Griff versperrt das, was dahinter liegt. Die beiden Eingänge sind ungefähr fünf Meter voneinander entfernt.
    Im Laufschritt begebe ich mich auf den offenen Eingang zu. Die Lava ist ihrem rot-orangenen Ton schnell erkennbar und ihre Hitze macht sich schon bemerkbar, bevor ich da bin. In der Höhle selber flimmert es wegen der hohen Temperatur. Zuerst schaue ich mich um. Der dunkelbraune, steinige Weg ist zwei Meter breit und am Rande liegen oft Steinchen, bis hin zu großen Felsblöcken. Der Weg führt nach links, dann nach oben in einem recht steilen Winkel und von dort kann ich nichts mehr erkennen.
    Also mache ich mich nur vorsichtig auf den Weg. Es könnte ja sein, dass nach der nächsten Kurve irgendjemand oder irgendetwas auf mich lauert… Das ist ein Problem, aber zuerst komme ich gut voran. Hier im Vulkan gibt es noch Pokémon, jedoch so wenige, dass ich nur hin und wieder welche sehe, größtenteils sind es Feuerpokémon. Das ist kein Wunder, da sie sich hier in dem Vulkan garantiert wohl fühlen. Zum Glück bekomme ich kein Kopfweh oder Schwindelanfälle, die mir sofort die Anwesenheit von Team Nachtschatten verraten hätten. Zudem fällt mir ein, als ich daran denke, dass es gut ist, dass ich Bodo bis jetzt noch nichts von den Symptomen erzählt habe.
    Die zusammen mit dem Mix von Lava und einer Gefahr, die sogar meinem Chef etwas antun konnte, hätten ihn wahrscheinlich dazu gebracht, persönlich aus Fiore auszubrechen, um mich aufzuhalten. Er hätte mich dann auf gar keinen Fall mehr gehen lassen. Zur Sicherheit besorge ich mir noch ein paar Pokémon Freunde. Oft führt der Weg über kleine und größere Hügel. Und nach einer weiteren Kurve spüre ich etwas. Ein Ziehen in meinem Kopf und ich stöhne auf. Da habe ich mich wohl doch getäuscht. Ich bin die einzige Menschenseele in diesem Vulkan.
    Das Ziehen wird stärker und nach der nächsten Kurve sehe ich auch schon einen Team Nachtschatten Schergen. Neben ihm steht ein riesenhaftes Kangama und vor ihm ein silberner KonMini. Ganz eindeutig der Grund für meine Kopfschmerzen.
    „Hey, du da!“; rufe ich ihm entgegen, „Hetz das Kangama doch bitte auf mich, ja?“ Sofort schaut er auf. Sein Gesicht verzieht sich zu einer hässlichen Grimasse. „Ein Ranger! Noch einer! Los, Kangama, mach ihn platt! Wir brauchen nicht noch mehr Probleme…“ Das große Pokémon folgt dem Befehl, den er in den KonMini eingetippt hat, und stürmt sogleich auf mich zu. Zum Glück ist mein FangKom durch die Warnung von vorhin schon aktiviert. Kreise ziehend springe ich dem Pokémon aus dem Weg. Rutschend bleibt es stehen, dreht sich um und will wieder auf mich zulaufen.
    Einen guten Meter vor mir ist der Fangversuch jedoch schon wieder abgeschlossen. Verwundert blickt es mich an, bevor es sich abermals umdreht und anfängt, zu laufen. Langsam wende ich mein Gesicht mit den hochgezogenen Augenbrauen dem Team Nachtschatten Scherge zu. Er quiekt kurz und verschwindet, den kaputten KonMini einfach stehen lassend. Mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, denn der Weg weist keine Abzweigungen auf. Es dauert leider auch nicht lange, bis ich neue Anhänger von Team Nachtschatten treffe, sogar gleich zwei von der Sorte. Auch sie spielen mit ihrem Minicomputer, mit dem sie zwei Schneckmag und drei Magcargo kontrollieren.
    Sie stehen auf einen der vielen Hügel und blicken auf mich hinab. So wie sie da so stehen, kommen sie mir ganz schön arrogant und hochnäsig vor, ähnlich wie Alexa, diese eingebildete Schnepfe. „Wir wurden schon vorgewarnt, dass sich ein Putzi-Putzi-Ranger hier drinnen aufhält“, begrüßt mich die etwas klein geratene Frau, „Aber wir sind Team Nachtschatten, also tanzen die Pokémon nach unserer Pfeife! Am besten, wir machen dich platt wie den anderen Ranger! Los, Magcargo, Schneckmag!“
    Rasch gleiten ihre Finger über den KonMini und die fünf Feuerpokémon gehorchen sofort. Zwei von ihnen setzen Flammenwurf gegen mich ein, die anderen drei bewegen sich weiterhin auf mich zu. Darauf achtend, nicht wegen den Schwindels in die Lava zu fliegen, weiche ich dem einen Flammenwurf aus, während Sany den zweiten mit einer Aquawelle abwehrt. Mit wenigen Kreisen habe ich die Schneckmag eingefangen. Die restlichen drei haben mich inzwischen eingekreist, um mich mit Steinwurf zu bombardieren. Mein Partner Pokémon wehrt die meisten Steine ab, den restlichen muss ich selber ausweichen.
    „Ihr müsst sie austricksen!“, keift die Schergin und ich höre, wie sie auf der Tastatur neue Befehle eingibt. Im nächsten Moment wechseln sie zu Hitzewelle. Die Temperatur wir absolut unerträglich. Schweißperlen rollen mir über das Gesicht und in meinem Nacken kleben meine Haare. Sany versucht, meinen Fangversuch mit der Aquawelle zu vereinfachen und tatsächlich! Nach dem nächsten fertig gezogenen Kreis bin ich fertig!
    Mit einem lauten Knall explodiert der KonMini der Team Nachtschatten Anhänger, daraufhin folgen ein helles Kreischen und ein überraschter Aufschrei. Ich wirbele herum. Die zwei zuvor so Hochnäsigen sehen jetzt überhaupt nicht mehr auf wie eine Königin und ein König. „Das gibt es doch gar nicht“, grummelt der Mann ungläubig. Er greift nach dem kaputten Computer und läuft mit seiner Partnerin davon. Keuchend sinke ich auf die Knie.
    „Ganz ehrlich, Sany. Es gab schon einmal bessere Situationen für eine Mission“, spreche ich zu dem flauschigen Fellknäuel, dem die Zunge aus dem Mund hängt. Sie kriecht zu mir herüber und setzt sich hin. Aus der Tasche hole ich die angetrunkene Flasche Mineralwasser, schenke ihr in einen ebenfalls in der Tasche enthaltenen Napf etwas ein. In schnellen Schlucken trinke ich genauso hastig wie sie. In der Zeit lasse ich meinen Blick umherschweifen. Die einzigen Farben hier drinnen sind dunkelbraun, rot und schwarz. Genau deshalb stutze ich, als ich hinter einem klobigen Felsen etwas metallisch glänzen sehe.
    Das Blitzen gehört so etwas von überhaupt nicht an diesen natürlichen Ort wie Feuer an den Grund des Ozeans, dass es sofort meine Aufmerksamkeit erregt. Meine Wasserflasche zuschraubend mache ich mich auf den Weg dorthin. Als ich erkenne, was es ist, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Ein FangKom, aber nicht wirklich einer, den ich nicht kenne, sondern genau der von meinem Chef. Ohne zu zögern hebe ich das Gerät auf und stelle fest, dass er ausgeschaltet, aber nicht beschädigt ist. Das ist absolut kein gutes Zeichen. Sofort rufe ich auf meinem FangKom Frohderich an. Es dauert keine fünf Sekunden, dann hebt er auch schon ab.
    „Kathrin? Gibt es etwas Neues?“ „Ja, ich habe Urs FangKom gefunden, und zwar nur seinen FangKom. Urs selber ist nicht da. Auch ein paar Team Nachtschatten Schergen habe ich schon getroffen, und sie haben anscheinend Urs entführt oder ähnliches. Auf jeden Fall versuchen wir, Sany und ich, ihn zu finden und zu befreien. Immerhin bin ich noch lange nicht am Ende des Weges angekommen. Ich rufe dich wieder an, sobald ich kann“, antworte ich. Der Ranger nickt und ich lege auf. „Bereit, Sany? Lass uns weiterschauend!“, sage ich.
    Den FangKom von Urs stecke ich zusammen mit der Wasserflasche in die Tasche. Das Evoli springt aufgeregt auf und ab. Als ich vier Kurven später zwei weitere Team Nachtschatten Schergen sehe, verstecke ich mich hinter einem riesigen Brocken, um sie zu belauschen. Vorsichtig spähe ich dahinter hervor. Die zwei scheinen sich zu streiten. „Warum wurde ich eigentlich mit so einem Volltrottel eingeteilt?“, brüllt der eine erzürnt. „Hast du mich gerade Volltrottel genannt?“ Du hast doch den FangKom des großen Rangers fallen gelassen, nicht ich!“ „Ja schon“, kontert er, „Aber der ist auch nicht weiter wichtig, im Gegenteil zu unserem KonMini! Warum hast du den in die Lava fallen lassen? Doofer geht’s doch gar nicht!“
    Zwei Team Nachtschatten Typen ganz ohne Verteidigung? Na, an denen werde ich wohl ganz schnell vorbeikommen. Schnell hüpfe ich hinter dem Stein hervor. Als mich die Streithähne sehen, zucken sie zusammen und reißen die Augen auf. „D-da ist ja n-noch ein Ranger“, stottert der eine und schwupp, sind sie auch schon beide wieder weg. Erst als sie abgehauen sind, fällt mir die stählerne Tür auf, ein paar Meter von mir entfernt. Eine Tür? Mitten in einem natürlich entstandenen Ort? Da stimmt doch irgendetwas nicht!
    Mit schnellen Schritten begebe ich mich darauf zu. Einen Meter davor geht sie automatisch und leise piepsend auf, und als ich durchgehe, stutze ich. Einen Ort, wie diesen habe ich in einem Vulkan noch weniger erwartet als die große Eisentüre. Wasser, und das nicht in rauer Menge. Ganz viel Wasser! Ein großer Tunnel, ziemlich breit, führt von der Hähle weg. Ich möchte wetten, dass es vom Meer aus hier hineingeflossen ist. Langsam bewege ich mich darauf zu und bleibe erneut erstaunt stehen. In der Mitte des Sees ist ein riesiger Frachter und das Zeichen und die Fahne lassen keine Zweifel übrig, wem er gehört.
    Team Nachtschatten natürlich. Und direkt darauf zu laufend befindet sich eine Art Steg aus Stein. Mir war sofort klar, dass ich auf den Frachter muss. Irgendetwas sagt mir, dass Urs auf dem Boot ist. Nur wenn ich auf der Art Steg darauf zulaufen würde, würden mich die ganzen Team Nachtschatten Rüpel sofort bemerken und somit würde ich es nie schaffen. Also richtige ich meinen Blick auf das tiefblaue Wasser, dass die steinige Decke in sich spiegelt.
    „Sany? Was hältst du davon, ein wenig Baden zu gehen?“, frage ich mein Partner Pokémon und sie schnurrt. Wie gut, dass sie nicht wie jedes andere Evoli wasserscheu ist. Nachdem ich die Tasche verschlossen habe, die man zum Glück wasserdicht machen kann, und mir die Mikroaqualunge in den Mund gesteckt habe, rutsche ich langsam von dem Weg ins Wasser. Es ist kühl und nach der ganzen Zeit in der Hitzewelle des Vulkans fühlt es sich sehr angenehm an. Nur dass es sofort tief ist und nicht langsam abwärts geht.
    Mit einer Hand halte ich mich noch am Rand fest, mit der anderen stelle ich schon einmal die Taschenlampe meines FangKoms ein, um die Tiefe des Sees überprüfen zu können. Sany steigt auf meinen Kopf und atmet langsam tief ein und aus. „Bereit?“, frage ich und sie nickt. Im nächsten Moment tauche ich ab. Mit schnellen Zügen schwimme ich los, tauche aber immer wieder so weit hoch, dass Sany wieder Luft holen kann, sie aber trotzdem nicht zu sehr über der Wasserfläche aufragt.
    Die Taschenlampe prüfe ich jedes Mal, wie weit es noch bis zu dem steinigen Steg ist. Im Wasser befinden sich viele Pokémon. Goldini, Karpador, Golking, Liebiskus und noch viele mehr. Genug Platz ist hier ja. Der See ist tiefer als gedacht, den Boden kann ich überhaupt nicht erkennen. Kein Wunder, dass das Monster von Frachter in dieser Höhle Platz hat. Als ich an meinem Ziel ankomme, schaue ich zuerst vorsichtig über die Oberfläche. Was ich sehe, schockt mich so sehr, dass ich auf gequietscht hätte, wenn nicht mein Mund mitsamt der Mikroaqualunge noch unter Wasser gewesen wäre.
    Von vier Team Nachtschatten Anhängern gerade mal ein paar Zentimeter über den Boden gehalten, erblicke ich Urs. Er ist mit dicken Seilen so verschnürt, dass er sich kein bisschen bewegen kann, aber dafür kann er seinen Mund aufmachen. Und wie er ihn aufreißt. „Wie könnt ihr es wagen, ihr erbärmliche, absolut miserable Bande von niveaulosen Kleinkriminellen! Ihr wisst doch gar nicht, mit wem ihr euch angelegt habt! Mit Urs, dem Chef der Brisenaubasis! Seid euch sicher, dass ihr nicht ungestraft davonkommen werdet! Ich lass‘ mich doch nicht ungestraft als ein Paket verschnüren, habt ihr gehört? Das werdet ihr noch bereuen!“
    Ein Schwall von Wörtern wie man es bei Urs normalerweise nicht erlebt, schwappt aus seinem Mund. Es ist ja nicht so, als würde mein Chef selten seinen Mund aufmachen, aber so einen Wasserfall bin ich nur bei Rhythmia gewohnt. Und vielleicht noch bei Lucia. Die Schergen sind natürlich überhaupt nicht glücklich darüber, dass ihnen die Ohren vollgebrüllt werden und beschweren sich ebenfalls. Erst als er und die vier Rüpel in dem Frachter verschwunden sind, ziehe ich mich aus dem Wasser. Obwohl ich total triefe und eine Spur von Wasser hinter mir herziehe, schaffe ich es unbemerkt ebenfalls rein.
    Und das, obwohl ein paar Meter ein Team Nachtschatten Admin entfernt steht und ein paar ihm Untergeordnete zur Schnecke macht. Zuerst starre ich verblüfft auf die massenhaft Container im Frachter. Na toll.
    Jetzt befinde ich mich endgültig in der Höhle des Löwen.

  • Soo, nach 11 Tagen wieder ein neues Kapitel. Dieses noch und noch eines, dann ist Teil 2 endlich zu Ende -^^-


    Kapitel 24 – Auf dem Frachter


    Da ich mir sicher bin, dass die Leute auf dem Steg noch hereinkommen werden, stelle ich mich schnell in eine dunkle Ecke neben dem Eingang. Dort aktiviere ich eine Art leisen Föhn auf meinem FangKom, um meine ohnehin schnell trocknenden Klamotten noch schneller trocknen zu lassen. Es dauert nur wenige Minuten. Als ich fertig bin, schaue ich kontrollierend um die Ecke. Dann laufe ich auf Zehenspitzen den breiten Weg in die Mitte des Frachters, biege aber irgendwann in eine kleine Gasse ab.
    Dort steige ich erst auf einen kleineren Container, dann auf einen größeren und schließlich auf den größten, von denen es hier am meisten gibt. Oben verstecke ich mich erneut in einer Ecke. Bevor ich dieses Boot weiter erkunde, sollte ich Frohderich noch eine weitere Nachricht schicken. „Ah, Kathrin, wa…“, fängt dieser an, aber ich lege die Finger auf die Lippen. Er verstummt sofort. Leise erkläre ich ihm, was ich gerade erlebt habe und wo ich bin.
    „Verstehe….“, flüstert er, „Also hast du Urs gefunden… Schaue am besten, dass du unbemerkt bleibst. Es sollen dich so wenige wie mögliche Team Nachtschatten sehen. Am besten rufst du mich wieder an, wenn du den Chef erneut gefunden und befreit hast.“ Ich nicke entschlossen und lege auf. Gerade als ich aufgestanden bin, bebt der Stahlboden unter meinen Füßen und ich fliege rückwärts hin. Ich muss mir auf die Lippe beißen, um nicht vor Schmerz aufzuschreien.
    Etwas Spitzes hat meine Handfläche aufgeschlitzt und der Strich wird von dem Blut langsam dunkelrot gefärbt. Zum Glück ist es wenigstens meine linke Hand und nicht meine rechte, mit der ich den FangKom benutze, erwischt. Trotzdem pocht die Wunde und sticht unangenehm. „Das war so klar“, denke ich mir, „Dass ich mir bei der wohl wichtigsten Mission bisher eine Verletzung zuziehe. Wenn das kein gutes Omen ist…. Was mir wohl sonst noch passiert?“
    „Achtung, Achtung! Hier spricht der Kapitän! Das Frachtschiff wird nun auslaufen, aus unserem Versteck. Alle Mann auf ihre Posten“, hallt es durch den riesigen Lagerraum. Die Stimme der Person, die zu hören ist, kommt mir vage bekannt vor, jedoch kann ich sie momentan nicht zuordnen. Mich an einer Stange an der Wand festhaltend, taste ich mich weiter auf den riesigen Containern entlang. Währenddessen lasse ich meinen Blick herumschweifen. Das, was ich suche, finde ich sofort: Eine Treppe, mit der ich eine Eben weiter hoch laufen kann. Von dort kann ich immer noch ein leises Echo von mehreren entrüsteten Schergen hören, also wird man Urs hochgebracht haben.
    Danach suche ich den geeignetsten Weg zur Treppe, um, wie von Frohderich geraten, ungesehen zu blieben. Ich kann zwar nicht die ganze Strecke auf den eisernen Containern bleiben, aber das letzte Stückchen werde ich dann aufpassen müssen. Auf allen vieren krabbele ich auf dem Boden. Immer wieder werfe ich Blicke über den Rand auf den Boden. Immer wieder erhasche ich einen Blick auf ein paar Team Nachtschatten Schergen mit ihren KonMinis und den armen Pokémon, die sie kontrollieren.
    Die Kopfschmerzen bleiben mir deshalb auch nicht erspart, neben den anhaltenden Stichen meiner linken Handfläche. Aber wenigstens habe ich dadurch, dass ich auf allen Vieren krieche, keine richtigen Schwindelanfälle. Naja, das ist wenigstens schon einmal etwas. Auf den letzten paar Metern hin zu der Treppe, bin ich auf dem von der Fahrt vibrierenden Boden und kurz bevor ich bei den stählernen Stufen ankomme…
    Mir wird mit einem Mal schwindelig und ich fliege über eine Erhebung am Boden. Na, schön, jetzt werde ich wohl gleich entdeckt werden. Die Lautstärke, mit der ich auf dem Boden gelandet bin, ist garantiert bis in jeden Winkel des Laderaumes zu hören. Schnell rappele ich mich wieder auf und laufe die Treppe hoch. Hinter mir höre ich schon Fußgetrappel und mir ist sofort klar, dass man sehen will, wer gerade hingefallen ist. Also klettere ich sofort auf einen nächsten Container. Hier gibt es schon wieder genug von der Sorte. Flach daliegend lausche ich, wie ein paar ankommen und sich wild durcheinander unterhalten.
    „Ob das der Ranger war?“ „Ach, Quatsch mit Soße, so verpackt wie der war…“ „Den mein ich nicht, ich meine die kleine, die danach noch gekommen ist!“ „Aber das wäre doch aufgefallen, wenn sich DIE an Bord geschlichen hätte.“ „Nur wer war es dann?!“ „Woher soll ich das denn wissen? Ich bin ja nicht allwissend! Wahrscheinlich war das nur irgendein Tölpel aus unseren eigenem Team…“ „Hast ja recht.. So viele Idioten wie hier mitmachen, da braucht man sich nicht wundern, wenn mal einer von denen Mist baut.“ Daraufhin denke ich mir insgeheim: „Ihr baut allesamt Mist, wenn ihr mich nicht erwischt. Nicht, dass es mich stören würde….“
    Sany auf meinem Kopf lausch ebenfalls angestrengt. Flach atmend warte ich darauf, dass sich die Rüpel verziehen und mir somit ermöglichen, dass ich weiter nach Urs suchen kann. Als sie endlich weg sind, bleiben meine Kopfschmerzen trotzdem da. Es muss also mindestens einer weiterhin in der Nähe sein. Langsam richtige ich mich auf und gleichzeitig versuche ich, den Team Nachtschatten Anhänger ausfindig zu machen. Als ich zunächst niemanden finde, suche ich nach einem neuen Ausgang. Er ist nicht weit von mir entfernt.
    Und als ich ihn bemerke, bemerke ich sofort den Team Nachschatten Schergen, der davor hin und her geht, als würde er ihn bewachen. Wahrscheinlich macht er auch genau das. Zähneknirschend beobachte ich ihn. So kann ich unmöglich an ihn vorbeikommen. Ich muss mir etwas ausdenken. „Hey, Sany…“, flüstere ich meinem Partner Pokémon möglichst leise zu, Hast du irgendeine Idee, wie wir an dem vorbei können, ohne dass er uns sieht?“ „Evoo… Evoli, lili!“, antwortet sie mir, was „Nun ja, Lass uns erst mal näher hingehen“ bedeuten soll.
    Langsam krieche ich darauf zu. Mit konzentrierter Miene läuft er auf und ab, immer darauf achtend, dass auch niemand unerlaubt die Türe passieren kann. Direkt neben dieser bleibe ich auf den Container und lege mich auf die Lauer. Die Türe selber steht einen Spalt breit offen, gerade so weit, dass sich eine Person mit meiner zierlichen Statur problemlos durchquetschen kann. Nur eine kurze Ablenkung würde sorgen, damit ich weiter kommen könnte…
    Ich balle meine Hände zu Fäusten. Doch glücklicherweise bleibt es mir aus, mir ein Ablenkungsmanöver auszudenken. Ein anderer Team Nachtschatten Scherge stolpert um die Ecke und er hat die Nase hoch erhoben, als würde er etwas erschnuppern wollen.
    „Ich… rieche… etwas…“, höre ich ihn sagen, fast ein wenig… durcheinander. Irgendetwas, das von ihm ausgeht, lässt meine Haare zu Berge stehen, aber ich habe keine Ahnung, was es ist. Der Wächter von dem neu erschienen Rüpel abgelenkt, schaut ihn verwirrt an. „Es riecht… sauer… und süß… So salzig, mit einer bestimmten, unbekannten Würze… Aber wer, was…?“ sagt der immer noch Schnüffelnde und bewegt sich immer mehr auf uns zu.
    „Was ist denn los?“, fragt der Wächter. Er steht inzwischen einige Meter von dem Ausgang entfernt und der andere dreht sich um, vielleicht um den Geruch aus einer anderen Richtung zu überprüfen. Das ist meine Chance! Vorsichtig rutsche ich auf den Boden und husche durch die Türe. Erst dann versuche ich selber, das zu riechen, was der Team Nachtschatten Scherge gerochen hat. Aber nichts von alledem dringt in meine Nase. Nichts!
    In dem neuen Raum, der eher einem Flur gleicht, lang und hoch, befinden sich keine Container. Mit gespitzten Ohren laufe ich auf Zehenspitzen durch das Zimmer, bis ich eine Treppe finde, die nach unten führt. Ich folge ihr runter. Ein Pantimimi hüpft in dem kreisrunden Raum umher, ganz alleine, aber trotzdem überglücklich. Mir ist sofort klar, dass das Pantimimi des Dorfältesten sein muss. Ich begebe mich mit Bedacht auf das Pokémon zu. Natürlich sollte ich das machen, wofür mich der Dorfälteste überhaupt in die Höhle gelassen hat: Ich soll sein Pantimimi zurückbringen.
    Nachdem ich überprüft habe, ob ich leichte Kopfschmerzen habe und feststelle, dass absolut nichts in meinem Kopf ziept oder sticht, entschließe ich mich, einen Fangversuch zu starten. Das Pokémon zu fangen ist zwar nicht unbedingt einfach, aber auch nicht zu schwer. Es hüpft die ganze Zeit durch die Gegend und die Fangscheibe muss somit größere Kreise machen als sonst. Als ich es schließlich trotzdem geschafft habe, macht es ein paar letzte Sprünge auf mich zu. Es schaut mich gut gelaunt aus seinen schwarzen Augen an.
    „Pantimimi“, sagt es fröhlich und winkt Sany. „Kommst du mit uns mit, Pantimimi? Das wäre gut, weil dein Besitzer vermisst dich sehr und würde dich gerne wieder haben…“ Sofort nickt es und hüpft auf meine Schulter. Gut, wenigstens etwas. Ich laufe die Treppe wieder hoch und prüfe nur kurz, ob jemand auf dem Flur ist. Dann renne ich weiter, bis ich am Ende eine Türe entdecke. Sie ist geschlossen. Wenn jemand dahinter steht und dieser jemand nicht mein Chef ist, dann ist es mir egal. Das ist der einzige Weg, und so muss ich ihm folgen.
    Zu meiner Überraschung ist keine einzige Menschenseele in dem Raum, dafür jedoch zwei Pokémon. Ein Magmar und ein Elektek. Sie tun mir total leid. In zwei runden Käfigen gefangen, die mich an riesige Hamsterräder erinnern, laufen die zwei, aber beide sehen sehr erschöpft und müde aus. Ich beobachte das Magmar, das die Zunge aus dem Maul hängen lässt, aufhört zu rennen und sogleich einen Stromschlag von dem Hamsterrad erhält. Die Armen… Wenn nur dieses Gitter vor den Rädern weg wäre, dann könnten die beiden frei sein.
    „Hey, Sany…“, murmele ich meinem Partner zu, „Wie sieht’s aus? Kannst du Eisenschweif jetzt eigentlich schon? Wäre toll, wenn du damit dieses Eisengitter zerschneiden könntest….“ „Evoo!“, antwortet sie, unsicher, was „Weiß nicht… Mal funktioniert es, mal nicht.“ heißen soll. Trotzdem springt sie auf den Boden und geht auf das Eisengitter los als wäre es sein größter Feind. Ihr Schweif leuchtet hell, doch ehe sie es zerschneiden kann, nimmt er wieder seine normale Farbe an.
    „Nicht aufgeben“, ermuntere ich sie, „Das schaffst du schon, ich weiß das! Los, Sany, los, los!!“ Ein paar Schritte zurückweichend, um Anlauf zu nehmen, macht sie sich abermals bereit. Doch wieder stoppt das Glühen und ihr Schweif streift das Eisengitter nur noch. „Du wagst es!“, knurrt sie zornig. Sie streckt ihren Hintern in die Höhe und lässt sich nach vorne fallen, wie eine Raubkatze, die ihrer Beute auflauert. „Alle guten Dinge sind drei!“, ruft sie siegessicher und startet erneut einen Angriff. Dieses Mal zerschneidet mein Evoli es als wäre es weiche Mutter und ihr Eisenschweif ein Messer mit erhitzter Klinge.
    Ich grinse sie an. „Das hast du klasse gemacht, meine Süße!“, lobe ich sie, während sie in meine Arme springt. Das Elektek und das Magmar zucken zusammen und starren beide entgeistert auf das Gitter, das soeben in zwei Teile auf den Boden gekracht ist. Eine Weile dauert es, bis beide kapieren, dass sie frei sind. Schließlich springen sie aus ihren Monsterhamsterrädern heraus. Beide schauen mich unentschlossen an. Als ich mich gerade zum Weitergehen umgewandt habe, höre ich eines der beiden sprechen.
    „Können wir helfen?“ Halb drehe ich mich um. Sie starre mich nun entschlossen an. Eigentlich habe ich mir überlegt, dass ich die zwei nicht einfangen, nachdem ich sie freigelassen habe, um ihnen nicht das Gefühl zu geben, dass Menschen sie nur missbrauchen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Nicht, dass ich das je machen würde. Nur, sie einzufangen, nachdem ich sie aus ihrer ersten, erschöpfenden Gefangenschaft befreit habe, das wäre mir einfach ziemlich herzlos vorgekommen. Aber wenn sie mir aus freien Stücken helfen…
    „Wenn ihr nichts dagegen habt, dass ich euch zwei davor einfange und euch somit zu Pokémon Freunden mache?“, entgegne ich und halte zögernd meinen FangKom hoch. „Ein Ranger, eh?“, meint das Magmar, aber beide nicken. Ich lausche wie kurz vor dem Fang von Pantimimi, ob jemand kommt. Da ich nichts höre, starte ich sofort einen neuen Fangversuch. Nur einen, um beide Pokémon einzufangen. Natürlich ist es selten, dass sich Pokémon freiwillig von Pokémon Rangern einfangen lassen, aber anscheinend ist es nicht unmöglich.
    Mit zwei neuen Pokémon Freunden öffne ich die zweite Türe, die zu einem neuen Raum führt. Zum Glück ist in dem Gang wieder kein Team Nachtschatten Anhänger. Am Ende gabelt sich der Weg in zwei Richtungen, nach links und nach rechts. Angekommen spitze ich die Ohren wieder. Links ist es absolut still, kein Geräusch dringt an mein Ohr, dafür höre ich von rechts leises Gebrummel und ein missgestimmtes „Maku… Makuhita!“ Ohne Zweifel, nach dem Schreien seines Partner Pokémon ist mir klar, dass dort drüben Urs ist.
    Ich renne den Flur entlang, bis ich am Ende eine weitere Eisentüre sehe. Ich presse mein Ohr dagegen. „Ganz ruhig, Makuhita“, höre ich eine tiefe, leicht heisere Stimme, „Wir kommen schon irgendwie raus. Nur Geduld. Sei froh, dass wenigstens keiner von den Team Nachtschatten Idioten da ist.“ Das ist eindeutig mein Chef. Langsam drücke ich die Klinge runter und öffne die Türe. Der Raum dahinter ist dunkel, nur dadurch, dass ich die Türe geöffnet habe, fällt Licht hinein.
    „Wer ist denn da?“, begrüßt mich mein Chef zornentbrannt, „Etwa so ein Team Nachtschatten Schwachkopf? Oder doch eher ein Nachtschatten Trottel?! Mir egal!“ Ich schaue in die Ecke links und sehe ihn. Seine Augen weiten sich, als er mich erkennt. „“Warte.. Kathrin?! W-was machst du denn hier?“ „Psst, Chef, nicht so laut. Es sollte besser keiner mitkriegen, dass ich Bord bin, um dich zu befreien. Bis jetzt bin ich nämlich ganz gut durchgekommen, ohne, dass mich jemand entdeckt hat. Hey, Magmar“, sage ich etwas lauter.
    Das Feuerpokémon erscheint an meiner Seite. „Kannst du nicht mit deiner Fähigkeit Flammenkörper die Seile an einigen Stellen ein wenig abbrennen, damit wir ihn befreien können?“ Es nickt und macht das, was ich gesagt habe. Sobald die Seile abgebrannt sind und auf dem Boden liegen, steht Urs auf. „Gott, ich wünschte, du hättest mich nie so gesehen… Zusammengeschnürt wie ein Paket und absolut unfähig, sich zu verteidigen. Und Olli hat das ohne einen einzigen Piep ertragen. Echt hart, der Mann…“ Ich reiche ihn lächelnd seinen FangKom, den er sofort anschaltet. „Hey, du hast ja meinen FangKom gefunden! Oh, du meine Güte, jede Menge neuer Nachrichten im Posteingang. Die Leute haben sich ganz schön Sorgen um mich gemacht, was?“
    „Am besten, du rufst gleich Frohderich an“, schlage ich vor, „Er wollte sofort Bescheid wissen, wenn du frei bist.“ Gesagt, getan. Frohderich ist mehr als erleichtert, dass Urs endlich nicht mehr gefangen ist, aber immer noch besorgt, dass wir dennoch in den Fängen von Team Nachtschatten sind. Makuhita, das auch gefesselt war, streckt sich zuerst.
    „Okay, aber jetzt ist es höchste Zeit, dass wir zum Gegenangriff blasen, Kathrin! Am besten entreißen wir ihnen als erstes die Kontrolle über den Frachter, damit wir das Kommando übernehmen können. Also, lass uns zur Brücke hochgehen!“, befiehlt Urs. Er dreht sich um und rennt mit Anlaut gegen eine weitere Türe, die mir zuvor nicht aufgefallen ist. Mit einem lauten Knall springt sie auf. Doch durch seinen mächtigen Anlauf kann er nicht anhalten und so rennt er eine zweite Türe ein.
    „Ziel beseitigt“; höre ich ihn brüllen, „Aber... eh, hey, Kathrin, kannst du mal herkommen? Ich glaube, ich habe den Raum des Kapitäns gefunden!“ Schnell folge ich ihm. Als ich das Zimmer betrete, schlage ich mir die Hand gegen das Gesicht. Wie das stink! Blah, so übel hat es ja schon lange nicht mehr gerochen. Auf jeden Fall erinnert mich der starke, süßlich eklige Geruch an etwas, aber ich habe jetzt keine Lust, danach in meinen Gedanken zu graben. Es löst garantiert keine guten Erinnerungen aus… Dieser Gestank!
    „Oh, Gott, wie ätzend“, sage ich und wirbele wieder aus dem Zimmer. „Hast echt recht“, höre ich Urs hinter mir, „Es bringt nichts, dass wir Zeit vergeuden. Wir sollten weiter.“ Er erscheint im Türrahmen und blickt den Flur auf und ab. Schließlich entscheidet er sich für eine Richtung. Wir rennen und rennen und kommen genau dort an, wo wir hinwollten. Der Himmel ist grau und trostlost und spiegelt sich genauso im Meer. Land ist nicht in Sicht, nur Wasser. Überall nur Wasser! Das Deck ist groß, aber nicht so groß wie die Lagerräume, aber mindestens die Hälfte. Urs Schritte hallen, als er über das Deck in Richtung einer breiten Treppe, die zur Brücke führt, schreitet. Ich folge ihm leise auf Zehenspitzen.
    In der Mitte bleiben wir stehen. „Okay, da ist die Brücke. Wer weiß, wer der Kapitän ist und was her noch für Überraschungen in der Hinterhand hat… Trotzdem, lass uns gehen“, meint mein Chef. Kaum, dass er sich einen weiteres, lauten Schritt in die Richtung unseres Zieles macht, öffnet sich die Türe. Meine Kinnlade klappt herunter. Im Türrahmen steht ein Mann mit kalten, grauen Augen und einer Frisur, die man nicht so schnell wieder vergisst. Der Lehrer, der zu meiner Schulzeit meine Parallelklasse unterrichtet hat. Herr Tollero.
    Sobald er ein paar Meter herausgetreten ist, rieche ich den grauenvollen Geruch wieder. Die Kombination von dem Mann und dem Duft lässt meine Gedanken kreisen, bis es klick macht. „Er ist der Kapitän!“ „Schau an, was für ein unerwarteter Gast“, seine gefühllosen Augen, die absolut emotionslos sind, sind auf mich gerichtet, „Wenn das nicht unsere Kathrin ist, die bei ihrer Abschlussprüfung genau wie ihr Freund die meiste Punktezahl hatte. Eigentlich hättest du den Angriff des Garados überhaupt nicht überleben sollen, aber der Plan ist wohl in die Hose gegangen.“ Moment mal… Was soll das denn heißen?! Was für ein Plan? Ich hätte sterben sollen?!
    „Wie bitte?“, brüllt Urs, ich bin zu geschockt, um etwas sagen zu können. „Ja, ihr habt schon richtig gehört! Alle haben mir geglaubt, dass ich ein echter, vertrauenswürdiger Lehrer bin, als ich deine Parallelklasse unterrichtet habe. Niemand hat mich verdächtigt oder ähnliches. Aber das war nur eine Rolle, die ich gespielt habe“, erklärt er langsam und boshaft, „Mein Chef hat mich in die Schule eingeschleust, mit der Absicht, den KonGiga fertig zu stellen und die Pläne von Team Nachschatten zu vervollständigen. Außerdem sollte ich dafür sorgen, dass mögliche Gegner unserer Pläne ausschalte. Und du und Bodo, ihr wart mir die ganze Zeit ein Dorn im Auge, aber mein Versuch, euch beide auszuschalten, ist misslungen. Aber das ist jetzt egal… Dein Freund ist nicht mehr hier in Almia, sondern ganz weit weg in Fiore. Er kann uns nicht zum Problem werden oder dich dieses Mal wieder retten. Also endet deine Reise genau hier… Höhöhöh…“
    Sein Lachen löst bei mir eine Gänsehaut aus. Er hat tatsächlich versucht, mich umzubringen, und dazu auch noch Bodo, und jetzt will er es wenigstens bei noch zu Ende bringen! Sanys Fell stellt sich immer mehr auf und ihrer Kehle entfährt ein wütendes Fauchen. Ich atme langsam ein und aus, um mich zu beruhigen. Aus der Türe, aus der Urs und ich gekommen sind, stürmen vier Team Nachtschatten Schergen und zwei Admins. Und gleichzeitig spüre ich wieder dieses Ziehen und Pochen in meinem Kopf. Sie haben eindeutig KonMinis dabei!
    „Also denn, meine Schergen, greift sie an!“, befiehlt Tollero laut. Ich drehe mich gerade noch rechtzeitig um, um zu sehen, wie Rihorn, ganze vier an der Zahl, die Tür niederrennen, einen irren Ausdruck in den Augen. Sie werden ganz eindeutig von den KonMinis kontrolliert. „Kathrin? Du fängst die Rihorn und ich nehme mir diesen Verräter dort vorne vor, okay?“, flüstert Urs mir u und ich nicke. In einer Drehung aktiviere ich meinen FangKom und gleichzeitig rufe ich Sany zu: „Los, Aquawelle auf die Fangscheibe! Dann wäre es gut, wenn du, Magmar, Elektek und Pantimimi versucht, unverletzt zu bleiben!“
    Eine große Wasserkugel trifft auf meine Fangscheibe und färbt die Fanglinie um. Während ich die Kreise ziehe, muss ich die ganze Zeit den Steinwürfen und Bodychecks ausweichen. Sany bringt die Bodenpokémon mithilfe mit einer Mischung aus Aquawelle und Eisstrahl zum Schlittern. Dadurch müssen sie sich immer erst fassen, um wieder angreifen zu können. Nach einer Minute bin ich daher mit dem Fangversuch fertig.
    „Wir bitten um Vergebung, Kapitän. Wir sind zu beschämt, um ihren Zorn zu ertragen, darum werden wir das Schiff verlassen und heimschwimmen!“; rufen die Team Nachtschatten Schergen panisch und springen dann doch tatsächlich über den Rand des Decks, direkt ins Wasser. Geschockt starre ich ihnen hinterher, aber nicht lange. Bereits im nächsten Moment höre ich hinter mir erneut einen Aufschrei. Nach einer neuen Drehung sehe ich, wie Urs, getroffen von einem furchteinflößenden Piondragi zu Boden fliegt. Sein FangKom liegt in mehreren Einzelteilen zerschmettert neben ihm.
    „Nein, Chef!“, schreie ich entsetzt, aber es ist ohnehin egal. Jetzt, da sein FangKom kaputt ist, kann er nichts mehr ausrichten. „Mist“; flucht er laut, „Ich bin absolut nutzlos.“ Er schaut mich an, doch ich bin völlig reglos. „Kathrin, jetzt liegt es an dir. Mache dieses Piondragi zu deinem Freund“; befiehlt er jetzt und ich zucke zusammen. Das Giftpokémon wendet sich bedrohlich mir zu, es lässt seine Zangen finster knacken. Sany stellt sich mit immer noch gesträubtem Fell zu meinen Füßen hin. Dann schüttele ich den Kopf und versuche, mich zu fassen.
    Wieder atme ich langsam und kontrolliert, um meinen Herzschlag zu beruhigen. Ganz ruhig strecke ich meine Hand aus, in der ich den FangKom habe, und dann schicke ich die Fangscheibe los. Sofort greift mich mein Ziel an, mit einer Flut von Giftstacheln. Magmar verbrennt sie mit einem schlichten Flammenwurf. Es und Elektek postieren sich angriffslustig zu meinen beiden Seiten. Pausenlos ziehe ich weiter Kreise und blicke das Piondragi konzentriert an. Gefährlich stakst es auf mich zu. Und schließlich schlägt es ein weiteres Mal zu.
    Mit einem Giftschweif versucht es, mich zu erwischen. Ich springe jedoch aus dem Weg und rolle weiter weg, anhaltend Kreise ziehend. Es folgt mir mit einem weiteren Giftschweif und wieder muss ich ausweichen. Ein paar weitere Ausweichmanöver später, ist mir klar, dass ich das Piondragi irgendwie stoppen muss, da mir langsam, aber sicher, die Puste ausgeht.
    „Elektek, könntest du das Piondragi nicht paralysieren? Das würde die Sache viel einfacher machen!“, rufe ich dem Elektropokémon zu. Es stellt sich direkt vor das gewaltige Giftpokémon und hält sich an dessen Greifern fest. Eine starke Donnerwellenattacke durchläuft beide Pokémon. Danach ist mein Ziel bewegungslos. Vorwurfsvoll, zornig und unfähig, mir auch nur einen Millimeter näher zu kommen, starrt es mich an. Jetzt kann ich ganz ruhig dastehen und versuchen, meinen Fangversuch zu vollenden.
    Tatsächlich schaffe ich es auch so. Das Licht, das verdeutlicht, dass meine Gefühle nun vollständig übertragen sind, umhüllt das Piondragi warm und ich stecke die Fangscheibe zurück in den FangKom.
    „Wie kannst du es wagen“, brüllt Tollero auf der Treppe hinter mir, „Du dummes Gör! Ich habe dich wohl wieder unterschätzt…“ Dann greift er nach einem Headset, das mir zuvor nicht aufgefallen ist. „An alle Mannschaften!“, spricht er, kühl und geschäftsmäßig, „Hier spricht der Kapitän. Der Bootsmann auf Deck C ist angewiesen, den Bodenstöpsel herauszuziehen. Alle Mannschaften verlassen das Schiff nach eigenem Ermessen. Verlasst den Frachter und schwimmt. Ich wiederhole: Der Bootsmann auf Deck C ist angewiesen, den Bodenstöpsel herauszuziehen. Alle Mannschaften verlassen das Schiff nach eigenem Ermessen. Verlasst den Frachter und schwimmt.“
    Mit einem furchtbar bösen Grinsen tippt Tollero auf den Tasten eines weiteren KonMinis, den er plötzlich hervorgeholt hat. Während ein Skorgro aus der Türe herabschwebt, ihn packt und beide abheben, ruft er voller Abscheu: „Das Garados hätte dich in seiner Wut wirklich umbringen sollen, trotzdem sind wir dir einen guten Schritt voraus!“ Mit diesen Worten verschwindet er in Richtung Himmel.
    Team Nachtschatten Schergen laufen scharenweise aufs Deck und sie springen ausnahmslos alle über Bord. Keiner von denen wirft uns auch nur einen kurzen Blick zu. „Chef! Was sollen wir jetzt machen?“, brülle ich Urs zu, während ich zu ihm hinlaufe. Ich helfe ihm auf. Der knurrt wütend. „Dieser elende, miese Maulwurf hat das wirklich alles getan?... Kathrin, jetzt müssen wir versuchen, das Schiff und somit alle Pokémon retten. Ich gehe jetzt dort rein“, er deutet zu dem Ort, aus dem Tollero gekommen ist, „Und versuche, den Frachter zu steuern, aber du schaust, dass du runter auf Deck C kommst, um den Bodenstöpsel in den Boden zurückzustöpseln. Begib dich jedoch nicht in Gefahr, wenn doch, bin ich ziemlich sauer auf dich, ist das klar?“
    Entschlossen nicke ich. Inzwischen scheinen alle Team Nachschatten Anhänger den Weg nach draußen gefunden zu haben, denn keiner kommt mir entgegen. In der Zeit, in der ich die Flure zurückrenne, denke ich nach. Habe ich schon irgendwo hier auf diesem Schiff eine Art Stöpsel gesehen? Eilig durchforste ich meine Erinnerungen und bleibe an dem Moment hängen, an dem ich gestolpert bin.
    Da muss etwas auf dem Boden gewesen sein, irgendeine Erhebung, an der meine Füße hängen geblieben sind. Da muss der Bodenstöpsel sein! In der Angst, dass ich keiner sehen darf, dass ich nicht darauf geachtet habe, was am Boden ist… „Sany, worüber bin ich nochmal gestolpert? Damals in dem ersten Lagerraum! Hast du das gesehen?“, frage ich sie leise,. „Nein, hab ich nicht so darauf geachtet…“ Magmar, Elektek und Pantimimi folgen mir wortlos. Abermals fliege ich zu Boden, da das Schiff, das wahrscheinlich mehr und mehr mit Wasser vollläuft, immer wieder bebt.
    Mein rechtes Knie erhält dabei einen Schnitt, ähnlich dem auf meiner Hand. Als ich den ersten Lagerraum betrete, stutze ich. Natürlich führt ein Weg zwischen den Containern hindurch zu der Treppe, aber der ist so verschlungen und labyrinthartig, dass es garantiert schneller geht, wenn ich wieder auf den Containern laufe. Total fertig ziehe ich mich hoch, helfe noch Magmar und Elektek hinauf. Ich bin heute eindeutig zu viel gerannt. Keuchend und mit schon schmerzenden Beinen begebe ich mich näher zur Treppe. Jedoch muss ich immer wieder anhalten, um bei den immer öfter werdenden Beben nicht ständig auf allen vieren zu landen.
    Wasser. Der unterste Raum ist schon fast bis zur Hälfte gefüllt mit salzigem Meerwasser. Unablässig strömt noch mehr rein. Nervös schaue ich mich nach dem Bodenstöpsel um, muss aber nicht lange suchen. Tatsächlich befindet sich das Loch an der Stelle, an der ich zuvor gestolpert bin und der Stöpsel liegt auf einem Eisencontainer.
    „Wir müssen da hoch!!“, schreie ich atemlos den Pokémon an meiner Seite zu. Magmar nimmt als erster Anlauf, springt und hält sich gerade noch so am Rand fest. Ich will gerade zu ihm hin und helfen, da hat es es schon hochgeschafft. Zusammen mit Elektek wate ich ein wenig durch das Wasser, bis wir von der Treppe herunter sind, damit wir von dort auf den Container klettern können. Mit wild klopfendem Herzen beäuge ich misstrauisch das eiserne runde Ding, das das runde, tiefe Loch im Rumpf des Bodens stopfen kann. Wir werden garantiert jede Menge Kraftaufwand brauchen, um das zu schaffen.
    „Helft mir, bitte“, rufe ich und fange an, auf den Knien gegen den eisernen Bodenstöpsel zu drücken, um ihn über den Rand zu stoßen. Meine Pokémon Freunde und mein Evoli helfen mir und gemeinsam schaffen wir es. Er bewegt sich, Zentimeter um Zentimeter. Nur langsam rutscht er weiter, bis schließlich…
    „Platsch!“ Schnell hüpfe ich hinterher, alle, bis auf Magmar folgen mir. Durch den Sog funktioniert es leichter, aber gleichzeitig macht es es auch schwerer, den Stöpsel ordentlich an seinen angestammten Platz zu bringen. Etwas schief schaffen wir es, so dass immer noch ein wenig Wasser nachströmt. Erschöpft sinke ich zusammen und Sany schmieg sich meine Beine.
    „Nun, Süße, wir haben es geschafft… Jetzt müssen wir es nur noch lebendig an Land schaffen, dann heißt es ‚Mission geschafft‘“ Mit zitternden Händen schaue ich durch die Kontakte in meinem FangKom und rufe Urs an. „Kathrin?“, meldet er sich, auch wenn sein Makuhita abgenommen hat, „Hast du…?“ „Ja, der Bodenstöpsel ist wieder da, wo er hingehört…“ Und im nächsten Moment ist die Verbindung auch schon wieder weg. Eine heftige Erschütterung, nicht zu vergleichen mit den lahmen vorhin, nimmt mir für einen Moment den Atem und schwappt mir Wasser ins Gesicht.
    Magmar dreht sich um und brüllt: „Da ist ein Loch!“ Wie, was?! Was ist da?!? Hat Urs etwa eine Art Unterwasserberg gerammt oder mit ähnlichen den Rumpf des Frachters beschädigt? Reflexartig richtige ich mich auf und blicke über die Oberfläche der Container. Tatsächlich klafft ein großes Loch dort, im Schiff, doch dahinter erkenne ich kein Wasser…
    Ein Sonnenstrahl, der durch das Wolkenmeer am Himmel gedrungen ist, erleuchtet eine saftige, grüne Weise. Fast am Rand von dieser steht ein großer, viereckiger Stein, auf dem sich das Symbol der Ranger befindet. Das dort ist unverkennbar der Platz des Aufstiegs, oberhalb der Ranger Schule. Zitternd ziehe ich mich und danach auch Elektek hoch. Mit meinen Wackelpuddingbeinen stakse ich auf das Loch zu. Mehrere Personen laufen auf das missgeparkte Schiff zu. Wackelig lasse ich es hinter mir.
    Fräulein Mai, Direktor Lambert, Frohderich und Luana kommen auf mich zu. Müde sinke ich wieder auf meine Knie.
    „Was ist denn passiert? Kann das jemand erklären?!“, höre ich Fräulein Mai geschockt fragen, aber niemand antwortet ihr. Tatsächlich bin ich mir nicht einmal mehr sicher, ob Urs es meinen Arbeitskollegen schon erzählt hat.
    „Kathrin? Wo ist Urs?“, fragt mich Frohderich ruhig. „Er kann doch nicht…“, mutmaßt die Lehrerin und Direktor Lambert verkündet: „Das war ein harter Aufprall…“ „Hört auf damit!“, fährt Luana dazwischen, „Der Chef ist nicht so zerbrechlich.“ „Hey, Kathrin“, höre ich eine laute, dumpfe Stimme hinter mir, „Mission geschafft!“ Aufschauend erkenne ich Urs, der oben auf dem Deck stehen und seine Rangerpose einnehmend. Lahm bringe ich ein Lächeln zu Stande….



    Soso-chan

  • Soo, weil ich das heute Kapitel, das letzte aus Teil 2, ein eher kurzes ist, will ich morgen, direkt nach der Schule
    (Also so um... 13:40) ein neues Kapitel posten, das erste Kapitel aus dem 3. Teil. Aber zwei Kapitel an einem Tag, nja,
    will ich nich wirklich...


    Viel Spaß beim Lesen :33 Die nächsten Kapitel haben mir nämlich sehr viel Spaß gemacht... Mehr Shipping <33


    Kapitel 25 – Das Ende



    Erneut befinde ich mich in dem dunklen Raum und abermals ist die Person mit den zweifarbigen Augen bei mir. Ihre spitzen Fangzähne, die an ihren Mundwinkeln blitzen, spiegeln ein Licht. Ein Licht, das hier in dem Raum, oder was auch immer, nicht existiert.
    „Hast du nun endlich herausgefunden, wer ich bin?“, schwirrt ihre süße Stimme um mich herum. Sie hängt in der Luft wie schwerer und undurchdringlicher Nebel. „Nein! Woher auch! Ich hab dich noch nie irgendwo gesehen, hab dich nie kennengelernt! Wie also kannst du von mir verlangen, dass ich weiß, wer du bist?!“
    „Du bist ein so dummes kleines Mädchen, Kathrin Rose“, um wabern mich ihre Worte und sie scheinen mich zu ersticken, „Natürlich kennst du mich. Nur weil wir, du und ich, uns so lange nicht mehr getroffen haben, brauchst du nicht so tun. Du lügst dich nur selber an.“ Neben ihren blutroten und eisblauen Augen starrt mich auch noch das hellrote Auge an ihrem Kreuz an.
    Erzürnt antworte ich: „Aber ich lüge nicht, und dumm bin ich auch nicht! Ich sage nur die Wahrheit!“ Das fremde Mädchen blinzelt und lässt sich von meiner Wut nicht beeindrucken. Danach schließt sie die Augen und scheint sich umzudrehen. Alles, was ich bisher von ihr wahrgenommen habe, verschwindet einfach so, ohne ein weiteres Wort, in der mich umgebenden Dunkelheit.
    Ich folge ihr nicht, rufe ihr nicht hinterher, sondern bleibe einfach stehen und mache nichts. Nach meinem nächsten Augenschlag ändert sich meine Umgebung wieder. Satt der Dunkelheit werde ich nun von vielen Lichtern mit dunklem Licht geblendet. So muss ich zuerst die Augen zusammenkneifen und mit den Händen meine empfindlichen Augen schützen. Als ich mir schließlich sicher bin, dass mich die Lichter nicht mehr blenden, schaue ich mich um.
    Ich befinde mich in einem kleinen, kreisrunden Raum, dessen Wand aus diesen dunklen Lichtern besteht. Langsam drehe ich mich um. Ein gerader Spiegel steht mir nun gegenüber. Verwundert starre ich auf mein von allen Seiten beleuchtetes Spiegelbild an. Ich trage ein helles, weißes Kleid und die goldene Kette baumelt um meinen Hals, mitsamt Anhänger. Das Auge ist unverändert geschlossen, die Steine sind weiß, das Kreuz selber tiefschwarz. Aber dass meine leicht gelockten Haare mir locker um die Schultern fliegen und sie somit offen sind, verwirrt mich. So selten wie ich sie nicht als Zöpfe trage…
    Schuhe habe ich keine an. Der Boden besteht aus Steinen und fühlt sich eiskalt unter meinen nackten Füßen an. Den Kopf lege ich schräg. Aus irgendeinem Grund fangen sowohl meine Haare als auch mein Kleid an, nach hinten zu wehen, fast so, als würde durch dieses zugangslose Zimmer ein einigermaßen kräftiger Wind wehen. Würde ich unter Klaustrophobie leiden, würde ich jetzt furchtbare Platzangst haben. Doch immerhin ist das…
    „Nur ein Traum… Das ist alles nur ein seltsamer, wiederkehrender Traum“, murmele ich und schaue mir selbst in meine türkisblauen Augen. „Bist du dir da sicher, dass das Ganze nur ein ‚komischer Traum‘ ist, Kathrin?“, flüstert jemand mit süßlicher Stimme rechts neben mir. Die Lichter flackern, als ich herumfahre und sie sehe. Ihre schwarzen Haare fallen um ihr Gesicht und ihre weiße, strahlende Haut wirkt dadurch nur noch heller.
    Ihre zwei so ungleichen Augen sind unverändert kühl auf mich gerichtet. Im Gegensatz zu mir trägt sie ein schwarzes Kleid, aber auch sie ist barfuß. Ich reiße, geschockt von ihren Worten, die Augen auf, was sie zum Lachen bringt. Dafür schauen auch wieder ihre spitzen Eckzähne wieder heraus.
    „Natürlich ist das nur ein Traum. In Träumen passiert immer etwas unglaubliches, die Orte sind verdreht und existieren gar nicht, wurden vom Träumenden verändert oder ähnliches. Außerdem kann man dort Personen treffen, natürlich nicht echt, die man zuvor nie persönlich gesehen hat oder sogar fiktive Menschen, die gar nicht leben, überhaupt nicht existieren, bekommen Körper, Stimme und Charakter. Dich gibt es gar nicht, genau wie diesen Raum und die Finsternis, in der wir vorhin waren“, erkläre ich sachlich, wenn auch anfangs ein wenig überstürzt.
    Das Mädchen lacht, heiser und seltsam vertraut. Dabei legt sie ihren Kopf in den Nacken. „Ich bin eine fiktive Person? Gut, die Räume sind unreal, aber ich bestehe selbst nicht in deiner Traumwelt aus Fleisch und Blut“, gibt sie zurück, „Und bei dir habe ich schon ein paar Eindrücke hinterlassen, die dir momentan noch verborgen sind. Mit der Zeit, mit meinem Erscheinen, werden sie alle zurückkehren. Vertraue mir, ich weiß genau, wovon ich rede.“
    Egal, wie oft sie mir versichern wird, dass ich sie kenne, ich werde ihr kein einziges Wörtchen glauben. An so eine Person wie sie erinnert man sich im Normalfall schnell, wenn man ihre Augenfarben bedenkt. „Gleich wirst du aufwachen und dich an nichts in diesem Traum erinnern, genau wie bei denen zuvor“, murmelt das Mädchen, schließt ihre Augen und schaltet damit die Lichter aus.
    Im nächsten Moment sitze ich aufrecht in meinem Bett. Alles um mich herum ist finster. Selbst wenn die Rollläden nicht heruntergelassen wären, würde nicht viel Licht durch die Fensterscheiben fallen. Draußen tobt der Wind und er schmeißt Hagelkörner und Regentropfen, die vom zahlreichen Wolken herabgeworfen werden, wild durch die Gegend. Der Donner grollt tief und lässt die Erde leicht erzittern, kurz gefolgt von einem alles erleuchtenden Blitz, der durch die Schlitze der Jalousie dringt.
    Die Gewitterwolken verbergen den dahinterliegenden, mondlosen Himmel. Heute ist Neumond, so viel ist sicher. Langsam sinke ich zurück. Die Decke drückend, versuche ich den Lärm von draußen zu verdrängen. Wer ist dieses Mädchen? Ich lasse die Decke los und drehe mich zur Wand um. Ein Seufzer entfährt mir, den aber niemand um mich hört, da sie allesamt schlafen. Und nicht lange später falle ich erneut in einen tiefen, dieses Mal traumlosen Schlaf. Das hellrote Licht, dass von meinem Nachtkästchen kommt, bemerke ich deshalb nicht.
    Begleitet mit einem dumpfen Kann und einem verschlafenen Murren wache ich am nächsten Morgen auf. Als ich hochfahre, bemerke ich, dass ich aus dem Bett gefallen bin, was auch meine Arbeitskolleginnen geweckt hat. Nur mein Fellknäuel von Partner Pokémon schnarcht noch seelenruhig auf meinem Kissen. Mich streckend blinzele ich zum Fenster.
    Die Sonne scheint freundlich und aufheiternd durch die Schlitze des Rollos. Also wieder ein sonniger Tag.
    Nachdem ich die Decke zurück auf mein Bett geworfen habe, gehe ich ins Bad. In den Spiegel schauend, stelle ich fest, dass meine Haare fürchterlich aussehen. Ich löse die Bänder. Die Haare fallen mir nun um die Schultern und aus irgendeinem, mir verborgenen Grund rührt das Bild im Spiegel an etwas in meinem Gedächtnis. Entschlossen, das Gewirr zu richten, greife ich nach der Bürste.
    Erst als ich normal aussehe, binde ich mir meine Zöpfe. Sobald ich im Bad fertig bin, schnappe ich mir meinen FangKom und eile in die leere, aber blitzende Küche. Mit einem Milchpudding verlasse ich sie wieder. Der Eingangsraum ist nicht verlassen. Urs und, zu meiner Verwunderung, auch die Vorsitzende Gerda, unterhalten sich im Eingangsraum. Mein Chef, der mich sogleich sieht, winkt mich zu sich.
    „Es gibt großartige Neuigkeiten für dich“, empfängt er mich. „Genau. Dein Chef hat gerade meine Bitte angenommen. Kathrin Rose, die Ranger Vereinigung braucht dich. Deshalb wollen wir dich nicht als Pokémon Ranger haben.“ „Moment mal“, unterbreche ich, „Das sind doch keine guten Neuigkeiten.“ Irritiert starre ich meinen Chef an.
    „Kein Pokémon Ranger?“ „Beruhige dich, Mädchen, ich hab mich nur falsch ausgedrückt“; entschuldigt sich Gerda und ich wende mich mit schnell klopfendem Herzen ihr zu, „Wir sind uns einig, dass du ab sofort kein Bezirksranger mehr sein sollst. Stattdessen wirst du in den Rang des Top Rangers gehoben.“ Das überrascht mich noch mehr als das davor. Ein Top Ranger?! Ich?!?! Ich soll zu der Elite aller Ranger auf der ganzen Welt gehören?! Meine Augen sind weit geöffnet, als ich murmele: „Ihr wollt mich heute echt nur auf den Arm nehmen, oder?“
    Beide fangen an, zu lachen. „Nein, Kathrin, das ist die Wahrheit. Du wirst als elfter von lediglich zwölf Top Rangern weltweit anerkannt, neben Siver Volara und einem weiteren Top Ranger, der neu dazukommt. Also dann, mehr dazu erfährst du heute Nachmittag. Um halb drei warten Professor Hastings und ich auf dich in der Vereinigung. Moritz wird dich in Empfang nehmen. Wir sehen uns also noch.“
    Mit diesen Worten verlässt die Vorsitzende unsere Basis und lässt mich völlig perplex und Urs anhaltend grinsend zurück. Ich kann es gar nicht fassen. Wie um nach Bestätigung zu bitten, schaue ich Urs fragend an. „Glaube es lieber. Wenn die Vorsitzende persönlich um einen Ranger bittet, um diesen zum Top Ranger zu machen, dann bleibt dir auch gar nichts anderes übrig. Warum gehst du nicht und sagst deiner Familie Bescheid?“, ermuntert er mich.
    Langsam beginne ich, auch zu lächeln. Zuerst stürme ich zurück in unseren Schlafsaal zurück, um Sany herauszutragen. Meine Kolleginnen rühren sich kein bisschen. Durch Brisenau rennend mache ich immer wieder Freudensprünge. „Warum zum Teufel bist du derartig früh am Morgen so verdammt gut drauf?“, murrt mein Partner Pokémon unzufrieden in meinen Armen, aber ihre Muffigkeit kann mir nichts anhaben.
    „Ich bin ein Top Ranger!“; jubiliere ich. Schlagartig ist sie hellwach. „Nicht dein Ernst!“, antwortet sie verblüfft. „Dohoch! Nur weil du so eine Schlafmütze bist, hast du nicht mitbekommen, wie die Vorsitzende Gerda es mir persönlich mitgeteilt hat.“ Ehe ich es mich versehe, bin ich auch schon hopsend und aufgekratzt vor der Haustüre und klingele sturm. Es dauert eine Weile, bis mir jemand, sich die Augen reibend, die Türe öffnet. Freudenstrahlend umarme ich meine schläfrige Schwester.
    „Was um alles in der Welt ist passiert, dass du um diese Uhrzeit hier auftauchst, um mich aus dem Bett zu klingeln?“ Sie klingt vorwurfsvoll und verwirrt. „Ich bin heute zu einem echten Top Ranger gemacht worden! Kannst du dir das vorstellen?!“ Danach hört es sich für unsere armen Nachbarn sicher so an, als würden wir zwei um die Wette quietschen. „Das ist ja klasse! Ich hab zwar gedacht“, keucht Lucy, als wir fertig gequietscht haben, „Dass der Grund für dein Auftauchen der ist, dass du endlich mit Bodo zusammen bist, aber das ist auch toll!“
    Durch ihre Worte fällt mir etwas ein. „Nein, das ist leider nicht passiert“, murmele ich und aktiviere meinen FangKom, „Ich muss ihn noch anrufen, er weiß noch gar nichts davon.“ Seltsam ist nur, dass statt einem Tuten ein „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ aus meinem FangKom heraustönt.
    Verwundert schauen Lucy und ich uns gegenseitig an. Das ist noch nie passiert. Ich wiederhole den Anruf, aber es passiert genau das Gleiche wie zuvor. „Naja, in der Vereinigung wirst du ihn schon kontaktieren können, auch wenn es jetzt nicht funktioniert“, beruhigt mich meine kleine Schwester, als ich anfange, leicht panisch zu werden, „Mach dir deshalb keine Sorgen. Vielleicht ist er auf einer wichtigen Mission, oder ähnlichem. Lass uns lieber zurück zu deiner ab sofort ehemaligen Ranger Basis spazieren, damit deine nun ehemaligen Kollegen von diesen super Nachrichten erfahren können!“
    Sie packt meine Hand und fängt an, mich den Weg entlang zur Hauptstraße zu ziehen. Das Glück, das sich vor meinem missglückten Anruf in meinem Bauch gesammelt hat, wird spürbar weniger. Sorge mischt sich zu der Freude. Ich hoffe doch sehr, dass meinem besten Freund nichts passiert ist. Es kann natürlich sein, dass er für einen Auftrag oder eine Mission für einige Zeit in einer anderen Region ist und deshalb wäre er nicht erreichbar für mich. Ich kann ihn nur erreichen, solange er in Fiore ist und ich in Almia bin. Da ich jedoch noch in meiner Region bin, muss er in einer Nachbarregion sein. Das muss der Grund sein.
    „Vergiss das fürs Erste einfach und komm mit!“, fordert mein Schwesterherz und zerrt weiterhin an mir. Ich atme einmal tief ein und folge ihr durch ganz Schikolingen und den Weg weiter bis hin zur Station. Der Eingangsraum ist immer noch leer, aber auch Frohderich befindet sich nun bereits in seiner Rangeruniform am Tresen. Er nippt an einer Kaffeetasse, während er Urs zuhört, der ununterbrochen spricht. Als sich beide uns zuwenden, öffnet sich die Türe zu den Schlafsälen und zur Küche und Eleonora tritt heraus.
    „Was ist los? So wurden wir noch nie aus den Betten gescheucht!“, bescherst sich Luana direkt hinter der Mechanikerin. Ihr folgen zuerst Celia und schließlich Lea. Letztere scheint etwas mürrisch, aus ihrem Schönheitsschlaf gerissen worden zu sein. Urs geht auf die Mädels zu und eröffnet ihnen ohne Umschweife: „Kathrin wird unsere Basis verlassen, um für die Ranger Vereinigung als Top Ranger zu arbeiten.“
    Alle reißen die Münder auf und starren mich entgeistert an. „Nicht wahr“, keucht die Technikerin fassungslos. „Doch“, fährt Frohderich dazwischen, „Die Vorsitzende Gerade war persönlich hier, um Urs um die Erlaubnis zu bitten. Sie meinte, Kathrin wäre unverzichtbar für die Vereinigung.“
    Der Vormittag verläuft schnell und heiter, und Eleonora braucht länger als sonst in der Küche, um eine Art kleineres Festmahl vorzubereiten. Ich packe in der Zeit meine Sachen von daheim und den Teil, der in der Basis ist, in großen Trolli. In dem großen Ranger HQ werde ich ein Zimmer bekommen, oder, um genau zu sein, ein Doppelzimmer. So gut wie keiner hat in der Vereinigung sein eigenes Zimmer. Wahrscheinlich werde ich das meine mit einem der Techniker teilen müssen.
    Meine Kiste mit den Büchern, von denen ich inzwischen die Hälfte durchgelesen habe, stecke ich ebenfalls in den Trolli. Dazu kommen die Rangeruniformen, das Foto von Bodo, das Fotoalbum und das Tagebuch, immer noch verschlossen, von meiner Mutter. Außerdem lege ich das rote Cocktailkleid dazu, dass ich an meinem Geburtstag bekommen habe. Es kann ja sein, dass ich es mal brauchen kann. Selbst ein paar wenige Klamotten stecke ich dazu, nur ein paar, da ich sie wohl eher weniger gebrachen werde, abgesehen von meinen Schlafanzügen und Nachthemden. Als ich fertig bin, schaue ich erstaunt auf den dicken, mit Rollen versehenen Koffer. Es platzt fast aus allen Nähten.
    Zu Mittag bin ich in der Rangerstation zum Essen. Ich glaube, dass ich Luana, Urs, Frohderich, Eleonora, Celia und Lea noch nie so glücklich und gleichzeitig so traurig erlebt habe wie heute. Die Stimmung während des Essend ist sowohl fröhlich als auch leicht bedrückend.
    „Eleonora! Heute hast du dich echt selbst übertroffen“, lobe ich die Mechaniker und drücke sie zum Abschied. Jeder bekommt eine Abschiedsumarmung, selbst Urs. Nun ja, Frohderich drückt sich irgendwie davor. Leider muss ich mich früh auf den Weg machen, weil ich den ganzen Weg über den großen, nicht unbedingt leichten Trolli hinter mir herziehen muss. In Havebrück will ich nicht allzu viel Aufsehen auf mich ziehen, also benutze ich wieder verschiedene Gassen. Der Weg durch den Altru Park ist schwer, da der Boden fast nur aus Graß oder Kieselsteinen besteht. Der Vereinigungsweg, in gewisser Weise nur ein recht breiter Feldweg, stellt sich ebenfalls als ein Hindernis heraus.
    Erst als ich vor dem HQ stehe, bin ich zufrieden. Ich bin an meinem Ziel. Gleichzeitig ist mir auch eines klar: Ab sofort bin ich ein waschechter Top Ranger. Das ist das Ende meiner Zeit als normaler Bezirksranger.



    gvlg, eure Soso-chan

  • Soo, wie versprochen, kommt jetzt das neue Kapitel aus dem letzten der drei Teile meiner Geschichte :33
    Viel Spaß beim Lesen, ich hatte auf jeden Fall Spaß beim Schreiben :33


    ~~ Teil 3 - Top-Ranger ~~


    Kapitel 26 – Wiedervereinigung (KPV)


    Die Türe zum Ranger HW gleitet lautlos auf. Mit meinem Trolli begebe ich mich langsam in den noch größeren Empfangsraum, größer, als der meiner alten Basis. Der Boden ist genauso hell und strahlend wie bei meinem letzten Besuch. Auch dieses Mal stehen mehrere Leute vor dem Empfangstresen. Sie reden teils ausgelassen, teils aufgeregt mit den Damen hinter den Tresen über ihre Probleme, die sie gerne von Pokémon Rangern gelöst haben möchten.
    Langsam lasse ich meine Augen durch den Raum schweifen. Keiner der hier anwesenden Personen scheint mich nur ein wenig zu beachten. Niemand, abgesehen von einem jungen Mann. Er winkt mich überdreht zu sich und seine braunen Haare fliegen dadurch hin und her. Moritz natürlich. Die Rollen meines Trollis machen lauter Geräusche, aber sie werden von den vielen Gesprächen fast ganz erstickt.
    „Kathrin! Da bist du ja endlich! Siehst gut aus! Ja, ich sehe auch gut aus, ich weiß. Ach ja, ich wollte dir noch mittteilen, wie erfreut ich war, von deiner Beförderung in den hochexclusiven Club der Top Ranger zu erfahren, der Crème de lá Crème… Naja, ich kann einfach nicht so reden. Aber das ist auch egal. Glückwunsch jedenfalls“; begrüßt er mich wie ein Wasserfall.
    „Danke, Moritz. Wo muss ich hin?“, frage ich sofort, ohne große Umschweife. Der Angestellte der Vereinigung deutet nach oben an die Decke. „Erst gehst du hoch in den Konferenzraum“, erklärt er, „Dort waren die Vorsitzende und der Professor auf dich. Sie werden dir einiges erklären, dich dem neuen, anderen Top Ranger vorstellen und euch eure Räume zeigen. Der andere ist allerdings noch nicht hier und ich frage mich, wieso…“
    Nervös blickt er zur Türe und ich drehe mich um. Keiner steht vor der Türe, nicht einmal einer der Personen, die wegen ihren Problemen hier herkommen. Also wende ich mich wieder Moritz zu. „Soll ich schon einmal hochgehen?“, will ich wissen, „Immerhin, es ist Zeit, oder nicht?“ Unschlüssig blicke ich zur Rolltreppe. Gleichzeit fummle ich an meinem FangKom herum. Am liebsten würde ich nochmal bei Bodo anrufen. Auf dem Weg hierher hatte ich einfach kein Glück.
    „Ja, das wäre nicht schlecht“, erwidert er, „Geh, ich warte auf den zwölften Top Ranger. Er weiß von nichts, also, dass soll heißen, er weiß nicht, wo er hin muss und so…“ Ich nicke zum Zeichen, dass ich verstanden habe. Mich die Rolltreppe hochkämpfend, werfe ich ab und zu einen Blick zurück zur Türe. Niemand ist zu sehen. Natürlich frage ich mich, wer dieser andere Top Ranger ist. Wer weiß, vielleicht kenne ich ihn ja… Meinen Riesentrolli stelle ich neben die Türe, die zum Konferenzraum führt.
    Die Sonne erleuchtet den Standort, da sie hell und freundlich durch die große Fensterscheibe hinter mir fällt. Mit einem letzten Blick auf Almia, trete ich in den Konferenzraum. Auch der hat sich wie der Eingangsraum nicht im Geringsten verändert. Vorsitzende Gerda und Professor Hastings stehen direkt in der Mitte des Zimmers. Schnell laufe ich zu ihnen hin.
    „Kathrin? Gut, dass du da bist. Wahrscheinlich schaffen wir die Vorlesung noch, bevor der andere kommt“, begrüßt mich der Professor und er rollt einen förmlich aussehenden Brief auseinander. Er räuspert sich, dann liest er vor: „Von diesem Moment an erhebt dich die Ranger Vereinigung offiziell in den Rang eines Top Rangers. Du wirst als elfter von nur zwölf Top Rangern weltweit anerkannt. Der Frieden von Almia wird in zunehmendem Ausmaße bedroht. Wir brauchen deine Hilfe.“
    Als er fertig vorgelesen hat, höre ich schnelle Schritte in der daraufhin folgenden Stille. Die Türe zum Raum öffnet sich. Ohne darüber nachzudenken, fahre ich herum. Mein Herz macht einen Hopser und in meinem Bauch erwachen die tausende von Schmetterlingen, um meinen Magen zu verwirren.
    Mein bester Freund steht keuchend und sich am Türrahmen festhaltend in der Türe. Anscheinend schmerzt ihm die Seite, denn er presst sich die freie Hand dort hin. Mit einem erfreuten Quietscher laufe ich zu ihm hin und umarme ihn.
    „Was zum…“, höre ich ihn sagen, aber ich löse mich nicht von ihm. „Bamelin, Bamelilin!“, spricht jemand anderes, wohl oder übel Bodos Partner Pokémon und Sany antwortet ihm: „Hey, klasse, arbeitet ihr jetzt auch in Almia?“ Einen halben Meter von Bodo wegtreten, strahle ich ihn an und sage: „Hi!“, bevor er mich wieder an sich zieht.
    „Das ist ja absolut klasse!“, freut er sich laut, „Du bist also der andere Top Ranger, Kathrin?“ Ein weiterer, trommelfellzerreißender Quietscher entfährt mir als Antwort und daraufhin folgt ein leises Kichern. Das jedoch stammt weder von mir noch von Bodo, sondern von irgendjemand hinter mir. Es muss eindeutig von der Vorsitzenden kommen. Erst dadurch fällt mir wieder ein, dass wir nicht alleine in dem Zimmer sind. Vorsichtig lösen wir uns aus der Umarmung, das Lächeln bleibt uns jedoch im Gesicht wie hin geklebt.
    „Sei willkommen, Top Ranger Nummer zwölf. Wir zwei haben euch erwischt, was? Also, kommt mal her, damit wir euch alles beantworten können, was ihr wissen möchtet. Außerdem müssen wir euch noch so einiges erklären.“ Mein Gesicht ist wahrscheinlich rosa angelaufen, also hacke ich mich bei Bodo unter und gehe mit ihm zur Vorsitzenden und dem Professor. Hastings fängt an: „
    Um das sogenannte Team Nachtschatten zu bekämpfen, brauchen wir mehr Top Ranger. Darum haben wir zwei Nachwuchstalente, euch, ausgesucht und hierhergerufen. Diese Beförderung entstammt einer gemeinsamen Inspiration aus Gerda und mir. Wenn es nicht funktioniert, liegt die ganze Verantwortung nur bei uns. Natürlich sind wir uns sicher, dass alles funktionieren wird, aber wir wollen euch nur mitteilen, dass ihr euch bei eurer Arbeit keine Sorgen zu machen braucht. Außerdem erhaltet ihr noch“, Gerade holt etwas aus einer Stofftasche heraus, die sie bei sich trägt, „Das Zeichen, genau, DAS Symbol eines echten Top Rangers: Der PräzisionsfangKom!“
    Mit weit aufgerissenen Augen betrachte ich den FangKom, der mir überreicht wird. Er ist länglicher als der, den ich bisher benutzt habe und außerdem kann man ihn am Arm befestigen. Das geht, indem man den Stoff darunter über den Arm streift. Dazu gehört der schwarz-gelbe Handschuh, der bei den Fangversuchen gebraucht wird.
    „Wow“, haucht Bodo und greift nach dem seinem. Er ist leichter als mein alter FangKom. Vorsichtig, fast als hätte ich Angst, ihn durch bloße Berührung kaputt zu machen, ziehe ich ihn mir über den rechten Arm. Der schwarze Stoff ist anschmiegsam und führt sich seltsam vertraut auf meiner Haut an.
    „Lasst mich erläutern, wodurch sich euer PräzisionsfangKom von eurem bisherigen Werkzeug unterscheidet. Wie ihr wahrscheinlich schon bemerkt hat, ist er leichter. Ihr müsst ihn nicht extra mittragen und habt deswegen auch während eines Fangversuches zwei Hände frei. Es gibt noch ein paar weitere, nützliche Funktionen, die ihr früher nicht benutzten konntet. Sie wurden allesamt von Technikern und Forschern und Professoren entwickelt. Wir sind uns sicher, dass ihr sie alle nützlich finden werdet. Eine ganz besondere Eigenschaft jedoch, ist, dass ihr euren Fangversuch vereinfachen könnt, indem ihr die ‚Power-Aufladung‘ einsetzt. Damit könnt ihr die freundschaftlichen Gefühle, die ihr an das Pokémon übertragen wollt, verdoppeln. Der Fangversuch ist dadurch viel schneller zu Ende. Auch in schweren Fängen könnt ihr somit Zeit gewinnen und vereinfachen“, quatscht Professor Hastings pausendlos,
    „Soweit zum Überblick… Bodo, uns wurde schon mitgeteilt, was der Grund für deine Verspätung ist. Auf dem Weg hierher wurdest du angehalten, um ein paar kleine Kinder vor den von Team Nachtschatten kontrollierten Pokémon zu retten. Die Eltern der Kleinen haben sich soeben bei uns im HQ dafür bedankt. Wir sind echt stolz darüber gewesen, denn genau so eine Art von Pokémon Ranger wollten wir zum Top Ranger machen. Gut, dass war’s dann. Draußen werdet ihr auf Moritz treffen, der euch zu eurem Zimmer bringen wird. Wenn ihr nach Freuen wegen Wiedersehen und Auspacken eurer Sachen fertig seid, dann kommt doch bitte in die Einsatzzentrale. Dort werdet ihr noch den verschiedenen Technikern vorgestellt. Na denn, husch, husch!“
    Bodo und ich nicken und laufen aus dem Konferenzraum. Sany und Bamelin folgen uns schnell. Neben der Türe steht, neben meinem Trolli und mit einem noch größeren Koffer ein keuchender Moritz. „Man“, sagt er erschöpft, „Das Ding da ist echt schwer, puh!“ „Sorry“, entschuldigt sich Bodo. Anscheinend hat Moritz den Koffer, der Bodo gehört, hochgetragen.
    „Folgt mir, ich zeige euch, wo ihr schlafen werdet“, sagt Moritz, immer noch außer Atem. Ich schnappe mir meinen Trolli und Bodo fährt noch ein paar Rollen bei dem seinen aus. In der Zeit lasse ich ihn jedoch nicht los. So folgen wir Moritz einen Weg neben dem Konferenzraum, bis zu einer Türe. Hinter der Türe geht ein nicht sehr breiter Flur nach links und nach rechts, an beiden Seiten sind Türen, viele Türen. An den Holztüren hängen Schilder mit Nummern. Moritz führt uns nach links, ungefähr an vier Zimmern an beiden Seiten vorbei, bis zur Nummer „O4“.
    „Das“, eröffnet er uns, „Ist euer Zimmer.“ Der Raum dahinter ist ungefähr doppelt so groß wie mein Raum in Schikolingen. Er ist ausgestattet mit zwei Betten, einem Schreibtisch, einen großen Schrank in der Ecke und einem flauschig aussehenden Teppich. Neben jedem Bett steht ein hübscher Mahagoninachttisch mit je einer weißen Nachttischlampe. Zwei weitere Türen führen in zwei verschiedene Bäder, die eine befindet sich neben dem großen Holzschrank, die andere, vier Meter entfernt von der ersten, neben einem blauen Sofa. Das Sofa ist mit weichen Fransen verziert und besteht aus weichem, nachblauem Stoff. Ein paar farblich dazu passende Kissen befinden sich auf dem Sofa. Am Ende des Raumes führt eine Balkontür auf einen kleinen Balkon mit einem Tischchen und mehreren Stühlen. Neben der Balkontür ist noch ein Fenster, auf dem Fensterbrett davor in der Innenseite steht ein Blumenstock. Alles in allem ist das Zimmer echt gemütlich.
    „Es gehört euch beiden“, erklärt Moritz, „Der Professor hat gemeint, ihr als beste Freunde könnt euch ja ein Zimmer teilen.“ Aus seinem spöttischen, nicht überzeugten Lächeln kann ich herauslesen, was er denkt. Wie oft habe ich diesen Gesichtsausdruck in anderen Gesichtern gesehen. Fräulein Mai, Luana, Professor Hastings… Keiner scheint zu glauben, dass wir „nur“ beste Freunde sind. Ob Bodo den Unterton und die Anspielung von Moritz herausgehört hat? Natürlich würde ich auch gerne wissen, wie er darüber denkt, dass uns so viele als Pärchen sehen.
    „Dort hinten“, Moritz deutet zu den Türen, „Sind eure Badezimmer. Na gut. Packt aus und kommt in die Einsatzzentrale.“ Mit einem andeutungsvollen Lächeln verschwindet er aus unserem Raum. Ich verdrehe die Augen, ohne dass Bodo es sehen kann, dann wende ich mich wieder ihm zu. „Ist sooooo toooll, dass du der andere Top Ranger bist“, juble ich und schmeiße mich ein weiteres Mal in seine Arme.
    Ich höre Sany mit Bamelin sprechen. Bodos Partner Pokémon erzählt gerade, dass sie schon gestern Nachmittag auf das Boot steigen mussten, um rechtzeitig hier zu sein. „Ach“, sage ich und schaue das Wieselpokémon an, „Deshalb habe ich euch zwei heute in der Früh nicht mehr anrufen können, wenn ihr schon gar nicht mehr in Fiore wart…“ Bodo braucht eine Weile, um den Zusammenhang meiner Worte zu finden, dann lacht er, vielleicht ein wenig zu nervös.
    „Hätte eigentlich damit rechnen müssen, dass du Bamelin auch verstehst. Aber, he, das war doch eine klasse Überraschung von Gerda und Hastings. Jetzt sind wir keine was weiß ich wie viele Kilometer mehr entfernt und müssen uns nicht mehr anrufen. Stattdessen können wir uns jeden Tag sehen! Jetzt ist mir auch klar, wie sie Primo hierher versetzen konnten.“
    „Primo hat seine Station jetzt hier, in Almia?“, frage ich und schaue Bodo nun ins Gesicht. „Ja“, antwortet er lachend, „Wahrscheinlich hat er deine alte Stelle an der Brisenaubasis bekommen. Somit sind wir schon zu dritt, aber…“ „Was hat Rhythmia dazu gesagt, dass ihr bester Freund ab sofort so weit weg ist? Die muss doch total fertig sein!“ Ich drehe mich aus seinen Armen, um Sany aufzufangen, die in die meinen springt.
    Die Erinnerung daran, wie sehr es mir geschmerzt hat, meinen besten Freund an meinem letzten Schultag gehen zu lassen, hat mir bisher immer noch die Kehle zugeschnürt. Da er nun jedoch wieder bei mir ist, bleibt das schreckliche Gefühl endlich weg. Doch der Gedanke daran, dass es Rhythmia jetzt genauso gehen muss… Da tut mir die Klatschtante richtig leid! Immerhin hatte sie, oder hat, um genau zu sein, das gleiche Problem wie ich mit ihrem besten Freund. Sie empfindet mehr als sie sollte….
    „Ich weiß nicht, wie sie es aufgefasst hat“, erwidert Bodo schulterzuckend, „Primo und ich haben erst auf dem Schiff hierher alles erklärt bekommen. Primo scheint das alles echt mitgenommen zu haben. Auf dem Rest der Reise hat er so gut wie kein Wort mehr gesprochen.“ Langsam öffne ich meinen Trolli und nehme den ersten Stapel Bücher heraus. „Die werden doch die Trennung bestimmt auch irgendwie verkraften“, murmele ich und schau zu den Betten, „Was für eines von den Betten möchtest du? Das am Fenster oder das an der Türe?“
    Mein bester Freund wendet den Blick von mir ab und überlegt einen Moment. „Das an der Türe“, meint er schließlich. Ich nicke und gehe zu dem meinen Nachtkästchen, um die ganzen Romane in die obere Schublade zu räumen. Sany hüpft in der Zeit quietschend auf dem Bett herum, aber das, was sie da von sich gibt, übersetze ich lieber nicht laut vor Bodo. Bamelin in der Zeit hat sich das rechte Badezimmer, das, das dem Schrank näher ist, verkrochen und scheint sie zum Glück durch das laufende Wasser nicht zu hören.
    Klar, es kann nicht so mit meinem besten Freund sprechen wie ich eine echte Unterhaltung mit Sany führen kann, aber trotzdem werden sie sich, wenn auch ohne Worte, verständigen können. Ich muss ihr noch verbeten, darüber mit Bamelin zu sprechen, besonders das Herumschreien sollte sie bleiben lassen. Bloß kein Risiko eingehen. „Sany, bitte hör auf, davon die ganze Zeit zu sprechen, besonders, wenn du es so rumschreist wie gerade eben“, ermahne ich sie leise. Sie schnurrt und erklärt: „Jetzt kann ich mir mit Lucy endlich funktionierende Verkupplungsideen ausdenken. Du weißt genau, dass wir, was es das angeht, nicht locker lassen werden. Gewöhn dich besser dran.“
    Ich seufze und hebe sie hoch in meine Arme. Mit ihr und meinem Trolli verziehe ich mich in mein Badezimmer. Es ist nicht sonderlich groß. Unter dem Waschbecken befindet sich ein länglicher, blauer Schrank, indem ich nicht so sonderlich viel Platz habe. Neben der Toilette, einer Badewanne und einer Dusche ist hier aber zum Glück noch ein Schränkchen, in dem ich meine Klamotten verstauen kann. Währenddessen sage ich leise zu meinem Partner Pokémon: „Du kannst jetzt nicht mehr die ganze Zeit darüber reden! Stelle dir doch nur mal vor, dass Bamelin das mitbekommt und es ihm mitteilt. Ich möchte nicht, dass das passiert, okay?“
    Sie schnurrt amüsiert. Die Rangeruniformen haben auch alle noch Platz, die restliche Kleidung räume ich in den Holzschrank im Zimmer. Alles andere lege ich auch dort rein.
    „Bist du fertig?“, fragt mich Bodo, als ich meinen Trolli, leergeräumt, an die Wand stelle. Ich nicke und schaue zu ihm rüber. Er hat ebenfalls einige Bücher aus seinem Koffer in sein Nachtkästchen geräumt und ihn leer unter das Bett gekickt. Mein Partner Pokémon springt mit einem gewaltigen Satz auf meine Schulter und lässt sich unter dem Kinn kraulen. „Na, dann können wir ja gehen.“
    Mein bester Freund lässt es zu, dass ich mich wieder bei ihm unterhake, und so gehen wir direkt zur Einsatzzentrale. Vor dem großen Bildschirm sitzen immer noch jede Menge, andauernd plaudernde Techniker und Technikerinnen. Ich zähle nach und komm auf sechs Leute. Professor Hastings und die Vorsitzende Gerda befinden sich nun mit Moritz, mit dem sie sich interessiert unterhalten. Die Vorsitzende winkt uns zu sich.
    „Nun, kommen wir zu euren anderen Arbeitskollegen, den Technikern“, meint sie, „Genau wie es Top Ranger unter Rangern gibt, kann man diese Techniker wohl als Top Techniker zählen. Sie neigen allerdings alle ein wenig zu übermäßigem Geschnattere und sind nur schwer stumm zu kriegen. Okay, nun denn“, sie wendet sich den Technikern zu, „Zeigt Manieren und stellt euch den neuen Top Rangern mal vor.“
    „Hi, ich bin Linda. Freut mich, euch kennen zu lernen!“, fängt eine Frau mit ungefähr zwanzig Jahren an, „ich glaube eigentlich nicht, dass ich zu viel schnattere, aber der richtig stille Typ bin ich wohl auch nicht. Aber um ehrlich zu sein, finde ich das auch gar nicht schlimm, wenn man in diesen Beruf mehr plappert als normal. Gehört immerhin zum Job!“ „Tach“, fährt ein junger Mann fort, „Ich bin Kimmy.“ Nach drei weiteren Technikern, mit den Namen Markus, Karina und Elena, steht ein Mädchen mit blonden, zusammengebundenen Löckchen auf, genau wie die anderen. Verwundert starre ich sie an und auch Bodo neben mir scheint sofort ein Licht aufzugehen.
    Ihr fällt jedoch zunächst nicht auf, da sie ihre Augen beim Lächeln oft geschlossen hat. „Hallo, alle zusammen, ich bin Rhythmia. Ich bin die Neue hier, genau wie ihr und komme erst aus dem Fortbildungszentrum für Techniker aus Fiore. Es war…“, doch dann hält Rhyth an. Mit offenem Mund zeigt sie auf meinen besten Freund und mich.
    „Ihr zwei!“, ruft sie uns zu, „Kathrin, Bodo! Ihr seid die neuen Top Ranger von Almia?!“ Aus den Augenwinkeln sehe ich die Vorsitzende Gerade Professor Hastings zunicken. Natürlich, das Ganze war geplant. Das mit Bodo und mir, und Rhythmia und Primo. Die zwei sind wirklich gerissen.
    „Kathi!“, dringt mein ungeliebter Spitzname an meine Ohren. Blondi springt zu mir herunter. Für eine freudige Umarmung lasse ich Bodo los. Rhythmia strahlt zwar für einen Moment über das ganze Gesicht, dann lässt das Leuchten in ihren Augen auch schon wieder nach. Man merkt ihr ganz deutlich an, dass ihr die vermeintliche Trennung von ihrem besten Freund wehtut.
    „Hey, nicht traurig sein“, versuche ich schon, sie aufzuheitern und Bodo fügt hinzu: „Ja, genau. Was glaubst du denn, was Primo denn dazu sagen wird, wenn er später noch anruft wegen seinen Aufträgen und so und du bist nicht so fröhlich wie immer. Willst du, dass er einen Herzinfarkt kriegt, oder was?“ Verwirrt schaut sie ihn an. „Ja, genau“, erwidere ich glucksend.
    „Aber er kann mich doch aus Fiore aus nicht direkt erreichen. Für diese Region ist Markus zuständig, nicht ich.“ „Aber von der Brisenau Basis kann er natürlich schon. Ich bin mir sicher, das wird er bald machen.“ Jetzt starrt Blondi mich total perplex an. „Genau, meine Liebe“, jetzt kommt die Vorsitzende zu uns, „Primo hat Kathrins Platz in der Brisenauer Basis eingenommen und ist heute genau wie du in der Früh hier in Almia angekommen. In den vielen Kontakten an deinem PC ist die Nummer für seinen FangKom und wenn du willst, kannst du ihn anrufen, solange er dabei nicht bei seiner Arbeit unterbrochen wird.“
    Ihr Gesicht hellt sich mit einem Schlag wieder auf. Wenn ich das Ganze noch überdenke, muss ich mir eingestehen, dass wir alle vier unser Versprechen am PdA eingehalten haben. Primo ist ein Pokémon Ranger geworden, Rhyth eine Technikerin und Bodo und ich sind Top Ranger geworden. Es könnte gut sein, dass das ein Wink des Schicksals ist… Obwohl Mama gesagt hat, dass die Zukunft von meinem besten Freund und mir dunkel ist… Was hat jetzt das eine mit dem anderen zu tun?
    Natürlich muss Team Nachtschatten noch bekämpft werden, aber eigentlich mache ich mir keine zu großen Sorgen… Von Lucia, Maike und Misty habe ich schon genug über ähnliche Teams gehört, die ihre Ziele nie verwirklichen konnten. Team Rocket, Team Magma, Team Aqua und Team Galaktik, allesamt wurden sie vom Guten besiegt. Auch bin ich mir sicher, dass das auch wir schaffen können.
    Meine Augen lasse ich durch den Raum gleiten. Auf dem großen Bildschirm, der hinter dem Computer war, von denen die Techniker sitzen, zeigt ganz Almia an. Eine virtuelle Karte der ganzen Region mit vielen, kleineren Details. Die Häuser und Bäume, die Berge, Schnee und Eis im Norden. Außerdem sind auch beschriftete Punkte überall verteilt. Für jeden Ranger gibt es einen Punkt. Luanas streift durch die Hauptstraße in Havebrück, Celia ist mit Eleonora in Brisenau, irgendwo am Rande. Wahrscheinlich machen sie irgendwelche Übungen wegen Celias Mechanikerausbildung. Ich hätte sie noch fragen sollen, wie lange sie noch dauern wird.
    Frohderich scheint ebenfalls auf Patrouille zu sein, er wandert gelassen durch Schikolingen. Nur Urs ist in der Ranger Basis. Ein weiterer Punkt schwebt seltsamerweise irgendwie über den Briseforst. Es braucht eine Weile, bis mir einfällt, dass es Volara sein könnte und tatsächlich steht daneben fast unerkennbar ihr Name. Primo streift ganz alleine durch den Wald. Der letzte Punkt ist im Nordosten Almias, in einer steinigen Gegend. Er ist als „Siver“ beschriftet, bewegt sich allerdings kein bisschen. Um ehrlich zu sein, bin ich total fasziniert von der Karte. Vor der könne ich länger sitzen, ohne mich zu langweilen. Es gibt echt viel dort zu sehen…
    Weil ich die ganze Zeit auf den Bildschirm fixiert war, zucke ich zusammen, als ein lautes, durchdringendes Pfeifen durch den Raum hallt. Linda stolpert zurück zu ihrem PC, setzt sich ein Headset auf und sagt laut: „Siver, du bist im Chroma Hochland? Bitte bestätigen!“ Bevor der Top Ranger antwortet, habe ich schon kapiert, dass es sich hier um ein Telefonat handelt, eine bestimmte Art von Voicemail.
    „Das siehst du richtig“, höre ich danach eine Stimme, „Hey, ist das Linda? Wäre echt nett, wenn du der Vorsitzenden Gerade etwas von mir ausrichten könntest. Hier im Chroma Hochland wimmelt es nur von diesen scheußlichen Team Nachtschatten Anhängern. Sie wollen und wollen einfach nicht weniger werden und sie reden unaufhörlich. Dadurch kann ich nicht weiter kommen. Sie halten mich ziemlich auf. Ich wollte Gerda darum bitten, mir einen oder vielleicht zwei junge Ranger zu schicken, die mir helfen könnten, die Schergen zu vertreiben. Immerhin ist das eine wichtige Mission!“
    Linda antwortet im geschäftlichen Tonfall: „Ich habe verstanden.“ Sie dreht sich um und wendet sich der Vorsitzenden zu. „Nun, du hast das Gespräch ja mitgehört. Darum wollte dich Siver auf jeden Fall bitten.“
    „Ein junger Ranger oder zwei? Dann soll er auch zwei haben! Kathrin und Bodo, warum nutzt ihr nicht die Gelegenheit, um unseren Top Ranger Siver kennenzulernen? Am besten unterstützt ihr ihn bei diesem Einsatz. Diese Mission erteile ich euch hiermit. Ich denke mal, dass sie für euch als Top Ranger keine Herausforderung darstellen wird, aber eines möchte ich euch noch erzählen. In eurer jetzigen Position habt ihr das Recht, euch selber Mission zu erteilen. Ihr solltet auf eure Erfahrung vertrauen und die Situationen richtig einteilen können. Ihr solltet auf eure Instinkte hören und wissen, wem ihr helfen werdet. Ihr seid für Handeln selber verantwortlich. Als Top Ranger müsst ihr euch vor keinem anderen Anführer verantworten. Dennoch solltet ihr euch nicht davor schämen, einen der älteren zu befragen, wenn ihr etwas wissen wollt. Besagte Top Ranger sind jedoch unterwegs, genau wie Siver, um Untersuchungen anzustellen, um das Geheimnis des Schattenkristalles zu lüften. Näheres kann euch Siver dann selber erzählen. Also, macht euch mal schön auf den Weg. Husch, verkrümelt euch!“
    „Tschau, Rhythmi!“, sage ich zur Blondine zum Abschied und winke ihr zu, während ich zur Rolltreppe spaziere. Bodo lasse ich wieder nicht mehr los. „Ich habe schon wieder ganz vergessen“, sagt er neckend, „Was für ein kleines Klammeräffchen du bist.“ „Was denn? Ich hab dich sooo vermisst“, erwidere ich und schaue durch das große Fenster. Die Aussicht ist immer wieder atemberaubend. Die Sonne glitzert nun im weit entfernten Meer.
    „Das sieht so toll aus…“, murmele ich. Bodo brummt etwas Unverständliches. „Was ist los?“ „Ach, gar nichts. Ja, das sieht wirklich großartig aus.“ „Hast du verstanden, was er gesagt hat?“, brummelt Sany und sie springt auf meine freie Schulter. Ich beäuge sie sorgfältig von der Seite. Sie schaut mich ebenfalls mit ihren braunen Knopfaugen fragend an. „Nö, du etwa?“ „Bin mir nicht ganz sicher“, antwortet sie und blickt wieder gerade aus, „Aber ich glaube, dass dein Name dabei war.“
    Also schaue ich von ihr weg und richtige meine Augen auf meinen besten Freund neben mir. Er schaut gerade aus in die Richtung, in die wir gehen. Bis wir aus dem Ranger HQ rauskommen, sagen wir kein einziges Wort mehr. Als wir draußen sind, halte ich die erdrückende Stille einfach nicht mehr aus. Verzweifelt suche ich nach einem guten Gesprächsthema und bleibe prompt an der anstehenden Mission hängen.
    „Wie glaubst du, ist Siver so? Ich habe noch nicht so viel von ihm gehört. Du?“ „Ich habe gehört, dass ziemlich viele Frauen, besonders die, die im HQ arbeiten, auf ihn stehen“, antwortet er prompt, danach ist es wieder still. Ich glaube zu wissen, woran er jetzt denkt. Jetzt ist es bei mir an der Zeit, unverständlich zu brummen. Mein bester Freund weiß halt nicht, dass er mir viel lieber ist als Siver.
    Trotzdem überlege ich mir etwas, das ich sagen könnte: „Top Ranger sind doch allgemein sehr beliebt. Und rate mal, was mir gerade noch dazu einfällt?“ Er schaut mir nur ahnungslos an. Ich deute auf das Kreuz, dass an dem Goldkettchen um seinen Hals baumelt und meine leise: „Die Steine sollen doch angeblich aus den Chroma Ruinen stammen. Genau da müssen wir doch jetzt hin. Vielleicht hilft es uns weiter, was es mit unseren Kreuzen auf sich… hat…“ Mein Blick fällt auf das Auge mit der blutroten Pupille. Aus irgendeinem Grund rührt das wieder an etwas in meinem Gedächtnis.
    Ich blinzele einen Moment, dann schüttele ich den Kopf, um das eigenartige Gefühl, dass mich an ein Déjà-vu erinnert, zu vertreiben. „Hey, hast Recht. Ich hab schon wieder total vergessen, dass wir noch immer versuchen sollten, herauszufinden, wofür diese Anhänger gut sind. Aber ich glaube, dass ich die Liste trotzdem eingesteckt habe… Die muss noch in einem meiner Bücher sein, hab sie als Lesezeichen benutzt… Glaubst du, wir werden so ein paar Steine zu sehen bekommen? Das muss toll ausschauen, eine ganze Höhle voller glitzernder und funkelnder Steine.“
    Bei seinen Worten fällt mir etwas ein. Die Höhle beim Windspielhügel mit den leuchtenden Edelsteinen. Eine Erinnerung, bei der Sany die Punkte jagt, da die Sonnenstrahlen auf die Kristalle fallen und sie das Licht jedes einzelnen spiegelt. Bodo sollte ich sie irgendwann, wenn wir Zeit haben, einmal zeigen. Wahrscheinlich findet er sie genauso schön wie ich.
    „Demnächst muss ich dir einen Ort zeigen. Der wird dir gefallen“, verkünde ich aufgeregt. Darauf freue ich mich jetzt schon. Das wird garantiert ein toller Abend werden. Ein richtig mädchenhaftes Kichern entfährt mir, bevor ich es aufhalten kann. „Was hat Lucy dazu gesagt, dass du nun Top Ranger bist?“, fragt er laut. Bamelin an seiner Seite läuft auf dem Boden und schaut sich die ganze Zeit um. Am Wahrscheinlichsten ist es, dass das Wieselpokémon richtig begeistert von der neuen Region ist.
    Zufrieden lächelnd antworte ich: „Ach, die ist natürlich hin und weg, dass kannst du dir gar nicht vorstellen. Zwar hat sie zuvor an etwas anderes gedacht, dass sogar noch ein wenig glücklicher gemacht hätte, doch die richtige Neuigkeit versetzte sie ihrer Freude keinen Dämpfer. Und ich möchte wette, wenn sie erfährt, dass du hier in Almia mit mir Top Ranger bist, findet sie das auch klasse.“
    Er lacht laut und es hört sich irgendwie… frei an. Aber vielleicht kommt es mir auch nur so vor, weil ich mich jetzt, da ich ein Top Ranger bin, seltsam gelöst und unabhängig fühle.


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  • Soo, mal wieder ein neues Kapitel (ich schreib hier so wenig mit anderen Leuten, das ist
    der Hamma T_T Dabei bin ich im Normalfall nicht gesprächig Q.Q Und ich beiß euch doch auch
    nicht den Kopf ab!)
    Es geht weiter ~ Die nächsten zwei Kapitel gehören übrigens zusammen :33
    Viel Spaß beim Lesen!


    Kapitel 27 – Geheimnis im Chroma Hochland Teil I (KPV)


    Im Altru Park ist es trotz Spätsommersonne recht kühl. Die vielen Bäume werfen jede Menge Schatten auf den Boden und mindern die hohe Temperatur. Auf dem Weg zum Chroma Hochland treffen wir so gut wie niemanden. Nur ein altes Pärchen und ich bin mir ziemlich sicher, dass die alte Frau mir beim Vorbeigehen aufmunternd zulächelt. Und der Blick, mit dem sie im Nachhinein noch Bodo anschaut, macht mir klar, was sie denkt. Verzweifelt hoffe ich, dass mein bester Freund das, was ich sofort bemerkt habe, aus dem Blick der Frau nicht herauslesen kann.
    In Gedanken schicke ich stumme Gebete an Gott, dass er es nicht weiß. Er darf es nicht wissen. Sany schnurrt deswegen total laut auf meiner Schulter, doch ich wage es nicht, sie zu beten, damit aufzuhören. Zum Glück habe ich ihr vorhin schon gesagt, dass sie, wenn Bamelin dabei ist, nichts sagen darf. In der Mitte des Parks, den wir erst danach erreichen, bleibe ich zuerst stehen. Die Sonne lässt das aus dem Brunnen hervorsprudelnde Wasser glitzern und funkeln. Neben dem Brunnen ist eine Art Bühne. Auf jeden Fall ist es eine hohe Erhebung, zu der zwei steinige Treppen hochführen. Davor ist ein Platz, sodass sich dort ein kleines Publikum versammeln kann. Das vermittelt nur noch mehr den Eindruck, dass die Erhebung wirklich eine Bühne ist.
    „So, und jetzt noch einmal den ganzen Weg, bis wir das Ende dieses Feldweges erreicht haben“, Bodo kickt einen Kieselstein zu dem Platz, als wir darauf zugehen. Hinter dem Brunnen führt der Weg zur Altru Firma, also genau dorthin, wo der Turm gebaut wird.
    „Weißt du schon, dass Albert nun bei Altru arbeitet? Ich glaube, er ist dort irgendein wissenschaftlicher Professor oder so… Bei seinem Hirn ist das aber auch kein Wunder, nicht?“, teile ich Bodo mit und schaue zu dem Bauwerk. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie er grinst. „Was doch klar, dass er so einen Spitzenjob bekommt.“
    Auch die andere Hälfte des Parks ist vollgepflanzt mit hohen Laubbäumen. Dadurch ist es seltsam warm, als wir den Park verlassen und den ersten Teil des Chroma Hochlandes betreten. Der Weg hier ist breit und mit dichtem Gras bewachsen, nur an dem Rand stehen Bäume. Dahinter ist ein weiterer, den wir allerdings jetzt ignorieren können und sollten. Nun scheint jedoch die Sonne gnadenlos auf uns herab. Dadurch steigt die Temperatur mit einem Mal, oder auf jeden Fall kommt es mir so vor. Es ist wahrscheinlich, dass ich es mir nur einbilde, da es im Park kühler war.
    Ein paar wilde Galoppa und noch mehr Ponita weiden gemütlich. Kein Wunder, das Gras muss für sie ein wahrer Leckerbissen sein. „Was hältst du davon, wenn wir unsere neuen FangKoms vor dem richtigen Start einmal ausprobieren?“, schlägt Bodo vor. „Hey, klasse Idee!“ Ich hebe meinen rechten Arm und aktiviere den FangKom. Die gelbe Linie des Handschuhes leuchtet langsam immer heller. Vorsichtig löse ich mich von Bodo und ich suche mir eines der vielen Pokémon aus. Eines von den Pferdepokémon auszuwählen wäre eher schlecht, da sie eine ganze Herde sind. Sie schützen sich alle gegenseitig. Suchend lasse ich meinen Blick über die freie Ebene schweifen, bis mir ein Pikachu ins Auge sticht. Es ist ungefähr zehn Meter von den Feuerpokémon und fünf Meter von mir entfernt.
    Bodo hat sich ein Waaty ganz in der Nähe ausgesucht. Ich löse meinen Blick von ihm und konzentriere mich ganz auf mein Ziel. Die Fangscheibe schießt aus der Spitze meines FangKoms, nachdem ich die Klappe zurückgezogen habe. Das löst den Start des Fangversuches aus. Mit meinem Zeige- und Mittelfinger ziehe ich schnell und leuchtend Kreise. Die Schreibe dreht sich je gezogenen Kreis einmal um die Elektromaus, die nur überrumpelt dreinschaut. Mit seinen schwarzen Äugelein schaut es mich durchdringen an. Viel schneller als sonst bin ich fertig. Und das will was heißen. Das Pikachu schmiegt sich an meine Beine und wird von meinem Partner Pokémon nur von oben herab angeschaut.
    So anschmiegsam wie das Pikachu sich verhält mag Sany meine Pokémon Freunde gar nicht. Jedoch, da sie oben auf meiner Schulter sitzt und das ganz alleine, lässt sie es dieses Mal über sich ergehen. Bodo dreht sich grinsend zu mir, das Waaty zu seinen Füßen.
    „Fühlt sich toll an, was?“, ruft er laut und ich höre die Zufriedenheit aus seiner Stimme heraus. Ich erwidere sein Grinsen genauso fröhlich. „Dadurch werden die zukünftigen Fangversuche noch viel mehr Spaß machen als bisher“, meine ich, meinen neuen FangKom betrachtend, „Ich möchte wetten, dass diese sogenannte Power-Aufladung noch echt nützlich sein wird. Man, Top Ranger sein bringt echt viele toll Überraschungen mit sich. Du, Rhythmi, für sie Primo, dieser geniale FangKom hier… Das kann nur noch besser werden, meinst du nicht?“
    Hüpfend gehe ich zu ihm rüber, das Elektropokémon in weiten Sprüngen hinter mir her. „Doch, da hast du echt Recht“, er lächelt und streicht mir über den Kopf. Wären meine Haare nicht wie üblich zu zwei Zöpfen zusammen gebunden, hätte ich wohl gesagt, dass er sie verwuschelt hat. „Lass uns unsere Mission fortsetzen!“, sagt er, „Auf zu Siver!“ Ich lache und laufe neben ihm her. Es muss so aussehen, als würden wir uns ein Wettrennen liefern. Vielleicht machen wir das auch, dennoch bleiben wir gleich schnell oder halten uns einfach unbewusst an die Geschwindigkeit des anderen.
    Die Umgebung verändert sich immer mehr. Der Wald verliert an Dichte, die Laubbäume werden zunehmend kahler und das Gras wird immer brauner und vertrockneter. Der Boden unter meinen Füßen ist nicht länger weiche, Erde, sondern wird mehr und mehr härter wie Stein. Wir müssen eindeutig näher zu den Ruinen kommen. Doch nicht nur die Umgebung verändert sich. Nach einer scharfen Kurve ist die Luft mit einem Mal anders. Ein dichter, schwarzer Nebel, der mich leiht an dunklen Rauch erinnert, verschleiert die Sicht so sehr, dass Bodo und ich automatisch stehen bleiben.
    Man kann nichts mehr erkennen, das mehr als drei Meter entfernt ist. Es ist sofort klar, dass wir nicht mehr durch die Gegend hetzen können. Keine gute Idee, sich jetzt ausversehen zu trennen. In meiner Magengegend steigt ein unangenehmes Gefühl auf. „Dieser Nebel“, ich betone das zweite Wort besonders, und Bodo fährt fort: „Ist kein natürlicher Nebel.“ Er spricht genau das aus, was mir das Gefühl verrät. Arm an Arm treten wir hinein.
    Keine drei Schritte später spüre ich einen Stich in meinem Kopf. Gleichzeitig wird mir schwindelig. Reflexartig greife ich mit beiden Händen nach dem Arm meines besten Freundes, um nicht zu schwanken und schließlich umzufallen. „Team Nachtschatten ist hier“, zische ich ihm zu, von Schmerzen gequält. „Woher weißt du das“, entgegnet er leicht verwirrt und ahnungslos. Bevor ich antworte, lege ich meinen Kopf gegen seine Schulter. Ich bilde es mir sicher nur ein, aber das Stechen und Drücken lässt ein wenig nach.
    „Das erklär ich dir später“, wenn wir deren ihren KonMini zerstört haben. Dann hört es auf.“ Vorsichtig tasten wir uns voran. Meine Ohren sind gespitzt. Vielleicht kann ich somit herausfinden, wo der Auslöser meiner Schmerzen sich befindet. Irgendwann, gute fünf Minuten später, höre ich ein Gackern und jemand sagt: „Jetzt haben wir so viel Dunkelheit in die Gegend gepumpt, dass kein Eindringling besonders weit vordringen kann!“
    „Da ist wer!“, flüstere ich Bodo zu, „Wahrscheinlich ist auch da der KonMini!“ Wir folgen dem leicht irren Lachen und schließlich können wir den Mann ausmachen, der so lacht. Seine Uniform zeigt uns sofort, dass er ein Team Nachtschatten Scherge ist. Außerdem steht ein KonMini vor ihm und daneben ist je ein Kramurx zu seinen beiden Seiten.
    Ich ignoriere das Stechen in meinem Schädel, stelle mich auf die Zehenspitzen und hauche Bodo ins Ohr: „Wir sollten die Kramurx einfangen und währenddessen versuchen, nicht entdeckt zu werden. Das sollte uns einen kleinen Vorteil verschaffen…“ Mein bester Freund aktiviert seien FangKom wortlos zur Antwort. Auch ich starte einen Fangversuch. Die zwei Kramurx, die wir uns vornehmen, spreizen gereizt und überrascht die schwarzen Flügel, und sie kreischen laut auf.
    Der Team Nachtschatten Anhänger erstarrt und hört auf, zu gackern. Automatisch trete ich einen Schritt zurück und kneife die Augen zusammen. Im selben Moment ist der erste Fangversuch beendet. Sofort nehme ich mir das letzte Kramurx vor, während das erste gefangene davonflattert. Verwirrt blickt ihm der Nachtschatten hinterher. Dann schaut er sich hektisch um und schreit ängstlich: „W-w-wer ist da? I-Ich k-kann eure G-gesichter nicht a-ausmachen!“ Mit einem grauenvollen Krähen fliegt das zweite Kramurx davon und drei Sekunden später auch das letzte.
    Ein lauter Knall übertönt das Wimmern des Mannes, bevor er zurückstolpert und wegrennt. Der KonMini ist explodiert und sofort hört mein Kopfweh auf. Der Schwindel lässt nach. Die Fangscheibe zischt zurück. „Also“, sagt Bodo, „Erklärst du mir jetzt, woher du wusstest, dass der da war?“ Ich schaue in seine Schokoladenaugen und platze wie üblich, wenn ich das mache, mit der Wahrheit heraus.
    „Ich weiß nicht, warum, aber wenn ich halbwegs in der Nähe von KonGigas oder KonMinis bin, bekomme ich Kopfschmerzen und Schwindelanfälle. Das ist schon beim ersten Mal in der Ozeanhöhle passiert“, meine Augen huschen zum KonMini, der zerstört am Boden liegt, „Maike, Lucia und Misty haben ebenfalls darauf reagiert, nur stärker. Alle drei waren sehr bleich, zittrig und kraftlos. Bisher weiß aber keiner außer dir und den drei davon, wie ich das aufnehme. Ich konnte auch immer ganz gut damit umgehen…“
    Sany auf meinem Kopf knurrt leise: „Da hast du aber recht. Selbst mir ist es nicht aufgefallen und das will was heißen!“ Sie legt ihre Pfote auf meine Stirn. Im nächsten Moment zucken sie und ich zusammen, nur Bodo erschreckt nicht. Sein FangKom klingelt laut und durchdringend, eindeutig eine Voicemail. Mein bester Freund nimmt an und ich stelle mich schnell hinter ihn. Professor Hastings ist auf dem Bildschirm zu sehen, mit gerunzelter Stirn und einer hochgezogenen Augenbraue.
    „Kathrin, Bodo. Wir können zwar sehen, dass ihr inzwischen im Chroma Hochland seid, jedoch erhalten wir seit kurzem abnormale Signale von euch, also von euren FangKoms. Was ist bei euch los?“ „Ja, also, Professor, das Chroma Hochland ist in einen Dunkelnebel gehüllt, der von Team Nachtschatten gemacht wurde. Wir glauben, dass er das Weiterkommen erschweren wird. Und wahrscheinlich ist er die Ursache für diese Signale“, antwortet Bodo schnell und sachlich. Der Professor nickt mit einem grimmigen Gesichtsausdruck..
    „Ich verstehe. Versucht, vorsichtig zu sein, damit euch nichts passiert“, sind seine letzten Wort, bevor er auflegt. Währenddessen spüre ich, wie Bodo einen Arm um meine Taille legt, woraufhin Sany anfängt, zu schnurren. Bamelin schaut sich die ganze Zeit um, als ob es Wache halten würde. „Na, denn“, murmelt mein bester Freund angespannt, „Schauen wir weiter. Jetzt müssen wir den Dunkelnebel vertreiben, irgendwie, damit wir den Eingang zu den Ruinen finden.“
    Ich schaue mich langsam um, kann aber nicht viel erkennen, außer dem Nebel und den steinigen Boden unter meinen Füßen. „Vielleicht finden wir ein Pokémon, das den Nebel auflösen kann“, schlage ich unschlüssig vor und Bodo stimmt mir zu. Langsam versuchen wir, ein derartiges Pokémon zu finden. Der Boden wir immer felsiger und mit immer mehr stufigen Erhebungen, so dass wir auch noch aufpassen müssen, nicht regelmäßig auf die Nase zu fliegen. Manchmal treffen wir auf Venuflibis, Pikachu und Galoppa, aber keines davon scheint den Nutzen zu haben, den wir momentan brauchen.
    Bis mir irgendwann wieder ein Schmerz durch meinen Körper fährt. Der Schwindel überfällt mich so schnell, dass ich eingeknickt und auf den Boden geflogen wäre, hätte Bodo nicht noch schneller reagiert. Er legt seinen zweiten Arm um meine Taille und fängt mich somit gerade noch auf. Sany auf meinem Kopf schnurrt und knurrt seltsamerweise gleichzeitig, dann springt sie herunter und schießt einen Eisstrahl in den Nebel.
    Zwei Smogon landen als Eisklumpen auf den Boden, wie zwei schwere Felsblöcke. Mein bester Freund hebt seinen rechten Arm, schickt die Fangscheibe los und zieht mehrere Kreise. Die Giftpokémon sind schon gefangen, bevor ich einen Fangversuch starten kann. Ein weiterer Knall ertönt ganz in der Nähe. Der KonMini muss irgendwo in der Richtung sein, in die Sany ihren Eisstrahl geschickt hat.
    „Ich hab dir doch gesagt, dass da Eindringlinge sind“, ertönt die Stimme des Team Nachtschatten Schergen, den wir vorhin schon besiegt haben. Dann ist erneut ein Schrei zu hören, gefolgt von einem weiteren. Ich kann undeutlich heraushören, wie jemand „Geister, Geister!“, brüllt. Mein bester Freund lacht leise, aber auch leicht unruhig. „So unscheinbar sind wir doch wieder nicht“, murmelt er, während er mein Partner Pokémon, das inzwischen wieder auf meiner Schulter sitzt, unter dem Kinn krault, „Aber deine Reaktionen könnten uns trotzdem schneller verraten, was? Komm, suchen wir weiter.“
    Er zieht mich mit einem Arm um meiner Taille voran. Ich bin wieder munter und gehe weiter mit ihm. Sany schnurrt leise. „Ja ja, ich weiß, was du jetzt denkst“, flüstere ich ihr zu, als sie ihre Wange an die meine reibt. Ich spüre Bodos leicht verwirrten Blick auf mir, sage aber nicht mehr dazu. Stattdessen schaue ich mich weiter um. Neben meinem besten Freund ragt eine steile Felswand auf. Mein Magen grummelt und aus irgendeinem unbestimmten Grund bin ich mir sicher, dass dahinter die Chroma Ruinen sein müssen.
    Vielleicht finden wir den Eingang sogar, bevor wir den Nebel auflösen können. Obwohl das eher unwahrscheinlich ist. Vorsichtig lege ich meine Handfläche gegen die glatte Fläche der steilen Wand. „Was ist damit?“, fragt Bodo interessiert und wieder merke ich, dass er mich anschaut. „Meiner Meinung nach, nein, meinem Bauchgefühl sagt mir, dass da dahinter die Ruinen sind.“ Sany gluckst ungläubig und Bamelin murrt etwas, leider unverständlich.
    „Na, denn, mal schauen, wo der Eingang ist!“ Es braucht keine fünf Minuten, bis es nochmal passiert. „Da ist ein Team Nachtschatten Anhänger“, keuche ich leise, mich an Bodos Schulter festkrallend, die andere Hand gegen den Kopf pressend, als könnte ich den Scherz somit stoppen. Mein Partner Pokémon hüpft von meiner Schulter, in den Nebel von uns starrend.
    „Glaubst du, die ‚Geister‘“, höre ich eine sarkastische Stimme aus der Richtung, „Werden kommen und die Panzaeron befreien, damit sie den Dunkelnebel auflösen können?“ Ein heiseres, böses Lachen stößt die Person von sich, es wird durch die Felswand zu einem Echo vervielfältigt. Es löst bei mir eine Gänsehaut aus. In meinem Kopf rattert es. Sie haben Pokémon, Panzaeron, eingesperrt, genau die, die den Dunkelnebel vertreiben können.
    „Oh ja, die Geister werden kommen, wartet nur ab“, brummt Bodo neben mir belustigt, sein Partner Pokémon am Boden nimmt eine angriffslustige Haltung ein. Sany hüpft daneben und tappt elegant voran. Leise aktiviere ich meinen FangKom, schon bereit, einen Fangversuch zu starten, der zweifellos kommen wird. Auf Zehenspitzen tasten wir uns voran, auf alles vorbereitet. Mit gespitzten Ohren bleibt mein kleines Evoli stehen.
    Wie angewurzelt befindet es sich nun zu meinen Füßen und sie gräbt ihre Krallen in eine der wenigen erdigen Stellen, die es hier im Chroma Hochland gibt. Auch Bamelin hebt erwartungsvoll den Kopf. Es ist ganz eindeutig, dass sie wissen, worauf sie uns aufmerksam machen wollen. „Passt auf, sie kommen von der Seite. Und sie schweben. Es sind zwei Smogon, ganz sicher!“, knurrt Sany. Sie scheint angestrengt zu lauschen, ihr Kopf rückt nach links, dann nach rechts und schließlich wieder nach links, zum Schluss nochmal nach rechts.
    Anscheinend ist sie sich nicht sicher, aus welcher Richtung der Angriff kommen wird. Aus welcher Richtung die Pokémon sich auf uns stürzen werden. Es sei denn… „Pass auf!“, kreische ich, ziehe Bodo auf den steinigen, harten Boden. Die Smogon, genau zwei Stück, sind jeweils einzeln von links und eines von rechts herangestürmt, um uns zu tackeln. Die zwei Pokémon zischen in Sekundenschnelle in den Nebel, aus der das andere gekommen ist.
    Das Sausen, mit dem sie aufgetaucht sind, verschwindet langsam mit ihrem Abtauchen. „Sany, mach mit Aquawelle zwei Barrieren und frier diese sofort mit Eisstrahl ein! Damit sollten die Smogon beim nächsten Angriff gestoppt werden“, befehle ich meinem Partner Pokémon, knie mich hin und strecke meinen Arm mit dem FangKom aus. Dann höre ich Bodo sagen: „Bamelin, mach dich bereit. Sobald das Smogon von links kommt, hilfst du mir bei dem Fangversuch, okay?“
    Rücken an Rücken warten wir beide auf den Knien. Dann erreicht das Pfeifen wieder meine Ohren, gefolgt von zersplitterndem Eis und dem Klacken, als wir gleichzeitig die Fangscheiben losschicken. Die Smogon sind im ersten Moment so perplex, dass sie verwirrt in der Luft schweben bleiben, mit einem ziemlich doofen Gesichtsausdruck. Die Fangscheiben kreisen um jeweils eines der beiden, die Fanglinie von Bodo leuchtet dunkelblau, da Bamelin sie mit Aquaknarre verstärkt hat.
    Sany behält mein Ziel in den Augen, bereit, uns zu verteidigen, wenn es sein muss. Als es sich schließlich, schneller als erwartet hatte, fängt und Giftschleim auf mich feuern will, tackelt sie es. Meine Fangscheibe folgt den zu Boden geschmissenen Pokémon. Und dann ist der Fangversuch vorbei. Zufrieden hüpft mein Partner Pokémon zu mir. Im nächsten Moment ist ein entfernter Knall zu hören und mein Kopfweh und mein Schwindel verschwinden fast sofort. Auch Bodo hat seinen Fang beendet.
    Schnell stelle ich mich wieder auf meine Füße. Die zwei Smogon fliegen in den Nebel. Irgendwo aus der entgegengesetzten Richtung höre ich jemanden: „Wie… Was zum Teufel ist mit meinem tollen KonMini passiert? Warum ist er zerstört?“ Es ist ganz sicher, die vorhin darüber gespottet hat, dass es gar keine Gespenster gibt, nur, dass sie nun vor Angst trieft.
    Daraufhin ist nur noch ein lauter Schrei zu hören, der von der gleichen Person stammt. Schritte. Und ein Glucksen, das von Bodo stammt. Sany streift um meine Beine, doch ich schaue nicht zu ihr hinab. „Dann lass uns mal nach den Panzaeron suchen! Die Sicht sollte sich dann endlich bessern, auch wenn wir im Nachhinein keine ‚Geister‘“, mein bester Freund macht mit seinen Fingern die Anführungszeichen, „Mehr sein können. Aber vielleicht bleiben wir trotzdem unbemerkt.“ Er macht eine ungläubige Miene und rollt zugleich mit den Augen.
    Ich presse meine Lippen aufeinander, um nicht zu kichern. „Sany, kannst du nicht hören, wo die Panzaeron sind? Lausch mal, ob du ihre Flügelschläge hören kannst, ja?“ Evoli stellt die Ohren auf, wartet eine Sekunde und tappt dann los. Sie geht direkt in die Richtung, aus der der Knall des explodierenden KonMinis gekommen ist. Leise folgen wir ihr durch den dunkeln Nebel. Bis sie anhält.
    Vor uns ist wieder die steile Felswand, die kurzzeitig verschwunden war, aber anscheinend wurde eine Höhle hineingeschlagen. Ein großes Holzbrett ist vor den Eingang genagelt. Es muss viel Mühe gekostet haben, die Nägel in die harte Wand zu hauen. Dahinter scheint etwas zu sein, wahrscheinlich Pokémon. Leise Geräusche dringen an meine Ohren. „Dahinter?“, flüstere ich Sany zu, während ich sie in meine Arme nehme. Sie nickt und beäugt die Versperrung misstrauisch.
    „Wir sollten uns bereit halten, damit wir gleich anfangen und einen Fangversuch starten können“, schlägt Bodo vor. Er aktiviert seinen FangKom und dann startet er sofort die Power-Aufladung. „Die Panzaeron sind wichtig für Mission“, erklärt er auf meinen fragenden Blick hin, „Da gehe ich lieber auf Nummer Sicher.“ Ich folge seinem Beispiel. Die blaue Fanglinie, die noch als kleiner Punkt unter der Fanscheibe hervorschimmert, färbt sich nach der Aufladung um. Jetzt ist sie vielfarbig, gelb, rosa, grün, rot, türkis, hellblau, dunkelblau… Es ist, als hätten wir mehrere Pokéstärken benutzt.
    Wir treten ein paar Schritte zurück und stellen uns wieder Rücken an Rücken auf. Sany ist wieder auf dem Boden, da sie vorhat, das Holzbrett mit ihrem Eisenschweif zu zerschneiden. „Jetzt“, zische ich. Mit einem knarzenden Geräusch, das mich stark an das Geräusch eines gefälltem Baumstammes erinnert, teilt Sany das Brett und mit einem Knall fliegt es zu Boden. Zu meiner Verwunderung ist das Brett sehr dick.
    In der Dunkelheit der Höhle sehe ich im nächsten Moment ein paar diamanthelle, gelbe Augen, gefolgt von einem kreischenden Schrei, der bei mir eine Gänsehaut auslöst. Ein großes Pokémon mit spitzen, langen, messerscharfen Flügeln tritt heraus zu uns in den Nebel. Ich nehme an, dass es ganz und gar aus Stahl besteht. Das zweite, ein wenig kleinere, Panzaeron tritt hinter dem ersten heraus. Mit einem Sausen fliegen die Fangscheiben mit ihrem neu gefärbten Schweif durch die Luft, um die zwei Flugpokémon herum.
    Überrascht und gereizt spreizen beide ihre Flügel. Dadurch wirken sie nur noch größer und viel furchteinflößender. Aufgeplustert stolzieren sie auf uns zu. „Evoooli!“, ruft Sany, springt auf eines der beiden knurrend zu, gefolgt von Bamelin. Die Panzaeron starren hochnäsig auf die zwei kleineren Pokémon hinab. „Winzlinge“, keift das größere Flugpokémon und hebt das Bein mit den Klauen am Fuß, spitzer als die an seinem Flügel. „Das“, gibt Sany mutig zurück, „Lass ich mir nicht bieten.“
    Ein durchsichtiger Schild, der selbst ohne Licht glänzt und wie ein Regenbogen schimmert, baut sich um meines und um Bodos Partner Pokémon auf. Die Krallen können das Schild nicht durchdringen, egal, wie sehr das Panzaeron daran kratzt. Schließlich hat Bodo es endgültig eingefangen. Auch das kleinere, welches ich mir vorgenommen habe, faltet nach dem erfolgreichen Fangversuch die Flügel zusammen. Es starrt mich nun ruhig an, aber ich schaue zu Sany. Sie springt zurück und gleichzeitig löst sich der Schild auf.
    „Du hast doch nicht etwa Schutzschild gelernt, Sany?“, rufe ich ihr zu. „Oh doch“, erwidert sie schnurrend, „Letztens als ich Lucys Pichu Shoko getroffen habe, hat sie mir die Attacke vorgeführt und gleich erklärt, wie sie funktioniert. Ich dachte mir, sie könnte nützlich werden. Wie du sehen konntest, habe ich den Bogen jetzt raus.“ Durch den FangKom gebe ich meinem Panzaeron den Befehl, seine seltene Arealfähigkeit „Auflösen“ einzusetzen. Mein bester Freund macht genau dasselbe. Die Stahlpokémon erheben sich mit ihren großen Flügeln einen halben Meter über den Boden. Die Luft, die dadurch entsteht, wirbelt erst den ganzen Nebel auf, bis er sich nach zehn Sekunden ganz verzogen hat.
    Die Sonne erscheint mir zuerst zu grell, wie sie unbarmherzig vom Himmel herabscheint. Die Panzaeron glänzen in ihrem Schein, als sie davonfliegen. Erst jetzt, da der Dunkelnebel sich verzogen hat, wird mir die Größe des Chroma Hochlandes klar. Wären wir abwärts gegangen anstelle von aufwärts, wären wir sicherlich über die steilen Abhänge geflogen. Auch wenn diese nicht sonderlich hoch sind, doch der Boden ist steinig und hart. Die Felswand vor uns, in die die Höhle eingeschlagen wurde, ist so hoch, dass wir nicht erkennen können, wo sie aufhört.
    „Ich glaube“, fängt Bodo an, während er sich umschaut, „Wir müssen dorthin.“ Er deutet nach links, in die Richtung, in die wir auch gegangen wären, wenn wir nichts gesehen hätten. Wir sind von rechts gekommen, also sind wir uns sicher, dass dort nichts mehr ist. Also muss der Eingang zu den Chroma Ruinen genau dort sein, wo Bodo hinzeigt. Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich zu erkennen, was am Ende des Weges ist. Könnte es sein, dass es eine Treppe ist?
    Wenn ja, dann muss dort hinten der Weg zur Ruine sein. „Na, am besten, wir schauen mal nach, was wir finden werden!“, Bamelin tappt neben Sany her. Langsam wird die kühle Luft um uns herum von der Sonne erwärmt. Während wir gehen, reden wir kein Wort miteinander, nicht einmal mehr leise. Nur Bamelin und Sany flüstern sich leise etwas zu. Verstehen kann ich sie nicht. Erst, als wir tatsächlich bei der schiefen Treppe ankommen, mache ich den Mund auf.
    „Dort oben muss der Eingang sein…“ Mein bester Freund dreht sich um und wirft einen kurzen Blick nach hinten. Ich folge seinem Blick nach hinten, aber weil ich sonst nichts erkennen kann, frage ich ihn: „Hast du etwas gehört?“ Von der Seite schaut er mich an, während sein Partner Pokémon zu seinen Füßen sich ebenfalls umschaut. „Nein…“, antwortet er und sieht wieder gerade aus, „Aber man hätte eigentlich meinen können, dass noch ein paar Team Nachtschatten Schergen hinter uns herlaufen oder so….“ „Stimmt… Aber da ist niemand, also lass uns gehen.“ Somit stürmen wir die Treppe hoch.
    Ganz oben ist nicht viel Platz. An den Rändern stapeln sich Steine, aufeinander zu mehreren wackeligen Türmen, jeder ungefähr drei Meter hoch. Der Boden ist dünn mit Gras bewachsen und in der Mitte ein Loch, daneben ein großer, bestimmt tonnenschwerer Stein. Jemand musste ihn weggeschoben haben, wahrscheinlich mit der Hilfe eines starken Pokémon, damit der Eingang frei ist. Denn beim genaueren Hinsehen wird mir klar, dass das kein normales Loch ist. Eine weitere, erdige Treppe führt in das tiefe schwarze Innere des Loches. Ohne Zweifel ist dort unten die Ruine.
    Mutig springt Sany darauf zu und starrt in die Dunkelheit hinab. Ich folge ihr schnell, Den Boden kann ich nicht erkennen, denn soweit dringt das Licht nicht. Mein bester Freund geht langsamer zu dem Eingang. Er hat die Klappe seines FangKoms geöffnet, wo er das Menü mit dem Touchscreen bedienen kann. Bei mir erklärt er: „Wir werden dort unten Licht brauchen, deshalb suche ich nach… ah!“
    Ein Pfeifen, ein Lichtstrahl und er fährt fort: „Die Taschenlampe von Blondi haben sie also in den neuen FangKom eingebaut.“ „Wo hast du die Funktion gefunden?“ Er zeigt es mir. So kann ich die Treppe hinableuchten. „Am besten, wir gehen runter“, haucht er mir ins Ohr, mein Herz schlägt einen Salto, als sein warmer Atem mein kaltes Ohrläppchen berührt, „Aber wir sollten zusammenbleiben. Bamelin“, er erhebt seine Stimme, „Bleib bei mir, okay?“
    „Bamel, Bamelin!“ „Sany?“, sage ich. Sie hüpft auf meine Schulter. Dann blicken wir die erdigen Stufen hinab. „Gehen wir.“



    gvlg, eure Soso-chan <3

  • Soo, mal wieder ein neues Kapitel ^^
    Viel Spaß beim Lesen -^^-


    Kapitel 28 – Geheimnis im Chroma Hochland Teil II
    Ich lasse die letzte Stufe hinter mir und trete auf den gleichzeitig erdigen und steinigen Boden. Der Schein meiner Taschenlampe leuchtet gerade aus, einen langen, schmalen Gang entlang. Der kleine Lichtkegel ist am Ende an der Wand zu sehen, genau dort, wo der Gang eine scharfe Kurve zu machen scheint. Mithilfe seiner Taschenlampe betrachtet mein bester Freund den Boden, die Wände und die Decke. Dicke Spinnweben kleben an den Ecken. Es ist angenehm kühl. Natürlich. Kein Sonnenstrahl wird je den Boden der Ruinen erreicht haben. Keiner wird je die Treppen hinabgekrochen sein und die stickige, muffige Luft erwärmt haben.
    Ich rümpfe die Nase, als ich genauer rieche. „Schau mal“, sagt Bodo leise, „Auf dem Boden.“ Sein Lichtkegel beleuchtet den Grund, auf dem wir stehen. Lauter Fußabdrücke haben sich dort eingedrückt, von mehreren paar Füßen ein getrampelt. „Die müssen von Team Nachtschatten Schergen stammen, von denen Siver per Voicemail berichtet hat“, murmelt er. Ein Geräusch lässt ihn zusammenfahren, mir entfährt ein leiser Quiekser und ich klammere mich an Bodos Arm, um mein Gesicht an seiner Schulter verbergen zu können. Vorsichtig schaue ich darüber hinweg, zur Kurve vor.
    Hinter der Wand kommt ein unheimlich aussehendes Drifzepeli hervorgeflogen. Es starrt uns an, attackiert uns jedoch nicht. Immer wieder auf der Stelle auf und ab schwebend, bleibt es dort, wo es ist. Ein paar Sekunden vergehen, vollkommen still ist es in der Zeit. Dann wendet es sich ab und fliegt weiter um eine zweite Kurve, die ich zuvor nicht gesehen habe.
    „Denkst du, wir sollten es einfangen?“, frage ich Bodo. Meine Augen sind immer noch auf die Stelle gerichtet, an der das Geistpokémon verschwunden ist. „Man weiß nie, in was für Schwierigkeiten man an so einem fremden Ort gerade kann und welche Pokémon man zum Lösen benötigt. Aber wahrscheinlich wird es praktischer, wenn wir das Drifzepeli einfangen, ja.“ „Vielleicht kann es mir sagen, in welche Richtung wir gehen müssen, ohne zu suchen.“ „Na gut, lass es uns nicht entkommen.“ Vorsichtig tasten wir uns zu der Kurve vor und starren von dort um die Ecke.
    Ein Raum, getrennt durch große, zackige Steine, ist zu sehen, leicht beleuchtet von einem Loch aus der Decke. Das Drifzepeli schwebt im Kreis über den Steinen, als würde es das jeden Tag machen. Es wirkt nicht bedrohlich, eher geistesabwesend, als hätte es vor kurzem noch unter dem Einfluss eines KonMinis oder KonGigas gestanden. Noch ein Grund mehr, es zu einem Pokémon Freund zu machen.
    „Darf ich es fangen? Immerhin muss ich dann auch mit ihm reden“, flüstere ich Bodo zu, der über meinem Kopf zu dem Pokémon starrt. „Ne, mach nur!“ Ich aktiviere meinen FangKom wortlos und lade ihn auf, bevor ich loslege. Sany springt vor mir in den Raum. Sie wird sofort von dem Drifzepeli fixiert, das total bedröppelt ist. Als die Fangscheibe auf es zuschießt, beobachtet es diese sogar, als sie sich im Kreis dreht. Mich wundert es, dass ihm nicht schwindelig wird, während es sich die ganze Zeit um seine eigene Achse dreht.
    Der Fanversuch erscheint mir nach dem Fang des sich strebendem Panzaeron fast zu einfach vor. Schnell bin ich fertig und Fangscheibe fliegt, die regenbogenfarbene Fanglinie hinter sich herziehend, zu mir zurück. „Hallo, Drifzepeli“, begrüße ich das Pokémon ruhig. Es hat sich nicht von der Stelle bewegt. Als es nicht antwortet, werde ich ein wenig unsicher. Ohne Zweifel stand es unter dem Einfluss eines KonMinis oder eines KonGigas. Ob das schlimme Nachwirkungen mit sich bringt?
    Zögernd gehe ich auf es zu und frage zweifelnd: „Könntest du uns helfen, uns hier in den Ruinen zurecht zu finden? Wir müssen jemanden finden und ihm bei etwas helfen, waren aber noch nie hier…“ Eine Weile ist es still. Als ich schon fast die Hoffnung aufgegeben habe, antwortet das Geistpokémon. Es hat eine tiefe, feste Stimme, die überhaupt nicht zu seinem Verhalten passt. „Ja“, sagt es, „Ich wurde in diesen Ruinen geboren, kenne seit meiner Kindheit alle Räume und Gänge und habe sie nie verlassen. Du hast gesagt, ihr sucht jemand… Könnte es sein, dass dieser jemand blauschwarze Haare hat und einen Hut trägt?“
    Bodo hat sich neben mich hingestellt: „Hört sich sehr nach Siver an.“ „Würdest du uns helfen?“, wiederhole ich die Frage. Das Drifzepeli nickt. „Danke… In welche Richtung müssen wir gehen?“ Es dreht sich zu der Hälfte des Raumes, die hinter den spitzen Steinen liegt. Auch ich und mein bester Freund schauen in die Richtung. Erst jetzt fällt mir auf, dass dort ein weiterer Gang in das Innere der Ruinen führt.
    „Also müssten wir über die Steine drüber…“, flüstert Bodo. Ich betrachte die Zacken und schlucke. Da klettere ich garantiert nicht drüber. Der schon fast ganz verheilte Schnitt an meiner linken Hand fängt bei ihnen an, zu kribbeln, als wolle er sagen: „Wenn du die Zacken berührt, bekomme ich Gesellschaft.“
    Ich balle meine Hände zu Fäusten. „Aber wie…“, fange ich schon an, doch ich werde sofort unterbrochen, „Ich kann euch tragen“, bietet das Drifzepeli an, „Haltet euch an meinen Wedeln fest, ich bin stark genug, um euch beide mitsamt euren Pokémon zu tragen.“ Es uns zwei von seinen vier herabhängenden Wedeln entgegen. Erst schaue ich Bodo in die Augen, dann greife ich danach.
    Sany hüpft auf meinen Kopf. Dort kuschelt sie sich zwischen meinen Zöpfen zusammen. „Mach es dir nicht zu bequem“, mahne ich sie. Bamelin ist auf Bodos Schulter, der nun wieder einen Arm um meine Taille legt und mich ein wenig näher zu sich zieht. Die freie Hand hat er, wie ich, um den zweiten Wedel des Drifzepeli gelegt und hält sich daran fest. Zweifelnd schaue ich zu ihm auf, was, wie ich eine Sekunde später bemerke, ein kleiner Fehler ist. Ich versinke, mal wieder, in seinen Augen und lege ihm sogar einen Arm um den Nacken.
    Erst als wir abheben und mir ein Quietscher deswegen entfährt, kehre ich auch gedanklich wieder in die Gegenwart zurück und meine Beine verlassen den Boden. Das bewirkt zusätzlich, dass ich mich noch fester festhalte. Meine Augen kneife ich im ersten Moment zusammen. Dann blinzele ich vorsichtig durch ein Auge, erkenne jedoch nur eine dunkle Wand. Schließlich bemerke ich, dass mein Kopf auf Bodos Schulter liegt.
    Aus Sanys lautes Schnurren heraus höre ich ein fast unhörbares: „Aber du… Mach du es dir nicht zu bequem!“, was die Röte in meinem Gesicht nur noch dunkler werden lässt. Also schließe ich meine Augen seufzend, bis meine Füße wieder den Boden berühren.
    „Hat sich ganz schön seltsam angefühlt“, höre ich Bodos Stimme, als ich mich langsam von ihm löse, doch ich merke an seinem Ton, dass er nicht meinen Klammergriff meint. Wohl eher spricht er von dem kurzen Aufenthalt in der Luft. Unsere Blicke begegnen sich, Sany fängt erneut an zu schnurren, aber Bamelin grummelt etwas.
    Drifzepeli schwebt weiter, direkt in den Gang hinein, ohne abzuwarten. Wir folgen ihm schweigend. Schnell lassen wir das wenige Licht aus dem Raum hinter uns, das heißt, dass nur noch unsere Taschenlampen leuchten. Das einzige, was zu hören ist, sind Bodos und meine dumpfe Schritte auf dem erdigen Boden. Die muffige Luft wird und wird nicht besser.
    Nach mehreren langen Gängen und vielen Räumen bin ich mir sicher, dass die Ruine mehr als nur riesig ist. Doch Drifzepeli biegt immer entschlossen um Kurven an Kreuzungen und es scheint, als kennt es das Labyrinth, in dem wir uns befinden, mehr als in uns auswendig zu kennen. Ohne es würden wir hier sicher nicht mehr herausfinden.
    Schließlich kommen wir in einem Raum an, der von oben so hell erleuchtet wird wie noch keiner zuvor. Aber dafür ist die Luft hier auch am schlechtesten. „Puh“, sage ich laut und halte mir die Nase zu. Was ist das denn? Das riecht ja wie verfaulte Eier gemischt mit Gasen, die so mancher ausstößt, wenn man zu viele Bohnen gegessen hat, gemischt mit Knoblauch. „Boah“, macht Bodo, sein Gesicht vor Ekel verziehend.
    „Das ist ein Skuntank. Seine manchmal eingesetzten Verteidigungsattacken haben den Geruch hier hinterlassen. Das Skuntank selber riecht nicht übel. Es wohnt dort oben“, erklärt das Drifzepeli ruhig. Ich schaue nach oben. Durch das Loch fällt viel Licht und ich kann sogar erkennen, wo es herkommt. An der Decke, die sehr, sehr weit oben ist, sind noch mehr, wenn auch kleinere Löcher, durch die Sonnenlicht dringt.
    „Glaubst du, wir können es überreden, dass es mit uns mitkommt?“, frage ich unsicher. Ein Plan nimmt langsam in meinen Kopf Gestalt an, über den ich beinahe kichern muss. Die armen, armen Team Nachtschatten Schergen… „Natürlich. Soll ich es runterholen?“ Ich nicke entschlossen und aktiviere meinen FangKom. „Was…“, fängt Bodo an, aber ich flüstere nur: „Warts ab!“
    Drifzepeli steigt aufwärts, durch das Loch. Leise spricht es mit jemand, bevor es wieder hinabschwebt. Ein lilanes, verstrubeltes Pokémon mit weißen, kurzen, dafür sehr scharfen Krallen springt ihm hinterher. Mit seinen dunkelblauen, blitzenden Augen beäugt es mich zuerst misstrauisch, dann nickt es. „Ich komme mit“, sagt es frei heraus und begibt sich zu einer Ecke des Raumes. Dann verschwindet es, bevor ich etwas einwerfen kann, weil ich es ja nicht eingefangen habe. Auch Drifzepeli löst sich an der gleichen Stelle ganz offensichtlich in Luft auf.
    Verwundert schaue ich Bodo an, der das Verschwinden für selbstverständlich nimmt. Er greift nach meinem Handgelenk, als ich keine Anstalten mache, mich zu bewegen. Als wir davor stehen, sehe ich endlich, warum die zwei Pokémon so plötzlich weg waren. Sie sind nicht, wie ich angenommen habe, einfach vom Erdboden verschluckt worden. Ein weiteres Loch führt ein Stockwerk tiefer. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in meinem Magen aus, eine seltsame Vorahnung, die mir sagt, dass ich nicht runtergehen sollte.
    „Müssen wir da wirklich runter?“, frage ich zögerlich und widerstrebend. Bodo lacht: „Wenn du willst, kann ich vorgehen und dich auffangen. Es ist nicht sehr tief.“ Er hat mich falsch verstanden. Kein Wunder. Immerhin kann er nicht riechen, wie dieses Gefühl an mir nagt wie eine Maus an Käse. Trotzdem kann ich nichts erwidern, er ist schneller. Schon sitzt er auf dem Boden und rutscht hinab.
    Ein dumpfer Aufschlag ist zu hören, als seine Füße ankommen. Es ist wirklich nicht tief. Sany rutscht auf meine Schultern hinunter. Sie schnurrt amüsiert und mir ist schon klar, warum. Mit zitternden Knien setzte ich mich hin. Meine Beine lasse ich ein wenig baumeln. Bodo schaut zu mir hoch und ich bin mir sicher, dass ich, wenn ich runter will, direkt in seinen Armen landen werde. Mein Herz flattert bei den Gedanken daran und ich fühle, wie mir die Wangen brennen.
    Und dann rutsche ich. Kurz spüre ich den kühlen Wind, der während des Fallens entsteht, bevor Bodo mich auffängt. Sany schnurrt mir laut ins Ohr, während er mich absetzt. Das Blut rauscht mir in meinen Ohren und mein Herz hämmert mir derartig kräftig gegen den Brustkorb, dass ich Angst habe, mein bester Freund könnte es hören.
    „Wo müssen wir hin?“, frage ich und schaue mich um. In meinem Kopf schwirrt es. „Drifzepeli meint“, antwortet er ruhig, „Dass wir nach links müssen, von dir aus gesehen rechts.“ Ich traue mich nicht, ihm in die Augen zu blicken. Nicht, dass er in meinen etwas erkennt, dass er nicht erkennen sollte. Mit meiner Taschenlampe leuchte ich in die Richtung, in die wir gehen müssen.
    Das Drifzepeli schwebt in der Luft, gut zwei Meter von mir entfernt, Skuntank direkt unter ihm. In den Augen des Giftpokémon sehe ich ein Glimmen, dass ich schon in Sanys, Rhythmias, Professor Hastings und Lucys Augen gesehen habe, und in noch vielen mehr. Mir ist klar, was es denkt. „Bitte, sprich es nicht aus“, denke ich angestrengt, „Ich bitte dich. Sprich. Es. Nicht. Aus.“
    Doch dann dreht sich Drifzepeli um und fliegt voraus, und es folgt ihm schnell. Der Boden ist nun hart und unsere Schritte hallen durch den langen Gang, der gar nicht mehr zu enden scheint. „Kann es sein, dass da hinten Licht ist?“, fragt Bodo und ich schaue auf. Tatsächlich. Ganz leicht erkenne ich weiter vorne ein lilanes, unheimlich dunkles Licht.
    „Das sind die Dunkelstücke der Chroma Ruinen“, erklärt Drifzepeli, „Wie sie entstanden sind, ist ein großes, nie gelüftetes Mysterium, genau wie der Grund, warum die Ruine der einzige Ort ist, an dem es sie gibt. Die Steine auf euren Kreuzen sind eine der zwei verschiedenen Arten der Kristalle.“ Ich blicke auf den glitzernden Anhänger hinab. „Stimmt“, murmle ich.
    Erst mehrere Schritte später spüre ich, wie etwas in meinem Kopf ziept. In meinen Erinnerungen suche ich nach etwas, dass der Grund für die Kopfschmerzen ist, die, da bin ich mir sicher, noch stärker werden würden. Stärker, je näher wir zu den Dunkelstücken kommen würden. Die Art der Schmerzen lenken meine Gedanken zu den Momenten, an denen sie mich normalerweise heimsuchen. Die KonGiga und KonMini. Der Kristall in dem KonGiga. Das Leuchten meines Anhängers. Natürlich! Da vorne sind die Steine, die die Maschinen von Team Nachtschatten antreiben.
    „Jetzt werde ich dann wahrscheinlich nicht mehr erkennen, ob Team Nachtschatten Schergen in der Nähe sind.“ Mein bester Freund bleibt wegen meinen Worten kurz stehen, doch dann ist er auch schon wieder an meiner Seite. „Was meinst du damit?“ Auch Sany auf meiner Schulter versteift sich deswegen. „Da vorne sind die Dunkelstücke aus den KonGigas und KonMinis“, erkläre ich, kurz angebunden, und starre weiterhin gerade aus.
    Bald würde auch der Schwindel einsetzten, so viel ist sicher. Dasselbe muss mein bester Freund auch gerade gedacht haben. Sein rechter Arm liegt plötzlich um meiner Taille und er flüstert mir ins Ohr: „Am besten, ich sorge dafür, dass du in der Nähe von den verkafften Steinen und den verkafften Idioten nicht umfliegst.“ Aus den Augenwinkeln schaue ich zu ihm rüber, während sich die Schmetterlinge in meinem Magen erneut zu Wort melden.
    „Ver-verkafft?“, hake ich leise nach, unfähig, klar zu denken. Unterdrückt gluckst er, bevor er antwortet: „Ein Schimpfwort, dass sich Spencer, ein Ranger Chef aus Fiore, ausgedacht hat. Genauso wie ‚pnöök‘. Nachdem ich sie gehört habe, habe ich sie unbewusst öfter benutzt.“ Sany gluckst leicht.
    Das Licht wird immer heller, die Schmerzen stärker und der Schwindel kommt ebenfalls langsam, aber ungewöhnlich hart. Der Grund dafür muss die Anzahl der Steine sein. Wer weiß, wie viele es von denen hier noch gibt. Sanft lege ich noch einen Arm Bodos Schultern. Es wäre zwar nicht nötig gewesen, aber mir gefällt es und Sany fängt dadurch an, tief und beruhigend zu schnurren.
    Auf den Weg zu den Kristallen wächst auch mein Hass auf sie. Warum kriege ich von den Dingern nur so viel Kopfweh? Das einzig Positive momentan an ihnen ist der Schwindel, auch wenn ich das besser nicht laut vor Bodo zugebe. Sany würde sich wahrscheinlich dumm und dusselig lachen, wenn ich das machen würde.
    Doch als wir bei den Dunkelstücken sind, wird mein Hass gegen Bewunderung ausgetauscht. Das schimmernd der dunkellila und helllila Steinen löst eine Gänsehaut bei mir aus, so schön ist es. Es ist so hell, dass wir unsere Taschenlampen nicht mehr benötigen. Aber nicht nur von den Steinen an den Wänden und an der Decke kommt Licht. Auch unsere Kreuzanhänger, um genau zu sein, die weißen und schwarzen Steine darauf, scheinen mit einem Mal auf.
    „Was zum…“, ruft Bodo überrascht, aber die Szene habe ich schon mal erlebt, zusammen mit Professor Hastings im Eingangsraum der Brisenauer Basis. „Die zwei verschiedenen Dunkelstücke reagieren, wenn sie zu nahe sind“, erkläre ich ihm leise, während ich spüre, wie Schmerz und Schwindel von mir weichen, „Und das ist nicht das einzige: Mir geht es wieder klasse!“
    Sany schnurrt daraufhin glücklich. Das Skuntank, dessen Fell im Schein der Schein der Steine schimmert, schaut sich nur kurz um, dann geht es weiter. Das Drifzepeli hält gar nicht an. Der Tunnel ist noch viel länger, das Ende ist nicht zu erkennen. „Wie weit noch?“, frage ich, als der Gang irgendwann um eine Biegung geht. Die Anhänger leuchten anhaltend, fast so, als wollen sie gar nicht mehr damit aufhören. Sie sind schon ganz warm deswegen.
    „Wir sind gleich da, ein bisschen Geduld“, antwortet das Skuntank ruhig und gelassen, „Da, schaut!“ Wir sind um die Kurve herum und jetzt verstehe ich, was es meint. Die eine Tunnelwand läuft auf die Mitte zu und teils sich von der Decke, die immer höher steigt. Die andere Wand läuft zu einem großen, natürlich geformten Raum aus, bleibt jedoch weiterhin verziert mit den vielen Steinen. Doch das ist es nicht, was ich gerade beachte.
    Vor der Wand, die auf die Mitte zuläuft, steht ein Mann mit schwarzen Haaren und einem roten Hut, der in dem Schein der Kristalle unheimlich aussieht, wie Blut. Das ist Siver, zweifellos. Auch er hat einen PräzisionsfangKom an seinem rechten Unterarm und das löwenhafte, große Luxtra ist natürlich sein Partner Pokémon. Ich habe beide in eine von Rhythmias vielen Klatschzeitungen gesehen. Die Augen des Luxtras glänzen golden von sich aus.
    „Bist du…“, fängt Bodo an, doch der andere Top Ranger unterbricht ihn: „Pst, seid leise. Ich erkläre euch alles später. Ja, ich bin Siver, richtig geraten. So weit, so gut. Lasst uns keine Zeit verlieren, denn ich brauche eure Hilfe. Hört ihr die Stimmen?“ Einen Moment lang sagt er nichts mehr. Stattdessen können ich und mein bester Freund die Ohren spitzen.
    Tatsächlich, irgendwer spricht laut und schnarrend, dann lachen mehrere und ein Stimmengewirr hebt an. Dadurch kann man nicht verstehen, was die einzelnen Personen reden. „Kommt her“, fordert Siver zischelnd und winkt uns zu sich, „Dann versteht ihr mehr und ihr könnt sie sehen.“ Zu dritt schauen wir um die Ecke und ich erstarre.
    So viele Team Nachtschatten Schergen habe ich garantiert noch nie auf einen Haufen gesehen. Ihre teilweise gereizten Stimmen kann ich nun besser hören und auseinander halten. Nacheinander konzentriere ich mich auf ein Gespräch nach dem anderen. „Sie haben uns gesagt, dass wir so viele Dunkelstücke wie möglich ausgraben sollen, aber so langsam gibt es keine mehr von denen. Nur die helleren. Durch die kann man leider direkt durchsehen.“ „Ja, das ist mir auch schon aufgefallen, aber ich glaube, die sind trotzdem noch zu gebrauchen. Für ein paar mehr Kröten kann man die als Schmuck verkaufen. Ansonsten… Nun ja, von unseren mickrigen Gehalt kann ich nicht leben.“
    „Schau aber zu, dass der Boss davon nichts zu hören kriegt…“ Siver unterbricht leise knurrend unsere Lauscherei: „Habt ihr das gehört? Die Nachtschatten Schurken sammeln seltene Steine für ihr Taschengeld. Dunkelstücke, haben sie gesagt, richtig? Das müssen die Schwarzsteine sein, die in den KonGigamaschinen sind. Kling aber so, als könnten sie nur die dunkleren, undurchsichtigen Steine nehmen. Also, was machen wir? Vorschläge, wie wir die miese Bande aus den Ruinen jagen können?“
    Bevor Bodo und ich etwas sagen können, gibt das Skuntank ein Hüsteln von sich und meint: „Wenn sich jemand meinen und Drifzepelis Plan anhören würde?“ „Ja, gut, erklärt es mir“, erwidere ich, Bodo und Siver sind beide still, obwohl sie nichts verstehen. „Skuntanks Gestank könnte sie vertreiben“, schlägt Drifzepeli vor, „Sie werden ihm nicht lange standhalten können und fliehen.“ Bei dem Gedanken muss ich unwillkürlich grinsen. Denselben Gedanken hatte ich schon vorhin. Das wird lustig, wenn auch etwas stinkig.
    „Das finde ich gut“, kichere ich und gebe den Plan an die anderen zwei weiter. Wobei, Siver muss ich natürlich noch erklären, dass ich die Pokémon Sprache verstehen kann. Es erstaunt ihn schon etwas, aber er nimmt es dann einfach so hin. „Das würde den Schergen schon irgendwie recht geschehen, oder?“, grinst Bodo und ich erinnere mich daran, wie er sie zuvor mit dem ausgedachten Ausdruck „verkafft“ beschimpft hat.
    Sein Arm liegt immer noch um meiner Taille, das fällt mir aber erst wieder ein, als er seinen Griff ein wenig verstärkt. „Gut“, Siver nickt, kühl, aber er kann nicht ganz verbergen, dass ihn die Idee ebenfalls amüsiert, „Das Skuntank sollte alleine in die Mitte des Raumes laufen, auf euren Befehl hin schließlich die Attacke ausführen und somit die Schergen verscheuchen, ohne dass wir von ihnen gestört werden.“
    Ich nicke dem Skuntank zu, das freudig mit dem Hinterteil wackelt und total niedlich in die Mitte des Raumes rollt. Das entgeht den Schergen natürlich nicht. Sie drehen sich allesamt den Pokémon zu, das spielerisch auf dem Boden kugelt. Aber natürlich verstehen sie nicht, warum. Vorsichtshalber halte ich mir die Nase zu. Bodo neben mir gluckst immer noch in sich hinein, aber Bamelin wartet angespannt auf den Angriff.
    Schließlich, als es wieder auf den Pfoten steht, ruft das Skuntank eine Warnung: „Achtung, die Stinkebombe kommt!“ Mein bester Freund kann sie nicht verstehen, also halte ich ihm die Nase zu, damit er den Geruch nicht riechen muss. Das Gas ist nicht unsichtbar und es verbreitet sich rasend schnell in dem Raum, dringt sogar ein wenig zu uns in den Tunnel. Die Team Nachtschatten Anhänger kreischen und schreien sich die Seele aus dem Leib, während sie wild durcheinander umherlaufen. Einer nach dem anderen schaltet schließlich sein Gehirn an und rennt an uns vorbei, durch den Gang und verschwindet um die Kurve. Wir warten solange, bis selbst der letzte die Flucht ergriffen hat.
    „Drifzepeli? Könntest du bitte den Geruch mit einer Luftattacke beseitigen?“, bitte ich das Flugpokémon, das die ganze Zeit still auf und ab geschwebt ist. Anscheinend hat es keinen Geruchssinn. Es nickt. Mit einer geschickten Drehung in der Luft schickt es mehrere Windhosen los, die den Gestank aufnehmen und hinfort tragen. Stolz, dass es seine Arbeit so toll erledigt hat, kommt das Skuntank zurück.
    „Die fanden das ja wirklich absolut ekelerregend!“, freut es sich und hüpft glücklich von einer Vorderpfote auf die andere. „Ja, das hast du echt klasse gemacht“, lobe ich es munter, dann wende ich mich wieder meinem besten Freund und Siver zu, „Wir können jetzt weitergehen, oder nicht?“ Sany springt froh voraus in den Raum, wir folgen ihr. Doch Drifzepeli bleibt an Ort und Stelle, also bleibe ich wieder stehen und frage: „Kommst du mit, oder bleibst du hier?“ „Ab sofort gibt es keine Verzweigungen mehr, von dem her dürftet ihr euch nicht mehr verlaufen können. Skuntank und ich, wir werden zurückgehen. Notfalls können wir diese seltsamen Kerle noch aufhalten.“
    „Okay. Danke für eure Hilfe!“ Dann wende ich mich wieder dem Weg zu, den wir jetzt gehen werden. Zuerst suche ich verzweifelt nach dem nächsten Tunnel. „Da!“, unterbricht mich schließlich Bodo. Er zieht mich sanft mit sich und mein Herz flattert noch stärker als zuvor. Ein weiteres Loch im Boden. „Müssen wir da wieder runter?“, quietsche ich, ein wenig nervös. Dieses Mal hat die Aufregung allerdings nichts mit einem nagenden Gefühl zu tun, sondern damit, dass ich weiß, was wahrscheinlich wieder gleich passieren wird.
    Zur Antwort springt Siver mutig einfach runter, sein Luxtra mit einem Satz hinterher. „Soll ich dich wieder auffangen?“, schlägt Bodo vor, während er in die Knie geht. Und meine Befürchtungen bestätigt… Wobei Befürchtung natürlich das falsche Wort ist. Trotzdem nicke ich und schaue runter. Es ist nicht viel tiefer als das letzte. Plumps, schon ist auch Bodo unten und ich stehe mit Sany alleine da.
    Genau wie vorhin lasse ich mich zuerst auf den Rand hin, dann lasse ich mich ebenfalls hinabgleiten. Mein bester Freund fängt mich wieder auf, was die Schmetterlinge in meinem Bauch in Aufregung versetzt. Zum Glück ist es hier unten dunkler, sodass keiner der zwei Ranger meine tiefroten Wangen sehen kann. Es gibt weniger Kristalle und somit weniger Licht. Es ist vollkommen ist. Nur Sanys vergnügtes Schnurren ist zu hören.
    Seltsam laut und wohlig halt es durch den breiten, wenn auch nicht sonderlich hohen Tunnel. Bei dem Weg durch den Gang lässt mein bester Freund einen Arm noch um meine Taille und obwohl es mich nicht stört, im Gegenteil, fühlt es sich seltsam an. Seltsam vertraut… Kein einziges Mal halten wir an, bis…
    Ein unheimliches Zischen kommt aus der Richtung, in die wir gehen und sofort streckt Siver einen Arm aus, um uns anzuhalten. „Was.. Was war das?“, frage ich zögerlich und mein Partner Pokémon wechselt von ihrem gemütlichen Schnurren zu einem gefährlichen Knurren. Sie legt ihren weichen, buschigen Schweif um meinen Hals, als wolle sie mich beschützen. Auch Bamelin und Luxtra werden aufmerksam und machen sich bereit, um einen Angriff abzuwehren.
    „Wahrscheinlich ein Pokémon, aber ich bin mir sicher“, ertönt eine helle, liebliche Stimme, „Dass es stärker ist als die üblichen. So eine Art Wächter Pokémon. Eines, das bestimmte Pokémon, Gegenstände oder andere Geheimnisse bewacht und vor Eindringlingen beschützt. Das Zischen muss eine Art Warnung sein. Spürt ihr das Knistern in der Luft? … Ja, eindeutig ein Wächter Pokémon.“
    Die Stimme kommt von dem Luxtra, das jetzt prüfend die Nase hebt. „Wenn du meinst, dann sollten wir uns vorsichtiger darauf zubewegen, ansonsten werden wir schneller angegriffen als wir ‚Geheimnis‘ sagen können“, erwidere ich und erkläre hastig, da Bodo und Siver nichts verstanden haben, „Luxtra meinte, dass das ein Wächterpokémon war.“ Der Griff von meinem besten Freund spannt sich nervös an, doch Sany zeigt sich kampfbereit. Mit ihren scharfen Ohren erkennt sie um einiges deutlicher die Geräusche um uns herum und ihre Augen erkennen mehr als wir, abgesehen von denen von Luxtra natürlich.
    „Gut“, knurrt Siver angriffslustig, „Dann lasst uns weitergehen. Je eher wir das hinter uns bringen, desto besser.“ Also folgen wir dem dunklen Tunnel, der immer spärlicher von den hübschen Steinen beleuchtet wird. Wenigstens erleuchten unsere Anhänger ein wenig besser den Weg. Das Licht hat etwas nachgelassen, aber das ist auch alles. Es dauert noch eine Weile, bis das immer lauter werdende Zischen weniger als fünf Meter von einem Stein ausgestoßen wird.
    Nur dadurch fällt mir das Steinchen auf dem Boden überhaupt auf. Er kommt mir seltsam bekannt vor. Irgendetwas sagt mir, dass dieser Stein, oder was auch immer das ist, etwas mit dem Wächter Pokémon zu tun hat. Ohne darüber nachzudenken, bleibe ich wie angewurzelt stehen und betrachte ihn genauer. Bodo hat ihn erst gar nicht bemerkt, deshalb schaut er mich verwundert an. Sany jedoch fährt ihre Krallen aus, nachdem sie von meiner Schulter gesprungen ist.
    Bei dem nächsten Zischen zucke ich derartig zusammen, dass ich ein bisschen in die Luft springe. Es kommt tatsächlich aus der Richtung des Steines. Und dann, ohne irgendeine Vorwarnung, erscheint ein geisterhaftes, lilanes Pokémon, das sofort mit mehreren Spukbällen angreift. Ich ducke mich reflexartig und ziehe meinen besten Freund somit runter. In der Hocke aktiviere ich meinen FangKom.
    „Sany, Aquawelle!“, befehle ich meinem Partner Pokémon, als ich meine Fangscheibe losgeschickt habe und anfange, Kreise zu ziehen. Die wasserblaue, glühende Kugel verschmilzt mit der Fanglinie und färbt diese um. Eine zweite Fangscheibe, gelenkt von dem FangKom meines besten Freundes, umkreist jetzt auch noch das Kryppuk. Es ist, ohne Zweifel, ein unnormal starkes Pokémon, das wegen einem bestimmten Grund hier lebt. Ganz eindeutig ein Wächter Pokémon. Es kreischt und startet erneut einen Angriff, dieses Mal mehrere Finsterauren.
    Noch einmal hocke ich mich hin, um der Attacke auszuweichen, dann muss ich wegspringen, weil die nächste Aura ganz nahe am Boden vorbeischweift. Das Kryppuk kreischt, nun ohrenbetäubend und setzt eine neue Attacke ein: Erdbeben! Verzweifelt versuche ich mich auf meinen Füßen zu halten, wobei meine beiden Arme unbeabsichtigt kreisen und somit kann ich meinen Fangversuch fortsetzen, ohne ihn zu unterbrechen. Steine lösen sich aus der Decke, und aus der Wand fallen die meisten Schattenkristalle.
    Sany setzt Schutzschild ein, damit Bodo, Bamelin und ich nicht von ihnen erschlagen werden, während Luxtra jeden einzelnen Brocken mit ihren scharfen Klauen zerschlägt. Als das Beben nach einiger Zeit aufhört, falle ich tatsächlich noch hin. Das Pokémon muss erkannt haben, dass es nicht viel mit der Attacke ausrichten kann, gibt es die Attacke schließlich wieder auf. Mich überrascht das so sehr, dass ich rücklings umfliege.
    Zuerst spüre ich nichts und führe stattdessen den Fangversuch fort. Dann merke ich einen leichten Schmerz in meiner linken Handfläche. Eine scharfe Linie, doch ich ignoriere sie einfach. Das ist jetzt nicht weiter wichtig, das Kryppuk steht jetzt an erster Stelle meiner „To-do-Liste“. Schließlich…
    „Fangversuch abgeschlossen“, jubilieren Bodo und ich gleichzeitig. Mein bester Freund reicht mir die Hand und hilft mir auf, das Kryppuk zieht sich beruhigt wieder in seinen Stein zurück. Ein paar Sekunden schaue ich es an, dann spüre ich, wie Bodo meine Hand loslässt. „Kathrin?“, sagt er mit einem, mir schon bekannten Unterton, „Du blutest schon wieder.“ Erst schaue ich in seine Schokoladenaugen, dann, als ich merke, wie meine verletzte Hand nimmt, blicke ich zu ihr hinab. Der feine Strich, eine der zwei Wunden, die ich von meiner Mission auf dem Team Nachtschatten Frachter behalten habe, ist wieder aufgesprungen und Blutstropfen sind entstanden.
    „Ach, das ist doch nichts“, erwidere ich leise, kann aber nicht wegschauen. Naja, eigentlich betrachte ich gar nicht die Verletzung, vielmehr auf seine Hand, wie sie meine hält. Die Handfläche kribbelt, wenn auch nicht unangenehm, fast so, als würde die blutende Wunde schlafen, während das Blut verkrustet.
    „Hey, ihr zwei Turteltäubchen“, ruft Siver uns zu, „Könntet ihr für ein paar Sekunden mit dem Turteln aufhören und die Mission beenden? Ich möchte wetten, dass es nicht mehr sehr weit ist.“ Oh, Gott, da kann man es schon wieder hören. Eine weitere Person, ein weiterer Arbeitskollege hält uns für ein Pärchen. „Wir sind nicht zusammen“, erwidern Bodo und ich gleichzeitig, laut und viel zu schnell. Siver zuckt ungläubig mit den Schultern und geht einfach weiter.
    Sany läuft neben Luxtra her, was leicht seltsam aussieht. Mein Partner Pokémon sieht neben dem löwenartigen Pokémon so zierlich aus. Ohne ein weiteres Wort auszutauschen, folgen mein bester Freund und ich dem älteren, sorglos pfeifenden Top Ranger, ich mit einem knallroten Gesicht, das ich zu Boden gerichtet habe. Besser wäre es, wenn mich niemand so sieht. Stattdessen denke ich über das Kribbeln auf meiner Handfläche nach, das jetzt wieder verschwunden ist.
    Vorsichtig beäuge ich Bodo von der Seite, unauffällig. Er beobachtet mit einem nicht deutbaren Gesichtsausdruck sein Bamelin, das ihm bei Fuß folgt. Aus diesem Gesichtsausdruck kann ich nichts herauslesen. Auf der Unterlippe kauend starre ich wieder stur geradeaus. Ich würde gerne wissen, wie er darüber denkt.
    Verwundert blinzle ich. Nicht weit vor uns weitet sich der Tunnel ein weiteres Mal zu einem weiten, von Kristallen hell erleuchteten Raum. Doch etwas ist anders. Eine reich verzierte Treppe führt zu einem riesigen Loch. Dort muss einst etwas Großes gewesen sein, aber irgendetwas oder irgendwer muss dieses etwas mit viel Gewalt herausgerissen haben. Alles, was zurückgeblieben ist, ist dieses klaffende Loch. Siver scheint genau zu wissen, was das ausgefüllt haben muss.
    Auf jeden Fall keucht er fassungslos: „Nein! Wir sind zu spät! Jetzt habe ich das Ding endlich gefunden… Ach nein, da wo es war und dann ist es auch schon weg. Sieht so aus, als hätten sie es einfach weggeschleppt. Der Größe des Loches nach zu urteilen muss es echt riesig gewesen sein. Ein zu großes Dunkelstück, der Schattenkristall!“, er rauft sich die Haare, „Ich vermute, dass er größer ist als die Stücke, nach denen diese Dumpfbacken gesucht haben. Schlimmer noch, ich denke, dass eine Farbe tiefschwarz ist, ohne auch nur einen Funken Licht und es wird möglich sein, dass er nicht zu durchblicken ist…“
    Bei den Gedanken daran, was ein Monster von Dunkelstück, ein Schattenkristall, ausrichten könnte, läuft es mir kalt den Rücken runter. Wie schlimm die Schmerzen wären... Urks… „Dann… Was das Kryppuk das Wächterpokémon des Schattenkristalles?“, fragt Bodo leise und angespannt, aber Siver schüttelt den Kopf. „Nein“, zischt er, „Das war sicher nicht Kryppuk. Ich würde sagen, ein Darkrai hat ihn beschützt. Ein legendäres Pokémon, das in der Dunkelheit lebt und sie dem Licht vorzieht. Obwohl, das ist irgendwie auch sinnlos. Darkrai sind ziemlich stark. Warum hätte es den Schattenkristall nicht mehr schützen können? Wie und warum hätte es das zulassen können?!“
    Ich kann nicht anders, ich muss meine Ängste einfach aussprechen. „W-was werden sie, a-also Team Nachtschatten mit dem Schattenkristall machen? W-wofür werden sie ihn benutzen?“ „Hast du eine Vorstellung“, sagt Siver, „Nur eine Ahnung, was die Größe dieses Loches bedeutet? Was glaubst du, wie viele KonGigas und KonMinis sie damit betreiben könnten.“ „Ja“, unterbreche ich ihn, „Allein bei den Gedanken daran wird mir schlecht!“
    Der Top Ranger weiß natürlich nicht ganz, was ich damit meine, dass ich die Schmerzen und den Schwindel auch mit einschließe. Doch mein bester Freund erkennt sofort, was ich damit meine. „Das müssen wir unbedingt aufhalten, was auch immer sie vorhaben!“, knurrt er. „Dann lasst uns weitergehen. Ansonsten können wir nichts ausrichten“, schlägt Siver uns vor.
    Wir nicken zustimmend und folgen dem Weg, der nach dem Loch durch die Ruine weiterführt. Irgendwann erkenne ich etwas Licht weiter vorne im Tunnel, das von Meter zu Meter immer heller wird. Ob wir dort die Ruine verlassen können? Muss wohl der Ausgang sein, von dem Drifzepeli gesprochen hat. Auch die Luft wird immer frischer, wärmer und für meine Nase ist das viel angenehmer.
    Tatsächlich. Eine stählerne, im Licht glänzende Leiter führt senkrecht in die Höhe, durch ein weiteres Loch, das groß genug ist, um herauszukommen. Tief atme ich ein. Nach Siver, der sich schnell hochgeangelt hat, folge ich diesem. Bodo ist der letzte, der den steinigen, leicht mit Gras bewachsenen Boden betritt.



    gvlg, eure Soso-chan

  • Soo, nach 10 Tagen ein neues Kapitel <33
    Gehört zu meinen Lieblingskapiteln, da geht es ein bisschen ruhiger zu...
    Viel Spaß beim Lesen <33


    Kapitel 29 – Das Tagebuch des Strahlemanns
    Als erstes erkenne ich das Chroma Hochland vor meiner Nase, allerdings aus einem anderen Winkel, ungefähr am anderen Ende. Nachdem ich mich umdrehe, sehe ich die felsige Wand. Und noch etwas. Eine Hütte aus Holz und Steinen, schon ziemlich heruntergekommen. Sie ist eindeutig alt, wie alt, kann ich nicht sagen. „Was ist das denn für ein Haus?“, fragt Siver halblaut und stakst darauf zu. Bodo und ich schauen uns kurz an, dann folgen wir ihm.
    Mein Blick fällt auf ein Schild vor dem Haus, und ich versuche, das zu entziffern, was dort steht. „Alru Ö?“, sage ich laut, als ich die Buchstaben entziffert habe, „Altru Öl? Ist das gemeint?“ Soweit ich weiß, ist Altru so groß geworden, weil sie hier im Chroma Hochland Öl gewonnen haben. Konnte es sein, dass das hier passiert ist? Dass das der Anfang der jetzt so riesigen Firma Altru ist?
    „Glaubst du, wir können reingehen?“, murmelt mir mein bester Freund zu, aber Siver hat die Türe schon aufgerissen und betritt die alte Hütte. Zwar bin ich mir nicht ganz sicher, ob es ganz sicher ist, reinzugehen, doch der Top Ranger ruft schon: „Kommt ihr, oder was?“ „Damit dürfte deine Frage beantwortet sein“, lache ich und zu zweit folgen wir ihm.
    Der Raum, in dem wir sofort landen, ist länglich, aber nicht sehr breit. Ein langer Holztisch nimmt die Hälfte des Raumes ein, er steht in der Mitte und auf ihm liegen viele Stapel leerer Ordner. In den Regalen am Rand, in den Schränken, die teilweise aufgerissen sind, liegen noch mehr, verstreut, offen und geschlossen. Leere Blätter oder welche, auf denen kompliziert aussehende Formeln geschrieben sind, liegen ebenfalls verstreut auf dem Boden. Siver reißt die geschlossenen Schränke auf und schaut sich ganz genau um, Bodo schließt sich ihm an.
    Leise gehe ich in den Nebenraum durch einen Türrahmen. Er ist genauso lang wie der erste, aber nicht so breit. Ein wenig sieht es so aus wie im ersten Zimmer, nur das hier kein Holztisch in der Mitte steht. Ein kleiner von der Sorte befindet sich ganz am Ende, direkt an der Wand, auf dem ein einzelnes, aufgeschlagenes Buch liegt. Da mich Bücher insgesamt sehr interessieren, laufe ich darauf zu, dann schaue ich es mir genau an, nachdem ich mich nochmal umgedreht habe.
    Die Tür am wiederrum anderen Ende interessiert mich überhaupt nicht. Langsam versuche ich, das zu lesen, was es bei den verkokelten Seiten noch zu lesen gibt. „Die Ölreserven verschwinden, das Ende ist klar… äh, in Sicht“, murmele ich leise, „Wir brauchen neue Ölfelder, aber es ist einfach kein Geld mehr zu Verfügung. Montag. Noch einer unserer Kollegen hat das Handtuch geworfen und ist gegangen. P.. äh, was? … versucht mich aufzuheitern, aber dadurch fühle ich mich noch schlechter. Mittwoch. Ölreserven Fund ist runter auf die Hälfte dieses Jahres. Habe Angst vor der Zukunft Almias. Heute wurden mehrere, mysteriösen schwarze Steine ausgegraben und geborgen. Sie leuchten in einem dunklen, verführerischen Glanz. Etwas in meinen Herzen rührt sich als Antwort auf diese faszinierende Dunkelheit. Sonntag. Der Schattenkristall ist die Antwort auf unsere Energieprobleme. Seine Kraft ist die Energie, die uns für immer und ewig versorgen kann. Wir… I? hint?“ "
    „Hast du etwas Interessantes gefunden?" Von hinten legen sich zwei Arme um meine Taille und Bodos Stimme dringt von rechts an mein Ohr. Vor Überraschung quietsche ich leise auf, das Buch werfe ich aus Versehen nach hinten. Es landet mit einem dumpfen Knall auf dem blätterübersäten Boden.
    „Musst du dich so anschleichen?“, frage ich entrüstet und amüsiert zugleich, aber so leise, dass es außer ihm keiner hören kann. „Ist etwas passiert?“, höre ich Siver aus dem Nebenraum rufen, dann kommt irgendwoher das Geräusch einer spülenden Toilette. „Was zum…“, sagt mein bester Freund und das Gewicht von seinem Kopf auf meiner rechten Schulter verschwindet, als er sich umblickt. Eine Türe geht anscheinend auf und jemand sagt laut: „Oh, Besucher?“
    Die Stimme kommt mich leicht bekannt vor, aber wer von den Personen, die ich halbwegs kenne, würde in so einem… Haus wohnen? „Wer ist das denn… Ein Team Nachtschatten Scherge?“, tönt Sivers Stimme. Zusammen mit Bodo, der meine Taille nicht loslässt, drehe ich mich um. Die Haare des Jungen sind türkis und zu einer spitzen Igelfrisur hochgegelt und er trägt tatsächlich eine schwarz-purpurne Nachtschattenuniform.
    „Michel?“, ruft Bodo und sofort weiß ich wieder, warum mit die Stimme bekannt vorgekommen ist. Michel war, genau wie Bodo und ich, bei der Ranger Schule Schüler gewesen, aber er war in einer anderen Klasse. Und der ist jetzt bei Team Nachtschatten?! Kaum zu glauben. „Wir sind’s! Kathrin und Bodo, erinnerst du dich nicht?“, fragt Bodo, als Michel verdutzt dreinschaut und nichts sagt.
    Dann blinzelt er verwundert, zeigt auf uns und erwidert: „Wie bitte? Ihr macht… Ihr macht Witze, oder? Seit wann seid ihr zusammen? Und seit wann seid ihr Top Ranger?“ Beinahe hätte ich laut aufgestöhnt. Noch einer Irgendwann fange ich noch an, eine Strichliste zu führen von all den Leuten, die SO von uns denken. „Wir sind kein Paar“, sage ich schnell und mein bester Freund meint: „Und seit wann bist du ein Team Nachtschatten Scherge?“
    Erst ist Michel wieder perplex, dann scheint ihm ein Licht aufzugehen. Er zupft an dem Oberteil, während er spricht: „Ach, die Klamotten… Ja, klar, das ist eine Uniform von denen, aber am ersten Tag habe ich festgestellt, dass ich dere ihre Politik nicht in Ordnung finde. Also habe ich gekündigt. Die Typen sind echt ein schlechter Witz. Nennen sich Team Nachtschatten, outen sich anschließend aber mit dem Spruch ‚Eine strahlende Zukunft für Almia‘. Das ist doch sinnlos. Es passt einfach nicht. Vor ein paar Tagen waren die übrigens noch hier. Haben so einen Riesenbatzen von was weiß ich was, vielleicht Kohle oder so, ausgegraben. Keine Ahnung, war wohl ein richtiger Aufwand. Ganz schön viele Pokémon helfen denen, und die haben so gut wie alle gebraucht. Ich habe ihnen von hier zugeschaut, als sie ihn da rausgeschafft haben.“
    Siver runzelt die Stirn. „Klingt so, als hättest du die Kurve gekriegt. Aber was ist aus dem Brocken geworden? Was haben die Kerle damit gemacht?“ „Ein Hubschrauber hat den wegtransportiert, unter der Aufsicht von einiger der ranghöheren Kerle…“
    „Sorry, dass wir dich gestört haben Michel. Vielen Dank für die Infos!“ Er winkt ab „Ach, was. Ich hoffe doch, das Top Ranger sein macht euch Spaß“, er grinst. Sein Blick fällt auf das am Boden liegende Tagebuch. „Das könnt ihr auch mitnehmen. Steht viel über Altru drinnen, so viel wie ich entziffern konnte…“ Siver hebt es auf und sagt: „Warum liegt das überhaupt auf dem Boden?“ „Weil Bodo mit erschreckt hat“, erwidere ich sofort und tippe meinen besten Freund an die Stirn. Der lacht.
    „Na gut“, meint der Top Ranger, „Lasst uns zurück zur Ranger Vereinigung gehen. Ich gehe vor, aber ihr zwei“, Siver beäugt uns grinsend, meinen besten Freund und mich, „Kommt so schnell wie möglich nach. Die Professoren müssen sich das Buch anschauen, um herauszufinden, ob es wichtige Informationen enthält, die der Vereinigung helfen. Also beeilt euch. Nicht zu viel turteln!“ Sany, die neben meinen Füßen steht, schnurrt, als Siver das Häuschen verlässt. „Wir turteln nicht“, brumme ich, und Bodo fügt hinzu, „Na, schön. Gehen wir am besten auch los. Wäre schlecht, wenn ich schon wieder zu spät komme. Am Ende wird das noch mein neues Markenzeichen, darauf habe ich keinen Bock. Tschau, Michel, wir sehen uns dann…“
    Er hebt eine Hand zum Abschied, als Bodo und ich erst das Zimmer und schließlich die alte, baufällige Hütte erlassen. „Michel, der Gute“, lacht er, als wir uns weit genug von ihr entfernt haben, „Wenigstens hat er doch noch kapiert, dass Team Nachtschatten doof ist.“ „Er war doch immer bei Albert… Ach ja, den habe ich doch an dem Tag getroffen, an dem ich auch die Tohaido fangen musste. Da habe ich mit dir telefoniert, weißt du noch?“ Von der Seite her betrachte ich sein Profil, das sich versteinert. „Als ob ich den Tag so schnell vergessen würde…“, murmelt er.
    Sany springt erneut auf meine Schulter. „He, ich glaube, heute Abend wirst du“, sie stupst ihre rechte Pfote gegen meine rechte Wange, „Werden wir uns noch lange unterhalten. Tut mir echt leid, aber das muss sein, auch wenn es für dich wahrscheinlich nicht so angenehm sein wird.“ „Was soll das denn heißen?“, fragt Bodo, beugt seinen Kopf vor und er schaut mein Partner Pokémon an. „Sie redet nur Quark, das macht sie gerne, auch wenn es mir nicht gefällt und sie das genau weiß. Das hat sie damit gemeint…“, erkläre ich, obwohl ich genau weiß, dass es nicht stimmt.
    Währenddessen wage ich es nicht, meinen besten Freund anzuschauen. Mein Bauchgefühl sagt mir, es ist unmöglich, ihn anzulügen und gleichzeitig von seinen Schokoaugen in den Bann gezogen und total durcheinander gebracht zu werden. Stattdessen starre ich auf den Boden. Es dauert nicht allzu lange, dann erreichen wir auch schon das Ranger HQ. Ganz unten im Eingangsraum treffen wir auf niemanden, aber uns ist klar, dass wir in die Einsatzzentrale müssen.
    Dort sind die ganzen Techniker, aber die sind allesamt in ihre Arbeit vertieft. Sie nehmen Aufträge an, um diese an die ganzen Ranger weiterzuleiten. Nur Vorsitzende Gerda und Professor Hastings warten tatsächlich auf uns. „Willkommen zurück, junge Ranger. Sivers Bitte um ein oder zwei Ranger zur Verstärkung, nun, das war ein absichtlich eingefädelter Test, um eure Fähigkeiten zu überprüfen. Siver hat soeben seinen Bericht abgegeben. Er bewertet eure Leistungen als tadellos und seiner Meinung nach hätten wir keine besseren Top Ranger ernennen können“, begrüßt und Gerda lächelnd und Professor Hastings fährt fort:
    „Exzellente Arbeit, ihr seid ein grandioses Pa… Duo!“ Moment mal…. Wollte der Professor gerade echt Paar sagen?! Er räuspert sich und spricht weiter: „Außerdem gibt es neben dem Bericht noch weitere, äußerst wichtige Informationen. Zum einen natürlich dieses versengte, alte Tagebuch, das uns sicherlich noch einige Hinweise preisgeben wird, wenn wir mit der Analyse fertig sind. Wahrscheinlich enthält es viele Infos über den Schattenkristall. Doch, das ist sicher, wir werden viel Zeit hineinstecken müssen. Wenn ihr eine technische Erklärung für all das wollt, was unsere Wissenschaftler machen… Mikroskopische Vermessungen, optische Analysen, Röntgenbestrahlung auf molekularer Ebene… Naja, wie auch immer. Wie wir erfahren haben, kannst du, Kathrin, die Pokémon verstehen und dich dadurch sehr gut mit ihnen verständigen.“
    „Ja… Das stimmt“, sage ich leise. Der Professor nickt. „Ach ja, bevor ihr schlafen geht. Ihr seid hiermit in den Ranger Rang 5 befördert!“ Was? Ist es etwa schon so spät? Ich drehe meinen Kopf, um aus den Fenstern neben mir zu blicken. Ich sehe nur noch das gespiegelte orange, gelb und rot auf dem Meer am anderen Ende von Almia. Auf dem Weg hierher ist mir das überhaupt nicht aufgefallen. „Gut, dann gehen wir mal auf unser Zimmer“, antwortet Bodo. Ich fasse mich und folge ihm ein Stockwerk tiefer.
    In unserem Zimmer schalten wir als erstes das Licht ein. „Ich ziehe mich gleich um“, rufe ich, drehe eine Pirouette und verschwinde zusammen mit Sany in meinem Bad. „Das war doch ein toller Tag mit klasse Überraschungen…“, schnurrt Sany und springt auf den Waschbeckenrand, „Ihr zwei wart heute wirklich mehr als süß. Wenn das ab sofort jeden Tag so ist, dann seid ihr bestimmt schnell zusammen.“ Ihre Stimme ist so leise, dass sie Bamelin garantiert nicht hören kann. Kurz werfe ich ihr einen scharfen Blick zu, den sie mit einem amüsierten Schnurren erwidert.
    In einem knielangem, langärmligen Nachthemd in himmelblau verlasse ich das Badezimmer wieder. Aus Bodos Bad höre ich laufendes Wasser und im Zimmer ist auch keiner zu sehen. Leichtfüßig tänzele ich auf mein Bett zu, ziehe die weiche Bettdecke beiseite und lasse mich auf der bequemen Matratze fallen. Dann suche ich in meinem Nachtkästchen nach dem Roman, den ich erst vor kurzem angefangen habe. Aber statt dem dicken Wälzer fällt mein Blick auf ein größeres, wenn auch dünneres Buch, das mir entgegenfunkelt wie ein einzelner Stern am Nachthimmel. Das Fotoalbum meiner Eltern.
    Ich greife danach und lasse ich zurück aufs Bett fallen. Sany kuschelt sich in ein zweites, kleineres Kissen, das direkt neben meinem großen Kopfkissen liegt. Wahrscheinlich ist es extra für sie hierher gebracht worden. Aufrecht dasitzend schlage ich das Fotoalbum auf und betrachte als erstes die Worte meines Vaters. „Für meine kleinen Mädchen Kathrin und Lucy.“ Die Türe des Badezimmers öffnet sich und Bodo kommt heraus, während er seine nassen Haare mit einem dunkelblauen Handtuch trocken reibt.
    Ich schaue auf und blinzele ihn an. „Was machst du?“, fragt er und wirft das Handtuch einfach auf sein Bett. Sein Blick fällt auf das blaue Fotoalbum und er versteht sofort. Mit meinen Augen wieder auf die Schrift gerichtet, erinnere ich mich daran, wie ich mir beim ersten Mal durchblättern gewünscht habe, dass er neben mir sitzt. Dafür ist er es jetzt. Jetzt kann ich meinen Kopf auf seine Schultern legen und gleichzeitig umblättern. Die zwei Bilder von mir und Lucy sind nun zu sehen. Ich auf meinem Schaukelponita, und Lu auf den Schultern von Papa.
    Auf der nächsten Seite sind noch die zwei Fotos am Meer, einmal mit Mama, mir und Lu, dann mit Lu, mir und Alexa, meiner Cousine. Dann kommt das Bild, auf dem ganze sieben Personen zu sehen sind. Mama. Papa. Lucy. Ich: Alexa. Und ihre Eltern. Auf dieser Seite verharre ich länger. Wir schauen auf dem Bild alle so glücklich aus, doch ich kann mich nicht mehr auf den Zeitpunkt der Aufnahme erinnern, auch nicht an den Tag selber.
    Bodo ist vollkommen still und das einzige, was zu hören ist, sind unsere ruhigen Atemzüge und die unserer Partner Pokémon. Erst als ich weiterblättern will, greift er nach meinem Handgelenk, um somit zu verhindern, was ich vorhabe. „Halt“, sagt er leise, „Schau dir deine Eltern mal genauer an.“
    Meine Augen wandern zu Mama und Papa, die mich aus dem Foto anlachen. Die langen Haare meiner Mutter glänzen in der Sonne und ihre strahlenden Augen blitzen vergnügt. Sie hat ihren Kopf zurückgeworfen Papas braune Haare sind teilweise von Mamas verdeckt, da sie ihre Köpfe aneinander gelehnt haben. Sein Gesicht ist vertraut weich wie eh und je. Einige Sekunden betrachte ich die zwei noch aufmerksam, dann meine ich: „Also, wenn ich irgendetwas bestimmtes erkennen sollte, dann habe ich versagt.“
    „Schau doch mal genau, was sie um den Hals hängen haben“, ist sein Tipp. Und jetzt merke ich, was er gesehen hat. Um ihre Hälse hängt jeweils ein glitzerndes Goldkettchen mit jeweils einem Anhänger, einmal schwarz, einmal weiß. Die Ketten mitsamt Anhänger tragen Bodo und ich gerade… Es sind die Ketten mit Kreuzen, die wir von Direktor Lambert gekriegt haben. Mama hat das schwarze, Papa das weiße.
    Doch etwas ist anders… „Das Auge ist offen“, murmele ich. „Hm“, sagt Bodo. Tatsächlich ist der Stein, der die Form eines Auges hat, auf Mamas Kreuz offen. Ganz eindeutig kann ich die blutrote Pupille sehen. „Glaubst du“, flüstere ich, von dem Unterschied verwirrt, „Dass es die gleichen sind? Dass es ein- und dieselben sind?“ „Wäre doch möglich. Immerhin haben uns sowohl Direktor Lambert als auch deine Mum die gleiche Warnung mitgeteilt, die mit dieser doofen, dunklen Zukunft…“
    Er legt seinen Kopf auf den meinen und mein Herz schlägt einen Salto. Trotzdem antworte ich: „Das gehört dann wohl auch auf die Liste…“ Ich spüre, wie mir das Blut ins Gesicht schießt, als er auch noch seinen linken Arm um meine Schultern legt. So bleiben wir sitzen, bis wir durch das ganze Fotoalbum durch sind. „Na gut“, meint Bodo als erstes, als wir fertig sind, „Morgen schreibe ich das über die Keten auf die Liste, aber jetzt gehen wir lieber ins Bett.“
    Er steht auf, gerade noch rechtzeitig, um sein auf ihn zuspringendes Bamelin aufzufangen. Es schmiegt sich in seine Arme. Um ganz ehrlich zu sein, beneide ich Bamelin deswegen ein wenig…
    Ich lege das Buch zusammengeklappt auf mein Nachtkästchen, dann ziehe ich mir die Decke bis zum Kinn. Mit meinem Rücken zum Balkon und mein Gesicht Richtung Türe, schaue ich zu, wie Bodo sich in sein eigenes Bett legt. Sein Bamelin rollt sich auf seinem Kopf zusammen. „Gute Nacht“, sage ich, strecke meinen Arm aus und mache das Licht aus. Nun funkeln die Sterne von draußen herein. „Nacht“, erwidert Bodo. Ich brauche eine Weile, bis ich meine Gedanken soweit sortiert habe, dass ich sicher einschlafen kann.
    Nur eine Sache lässt mein Herz so hoch schlagen. Mein Vater hatte das weiße Kreuz, meine Mama das schwarze. Bodo hat das weiße, ich habe das schwarze. Tief in mir drin hoffe ich leider, dass das etwas Richtiges zu bedeuten hat und nicht einfach nur ein dämlicher Zufall ist. Mit ist natürlich klar, dass ich mir nur falsche Hoffnungen mache. Mit wild pochendem Herzen schlafe ich schließlich ein.
    Sonnenstrahlen kitzeln meine Nase und ich blinzele der noch recht tiefstehenden Sonne zu. Nanu? Wo bin ich? Seit wann haben wir einen Balkon an unserer Rangerbasis? Und woher kommt diese Couch? Ich drehe meinen Kopf verwirrt in die andere Richtung, als würde ich erwarten, dort die Wand meines Zimmers in der Ranger Basis zu sehen. Doch stattdessen sehe ich ein Bett, ein gutes Stück entfernt von meinem, in dem ein Junge mit rotbraunen, wild abstehenden Haaren liegt. „Bodo“, schießt es mir durch den Kopf und ich richte mich auf. Mir ist wieder alles eingefallen.
    Ein Arm und ein Bein hängen von der einen Seite aus dem Bett, nur wenige Millimeter vom Boden entfernt. Ganz sicher wird er bald aufwachen, spätestens dann, wenn er aus dem Bett fliegt. Ein Zucken durchfährt seinen Körper und schon im nächsten Moment schlägt er auch schon seine Augen auf. Vorsichtig setzt er sich auf, während er sich seine Augen verschlafen reibt.
    „Deine Haare sind einem explodierter Handbesen ähnlicher denn je, aber mir gefällt’s“, begrüße ich ihn strahlend und hüpfe vom Matratzenrand. „Ich wünsche dir auch einen guten Morgen“, erwidert er, bevor er mir hinterherspringt. „Hey!“, quietsche ich, als mich mit einem Arm um meiner Taille festhält und mit einer freien Hand verwuschelt er meine zu Zöpfen gebundenen Haare. Natürlich versuche ich mich zu wehren, aber zwecklos. Gegen seinen Griff komme ich einfach nicht an.
    „So“; sagt Bodo zufrieden, als er fertig ist und auf mich runterschaut, „Jetzt bin ich wenigstens nicht mehr der einzige, dessen Haare ein einziges Chaos sind.“ Ich blicke zu ihm hoch, doch in dem Bann seiner schokoladenfarbenen Augen lässt er meine Knie sofort erweichen. Und natürlich denkt auch mein Gehirn, es kann einfach abschalten, ohne meine geistesanwesende Erlaubnis. Weil ich mir sicher bin, dass, wenn ich etwas sagen würde, nur unzusammenhängende Wortfetzen herauspurzeln würden, tippe ich ihm wortlos gegen die Nase. Dann drehe ich mich aus seinen Armen und tänzele ins Badezimmer.
    Erst nachdem ich die Türe hinter mir und Sany, die sofort angerannt kam, geschlossen habe, sinke ich mit zitternden Puddingknien zusammen. Langsam atme ich tief ein und aus, damit ich auf mein Puls beruhigen kann. Sany kichert. „DU bist echt total nervös“, flüstert sie, „Wie soll das so weitergehen, wenn ihr zwei auf einer richtig gefährlichen Mission seid?“ Sie spricht extra so leise, dass Bamelin sie nicht hören kann.
    „Da werden du und Bamelin schon dafür sorgen, dass uns nichts passiert“, knurre ich unterdrückt. Langsam stehe ich auf. Zuerst warte ich, bis meine Knie sich beruhigt haben, dann mache ich mich fertig. In meiner Rangeruniform und mit neu frisierten Haaren verlasse ich das Bad. „bist du auch schon fertig?“, grinst mir Bodo von der Türe her zu. „Ich bin ein Mädchen, ich darf im Bad länger brauchen“, erkläre ich schelmisch, ziehe eine Augenbraue hoch und gleichzeitig öffne ich die Türe.
    Er lacht und folgt mir hinaus. Leise begeben wir uns zu dem Raum vor den Konferenzraum. Mein Blick wandert wieder aus dem riesigen Fenster und über Almia. „Ach, ihr zwei seid schon wach?“, höre ich eine Stimme und fahre herum. Moritz, eine Tasse Kaffee in der Hand, aber schon angezogen, steht dort. „Ähm, ja, wir sind Frühaufsteher“, erklärt Bodo schulterzuckend, ich nicke nur zustimmend.
    Moritz deutet hinter sich auf die Türe. „Da hinten ist unser Mini Café“, meint er, „Da kriegen wir Frühstück, Mittag- und Abendessen. Auch für die Pausen ist der Raum gut. Am besten geht ihr da jetzt rein und frühstückt ordentlich.“ Wir nicken und betreten das Zimmer. Mehrere große, runde Tische befinden sich hier, um sie herum hohe, bequem aussehende Stühle. Hinten rechts in der Ecke ist ein langer Tresen, wo sich ein ungefähr vierzig Jahre alter Mann mit schwarzem, dichtem Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden ist, aufhält.
    „Ah, kommt her!“ Er sieht uns und winkt uns sofort zu sich. „Ihr seid wohl die neuen Top Ranger, Kathrin und Bodo. Mein Name ist Aladin. Wenn der Prof sich dafür entscheidet, hier `ne fette Party zu feiern, dann bin ich der Mann, der die Cocktails mixt. Ansonsten sorge ich dafür, dass die Leuts hier nicht an Hunger leiden. Also brauche ich ein paar wichtige Infos von euch. Um euch etwas zum Essen machen zu können, muss ich sowohl eure Vorlieben als auch das, was ihr hasst wissen. Auch ob ihr Vegetarier seid, oder vielleicht sogar Frutaner, das hatten wir alles schon. Also? Wie wählerisch seid ihr?“
    Einen Moment lang starren Bodo und ich uns gegenseitig an, dann antworte ich: „Ich esse so gut wie alles, manches mehr, manches weniger gerne…“ Bodo nickt zustimmend. „Gibt es keine Küche?“, fragt er dann. Aladin schnippt sich lässig eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Doch, `türlich, direkt vom Labor aus erreichbar. Doch die meisten haben so wenig Zeit zum Essen, dass von Essen selber machen gar nicht die Rede ist… Dennoch könnte sich rein theoretisch jeder selber etwas machen, wenn er will“, erklärt er kühl, bevor er etwas in sein Notizbuch schreibt. In diesem Moment fällt mir etwas ein.
    Mit glänzenden Augen schnappe ich mir den rechten Arm meines besten Freundes, ziehe daran und quietsche aufgeregt: „Bodo, Bodo, Bodo, Bodo?! Kannst du nicht heute bitte, bitte, bitte wieder ein Omelett machen?! Und dazu schneide ich uns wieder einen Obstsalat, ja? Och, bitte, bitte, bitte!“ Er schaut mich im ersten Moment nur an, dann: „Gut. Aber am besten, du weckst nicht das ganze HQ dabei auf.“ Ich öffne meinen Mund für einen stummen Freudenschrei und lächele danach glücksselig.
    Das war immerhin eines der Dinge, die ich am meisten während Bodos Abwesenheit vermisst habe: Das Essen von ihm. Omeletts, Spiegeleier mit Bratkartoffeln, Spagetti Bolognese… Oh, Gott, Spagetti… „Am besten geht ihr durchs Labor der schlausten Leuts hier. Die sind garantiert schon auf und zeigen euch den Weg zur Küche. Guten Appetit!“ meint Aladin.
    Zuerst lasse ich meinen besten Freund los, dann hüpfe ich zur Türe, mit einem Glücksgefühl im Magen, das ich schon lange nicht mehr so stark gespürt habe. Das müssen teilweise auch die vielen Schmetterlinge sein, die immer aktiver werden. Sany folgt mir schnurrend. Meine gute Laune scheint sie angesteckt zu haben. „Bodo, komm schon“, rufe ich ihm vom Gang aus zu, da er sich noch nicht bewegt hat. Er schüttelt den Kopf, als wolle er sich fangen, bevor er zu mir kommt. Zufrieden summe ich leise vor mich hin und tänzele zum Labor.
    Tatsächlich sind zwei Wissenschaftler schon auf, auch Moritz ist bei ihnen. Er winkt uns wieder zu sich. „Hey, Mo, kannst du uns sagen, wohin wir müssen, wenn wir zur Küche wollen?“, frage ich, als Bodo neben mir steht. Er deutet auf eine Tür in der rechten, hinteren Ecke, da er gerade einen Schluck aus seiner Kaffeetasse nimmt. Die Küche ist nicht viel größer als die der Rangerschule. Die Speisekammer ist nur ein abgetrennter Raum.
    Nachdem wir die Zutaten für unser Frühstück zusammengesucht haben, erfüllt langsam ein leckerer Duft das Zimmer. Es löst eine Welle von Erinnerungen und natürlich Magenknurren bei mir aus. Wir lachen und unterhalten uns die ganze Zeit über unsere Zeit als normale Ranger, selbst, als wir zum Essen auf den Arbeitsplatten sitzen.
    „Was hältst du davon, wenn ich dir auch einen Spitznamen gebe? Auch vielleicht als Deckname bei gefährlicheren Missionen, dass Team Nachschatten nicht weiß, dass ich von dir spreche. Immerhin, Lucy nennt dich immer Schwesterherz und Rhythmia, auch wenn es dir nicht gefällt, Kathi“, schlägt er plötzlich vor. Die Gabel, mit der ich gerade ein Stück Omelett zu meinem Mund führen wollte, lege ich zurück auf den Teller. „Ein Spitzname für mich?“, wiederhole ich, ein bisschen angespannt und aufgeregt. Sanys Ohren spitzen sich fast unauffällig. Natürlich nimmt sie jedes einzelne Detail bei dem Gespräch zwischen Bodo und mir auf.
    „Ja, warum nicht?“, erwidert er belustigt, „Nichts peinliches, oder dummes, aber trotzdem…“ „Und was für Spitznamen fallen dir bei ‚Kathrin‘ bitteschön ein?“ „Also, nicht so viele, aber notfalls können wir ja noch sammeln. Katze, oder vielleicht Kätzchen. Das würde passen, weil dein Partner Pokémon ein Katzenpokémon ist, und dein Name fängt sowieso mit ‚Kat‘ an. Oder, was ich einmal aufgeschnappt habe, ist ‚Kay‘, also mit einem K geschrieben und auf Englisch ausgesprochen.“
    Ich schiebe mir das Stück auf der Gabel in den Mund, kaue gelassen, schlucke und antworte: „Gleich mal zum letzten Vorschlag. Ich finde ihn nicht schlecht, aber irgendwie erinnert mich dieses ‚kay‘ an Okay, nur dass das O fehlt. Katze. Weiß nicht, irgendwie klingt das kratzbürstig und fies. Es erinnert mich an einen Krimi, den ich gelesen habe, ‚Die Katze‘. Aber Kätzchen, mit dem bin ich voll und ganz einverstanden. Der klingt echt süß… Und ich denke, Sany findet ihn auch toll. Stimmt’s?“
    Mein Partner Pokémon schnurrt genüsslich. Ich nicke zufrieden. „Bleiben wir bei ‚Kätzchen‘?“, hakt Bodo nach. Als Antwort nickt Sany und springt auf meinen Schoß, um von dort auf meine Schultern zu tappen. Oben kann sie dann ihre Wange an die von Bodo reiben. Ein sicheres Zeichen, dass nur eines bedeuten kann.
    Nachdem wir mit den Frühstück fertig sind und das Geschirr aufgeräumt haben, gehen wir zurück ins Labor. Dort werden wir auch schon erwartet. Vorsitzende Gerda und Professor Hastings sind zusammen mit Moritz und den zwei Wissenschaftlern um das an die Wand gebeamte Bild versammelt. Gerda begrüßt uns munter: „Guten Morgen, Ranger. Ich nehme an, ihr habt gut gefrühstückt? Nun, da ihr jetzt einen vollen Magen habt, könnt ihr euch schon mal die ersten Ergebnisse der Analyse des Tagebuchs anschauen.“ Wir gehen zu ihnen. Auf dem Einband des verkohlten Buches ist ein einziger Name zu erkennen.
    Lumino. Lumino… Der Name sagt mit etwas. Wo habe ich diesen Namen nur schon einmal gehört? „Lumino?“, höre ich Bodos Stimme neben mir, „Nicht doch etwa Lumino Strahlemann, der ehemalige Präsident von Altru?“ Jetzt fällt es mir wieder ein. Der Name stand mehrmals im Brisenauer Bote und im Almia Journal. Lumino Strahlemann ist der Vater des jetzigen Altrupresidenten. Nubilus Strahlemann. Und da die Hütte im Chroma Hochland früher einmal zu der riesigen Altru Firma gehört hat, könnte das sogar passen. Diesen Gedanke teile ich den anderen laut mit, damit sie ebenfalls davon wissen.
    „Dann ist dieses Tagebuch also wahrscheinlich von Lumino Strahlemann geführt worden und wir können uns sicher sein, dass es viele Geheimnisse der Firma enthält“, überlegt Professor Hastings, während er sich über das Buch beugt, „Es steht etwas über den Schattenkristall drin“, platze ich heraus. Alle starren mich an. „I-Ich habe schon reingeschaut und etwas gelesen, als wir diese alte Hütte durchsucht haben“, stammele ich, „Immerhin sind ein paar wenige Seiten nicht so angesengt und man konnte einiges problemlos entziffern.“
    Einer der Wissenschaftler, von dem mir jetzt einfällt, dass er Nageno heißt, nickt wissend. „Ja, das haben wir auch schon gesehen“, meint er, „Das Tagebuch von Präsident Strahlemann reicht schätzungsweise dreißig Jahre zurück. Zu dieser Zeit begann offenbar das Ölfeld im Chroma Hochland zu versiegen. Er war sehr besorgt darüber. Aber dann machte er bei Probebohrungen eine gewaltige Entdeckung: Auf einem zeremoniellen Altar wurde ein mysteriöses, schwarzes Gestein gefunden. Das, glaube ich, war das, was Siver in seinem Bericht Schattenkristall nannte. Er erwähnt, dass etwas in seinem Herzen auf den Kristall reagierte und er spüre eine große, unermessliche Energiemenge, die in diesem enthalten war. Das Tagebuch erwähnt auch sein einziges Kind, Nubilus. Offenbar ist er bei seiner Frau gewesen. Lumino konzentrierte sich darauf, den Schattenkristall zu untersuchen. Seiner Meinung nach wurde diese Kraft der Dunkelheit Almias Energieprobleme lösen… Das ist bisher leider alles, was wir entziffern konnten, aber wir werden weiterhin daran arbeiten.“
    Professor Hastings nickt. „Gute Arbeit. Wie mir scheint, beginnt sich dort eine Verbindung zwischen dem Schattenkristall und Altru abzuzeichnen“, überlegt er laut, während Moritz auf den kaputten KonGiga zugeht, „Neben diesem steht eine zierliche Maschine, auf dessen Spitze eine kleine Glaskuppel ist. Durch diese kann man auf einen kleinen schwarzen Stein hinabschauen. Ein Dunkelstück. Vielleicht hält die Glaskuppel seine Energie in Grenzen und deshalb habe ich keine Kopfschmerzen?“
    „Wow, das ist erstaunlich. Dieses kleine Ding ist also die Energie der Zukunft… Äh, was?!“ Plötzlich leuchtet etwas unter Moritz Uniformoberteil auf, ein blaues, helles Licht. Er stolpert ein paar Schritte rückwärts. „Moritz“, ruft der Professor laut, „Deine Brust… Sie leuchtet! Was auf Erden geschieht mit dir?! Das Leuchten bist doch gar nicht du, Mo. Was versteckst du da?“ Moritz blinzelt überrascht. „Jetzt aber mal halblang Professor. Ich habe nichts zu verstecken. Was da scheint ist mein Anhänger!“, erklärt er und zieht unter seinem Oberteil ein Band mit einem blauen Anhänger hervor. Der Stein leuchtet hell und warm.
    „Seht her!“, Hastings läuft ebenfalls zu der Maschine, „Seht euch das nur mal an! Seht euch die Messungen an! Die Kraft des Dunkelstücks ist abrupt gefallen!!... Aber warum? Was passiert hier? Moritz, was ist das für ein Anhänger? Woher hast du ihn?“ „Das ist ein Geschenk von meinem Papa, ein Souvenir aus dem Schlottertal. Mein Papa leitet dort ein Pokémon Forscherteam. Er meinte, den Anhänger habe eine alte Dame gemacht, die ebenfalls in dem Tal lebt. Das Material ist von den Tränen des Prinzen.“
    Ein paar Sekunden rennt Professor Hastings hin und her, dann trifft er schließlich eine Entscheidung. „Kathrin“, fährt er mich an, „Steh da nicht so rum! Mach dich sofort auf die Reise zum Schlottertal! Hopp, hopp! Und das gilt als vollwertige Mission!“ Ich nicke sofort, doch Bodo wirft ein: „Wäre es nicht besser, wenn zwei Top Ranger zum Schlottertal gehen würden?“ Professor Hastings Blick ist mit einem mal nicht mehr so scharf, sondern wissend und weich. „Tut mir leid, Bodo“, erklärt er, „Aber ich werde dich hier im HQ brauchen. Kathrin, beeil dich, ja?“
    Abermals nicke ich. Mein bester Freund neben mir verkrampft sich, doch als ich ihm zum Abschied umarme, entkrampft er sich wieder. Er erwidert meine Umarmung und flüstert mich leise zu: „Viel Glück… Komm bitte heil wieder, ja?“ „Moritz, bring Kathrin die Winteruniform auf ihr Zimmer, damit sie sich dort umziehen kann. Sie soll ja nicht erfrieren!“, befiehlt der Professor noch, dann höre ich Moritz schnelle Schritte. Langsam löse ich mich aus Bodos Armen, gehe zur Türe, winke noch kurz, dann verlasse ich das Labor.



    gvlg, eure Soso-chan

  • 10 Tage vorbei, also ein neues Kapitel:
    Viel Spaß beim Lesen -^^-





    Kapitel 30 – Auf ins Eis



    Ich renne den Vereinigungsweg entlang, bis zu der Stelle, an der sich der Feldweg mit dem Fluss schneidet. Von dort muss ich gegen die Stromrichtung gehen, damit
    ich zu einer Höhle komme, die sozusagen das Tor zum Schlottertal ist. Dazu mussich mit ein Bojelin fangen, da ich nicht die ganze Zeit am Ufer entlangrennen
    kann und es gibt keinen Fußweg rein in die Höhle. Das Bojelin habe ich schnell gefunden und gefangen. Es kann mich und Sany mit Leichtigkeit tragen. In der
    Winteruniform fange ich zum Glück nicht so leicht an, zu schwitzen, garantiert hat sie dagegen irgendetwas eingebaut bekommen.
    Immerhin ist es inzwischen Herbst und draußen ist es nicht mehr so warm. Im Gegenteil, da es nun November ist wird es
    immer kälter. Da kommt mir die Winteruniform gerade recht.
    „Hast du eigentlich mitbekommen, dass Bodo Professor Hastings mit einem echt gefährlichen Blick regelrecht durchbohrt hat, als er gesagt hat, dass du alleine
    gehen sollst?“, kichert Sany plötzlich. Aus den Gedanken gerissen, erwidere ich: „Hä? Was?“ Mein Partner Pokémon schaut mich
    belustigt an. „Nun ja, Bodo findet die Idee gar nicht gut, dich alleine auf diese Mission gehen zu lassen. Jedenfalls hat das sein Gesichtsausdruck gesagt.
    Wahrscheinlich macht er sich wieder total viele Sorgen in der Zeit, in der du nicht bei ihm bist, wetten? Ohne Zweifel hat es sich Professor Hastings ein
    wenig mit Bodo verscherzt, aber ich denke, dass weiß der Prof selber“, erklärt mir Sany schnurrend. .Verdutzt starre ich zurück. Ob das nun stimmt oder nicht,
    weiß ich nicht, aber mein Gesicht läuft trotzdem rosa an. „Stimmt doch gar nicht“, wehre ich mich brummend, genau in dem Moment, in dem wir in der Höhle
    ankommen.
    Sany schnurrt nur weiterhin belustigt, rollt sich einmal auf Bojelins Rücken, bevor sie sich an meine Beine schmiegt.
    In der Höhle muss es schon einigermaßen kalt sein, da sich mein Atem vor mir zu sichtbaren Wölkchen verwandelt. Durch die dicke, schwarze Jacke und die
    gepolsterte, lange Hose bleibe ich allerdings warm. Irgendwann, ungefähr in der Mitte, muss ich von dem Bojelin absteigen, da ich nur noch an Land weiterkommen
    kann. Die Decke ist nur einen guten halbe Meter von meinem Kopf entfernt. Auch das Wasser, das aus den Wänden rieseln wollte, ist eingefroren. Sany ist
    inzwischen auf meiner Schulter.
    Der kalte Steinboden schmerzt zu sehr unter ihren Fußballen, hat sie zuvor gejammert. „Hört diese Höhle denn gar
    nicht mehr auf? Die wird doch irgendwo ein Ende haben“, beschere ich mich leise und biege erneut um eine Kurve. Die Wände sind nun mit Schnee bedeckt, der
    sogar frisch zu sein scheint. Mein Blick wandert nach links, dann sehe ich endlich den Ausgang! Ich will schon darauf zu hasten, als eine schmächtige
    Person aus den Schatten tritt und sagt:
    „Gerade, als ich auf meinen Wachposten zurückgekehrt bin, passierte es. Ein Pokémon Ranger kam des Weges, um zu
    versuchen, an mir vorbeizukommen. Einer, der offensichtlich mit dieser Aufgabe überfordert und zudem von ausreichend schwächlicher Erscheinung war. Voller
    Schwung“, die Person, die eindeutig ein Team Nachtschatten Scherge ist, holt
    einen KonMini hervor und schaltet diesen geschwind ein, „Ließ ich meine Finger
    über die Tasten des KonMinis tanzen, um den Ranger endgültig fertig zu machen.“
    Wie bitte? Von ausreichend schwächlicher Erscheinung?! Ich?!? Na, gut, ich bin nicht so groß, wie ich gerne wäre, aber deshalb bin ich noch lang nicht schwächlich. Also,
    Kopfschmerzen und Schwindel hin oder her, das zahl ich ihm heim! Und schon zwischen drei Golbat auf mich zu. Sie umkreisen mich. „Aquawelle“, knurre ich
    meinem Partner Pokémon zu, das sofort ein Golbat nach dem anderen eine Wasserkugel ins Gesicht schießt. Damit brechen sie aus ihrer Choreographie aus
    und sind für eine Weile verwirrt.
    Mit der Fangscheibe umkreise ich das erste der drei, genau das, das sich als einziges in der Luft halten konnte. Mit
    einem einzigen gut gezielten Eisstrahl friert Sany die anderen zwei an ihren Flügeln am Boden fest. Sie können sich erst wieder befreien, als ich sie schon
    gefangen habe. Danach fliegen sie alle drei zurück in die Höhle. Böse starre ich den Team Nachtschatten Scherge an, der zuerst nur verblüfft zurückblickt.
    „Wer ist jetzt schwächlich?!“, knurre ich ihn an und er hüpft erschrocken zurück, bevor er aus den Ausgang flitzt als wäre ein Schwarm Hornissen hinter
    ihm her. Naja, ich bin schlimm genug.
    Langsam folge ich ihm nach draußen. Und alles, was ich sehe, ist eintönig. Der Himmel ist grau-weiß, der Boden ist von
    weißem Schnee bedeckt und der einzige Weg, den ich erkennen kann, ist von weißen Schneehügeln umgeben. Ich folge den mit Fußspuren bestückten Pfad eine
    Weile. Jetzt bin ich erst recht froh, dass ich so dick eingepackt bin. Sany schmiegt sich von hinten in meine Kapuze. Ihr Fell scheint sie nicht allzu
    lange warm zu halten. Der Schnee knirscht unter meinen Füßen.
    „Los, komm schon!“, höre ich plötzlich eine Stimme und zucke zusammen. Mein Partner Pokémon muss sich am Stoff
    festkrallen, um nicht auf den Boden zu fliegen, und sie beschwert sich laut. Die Stimme kam ganz eindeutig hinter einem der vielen Hügel hervor. Vorsichtig
    laufe ich drum herum und lausche währenddessen. Endlich sehe ich, wer gesprochen hat. Zwei Männer in schwarzen Uniformen stehen bedrohlich vor einem
    zweiten, der dicke Winterklamotten anhat und sich schützend vor einem verletzten Impoleon aufgebaut hat.
    „Zwing mich nicht, mich zu wiederholen“, kläfft einer der Team Nachtschatten Anhänger dem Mann zu, „Rück
    das Impoleon raus, du kuschelig verpackter Typ. Ich brauche dieses Pokémon dringend, um zu Schloss Almia zu gelangen. Also. Rück. Es. Heraus.“ „Ich habe
    Nein gesagt und dabei bleibe ich“, verteidigt sich der Mann, „Das Impoleon ist verletzt und es muss unbedingt verarztet werden!“
    Der zweite Team Nachtschatten lacht so höhnisch, dass sich meine Armhärchen aufstellen. Seine Zähne blitzen. „Mann,
    ein bisschen Spucke drauf, eine Bandage darum und fertig! Aber gut und schön, das ist ein Standpunkt. Wenn du so darüber denkst, dann hetzte ich eben mein
    Hundemon auf dich. Ich stelle nur eben mal den KonMini auf Angriff“, zischt er böse. Sofort fängt mein Kopf an zu schmerzen und mir wird furchtbar
    schwindelig. Zitternd halte ich mich auf meinen Knien.
    Eine Sekunde später schüttele ich meinen Kopf und stürme vorwärts. Gleichzeitig schicke ich die Fangscheibe los.
    Sie trifft das Hundemon an der Nase und hält es somit von dem Angriff, den es geplant hat, ab. Wie ein verspieltes Hündchen fällt es in eine Kauerstellung,
    den Hintern hoch erhoben und wild mit dem Schweif ausschlagend. Es schlägt mit einer Vorderpfote immer wieder nach der Fangscheibe, die ich zum Fangversuch um
    es herum kreisen lasse. „Und wer bist du?“, faucht mir der Team Nachtschatten Scherge an, der zuvor gelacht hatte, „Bist du so ein händeringender Gutmensch,
    der ‚Ihr müsst doch nicht kämpfen‘ winselt? Du idiotischer Ranger!“
    Im nächsten Moment ist der Fangversuch auch schon beendet und der KonMini explodiert einen Augenblick später. Der
    Schwindel und das Kopfweh verschwinden augenblicklich. Ein lautes Knurren kommt von dem zornigen Anhänger und er bleckt drohend die Zähne. „Ich möchte dir
    jetzt am liebsten einen Schneeball verpassen, so richtig hart, so unentspannt fühle ich mich gerade. Auch wenn du dieses Mal gewonnen hast, glaube ja nicht,
    dass du Team Nachtschatten deshalb aufhalten und unsere Pläne durchkreuzen kannst.“
    Er nimmt eine angriffslustige Haltung ein. Automatisch ducke ich mich, ebenfalls zu einem Angriff bereit. Sany maunzt
    nochmal miesepetrig, doch ich ignoriere sie. Die seltsamen, schwarzen Augen des Schergen blitzen und ich möchte schwören, dass etwas Rotes in ihnen zu sehen
    ist. Ich kneife meine eigenen Augen zusammen und balle meine Hände zu Fäusten. „Verschwinden wir lieber“, sagt der zweite Anhänger und zieht den anderen am
    Arm. Er funkelt mich noch kurz mit seinen bösen Blick an, dann wendet er sich ab und sie laufen staksig davon.
    Offensichtlich hat ihnen die Kälte schon ganz schön zugesetzt. Ihre Uniform ist für dieses Klima auf jeden Fall nicht geschaffen. Der Mann, der das Impoleon beschützt hat, redet nun mit mir:
    „Danke, dass du mir meine Haut gerettet hast! Ich leite hier ein Pokémon Forscherteam. Nenn mich Pamor. Machen alle so, obwohl das eigentlich nur ein
    Spitzname für mich ist.“ Ich nehme eine lockerere Haltung ein und schaue ihn an. Sein Gesicht kommt mit seltsam bekannt vor, doch ich habe ihn noch nie
    zuvor gesehen. Das muss Moritz Papa sein.
    Und tatsächlich, denn als nächstes erklärt er: „Mein einziger Sohn heißt Moritz und als sein Papa sind sie halt
    auf Pamor gekommen. Aber egal. Kann ich dir bei irgendetwas helfen?“ „Ja“, sage ich, „Ich arbeite als Top Ranger im HQ und wurde für eine wichtige Mission
    hierher ins Schlottertal geschickt…“ Er nickt. „Oh, sicher, verstehe. Du arbeitest also auch in der Vereinigung. Sieht aus, als hättest du mir genauso
    aus der Klemme geholfen, wie ich Moritz oft helfen musste. Aber diese Grobiane… Was wollen die nur im Schloss? Schloss Almia steht verlassen, seit es vor langer Zeit vom Eis
    eingeschlossen wurde. Übrigens, um dir meinen Dank auszudrücken, möchte ich dich nach Camp Fröstel einladen.“
    Er führt mich zu einem, von großen Schneehügeln eingeschlossenen Tal, in dem viele Iglus und einige normale Häuser
    stehen. In einem der Häuser wohnt Pamor und er führt mich in dieses. Inzwischen spüre ich die Kälte sogar leicht unter meinem dicken Outfit. In dem Häuschen
    ist es besser, Pamor zeigt auf einen kleinen Stuhl, auf den ich mich setzen soll, dann bringt er mir eine heiße Schokolade und sicher selber einen warmen
    Kaffee zu dem Tisch, an dem ich sitze, und setzt sich selber auf einen zweiten Stuhl.
    „Also, warum genau bist du nun hier? Was ist das für eine Mission, von der du vorhin gesprochen hast?“ „Nun, es geht
    um Moritz blauen Anhänger, so einen kleinen Stein. Er hat gesagt, dass es ein Souvenir von ihnen ist“, erkläre ich und nehme einen Schluck aus der Tasse.
    Einen Moment lang überlegt Moritz Vater, dann antwortet er: „Ach, diesen Anhänger meinst du. Natürlich, es war ein kleines Souvenir für ihn, weil ich
    ihn ja nur hin und wieder besuchen kann. Es wurde in Handarbeit von Frau Winter angefertigt. Sie lebt hier in der Nähe. Ich glaube, es könnte nicht schaden,
    wenn du mal bei ihr vorbeischaust. Sie kann dir wahrscheinlich mehr über den Anhänger sagen als ich. Wenn ich Impoleon verarztet habe, folge ich dir. Du
    musst nur dem Weg folgen, an zwei Kreuzungen vorbei und dann nach links. Wenn du das beachtest, kannst du ihre Holzhütte gar nicht verfehlen.“
    Ich nicke und trinke den Kakao schnell aus. Gestärkt von der Wärme des Getränks
    verlasse ich das Haus. Nur mit Sany an meiner Seite folge ich dem Schneeweg, wortlos, und mit knirschendem Schnee unter meinen Schuhen. Tatsächlich. Am Ende des
    Weges befindet sich ein kleines, aber gemütlich aussehendes Holzhäuschen, aus dessen Kamin Rauch aufsteigt. Als ich
    vor der hübsch verzierten Türe stehe, höre ich ein Keuchen hinter mir. Pamor läuft auf mich zu. Ich lasse ihn zu Puste kommen, dann sagt er: „Genau, das ist
    es. Das ist Frau Winters bescheidenes Heim.“
    Er klopft. Von drinnen sind schwere Schritte zu hören. Schließlich öffnet eine alte Dame mit einer wollenen Mütze,
    die einen halben Kopf kleiner ist als ich. „Oh, hallo. Einen Ranger bekomme ich hier nur selten zu Gesicht. Guten Tag, Pamor. Kommt doch herein!“ Pamor und ich
    betreten einen großen, behaglichen Raum. „Frau Winter“, höre ich den Mann sprechen, „Dieser Pokémon Ranger arbeitet mit meinem Sohn zusammen im HQ…“
    „Ach, jemand, der mit dem kleinen Moritz befreundet ist?“
    Ich drehe mich zu der lächelnden Frau um und erwidere das Lächeln. „Ähm, Frau Winter, ich hätte da eine Frage… Pamor hat
    mir erzählt, sie haben diesen kleinen blauen Stein von Moritz Anhänger bearbeitet. Nun ist letztens etwas passiert, das in der Vereinigung die Frage
    aufwirft, woraus dieser Stein besteht. Es ist wirklich wichtig“, erzähle ich. Frau Winter nickt.
    „Setz dich als erstes, mein Kind. Pamor, am besten ruhst du dich auch ein wenig aus. Dann sage ich euch alles,
    was ich noch weiß.“ Wir setzen uns an einen runden Tisch auf drei Stühle, auf denen weiche, bestickte Kissen liegen. Die alte Frau beginnt sofort zu
    erzählen. „Der kleine blaue Stein, ja? Als ich ein Kind war, nannten sie diese Steine, oder eher Splitter ‚Tränen des Prinzen‘. Sie wurden als Glücksbringer
    angesehen. Wir freuten uns so sehr, wenn wir welche fanden. In der Almia Region gibt es ein altes Märchen. Als ich klein war, kannte es jeder aus einem
    Märchenbuch. Im Laufe der Zeit geriet dieses Märchenbuch mitsamt den Märchen mehr und mehr in Vergessenheit. Selbst ich weiß es kaum noch. ‚Der König und
    die drei Prinzen‘ so hieß es. Als das Königreich Almia in tiefste Finsternis gehüllt wurde, erhob sich der Prinz in Blau. Er begann, im hellen Glanz zu
    leuchten. Ein Glanz, der schließlich die Finsternis in Licht verwandelte. Ging das Märchen so? Auf jeden Fall hängt dieses Märchen mit dem Stein zusammen… Ach
    ja, wartet mal… Ohne Zweifel war das nur ein Märchen. Aber dieser blaue Stein, der von Moritz, den habe ich tatsächlich in der Nähe von Schloss Almia
    gefunden, als ich ein junges Mädel war. Als ihn die Leute sahen, glaubten sie, dass er von einem riesigen, großen Stein stammen müsse. Viele Wagemutige
    brachen daraufhin auf, im Schloss nach dem Kristall zu suchen. Keinem war jedoch der Erfolg vergönnt. Sie mussten alle aufgeben und zurückgehen. Ja, so
    war das damals…“
    Ein paar Sekunden ist es still, niemand sagt etwas. Meine Gedanken kreisen ununterbrochen um diesen blauen Kristall.
    Damit wird natürlich einiges klar. Team Nachtschatten will ihn unbedingt haben, aus was für Gründen auch immer. Garantiert muss ich ebenfalls zu dem alten
    Gebäude. Ich muss dem Team auf jeden Fall zuvorkommen. Was auch immer sie mit der Träne des Prinzen vorhaben, sicher ist es nichts Gutes. „Die Sonne geht
    bald unter, wir sollten uns lieber auf den Weg machen“, spricht Pamor zu mir.
    Wortlos folge ich ihm zur Türe, verabschiede mich noch bei Frau Winter, dann verlassen wir das Häuschen. Auf
    dem Weg zurück zu Camp Fröstel sagt Pamor irgendwann: „Ich weiß genau, dass du dich nach Schloss Almia aufmachen wirst. Doch ich würde vorschlagen, dass du
    erst morgen in der Früh losgehst. Würdest du in der Nacht schon gehen, erfrierst du sicherlich.“ Als Antwort nicke ich nur.
    Zurück in Pamors Haus, essen wir erst zu Abend, dann lege ich mich auf die Couch, in der normalen Uniform. Ich rufe im
    Ranger HQ an und gebe Rhythmia alle Informationen weiter, die ich heute gesammelt habe. „Gut, ich leite das alles an Professor Hastings weiter. Und den
    Anruf gebe ich auch ab“, die blonde Technikerin grinst schelmisch, „Warte schnell…“ Der Bildschirm wird blau mit der Anweisung „Warten Sie“. Sany
    schmiegt sich an meine Seite und ich streichele sie mit der handschuhlosen Hand.
    „Kathrin?! Wie geht’s dir?!“ Mein Blick wandert zurück auf das Touchscreen meines FangKoms. Bodo ist darauf zu sehen.
    „Mir geht’s gut“, antworte ich lächelnd, „Aber es ist hier echt kalt. Ich bin schon froh, dass ich nicht auch noch in der Winteruniform schlafen muss,
    sondern dass die Wärmeregulierung der normalen Rangeruniform ausreicht, um mich in dem Haus warm zu halten.“ Mein Partner Pokémon fängt behaglich an, zu
    schnurren, nicht ohne mir vorher einen vielsagenden Blick zuzuwerfen.
    „Und wie ist es im HQ gewesen?“
    „Ziemlich hektisch!“, gähnt er, „Professor Hastings hat mich ganz schön auf Trab gehalten. Also ich hatte keine ruhige Minute. Aber Primo ist gekommen und
    hat mich und Rhythmia besucht, in Begleitung von Celia. Ich möchte wetten, dass sie, neben ihrem Freund, dich auch noch sehen wollte, aber du warst ja leider
    nicht da… Dafür hatte sie Blondi zum Quasseln. Frag mich nicht genau, worüber, ich habe es nicht mitbekommen…“
    Beinahe hätte ich ihm gesagt, dass ich genau wüsste, worüber sich die zwei ausgelassen haben. Natürlich über mich und
    Bodo. Dadurch, dass wir jetzt wieder zu zweit in einer Region sind, werden sie wieder jede Menge Verkupplungspläne auf die Beine stellen. Zum Glück schaffe
    ich es, nichts dazu zu sagen. Er hätte mich garantiert gefragt, worüber, und dann hätte ich ihm zweifellos die Wahrheit gesagt. Also halte ich besser den
    Mund.
    „Und du wirst morgen zu Schloss Almia gehen, habe ich das richtig verstanden?“ Ich blinzele ihn an. „Hast du etwa bei
    meinem Bericht an Rhyth gelauscht?“, sage ich vorwurfsvoll. Er zieht eine Augenbraue hoch und lächelt. „Nein“, meint er locker, „Professor Hastings hat
    mich hier in diesen Raum geschickt, um Markus etwas auszurichten, und Blondi sitzt genau neben ihm, also konnte ich gar nicht anders als zuhören. Also,
    willst du wirklich zu diesem Eisschloss?“
    Bevor ich antworte, atme ich nochmal tief ein: „Eigentlich will ich nicht unbedingt da hin, aber ich muss halt. Die Kälte ist alles andere als
    angenehm. Und dieses Eisschloss? Wahrscheinlich werde ich dort die ganze Zeit durch die Gegend schlittern. Aber ich muss dieses idiotische Team Nachtschatten
    unbedingt besiegen…“ „Ich schaue nochmal zu dem Impoleon, ja?“, unterbricht mich Pamor. Bodo schließt eine Türe hinter sich. Zweifellos ist er jetzt in
    unserem Zimmer. „Schau, dass dir nichts passiert, wenn du da morgen hin spazieren musst. Sany, ich erwarte von dir, dass du auf Kathrin aufpasst. Also,
    Tschau, Kätzchen!“, nachdem seine Miene sich erst versteift hat, kann er bei meinem neuen Spitznamen wieder lächeln, „Ich sehe dich morgen wieder.“
    Dann legt er auf. Bevor ich einschlafe, mache ich es mir auf dem Sofa gemütlich. Mit dem Kopf in Richtung Lehne und auf
    dem Kissen, dass Pamor mir gegeben hat, decke ich mich bis zum Kinn zu. Mein Partner Pokémon rollt sich vor meinem Gesicht zusammen. „Gute Nacht, Sany“,
    murmele ich gerade noch so schlaftrunken. Im nächsten Moment bin ich auch schon weggetreten.


    Am nächsten Morgen weiß ich zunächst wieder nicht, wo ich bin, als ich aufwache. Zuerst sehe ich nur braune Haare,
    Sanys Fell, die meine Nase kitzeln. Ich niese laut und das Katzenpokémon springt erschrocken auf. Sie purzelt vom Sofa, sich laut maunzend beschwerend.
    Offensichtlich hat sie vor meinem Nieser noch friedlich geschlafen. „‘Tschuldigung“, sage ich leise und versuche, mir ein Kichern zu verkneifen.
    „Ah, ihr zwei seid wach. Wollt ihr auch einen Toast und Pokémon Futter zum Frühstück? Und was ist mit einer weiteren
    heißen Schokolade und warmer Milch?“ Pamor deckt gerade den Tisch. Die Decke fällt von meinen Schultern und sofort bekomme ich eine Gänsehaut von der Kälte.
    „Ja, gerne“, erwidere ich, „Aber davor ziehe ich mich wieder an, ansonsten erfriere ich bei der Kälte noch.“
    Nachdem ich mir über die normale Uniform die Winteruniform gezogen habe, setze ich mich an den Tisch und
    frühstücke. „Wie viel Uhr haben wir eigentlich?“, frage ich Pamor, der gerade die Türe geöffnet hat, um nach draußen zu gehen. „Viertel nach sechs“,
    antwortet er sofort, „Ich bin Frühaufsteher, genau wie Moritz. Wenn du mich suchst, ich bin bei dem Impoleon, das rechts neben dem Haus ist.“ Er
    verschwindet und lässt mich mit meinem immer noch gereizten Partner Pokémon alleine. Gefährlich.
    „Bist du mir immer noch böse, weil ich dich so unsanft aufgeweckt habe?“, frage ich sie, besorgt und vergnügt
    zugleich. Sie durchbohrt mich mit einem scharfen Blick, schnurrt dann aber: „Nein…“ Als ich sie verwirrt beäuge, erklärt sie: „Sobald wir zurück im Ranger Hauptquartier
    sind, werde ich es dir schon heimzahlen. Ich werde Bamelin in allen Einzelheiten erzählen, was wir im Schloss Almia erlebt haben. Ich werde es auch
    noch ein bisschen ausschmücken. Bamelin wird es Bodo auf seine Art mitteilen, und der wird sich daraufhin von dir gar nicht mehr lösen können. Darauf freue
    ich mich schon.“ Das Blut steigt mir ins Gesicht, ich kann nichts dagegen tun, und ich strecke Sany daraufhin die Zunge raus. Wie kindisch.
    „Du bist ein böses Partner Pokémon“, tadele ich, bevor ich in mein Toastbrot beiße und kaue. Sie schnurrt zufrieden
    und trinkt weiter von ihrer warmen Milch. Im nächsten Augenblick klingelt mein FangKom, der neben mir auf dem Tisch liegt. Es ist eine Nachricht von Professor
    Hastings, eine Sprachnachricht.
    „Voicemail! Kathrin, guten Morgen. Ich habe mir deinen Bericht von gestern noch angehört. Mithilfe deiner Infos konnten wir
    weitere Teile des Tagebuchs entziffern. Wir haben das Wort ‚Blaugeme‘ identifiziert. Wahrscheinlich sind diese Geme und der große blaue Kristall, den
    Frau Winter erwähnt hat, ein und dasselbe. Deine Mission wird somit ausgebaut, wie du dir wahrscheinlich schon gedacht hast. Du gehst in das Schloss und holst
    sie dir. Voicemail Ende.“ Das letzte Stückchen Toastbrot verschwindet in meinem Mund und als ich die heiße Schokolade ausgetrunken habe, erhebe ich mich und
    verlasse das Haus.
    „He, Ranger“, ruft jemand von links, „Du hast einen Besucher, der sich bei der bedanken will!“ Das Impoleon, das ich
    gestern von den Team Nachtschatten Schergen gerettet habe, steht dort, direkt neben Pamor. „Danke für gestern“, sagt es laut und stürmt auf mich zu. Im
    selben Moment fällt mir etwas ein. „Die Typen von gestern haben doch gesagt, dass sie dich brauchen, um zu Schloss Almia zu gelangen. Kann ich dich fragen,
    warum?“
    Das Wasserpokémon nickt. „Das Schloss liegt in der Mitte eines Sees“, erklärt es, „Und dieser See ist teilweise zu
    Eis gefroren. Wir Impoleon sind die einzigen Pokémon in Almia, die auf dem Wasser des Sees schwimmen und
    gleichzeitig auch Eis durchbrechen können, und nebenher können wir auch noch Leute oder Pokémon tragen.“ Dadurch wir mir natürlich einiges klar… Und wenn
    ich es zu dem Gebäude schaffen möchte, bevor die Team Nachschatten Schergen es erreichen… Dann würde ich hoffentlich auch als erstes zur Blaugeme gelangen!
    „Und dir geht es wieder gut, ja?“, hake ich nach. „Mir ging es nie besser“, bestätigt das Pokémon freudig und hebt zur
    Bestätigung die stählernen Flügel. „Gut, dann habe ich eine Bitte. Würdest du mich zu dem Schloss bringen?“ Es starrt mich perplex an. Schließlich nickt es
    entschlossen. „Danke.“
    Ich verabschiede mich von Pamor, bevor ich Camp Fröstel verlasse, um den Impoleon zum Eissee zu folgen. Dieser ist
    groß, größer als ich erwartet hatte und teilweise mit leicht glitzernden Eisplatten bedeckt. Das Wasser spiegelt den kalten und trüben Himmel, wodurch
    er eine eisgraue, eklig aussehende Farbe erhält. Und in der Mitte, auf einer riesigen, schneebedeckten Insel steht ein von schimmerndem Eis überzogenes Schloss,
    von dem ein bezaubernder Glanz ausgeht. Einfach Magisch.
    Die vier höchsten Türme sind ganz oben eisfrei und dadurch kann ich sehen, dass jedes Dach darauf eine andere Farbe
    hat. Eines ist pechschwarz, eines hellgelb, eines feuerrot und eines wunderschön blau. Sie sind allesamt gleich und unerreichbar hoch, wie es mir scheint. Die
    Fenster des Schlosses sind groß und das Glas teilweise zerstört, wahrscheinlich durch die jahrelangen Wetterbedingungen und das lebensfeindliche Klima des
    Schlottertales. Bei dem gesamten Anblick fängt mein Herz an, zu rasen. In dem verwitterten Gebäude muss die Blaugeme sein, der Stein, der es mit dem
    Schattenkristall aufnehmen soll.
    Ein Platschen reißt mich aus meinen Gedanken. Das Impoleon ist in das kalte Wasser gesprungen, doch anscheinend
    genießt es das eiskalte Nass. „Steigt auf“, befiehlt es, „Dann bringe ich euch schneller rüber als ihr ‚Schloss Almia‘ sagen könnt.“ Sany springt mit einem
    Satz auf den mächtigen Rücken, ich folge ihr zaghaft. Als ich sitze, kichert sie leise: „Am besten erzähle ich Bamelin, dass du total ängstlich warst, als wir
    den See überqueren wollten. Dass du dich total unsicher gefühlt hast, da dein bester Freund nicht bei der war, um dich zu beschützen, und notfalls zu retten,
    wenn du in das Wasser fällst.“ „Das stimmt doch gar nicht“, fauche ich, aber sie lässt sich nicht beeindrucken. Belustigt schnippt sie mich dem Schwanz.
    „Okay“, sage ich mit gepresster Stimme, „Wir können dann mal.“ Das Impoleon startet sofort. Das Wasser zischt und die
    Eisluft streift mein Gesicht, während ich zwanghaft versuche, mich festzuhalten. Mein Magen rumort. Ganz sicher ist das nicht meine liebste Art,
    um von A nach B zu gelangen. Erst als ich Eis splittern höre, merke ich, dass ich meine Augen fest zusammengepresst hatte. Jetzt starre ich durch Schlitzen
    auf mein Ziel. Wir müssen schon die Hälfte des Weges hinter uns gelassen haben. Nun kann ich sogar schon das Tor, das reich verziert ist, erkenne. Meine Beine
    werden von Eissplittern getroffen, aber sie prallen allesamt an dem dicken Stoff ab. Mit einem lauten Zischen lassen wir die dicke Scholle hinter uns und
    erreichen endlich das Ufer.
    Mit zitternden Knien und knirschendem Schnee unter meinen Sohlen betrete ich die Insel. „Danke, Impoleon“, sage ich
    matt. Es nickt kurz, bevor es abtaucht. Langsam drehe ich mich um. Nun sehe ich das Schloss direkt vor mir, in seiner ganzen beeindruckenden und
    einschüchternden Pracht. Das Tor steht weit offen und auf es zu führen einige, im Schnee gut erkennbare Spuren. Fußspuren von Menschen, nicht von Pokémon. Wie
    es aussieht, ist Team Nachtschatten schon hier.



    Sieht ein bisschen seltsam aus.. Nja, aber besser konnte ich die Form nicht hinrichten..
    ggvlg, Soso-chan


    Suche Ditto-Safari :3 Eigener Safarityp: Gestein!


    Mein Freundescode: 2380-4026-3514

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  • Soo, neue PM (Warum fangen auf einmal so viele an, Unwished zu lesen? Übrigens, auf Fanfiction.de überarbeite ich die
    ganze Story nochmal, aber ich poste auch hier die Kapitel, die ich dort überarbeitet habe, neu), neues Kapitel:


    Kapitel 31 - Die Träne des Prinzen


    Die Eingangshalle macht einen kühlen Eindruck auf mich, so leer und verlassen und dennoch so groß wie sie ist. Ein
    langer, sogar gedeckter Esstisch steht direkt in der Mitte. Sogar nach vielen Jahren sieht es so aus, als würden im nächsten Moment ein König und eine
    Königin am Tisch Platz nehmen, dazu ihre Gäste und danach würden Diener und Dienerinnen mit Essen kommen. Mit schief gelegtem Kopf trete ich darauf zu.
    Einen Moment komme ich mir sogar selbst vor wie eine Prinzessin aus einer längst vergangenen Zeit.
    Als hätte sie meine Gedanken gelesen, springt Sany auf den Tisch, macht Männchen und ruft: „Das Evoli der Prinzessin
    von Almia ist zurückgekehrt und erwartet nun Diener, die es ihm eine Wanne mit warmen Wasser zum Baden bringen!“ Ich kichere und drehe eine Pirouette.
    Amüsiert klimpere ich mit den Wimpern. „Die Prinzessin von Almia wünscht etwas zum Essen. Sofort!“ Schelmisch grinst mir mein Partner Pokémon zu, dann
    antwortet es: „Soll vielleicht der Prinz von Almia es herrichten? Sie lieben doch das Essen von ihm genau so sehr wie ihn selber.“ Wieder spüre ich, wie
    sich mein Gesicht erhitzt und sofort lege ich das spielerische Getue beiseite.
    „Was?“, sagt Sany, „Seit ich dich in Bodos Nähe wegen Bamelin nicht mehr so richtig triezen kann, habe ich nur noch
    bei deinen Mission, bei denen du alleine bist, ohne Bodo, die Gelegenheit dazu…“ Mit einem Schwanzschnippen springt sie vom Tisch. „Komm, wir müssen das
    Schloss genauer untersuchen!“, meint sie und geht auf einen großen, verzierten Türrahmen zu. Ich folge ihr. Garantiert wird sie dieses „Prinzessin und Prinz
    von Almia“ so schnell nicht mehr vergessen.
    Schon von außen sah das Schloss gigantisch aus, doch das war nichts, gar nichts gegen das Innere. Jede Menge
    Türen, die in neue Räume führen, oder zu Gängen oder zu Treppen, die sowohl nach oben als auch nach unten gehen. „Oh, Gott, wo müssen wir hin? Wir können
    doch unmöglich jedes Zimmer in dem Schloss absuchen!“, jammere ich, als wir erneut ein Treppenhaus finden, durch das man mehrere Stockwerke erreichen kann.
    „Nein, das musst du auch gar nicht“, ertönt eine schnarrende Stimme hinter mir, „Denn du wirst dieses Schloss
    verlassen, dafür werde ich schon sorgen!“ Geschockt starre ich auf einen Team Nachtschatten
    Schergen, der nur ein paar Schritte von mir entfernt steht. „Aktivieren“, murmelt er und schaltet einen KonMini ein. Sofort schießt mir ein scharfer
    Schmerz durch den Kopf. Unabsichtlich greife ich mit der linken Hand an die Stirn, während meine Knie anfangen, zu zittern, als auch der Schwindel
    einsetzt.
    "Keine Sorge, Engelchen, meine Smogmog werden dich schnell erledigen“, murmelt der Team Nachschatten Anhänger und er
    tippt wie wild auf die Tastatur des KonMinis. Bei den Worten stelle ich mich wieder kerzengerade hin und aktiviere meinen FangKom. Die zwei Smogmog stürzen
    von der Zimmerdecke auf mich herab. Sany wehrt die ersten Attacken von ihnen mit einem Schutzschild ab. Meine Fangscheibe düst im gleichen Moment auf eines
    der zwei Giftpokémon zu, umkreist es durch meine von der Hand gezogenen Kreisen.
    „Mach sie beide mit deiner Aquawelle nass!“, befehle ich, weiche gleichzeitig einer auf der zerplatzenden
    Schlammbombe aus. Kalte Schlammwasser spritzen auf meine Uniform. Eine Wasserkugel, von Sany geschickt, trifft ein Smogmog und schleudert es zu Boden,
    das zweite landet fast direkt daneben. Die Fangscheibe wechselt das Ziel, nachdem der erste Fangversuch erfolgreich beendet ist. Mit einem Eisstrahl
    friert Sany die beiden fest. Bewegungs- und wehrlos fange ich auch das zweite Pokémon, problemlos.
    „Meine… wahhhh!“, der Scherge macht Anstalten, mir etwas an den Kopf zu werfen, doch er wurde von der Explosion
    seines KonMinis abgelenkt. Es raucht stark, stärker als normal. In der Zwischenzeit renne ich eine Treppe abwärts, rutsche auf halber Strecke das
    Treppengeländer abwärts. „Was…“, häre ich den Rüpel noch brüllen, „Wo ist sie nur hin?!“ Leise tappe ich in einen Raum, in dem nur ein angefrorener Schrank
    mit Büchern steht. Ich schließe die Türe hinter mir. Es ist dunkel, nur von meinem FangKom geht ein wenig Licht aus.
    Auf dem Touchscreen herumtippend, lasse ich mich auf dem Boden nieder. Es tute leise und ich warte. „Kathrin, wa…“,
    beginnt Rhythmi, als sie abnimmt, doch ich lege einen Finger auf die Lippen.
    „Wir dürfen nicht laut sprechen. Wie du vielleicht erkennen kannst, bin ich inzwischen im Schloss Almia, aber leider nicht alleine. Team Nachtschatten ist
    ebenfalls hier. Mit denen im Nacken werde ich es nicht allzu schnell schaffen, die Blaugeme alleine zu finden. Es gibt in dem Schloss tausende von Räumen, in
    denen sie sich befinden könnte… Um auf den Punkt zu kommen… Könntest du mir nicht eine Karte oder so schicken, auf der ich alle Ebenen sehen kann? Oder die
    mir die Richtung anzeigt, in die ich gehen muss?“, flüstere ich hastig.
    Blondi nickt, sie versteht den Ernst der Lage. „Warte, ich schicke dir… Ach ja. Die Analyse deiner Gegend zeigt
    einen Gegenstand mit einer mächtigen Aura im dritten Stockwerk, im nördlichsten Zimmer. Doch das ist nicht alles… Ein starkes Wesen, halt, nein, ein Pokémon,
    hält sich bei der Geme auf. Wahrscheinlich eine Art Wächterpokémon.“ „Drittes Stockwerk, ganz im Norden“, wiederhole ich leise, „Danke, Rhythmi. Ich melde
    mich wieder, wahrscheinlich dann, wenn ich die Blaugeme habe.“ „Bis dann“, erwidert sie leise und legt auf.
    Die Dunkelheit verschluckt mich wieder. Gut, jetzt muss ich nach einem weiteren Treppenhaus suchen. Dort muss ich in
    das 3. Stockwerk erreichen und das Zimmer mit der Blaugeme ganz im Norden suchen. Vorsichtig taste ich mich an der
    Wand entlang, bis ich eine Klinke unter meinen Handschuhen und sie langsam runterdrücken will. Allerdings brauche ich mehr als das bisschen Kraft.
    Wahrscheinlich ist sie gefroren. Heftig drücke ich. Es quietscht laut und ich schrecke zurück. Hoffentlich hat das kein Scherge gehört. Licht fällt durch den
    Türspalt. Mit noch mehr Kraftanstrengung bekomme ich die ganze Türe auf.
    Ein langer Gang führt nach Norden, kühl und abweisend wirkt er auf mich. Nachdem Sany hinter mir herausgeschlüpft ist,
    schließe ich die Türe hinter mir und mein Partner Pokémon versiegelt sie vollkommen mit Eisstrahl. „Lass es so natürlich wie möglich aussehen“, hauche
    ich ihr zu, „Es soll uns zwar möglich keiner folgen können, doch es soll auch niemanden auffallen, dass wir hier gewesen sind… Gut so. Komm, gehen wir.“ Auf
    Zehenspitzen begeben wir uns in Richtung Norden. Wir kommen an mehreren Türen vorbei, die genauso aussehen wie die, aus der wir gekommen sind, nicht wenige
    von ihnen sind vereist.
    Am Ende des Flures entdecken wir zwei Treppen, eine führt weiter runter, eine nach oben. Ohne Zweifel entscheiden wir
    uns für die aufwärtsführende. Während wir die Ohren gespitzt halten, tappen wir so leise wie möglich die Stufen nach oben. Bei jedem einzelnen Windhauch, bei
    jeden einzelnen Quietscher fahre ich zusammen und halt eine Weile still, bevor ich meinen Fuß hebe oder absetze, je nachdem in welcher Position ich davor
    verharrt habe. Die nächste Ebene erreichen wir unbemerkt, dann müssen wir erneut eine Treppe nach oben finden. Fast lautlos haste ich einen weiteren Gang
    entlang, blicke hinter jede unverschlossene Türe, finden aber nur weitere Räume.
    „Ich brauche doch nur eine Treppe. Nur. Eine. Treppe…“, flüstere ich mir selbst
    zu, hauche es fast. Dann betrete ich abermals das Zimmer mit dem gedeckten, langen Tisch. Bei dem Anblick erhalte ich eine neue Idee. Das Treppenhaus, in
    dem ich war, bevor mich der Team Nachtschatten Scherge gefunden hat. An dem Weg dorthin erinnere ich mich gut. Ich haste zur Türe, teste den Raum dahinter und
    stürme an den Ort, an dem ich vorhin den Rüpel getroffen habe.
    Er ist leer. Das Eis, mit dem Sany zuvor die Smogmog festgefroren hat, ist noch restlich zu erkennen. Auch bei den
    Treppen ist niemand. An der Wand entlang, steige ich die Stufen aufwärts, wieder auf leiseste Geräusche achtend. Im nächsten Stockwerk ankommend, teste
    ich zuerst, ob die Luft rein ist. Dann nehme ich mir die nächste Treppe vor. Im dritten Stockwerk, nachdem ich selbst im zweiten niemanden entdeckt habe, halte
    ich erstaunt inne. In dem großen Raum vor meiner Nase besteht der Boden aus lauter kleineren und größeren Löchern mit nur höchstens drei Meter Abstand,
    aber das ist nicht genug.
    Die hellblauen Fliesen sind allesamt und vollständig mit Eis bedeckt. Bei diesem Anblick wird mir ganz bange. Wie
    groß ist die Chance, dass ich eine der drei Türrahmen erreiche, ohne davor durch ein Loch zu plumpsen? Der Schock muss mir im Gesicht stehen, denn Sany
    gluckst: „Am besten erzähle ich Bamelin noch dazu, dass du ganz knapp an einem Loch vorbeigeschlittert bist, zitternd und total ängstlich. An einem Loch, das
    mehrere Meter in die Tiefe geführt hat…“ „Deine Geschichten werden immer haarsträubender“, beschwere ich mich knurrend.
    Vorsichtig setze ich einen Fuß auf das glatte Eis und teste, wie rutschig es ist. Die Schuhe minimieren die Glätte nur
    ein wenig. Wahrscheinlich werde ich gewaltig aufpassen, um nicht doch durch ein Loch zu fallen. „Nehmen wir gleich die nördlichste Türe?“, frage ich Sany und
    betrachte zweifelnd die anderen zwei Türrahmen. „Klar“, schnurrt sie und versengt ihre Krallen ins Eis. Sie wird sich problemlos darauf bewegen können.
    Auf ihren stillen Pfoten schleicht sie sich raubtierhaft auf den nördlichsten Türbogen zu. Langsam und auf alles
    achtend, folge ich ihr schlitternd. Auf halber Strecke hält Sany inne und spitzt die Ohren. Sie drehen sich in die Richtungen der anderen Türrahmen. Erst
    als ich hinter ihr stehe, bemerke ich das und schaue auch dorthin, höre jedoch nichts. Noch nicht.
    „Bleibt stehen, ihr zwei ekeligen Mistviecher!“, dringt schließlich eine helle Stimme an mein Ohr. Zwei Riolu
    hüpfen auf das Eis, rutschen aus und gleiten knapp vor ein Loch, das beide problemlos auf einmal hätte verschlingen können. Eine wütende, keuchende Team
    Nachtschatten Schergin taucht direkt danach auf, sie hält sich an der Wand fest. „Mistviecher, verreckte, wie könnt ihr es wagen“, schimpft sie zornig,
    wagt es aber nicht, die vereiste Flächen zu betreten.
    Ihr Blick fällt auf mich und die Ader an ihrer Schläfe pocht nur noch stärker. Inzwischen habe ich mich schon an die
    fassungslosen und zornigen Gesichtsausdrücke der Mitglieder des Teams gewohnt, dass es mich nicht erstaunt. „Sany, könntest du nicht den Riolu auf die Beine helfen?“,
    seufze ich, von dem Anblick tatsächlich schon gelangweilt. Mit ausgefahrenen Krallen tappt mein Partner Pokémon zu ihnen hinüber. Die Kampfpokémon legen
    jeweils einen Arm über sie und sie können sich dadurch aufrichten.
    Zu dritt kämpfen sie sich weiter voran zu unserem Ziel. „Stehen bleiben“, faucht die Anhängerhin, „Ich habe gesagt,
    dass ihr da bleiben sollt, wo ihr seid!“ Ich kneife die Augen zusammen. „Du hast nicht ‚gesagt‘“, ich ziehe das Wort spöttisch in die Länge, „Sondern du
    wolltest es uns befehlen. Nur dass ich zu deinem Pech keine Befehle annehme, von niemanden, erst recht nicht von kleinen, schreienden Heulsusen wie du eine
    bist.“
    Knurrend springt sie vor, rutscht aus und fliegt nach hinten auf den Hintern. Ihr Aufschrei erschreckt mich sosehr,
    dass ich ebenfalls umfliege, allerdings nach vorne. Wahrscheinlich wäre ich auf der Nase gelandet, wäre mein Kopf nicht von einer derart dicken Mütze bedeckt
    und meine Schultern hängen über einem Loch. Verwundert starre ich auf den verwunderlich weit entfernten Boden hinab. Vorsichtig ziehe ich mich wieder auf
    meine Beine und schlittere zu Sany, zu unserem Ziel.
    Ich bin unheimlich froh darüber, kein Eis mehr unter den Sohlen fühlen zu müssen, meine Füße wieder normal heben zu
    können, ohne fürchten zu müssen, dass sie mir einfach so entgleiten. Froh hüpfe ich unbeschwert nach vorne, bevor ich mich genauer umschaue. Ein einziger
    breiter Flur erstreckt sich vor uns. Die Riolu richten sich wortlos auf. „Was für eine Schreckschraube“, murrt eines, während es aus den Augenwinkeln
    zurückblickt. „Ich hoffe doch sehr, du meinst nicht mich“, grinse ich und schaue alles in dem Flur an.
    Statt Spinnenweben zieren Eisbrocken die Ecken genau wie Verschnörkelungen in anderen Farben als blau. Lila, rot,
    gelb und orange. Die Riolu drehen sich beide zu mir um. Über die Schultern blicke ich zu ihnen. „Nein, aber den Schreihals da hinten“, erklärt es, und das
    zweite piepst: „Und die hat tatsächlich gedacht, sie kann uns fangen.“ Es ist offensichtlich, dass es ein Mädchen ist. Sie stemmt die Pfoten in die Hüften
    und schüttelt ungläubig den Kopf. Dann hält sie mitten in der Bewegung inne und ihre Augen weiten sich.
    „Du kannst uns verstehen?!“, fragt sie fassungslos, die hellblauen Augen leuchten gleichzeitig. Ich nicke und sage:
    „Mein Vater hat mir das, als er noch gelebt hat, beigebracht. Mit der Zeit habe ich die Fähigkeit zu schätzen gelernt, denn sie hat mir oft geholfen, auch,
    wenn sie mir irgendwie immer wie selbstverständlich vorgekommen ist.“ Leicht auf die Zehenspitzen tretend, tänzele ich den Gang entlang. „Du willst die
    Blaugeme haben“, stellt das erste Riolu fest. Sie folgen mir beide, Schritt für Schritt, nur Sany hüpft in meine Arme.
    „Woher wisst ihr das?“, flüstere ich atemlos. Eine Weile ist es still, abgesehen von unseren leisen Schritten. Meine
    Augen halte ich starr geradeaus gerichtet. Dann antwortet. Dann antwortet das weibliche Kampfpokémon: „Wir wollen doch meinen, dass es hier nichts anderes
    gibt, dass wichtiger ist als dieser Kristall.“ Natürlich, warum habe ich mir das nicht sofort gedacht. Als ich in das gleißende Licht des nächsten Raumes
    trete, brauchen meine Augen ein bisschen, um sich daran zu gewöhnen.
    Das Licht ist eisblau, kalt und unfreundlich. „Ich habe jemanden hereinkommen gehört“, dringt eine neue,
    unbekannte Stimme, die sich belustigt anhört, an meine Ohren, „Ich tippe auf ein Kind, das sich beim Herumrutschen auf den vereisten Fußboden vorstellt, ein
    Ranger zu sein.“ Jetzt erkenne ich einen Mann mit hellblauen Haaren. Er steht mit dem Rücken zu mir, und abgesehen davon sehe ich nur noch seinen ebenfalls
    blauen Mantel. Dann wendet er sich um. Seine Augen, die genau die Farbe des Eises auf dem kalten See haben, sind auf mich gerichtet, während seine Lippen
    sich zu einem hämischen Lächeln verziehen.
    „Treffer, was?“ Hinter ihm leuchtet eine hellblaue Barriere, von ihr geht wohl auch das Licht aus. Ich kneife meine
    Augen abermals zusammen und strecke ihm die Zunge raus, während ich meine Arme verschränke. „Hehe, tut mir leid. Bleib cool, okay? Mein Name ist Glazio. War
    nur ein Witz. Ich weiß, dass du ein waschechter Top Ranger bist. Dein Name war… Dumpfi-Kathrin? Nein, warte… Dumpfnasen-Kathrin? Irgendwas um den Dreh…“ „Ich
    glaube, du verwechselst mich mit einer deiner Teammitglieder, denn ich heiße nur Kathrin“, erwidere ich zischend.
    Glazio zieht eine Augenbraue hoch, sein Grinsen wird breiter. „Ohh, dann halt nicht. Ich weiß trotzdem, warum du hier
    bist. Immerhin, ich weiß alles. Du suchst nach etwas Blauem, nicht? Ich bin halt immer voll informiert. Also, was hältst du von der Idee: Sollen wir uns
    nicht zusammenschließen? Du lässt deinen FangKom tanzen, ich husche rein und schnappe mir das blaue Ding. Keine Angst, du bekommst deinen Anteil. Ich kaufe
    dir ein Wassereis. Das ist dann blau, weißt du. Genau das, was zu willst.“
    Ich zeige mit dem Finger auf den offenen Mund, um anzudeuten, dass ich mich übergeben würde, wenn diese
    Situation eintreten würde. „Wie soll ich nach dieser Mission noch Eis mögen? Und wieso sollte ich mich mit dir zusammentun? Das wäre doch total doof von
    mir, wenn ich etwas teilen müsste, weil ich es mit dir erreiche, obwohl ich es locker allein schaffen könnte und dich gleichzeitig dabei aussteche.“ Sany
    schnurrt amüsiert und die Riolu bauen sich an meinen Seiten, eines rechts, eines links, auf.
    „Nicht interessiert? Hmm, damit beschränkst du meine Optionen doch erheblich. Dann kann ich im Moment nur noch
    folgendes machen…“ Mit einer flinken Bewegung zieht er einen KonMini unter dem Mantel hervor, klappt ihn auf und schaltet ihn ein. Schmerz und Schwindel habe
    ich bereits erwartet, als ich Glazio schon gesehen habe, mein FangKom ist schon fertig für den Fangversuch. Ein Geräusch hinter mir lässt mich erahnen, woher
    die oder der Angreifer kommen oder kommt. Ich fahre herum.
    Ein schneeweißes Frosdedje schwebt gelassen auf mich zu. Meine Fangscheibe kreist auf ihn zu, doch schon am Anfang
    weiß ich, dass das kein einfacher Fang mit einem schwächlichen Pokémon wird. Ein eisiger Windhauch schließt von ihm auf mich zu, aber Sany blockt den
    Angriff mit einer Wasserkugel. Angriffslustig baut sie sich vor mir auf. „Na los, leg dich ruhig mit mir an“, fordert sie zischend, „Ich habe keine Angst
    vor dir…“ Die Riolu tauchen an ihrer Seite auf. „Passt auf, dass euch dreien nichts passiert“, hauche ich und ziehe ohne anzuhalten meine Kreise.
    Eines der Kampfpokémon formt eine Energiekugel zwischen den Pfoten. Zuerst glaube ich, dass es eine Aurasphäre
    ist, bevor mir einfällt, dass Riolu sie gar nicht erlernen können. Als ich einer gleich aussehenden Kugel von Frosdedje ausweichen muss, fällt mir ein,
    dass es ein Spukball sein muss. Der Spukball verschmilzt mit meiner Fanglinie. Das ist gut, denn Frosdedje ist ein Geistpokémon und reagiert dadurch auch empfindlich
    auf die Minigeister, die nun aus der Linie hervorschießen.
    Das macht sich durch das schmerzhafte Krümmen von ihrem zierlichen Körper bemerkbar. Doch sie ist nicht die einzige,
    der zugesetzt wird. Immer und immer wieder fährt der Schmerz durch meinen Kopf wie ein Bumerang, der von der einen Schädelhälfte zur nächsten fliegt und
    wieder zurück. Wenigstens hilft es gegen den Schwindel, dass ich auf den Knien bin. Als würde es dadurch besser werden, kneife ich ein Auge fest zu und beiße
    mir auf die Unterlippe. Die Riolu und das Evoli springen wie verrückt um das Frosdedje herum, weichen Attacken aus und greifen selber an.
    Als ich einem weiteren Eishauch ausweiche, passiert es. Ein Spukball fliegt auf mich zu, ich versuche,
    auszuweichen, rutsche aus und spüre dann nur noch, wie ich an meiner linken Schulter getroffen und nach hinten gerissen werde, bis ich anscheinend auf die
    Barriere treffe. Wie von einem elektrischen Stromschlag getroffen zucke ich, der Fangversuch ist unterbrochen. Der Schwindel und der verdoppelte Schmerz
    hindern mich daran, wieder aufzustehen. Ich höre Sany aufschreien und wild mit Flüchen um sich schlagen, nur, dass es gedämpft wird, als würde ich unter
    Wasser sein und sie über der Wasseroberfläche.
    Mein ganzer Körper zittert, besonders der Arm, auf den ich mich stütze. Die Augen habe ich mich fest geschlossen.
    Egal, wie sehr ich es versuche, mein Körper will mir nicht gehorchen. Ich keuche. Unter Schmerzen breche ich ganz zusammen, ein besonderer Stich quält
    meine linke Schulter. Vielleicht hat die Attacke ein Loch in die Uniform gerissen und jetzt kann die eiskalte Luft an meine verletzte Haut dringen.
    Meine ganze Willenskraft ist weg. Paff, einfach so. Vielleicht wäre es sogar besser, wenn ich das Atmen aufgeben würde…
    Bis… Neben dem kühlen Licht der Barriere erscheint ein zweites, warm und gemütlich. Ich merke es, obwohl meine
    Augen fast ganz geschlossen sind. Sofort fühle ich mich wieder geborgen. Es gibt mir Kraft und die Schmerzen und der Schwindel, alles, was mir zuvor wehgetan
    hat, schwindet und ich reiße meine Augen mit einem Schlag wieder ganz auf. Sanys Flüche kann ich nun deutlich hören, aber ich ignoriere sie trotzdem. Von
    meinem Körper verdeckt, ziehe ich kleine Kreise mit meinem FangKom. Sicherlich brauche ich nicht mehr lange, um den Fangversuch abzuschließen.
    Erst nach guten 20 Sekunden, in denen keiner bemerkt hat, dass es mir schon wieder gut geht, merke ich einen
    überraschten Aufschrei eines Pokémon, zweifellos das weibliche Riolu. „Was zum…“, will sich Sany erbosten, dann verstummt sie. Bereits im nächsten Moment
    verkündet mir die Explosion des KonMinis, dass ich Frosdedje gefangen habe. Das warme Licht erlischt, aber mir geht es wieder blendend. Ohne ein einziges
    Zittern richte ich mich auf. Ich puste über meinen Finger mit denen ich die Kreise ziehe, als wären sie eine gefährliche Waffe.
    „Oh, na gut, schon verstanden“, mein Blick wandert zu Glazio, der seufzt, „Du bist besser, als ich erwartet hatte.
    Bei unserem nächsten Treffen werde ich versuchen, nicht so unvorsichtig zu sein. Ach ja, dieses blaue Ding, das du wolltest… Das bleibt ganz dir
    überlassen… Wobei, nicht ganz. Es wird…“ „Von einem starken Wächterpokémon beschützt“, unterbreche ich ihn. Er starrt mich an, aber ich erwidere nur in
    einem typischen Alexa Tonfall, süßlich und spöttisch: „Ich weiß alles.“
    Sein Grinsen lässt nicht nach. „Na gut, Dumpfi-Kathrin! Wir sehen uns!“ Mit diesen Worten verschwindet er, mir nichts,
    dir nichts, einfach aus dem Raum. Sany stürmt auf mich zu. „Dir geht es gut!“, keucht sie und springt in meine Arme, „Abgesehen von deiner Schulter…“
    Tatsächlich. Wie ich schon vermutet hatte, hat die Attacke die Uniform an meiner linken Schulter zerrissen, sogar die normale Uniform und eine etwas
    größere Wunde an der Stelle verursacht. Blut rinnt langsam abwärts. Vorsichtig hebe ich die Schulter, doch der Schmerz bleibt aus.
    „Das wird schon wieder“, meine ich,
    „Sind doch nur ein paar Kratzer.“ Sie schnippt ungläubig mit dem Schwanz, kann
    jedoch nichts sagen, da die Riolu ihr zuvorkommen. „Hinter der Barriere ist die Blaugeme“, beginnt das eine, „Zusammen mit seinem starken Wächterpokémon“,
    beendet das zweite. Bei diesen Worten, als wären sie eine Zauberformel, fängt die Barriere an, von oben herab zu schmelzen und doch hinterlässt es keine
    Flüssigkeit auf dem Boden. Wortlos schaue ich zu.
    Die Riolu tänzeln voran, als sie sich ganz aufgelöst hat. Hinter einer großen Türe, einer sehr, sehr großen Türe, die
    ich problemlos aufschieben kann, befindet sich ein schmaler Gang, eine Art Brücke. Als ich über das Geländer hinwegschaue, sehe ich nur das gleißende
    Licht, das auch von der Barriere ausging, nur, dass ich bei diesem Hier eine gewisse Wärme spüre. „Nicht anhalten, nicht anhalten“, fordert das weibliche
    Riolu und springt elegant voraus. Es braucht nicht lange, dann kommen wir an das Ende.
    Und der nächste Raum, den ich betrete, ist ohne Frage einer der schönsten, die ich je betreten habe. Voller funkelnder
    Lichter an der Decke, wundervoll verzierte Wände, ein kompliziert verschlungenes Muster auf dem Boden und in der Mitte, alles Schöne im Raum verbleichen
    lassend, ein Altar, glitzernd und glänzend. Auf ihm befindet sich ein tränenförmiger Stein, ein Kristall in einem undefinierbaren Blauton. Er ist
    nicht größer als zwanzig Zentimeter, und doch kommt er mir gigantisch vor. Vielleicht auch nur, weil der Weg, hierherzukommen, einfach so viele
    Schwierigkeiten mit sich gebracht hat.
    Von seiner Schönheit gebannt, vergesse ich beinahe, dass die Geme auch noch von einem Pokémon bewacht wird. Bis ein
    Lucario plötzlich aus dem nichts auftaucht. Geschockt starre ich es an, genauso überrascht schaut es mich an. „ihr habt einen Menschen hier herein gelassen?“
    Seine Stimme ist kräftig und voller Macht. Bei seinem Klang fühle ich mich wie ein kleines, schwächliches Mädchen, aber die Worte erstaunen mich. Wohl oder übel müssen sie an die Riolu
    gerichtet sein. „Was soll das denn heißen? Dürfte ich nicht hier sein oder so?“, frage ich neugierig, aber leise.
    Die spitzen Ohren des Lucarios hören mich trotzdem. Es stolpert ein paar Schritte rückwärts, was seinem mächtigen
    Eindruck ein wenig kleiner macht. Verwundert macht es den Mund auf. „Sie kann uns verstehen!“, erklärt unnötigerweise das eine Riolu. Beide werden danach von
    einem Blick des Lucarios durchbohrt, doch sie halten beide stand. Danach richtet es seine hellroten, glühenden Augen auf mich. „Du“, sagt es kühl zu
    mir, „Wie ist dein Name?“ „Kathrin. Kathrin Rose“, antworte ich ruhig.
    „Und warum bist du hier?“ „Ich wurde hierhergeschickt, um die Blaugeme zu holen.“ Das Lucario zieht eine Augenbraue
    zweifelnd hoch, also erkläre ich genauer: „Ein Team von bösen Menschen hat aus den Chroma Ruinen einen energiereichen Stein namens Schattenkristall an sich
    gerissen. Es ist allerdings eine Art Energie, die nicht vergleichbar ist mit der der Blaugeme. Sie kann Pokémon kontrollieren und verschiedenen Menschen
    Schmerzen zufügen. Die Energie eines Dunkelstücks, das ist sozusagen eine kleinere Version des Kristalles,
    konnte von einem einzigen Splitter der Blaugeme gesenkt werden. Garantiert wird auch die Blaugeme den Schattenkristall Einhalt gebieten und somit den Frieden
    in Almia wahren können.“
    Ein paar Sekunden ist es still. Das Wächterpokémon scheint seine Möglichkeiten genau abzuwägen und genau darüber
    nachzudenken, ob ich lüge oder nicht. Entweder greift es mich an, oder es gibt mit den Kristall, der Grund für den ich hierhergekommen bin.
    „Na gut“, seine zuvor noch angespannten Muskeln entspannen sich, „Ich weiß, dass du die Wahrheit sagst. Das ist die
    Intuition eines Wächterpokémon. Und die Tatsache, dass du uns Pokémon verstehst, zeigt, dass du ein guter Mensch bist. Frage mich nicht, woher ich
    das weiß. Ich weiß es einfach.“ Mit einem kräftigen Sprung begibt es sich auf den Altar und es durchbricht dort einen unsichtbaren Schutzschild. Es
    überbringt mir den blauen Kristall. „Viel Glück, Kathrin Rose“, wünscht es mir, dann verschwindet es genauso schnell, wie es gekommen ist. Die Riolu bleiben
    bei mir.
    Ich drehe mich zu ihnen um. Ihre Augen sind geschlossen, ihre Pfoten ausgestreckt, sie berühren sich fast. Ihre Aura
    wird sichtbar, passend blau, genau wie das neue Licht, dass zwischen ihren Pfoten entsteht. Dann wenden sie sich an mich. „Damit kannst du dich nach
    draußen teleportieren lassen“, erklärt eines der Pokémon schnell, dann verschwinden sie ebenfalls in dem Gang. Sany bleibt auf meinen Armen. Auf meine
    Schulter scheint sie nicht klettern zu wollen, weder auf die verletzte linke, noch auf die gesunde rechte.
    Ich gehe in die Knie und berühre vorsichtig das Licht, Sany über meinem rechten Arm und die Blaugeme in der
    rechten Hand. Plötzlich ist alles hell um mich herum. Als das Licht wieder verschwindet, sehe ich wieder Schnee. Sofort schaue ich mich um. Natürlich bin
    ich draußen, direkt vor dem Tor. Jetzt rufe ich im HQ an, Rhythmia nimmt ab. Bevor sie ein Wort sagen kann, zeige ich ihr die Blaugeme. Sie dreht sich um
    und ruft nach Professor Hastings. Er kommt schnell. „Gut gemacht, Kathrin. Ich schicke dir jemanden, der dich beim Schloss abholt. Warte dort einfach.
    Abgesehen davon: Mission geschafft!“
    Unwillkürlich muss ich lächeln, danach lege ich auf. Während ich auf die Person warte, die mich abholen soll, spüre
    ich wie der stechende Schmerz an meiner Schulter zurückkehrt. Nicht so stark, wie bei dem Fang von Frosdedje, da wurde der Schmerz noch von dem KonMini, um
    genau zu sein von dem Dunkelstück darin, verstärkt. Ich schließe die Augen und lehne mich an die harte Schlossmauer, sinke auf die Knie. Sany tappt vor mich
    im Schnee herum. Eine Weile betrachte ich sie dabei, bis sie genug davon hat und sich in meine Arme kuschelt.


    Als ich Flügelschlagen höre, blicke ich von dem schnurrenden Katzenpokémon auf und erblicke ein Staraptor, doch ich
    kann nicht erkennen, wer darauf sitzt. Wahrscheinlich Volara, sie ist immerhin bekannt als die fliegende Rangerin. Das Flugpokémon fliegt direkt auf mich zu.
    Erst als es landet, sehe ich genau, wer darauf sitzt. Mir ist klar, dass Professor Hastings meine Wunde gesehen hat und rege mich über seine
    Dreistigkeit auf. Gleichzeitig finde ich es aber auch irgendwie toll.
    „Ich wusste doch, dass du nie hättest alleine gehen dürfen“, erbost sich Bodo. Er stapft auf mich zu. „Professor
    Hastings“, murmelt Sany, ohne mit dem Schnurren aufzuhören, „Macht sich seine Probleme wirklich selber.“ Natürlich hat sie Recht. Ich verstehe, was sie
    meint. Bodo streckt mir eine Hand zu, die ich mit meiner rechten ergreife, und so hilft er mir auf. Um ihm von meiner Wunde abzulenken, frage ich: „Du kannst
    auf einem Staraptor fliegen?“
    „Ja, in Fiore gelernt, aber du solltest jetzt besser nicht vom Thema ablenken. Du weißt schon, dass du
    blutest, oder? Komm, wir fliegen zurück zum Ranger HQ, damit das da verarztet werden kann.“ Er hebt mich vorsichtig auf das Staraptor und steigt dann vor mir
    auf. „Halt dich gut an mir fest“, fordert er mit einem Seitenblick auf mich. Ich schlinge meine Arme um seine Mitte und lege meinen Kopf auf seinen Rücken.
    Meine Augen schließe ich. Die Blaugeme in der Brusttasche der Winteruniform ist warm und Sany auf meiner rechten
    Schulter schnurrt zufrieden und amüsiert. Ich weiß genau, was sie denkt, sage ihr aber nichts. Mit einem Flügelschlag hebt das Staraptor ab und wir fliegen
    auf direktem Wege zum HQ.



    gggvlg, eure Soso-chan
    (Mensch, musste das unbedingt nach links versetzt sein? Habs geändert..)

  • Dieses Kapitel ist, denke ich, eines, das man sich noch einmal durchlesen sollte, wenn man die Story bereits durchhat. Die Träume verraten so viel, aber nur, wer das Ende kennt, kann daraus noch
    einige Informationen schöpfen.
    Es ist ein frei erfundenes Kapitel, das mir SEHR VIEL SPAß bereitet hat. Ich liebe es.. Für alle Vatonageshippingfans ein absolutes Muss!! >.<
    Diese Szene hatte ich einmal mit Estrella ausgearbeitet, mit ihr besprochen, sie hat mich auf die Idee gebracht.. Leider war es mit den Unterhaltungen mit einem Mal aus.....
    Sie fehlen mir...
    Aber nun, wie auch immer, viel Spaß beim Lesen, dieses Kapitels! Ich, wie gesagt, liebe es einfach >.<


    Kapitel 32 – Alexas Ankunft (KPV)



    Wieder dieser Raum, klein, rund und seine Wand besteht immer noch aus diesen dunklen Lichtern. Nur ein Teil ist von einem geraden Spiegel verdeckt, „Was zum Teufel mache ich hier?“, fluche ich laut zur Decke hin. Aus irgendeinem Grund fühle ich mich eingesperrt und wehrlos und das macht mich sehr sauer. Meine Augen funkeln mein Spiegelbild an, mein Spiegelbild funkelt zurück. Die braunen Haare, meine Haare, sind offen, sie kringeln sich unschuldig um meine Schultern und bedecken sie. Das knielange Kleid hängt locker an mir herab.
    Wütend stemme ich die Hände in die Hüften, dann drehe ich mich um. Dunkelheit verschlingt mich ohne Vorwarnung, ein Eisschauer überläuft meinen vom Kleid freigelegten Rücken. „Sie wird kommen!“ „Sie ist auf dem Weg!“ „Bald!“ „Frei!“ „Und unbeschwert!“ Viele Stimmen, die ich nicht kenne, rufen wild durcheinander und daraus ergeben sich unzusammenhängende Satzfetzen. Danach ist es still.
    „Wer wird kommen?“, brülle ich in die Stille hinein. Ein kühler Windhauch saust an mir vorbei. Moment, ein Windhauch? Ist das vielleicht ein Luftzug, oder stehe ich inzwischen im Freien? Ein Zischen der Stimmen. „Ssssieee….“ „Bekomme ich eigentlich ein einziges Mal in meinem Leben in meinen Träumen eine klare Antwort?!“, schreie ich wütend. Ein Blitz erhellt meine Umgebung nach meinen fordernden Worten.
    Ein langgezogener Gang, vor mir ist nichts, hinter mir auch nichts. Ein Flur ohne Anfang und ohne Ende. Das ist alles, was ich in der erleuchteten Sekunde sehen kann, bevor die Dunkelheit zurückkehrt. Nach einem zweiten Blitz, der kurz auf den ersten folgt, hat sich alles verändert. Jetzt bin ich in einem Raum – Ist es wirklich ein Raum, und keine Halle? – und überall sind Spiegel aufgestellt.
    „Du bekommst lauter klare Antworten“, säuselt eine Stimme hinter mir, „Wenn du genau darüber nachdenkst, kannst du dir sicher einen Reim darauf machen und verstehen.“ Natürlich. Als ich herumfahre, sehe ich sie wieder. Das Mädchen mit den schwarzen Haaren, den zweifarbigen Augen und den unnormal langen Eckzähnen. Dann ist das Licht weg.
    „Kathrin?“, höre ich eine entfernte Stimme meinen Namen rufen, „Komm schon, wach endlich auf!“ Ich schlage die Augen auf. Alles, was ich sehen kann, ist eine geschlossene Türe und ein ungemachtes Bett. Bodos Bett, und zuvor seine Stimme. Wo ist er? Ich drehe meinen Kopf auf die andere Seite, in Richtung Balkon und Fenster. Mein bester Freund sitzt am Rand meines Bettes, mein Partner Pokémon auf seinem Schoß und er krault sie unter dem Kinn. Als er sieht, dass ich wach bin, lacht er.
    „So? Schlägt das Dornröschen auch mal die Augen auf?“ Sany kichert ihr seltsames Kichern und murmelt so leise, dass es selbst ich fast nicht hören kann: „Prinzessinnen brauchen ihren Schönheitsschlaf und ich denke, das unsere nur auf den ‚Steh-auf-mein-Schwatz‘-Kuss von ihrem geliebten Prinzen gewartet hat.“ „Hab euch zwei auch lieb“, erwidere ich und richte mich auf, „Ist es schon so spät? Ich habe doch nicht etwa verschlafen?“
    „Nein, Kätzchen“, beruhigt ich Bodo, „Aber Blondi hat doch heute Geburtstag und ich dachte, du willst ihr dein Geschenk pünktlich überreichen.“ Ich lasse mich wieder zurückfallen. Rhythmias Geburtstag, natürlich. Schon seit Tagen geht sie uns damit auf die Nerven. Es scheint mehr als nur Vorfreude gewesen zu sein, als sie gestern rumgehoppst ist wie ein Kaninchen. Biest. Sany und sie haben garantiert wieder irgendetwas wegen Bodo und mir ausgeheckt, wie die ganze letzte Woche über. Wahrscheinlich war sogar Lucy ein paar Mal dabei. Ich bin geliefert.
    Als ich nichts mehr sage, meint Bodo: „Du hast im Schlaf um dich geschlagen. Schlecht geträumt?“ Albträume? Habe ich in der letzten Nacht überhaupt geträumt? Wie durch einen Schleier fällt mir etwas ein, aber nur ein Schatten, so kommt es mir jedenfalls vor. „Ich weiß nicht... Aber ich glaube… Ja, da waren Personen, die miteinander geredet haben. Sie klangen angespannt.“
    „Hast du sie erkennen können?“ „Nein, es war dunkel, aber ich habe aus dem Chaos etwas heraushorchen können. Warte, sie haben gesagt… Sie haben gesagt, dass ‚Sie‘ kommen wird, schon bald. Und sie ist frei und unbeschwert, oder wird es auf jeden Fall dann sein.“ Ich schaue zu Bodo, der sofort fragt: „Wer ist sie?“ „Wenn ich das doch nur wüsste... Die wollten es mir nicht sagen, und dann war da noch dieses Mädchen mit…“ ich unterbreche meine Erzählungen, „Jetzt bin ich verwirrt. Erstens habe ich diese Träume schon seit Ewigkeiten, konnte mich aber tagsüber nie daran erinnern. Zweites, ein Gefühl sagt mir, dass ich sie kenne, aber außer in meinen Träumen habe ich sie noch nie getroffen…“
    Mit einer Hand streiche ich mir die Haare zurück. Bis jetzt habe ich mich wirklich nie an diese Träume erinnern können. An nichts! Warum weiß ich das jetzt wieder? „Wie sah das Mädchen aus? Was genau ist los?“, fragt Bodo. Mein Blick wird leer. „Sie hat schwarze Haare und sie dürfte nicht viel älter sein als ich. Außerdem hat sie zwei verschiedenfarbige Augen. Das eine ist rot, das andere blau, und sie hat auch so ein Kreuz. Bei ihr ist das Auge ebenfalls offen, wie bei dir, nur, dass es sowohl schwarz als auch weiß lackiert ist, und weiße und schwarze Kristalle hat. Und sie hat“, erst nachdem ich geschluckt habe, spreche ich weiter: „Lange Eckzähne.“
    Betretenes Schweigen, während ich aus dem Fenster schaue. Der Himmel ist noch leicht dunkelblau, doch er färbt sich schon rosa-rot, dort, wo die Sonne bald auftauchen wird. „Sie hat Vampirzähne und trägt eine Mischung aus unseren Kreuzen?“, höre ich Bodo und nicke. Wahrscheinlich denkt er sich jetzt, dass ich sehr merkwürdige Träume habe. „Spielt es überhaupt eine Rolle, was in meinen Träumen passiert?“, murmele ich und steige aus dem Bett. „Naja, du musst daran denken, dass uns deine Mama mal in zwei Träumen besucht hat, also, könnte es ja nochmal wichtig werden…“, flüstert Bodo.
    Im Bad betrachte ich meine linke Schulter im Spiegel genauer. Die Schnitte sind gut und einigermaßen schnell verheilt. Zweifellos waren sie es nicht wert, dass man sich wegen ihnen aufregt, aber Bodo scheint in Professor Hastings Nähe immer recht muffelig zu sein. Vorsichtig betaste ich die Stelle mit den Fingern. Nichts, kein Schmerz. Angezogen und satt vom Frühstück stehe ich in der Eingangszentrale, ein Päckchen in den Händen.
    Es ist das Geschenk für Blondi, ein Top und ein Paar Schuhe, das sie unbedingt wollte. Sie musste zu lange arbeiten und ist deshalb zu spät zu dem Ausverkauf gekommen. Genau das, was sie wollte, war natürlich weg, und ich war die nicht verdächtige Schuldige. Ich wusste genau, dass sie es nie und nimmer schaffen würde, also habe ich vorgesorgt, sie aber in dem Glaube gelassen, dass sie weder das Oberteil noch die Schuhe bekommt. Deshalb freue ich mich jetzt schon auf ihr Gesicht, wenn sie mein Geschenk auspackt.
    Bodo wartet auf Primo, der sich in allerherrgottsfrühe aufgemacht hat, um rechtzeitig hier zu sein. Mit dem Rücken zur Türe schaue ich mich um, auch, wenn ich eigentlich nichts sehe. Mit meinen Gedanken bin ich weit weg, bei meinen seltsamen Traum. „Sie wird kommen…“ Aber wer zum Teufel ist ‚sie‘? Ist sie das Mädchen mit den schwarzen Haaren? „Ist das mein ‚Alles-gute-nachträglich-zum-Geburtstag-Geschenk‘? Den hast du doch sicher nicht vergessen, wo wir doch am gleichen Tag geboren wurden…“, reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken und jemand grapscht nach dem Päckchen in meiner Hand.
    Im ersten Moment bin ich wie erstarrt. Schwarze Haare und ein eisblaues Auge. Das Mädchen aus meinen verrückten Träumen! Begeistert entreißt sie mir Rhythmias Geschenk. Ein „Wer bist du?“, entfährt mir unwillkürlich, bevor ich mir das Päckchen wieder kralle, „Und das ist nicht für dich!“ „Kathrin, du weißt ganz genau, wer ich bin!“, säuselt sie und ihre zwei blauen Augen funkeln kalt. Sie hat wirklich zwei eisblaue Augen, nicht ein blaues und ein rotes. Mit einem Schlag wird mir auch klar, wer sie ist.
    „Alexa?!“, kreische ich. Ihr Lachen lässt meine Nackenhärchen zu Berge stehen. „Genau, Cousinchen“, sagt sie und beäugt das Geschenk, „Und du bist dir ganz sicher, dass dieses hübsche Ding nicht für mich ist?“ „Ganz sicher. Das ist für eine Freundin, die heute Geburtstag hat“, knurre ich. Dann geht die Türe auf und Bodo kommt mit Primo rein. Ich zwänge mich an meiner Cousine vorbei und stelle mich an die Seite meines besten Freundes.
    „Lass uns doch bitte, bitte hochgehen, ja?“, flüstere ich ihm zu. Ganz ehrlich, ich habe keine Lust, dass mir meine Cousine auf die Nerven geht und nach oben darf sie laut unseren Regeln nicht. Sie ist nur eine Besucherin und keine Angestellte des HQs. Also hake ich mich bei ihm unter und gehe mit ihm zur Rolltreppe, Primo folgt uns gut gelaunt. „Ist Rhythmi schon wach?“, fragt er neugierig.
    „Weiß ich nicht, aber die Chancen sind nicht so gut, dass sie schon aufgestanden ist. Gesehen habe ich sie auf jeden Fall noch nicht“, antworte ich hastig. Über Bodos Schulter werfe ich einen Blick durch meine Haare auf Alexa. Sie starrt uns interessiert hinterher und grinst gleichzeitig hinterlistig. Hilfe, ich möchte nicht wissen, was sie jetzt schon ausheckt. Bestimmt nichts Gutes, schlimmer als die Verkupplungspläne!
    Als wir oben ankommen, atme ich tief ein und aus. „Was ist los mit dir?“, fragt Bodo. „Jetzt rate mal, wer das Mädchen mit den schwarzen Haaren in dem Raum unter uns war?“, erwidere ich, ich habe einfach zu viele schlechte Erfahrungen mit meiner Cousine gemacht, als dass ich nun ruhig bleiben könnte. „Was für ein Mädchen?“, ist seine Gegenfrage. Sie verwirrt mich. „Aber du hast doch zu mir geschaut, nachdem du mit Primo den Raum betreten hast! Da stand doch dieses Mädchen!“, quietsche ich, als wir das Mini Café betreten.
    Bodo zuckt mit den Schultern. „Ich habe niemanden gesehen“, beharrt er, „Abgesehen von dir.“ Nachdem ich eine Augenbraue hochziehe, erklärt er noch: „Primo hat mich davor abgelenkt. Aber okay, wer war das schwarzhaarige Mädchen?“ „Alexa!“, quieke ich, „Meine Cousine, die doofe K…“ Ich stoppe mitten im Wort und fahre fort, „Was macht die hier? Sie ist doch Koordinatorin, also was macht sie hier in Almia?“
    Statt Bodo antwortet Primo: „In Almia, Fiore und Oblivia gibt es einmalig ein paar Wettbewerbe und diejenigen, die bei denen 5 Bänder gewinnen, können an dem großen Festival in Fiore teilnehmen. Wahrscheinlich ist sie deshalb hier. In Havebrück findet bald der erste Wettbewerb statt.“ „Na, toll, bis dahin wird sie mich quälen!“, jammere ich und lasse ich auf einen der Stühle nieder. „Das soll sie ruhig versuchen, dann wird sie nämlich zu meinem menschlichen Kratzbaum!“, faucht Sany.
    „Hunger?“, fragt Bodo seinen Kumpel, der nickt. Offenbar ist er aufgebrochen, ohne davor zu frühstücken. Also geht er zu Aladin und bestellt sich Toast und Erdnussbutter. Doch die ganze Zeit wirft er immer wieder nervös einen Blick zur Türe. Mir ist klar, dass er wahrscheinlich auf Rhythmia wartet. „Glaubst du“, fragt Bodo in meine Gedanken hinein, „Dass Misty, Maike und Lucia auch kommen werden, wegen den Wettbewerben mein ich?“ „Also, wenn, dann nur Maike und Lucia. Misty ist eine Trainerin und auch Arenaleiterin. Wenn sie Zeit hat, um zu kommen, dann wird sie zwar den anderen zwei zuschauen, aber nicht mitkämpfen.“
    Pachirisu verschlingt in der Zeit massenhaft Pokéfutter. Es ist ähnlich gefräßig wie Sany. Als ich das laut ausspreche, lacht Sany und Pachirisu schaut verwundert auf. Lange lässt es sich nicht ablenken, dann schlingt es auch schon wieder weiter. „Ich werde Sany dabei unterstützen, Alexa fertig zu machen“, grinst Bodo, „Aber nicht mit Krallen, da habe ich ohnehin keine.“ „Wie lange, glaubst du, wird Professor Hastings noch brauchen, um die Maschine für die Blaugeme fertig zu stellen?“, frage ich in die darauf folgende Stille hinein.
    Sany springt auf meinen Schoß und lässt sich kraulen. „Schwer zu sagen, aber hoffentlich bald“, sagt mein bester Freund. Dann sagt wieder keiner was. „Sie wird kommen.“ Hatten die Personen damit vielleicht Alexa gemeint? Sie sah dem Mädchen aus meinen Träumen vorhin so ähnlich. Mit ihren schwarzen Haaren… Und ihren eiskalten Augen. Ein Schauer überrieselt meinen Rücken. Nein, das kann nicht sein. Alexa hat keine überlagen Eckzähne, Vampirzähne, wie Bodo dazu gesagt hat.
    Sie ist blass, ohne Zweifel, denn ihre Haut wird nur sehr langsam braun, aber das ist noch lange kein Beweis, warum meine eigene Cousine ein Vampir sein sollte. Außerdem gibt es doch überhaupt keine Vampire. Wenn das so wäre, stellt sich demnächst wahrscheinlich heraus, dass Tante Ruth eine Hexe und Lucy ein Engel ist! Am besten, ich sehe das Thema als abgeschlossen an. Alexa von Dannen ist weder ein Vampir noch das seltsame Mädchen aus meinen Träumen.
    Hmm, was Blondi heute an ihrem Geburtstag wohl noch machen wird? Vielleicht gibt es eine Torte und eine Art Festessen, wie an meinem Geburtstag? Oder wir schauen am Abend DVD oder so… „Bin fertig!“, schreit Primo und schiebt seinen Teller weg, „Gehen wir zu Rhythmi, und schmeißen sie notfalls aus ihrem Bett!“ Nachdem wir in der Kommandozentrale, dem Labor und der Küche nachgeschaut und die Blondine nicht gefunden haben, stehen wir verwirrt im Gang zu den Schlafsälen.
    „Weiß jemand, in welchem Zimmer Rhythmi schläft?“, fragt der braunhaarige Junge, aber auch Bodo und ich sind ratlos. Keiner von uns hat die Technikerin je in ihr Zimmer gehen sehen. „Wir können wohl kaum überall klopfen und nachschauen, wo sie ist, oder?“, brummt Bodo. Er und Blondi konnten sich noch nie wirklich leiden. In der Schule waren sie ständig am Zanken, und sie zu suchen, macht ihm auch keinen Spaß. Zum Glück öffnet sich im nächsten Moment eine Türe ganz am Ende des Flures, der nach links führt. Herauskommt: Rhythmia, grinsend und lachend, gefolgt von Linda.
    „Happy Birthday“, sagen wir drei, wobei ihr bester Freund von ihr beinahe erwürgt wird. „Da!“, ich reche Blondi das Geschenk, aber sie schüttelt den Kopf. „Geschenke auspacken ist erst heute Abend, in dem Zimmer von Linda und mir, dazu kommen kleine Partyspielchen und die Fete selber. Ihr kommt alle, also du, du“, sie deutet auf Primo, dann auf mich, „du“, jetzt zeigt sie auf Bodo, „Linda, Karina, eine Technikerin, Moritz und Maria, eine von den Empfangsdamen bei uns.“ Evoli hüpft auf meine Schulter und schnurrt. „Moment“, unterbricht sie mein bester Freund, „Du lädst MICH zu deiner Geburtstagsfete ein? Ist etwa die Hölle eingefroren?!“
    „Nein, das nicht, aber ich glaube, Kathrin hätte dich heute Abend gerne dabei“, erwidert sie kühl und mit einem mir so bekannten Grinsen. Dieses Grinsen bedeutet garantiert nichts Gutes, und Sanys leises Zustimmend verstärkt das Gefühl einer drohenden Gefahr nur noch. Einer Gefahr, die nichts mit körperlich bevorstehendem Schmerz zu tun hat. Und die nächsten Worte von der Blondine geben mir bei meiner Vermutung nur Recht. „Ach ja, deine Schwester Lucy wird auch kommen. Sie ist in letzter Zeit immer gekommen, auch wenn du beim Arbeiten warst, und wir haben uns unterhalten!“
    „Und zusammen Verkupplungspläne geschmiedet, ja, ja, ich weiß“, füge ich in meinen Gedanken dazu, spreche es aber nicht aus. Stattdessen knirsche ich mit den Zähnen und werfe ihr einen wissenden Blick zu. Ihr Grinsen wird daraufhin nur noch breiter. Ich verdrehe die Augen. Auf den darauffolgenden Tag wappne ich mich vor dem, was heute möglicherweise noch passieren könnte. Auf dem Weg zu der Patrouille gehe ich nur langsam die Treppe zum Eingangsraum runter.
    Als Alexa jedoch nicht zu sehen ist, hüpfe ich munter zum Ausgang. Ich treffe sie glücklicherweise den ganzen Tag nicht mehr. Dafür schaffe ich es, auf der Nachmittagspatrouille einigen Abstand zwischen Bodo zu haben, und schaffe es, gleichzeitig Sany darüber auszuquetschen, was sie vorhaben. Professor Hastings hat entweder vor, sich mit Bodo gutzustellen, oder er steht einfach darauf, uns zu zweit als „Patrouillenpaar“ einzuteilen, aber auf jeden Fall schickt er mich nur mit meinem besten Freund los.
    „Also, was für idiotische Pläne haben du, Lucy und Rhythmi?“, zische ich ihr leise zu. Sie kichert. „Du musst das natürlich bemerken…“, schnurrt sie. „Klar“, fahre ich sie an, „Jetzt sag’s mir schon. Ich will nicht, dass heute noch etwas Schlimmes passiert. Bitte, bitte, Sany…“ „Es ist nichts, absolut nichts schlimmes, das verspreche ich dir. Du wirst sozusagen keine Schuld tragen müssen, aber es wird dir gefallen“, erklärt sie mit dem Versuch, mich zu beruhigen. Das ist dann auch schon das Ende unserer Konversation. Sie ist für mich nicht sonderlich erfolgreich verlaufen.
    Als die Sonne schon fast ganz untergegangen ist, kehren wir zurück zur Vereinigung. Rhythmi erwartet uns schon freudig im Eingangsraum. „Da seid ihr ja endlich! Los, dalli, dalli, ab in mein Zimmer, die Party soll sofort anfangen! Je eher, desto besser“, scheucht sie uns die Rolltreppe hoch, bis zu ihrem und Lindas Zimmer. „Ich muss dein Geschenk noch holen“, beschwere ich mich und drehe nochmal um, da das Päckchen noch in meinem Raum lieg. Als ich es habe und Rhythmis Zimmer betrete, stelle ich fest, dass alle anderen schon auf dem Boden sitzen, in einem Kreis, in der Mitte eine leere Glasflasche.
    Vorsichtig setze ich mich neben Bodo. „Okay, dann mal her mit den Geschenken. Dazu drehen wir die Flasche. Derjenige, auf den die Flasche zeigt, darf mir sein Geschenk als erster übergeben. Lohos!“ Sie dreht die Flasche schwungvoll. Ich bin die dritte, die ihr ihr Geschenk geben darf. Sie freut sich total darüber, denn damit hat sie am wenigsten gerechnet. „Aber bitte zerquetsch mich nicht“, bette ich, als sie sich auf mich stürzt, um mich zu umarmen. „Ja, ja“, murmelt sie mir leise zu, „Eine Weile lasse ich dich noch leben….“ Was soll das den bitte schön heißen? Das hat doch sicherlich mit dem Plan zu tun… Oder?
    Ihre ausgepackten Geschenke lagert Blondi auf ihrem Bett, der Müll dazu landet in einer einsamen Ecke und mehrt sich schnell. „Gibt es eigentlich noch Kuchen und Kakao?“, lacht Linda. Rhythmia hat sich ein Krönchen aufgesetzt und hält einen Kleinkinderzauberstab mit Puscheln in der Hand. Das scheint mir mehr und mehr ein richtiger Kindergeburtstag zu werden. Flaschendrehen, das Geburtstagskind wird zu einer Fee gemacht… Was kommt als nächstes? Topfschlagen? „Jepp“, erwidert die Blondine, „Ich habe mit Karina und Lucy ausgemacht, dass wir heute eine kleinkindliche Geburtstagsfete machen werden, nur so, zum Spaß. Dazu bekommt jeder ein paar Accessoires, wie zum Fasching!“ Sie zieht einen großen Karton in die Mitte und öffnet ihn.
    „Die sind alle von meinen kleinen Zwillingsschwestern und teilweise auch ehemaliges Krimskrams von meinem kleinen Cousin“, erklärt sie kichernd. In der Kiste sind Feenflügel, eine Krone, ein Diadem, Haarreife mit Katzenöhrchen, Hasenohren und verschiedenen Pokémonohren, Bänder mit Glöckchen, Faschingsschminke, Hexenhüte, Piratenhüte, Augenklappen und Vampirzähne. „Ich“, Rhythmi schnappt sich die Feenflügel und hängt sie sich um, „Bin die gute Fee der Prinzessin.“ Sie greift nach dem Plastikdiadem und setzt es mir auf den Kopf.
    Ich glaube, ich weiß jetzt, was sich der „Verkupplungstrupp“ bestehend aus Lucy, Sany, Lala und Rhythmia für heute ausgedacht hat. Sie wärmen Sanys neue Triezethema alias „Prinzessin und Prinz von Almia“ neu auf, garantiert. Das bestätigt sich, als Blondi Bodo die Krone aufdrückt. Um es zu überspielen, dass sie genau darauf hinauswill, reicht sie Lucy die Vulpixohren und ein rosa Halsband mit Glöckchen und Linda einen Hexen Hut und Schminke. “Male Lucy doch noch Schnurrhaare“, schlägt Karina vor und greift nach dem schwarzen Schminkstift.
    Ganz zum Schluss haben wir eine Prinzessin, mich, einen Prinzen, Bodo, eine gute Fee, Rhythmia, ein Vulpix mit Schnurrhaaren, Lucy, ein Häschen, Karina, einen Piraten, Moritz, einen Vampir, Primo und ein Kätzchen, Maria. Auch Sany hat ein Bändchen mit einem hellklingenden Glöckchen bekommen und damit kugelt sie anfangs noch umher. Sie weiß sicherlich von dem Plan. Immer wieder werfe ich ihr einen Blick z, doch wahrscheinlich wird sie erst damit aufhören, wenn der Plan zum Einsatz kommt.
    Somit fangen wir an, uns auf die Spiele vorzubereiten und uns mit Kuchen, Muffins und Limonade vollzustopfen. Für diesen Abend für wir uns wie Kinder auf. Wir blasen sogar Luftballons auf, liefern uns eine Kissenschlacht und verstreuen überall bunte Papierschlangen. „Okay“, keucht Lucy, über das ganze Gesicht grinsend, „Ein neues Spiel: Wahrheit oder Pflicht!“
    Völlig außer Atem setzen wir uns zu ihr auf den Boden, um die Glasflasche herum. „Ich bin als erstes dran!“, ruft sie und dreht die Flasche. Ich folge ihr unruhig mit beiden Augen, doch als sie stehen bleibt, zeigt sie auf Rhythmia. Lu lächelt und fragt: „Okay, Rhyth, Wahrheit oder Pflicht?“ Sie überlegt kurz und entscheidet sich für Pflicht. Mein Schwesterherz gibt ihr die Anweisung, sich auf den Balkon zu stellen und dort laut die Melodie von Tetris zu pfeifen, und sich gleichzeitig wie ein Hühnchen aufzuführen.
    Blondi macht es und wir übrigen lachen lauthals. Als sie zum Schluss noch „Bock, bock, bock“, sagt, quietsche ich und lehne mich an Bodos linken Arm an. Die Blondine kommt zurück und das Spiel geht weiter. Primo muss fünf seiner peinlichsten Erlebnisse aufzählen, Karina einen Handstand und gleichzeitig das ABC rülpsen, Lucy muss zehn ihrer besten Streiche erzählen und Linda eine Anzahl ihrer besten Schimpfwörter aufzählen. Zuletzt muss Blondi einen seltsamen Indianertanz aufführen, wobei sie die Augen geschlossen lassen muss. Ihre Zunge hängt heraus.
    „Gut, jetzt drehe ich die Flasche“, keucht sie nach einer lustigen Minute, bei der wir weiter gelacht haben. Inzwischen muss ich mir den Bauch halten, da ich schon Seitenstechen habe. Die Lachtränen wegwischend, beobachte ich die sich drehende Flasche. Jedes Mal, wenn sie sich dreht, frage ich mich, was ich machen könnte, doch jetzt überlege ich eifriger. Wenn Rhythmia mir eine Wahrheit entlocken will, dann…
    Die Flasche bleibt stehen. Und sie zeigt auf mich. Ich schlucke. Dann wird sie mir befehlen, den Namen des Jungen zu nennen, in den ich verliebt bin. Ihr fieses, viel zu süßes Lächeln bestätigt das. „Nun, Kathrin, Wahrheit“, sie hält inne, legt ihren Kopf schief, „Oder Pflicht?“ Aber was, wenn ich Pflicht nehme? Dann kann sie mir keine Wahrheit entlocken. „Pflicht“, sage ich ruhig und bin mir sicher, dass das die bessere Entscheidung ist. Lucy lächelt ebenfalls und Sany gesellt sich endlich zu mir. Diese Tatsachen beunruhigen mich. Warum wirken sie so froh, obwohl ich Pflicht und nicht Wahrheit genommen habe? Sie haben doch sicherlich nicht erwartet, dass ich Pflicht nehme!
    „Okay“, erwidert Rhythmi und sie tut so, als würde sie sich etwas ausdenken, was sie von mir verlangen könnte, dann meint sie: „Genau! Jetzt habe ich es! Das passt sogar! Du küsst deinen Prinzen!“ Überrascht blinzle ich. „Was?“ Sie rollt mit den Augen. „Du bist heute die Prinzessin, so weit kommst du doch mit“, erklärt sie, „Siehe das Diadem auf deinem Kopf. Und Bodo ist der Prinz, wie das Krönchen auf seinem Kopf beweist. Prinzessin und Prinz. Da passt die Idee doch wie die Faust aufs Auge! Du bekommst einen Kuss von deinem Prinzen, der einer echten Prinzessin würdig ist! Kein kurzer Kuss, nein, nein… Es sollten schon mindestens ein paar Sekunden sein, klar?“
    Während sie erklärt, geht mir ein Licht auf. Der Verkupplungstrupp hat schon daran gedacht, dass ich Pflicht nehme und sich dazu etwas ausgeklügelt. Warum habe ich nicht daran gedacht?! Es ist genauso, wie Sany gesagt hat: Es wird mir gefallen, aber ich werde keine Schuld tragen. Mein Herz schlägt unnormal wild gegen meinen Brustkorb und in meinem Magen flattern die Schmetterlinge unruhig und freudig bei den Gedanken daran, was gleich passieren soll. Meine Nervosität versuche ich, zu überspielen, in dem ich meinen Kopf zu Bodo drehe, die Augen schließe und sage: „Na, denn, ich bin Dornröschen und schlafe, also musst du mich wachküssen!“
    Da ich jetzt nichts mehr sehen kann, kann ich mich nicht vorbereiten. Das macht mich nur noch nervöser. Dafür muss ich mich auf meine übrigens Sinne verlassen. Es ist fast ganz still, nur mein bester Freund scheint sich zu bewegen. Meinen Mund lasse ich leicht offen stehen. Als ich Finger an meinem Kinn spüre, die mein Gesicht ein wenig anheben, verwandelt sich mein Herz in Sany, die sich aufführt wie ein Flummi, und als Bodos weiche Lippen sich auf meine legen, schaltet mein Gehirn auf Stand-by.
    Es meldet sich einfach ab! Dadurch vergesse ich die Zeit und realisiere überhaupt nichts mehr. Das einzige, was ich in dem Moment denken kann, ist: „Bodo küsst mich. Er küsst mich. Er. Küsst. Mich!!!“ Okay, ich denke es mir nicht leise, oder normal, ich denke es quietschend, aufgeregt. Einfach nur glücklich. Es ist besser als jeder Moment, den ich bisher erlebt habe. Sogar besser als die Erfahrung, dass ich zum Top Ranger befördert wurde. Besser kann ich das Gefühl einfach nicht beschreiben, denn es ist so unbeschreiblich.
    Viel, viel zu schnell ist es auch schon vorbei. Gefühlsmäßig dauerte dieser Kuss gleichzeitig eine Sekunde und tausende von Jahren. Als sich Bodo schließlich langsam von mir löst, macht mein Herz einen Hüpfer bis in meinen Hals, woraufhin mein Gehirn wieder anfängt, zu arbeiten. Das hat sowohl positive als auch negative Folgen. Zum einen kann ich mein Gesicht sofort von Bodo abwenden und zu Boden schauen, was gut ist, da zum anderen mein Gesicht dunkelrot anläuft.
    „Okay, Kathrin, dreh‘ die Flasche. Mal schauen, wer als nächstes dran ist“, quietscht Rhythmia. Ich kann regelrecht die Freude und das „Awww“ aus ihrer Stimme heraushören. Sie ist sicherlich stolz auf sich, dass der Trick mit dem Spiel so gut geklappt hat. Und ich bin froh. Ich weiß, eigentlich sollte ich mich nicht so fühlen, aber ein glücksseliges Lächeln kann ich mir einfach nicht verkneifen.



    Die Flasche zeigt kein einziges Mal mehr auf mich und das einzige Mal, als Bodo etwas machen muss, wählt er Wahrheit und wird von Karina aufgefordert, seinen peinlichsten Geburtstag zu erzählen. Während er spricht, stehe ich auf und hole mir und meine besten Freund jeweils einen Kokosmuffin. „Dankeschön, Kätzchen“, unterbricht Bodo und nimmt sich einen Muffin, „Und dann bin ich kopfüber in die Geburtstagstorte geflogen. Meine Mutter fand das alles irre komisch, aber mein Dad war danach echt sauer auf mich. Mein Zwillingsbruder war danach voller Sahne, die er davor so geliebt, aber am Ende des Tages gehasst hat. Es war vielleicht genau deswegen mein bester Geburtstag bisher.“
    Lucys Augenbrauen gehen bei meinem Spitznamen in die Höhe und sie formt mit den Lippen das Wort „Kätzchen?“, bevor sie anfängt, zu grinsen. Mit einem taxierenden Blick bedeute ich ihr, dass sie besser damit aufhören sollte. Ihr Grinsen bleibt, doch es wirkt nicht mehr belustigt, sondern nur noch fröhlich, einfach glücklich, dass Blondi Geburtstag hat. Vorsichtig knabbere ich an meinem Muffin. „Na gut“, sagt die Blondine eine Stunde später, „Das war’s. Jetzt ist die Fete zu Ende. Danke und Gute Nacht.“
    Wir verlassen das Zimmer und gehen stattdessen den Gang entlang. Karina und Maria haben ihren Raum schneller erreicht als wir, Moritz rennt nochmal zur Kommandozentrale. Linda, Primo und Rhythmia sind alleine zurückgeblieben. „Lucy, du wirst jetzt aber nicht zurückgehen, oder?“, fragt Bodo meine kleine Schwester, die die schlafende Lala trägt. Sie schüttelt den Kopf. „Tante Ruth hat gesagt, das darf ich nicht. Dafür soll ich bei Kathrin im Zimmer schlafen. Sie weiß nicht, dass ihr zwei euch ein Zimmer teilt und ich weiß, dass das gut so ist. Ich will mir lieber gar nicht vorstellen, wie sie reagiert hätte, wenn sie das erfahren hätte.“
    Ganz deutlich höre ich das Zwinkern aus ihrer Stimme heraus. „Oh, sicher wäre sie vor Freude ausgerastet und hätte das total toll gefunden“, sage ich mit einem ironischen Unterton, „Aber du musst auf der Couch schlafen, wenn du morgen keine blaue Flecken haben willst.“ Sie lacht. „Stimmt, du schlägst ja beim Schlafen um dich. Die Couch ist kein Problem für mich, mache ich ja ohnehin öfter.“
    Wir verschwinden sofort zu zweit in meinem Badezimmer und ich lasse das Wasser aus dem Wasserhahn laufen, damit weder Bodo noch sein Bamelin uns hören können. „Der Kuss war geplant, gibt es zu!“, zische ich leise, „Sany hat es schon verraten und mir gesagt, dass ich es gut finden werde, was passieren wird, gleichzeitig werde ich aber ‚keine Schuld‘ deswegen haben.“ Ich setze die zwei Wörter mithilfe meiner Finger in Gänsefüßchen. „Ja, er war geplant“, gibt mein Schwesterherz zurück, „Gib zu, du mochtest es wirklich. Dir hat es doch auf jeden Fall gefallen, Dornröschen.“
    Mein Gesicht erhitzt sich abermals, sie liest daraus meine Antwort und kichert. Ich lasse mich auf dem Badewannenrand nieder. „War der Kuss selber auch gut?“, fragt sie weiter. Ich nicke halbherzig. „Jein… Ich kann das nicht so genau sagen, mein Gehirn war in der Zeit ausgeschaltet. Ausgeknipst von seinen Lippen sozusagen, wie ein Lichtschalter am Abend, wenn man schlafen will“, murmele ich und erinnere mich an das Gefühl seiner Lippen auf den meinen. Sofort führen sich die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder auf.
    Kaum zu glauben, dass es wirklich passiert ist. Lucy holt etwas von meinem Kopf, in dem sich meine Haare ein wenig verfangen haben. Das Diadem, das ich vergessen habe, Blondi wiederzugeben. „Am besten gebe ich es ihr morgen wieder…“, flüstere ich, als sie es mir gibt. Lu lacht abermals und ich starre sie daraufhin nur an. „Es gehört dir. Blondis Schwestern brauchen solche Spielzeugdiademe gar nicht mehr, die sind inzwischen als Trainerinnen unterwegs, oder als Koordinatiorinnen.“
    Bei dem letzten Wort fällt mir etwas ein. „Ach ja, du wirst nicht erraten, wen ich heute in der Früh in der Eingangshalle des Hauptquartiers getroffen habe!“ „Wen denn?“ „Unsere achso geliebte Cousine Alexa!“ „Was macht die Tusse hier?“, beschwert sie sich laut, wodurch sie sicherlich über das laufende Wasser zu hören ist. „Wettbewerb“, erkläre ich, „In Havebrück, das habe ich von Primo erfahren.“ „Nicht dein Ernst!“ Ich erkläre ihr genauer, was ich heute von Rhythmias bestem Freund erfahren habe.
    Gespannt und mit einer gewiss genauso großen Wut im Bauch wie ich lauscht meine kleine Schwester. Wir unterhalten uns angeregt darüber, bis wir, bettfertig, das Badezimmer verlassen. „Och, bitte, lass das den einzigen Wettbewerb hier in Almia sein, damit sie uns nicht allzu lange auf die Nerven geht. Ein Mord ist das letzte, was ich in nächster Zeit planen will, mein Zeitplan ist voll, wie du sehr genau weißt. Ich habe noch viel auszutüfteln, wegen einem perfekten Plan, du weißt schon, was ich meine…“
    „Ja, das weiß ich sehr genau“, seufze ich und lasse mich auf mein Bett fallen. Bodo, der zuvor gelesen hat, lässt das Buch sinken und sagt: „Hä? Was für ein Plan?“ Ich winke ab und antworte so ruhig wie möglich: „Das ist jetzt nicht so wichtig, später sicherlich, aber jetzt nicht.“ Ein Gähner entschlüpft mir. „Wenn du die längere Hälfte der Couch verlängern willst, brauchst du nur an dem Griff ziehen. Kissen und Decke reichen dir und Lala hoffentlich“, spreche ich müde. Mein bester Freund legt sein Buch weg, steht auf und lässt die Rollläden von der Balkontüre und dem Fenster runter. Das einzige Licht kommt jetzt nur noch von seiner Nachttischlampe.
    „Was wäre eigentlich gewesen“, fragt Lu leise und mit einem Unterton, der mir dank jahrelanger Erfahrung schrecklich bekannt vorkommt, „Wenn ihr kein Sofa hättet? Hättest du als bester Freund deine beste Freundin bei dir im Bett schlafen lassen, damit ich mich in ihr Bett legen hätte können?“ Mein Gesicht sorgsam von Bodo abgewandt warte ich auf die Antwort, die nicht lange auf sich warten lässt.
    „Klar. Bloß nicht den Zorn der großen Lucy auf sich ziehen…. Das wäre ganz schön kuschelig gewesen, wenn Kathrin die ganze Zeit um sich schlägt.“ Er sagt das den ersten Satz ernsthaft, bei dem zweiten Satz klingt er zum Schluss eher so, als würde er das nicht ganz glauben. Und wenn man den zweiten Teil weglässt… Mein ohnehin schon knallrotes Gesicht wird mehrere Nuancen tiefer. Vorsichtig werfe ich meiner Schwester einen bedeutungsvollen Blick zu, die nur sagt: „Ah, okay, dann weiß ich Bescheid.“
    Sie rollt sich in der Couchdecke ein, haut sich ein Kissen zurecht und wirft ihren Kopf wie eine Bombe rein. Auch ich kuschele mich in meine Decke, erst auf dem Rücken liegend, dann, als das Rot aus meinem Gesicht sicher weg ist, auf die Seite, Bodo zugewandt. Er liegt ebenfalls schon da und lächelt mich an. „Kann ich das Licht ausmachen?“ „Ja“, gähne ich und streichele über Sanys Kopf. Die schnurrt ganz leicht und leise genug, dass nur ich und das scharföhrige Vulpix es hören können: „Nun fällt Dornröschen wieder in ihren Schlaf, also freue ich mich schon auf morgen früh…“ „Ach, halt die Klappe, Sany“, brumme ich, die Augen schließend.
    Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich einen nicht ungewöhnlichen „Ich-bin-ja-ein-so-verliebtes-Teenagermädchen“-Traum. In einem ungeheuer großen Raum liege ich in einem Bett, einem Himmelbett mit einer dicken Decke, die angenehm nach Rosen duftet. Zuerst sehe ich mich aus einer anderen Perspektive, da ich schlafe. Außerdem erkenne ich, dass ich ein hübsches, hellgelbes Kleid trage, das im Licht fast weiß wirkt. Seltsamerweise habe ich das Diadem von Rhythmias Schwestern auf dem Kopf. In der Luft schwebend wird mir sofort klar, was für eine Art von Traum das hier sein muss.
    Tatsächlich, mit einem „Plopp“ taucht Bodo, schrecklich prinzenhaft gekleidet, neben meinem Bett auf. Als er sich über mich beugt, schlüpfe ich in meinen Körper zurück und das nächste, das ich fühle, ist, wie sich seine Lippen erneut auf meine legen. Doch anstelle mich auszuknocken wie auf der Party, weckt es mich aus meinem tiefen Schlaf. Er steht lächelnd über mir. Ich starre ihn sicherlich mit glänzenden Augen an, aber da das ein Traum ist, sagt er: „Gut geschlafen, meine Prinzessin?“
    Obwohl er noch mehr sagt, und sich sein Mund bewegt, kommt nur ein nerviges Piepen heraus. Im nächsten Moment schlage ich die Augen auf. Das Piepen ist in Wahrheit Bodos Wecker auf seinem Nachtkästchen, nach dem er jetzt schlägt. „Doofes Ding“, grummelt er unfreundlich, „Wagt es, mir aus so einem fantastischen Traum zu reißen.“ „Wie wahr“, stimme ich ihm zu und frage mich, wovon mein bester Freund wohl geträumt hat.

  • Sooo ~
    Heute bin ich glänzender Laune :D (Abgesehen davon, dass ich noch das ganze Haus durchsaugen soll.. -.-")
    Schule war langweilig, aber nicht zu fordernd, erste Stunde ist gleich entfallen, ich hatte kein Französisch
    die ganze Woche & wir haben Mathe Kurzarbeit geschrieben! Letzteres hört sich nicht toll an, und um ehrlich zu
    sein, dachte, ich verhau sie total, wie die letzte Mathe Schulaufgabe (war ne 3, war total froh drüber) und ich
    hatte mal wieder gar nichts gelernt, aber: Alle Aufgaben gekonnt & auf jedes Teilergebnis gekommen.
    Also, bin ich so froh, dass ich ein neues Kapi poste!!
    Hier:


    Kapitel 33 – Hinter der rechten Türe


    Der Wind fährt mir durch die Haare und ich rieche die Salz Luft um mich herum. Auf Kevins Boot bin ich mal wieder auf den Weg zu den Brodellanden, ein weiteres Mal wegen einer
    Mission. Nachdem wir am Tag nach Rhythmias Geburtstag alle in der Vereinigung hoch zum Baum der Harmonie mussten, gab es zwei Missionen, die unbedingt erledigt werden
    müssen. Dort oben hat Professor Hastings nämlich seine Maschine für die Blaugeme aufgestellt. Es ist eine Art Verstärkungssystem und bezieht seine Energie aus
    dem Baum.
    Auf die Maschine musste ich die Blaugeme legen. Zuerst kamen lauter Nachrichten, dass sich die von KonGiga und KonMini kontrollieren Pokémon sich beruhigt haben, überall
    in Almia. Aber mein Bauchgefühl hatte mir zu der Zeit schon verraten, dass es nicht reichen wird. Und tatsächlich, nur ein wenig später kehrten die Pokémon zu ihrem Kontrollbenehmen zurück.
    Allein die Energie des Dunkelstücks hat nur ein Drittel abgenommen. Dann konnte die Blaugeme alleine also gar nicht so viel ausrichten. Bis sich Rhythmia und Linda dem sich unter einer
    Glaskuppel befindenden Stein genähert haben. Sie hatten ähnliche Anhänger wie Moritz, nur in rot und gelb, beides Souvenirs aus den Brodellanden und der Harubawüste.
    Zweifellos befinden sich dort ebenfalls so Kristalle wie die Blaugeme, wahrscheinlich eine Rotgeme und eine Gelbgeme. Somit hat der Professor entschieden, dass sich zwei Top Ranger
    jeweils einer zu den Brodellanden und einer zu der Harubawüste aufmacht. Diese Top Ranger sind Bodo und ich, und ich muss wieder zu den Brodellanden.

    Dein Prinz fand es überhaupt nicht gut, dass du in dem Vulkan musst. Ich glaube, ihm wäre es lieber gewesen, wenn du in die Wüste hättest gehen müssen und er in den
    Brodelvulkan“, schnurrt Sany
    in meine Gedanken hinein. „Ach ja“, seufze ich, „Das ist ja eine Mission ohne Bodo und Bamelin, also wirst du mich wieder bis zum geht nicht mehr triezen.“
    Ihr Schnurren wird lauter, übertönt die Gischt des Wassers. Langsam kommt die Spitze des Brodelvulkans in Sicht, gefolgt von der Insel und dem Dorf am Fuße des feuerspeienden
    Berges.

    „Naja“, sage ich, als wir auf Land treffen, „Dann kann ich wenigstens, wenn ich wieder zurück zu der Vereinigung erzählen, wie schlimm es in dem Vulkan war und Bodo kann mich dann ja umsorgen.
    Darauf kann ich mich wenigstens freuen… Okay, mal schauen. Wir müssen durch diese seltsame rechte Türe in die rechte Höhle, richtig? Aber die Türe war doch verschlossen!“
    „Kann sein, aber lass uns davor lieber schauen, ob sie nicht doch offen ist. Nicht, dass wir den Dorfältesten wieder stören und so doof angesprochen werden“, entrüstet sich Sany.
    Wir durchqueren das Dorf, das sich kaum verändert hat. Nur dass im Gegensatz zum letzten Mal nun wieder Pokémon das Leben der Menschen vervollständigen.
    Zuerst fällt mir das nicht auf, da man
    Pokémon so gut wie überall findet. Die Eisentüre, die Menschen davor hindert, die rechte Höhle zu betreten, ist tatsächlich abgeschlossen. „Wir brauchen wohl
    oder übel den Schlüssel…“ Das Haus des Dorfältesten und seiner Familie kenne ich schon von meinem letzten Besuch dieser Insel.
    Es steht neben dem Haus des Steine Sammlers, das so bunt und knallig ist, dass es überall herausstechen würde. Das einzige Haus, aber es ist praktisch, damit man das Haus des Dorfältesten
    schnell finden kann. Ich bin vor der Türe und klopfe dagegen. Dieses Mal wird die Türe geöffnet. Das Mädchen, die Enkelin, hat mir aufgemacht. Sie erkennt mich sofort wieder.
    „Ach, du bist der Ranger, der erst vor kurzem hier war, um
    die Pokémon, den verschollenen Ranger und unser Pantimimi zu retten, stimmt’s? Komm herein, Großpapa wird sich über
    deinen Besuch freuen!“‘

    Sie führt mich in die Küche mit den weißen Wänden. An dem Küchentisch sitzt der mir bereits bekannte alte Herr mit seinem weißen Stoppelbart und dem Holzstab in der Hand.
    Er schaut auf und seine
    Augen funkeln. „Du bist der Ranger von Pokémon, richtig?“, begrüßt er mich, sichtlich fröhlich. Ich erkenne das Pantimimi. Es tanzt zu seinen Füßen freudig umher,
    während es die Worte seines Besitzers in der Pokémon Sprache
    wiederholt.
    „Aber Großpapa“, tadelt seine Enkelin, „Das ist der Pokémon Ranger,
    der dein geliebtes Pantimimi gerettet hat, erkennst du sie denn gar nicht wieder?“
    Er starrt erst sie, dann mich perplex an, bevor er lächelt. „Es ist so toll, dass du uns besuchen kommst“, sagt das Mädchen und setzte Kaffee auf. Ihr Blick fällt auf mein rechtes Armgelenk.
    „Bist du jetzt etwa ein Top Ranger?“ Ich nicke froh und erkläre, dass mich genau die Mission hier zum Top Ranger befördert hat. Mit einer dampfenden Tasse in der Hand setzt sie sich an den Tisch.
    „Setz dich“, meint sie, „Und erzähle
    uns, weshalb du dieses Mal hier bist.“ Ich versuche halbwegs die Geschichte auf die Reihe zu bringen, warum ich hergeschickt wurde.
    Du musst also in die rechte Höhle des Vulkanes, um dort nach einem Stein, der Rotgeme, zu suchen? Eine von drei Steinen, die in einem alten Märchen vorkommen? Aber du hast schon einen von
    diesen Kristallen gefunden, die Blaugeme, und obwohl du gehört hast, dass es sein könnte, dass es diesen Stein gar nicht gibt?“ Zustimmend nicke ich, als das Mädchen alles nochmal zusammenfasst.
    „Es ist wirklich sehr wichtig, ich
    muss in diese Höhle“, bitte ich, während ich Sany murmeln höre: „Die Geschichte hört sich irgendwie seltsam an.“
    Sie liegt wie tot auf meinem Schoß und lässt sich kraulen. „Großpapa, hast du zugehört?“, fragt das Mädchen ihren Opa, bevor sie einen Schluck Kaffee nimmt.
    „Äh, was?“ Er wirkt einen Moment lang
    verwirrt, dann sagt er: „Ach ja, der Ranger von Pokémon will unbedingt in die rechte Höhle des Vulkans. Nun, dann soll der Ranger von Pokémon zu dem Eingang
    gehen, ich suche den Schlüssel und ich folge ihm so schnell wie ich kann.“
    „Danke“, meine ich, springe vom Stuhl auf und werde von der Enkelin noch nach draußen geleitet. Beschwingt mache ich mich auf den Weg. „Das hast du gut hingekriegt“, lobt mich Sany.
    Sie hüpft und rollt neben mir her.

    „So“, meine ich, als ich die Eisentüre erreiche, „Jetzt bleibt uns nichts anderes mehr übrig als zu warten.“ Es dauert einige Sekunden, bis der Dorfälteste, auf seinen Stock gestützt und alleine,
    ankommt. Er hält einen riesigen Schlüsselbund mit unzählbar vielen Schlüssel in der freien Hand. Einen Schlüssel nach den anderen ausprobierend, versucht er, die Eisentüre zu öffnen.
    Optimistisch wie ich bin, hoffe ich natürlich
    jedes Mal aufs Neue, dass der nächste passt. Kein einziges Mal erklingt jedoch das befreiende „Klick“. Einige Schlüssel passen aufgrund ihrer Größe erst gar
    nicht ins Schloss, andere sind merklich zu klein. Als ich einen silbernen, hübschen Schlüssel sehe, der viel zu winzig für das Schloss ist, erinnert mich an etwas.
    An das Tagebuch meiner Mutter, dessen Öffner ich immer noch nicht gefunden habe. Seit dem letzten Mal suchen habe ich das total vergessen!
    Doch dann merke ich, wie der Dorfälteste den Kopf
    schüttelt, und das reißt mich aus meinen Gedanken. „Tut mir leid, Ranger von Pokémon. Der richtige Schlüssel ist nicht dabei… Warum vergisst du diese
    Mission nicht einfach?“ Er lacht belustigt, aber mir bleibt das Herz stehen. Die Rotgeme ich wichtig für die Zukunft von Almia, ohne sie kann der Schattenkristall nicht gebändigt werden!
    „Aber Großpapa“, bevor ich meine Gedanken aussprechen kann, erklingt die Stimme der Enkelin, „Hast du etwa vergessen, dass Pantimimi den Schlüssel um den Hals trägt? Tut mir leid, Ranger, aber
    Großpapa ist manchmal ein wenig… vergesslich.“ Sie hat das Pantimimi in den Armen. Um seinen Hals baumelt ein Schlüssel. Das ist DER Schlüssel. Der Dorfälteste nimmt ihn und steckt ihn
    in das rostige Schloss. Mit einem Klick
    öffnet sich die Eisentüre und mir fällt ein gewaltiger Stein von Herzen.
    „Danke, nochmal!“, seufze ich erleichtert, bevor ich die Höhle betrete. Natürlich wusste ich schon, was mich erwartet und doch schockt es mich, die dickflüssige Lava zu sehen und die
    stickig heiße Luft zu riechen.
    „Herrlich wieder im Vulkan zu sein, nicht Sany?
    Wir haben ja so viele schöne Erinnerungen an unseren letzten Spaziergang hier drin!“, ich lache und füge triefenden Sarkasmus zu meinen
    Wörtern. Der Gang ist
    breiter als im anderen Teil des Vulkanes, aber die Lava blubbert und spritzt hier mehr und oft muss ich ausweichen, um nicht getroffen zu werden. Die Lava scheint viel
    zäher zu sein.

    Nervös schreite ich voran. Der Weg hat gewohnt viele Windungen und auf klippenähnlichen Vorsprüngen an der Wand sehe ich hin und wieder Pokémon. Schneckmag,
    Kindwurm, Makuhita.
    „Oh, schau mal“,
    sagt Sany in das Geblubber hinein, „Da vorne ist ein Qurtel, da, auf dem Weg!“ Sie hat Recht. Sofort entschließe ich mich dafür, das Pokémon einzufangen. Aus
    seinen Nasenlöchern qualmt der Rauch, es starrt mich verwirrt an. Oder doch eher… ein wenig… hirnlos? Es reagiert auch nicht, als die Fangscheibe um es herumsaust.
    „Qurtel?“, fragt es, als der Fangversuch abgeschlossen ist. „Alles in Ordnung“, meine ich, „Komm einfach mit mir!“ Es folgt mir bei Fuß und hält erst an, als auch ich stehen bleibe.
    Denn plötzlich
    ist der Weg abgeschnitten, wie eine Lücke, die zuvor einer Brücke ausgefüllt war. Aber eine Brücke in einem Vulkan? Eher weniger. Ich erkenne die Fortsetzung des Steinweges
    gute acht Meter von meinem Standpunkt entfernt.
    „Ich
    glaube, jetzt wäre ein Drifzepeli angebracht“, murmele ich und schaue mich um. Dort auf den Vorsprüngen ist nun keines der Geisterpokémon zu sehen. Vorhin flog dort oben noch
    eines, da bin ich mir sicher.

    „Sieht so aus, als müssten wir hier Halt machen, bis das Drifzepeli wieder kommt“, sage ich leise zu Sany. Das Qurtel hebt den Kopf, schaut mich an. Dann senkt es ihn wieder und läuft
    zum Ende
    des Weges, dort, wo die Lava über die Steine getreten ist. Bis es in der zähflüssigen Masse steht. Nur die Füße verschwinden in ihr, der Panzer, der Hals und der Kopf ragen noch heraus.
    Das Pokémon dreht sich um.
    Los, auf
    meinen Rücken, dann bringe ich euch rüber!“, fordert es und stößt erneut Rauch aus den Nasenlöchern. Zögernd trete ich näher.
    „D-Das kannst du?“, frage ich unsicher.
    „Natürlich, ich bin ein Feuerpokémon, und die Lava ist für mich so etwas wie eine zweite Haut. Jetzt springt auf, wenn ihr unbedingt weiter kommen wollt!“ Ohne zu zögern,
    hüpft Sany erst auf den Panzer, dann auf den Schädel. Sie lässt
    sich darauf nieder und schnippt mit dem Schweif. „Was wird wohl Bodo dazu sagen, wenn du so ängstlich bei deiner
    Mission in dem feuerspukendem Berg
    bist?“, neckt sie mich. „Pft“, mache ich und knie mich vorsichtig auf den Rücken des Qurtels.
    „Natürlich habe ich keinen Schiss!“ Mit meinen Händen halte ich mich an dem Hals des Pokémon fest und ein weiterer Ruck gibt an, dass es sich in Bewegung setzt.
    Es hört sich matschig und ekelig an,
    die Schritte, die es macht, aber wir sinken glücklicherweise nicht tiefer. Langsam kommen wir näher. Meine Beine verkrampfen sich in der ungewohnten und
    unbequemen Haltung. Um mir einen Schmerzenslaut zu verkneifen, beiße ich mir auf die Unterlippe. Sany versteht das natürlich falsch.
    „Och, die Prinzessin ist tatsächlich so nervös, ohne ihren Prinzen, der sie beschützt…“ „Sany, das stimmt nicht! Meine Füße tuen weh!“, zische ich und im nächsten Moment platzt eine neue große
    Lavablase. Mit einem Ruck ziehe ich meinen rechten Fuß weg. Jetzt sitze ich mehr schlecht als recht auf Qurtel oben. Wackelig und mit wild klopfendem Herzen warte ich angespannt darauf,
    ass wir die Fortsetzung des Steinweges
    erreichen. Erleichtert gleite ich von dem Panzer und bleibe auf dem Boden liegen, bis meine Krämpfe enden.
    Keuchend warte ich. Sany streift meinen Arm entlang, ihr weiches Fell beruhigt mich ein wenig. Qurtel verlässt die dickflüssige Lava und zieht nur noch eine leichte Spur hinter sich her.
    „Okay,
    jetzt geht es wieder“, sage ich und richtige mich zittrig auf, „Gut, lasst uns weiterziehen.“ Wir folgen dem kurvenreichen Weg, der immer mehr am Rand von
    spitzen und runden Felsen von der Lava getrennt wird. Irgendwann steigt der Weg an und wir schleppen uns die Ansteigung hinauf, bis wir an der Vulkanwand ankommen.
    Kreisförmig führt der Weg an ihr entlang, bis zu einer Stelle einige
    Meter über mir. Mir ist klar, dass dort oben eine Höhle ist, die in einen weiteren Abschnitt des Vulkanes führt.
    Tatsächlich. Als wir oben ankommen, ist
    dort eine Öffnung und der Weg macht eine scharfe Biegung nach rechts.
    Es wird immer steiler und wir kommen nur mühsam voran. Irgendwann, nicht mehr weit von einer weiteren Öffnung entfernt, erreichen wir eine rechte Höhle mit einer hohen Decke. Vorsichtig
    spähe ich hinein, bevor mich ein Schmerz in meinem Kopf ablenkt. Ich stolpere rückwärts. Team Nachtschatten ist hier, am anderen Ende der Höhle. Sie müssen wissen, dass auch hier ein Stein
    ähnlich der Blaugeme ist. Sicherlich wissen
    sie dann auch von der in der Harubawüste. Ich ziehe meinen FangKom hervor, setze mich hin und stelle ihn auf leise.
    Dadurch kann ich kaum das Tuten bei dem Anruf hören.
    „Kathrin, stimmt etwas nicht?! Ist dir etwas passiert?!“, fragt
    Bodo als er abnimmt, aber ich bedeute ihm still zu sein. „Sie wissen es, Team Nachtschatten weiß von den Gemen!“, seufze ich bedrückt.
    Sein Blick verfinstert
    sich.
    „Na, das wird sicherlich ein Spaß“, murrt er, „Woher weißt du das?“ Ich
    tippe mir gegen die Stirn. Er versteht sofort. „Du hast Kopfweh, und… Schwindel. Pass jetzt erst recht auf, dass du nicht in
    Lava fällst, oder dass
    du dich sonst irgendwie verletzt!“
    „Du genauso… Äh, weißt du schon, wo du nach
    der Gelbgeme suchen kannst? Wo sie wahrscheinlich ist?“
    Er nickt. „In der Harubawüste gibt es eigentlich nur einen Ort, an dem sie sein könnte. Der Hippoterustempel, also bin ich auf dem Weg dorthin. Ich habe gerade eben das Harubadorf verlassen.“
    „Gut, dann sehen wir uns dann wieder in der Vereinigung. Tschüss!“ Ich lege auf. Noch einmal hole ich tief Luft, dann erhebe ich mich mit zittrigen Knien.
    „Was machen wir jetzt?“, frage ich mein Partner Pokémon und meinen Pokémon Freund, „Ich kann doch da nicht einfach reinlaufen und sagen ‚Huhu, hier bin ich‘.“
    Mit einer Hand klammere ich mich an einem Stein an der Wand fest.
    Vorsichtig spähe ich um die Ecke.
    Die Team Nachtschatten Schergen, zwei Frauen, wie ich gerade noch so erkennen kann, unterhalten sich, um genau zu sein, halten sie eine Art Kaffeekränzchen.
    „Hast du Lavanas Make-up gesehen? Es
    ist einfach perfekt und sie schafft es besser als alle anderen, ihr gutes Aussehen selbst in diesem brodelnd heißen Vulkan zu behalten“, schwärmt eine
    der beiden.
    „Oh, ja, das gelingt ihr echt fabelhaft. Ich frage mich schon, wie
    sie das hinbekommt, aber ich traue mich nicht, sie zu fragen“, seufzt die zweite, „Sie ist so explosiv, mit ihrem feurigen Charakter.
    Keiner kann sie
    bändigen oder beruhigen…“
    Lavana? Wer zum Teufel ist Lavana? Ist sie etwa so jemand wie Glazio war, oder vielleicht noch ist? Nun ja, diese zwei Rüpel scheinen auf jeden Fall zu abgelenkt, um mich bemerken zu können.
    Wahrscheinlich könnte ich mich am Rand der Höhle entlangstehlen. Dann bleibe ich auf jeden Fall fürs erste unbemerkt.
    „Ganz leise, wir schleichen uns an der
    Wand entlang, aber wirklich, wirklich leise….“, flüstere ich und stehle mich um die Ecke herum, um hinter einem der ersten Felsvorsprünge zu schlüpfen. Die
    Klatschtanten nehmen keine Notiz von mir, also laufe ich gleich zum nächsten. Die Pokémon folgen mir, Sany auf ihren Samtpfoten, Qurtel ungewöhnlich leise.
    Schnell und tatsächlich ohne bemerkt zu werden, können wir die Höhle hinter uns lassen. Dafür ist jetzt nur noch ein dünner, ein Meter breiter Weg vor uns, an der Seite mit noch höher spritzender
    Lava. Ich schlucke. Dann begebe ich mich auf den Steinweg und folge ihm langsam. Der Schwindel von den KonMinis ist immer noch da und ich möchte nicht unbedingt in dem Gebräu neben mir landen.
    Lebensmüde bin ich garantiert nicht.
    Glücklicherweise lässt der Schwindel einigermaßen schnell nach. Somit kann ich mich mehr beeilen.
    „Inzwischen hasse ich diesen Vulkan wirklich“, höre ich Sany
    sagen und ich drehe mich kurz zu ihr um. Ihr Fell leuchtet in dem Schein der Lava orange, sie hat ihre Ohren angelegt und ihren Schweif eingezogen.
    Ich breite meine Arme aus und sie springt hinein, um dann auf meine Schulter zu klettern. Dort scheint es ihr viel besser zu gehen. Das Ende des Weges ist schnell erreicht, mal wieder überflutet von Lava.
    Wortlos läuft Qurtel direkt hinein und ich klettere
    abermals auf seinen Rücken. Mit meinen von der Hitze schwitzigen Händen halte ich mich fest. Nachdem wir um eine Kurve gelangen, stockt das Feuerpokémon, aber
    das ist vollkommen verständlich.
    Eine Frau mit grellpinken, durch die Lava noch mehr leuchtenden Haare, die zu einem Pferdeschwarz gebunden sind, steht auf dem neuen, breiteren Weg vor uns. Absolut unpassend zu ihrer
    Haarfarbe trägt sie ein brauchfreies Top und einen Minirock in knallrot, dazu hellpinke, hochhackige Schuhe. Moment, diese, ich kann es nicht anders beschreiben, „Tussi“ trägt hochhackige Stiefel
    in einem Vulkan, einen Minirock
    und ein bauchfreies Top? Wir sind doch hier nicht in einer Disko!
    Langsam erhebe ich mich und springe leichtfüßig an Land, das nur einen guten Meter von Qurtel entfernt war.
    „Du
    bist Lavana, habe ich Recht?“, sage ich ruhig und aktiviere schon einmal meine FangKom mitsamt der Power Aufladung. Sie dreht sich um. Und was hat sie in der Hand?
    Einen Taschenspiegel! Die war tatsächlich dabei, sich den Lippenstift
    nachzuziehen, bevor ich sie unterbrochen habe! Mitten in der Bewegung hat sie innegehalten, und ich
    schlage mir die linke Hand gegen die Stirn.

    Wegen einer wichtigen Mission in einen Vulkan gehen und sich trotzdem um nichts anderes als um das Aussehen kümmern? Genau deswegen ist Team Nachtschatten nicht zu beneiden.
    Was für Anhänger die
    haben, faul und nicht sehr achtsam. „Und wer bist du schon, dass du meinen Namen kennst? Ein Nichtsnutz von Ranger? Weißt du eigentlich, dass diese kindlichen
    Zöpfe schon lange aus der Mode sind?“, schnarrt sie knurrend. Sie
    lächelt danach fies, als hätte sie mich gerade geschlagen, aber für mich sieht es eher aus wie ein Zähnefletschen.
    „Ach, ich habe nur vorhin ein paar andere Team Nachtschatten Scherginnen getroffen, echte Klatschtanten übrigens“, erkläre ich süßlich, „Sie haben von deinem Make-up geschwärmt und sich
    gleichzeitig über deinen miesen Charakter ausgelassen, doch mich haben sie in der Zeit vollkommen übersehen. Unter aufmerksamen Wachdienst stelle ich mir auf jeden Fall etwas anderes vor…“
    Lavana bläht verärgert die Backen auf. Also, das
    mit dem, dass sie schnell explodiert, muss stimmen.
    „Und meine Zöpfe“, Ich streiche liebevoll über sie, „Nun, ich bin den anderen immer einen Trend voraus, weißt du? Es ist fast so, als würden die anderen sich nach der Zeit immer meinem
    modischen Stil anpassen, wenn du verstehst, was ich meine…“ Das ist eine glatte Lüge, doch sie klingt so glaubhaft, dass Lavana den Mund aufreißt und mich verdattert ansieht.
    „Sicher werden sich bald alle Promis zwei Zöpfe machen
    lassen, und sich ihre glatten Haare locke lassen. Dein Pferdeschwarz ist in der Zeit dann out…“, ich lege noch eine Lüge darauf.
    Natürlich ist das absolut
    nicht wahr und dennoch klinge ich, als würde ich wirklich die Wahrheit sagen.
    „Tss“, sagt sie, trotzdem aus der Fassung gebracht und langsam läuft sie vor Wut rot an, „DU bist nichts als ein nerviger kleiner Ranger, also puste ich dich besser aus dem Weg!“ Ein Klick und
    der KonMini hinter ihr ist aktiviert. Ich zucke vor Schmerz zusammen, leicht gehe ich in die Knie, um nicht umzufallen.
    Los, Panferno“, keift sie und
    deutet mit einem Zeigefinger, dessen Nagel ebenfalls pink lackiert ist, auf mich. Das Affenpokémon springt hinter ihrem Rücken hervor und auf mich zu.
    Vorsichtig weiche ich einen Schritt zur Seite aus und befehle Sany, meinen Fangversuch mit einer Aquawelle zu verstärken. Die leuchtende Fanglinie färbt sich mehr bläulich und
    es dringen doch tatsächlich einige Blasen
    hervor die auf mein Ziel zufliegen. Statt mich anzugreifen, versucht das Panferno, die einzelnen Blasen zu zerkratzen, wodurch sie natürlich zerplatzen.
    Dadurch bleibt mir mehr Zeit, Kreise zu ziehen, ohne Angriffen ausweichen zu müssen. Das ändert sich schnell.
    Lavana gibt einen neuen Befehl in ihrem KonMini ein. Panferno ignoriert daraufhin die Blubberblasen, die nun über der Lava schweben und starrt stattdessen mich an. Es stürmt kreischend auf mich zu.
    Ein weiteres Mal hüpfe ich beiseite. „Qurtel, setzte Rauchwolke ein“, sage ich laut. Der Rauch aus Qurtels Nasenlöchern wird dichter und aus dem Loch seines Panzers strömt sogar
    die dreifache Menge heraus. Er umgibt mich. Anhaltend Kreise
    ziehend, zische ich meinem Partner Pokémon auf meiner Schulter zu: „Benetze den Boden erst mit Aquawelle, dann
    friere das Wasser mit einem Eisstrahl ein.
    Allerhöchstwahrscheinlich werden Panferno und Lavana damit nicht rechnen und es wird ausrutschen.“
    Sany tut wie ihr geheißen. Einen halben Meter von meinen Füßen entfernt bildet sich erst Wasser auf dem Boden, schließlich eine dünne, aber glatte Eisschicht. Durch den rauch kann ich die glühende
    Fanglinie gut erkennen. Das Panferno scheint sich noch nicht zu bewegen, wahrscheinlich verwirrt von der Tatsache, dass es seiner Sicht beraubt wurde.
    Langsam gehe ich in die Knie, die immer noch zittern. Das verringert das Schwindelgefühl und ich kann mich wieder voll und ganz auf den Fangversuch konzentrieren.
    „Steh nicht nur so rum, springt
    durch den Rauch, irgendwann wirst du sie schon finden“, knurrt Lavana von irgendwo weit rechts neben mir. Sany stellt sich vor mich, errichten einen fast
    unsichtbaren Schutzschild um uns herum. Jetzt höre ich das Panferno herumspringen, zwei-, dreimal, dann macht es einen dumpfen Knall und ein kreischen, die glühende Fanglinie bleibt wieder an
    einer einzigen Stelle, nur gute drei Meter
    vor mir. Das Pokémon muss ausgerutscht sein.
    Ich höre es stöhnen, jammern und meckern, bevor es versucht, sich aufzurichten. Ein weiterer Knall, gefolgt von einem widerlichen Knirschen verrät mir, dass das Affenpokémon abermals
    hingefallen und nun auch Eis zerbrochen hat.
    „Noch einmal so eine Wasserpfütze,
    bitte“, flüstere ich Sany zu, doch dann ist es auch schon vorbei. Der Fangversuch ist abgeschlossen, die Fangscheibe schießt zu mir zurück. Der Rauch
    löst sich auf. Auch Lavanas KonMini explodiert laut und ich drehe mich zu ihr um.

    Ihr Gesicht ist immer noch rot vor Wut und langsam verläuft auch ihr Make-up.
    „Ach, ja, was es Make-up angeht“, sage
    ich spöttisch, „Manchmal ist weniger eben doch mehr.“ Hektisch zieht sie ihren Minispiegel hervor, bevor sie sich schimpfend und Ausdrücke um sich
    werfend,
    verschwindet sie. Ich verdrehe die Augen, dann lasse ich Qurtel die Eisschicht von Sany webrennen und das Wasser verdampfen. Danach folgen wir weiterhin dem Steinweg, bis mein FangKom
    klingelt.
    „Ja?“, melde ich mich.
    Es ist Blondi.

    „Voicemail, Kathi. Offensichtlich bewegst du dich auf den Ort mit der Rotgeme zu. Direkt vor dir in einer Höhle, weiß nicht, ob du sie schon sehen kannst, befindet sich ein sehr starkes
    Pokémon, garantiert ein Wächterpokémon wie Lucario bei der Blaugeme. Also, sei vorsichtig!“, wart sie mich, das Headset zurechtrückend. „Wie weit ist Bodo schon?“, frage ich leise.
    „Er durchsucht immer noch die Harubawüste nach dem Hippoterustempel, nachdem er beim ersten Mal in die falsche Richtung gelaufen ist…“, sagt sie kopfschüttelnd, „Der Hippoterustempel
    ist übrigens der Ort…“ „An dem er die Gelbgeme vermutet, ich weiß. Ich habe ihn vorhin angerufen und ihm mitgeteilt, dass wahrscheinlich Team Nachtschatten Schergen ebenfalls
    nach der Gelbgeme suchen werden. Bei mir hier im
    Brodelvulkan waren auch welche, aber ich habe sie inzwischen vertrieben…“, gestehe ich, „Dann hat er mir auch erzählt, dass er auf dem Weg
    zum Tempel
    ist.“
    Rhythmia grinst, dann wird sie wieder ernst.
    „Nun gut, auch wenn ihr zwei Süßen ein Pläuschchen haltet, solltest du
    dich jetzt wieder auf deine Mission konzentrieren. Hol dir am besten schnell die Rotgeme. Also, Voicemail, Ende!“ Ich
    lasse den Arm mit dem FangKom sinken und starre geradeaus. Anscheinend befindet sich dort vorne tatsächlich ein Höhleneingang. Als ich nur noch wenige Meter davor bin, stelle ich fest, dass
    die Form gleichzeitig natürlich und
    unnatürlich ist.
    Die Höhle dahinter ist nicht weniger seltsam gestaltet. Ähnlich wie der Raum in Schloss Almia befindet sich auch hier ein reich verzierter Altar in der Mitte, nur dass aus diesem hier mehrere,
    kleine Lavaströme austreten. Der Weg dorthin ist schmal und ein niedriges Geländer trennt den Weg von der brodelnden Lava daneben. Auf dem Geländer befinden sich seltsam
    schimmernde Steine, die wohl aus Vulkangestein bestehen
    und sie sind von kunstvollen Schnörkeln umgeben. Meine Schritte hallten unheilvoll, als ich auf den schwebenden Kristall auf dem Altar zugehe.
    Er sieht ganz anders aus als der im Schloss. Dieser hier ist geformt wie eine flackernde Kerzenflamme und tiefrot, beleuchtet vom Schein der Lava.
    „Das ist dann also die Rotgeme“, flüstert Sany
    bewundernd. In ihren Augen spiegelt sich der schöne Stein. Dann sind Schritte zu hören, laute und knirschende Schritte. Ich fahre herum, sehe
    aber niemanden
    auf dem Weg, trotzdem erklingen sie abermals. "Wo…“, fange ich an. Sanys Ohren zucken in die entgegengesetzte Richtung, also fahre ich wieder herum. Doch auch
    bei dem Altar ist niemand, oder eher… nichts?

    Meine Augen wandern die Wand aufwärts, gerade noch rechtzeitig, um dem herabspringenden Pokémon auszuweichen. Ein riesiges, glühendes Heatran steht vor mir.
    „Was machst du hier, Mensch!“,
    brüllt es mich an, bevor es knurrt: „Ach, wieder nicht nachgedacht. Du verstehst mich doch sowieso nicht…“
    „Doch“, erwidere ich zittrig, „Ich schon.
    Ich verstehe jedes Wort, dass du sagst. Der Grund, warum ich hier bin, ist die Rotgeme, natürlich. Wir brauchen sie unbedingt, um
    den Frieden in Almia zu
    bewahren.“
    Meine Stimme wird langsam zu einem Hauchen, doch Heatran unterbricht mich kein einziges Mal, als ich ihm das gleiche erzähle wie Lucario.
    „Die Blaugeme wurde uns bereits überlassen, in dem
    Wissen, dass wir sie für einen guten Zweck und gegen das Böse einsetzen.“ Das Heatran mustert mich genau.
    „Lucario fand, dass ich die Wahrheit sage und dass die
    Tatsache, dass ich mich mit Pokémon unterhalten kann und ihre Sprache verstehe, sei ein Grund mehr, der
    daraufhin deutet, dass ich ein guter Mensch bin…“

    „Wie wahr. Der Wächter der Blaugeme hat eine gute Entscheidung getroffen. Einem Menschen, der genau weiß, was Pokémon denken, ist die richtige Wahl. Die beste,
    wenn es darum geht, einem Menschen
    die Gemen anzuvertrauen. Nimm sie dir.“ Nach einem lauten Brüllen springt es in die Luft, krallt sich an der Wand fest und läuft aufwärts.
    Zittrig renne ich zu
    dem Altar und greife nach der Rotgeme. Kaum, dass ich sie in Händen halte, entsteht am Eingang des Raumes ein rötliches Licht, ähnlich dem blauen im
    Eisschloss. Es muss mich genauso nach draußen teleportieren können wie damals das andere…
    Okay, dann können wir wieder aus dem Vulkan. Qurtel? Danke vielmals für deine Hilfe, ohne dich wäre ich niemals bis hierhergekommen. Man sieht sich.“
    Der Unterschied zwischen der Hitze und dem
    hellen Licht in dem Berg, und der Dunkelheit und der Kälte außerhalb ist so gravierend, dass ich zuerst erstarre. Schließlich
    fange ich mich wieder und rufe in der
    Vereinigung an.
    „Ich habe die Rotgeme“, begrüße ich Blondi und halte den
    glühenden Stein hoch, während ich durch das Dorf zum Hafen renne. Kevins Boot wankt leicht in dem sanften
    Wellengang, doch ein Licht scheint durch die Perlutüre von der Kajüte aus heraus. Kev muss noch wach sein. Vorsichtig klettere ich auf das Schiff und unter meinen Füßen knarzt das Holz.
    „Kevin?“, sage ich, einigermaßen laut,
    „I-ich bin wieder zurück.“ Sein Gesicht erscheint im Türspalt.
    „Ach, hat die
    junge Lady ihre Mission beendet? Oha, was hast du denn da aufgetrieben?“, murmelt er, streckt sich und macht das Licht außerhalb an. „Das ist genau der Grund,
    weshalb ich herkommen musste. Fahren wir heute noch zurück nach
    Havebrück oder erst morgen?“
    „Wir fahren gleich, wenn du nichts dagegen hast. In zwanzig Minuten könnten wir wieder da sein, wenn wir schnell sind. Je eher, desto besser, würde ich meinen“, antwortet er
    und kehrt in die
    Kajüte zurück, um den Motor anzulassen. Die Hitze in dem Vulkan hat mich wacher gemacht, dennoch macht mich der warme Schein der Rotgeme, die über meinen
    Handflächen schwebt, müder und der ganze Tag hat mich ohnehin sehr erschöpft. Trotzdem bin ich mir sicher, dass ich es noch heute bis zur Ranger Vereinigung schaffen werde.
    Sany schleppt sich in meine Arme und ich streichele den Ruß der Rauchwolke aus dem weichen Fell. Sofort ist sie eingeschlafen. Ruhig atmet sie ein und aus. Zum Glück habe ich mich direkt
    neben der Perlutüre niedergelassen, sodass der Fahrtwind mich nicht auskühlt, sondern stattdessen an mir vorbeisaust. Der Himmel ist von Wolken verdeckt, kein einziger Stern funkelt zu mir
    herab, nur der Mond schimmert ein wenig
    hindurch.
    „Okay, junge Lady, wir sind angekommen. Havebrück, in seiner ganzen, nächtlichen Pracht“, verkündet Kevin, nachdem das Boot erst langsamer wurde und schließlich ganz still
    stand, im Hafen der
    Hafenstadt.
    „Danke, Kev“, sage ich ruhig, richte mich auf, „Ich mache mich
    sofort auf den Weg. Vielen Dank und gute Nacht!“ Ich springe von dem Schiff. Im Laufschritt folge ich den Gehwegen
    der Hauptstraße, bis zur Brücke in den Altru
    Park. Hier erleuchten Straßenlampen die Wege, aber mir ist klar, dass der Vereinigungsweg dunkel sein wird. Dort werde ich die
    Taschenlampenfunkion
    benutzen müssen. Die Wolken bleiben dort, wo sie sind.
    Nur auf den restlichen hundert Meter des Vereinigungsweges kann ich das Licht ausschalten, da das Ranger HQ hell genug ist. Sany schläft immer noch tief und fest, doch nur bis zu dem
    Moment,
    an dem Moritz auf mich zustürmt und brüllt: „Kathrin, du hast die Rotgeme.“
    Fauchend und die Krallen ausfahrend springt sie zu Boden und er hüpft vor Schreck zurück.
    „Geschieht ihm recht“, knurrt sie, als er auf dem Hintern
    landet.
    Seufzend hebe ich sie wieder hoch, die Rotgeme übergebe ich kurz danach Professor Hastings. Er ist Moritz langsam gefolgt.
    „Gut gemacht, Kathrin. Hiermit wirst du in den Ranger Rang 7
    befördert. …Die Rotgeme. Am besten bringen wir sie gleich hoch zur Blaugeme, zum Baum der Harmonie“, lobt er
    mich und bestaunt den roten, leuchtenden
    Kristall.
    „Ist Bodo noch nicht zurück?“, hauche ich. Jetzt erst spüre ich, wie
    müde und erschöpft ich doch bin. Der Tag war eben doch lang und furchtbar anstrengend.
    „Oh, nein, aber kurz vor deiner Ankunft hat er erst einen guten Weg gesucht, um zu diesem Zeitpunkt einen guten Weg rein in den Hippoterustempel zu finden. Er wird jedoch
    eine Nachricht senden,
    sobald er reingefunden hat. Du legst dich fürs erste ins Bett, ansonsten schläfst du uns hier noch im Stehen ein.“ Zustimmend wanke ich aus der
    Kommandozentrale bis zu meinem Zimmer, schaffe es gerade noch, mich umzuziehend, bevor ich müde auf meinem Bett zusammensinke.

  • jo :pika:
    ich hab es zwar jetz noch nich geschafft alles durch zu lesen aber ich wollt erstmal n commi da lassen ;D
    (ich glaub ich bin erst bei kapitel 7)
    aber ich find den anfang fazinierend weil es ja so nach spiel und jetz gehts doch i-wie anders weiter lol
    ok das einzigste was mich am anfang gestört hat, dass das alles in gegenwart geschrieben is jetz hab ich mich aber so langsam drangewöhnt XD
    so....ich bin nich sehr gut im langen kommi schreiben alsooooo...
    bye~
    :cat:

  • *sich schlecht fühl*
    Tut mir leid, dass ich so selten etwas poste.. Aber

    1. kommen die Abschlussprüfungen immer näher und

    2. muss ich das Kapitel immer überarbeiten, weil ansonsten alles linksbündig ist und

    3. das letzte Mal, als ich das nächste (dieses) Kapitel posten wollte,

    wurde ich vom BB rausgeschmissen,
    weil ich (sozusagen) zu lange inaktiv war, weil

    ich eben mit überarbeiten beschäftigt war 9520403170026839_>.<_0


    Also habe ich das hier in meinen Notizen bearbeitet. Das nächste Mal

    mache ich das in längerem Zeitraum, damit ich schneller etwas posten kann.

    Versprochen.


    Kapitel 34 – Armes Wailord


    Am nächsten Morgen weckt mich der Wind, der die Vorhänge des Fensters zum Flattern bringt. Jemand muss es aufgemacht haben. Seltsamerweise liege ich, wie schon lange nicht mehr, quer im Bett, Arme und Beine weggestreckt und die Decke zu Boden gestrampelt. Das Kissen liegt zusammengeknüllt in einer Ecke. Dieses Mal muss ich aber ganz schön wild um mich geschlagen haben. Gähnend richte ich mich auf. Sofort sehe ich Bodos immer noch gemachtes und unberührtes Bett.
    „Er ist noch nicht zurück“, denke ich und reibe mir die Augen. Sany hat sich auf die Couch verzogen, eingerollt liegt sie auf einem Sofakissenhaufen. Ist eigentlich klar, dass sie in so einer Nacht nicht bei mir schlafen will und kann. Naja, wahrscheinlich weiß Professor Hastings schon mehr über Bodos Verbleib, da sollte ich ihn besser fragen. Schnell ziehe ich mich an und mache mich fertig. Mit einer brummelnden Sany in den Armen rase ich in das Labor. Dort erwarten mich bereits Nageno. Vateno, Moritz und Professor Hastings.
    „Ah, Professor“, quietsche ich, doch er hält eine Hand hoch, um mich zum Schweigen zu bringen. „Wir haben erst eine Nachricht von ihm erhalten. Er hat berichtet, dass er Schwierigkeiten bei dem Fang des Wächters hat. Wir sollten uns aber keine Sorgen machen, meint er… Wenn du zu Aladin ins Mini Café gehst, wird er dir deine Reisetasche geben, gefüllt mit Wasser, Essen und deinem Frühstück.“ Mein Herz ist bei dem Wort „Schwierigkeiten“ zuerst stehengeblieben und hat sich dann schmerzhaft verkrampft, Angst durchzuckt jede Zelle meines Körpers. Doch Professor Hastings hat meine Reaktion und meine Gedanken vorhergesehen und Vorbereitungen getroffen, dass ich sofort aufbrechen kann.
    „Danke“, ist alles, was ich sage, bevor ich aus dem Raum haste. Das „Ach, diese junge Liebe…“, von Moritz bekomme ich trotzdem noch mit. Wenn ihm etwas passiert ist… Wenn ihm wirklich etwas passiert ist, dann… Dann…. Doch ich kann den Satz in meinen Gedanken nicht zu Ende denken, zu grauenhaft ist die Vorstellung, was dann mit mir ist. Rennend versuche ich verzweifelt nach Luft zu schnappen. „Wir sollen uns keine Sorgen machen“, denke ich mir, als ich das Ranger HQ hinter mir lasse, „Idiot, da mache ich mir doch erst recht Sorgen!“
    Sany brummt verschlafen, zuerst irgendetwas unverständliches, dann laut und deutlich: „Hey, Kathrin, was ist los?! Warum rennst du wie eine Irre den Vereinigungsweg entlang und warum klopft dein Herz verdammt nochmal so derartig unregelmäßig?!“ „Ach, Sany, hast du Professor Hastings nicht zugehört? Bodo hat gemeldet, dass es ihm schwerfällt, das Wächterpokémon zu fangen, aber dass wir uns deshalb keine Sorgen machen sollen. Da fällt mir jedoch sofort wieder ein, was für ein starker Wächter Heatran gewesen sein muss, so ein Protz wie das war. Zum Glück musste ich es nicht fangen, aber Bodo muss es! Bitte, lass es ihn schaffen…“
    Ich benutze genau die gleiche Strecke zum Hafen wie gestern und als ich dort ankomme, ist die Sonne schon fast ganz aufgegangen. Sie spiegelt sich im regelrecht ruhigen Meerwasser und färbt den größtenteils wolkenverhangenen Himmel rosa und rot. Eine Weile sitze ich auf einer Holzbank vor Kevs Schiff, bis ich ihn den Hafen entlangrennen sehe. Vielleicht geht er gerne in der Früh spazieren, vielleicht hat er sich auch nur sein Frühstück gekauft, auf jeden Fall beißt er genüsslich von einer übergroßen Butterbreze ab. Als er mich erblickt, ist er zuerst erstaunt. „Ah, junge Lady, was machst du denn hier?“, begrüßt er mich und lässt mich auf sein Boot.
    Erst atme ich tief ein, um mich zu beruhigen, dann antworte ich möglichst normal: „Gleich eine neue Mission. Mein bester Freund hat offensichtlich Probleme bei seiner eigenen, deshalb soll ich ihm jetzt zu Hilfe kommen. Dafür muss ich allerdings zur Harubawüste gelangen und die liegt auf einer Insel.“ Er nickt. „Dann fahren wir sofort dorthin.“ Seltsam… Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich mir nicht anhören, dass jemand denkt, dass mein bester Freund in Wirklichkeit mein fester Freund ist, und nicht anders. Aber das könnte auch daran liegen, dass Kev Bodo noch nie gesehen hat.
    Vorsichtig setze ich mich hinter der Kajüte auf den Boden und löse die Tasche von meinem Gürtel. Mal schauen, was Aladin mir zum Essen eingepackt hat. Beim Durchstöbern treffe ich auf eine Wasserflasche, wieder einer Packung Gummibärchen, eine Brotzeitdose mit einem Leberkasbrot und einem Frischkäsebrot, und als Frühstück ebenfalls eine Butterbreze, nur kleiner als die von Kevin. Weil ich überhaupt keinen Hunger habe, knabbere ich nur an ihr, meine Gedanken fahren gleichzeitig Karussell.
    „Wir gelangen gleich ins Wailordmeer und lassen das Havemeer hinter uns“, verkündet Kevin aus der Kajüte heraus. Ich ignoriere die Tatsache, denn es ist für diese Mission nicht entscheidend. Oder?
    Eine riesige Wasserfontäne schießt aus dem Wasser, begleitet von einem langgezogenen, qualvollen Hilfeschrei eines Pokémon. Kevin scheint von der Fontäne so überrascht, dass er langsam anhält und aus der Kajüte herausrennt. „War das etwa das Wailord?“, schreit er laut, während ich geschockt am Bootsrand stehe. „Es hat nach Hilfe gerufen“, quieke ich und betrachte mein erstarrtes und verzerrtes Spiegelbild auf der Wasseroberfläche. Im nächsten Moment klingelt mein FangKom. Bodo!
    Zitternd hebe ich ab. „Geht es dir gut?“, quieke ich aufgeregt, freudig und geschockt zugleich. Er grinst, beinahe entschuldigend. „Mir geht’s gut, aber dieses Wächterpokémon ist ein richtiger Brocken. Ich konnte es nicht fangen, also habe ich mich zurückgezogen. Und, Kätzchen, ich weiß, dass du auf dem Weg zu mir bist. Lass dir ruhig Zeit, so schnell werde ich mich nicht mehr mit dem Pokémon anlegen.“ Erleichtert atme ich auf. „Okay, denn ich habe gerade den Hilferuf eines Wailord gehört und ich glaube nicht, dass ein so riesiges Pokémon leicht in Schwierigkeiten gerät.“ Meine Stimme überschlägt sich vor Aufregung.
    Na, dann, befreie es doch aus seiner Not“, schlägt er vor, „Mir wird schon nichts passieren, außerdem ist es doch das oberste Gebot eines Rangers, Pokémon zu helfen, oder nicht? Man sieht sich, tschau!“ „Tschüss“, erwidere ich schwach und lege auf, bevor ich in der Tasche nach meiner Miniaqualunge suche. Ich ziehe sie heraus, stecke sie mir in den Mund und springe über Bord, direkt hinein in das kalte Meerwasser.
    Die Taschenlampe an meinen FangKom aktivierend, tauche ich hinab in die Tiefe. Es ist nicht halb so dunkel wie im Havemeer, denn hier schwimmen viel mehr Lampi, und sogar Lanturn erhellen ihre Umgebung. Das Wailord finde ich sofort. Immerhin ist es das größte existierende Pokémon auf der ganzen Welt. Es scheint jedoch am Grund von seltsamen, leuchtenden Fesseln festgehalten zu werden. Woher diese kommen, kann ich noch nicht erkennen, stattdessen paddle ich zu Wailord, neben dem sich noch ein Wailmer befindet.
    Vorsichtig streiche ich über die hellblaue Haut, die sich glatt unter meiner anfühlt. „Alles wird gut“, versuche ich, es zu beruhigen, „Ich hole dich da raus, versprochen!“ Das Pokémon starrt mich mit einem Auge an, dann berühre ich das Wailmer. „Und du passt in der Zeit hier auf, ja?“ Ich visiere die erste, blau leuchtende Fessel an und folge ihr bis zum Grund. Mit der Person, die daneben Blubberblasen aufsteigen lässt, habe ich am wenigsten gerechnet, und gleichzeitig gewusst, dass sie hier sein muss. Natürlich ist es klar gewesen, dass irgendeine böse Person das gemacht hat, und doch überrascht es mich ziemlich, den Team Nachtschatten Schergen hier zu sehen.
    „Wa… Ein Ranger? Wie hat der bemerkt, dass wir hier unten sind?!“, schreit er und dann zieht er tatsächlich einen KonMini hervor. Ach, nein, funktionieren die etwa auch unter Wasser? Obwohl er tippt, spüre ich weder Schmerz noch Schwindel. Wahrscheinlich verringert die Wassermasse die Reaktionen, die ich normalerweise auf die KonMinis zeige. Beinahe zu spät bemerke ich, wie drei Seeper auf mich zuschießen.
    Mit einem Schlag weiche ich knapp aus, meinen FangKom aktivierend. Ein Zischen ertönt, als meine Fangscheibe durch das Wasser düst. Sie umkreist das erste Seeper, das kehrt macht, bis es verwundert verlangsamt, dann wechselt sie zu dem zweiten, bis auch dieses nach kürzester Zeit gefangen ist, um das letzte einzukreisen. Dieses versucht die Scheibe mit Aquaknarre zu treffen, doch sie ist ihm einfach zu schnell Die Linie umschließt das Seeper. Der dritte Fangversuch ist abgeschlossen. Die drei Wasserpokémon schwimmen davon, nachdem der KonMini sie durch seine Explosion verschreckt hat.
    „Ach, Mist, du verdammter Ranger“, keucht der Team Nachschatten Rüpel, „Die restlichen Mitglieder der Marineeinheit werden dich schon noch zusammendrücken wie ein kleiner, lästiger Käfer.“ Er verschwindet rücklings in den Farn. Das Gewächs sprießt direkt aus dem Boden, neben einer grauen, im Licht glänzenden Maschine, aus der die erste blaue Fessel hervorkommt. Ganz offensichtlich erzeugt sie diese. Vorsichtig schwimme ich näher zu ihr, und beschaue sie mir genauer. Sie ist nicht sehr groß, ich könnte sie mit einem Arm an mich drücken. Also dürfte es nicht sonderlich schwer zu zerstören sein.
    Ich schaue mich um, auf der Suche nach etwas, vielleicht einem Pokémon, das das Gerät zerbrechen kann. Mein Blick fällt auf ein Perlu auf einem Stein, das von einem Aalabyss umkreist wird. Die Schlage des Perlu öffnet und schließt sich wieder und wieder. Dieses Pokémon wird mir bei der Zerstörung nicht helfen können, aber dafür das Aalabyss. Sein starkes Gebiss könnte die Maschine mit einem Biss zerfetzen. Kurzerhand entschließe ich mich dafür, es zu meinem Pokémon Freund zu machen. Obwohl es sich die ganze Zeit während des Fangversuches bewegt, macht es mir keine Probleme.
    Als es eingefangen ist, befehle ich ihm, zur Maschine zu schwimmen und Knirscher einzusetzen. Mit einem quietschenden Geräusch reißt es das Gerät mit einem Mal auseinander, ohne auch nur einen Funken Anstrengung zu zeigen. Danach kommt es aufgeregt zurück. „Das macht Spaß“, freut es sich laut. „Kannst du dich schon bewegen?“, rufe ich dem Wailord zu, doch es grölt zurück: „Nein, da sind noch drei weitere!“ Ich wende mich wieder Aalabyss zu. „Na gut, es gibt noch drei weitere, aber davor musst du mir helfen, sie zu finden!“, sage ich ihm. Es verzieht das Gesicht zu einem lustigen Grinsen.
    Dicht am Boden bewegen wir uns voran, vorsichtig, damit uns möglich niemand bemerkt. Der Gras oder das Seetang, die öfter über uns sin, verdecken praktischerweise die Sicht auf uns. Ich halte die ganze Zeit weit die Augen offen, um den blauen Schimmer zu erkennen, falls er aufleuchtet. Der Punkt meiner Taschenlampe wandert auf dem Weg hin und her. Da ich nur meine Beine und einen Arm zum Schwimmen habe, weil ich an dem rechten Armgelenk mein FangKom ist, komme ich nur langsam voran. Meine Augen wandern nach oben. Zwischen dem dunklen, fast schwarzen Seetang ist ein blaues Blitzen aufgetaucht.
    Drum herum schwimmend, lausche ich auf etwas, das die Anwesenheit eines Team Nachtschatten Rüpel verraten könnte, doch nichts. Zweifelnd beobachte ich die kleine Maschine fünfzehn Meter vor uns. „Glaubst du, es könnte wieder einer von der Marineeinheit hier sein?“, frage ich leise und so wenig Blasen wie möglich ausstoßend. Das Aalabyss an meiner Seite grummelt etwas Unverständliches. Also betrachte ich die Umgebung der Maschine genauer.
    Die gerade Strecke von uns zu ihr ist felsig und frei. Würden wir den Weg nehmen, dann würde uns jeder sofort erkennen. Doch würden wir den längeren Umweg nehmen, bestückt mit Seetang und hohem Gras… Der wäre perfekt als Versteck. Nun ja, nicht ganz. Ich bin mir sicher, dass ich mich darin verfangen würde. Sicher, ich würde es nicht schaffen, aber dafür Aalabyss. Leise flüstere ich ihm zu: „Was hältst du davon, wenn du da entlang schwimmst“, ich deute mit dem Finger den Weg entlang, „Bis zu diesem Felsen hinter halb der Fesselmaschine, bis du den Tang daneben erreichst. Von dort kannst du die Maschine unbemerkt zerbeißen. Und wenn du fertig bist, kommst du genauso wieder zurück. Danach können wir weiter suchen.“
    Das seltsame Grinsen des Pokémon wird immer breiter, bevor es in dem grünen Gewächs verschwindet. Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich, ihm zu folgen. Doch es versteckt sich so gut, dass ich es erst wiedersehe, als es seinen Kiefer um die Maschine legt und es mit seinen Zähnen zermalmt. Das blaue Leuchten flackert und erlischt. Laut und widerhallend grölt das Wailord: „Noch zwei, auf der anderen Seite!“. Geschickt windet sich das Aalabyss zurück durch den Seetang, bis zu mir.
    Ich stoße mich von dem felsigen Boden ab, mit Aalabyss an meiner Seite, über Wailords Rücken und direkt hinein in einen Büschel Seegras. Gerade noch rechtzeitig schwimme ich wieder heraus. Ich drehe mich um, doch hinter mir ist niemand, also begebe ich mich wieder auf den Boden. An einem neuen Büschel Seetang vorbei und sofort bleibe ich wieder auf Ort und Stelle. Um die nächste Maschine schwimmt ein Team Nachschatten Scherge der Marineeinheit, unablässig und drohend.
    „Ein Ablenkungsmanöver wäre nicht schlecht…“, überlege ich halblaut und schaue mich nach einem Pokémon dafür um. Ein Seemon ist fast direkt neben dem Wailord, gute fünf Meter von mir entfernt und verdeckt von einem schiefliegenden Stein. Meine Fangscheibe zischt leise, aber nicht weniger schnell als sonst. Sie umkreist das Seemon, welches sich kein bisschen wehrt. Als Pokémon Freund bewegt es sich elegant auf mich zu. Das Mitglied der Marineeinheit bemerkt es nicht.
    „Hallo, Seemon“, begrüße ich es ruhig und streichele über seine Schuppen, „Ich brauche dich für eine Ablenkung. DU musst die Person, die sich neben dem Gerät dort hinten aufhält“, ich zeige in die Richtung, „Von dort weglocken, damit Aalabyss hier die Maschine zerstören kann. Wir wollen nämlich dem Wailord helfen, deshalb!“ Das Seemon schaut mich an, dann dreht es sich um. Ob es schon einen Plan im Kopf hat oder nicht, kann ich nicht sagen. Vorsichtig um die Ecke spähend, beobachte ich es.
    Der Team Nachschatten Scherge hält inne und blickt es ebenfalls an. Es schwimmt mit grazil zu ihm hin, bis es direkt vor seinem Gesicht ist. Eine Sekunde lang ist es still, dann… Ein Sturm von Blasen, ein gewaltiger Blubbstrahl schießt auf den Mann zu, sie platzen, als sie auf seine Haut und Haare treffen. „Waa…“, sagt er, bevor das Seemon weg düst. Es schwimmt von uns weg, in die andere Richtung, dreht sich noch einmal um, dann verschwindet es frech im Seegras. Der Team Nachtschatten Rüpel folgt ihm zornig.
    In der Zwischenzeit, in der er weg ist, schleicht Aalabyss zu der Maschine und zerreißt sie freudig. Auch die dritte Fessel verschwindet. „Toll“, freue ich mich, „
    Jetzt fehlt nur noch eine, dann ist Wailord frei!“ Auch das riesige Pokémon brummt zufrieden und glücklich. Nur mit Aalabyss an meiner Seite taste ich mich am Boden voran, nach einer letzten Fessel Ausschau haltend. Das Seegras meide ich, aber ich verstecke mich hinter Seetang, als der gleiche Team Nachschatten Scherge, den Seemon weggeführt hat, zurückkehren will.
    „Dummes Viech“, schimpft er laut, „Konnte doch tatsächlich entkommen.“ Seine Stimme und die Verfluchung werden immer leiser, schließlich bin ich mir sicher, dass ich weitersuchen kann. Die letzte Maschine ist in einem der vielen Büschel Gras versteckt, aber die Fesseln kommen daraus hervor und verraten das Versteck dadurch. Erst zerbeißt Aalabyss das Seegras, danach das Gerät. Erleichtert begebe ich mich zu Wailord. „So, jetzt müsstest du frei sein“, sage ich ihm in das Auge auf der einen Seite und streiche wieder über die glatte Haut.
    Das Wailmer drückt sich an mich. Offensichtlich ist es mehr als früh darüber, dass seine Weiterentwicklung nicht mehr gefangen ist. Die zwei wirken einfach so glücklich und friedlich zu zweit. „Du dummer Ranger!“, ertönt eine laute, boshafte Stimme hinter mir, „Warum müsst ihr Idioten uns eigentlich immer ins Handwerk pfuschen? Könnt ihr uns nicht einmal im Leben unsere Arbeit tun lassen, einmal unseren Job ausüben lassen?“ Ich fahre herum. Ganze drei Mitglieder der Marineeinheit befinden sich nur gute fünf Meter von mir entfernt.
    Neben ihnen ist ein arrogant aussehendes, wohl oder übel von einem KonMini kontrollierten Seedraking. Bei den Worten der Frau in der Mitte muss ich ein Lachen unterdrücken. „Naja, dadurch hätten wir aber nur ein kleines Problemchen“, kichere ich, ihr wütendes Gesicht belustigt mich nur, „Wenn ihr euren Beruf ausübt, dann gebt ihr mir einen Grund, euch zu bekämpfen zu wollen. Ihr macht immerhin böse Dinge, aber das dürftet ihr ja selber wissen. Leider ist das Pech für euch, denn genau das hasse ich, also bekämpfe ich euch. Nur so kann ich wenigstens meinen Teil dazu beitragen, dass der Frieden in Almia bleibt.“
    Sie keift mich wütend an: „Du bist doch nur ein mickriger Ranger, am besten knocke ich dich einfach aus! Nur eine Person kann alle Mitglieder, alle Anhänger von Team Nachtschatten nicht besiegen, und du bist das garantiert nicht!“ Sie betont das Wörtchen „alle“ besonders. Ihre Worte irritieren mich nur ein wenig, aber ich grinse sie nur hinterlistig an. „Woher willst du das so genau wissen? Ich habe schon jede Menge von euch besiegt, falls du das nicht weißt. In gewisser Weise ist sogar Team Nachtschatten der Grund dafür, warum ich ein Top Ranger bin“, meine Stimme verfällt in einen glücklichen Singsang.
    "
    Das heißt noch lange nicht, dass du die Kräfte hast, du den unseren weit überlegen sind. Wahrscheinlich weißt du noch nicht einmal etwas davon, habe ich recht?“ „Was soll das denn heißen? Ich ziehe meine Kräfte aus den Pokémon, die mir helfen. Sie sind der Grund, warum ich so stark bin, wie ich bin. Nur durch ihre Hilfe kann ich anderen Pokémon und Menschen helfen oder sie beruhigen“, erwidere ich gut gelaunt, über den Kopf des Aalabyss streichend.
    „Naja“, sagt sie, „Du konntest es ja auch gar nicht wissen, richtig? Und ich werde es dir auch garantiert nicht auf die Nase binden. Stattdessen wird dir Seedraking helfen, ja? Los, mach sie platt.“ Mit einer Eingabetaste auf ihrem KonMini, den sie flink hervorgezogen hat, hetzt sie das Drachenpokémon auf mich, doch meine Fangscheibe flitzt noch schneller darauf zu. Mich vom Boden abstoßend, weiche ich ersten Attacken aus. Unter Wasser kann ich sogar über Kopf bequem Kreise ziehen. Somit kann ich auch auf dem Rücken oder auf dem Bauch den Fangversuch fortsetzen und gleichzeitig das Seedraking im Auge behalten.
    Auch verschiedenen Angriffen kann ich viel besser ausweichen, da ich mich nur ein wenig drehen, ein wenig mit dem Arm oder einem Bein paddeln muss. Es stürmt öfter auf mich zu, versucht mich, mit Blubbstrahl greift es mich an, doch nichts trifft. Jede Attacke geht daneben, bis zu dem Moment, an dem ich den Fangversuch endlich beenden kann. Das Seedraking blinzelt einen Moment lang, verdutzt, wie es scheint, dann verschwindet es hinter dem Wailord. Ein unterdrückter Knall, erstickt vor Wasser, ertönt, als das KonMini explodiert. Auf dem Kopf schaue ich die drei Team Nachschatten Schergen an.
    Ich muss ziemlich seltsam aussehen, aber das ist mir egal. Sie fixieren mich zornig, dann blicken sie sich zweifelnd an. Eine Weile brauchen sie, bevor sie eine Entscheidung treffen. „He-hey, was macht ihr da?! Lasst das bleiben!“, rufe ich, doch zu spät. Sie haben Wailmer in die Enge getrieben und führen es nun schnell zur Oberfläche, gegen seinen Willen. Ich drehe mich um. Wailord erschüttert das Wasser mit einem lauten, wütenden Brüllen und ich starre es an. Wahrscheinlich hätten sie es nicht gewagt, das Wailmer zu klauen, wenn sie gewusst hätten, wie groß der Zorn des Wailord ist.
    Es reißt das Maul auf, bevor es sich vom Boden erhebt. „Hilft du mir, es wieder zu beschaffen?“, fragt es und sieht mich mit einem schwarzen Auge an, in dem ich mich spiegele. Meine erschrockene Miene wandelt sich, wir entschlossen. „Natürlich“, antworte ich, „Aber könnten wir nicht davor noch mein Partner Pokémon holen? Sie ist oben auf einem, nicht so sonderlich großen Boot und wenn die Mission auf Land ist, brauche ich sie.“ „Steig auf“, befiehlt Wailord, woraufhin ich mich auf seinen mächtigen Rücken ziehe.
    So schnell war ich noch nie. Das große Pokémon bewegt sich dermaßen schnell, dass mir am Anfang das Herz stehen bleibt. Doch als wir kurz vor der Wasseroberfläche sind, bremst es ab und wir kommen tatsächlich neben Kevs Schiff an. „Das richtige?“, hakt Wailord nach und ich bejahe. Kevin und Sany schauen mich erstaunt und mit offenen Mündern an. „Komm schon, Sany, spring her. Jetzt müssen wir Team Nachtschatten wieder platt machen!“ Erst springt sie auf den Rand des Bootes, dann direkt in meine Arme.
    Mann, du bist ja ganz nass“, beschwert sie sich, amüsiert und schnurrt behaglich. „Ja, hab dich auch lieb“, erwidere ich lachend und gebe Wailord einen Klapps, „Wir können dann mal. Aber bitte nicht mehr unter Wasser, ja? Jedenfalls nicht zu sehr.“ Es schießt eine Wasserfontäne hinter mir hinaus, als Zeichen, dass es verstanden hat. Tropfen treffen auf meinem ohnehin schon nassen Rücken, dann geht es ein Stückchen tiefer. Der Wind weht ins Gesicht, bläst meine Haare und meine Klamotten fast trocken und bringt mich zum Bibbern.
    „Och, arme Kathrin. Bodo wird sicherlich wissen wollen, dass du so sehr gefroren hast…“ „Ach, halt die Klappe, Sany“, würge ich mein Partner Pokémon ab, aber gleichzeitig spüre ich die angenehme Wärme in meinem Gesicht. Wenigstens für etwas sind die ganzen Triezereien von Sany gut. Damit wird einem nie ganz kalt. Ich kneife meine Augen zusammen. „Woher weißt du eigentlich, wo Wailmer ist?“, frage ich das große Pokémon. „Durch Schallwellen, die so hoch sind, dass Menschen sie nicht hören können“, erklärt es, „Dadurch kann ich auch genau sagen, dass es nicht mehr weit von uns entfernt ist. Kannst du dort vorne nichts erkennen?“
    „Ja, da ist etwas, was genau kann ich aber noch nicht sagen. Auf jeden Fall ist es über Wasser, wenn auch nicht sonderlich hoch“, antworte ich. So schlittert man also von einer Mission zur nächsten. Langsam wird dieses etwas vor uns immer größer, da wir immer näher kommen, doch erkenntlicher wird es dadurch nicht. Ist es vielleicht einfach eine große Plattform im Meer? Das Wailord wird zunehmend langsamer, bis wir bei der großen Eisenfläche sind. Und auf ihr steht auch schon jemand….




    Okay, wenn das das nächste Mal wieder so geschmiert läuft wie jetzt und nichts linksbündig wird,

    gibt es das nächste Kapitel bald!! Sehr bald!!

    Lg, Soso-chan

  • Neues Kapii!

    Wurde mal wieder Zeit, dacht' ich mir.

    Viel Spaß beim Lesen!



    K

    apitel 35 – Die falsche Voicemail


    S

    iver?“, sage ich halblaut. Nur sein Partner Pokémon, das Luxtra, dreht sich zu mir um, er bemerkt mich zuerst gar nicht. „Siehe an“, schnurrt sein Partner Pokémon, „Wir bekommen unverhofft Verstärkung.“ „Wir sind eigentlich nur wegen einem Wailmer hier“, antworte ich, während ich von Wailords Rücken rutsche, „Du bleibst doch hier, Wailord, oder? Bis wir es befreit haben!“ Eine Wasserfontäne schießt zur Antwort heraus, dann taucht es ab.
    „Kathrin?“, höre ich Sivers überraschte Stimme, also drehe ich mich zu ihm um, „Was für ein Wailmer? Und wie hast du es geschafft, das Wailord des Wailordmeeres auf deine Seite zu ziehen? Man kann es doch angeblich aufgrund seiner Größe nicht einfangen!“ „Müsste wahr sein“, erwidere ich, „Aber ich habe es auch gar nicht versucht. Erst habe ich es aus den Fesseln von Team Nachtschatten gerissen, dann wurde sein Freund, das Wailmer, gefangen genommen und hierher entführt. So viel dazu. Was ist das hier? Und warum bist du hier?“
    Der Top Ranger schaut sich um, ich mache es ihm nach. Wenn es hier auf der Fläche etwas wie ein Anlegen für Boote gäbe, dann sind wir jetzt sicher darauf. Am Rande der großen Plattform ist ansonsten ein Zaun, der gut zwei Meter hoch ist und aus Metall bestehen muss. Nur an der Stelle, an der sich der „Steg“ mit der Plattform trifft, ist nichts. Eine breite Röhre ist ungefähr in der Mitte. Sie verhindert, dass man direkt auf das Meer dahinter blicken kann. Doch all das sagt mir überhaupt nichts. Worauf befinden wir uns genau? Siver antwortet ruhig: „Angeblich ist das eine alte, verlassene Bohrinsel der Altrufirma. Trotzdem ist hier irgendetwas faul…
    Da du schon hier bist, könntest du mir dabei helfen, das Faule herauszufinden. Und gleichzeitig können wir auch das Wailmer befreien.“ Er winkt mich zu sich, so dass wir unsere Erkundungstour beginnen können. Vorsichtig spähen wir um die Kurve, an dem Metallzaun vorbei. Mein Herz bleibt vor Schreck stehen. Herr Tollero steht am Ende des Weges um die Röhre herum, direkt vor einem großen, runden Platz, auf dem ein Hubschrauber steht. Vor ihm befinden sich zwei Personen, die ich ebenfalls kenne. Laut und deutlich dringt die Stimme des ehemaligen Lehrers an mein Ohr.
    „Der Boss ist alles andere als glücklich darüber, dass euch die zwei Gemen entronnen sind. Und das, wie mir zu Ohren gekommen ist, wegen einem kleinen Mädchen. Sie konnte euch beide besiegen und hat stattdessen die Steine eingesackt. Wo wir gerade dabei sind… Ihr heißt doch nicht umsonst ‚Sinis Trio‘, oder? Wo also ist der dritte im Bunde?“
    „Auf einer wichtigen Mission“, erklingt Glazios kalte, ruhige Stimme. Er klingt distanziert und ich kann heraushören, dass er Tollero nicht ausstehen kann. Der Wind bläst im nächsten Moment nicht nur den widerlich ekelerregenden Geruch des Haarsprays, sondern trägt auch Lavanas wütende Stimme zu uns. „Die Kleine dachte sogar, sie müsse mir Modetipps geben… Mir! Das hätte sie sich echt sparen können. Außerdem sind wir uns nicht sicher, ob sie die Rotgeme tatsächlich erhalten hat. Die wurde immerhin von einem richtigen legendären Pokémon bewacht. Wenn wir nur ein wenig Glück hatten, wurde sie tatsächlich zerquetscht wie ein kleiner Käfer.“
    „Wie auch immer. Am besten ihr verschwindet wieder. Ich muss mich hier ohnehin um ein kleines Problem kümmern“, keift Tollero und er tritt ein paar Schritte zurück. Lavana und Glazio steigen nacheinander in den Helikopter, der kurze Zeit später abhebt. Der ehemalige Lehrer verschwindet hinter der Röhre.

    D

    u hast der Rosahaarigen Modetipps gegeben?“, lacht Siver leise. Ich brumme. „Konntest doch selber sehen, dass sie absolut grausam gekleidet ist. Also habe ich ihr ein bisschen was vorgeflunkert, sie hat aber nicht gemerkt, dass ich eigentlich gelogen habe. Sollten wir nicht hinter Tollero herlaufen? Durch ihn und den anderen zweiten wissen wir jetzt sicher, dass dieser Ort von Team Nachschatten Anhänger bevölkert ist.“
    Langsam folgen wir ihm um die Ecke, immer vorrausschauend dass uns auch niemand entdeckt. Bis wir, ohne jemanden zu treffen, an einer Eisentüre ankommen. Zweifellos müssen wir durch sie hindurch und glücklicherweise ist sie unverschlossen. Ein kurzer Flur führt zu einem Aufzug, der hinab in der Meer führt. Siver betrachtet die Knöpfe, mit denen man auswählen kann, wie tief oder wie hoch man will. „Es gibt nur zwei Stockwerke“, er setzt das Wort mithilfe seiner Finger in Gänsefüßchen, „Also fahren wir abwärts.“ Wir lassen sie hinter uns, aber ich erstarre sofort. Die Frau von der Marineeinheit kommandiert zwei weitere Schergen herum, die das Wailmer durch eine weitere Türe rollen.
    „Hey, aufhören“, rufe ich ihnen zu. Der Blick der Frau trifft mich. Ihre Augen werden zu Schlitzen und aus irgendeinem Grund zieht sie für eine Sekunde die Oberlippe über den Zähnen hoch. Bereits im nächsten Moment lässt sie die Lippe zurücksinken. Stattdessen gibt sie ein leises, undefinierbares Geräusch von sich, bevor sie in dem Raum verschwindet, in dem auch schon das Wailmer ist. Als ich darauf zustürme und an dem Türgriffe rüttele, muss ich feststellen, dass sie abgeschlossen hat.
    Auf der Unterlippe kauend, stoppe ich mich selbst davor, eine Anzahl gut ausgewählter Schimpfwörter auf die Türe abzufeuern. Verdutzt folgt mir Siver. „So wie es aussieht, willst du das Wailmer unbedingt als erstes retten, nicht wahr? Am besten, wir trennen uns. Ich erkunde weiterhin dieses Geheimversteck und du suchst nach einem Weg, das Pokémon zu befreien. Also, man sieht sich.“ Und mit diesen Worten rennt er nach links, einen weiteren Gang entlang. Sany hat währenddessen schon eine Art Katzenklappe betrachtet, nur größer.
    „Was, wenn ich hineingehe?“, überlegt sie laut, aber ich fahre dazwischen: „Wage es nicht! Garantiert packen sie dich sofort, und dann? Wer hilft mir dann noch, das Wailmer und dich dazu zu retten? Eben. Niemand. Lass uns lieber nach einem Weg suchen, dort reinzukommen, ohne Gefahr zu laufen, dass einer von uns gefangen genommen wird.“ Sie schnippt mit dem Schwarz und steht auf, um den Weg zu folgen, den Siver eingeschlagen hat. Ich folge ihr wortlos, ohne mich umzudrehen. Am Ende des Flures führt nur ein zweiter, dünner Gang nach links und auf der rechten Seite gibt es mindestens drei Türen.

    S

    ollen wir dort reinschauen?“ Sany legt ihre Vorderpfoten auf das Holz und fährt angriffslustig ihre Krallen aus. Sie ist offensichtlich befreit für alles, was dahinter auf uns wartet. „Besser wäre es“, seufze ich, „Wer weiß, was wir dort drinnen finden könnten. Vielleicht den Schlüssel für die Türe…?“ Leise drücke ich den Türknopf um, und zwinge mich durch den entstandenen Spalt. Das Zimmer, nicht sonderlich groß, ist genauso hell erleuchtet wie die Flure, aber überfüllt.
    Es erinnert mich sehr an die Holzhütte, in der Michel wohnt. Mit vollgestellten Schränken und Regalen, bei denen Schubladen aufgerissen sind, ist der ganze Raum ausgefüllt. Papiere bedecken den Boden so sehr, dass der richtige Boden nicht mehr durchscheint. Ansonsten ist er menschenleer. Hier werden wir garantiert keine Lösung für unser Problem finden. Also verlassen wir ihn wieder.
    Im zweiten Raum sieht es schon besser aus. Der Tisch am linken Rand ist von einem weißen Tischtuch verhüllt und darauf steht eine Vase mit einer hellblauen Blume. Dahinter ist ein Schrank mit geschlossenen Schubladen in tiefem dunkelblau. Doch in der Mitte des Raumes steht ein Team Nachtschatten Anhänger vor sich ein Spieleautomat. Leise schließe ich die Türe hinter mir, ohne seine Aufmerksamkeit zu erregen. Am besten gehe ich Schwindel und Kopfschmerzen aus dem Weg.
    Der dritte und gleichzeitig letzte Raum ist, leider, abgeschlossen. Aber es hängt eine Mitteilung an der Türe. „Warnung! Raum nicht betreten!“ „Sehr informativ“, brumme ich über die Nachricht, „Da kann man doch ohnehin nicht rein.“ Also bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter zu spazieren. Zum Schluss gehen wir durch einen hölzernen Türbogen. Der Raum dahinter erinnert mich an die Kommandozentrale, er hat sogar fast die gleiche Größe. Selbst eine große, elektronisch angezeigte Karte von Almia befindet sich an der Wand vor mir. Auf den Stühlen an einem Tisch in der Mitte sitzen ganze drei Team Nachtschatten Schergen, schnarchend. Kaum zu glauben. Haben die hier auf dieser Bohrinsel nichts anderes zu tun, als zu faulenzen?! Schlecht ist das für mich natürlich nicht. Eine Stimme ertönt leise von links aus einem weiteren Zimmer.

    W

    a-Was macht ihr da?“ Schnell renne ich hinüber in den Raum. Fast direkt bei dem Eingang befinden sich zwei Personen, beide kenne ich. Siver dreht sich zu mir um. „Ich habe die Blaupausen einer ‚Unglaublichen Maschine‘ von dem Pilzkopf hier!“ „Oh, hallo! Hilf mir bitte, Kathrin! Der Typ hier will mich verprügeln!“, erwidert der Junge mit den blonden Haaren, den der Top Ranger passenderweise als Pilzkopf bezeichnet hat. Ich muss kichern. „Ach, quatsch, Albert. Siver ist kein verrückter Rowdy, der nur darauf aus ist, anderen eine reinzuhauen!“, meine ich ruhig.
    „Kathrin“, sagt Siver, „Kennst du den Kleinen hier?!“ „Natürlich kennen wir uns“, erbost sich Albert, „Kathrin und ich waren auf derselben Schule! Kathrin ist schließlich ein Ranger geworden und ich ein Wissenschaftler.“ Er erscheint ein weniger beruhigter, aber Siver ist nur noch erstaunter. „Moment, was geht hier vor? Ein Schüler der Rangerschule arbeitet im Versteck der Nachtschatten? Was soll das? … Naja, wir stecken mit in ihrer Geheimbasis. Jetzt ist keine Zeit zum Quatschen. Dieses Kind“, der Top Ranger deutet auf den beleidigt aussehenden Albert, „Und die Blaupausen nehmen wir mit zur Ranger Vereinigung. Professor Hastings wird sich bestimmt darüber freuen.“
    Mit einem Schlag hellt sich das Gesicht des blonden Jungen auf und er freut sich laut: „Echt? Darf ich Professor Hastings treffen? Das ist ja klasse! Ich meine, die Arbeit hier ist echt in Ordnung. Es gibt jede Menge Bücher“, er deutet auf die Regale ringsum, „Und die Leute sind nett. Aber die Ranger Vereinigung… Das ist schon eine echt starke Versuchung… Solange ich mich in Forschung stürzen kann, würde ich überall hingehen. Aber bevor ich gehe, würde ich gerne noch Herrn Tollero auf Wiedersehen sagen. Ich denke, das schulde ich ihn“, diese Wort sprudeln in einer atemberaubenden Geschwindigkeit aus seinem Mund. Bei den letzten zwei Sätzen erstarre ich jedoch.
    „Müssen wir unbedingt den besuchen?“, beklage ich mich zweifelnd. Den ehemaligen Lehrer möchte ich nach unserem letzten Aufeinandertreffen nicht wirklich gegenüber treten. Aber Siver spricht bestimmt: „Ich denke, wir sollten diesem Tollero einen Besuch abstatten. Man soll schließlich höflich sein. Wo müssen wir hin?“ „Er ist auf der untersten Ebene!“, antwortet Albert, erleichtert. Die zwei schreiten zielsicher aus dem Raum, ich hinterher. „Und wie kommen wir da runter? Der Ort, an dem sich der Aufzug wahrscheinlich befindet, wurde von der dummen Team Nachtschatten ‚Dame“ abgeriegelt. Der einzige Weg dort hinein führt durch eine übergroße Katzenklappe, durch die keiner von uns passt“, erkläre ich und Sany brummelt, „Wie also sollen wir dort hinein kommen?“

    H

    ätten wir doch nur wieder so ein tolles Skuntank, das sie für uns lahmlegen könnte“, überlegt Siver grinsend. Mir ist klar, dass er an die Chroma Ruinen denkt. Stimmt, da hat er Recht. Das würde ich nur allzu gerne noch einmal machen. „Wir haben ein Skuntank hier auf der Ebene, als Forschungsprojekt“, erklärt Albert freudig, „Wir hatten eigentlich vor, aus seinem Gestank ein neues Parfum zu kreieren. Das Pokémon ist in einem abgeschlossenen Raum, aber ich habe den Schlüssel dazu!“ Er zieht einen glänzenden Schlüssel aus einer Tasche seines weißen Kittels. Ich muss mir ein Kichern verkneifen.
    Dieses „Parfum“ würde ich nie benutzen, auch wenn es mal auf dem Markt sein würde, nicht um alles Geld auf der Welt. Der Schlüssel passt perfekt in das Schloss der abgeschlossenen Türe und mit einem Klicken geht sie auf. Albert öffnet die Türe, so dass wir in das Zimmer blicken können. Es ist fast ganz leer, bis auf einem riesigen Kissen, einem Futter- und Wassernapf. Und dem Fellbündel, das eingerollt auf dem Kissen liegt. Ein spitzes Dreieck zuckt, als Albert den Raum betritt, und bereits im nächsten Moment ist das Pokémon auf seinen Beinen. Das Dreieck ist eigentlich ein Ohr. Mit heraushängender Zunge sprintet es auf den Wissenschaftler zu, wirft ihn um und schleckt ihn ab.
    „Guter Junge“, lacht Albert, über das struppige Fell streichelnd, „Ganz guter Junge. Was hältst du von einem kleinen Spaziergang? Aber davor musst du von mir runter gehen!“ Das Pokémon steigt folgsam von ihm ab, setzt sich zu seinen Füßen wie ein Hund und wartet. „Wir gehen spazieren? Auch ja, spazieren gehen macht Spaß!“, freut es sich, bleibt aber ruhig. „Gut, dann gehen wir mal“, sagt Albert. Zugegeben, das Skuntank muss ihn echt gerne haben und gut trainiert sein. Brav folgt es ihm bei Fuß.
    Weder Siver noch ich müssen einen Fangversuch starten. Vor der Türe deutet er auf die Katzenklappe und sagt: „Dort drinnen sind ein paar Personen, also hinter der Klappe. Wenn du des schaffst, diese Menschen dazu zu bringen, dass sie den Raum verlassen, dann kriegst du auch eine Belohnung, ja?“ Das Skuntank passt locker durch die Katzenklappe und verschwindet dahinter. Eine Weile hören wir nichts außer ein paar Streitereien, einen spitzen Schrei, gefolgt von einer weiteren Kappelei. Zum Schluss hört man noch ein leichtes Krächzen und das Klicken eines Schlüssels, der im Schloss umgedreht wird.
    Siver stößt die Türe auf. Die Team Nachtschatten Schergen liegen geschlagen am Boden, und etwas Muffeliges liegt in der Luft. Ich wedele mit einer Hand vor meiner Nase und lobe das Skuntank: „Da hat aber jemand ganze Arbeit geleistet?“ Begeistert dreht es sich um, die Zunge hängt ihm immer noch aus dem Maul. Albert macht eine schnelle Bewegung mit einem Arm in die Richtung des Pokémon, woraufhin es einen außerordentlich eleganten Sprung hinlegt. Es hat nun einen großen Keks zwischen den Zähnen.

    D

    as ist dann also die Belohnung, was?“, lacht Siver und geht auf den Aufzug zu, den ich bis dahin gar nicht bemerkt habe. „Willst du das Skuntank mit in die Vereinigung nehmen?“, frage ich den Wissenschaftler. An seiner Seite klebt das Pokémon wie Sany an meiner und Luxtra an Sivers. Fröhlich schaut Albert mich an, während er ebenfalls in den Aufzug steigt. „Darf ich das denn?“, fragt er mich mit glänzenden Augen. Siver antwortet gelassen: „Wenn wir Partner Pokémon haben, die uns bei unserer Arbeit beistehen, warum dann nicht auch die Wissenschaftler in der Vereinigung? Nimm es einfach mit, Professor Hastings wird es dir schon erlauben.“
    „Müssen wir eigentlich noch sehr weit runter?“, hake ich nach und betrachte das Skuntank dass noch immer genüsslich an seinem Keks knabbert. „Nein, die nächste Ebene ist bereits die letzte. Wir müssen nur noch den Raum des Kapitäns finden, da in diesem Herr Tollero ist“, erklärt Albert. Er zieht einen weiteren Keks aus seiner Tasche und wirft ihn seinem Pokémon zu. Langsam bleibt der Lift stehen und die Türe öffnet sich automatisch. In dem runden Raum, den wir danach betreten, ist niemand.
    Erst im nächsten Zimmer steht jemand mit dem Rücken zu uns. Kopfweh und Schwindel, meine guten Freunde, lassen mich wissen, dass er seinen KonMini eingeschaltet hat. Fröhlich und mit viel Enthusiasmus singt er total schief: „Niemand braucht KonGigas mehr, die sind so lästig, groß und schwer! KonMini heißt der neuste Schrei, so leicht und leistungsstark dabei! Ein großer Mann schuf den KonGiga, ein Typ aus Altrus Spitzenliga! Doch der, der uns KonMinis brachte, ja, der, der dies Gerät erdachte, gegen den wir all nur Zwerge sind, war selbst ein recht seltsames…“, doch da wird er von Albert unterbrochen: „Wenn du jetzt ‚Kind‘ sagst, dann schicke ich Skuntank zu dir, für eine neue Belohnung!“
    Der Team Nachtschatten Schergewendet sich zu uns um, mit verdutztem Gesicht. „Professor Albert?“, fragt er erstaunt, „Was machen sie hier? Und warum haben sie das Forschungsprojekt befreit? Und warum sind diese nichtsnutzigen Ranger bei dir?“ „Ach“, sage ich grinsend, den FangKom aktivierend, „Wir wollen uns nur noch bei jemanden verabschieden, ein weiteres Pokémon befreien und dann seid ihr uns auch schon los, ja? Wenn du jetzt verschwindest und diesen KonMini abschaltest, sind wir noch schneller weg!“ Seine Augen verengen sich.
    „Nein, um nichts auf der Welt lasse ich mir die Chance entgehen, euch hier gefangen nehmen zu können.“ Er tippt auf seinem KonMini herum und plötzlich landet ein Ariados vor meiner Nase. Es muss an der Decke gehangen haben. Sany stürmt vor und tackelt es, bevor es auch nur die Gelegenheit ergreifen kann, um mich zu attackieren. Stattdessen muss es versuchen, auf den dünnen Beinchen das Gleichgewicht zu halten. Meine Fangscheibe kreist um das schwankende Pokémon, mein Partner Pokémon erschwert es dem Pokémon noch zusätzlich, in dem sie wieder eine Aquawelle auf dem Boden einfriert. Nun schlittert das Ariados wehrlos durch die Gegend.
    Tja, auch wenn man noch so viele Beine hat, sind sie nicht immer hilfreich. Und die ganzen acht Beine bringen ihm momentan überhaupt nichts. Schließlich landet es auf dem Bauch und rutscht im Kreis, bis, ein paar Sekunden später, der Fangversuch auch schon abgeschlossen ist. Der KonMini explodiert und die Kopfschmerzen und der Schwindel verschwinden glücklicherweise fast sofort. Das gegnerische Pokémon ist zuerst überrascht, dann hängt es sich mit einem Fadenschuss an die Wand und läuft davon. „Okay“, erwidert der Team Nachtschatten Scherge schwach, „Dann geht weiter.“

    D

    anke“, sage ich spöttisch. Sany springt auf meine Schulter. Geschickt geleite ich über das Eis, Albert, Siver, Luxtra und das Skuntank hinterher. Wir müssen einen weiteren Gang entlang, bis zu einer neuen Türe. Doch davor klingelt mein FangKom, mit einem von mir selbst eingestellten Klingelton. Bodo. Aber es ist kein Anruf, dafür nur eine sprachliche Voicemail.
    „Weißmehl, Weißmehl! Ich bin es, Od… Bodo! Rufe dich an, wegen der Gelbgeme! Du erinnerst dich? Großer Kristall? Gelb? Wir sind doch befreundet, ja? Du kümmerst dich darum, okay? Weißt du, ich erinnere mich gerade, habe da noch eine wichtige Vision zu erledigen!“, ertönt eine Stimme, die der Bodos ziemlich ähnlich ist. Es ist aber nicht seine. Siver hat sich dennoch täuschen lassen. „Bodo?“, meint er verwundert, „Er hat Vision statt Mission gesagt… Veralbert er uns?“
    „Nein“, denke ich, „Das war nicht er. Klar, die Person, die ihn nachgemacht hat, konnte seine Stimme gut imitieren, aber die Wärme hat gefehlt, das Gefühl, das ich immer heraushören kann, wenn er normalerweise mit mir spricht. Außerdem hätte er mir nie nur eine Nachricht geschickt, sondern mich persönlich angerufen. Das hätte er ganz sicher gemacht Aber dann…. Dann muss ihn jemand überwältigt und mir dann mit dem FangKom diese Botschaft geschickt haben! Immerhin, dieser jemand hat SEINEN FangKom benutzt…“ Jetzt kehrt die Panik von Morgen wieder zurück.
    „Kathrin? Wir sind gleich da!“, dringt Alberts ruhige Stimme an mein Ohr und reißt mich in die Gegenwart zurück. Anscheinend bin ich stehengeblieben. Also fange ich mich und folge den andern, auch wenn meine Gedanken weit weg sind. Bei der Harubawüste. Ich bin mir jetzt mehr als nur sicher, dass Bodo garantiert nicht mehr frei ist. Ohne seinen FangKom wird er nicht weit kommen und ich bezweifle, dass der jemand, der das Gerät hat, ihn einfach laufen lässt.
    Sany ist wohl die einzige in der Truppe, die bemerkt, dass mit mir wirklich etwas nicht stimmt. Eine Pfote liegt direkt auf einer Halsader. Sie muss meinen unnormal hohen, panischen Puls spüren. Doch sie sagt nichts. Das wird sie sich für später aufheben, wenn meine jetzige Mission vorbei ist. Zum Glück, dass Siver nicht bemerkt hat, dass es gar nicht Bodo war. Er hätte garantiert später Professor Hastings angerufen. Dann hätte ich nicht mehr gehen dürfen. So kann ich mich alleine auf den Weg machen und persönlich dafür sorgen, dass meinem besten Freund wirklich nichts passiert. Verzweifelt schnappe ich nach Luft. Bodo darf nichts passiert sein.

    S

    elbst der Anblick von Herr Tollero kann mich nicht dazu bringen, meine Konzentration auf die Mission zu richten. Erst das Wailmer lässt mich halb auf die jetzige Situation konzentrieren. „Was genau hat das zu bedeuten?“, brüllt der ehemalige Lehrer und deutet auf das Pokémon, zornig, wie es scheint, „Wie sind die auf die Idee gekommen, ein Wailmer zu fangen?!“ Dann dreht er sich um und deutet auf mich: „Nicht du schon wieder! Und Professor Albert! Wollt ihr Professor Albert entführen?!“
    Albert schüttelt den Kopf. „Aber nein, Herr Tollero, das stimmt nicht. Sie entführen mich nicht, sie haben mich in die Ranger Vereinigung eingeladen und ich darf Professor Hastings kennenlernen!“ Herr Tollero.. Sie wissen noch, wer das ist? Sie haben Kathrin in Erinnerung behalten?“ „In Erinnerung behalten?!“, erbost er sich, „Wie könnte ich jemals vergessen, was dieser Ranger mit unserem Frachter angestellt hat!“
    „Hey“, fahre ich dazwischen, „SIE haben ihn versenkt, nicht ich. Ich habe ihm keinen einzigen Kratzer zugefügt.“ Die Augen des Mannes verengen sich zu Schlitzen, die er erst auf mich richtig, und schließlich auf Siver. „Was zum…“, stößt er aus, „Hey, du da, mit dem Hut! Die Datendisc in deiner Hand… Die enthält doch unsere Blaupausen! Was hat das alles zu bedeuten?! Nicht nur unseren angesehenen Professor, sondern auch noch unsere brillanten Entwürfe?! Na wartet!“
    Er zieht einen KonMini hervor, aktiviert ihn. Sanys Ohren drehen sich nach hinten, woraufhin ich herumfahre. Das Skorgro, das Tollero schon vom Frachter gerettet hat, stürmt auf Siver zu. Der hält jedoch schon seinen FangKom, bereit für einen Fangversuch. Zum ersten Mal in meinem Leben muss ich nur zuschauen, und nicht selber Kreise ziehen. Das ist irgendwie ein seltsames Gefühl. Meine Augen wandern daher heimlich zu Wailmer. Es befindet sich ein gutes Stück von Tollero entfernt und ist dafür nicht weit weg von mir. Also stehle ich mich ganz vorsichtig zu ihm rüber.
    Der ehemalige Lehrer ist so vertieft im Tasten drücken, dass er mich gar nicht mehr bemerkt. Vorsichtig lege ich meine Hände auf die glatte Haut des Pokémons und flüstere: „Keine Sorge. So schnell wie möglich werden wir dich hier raus bringen. Dir wird nichts passieren. Wailord wartet auch schon sehnsüchtig draußen auf dich.“ „Yeah“, ertönt Sivers Freudenschrei, ich blicke sofort auf. Im nächsten Moment knallt es und Schwindel und Schmerzen verlassen mich.
    Siver muss das Skorgro endlich eingefangen haben. Doch selbst das kann das höhnische Grinsen von Tolleros Gesicht nicht wischen. Stattdessen lacht er so boshaft, dass sich mir die Nackenhaare zu Berge stehen. Fast automatisch möchte ich ihn automatisch feindlich anknurren und die Zähne blecken. „Höhö, ihr seid viel zu spät gekommen. Und das sage ich nicht aus Trotz“, verkündet er herablassend und schadenfroh, „Die Ultimative Maschine aus diesen Blaupausen ist bereits zu neunundneunzig Prozent fertig gestellt. Wenn der Boss die Ultimative Maschine erst eingeschaltet ist, wird Team Nachtschattens Zukunft in den Farben der Dunkelheit erstrahlen!
    Und ich habe das alles möglich gemacht! Team Nachtschattens Zukunft ist auf meinen Opfern gebaut. Ich habe es ermöglicht, in dem ich an der Ranger Schule als Lehrer aufgetreten bin und das Wunderkind rekrutiert habe! Es ist natürlich Albert! Für diese Leistung hat der Boss natürlich zugestimmt, mich zu einer Führungskraft bei Altru zu ernennen.“ Ein gewaltiger Rumms erschüttert die Bohrinsel. Verzweifelt mit den Armen rudernd versuchen die anderen, das Gleichgewicht zu halten. Ich kann mich glücklicherweise an Wailmer festhalten. Ein Team Nachtschatten Anhänger stürmt in den Raum.

    E

    in Wailord rammt unsere Basis!“, ruft er mit weit aufgerissenen Augen. Mit zusammengebissenen Zähnen rennt Tollero zu einem kugelförmigen Etwas am anderen Ende des Raumes. In der Kugel ist ein Sitz, neben dem viele Knöpfe sind. Er setzt sich auf den Sitz, drückt ein paar Knöpfe, während er brüllt: „Ich verlasse diese Basis sofort! Für mich steht zu viel auf dem Spiel, immerhin bin ich ein Mann mit Zukunft!“ Die Kugel schließt sich und fällt einfach so hinab in die Tiefe.
    „Kathrin? Komm, wir können die Bohrinsel durch den Notausgang verlassen“, sagt Albert und winkt mich zu sich. Das Wailmer rollt fröhlich neben mir her. Tatsächlich ist direkt neben dem Raum ein Aufzug, den ich zuvor nicht bemerkt habe. Angeblich befördert uns dieser hier gleich bis an die Oberfläche. Während wir uns aufwärts bewegen, gibt Siver seinen Bericht per Voicemail ab.
    „Ja, Professor Hastings, genauso ist es“, endet er schließlich, „Die Zusammenfassung wäre: Wir haben die Blaupausen, das Wailmer lassen wir ebenfalls gleich ins Meer, Professor Albert konnte Tollero auf Wiedersehen sagen und die Bezirksranger kommen jetzt, um die restlichen Pokémon zu befreien. Kathrin kann sich jetzt also endlich aufmachen, um ihren Freund zu suchen.“
    „Er ist nicht mein Freund“, zische ich, werde aber einfach ignoriert, von jedem. Professor Hastings fährt fort: „Verstehe… Siver, das war eine extrem bedeutsame Meldung. Und Kathrin, entschuldige, dass ich dies per Voicemail machen muss, aber hiermit befördere ich dich in Ranger Rang 8!“ Ich brumme zur Bestätigung. Der Top Ranger klopft mir heftig auf den Rücken. „Ich bringe Albert zur Ranger Vereinigung und lasse mir ein paar Pläne durch den Kopf gehen. Du machst weiter und suchst deinen Freund. Streite es nicht ab, jeder in der Vereinigung denkt so über euch.“
    Meinen bösen Blick ignoriert er. Die Lift Türe öffnet sich und wir treten hinaus in die frische Luft. Tief atme ich ein. Das Wailmer rollt glücklich über den Steg, der vor uns ist, und direkt hinein in das kühle Meerwasser. Wasserspritzer platzen auf dem Stahl, gefolgt von den Tropfen einer erneuten Fontäne. Wailords riesiger Rücken taucht aus dem Wasser auf.
    „Nun, denn, Kathrin. Albert und ich, wir warten auf unser Schiff, aber ich glaube, dass dich Wailord auch wegbringen kann, oder?“, mein Siver, „Also, viel Glück bei deiner Mission. Bodo wird es sicher gut.“ Ich erwidere nichts. Siver sollte nicht wissen, was ich wirklich weiß. „Wailord?“, frage ich zaghaft, „Bringst du mich zum Harubadorf?“ Zur Antwort schießt es eine erneute Fontäne ab. Mit Sany auf meiner Schulter steige ich auf seinen Rücken und als ich gut sitze, geht es auch schon los. Das Pokémon ist nicht langsamer als zuvor. Während wir uns von der Bohrinsel entfernen, spricht mein Partner Pokémon die Frage aus, die ihr schon länger auf der Zunge liegen muss.
    „Was ist wirklich los, Kathrin? Was ist mit Bodo?“ Tröstend reibt sie ihre Wange an die meine. Ich schlucke und antworte: „D-Die Voicemail war nicht von ihm, sondern von irgendjemand anderen, der seine Stimme nur imitiert hat. Nicht schlecht, aber mir ist es trotzdem aufgefallen. Das muss allerdings heißen, dass Bodo nicht mehr seinen FangKom hat.“

  • Kapitel 36 - Rettungsmission


    Die Insel, auf der die Harubawüste ist, hebt sich gelblich gegen den dunklen Himmel ab. Wailord lässt mich auf einen Holzsteg an Land und verabschiedet sich von mir. Mein Herzschlag erhöht sich, wenn das überhaupt noch möglich ist, noch mehr. Ohne viel Zeit zu verlieren, renne ich die Straße entlang. Zuerst erkenne ich gar nicht, dass um mich herum ein gewaltiger Sandsturm tobt, bis ich Kopfweh bekomme und den Mund öffne, weil ich einem tiefen Atemzug nehmen will.
    Natürlich schlucke ich dadurch Sand und muss husten. Die Lippen aufeinandergepresst und die Augen zusammengekniffen, renne ich weiter. Natürlich muss Team Nachtschatten hier sein. Daher kommen also diese typischen Kennzeichen, wenn ich zum Beispiel auf KonMinis treffe. Im Schutz der Häuser des Harubadorfes, das ich schließlich erreiche, lässt den Sandsturm ein wenig schwächer werden. Dadurch wird auch der Wind um mich herum leiser. Unerwartet dringt stattdessen ein seltsames, anderes Geräusch an meine Ohren. Es ist mir vertraut, aber kommt mir feindselig vor.
    Das ekelige Brummen eines KonGigas mischt sich in das Rauschen und Ploppen der umherschlagenden Sandkörner. Mist, so ein Gerät kann ich gar nicht gebrauchen. „Sany“, keuche ich, „Kannst du mir nicht zeigen, wo der KonGiga ist, damit wir ihn zerstören können?“ Sie bewegt die Ohren, um die genau Richtung besser bemerken zu können. Schließlich rennt sie weiter die Häuser entlang, um mir zu zeigen, wo die nervtötenden Maschine sich befindet. Eine der roten Geräte steht neben einem Mann, der einen Turban auf dem Kopf hat.
    „Frischen Kaffee! Cappuccino mit einer Prise Sand und das alles zu einem Superpreis!“, ruft er, den Lärm übertönend, aber niemand kommt zu ihm. Nicht eine Menschenseele, abgesehen von ihm sehe ich auf der Straße. Hustend renne ich auf ihn zu. „Ähm, entschuldigen Sie“, unterbreche ich sein Geschrei, „Aber woher haben sie diese Maschine?“ Ich deute unter Qualen auf den KonGiga, der anhaltend surrt und brummt. „Das ist meine Kaffeemaschine, die ich gefunden habe!“, verkündet er stolz, „Wollen sie denn einen Kaffee? Oder doch lieber einen Latte Machiato?“
    „Nein“, ich schüttele den Kopf, „Um eines klar zu stellen: Das ist keine Kaffeemaschine, sondern ein KonGiga, eine der Maschinen, die Team Nachtschatten einsetzt, um Pokémon zu kontrollieren!“ Einen Moment lang sagt er nichts mehr. Stattdessen wird sein Gesicht weiß. Dann fragt er mich: „Woher wissen sie das?“ Abermals muss ich husten. „Erstens“, erkläre ich, „Ich habe als eine der ersten diese Maschine entdeckt, und zweitens lösen nur diese KonGigas diese Geräusche aus.“ Beinahe hätte ich ihm erzählt, was diese KonGiga bei mir noch auslösen.
    Glauben sie mir das?“ Er nickt, bleich und tritt einen Schritt beiseite. „Zerstören sie das Gerät. Wahrscheinlich ist sie der Grund, warum die Hippopotas diesen Sandsturm verursachen… Und mir ist das nicht aufgefallen…“ Er zeigt nach hinten und ich drehe mich um. Mehrere dieser Bodenpokémon stehen auf großen Sandhügeln, offensichtlich haben sie sich nicht mehr unter Kontrolle. „Sany, zerstöre die Maschine mit Aquawelle“, meine ich und kneife ein Auge vor Schmerzen zusammen. Die Wasserkugel sprengt den KonGiga. Summen, Kopfweh und Schwindel verziehen sich sofort, als das Gerät auseinanderfliegt. Der Sandsturm lässt erst allmählich nach.
    Schließlich verstehen die Hippopotas, dass sie wieder tun und lassen dürfen, was sie wollen. Sie verlassen das Dorf und verschwinden in der Wüste. „Ich entschuldige mich vielmals für die Probleme“, murmelt der Mann und verzieht sich mit eingezogenem Kopf. Ohne eine Pause zu machen, folge ich den Pokémon in die Wüste. Währenddessen rufe ich bei Rhythmia im Hauptquartier an.
    „Hey, Rhythmi, könntest du mir vielleicht eine Karte schicken, damit ich sehen kann, wo der Hippoterustempel ist?“, frage ich schnell und schaue mich um. „Ja, klar“, antwortet sie in ihr Headset und tippt auf die Tastatur vor ihr, die ich allerdings nicht sehen kann, „Auf der Karte ist sogar ein Weg, wie du in dem Tempel zu deinem Ziel kommst. Das meine ich übrigens doppeldeutig. Die Gelbgeme und Bodo. Viel Glück bei deiner Mission.“ Die Karte erscheint auf meinem Bildschirm und die Blondine legt auf.
    Ich folge dem grüngezeichneten Weg, während sich die Luft um mich herum abkühlt. Die Sonne ist dabei, unterzugehen, aber ich fühle mich überhaupt nicht müde. Im Gegenteil, mir kommt es sogar vor, als wäre ich noch nie wacher gewesen. Selbst Sany auf meiner Schulter ist noch voller Energie. Ich erreiche den Tempel schneller als erwartet. Schon davor kann ich ihn aufgrund seiner Größe gut erkennen. Von der Farbe her unterscheidet er sich nicht von meiner Umgebung, dieses schmutzige Gelb der Felsen, Steine und Sandkörner.
    Dafür sind der Eingang, die Türme und die Wände so unnatürlich, dass sie mir sofort ins Auge stechen. Der Eingang ist geformt wie der Kopf eines Hippoterus, das sein Maul weit geöffnet hat, die niedrigen Türme haben derartige eigensinnige Formen und die Wände sind allesamt bis auf den letzten Zentimeter verziert. Alles in allem ein sehr gewöhnungsbedürftiger Anblick. Die fast vollständig untergegangene Sonne wirft fremdartige Schatten und verwandelt die Gegend in einen unheimlichen Ort.
    Erst in dem Maul des Hippoterus halte ich an. Aus der Tasche an meinem Gürtel hole ich eine Wasserflasche hervor und trinke gierig. Auch mein Partner Pokémon genehmigt sich ein paar Schlucke. Das Leberkasbrot esse ich, als ich den ersten Raum des Tempels genauer betrachte. Er ist niedrig und der Pfad, der zum nächsten Türbogen führt, ist gewunden und dünn. Der Sand daneben glitzert auf ungewöhnliche Art und Weise. Das kann gar kein normaler Sand sein. Genau wie das Schloss Almia und im Brodelvulkan muss es auch hier Hindernisse geben, die nicht jeder überwinden kann.
    Natürlich aussehende Hindernisse. In dem Eisschloss und drum herum ist lauter Eis, das nicht leicht zu überwinden ist. Der Eissee, den man nur auf dem Rücken eines Impoleons überqueren kann, oder die glatte Eisplatte, auf der ich die Riolu getroffen habe. Der Brodelvulkan war auf der Seite abgeschlossen, auch wenn das wohl durch Menschenhand entstanden ist. Lava verhindert, dass man nicht auf die Fortsetzung des Weges gelangen kann. Also muss es hier... Treibsand sein.
    Vorsichtig folge ich den Biegungen des Weges, langsam, aber sicher. Mein Herz schlägt immer noch zu schnell, was aber vermutlich nichts mit der Gefahr zu tun hat. Meine Sorge gilt einzig und allein meinem besten Freund. Ich schlucke das letzte Stückchen des Brotes runter und beiße danach fest die Zähne zusammen. Es wird mich garantiert mehr erwarten als nur der Treibsand.
    Ein alter Tempel ist perfekt für Fallen, die man aktiviert, ohne es zu bemerken. Ganze drei Gänge führen von dem ersten Raum weg. Dank der Karte weiß ich genau, dass ich nach rechts muss. Ich trete in den Gang und betrachte sowohl Boden als auch die verzierten Wände. Fackeln erhellen den Durchgang. Obwohl es draußen inzwischen kühl sein muss, ist es hier drinnen noch warm. Die Wärme muss sich in dem Gebäude einfach länger halten können. Langsam gehe ich den Flur entlang, jede einzelne besondere Bewegung genauer analysierend. Sany versucht mit ihrem feinen Gehör jedes einzelne Geräusch aufzufangen, um mir notfalls sofort Bescheid geben zu können. So still und aufmerksam erlebe ich selbst sie nur selten. Doch nichts passiert.
    Am Ende muss ich in einen Raum nach links. In dem muss ich erst gar nicht nach einer neuen Gefahr suchen, denn sie ist nicht schwer zu sehen. Der Raum ist groß und wieder führt nur ein gewundener, dünner Pfad zum Ausgang. Ansonsten ist der Boden wieder von Treibsand bedeckt, in dem ich nun leichter fallen kann als vorhin. An den Wänden befinden sich Art Kanonen, die in bestimmten Sekundenabstand große, matschige Kugeln abschießen. Sie treffen mit voller Wucht auf die Wand an der Gegenseite, zerplatzen dort und rieseln hinab in den Sand, wo sie verschwinden.
    Jetzt muss ich wirklich aufpassen. Wenn mich eine von den Kugeln trifft, klebe ich danach sicherlich, wenn ich nicht sogar runterfalle von dem Weg. Doch dass Bodo es geschafft hat, zeigt mir, dass ich es auch schaffen kann, wenn ich mich nur auf diese Aufgabe konzentriere. Also zähle ich die Sekunden von einem Schuss zum nächsten. Es sind genau acht Sekunden. Mir bleiben also nur sieben Sekunden, um auf dem Weg einen Platz zu erreichen, der gleichzeitig näher an der Tür ist und an dem ich nicht getroffen werden kann.
    Ich suche den ersten Ort. Dort vorne sausen zwei Bälle gute zwei Meter aneinander vorbei! Sofort renne ich darauf zu, in den Gedanken zähle ich mit. "5, 6, 7..." Gerade noch so erreiche ich mein Ziel und die Kugeln zischen geradezu an mir vorbei. Ein weiteres Mal suche ich nach einer sicheren Stelle. Kaum gefunden, warte ich darauf, dass ich zu ihr hinüberhuschen kann. So verfahre ich noch ganze fünf Mal, bevor ich den Raum durchquert habe.
    Jetzt muss ich einen langen Flur nach rechts, bis hin zu einem kleinen Zimmer mit einem kleinen Loch in der Decke. Um genau zu sein, muss ich durch dieses Loch durch. Dafür brauche ich ein Drifzepeli… Zum Glück, dass ich zuvor eines auf dem Gang begegnet bin und ich es mir sofort gefangen habe. Als meine Beine den Boden verlassen, kann ich nicht anders, ich muss daran denken, wie ich mit Bodo einmal genau das gleiche gemacht habe, nur dass wir damals über spitze Steine fliegen mussten.
    Mein Herz zieht sich abermals zusammen und ich muss verzweifelt nach Luft schnappen, weil sie nicht in meiner Lunge bleiben will. Kaum, dass ich wieder festen Boden unter meinen Füßen habe, spurte ich los, ich darf mir nicht zu viel Zeit lassen. Vorbei ist es mit dem Vorsichtig-sein. Wer auch immer Bodo momentan hat, will wahrscheinlich nicht allzu darauf warten, dass ich komme. Und die Gelbgeme bekomme.
    Am Ende des nächsten Ganges gerate ich in eine Art Aufzug, der mich nach oben ins Freie bringt. Im ersten Moment denke ich, dass ich wahrscheinlich noch einmal von vorne anfangen muss, weil das eine Falle war, und überprüfe geschockt die Karte auf meinem FangKombildschirm. Verblüfft muss ich feststellen, dass ich sogar richtig bin. Nun soll ich nur noch einen weiteren Lift abwärts, dann kann ich weiter. Aber bevor ich mich aufmache, werfe ich noch kurz einen Blick in den sternenübersäten Himmel. Die Wolken scheinen sich verzogen zu haben.
    Unsanft lande ich auf dem Hintern, als ich mit dem zweiten Aufzug eine Ebene tiefer will. Ich kneife ein Auge zusammen, während ich langsam aufstehe, nur, um dann abermals zu Boden geworfen zu werden. Fluchend starre ich das Pokémon an, das mich angesprungen hat. Ich erstarre. Bodos Bamelin. Es drückt sich geschockt an mich. „Bamelin!“, sage ich und streiche ihm sanft über den Kopf, „Was ist los? Wo ist Bodo? Beruhige dich!“ Mit seinen dunkelgrünen Augen starrt es mich unruhig an, dann springt es von mir runter.
    „Ich erzähle es euch unterwegs“, sagt es und geht langsam voraus. Schnell folge ich ihm. Bamelin erzählt: „Wir sind ganz gut angekommen, Bodo und ich, bis wir in dem Raum mit der Gelbgeme ankamen. Die ist übrigens im übernächsten Zimmer, nach diesem Gang hier. Auf jeden Fall hat Bodo sich umgeschaut, aber das Wächterpokémon war nirgendwo zu sehen. Also ist er auf den Kristall zugegangen. Der erste Angriff kam aus dem Nichts. Um Haaresbreite konnten wir ausweichen. Sie hat uns schließlich doch angegriffen…“
    „Sie?“, unterbreche ich Bamelin nervös, „Was für ein Pokémon ist ‚sie‘?“ „Ich weiß es nicht. Sie ist nicht aufgetaucht, bliebt einfach unsichtbar. Dadurch konnte Bodo sie auch nicht einfangen. Aber sie hat mit uns gesprochen, jedoch ganz normal, weshalb Bodo sie nicht verstanden hat. Sie hat gesagt, sie kann uns sie die Gelbgeme nicht überlassen, und gleichzeitig hat sie uns mit einen weiteren Angriff aus den Raum gezwungen und dann“, wir betreten das nächste Zimmer, „Wir lagen gerade total atemlos am Boden, ich habe für einige Sekunden nicht aufgepasst und er war weg! Einfach so, ohne noch irgendetwas zu sagen. Ich war ganz alleine…“
    Dieses Mal bleibt mein Herz wirklich stehen. Es stottert, rastet ein und braucht einen Moment, bevor es den Betrieb wieder, viel zu schnell, aufnimmt. Er, Bodo, ist weg? Ist die Vermutung, dass er entführt wurde, wirklich war? Hab ich mir das nicht nur eingeredet!? Das Sternenlicht fällt von oben herabdurch ein großes Loch in der Decke auf den Weg vor unseren Füßen. Es ist absolut still, nichts ist zu hören.
    „‘Sie‘ ist da hinten, richtig?“, frage ich tonlos und blicke zu dem Eingang des nächsten Raumes. Die Gelbgeme kann ich von hier aus gut sehen. Bamelin nickt und senkt niedergeschlagen den Kopf. Als ich mich jedoch dem Zimmer nähere, ruft es: „Nein, geh da nicht rein! Am Ende verschwindest du ebenfalls!“ Es springt mir in die Arme. „Wird sie nicht“, meint Sany fest, „Sie wird mit ‚ihr‘ reden können, genau wie sie es mit den anderen Wächterpokémon gemacht hat. Kathrin musste nämlich keines von ihnen fangen!“
    Mit schnell rasendem Herzen gehe ich dort rein. Es ist ähnlich dem im Brodelvulkan. Der Altar ist in der Mitte. Er glänzt wie der Treibsand wunderschön im Schein des Kristalles. Der Weg dorthin sieht ebenfalls aus wie im Vulkan, nur ist die Farbe ein helles Gelb. Die Wände sind verschnörkelt und glitzern ebenfalls. Ich schließe die Augen und atme tief ein und aus. „Sany?“, sage ich leise, „Versuche mal zu erlauschen, wo sie gerade ist, aber greife sie nicht an.“ Ihre Ohren drehen sich jedes einzelne Geräusch aufnehmend, bis sie schließlich nach links gedreht bleiben.
    Ich wende mich ebenfalls in die Richtung. „Warum zeigst du dich nicht?“, spreche ich laut in die Luft zu dem Pokémon, das sich dort unsichtbar aufhält. Ein wundervolles Summen, eine Art bezaubernde Melodie dringt an meine Ohren, doch es sind die Worte eines Wächterpokémons, gesprochen mit Weisheit und Wut. „Weil ihr Menschen uns Pokémon ohnehin nicht verstehen könnt“, säuselt es zornig. Tief atme ich wieder ein und antworte so ruhig wie möglich: „Ich verstehe euch, ich habe Lucario und Heatran verstanden, habe mit ihnen sogar geredet. Jedes große und kleine Pokémon kann mit mir kommunizieren, auch wenn es die Pokémon Sprache benutzt.“
    Ein Flimmern erscheint einige Meter vor uns, erst schwach, dann stärker, bis schließlich ein leuchtendes Pokémon auftaucht. Es ist ein Cresselia. „Du hast mit Lucario und Heatran geredet? Haben sie dir die Steine gegeben oder sie dir verwehrt?“, fragt sie melodisch nach. „Ich habe sie bekommen… Ich weiß nicht, warum genau, aber sie haben mir vertraut…“ „Aber dieses Mal ist etwas anders, oder? Deine Seele verrät es mir!“ Ja, etwas ist anders.
    Die Person, die Bodo seinen FangKom abgenommen hat, ist sicherlich nur wegen der Gelbgeme hier. Deshalb hat er mich auch aufgetragen, sie zu holen. Dafür hat er sich Bodo geschnappt. Wahrscheinlich wird er eine Art Tauschgeschäft vorschlagen. Nein, es wir ein Tauschgeschäft. Eine Centmünze gegen einen Goldbarren. Einen Kieselstein gegen einen großen Diamanten. Die Gelbgeme ist für mich gegen ihn nichts wert. Wenn Cresselia das weiß, weil sie in meine Seele sehen kann…
    Sie kann das, diese Art von Pokémon, mit ihren mächtigen Psychokräften, und dann ist sie noch ein Wächterpokémon… Sie wird mir die Geme nicht geben, wenn sie weiß, dass ich sie sofort weggeben werde. Dass ich sie einfach weggebe. Meine Hände balle ich zu Fäusten, während ich auf die Angriffe warte, auf die Antwort, dass ich den Kristall nicht bekommen werde.
    Nimm sie.“ Die Musik wabert auf mich zu wie Nebel, dass ich sie zuerst glaube, dass ich sie missverstanden habe. „Was?“, erwidere ich verwundert. Das Pokémon wiederholt sich: „Nimm sie. Nimm die Gelbgeme und sorge für den Frieden in Almia.“ Mit diesen Worten löst es sich in Luft auf. Sie… Sie… Sie hat mir tatsächlich den Kristall überlassen… Langsam und mit weichen Knien stolpere ich zu ihm. Zitternd nehme ich sie an mich. Ihr warmer Glanz beruhigt mich, sie gibt mir Zuversicht.
    Mein Herz klopft schneller denn je als ich den Raum verlasse und den anderen betrete. Die Sterne funkeln jetzt wieder auf mich herab. Wo sie wohl wartet? Die Person, die Bodo hat? Vielleicht in der Nähe? Ungefähr hier ist mein bester Freund nach den Angaben seines Partner Pokémons auch verschwunden. Als mir dieser Gedanke durch den Kopf schießt, höre ich ein ungewöhnliches Geräusch. Zuerst kann ich es nicht einordnen. Es ist so fremdartig, gehört genauso wenig hierher wie Eis.
    Verwirrt schaue ich mich um. Vielleicht sehe ich seinen Ursprung und dann fällt mir ein, was es ist? Aber der Raum hat sich nicht verändert… Abgesehen von… Meine Augen wandern nach oben zu dem sternenübersäten Himmel. Er hat sich verändert. Ein dunkler, großer Schatten ist dort aufgetaucht und er wächst und wächst. Ich trete ein paar Schritte zurück, die Gelbgeme fest in der rechten Hand, Bamelin in der linken und Sany auf meiner Schulter.
    Der Schatten stellt sich als Hubschrauber heraus, dessen hintere, große Türe offen ist. Ein Mann mit gelben, kurzen Haaren, die zu einer Igelfrisur aufgestellt sind, und einem nicht gerade kleinen Bauch steht in der Öffnung. „Hoi, Kathrin“, begrüßt er mich, „Gute Arbeit. Du hast die Gelbgeme gekriegt. Nicht schlecht. Allerdings… Schön blöd von dir dummer Voicemail…“ „Wo ist Bodo?“, unterbreche ich ihn grob. Mein Atem geht stoßweise und mein Herz verkrampft sich ein weiteres Mal schmerzhaft. Doch er geht nicht auf mich ein.
    „Ich habe ihn imitiert, und zwar gut, nicht wahr? Nur doof für dich, dass ich zu Team Nachtschatten gehöre. Mein Name ist Odo, nicht Bodo. Wie findest du das?“ „Das ist mir egal. Wo ist Bodo?!“, wiederhole ich, „Mir war schon klar, dass die Voicemail nicht von ihm war. Also, kannst du mir nicht sagen, dass du nicht weißt, wo er ist. Sag. Es. Mir. SOFORT!“
    Mit seiner plumpen Hand zieht er etwas hervor, das zuvor von der Eisenwand verborgen war. Nein, nicht etwas, jemanden! Geknebelt und gefesselt blickt mein bester Freund Odo böse an. Erfolgreich ignoriert er mich. „Da ist er“, lacht Odo höhnisch, „Wurde aufgetragen, Gelbgeme zu holen. Hat versucht, das Wächterpokémon zu fangen. Vergeblich. Nichtsnutz. Und dann fiel dein Name. Dachte mir, ich locke dich her, mit Freundchen Bodo als Köder. Also, falsche Weißmehl geschickt. Jetzt hast du die Gelbgeme! Gib sie mir!! Aber ich bin fair, ja? Ich gebe dir was für deine Mühe. Ich gebe dir deinen Freund und nehme dafür die Geme. Fairer Handel, wie?“
    Genau das hatte ich geahnt. Meine Augen wandern zu meinen Freund, der mich nun doch anschaut. Er schüttelt den Kopf und wehrt sich gegen die Fesseln. Mir ist klar, was er mir sagen will. Dass ich es nicht machen soll. „Also! Du machst Tausch, ja?“, schreit Odo. Diese Entscheidung hatte ich schon gefällt, als ich mich entschieden habe, niemandem zu sagen, dass die Voicemail nicht von Bodo kam. Der Kieselstein gegen den großen Diamanten.
    Ich nicke. Bamelin springt aus meinen Armen und ich laufe auf den Hubschrauber zu. Mit schwitzenden Handflächen überreiche ich Odo den Kristall, während er Bodo unsanft aus der Maschine schubst. Gerade noch rechtzeitig kann ich ihn vor einen harten Aufprall bewahren. Mein Herz will sich gleichzeitig beruhigen, da er nun wieder bei mir ist, in Sicherheit ist, und überschlagen vor Freude, weil ich ihn direkt in meinen Armen halte.
    Odo schließt die Türe und der Hubschrauber hebt wieder ab Aber das interessiert mich nicht mehr. Als erstes öffne ich den Knebel, damit er wieder sprechen kann. Sofort empört er sich. „Das hättest du nicht machen sollen. Wenn du schon wusstest, dass diese Voicemail nicht von mir war, warum bist du dann überhaupt gekommen?! Du hättest mich nie gegen die Gelbgeme eintauschen dürfen“, protestiert er, als ich die letzten Knoten öffne, sage aber selber nichts mehr. Die Seile fallen von ihm ab und ich drücke mich einfach nur an ihn.
    Auch er wird dadurch still. Verzweifelt versuche ich, die Tränen zu unterdrücken, die sich in mir anstauen. Das Geräusch und der Wind des langsam verschwindenden Helikopters verschwinden. Stattdessen wird es ganz still und Bodo erwidert meine Umarmung. Schließlich rinnt mir doch eine Träne über die Wange, sofort gefolgt von einer zweiten. „M-ma-ach mir n-ni-ni-ie wieder s-so viele Sorgen“, schluchze ich. Bamelin schmiegt sich an seine Seite, aber er lässt mich noch nicht los.
    Dafür sagt er leise: „Es tut mir leid, Kätzchen…“ Meine Augen mache ich wieder auf. Nur dadurch bemerke überhaupt erst, dass ich sie geschlossen hatte. Verschwommen erkenne ich etwas Leuchtendes in dem Raum mit dem Altar. Das Cresselia. „Mir tut es auch leid“, murmele ich beiden zu und wische mir über die Augen. Dadurch wir meine Sicht besser. „Was ist?“, frage ich sie, „Das wusstest du doch, oder nicht?“ „Mit wem sprichst du, Kathrin?“, fragt mich Bodo. Er schiebt mich sanft von sich weg, lässt aber seine Arme um meine Taille.
    Meine Augen bleiben auf dem Cresselia. Er dreht sich um, schaut in die gleiche Richtung und verstummt sofort. „Ja, natürlich wusste ich das. Sorge für den Frieden in Almia, Kathrin Rose.“ Das sind ihre letzten Worte, bevor sie endgültig verschwindet. Bevor Bodo fragen kann, antworte ich schon. „Das war Cresselia, das Wächterpokémon der Gelbgeme“, ich schaue ihm in die Augen, „Sie hat dich angegriffen, weil sie in Menschen kein Vertrauen hat, sogar noch weniger als der Rest der Wächterpokémon. Ich konnte sie nur irgendwie überzeugen, mir die Geme zu geben, weil ich Pokémon verstehen kann, ihre Sprache spreche. Trotzdem wusste sie, was genau ich mit dem Kristall vorhatte, nämlich sie gegen dich eintauschen, und doch hat sie mir die Geme gegeben. Frag mich also nicht, warum sie es gemacht hat….“
    Ich lege ihm abermals die Arme um den Nacken und schmiege mich an ihn. Das lässt den letzten Rest der unmöglichen Sorge verfliegen. Der einzige Grund, der mich beruhigen kann, ist seine Anwesenheit. Das Gesicht in seinen Hals vergrabend, atme ich tief seinen vertrauten und warmen Duft ein. „Mach das nie, nie wieder…“, sage ich wieder. „Ist ja gut, ich versuche es.“ Ein Lichterscheint rechts von uns, hellgelb erleuchtet es uns. Genau wie damals im Schloss das blaue, oder gestern im Vulkan das rote. Bodo starrt es nervös an, aber ich löse einen Arm von seinem Nacken und strecke ihn zu dem gelben Leuchten aus, um es zu berühren.
    Bereits im nächsten Moment sind wir draußen, außerhalb des Tempels. Die kühle Luft der Wüstennacht ist viel angenehmer als die Schwüle in dem Gebäude. Zum ersten Mal an diesem Tag spüre ich, wie müde ich eigentlich bin. Einen Gähner unterdrückend blicke ich meinen besten Freund an. Er sieht mir an, dass ich müde bin und zweifellos, selber zeigt er nicht, ob der müde ist oder nicht. „Am besten suche ich uns ein Staraptor, damit ich uns heimfliegen kann. Du hast ein Bett dringend nötig.“
    Vorsichtig steht er auf und schaut sich in der durchdringenden Dunkelheit um. Dass er überhaupt etwas sehen kann, verwundert mich. Dann treffen mich seine Schokoladenaugen und sie nageln mich geradezu am Boden fest. „Hau ja nicht ab“, befiehlt er streng, bevor er in die Schwärze verschwindet. Kurze Zeit später sehe ich die leuchtende Fanglinie aus der Richtung, und noch ein wenig später taucht Bodo auf, sein Bamelin und ein Staraptor im Schlepptau.
    Genau wie beim letzten Mal hilft er mir auf den Rücken des Flugpokémons und steigt nach mir auf. Nur dass ich dieses Mal keine Geme bei mir habe… Seufzend lege ich meine Arme um seine Mitte, meinen Kopf auf seinen Rücken und schließe meine Augen. Der frische Wind zischt an uns vorbei, aber er kann mir nichts anhaben. Mein bester Freund ist wieder bei mir. Das ist alles, an das ich denke, bevor ich einschlafe. Als ich meine Augen aufschlage, liege ich in meinem Bett in der Ranger Vereinigung.

  • So. Ich bin hyperaktiv.
    Ich habe NICHT geschlafen.
    ... Ich poste mal wieder ein Kapitel :'DD
    Hyperaktivität 6880391153972596_>.<_0 .. Ich liebe das Kapi *-*
    Aber hier beginnt die Fantasy so richtig *-*


    Kapitel 37 – Die Pläne von Team Nachtschatten (BPV)


    Ich verlasse gerade das Badezimmer und sehe Kathrin, die sich in ihrem Bett aufgerichtet hat. „Guten Morgen, Kätzchen!“, rufe ich ihr zu. „Morgen“, murmelt sie, die Decke beiseite werfend. Sany springt ihr hinterher. Bevor sie im Bad verschwindet, sage ich noch: „Professor Hastings erwartet uns im Labor, um die Blaupausen zu untersuchen, die Siver und du gestern gefunden habt. Wir sollten dabei sein, hat er gemeint…“
    „Wird Albert auch dabei sein?“, fragt sie und nimmt ihr Partner Pokémon sanft in die Arme. „Hastings hat gemeint, falls es Dateien gibt, die man nur mit Passwörtern öffnen kann, soll Albert sie uns öffnen, aber ansonsten soll er an dem Tagebuch arbeiten.“ Keine zehn Minuten später kommt sie wieder aus dem Bad und hakt sich, wie üblich, bei mir unter. Das erinnert mich an gestern, als wir heimgeflogen sind. Nicht nur, dass sie wusste, dass die Voicemail nicht von mir war, zugegeben, Odo hat mich echt treffend nachgeahmt…
    Was er gesagt hat, hat eher weniger nach mir geklungen, aber die Stimme… Sie wusste es und trotzdem ist sie gekommen, obwohl ihr klar war, dass sie dafür die Gelbgeme verlieren würde. Das und das Gefühl, wie sie die Arme um mich geschlungen und den Kopf auf meinen Rücken eingeschlafen ist. Wir sind erst um ein Uhr am Morgen im HQ angekommen. Müde war ich noch nicht, aber Kathrin hat nicht so lange durchhalten können. Ganz natürlich für einen Menschen…
    Wer weiß, wann sie eingeschlafen ist, aber das Gefühl wie sie, zum zweiten Mal, so hinter mir saß, treibt mir die Röte ins Gesicht. Das sollte sie lieber nicht sehen… In dem großen Flur, der eigentlich gar nicht wirklich ein Flur ist, der, mit der großen Fensterscheibe, hören wir, wie jemand auf uns zu rennt. Wir drehen uns gleichzeitig in die Richtung. Lucy kommt in Begleitung von vier Mädchen zu uns, von denen ich eine nicht kenne.
    „Du hast hier nichts zu suchen“, zischt Lu ihr zu, „Du hast es dir schon lange mit meinem Schwesterherz und mir verscherzt und weißt das auch!“ Das Mädchen bleibt stehen und wirft ihre schwarzen, glatten Haare zurück. Lucy, Lucia, Maike und Misty stehen inzwischen neben Kathrin. Die hat vor Wut die Augen zusammengekniffen. „Genau, Cousinchen, verzieh dich lieber“, faucht sie zornig.
    Ihre zu Schlitzen verengten, türkisblauen Augen durchbohren das andere Mädchen, das selber verblüffende, eisblaue Augen hat. Sie lächelt hinterlistig und wohlwollend zugleich. „Kätzchen, wer ist das denn?“, frage ich mit höflichem Desinteresse. Sie interessiert mich nicht, eigentlich will ich nur mit Kathrin in das Labor. Statt meiner besten Freundin antwortet das Mädchen selber: „Mein Name ist Alexa, Alexa von Dannen. Ich bin Kathrins ältere“, sie betont das Wort besonders, „Cousine und eine sehr berühmte Koordinatorin.“ Ihre Stimme ist ekelhaft süß und klebrig und sie klingt einfach nur arrogant und hochnäsig.
    Schon bei dem Namen wusste ich, wer genau sie ist. Die Fotos in Kathrins Fotoalbum fallen mir ein, auf den Kathrin ihre Cousine noch umarmt. Damals mochten sie sich noch… Ich verdrehe gelangweilt die Augen. „Ach so“, murmele ich, und wende mich an meine beste Freundin, „Gehen wir jetzt ins Labor? Professor Hastings wartet schon auf uns, wahrscheinlich quatscht ihn Rhythmia gerade zu, und du weißt, das hasst er!“ Sie nickt, offensichtlich erleichtert, aber Alexa will nicht so einfach aufgeben.
    „Rhythmia? Rhythmia Lariss?“, ruft sie und rennt uns einfach hinterher. „Ja“, erwidert Lucy spitz und feindselig, „Warum, woher kennst du sie?“ „Ich bin mit ihren jüngeren Zwillingsschwestern befreundet, Jenny und Jill, wodurch ich sie natürlich auch kennengelernt habe. Ihre Schwestern sind grandiose Trainerinnen und haben in Trostu gewohnt, also in Sinnoh, bevor sie mit mir durch die Region gereist sind“, erklärt Alexa. Sie lacht falsch und übertrieben hell. Ich kann nur zu gut verstehen, warum Kathrin sie nicht leiden kann. Alleine ihre Art jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken.
    Die Türe zum Labor geht auf. Blondi steht im Türrahmen. „Da seid ihr zwei ja endlich, kommt r…“, sie stoppt mitten im Satz und starrt Kathrins Cousine entgeistert an, „Alexa?! Was machst du hier?!“ Zu meiner Überraschung klingt selbst die Blondine abweisend. Sie schlägt genau den gleichen Tonfall an, als würde sie mit mir sprechen, und es ist allgemein bekannt, dass sie mich nicht leiden kann. Doch die Schwarzhaarige lässt sich kein bisschen davon beeindrucken. Stattdessen umarmt sie Blondi, die das Gesicht verzieht, und stürmt ebenfalls in das Labor.
    Kathrin ruft hinterher: „Hey, Alexa, da darfst du nicht einfach so rein!!“ und läuft ebenfalls, ich ihr nach, hinein. Das Zimmer ist abgedunkelt, bis auf das Licht des Beamers, der etwas an die weiße Wand projiziert. Professor Hastings erscheint neben der Technikerin. Er betrachtet Alexa eingehend, dann Kathrin. „Das ist meine Cousine, Alexa“, sagt sie schnell. Mit ihren Augen, die immer noch Schlitzen sind, lässt sie die Schwarzhaarige nicht los.
    Lucia, Maike und Misty folgen uns ebenfalls und nicken dem Professor zu wie alte Bekannte. „Bleibt ihr hier? Vielleicht wäre das sogar hilfreich!“, fragt er die drei und wirft noch einen Seitenblick auf die grinsende Alexa. Die Mädchen nicken entschlossen, ohne wirklich darüber nachzudenken, und dann setzen sie sich auf ein paar Stühle, um das projizierte Bild des Beamers zu betrachten. Alexa gesellt sich einfach zu ihnen, aber Hastings hält sie nicht auf. Meine beste Freundin findet das alles andere als lustig.
    Ich lege ihr beruhigend einen Arm um die Schulter. Ihre Augen bekommen wieder ihre normale Größe und schauen mich unschuldig an. „Komm, schauen wir uns doch einmal diese Unglaubliche Maschine und die geklauten Pläne von Team Nachtschatten an“, murmele ich ihr zu und ziehe sie sanft zu der Sitzreihe, bei der neben Lucia, Maike, Misty und Alexa niemand mehr sitzt. Das macht mich ein wenig stutzig… Warum nur sind hier so gut wie keine Leute von der Vereinigung?! Professor Hastings stellt sich zu dem PC, den Rhythmia ihm zuvor hochgefahren haben muss und von dem aus er den Beamer kontrollieren kann. Er öffnet die Datendisc von Team Nachtschatten und wir arbeiten uns durch.
    Als allererstes erledigen wir den Ordner mit dem, wie wir glauben, größtem Problem, der Unglaublichen Maschine. Der Professor öffnet Pläne, Skizzen und komplizierte Rechnungen. Auf einer Skizze sehen wir den großen Schattenkristall, zusammen mit einigen Notizen. „Energie: Bis jetzt nicht ermittelt worden, Farbe: Schwarz und nicht durchsichtig, Kontrolle: Möglich über ganz Almia!“ „Hier sieht man den großen Schattenkristall, der aus den Chroma Ruinen kommt. Ganz offensichtlich wird er als Energiequelle für die Maschine dienen, denn seine Kraft ist unermesslich. Selbst Geräte, die hohe Energien errechnen können, konnten die seine nicht ermitteln“, erklärt Hastings und er klickt auf das nächste Bild.
    Seltsame Konstruktionen mit Höhenangaben erscheinen, Materialien. Ein Haus? Nein, dafür ist es zu klein… Vielleicht ein Hochhaus? Auf der Spitze befindet sich der zuvor gezeigte Kristall. Er sieht sehr klein aus, also muss das Gebäude wirklich riesig sein. Kathrin neben mir hält die Luft an und ich werfe ihr einen nervösen Blick zu. „Das ist der Altru Turm!“, sagt sie stockend, in ihren Augen spiegelt sich das Bild des Beamers. Mein Blick wandert zurück zu der Skizze und im selben Moment erkenne ich, was sie sieht.
    Das ist kein Hochhaus, sondern tatsächlich der Turm, der in kürze am nördlichsten Ende des Altru Parks fertig gestellt wird. Weit über Almia wird der Kristall sich befinden, bereit jedes Pokémon der Region zu kontrollieren. „Ja, gut erkannt“, lobt der Professor, „Da ich die Dateien zuvor schon durchgeschaut habe, kann ich euch mit Sicherheit sagen, dass er das ist.“ Die nächsten Dateien bestätigen seine und Kathrins Worte, zusammen mit seltsamen Rechnungen, die nur er zu verstehen scheint. Trotz der Erklärungen komme ich nicht mit. Zu viele Zahlen…
    Wie viel stärker ist dieser Kristall im Gegensatz zu den kleineren Dunkelstücken?“, höre ich die Blauhaarige entsetzt fragen. „Die Werte waren nicht messbar“, wiederholt Hastings stirnrunzelnd, „Aber offenbar geht es in das Tausendfache. Die Energie ist erstaunlich hoch.“ Die drei Mädchen zucken zusammen und die mit den orangen Haaren dreht sich zu meiner besten Freundin um. Eine Augenbraue hochgezogen, nickt sie fast unmerklich. Sie stupst die andere Brünette an, die ihre Stimme hebt und fragt: „Sie wissen nicht zufällig etwas über Menschen, die in der Nähe des Dunkelstückes Schwindelanfälle und Kopfschmerzen bekommen?“
    Bei ihren Worten fällt mir etwas ein, worüber sie stumm diskutiert haben könnten. Kathrin selber hat mir gesagt, dass die drei die gleichen Reaktionen unter der gleichen Situation leidet. Professor Hastings runzelt abermals die Stirn. „Nun ja, wir haben noch nichts darüber herausgefunden, aber es wäre interessant, darüber etwas zu erfahren. Warum, wie kommt ihr darauf?“ Kathrin seufzt und seine Augen richten sich auf sie. „Die Wahrheit ist, dass Maike, Misty, Lucia und ich genau so empfinden, sobald wir nicht mehr weit entfernt von einem Stein sind. Ich habe das schon damals in der Ozeanhöhle, bei einer meiner ersten Mission, bemerkt.“ Sie lässt den Kopf sinken.
    Wahrscheinlich denkt sie, dass sie dieses Geheimnis schon zu lange für sich behalten hat. Doch der Professor nickt nur und meint: „Danke, diese Information könnte noch wichtig werden. Schauen wir gleich weiter.“ Es gibt noch Skizzen über die Bohrinsel im Wailordmeer, verschiedene Berechnungen über KonMinis und KonGigas, die Reichweite zum Kontrollieren und verschiedene Gebiete von Almia. Auch die Blaugeme, die Rotgeme und die Gelbgeme sind notiert, beschrieben und bis auf das kleinste Detail berechnet.
    Viele von den Informationen sind ganz interessant, einige verstehen nicht alle im Raum, weil sie zu kompliziert sind und andere machen mich nervös. Team Nachtschatten scheint mehr als nur eine große Gruppe von bösen Menschen zu sein. Das bestätigt der letzte Ordner. Bevor Professor Hastings auf diesen Ordner klickt, hält er kurz inne und sagt: „Genau deswegen halte ich es für sehr sinnvoll, dass ihr drei“, er wirft Lucia, Maike und Misty einen durchdringenden Blick zu, „Hier seid. Vielleicht könnt und wollt ihr uns helfen. Bei euch“, er wendet sich an Alexa und Lucy, „Weiß ich das nicht. Wenigstens bei Bodo ist das klar…“ Seine stechenden, dunkelgrünen Augen wandern zu mir.
    Dann klickt er auf den Ordner mit dem einfach klingenden Namen „Mitglieder“. Natürlich wissen auch böse Organisationen, wer bei ihnen mitmacht, und doch ist es etwas anderes, als das, was zum Schluss zu sehen ist. Es sind spezielle Mitglieder aufgelistet, mit Foto, Namen, Alter, Geburtsdatum, Sternzeichen, Schwächen, Stärken, was für Berufe sie vor dem Einstieg hatten, wo sie wohnen, die Familien und… Und das Wesen, mitsamt Fähigkeiten. Ich muss schlucken.
    Gleich das erste Mitglied, eine Frau mittleren Alters, schaut grimmig aus ihrem Bild. Kathrin neben mir stöhnt genervt auf. „Das ist die, die Wailmer entfü…“, sie hält mitten im Satz inne, da ihre Augen das gelesen haben, was auch die anderen dazu bringt, den Atem anzuhalten. „Name: Cameron Key; Wesen: Halb-Mensch, Halb-Vampir; Fähigkeiten: Übermenschlich stark und schnell“, steht dort. Kathrin schnappt nach Luft. „Dann war dieses Geräusch damals auf der Bohrinsel also ein Knurren…?“, überlegt sie leise, aber in der Stille hört sie jeder.
    Mein Herz bleibt stehen. „Du hast sie schon getroffen?!“, frage ich sie und meine Stimme überschlägt sich fast, „Und sie hat dich angeknurrt?!“ Mit ihren unschuldigen Augen blickt sie mich kurz an, dann nickt sie. „Halb-Vampir?“, sagt sie dann, „Was soll das eigentlich heißen?“ Professor Hastings schließt den Steckbrief und öffnet einen neuen. Dieses Mal ist es ein Dämon, das nächste Mal sogar ein Engel. Kathrin zuckt zusammen, wieder und wieder. „Jetzt… Ein Engel?! Und das auch noch auf der bösen Seite?!“
    Alexa brummt: "Ja, das gibt es, genauso wie es auch gute Vampire oder gute Hexen gibt." Ich starre auf ihren Hinterkopf. Was wohl Professor Hastings dazu sagen wird? Seit ich mich hier in der Ranger Vereinigung als Top Ranger befinde, weiß ich, dass er mehr als nur als Professor hier arbeitet. Er kümmert sich um die wenigen in der Vereinigung, die mehr als nur normale Menschen sind, mich miteingeschlossen... Halbwesen... Und Alexa.. Ist sie auch so ein Wesen? "Da muss ich ihr recht geben...", sage ich tonlos, woraufhin Kathrin zusammenzuckt. Mist... Jetzt hab ich mich wohl verplappert.
    Wenn wir Team Nachtschatten also je besiegen wollen, müssen wir mit mehr rechnen als mit attackierenden Pokémon“, erklärt der Professor. Die Türe öffnet sich und Albert kommt herein. Die nervöse Stimmung im Raum überträgt sich sofort auf ihn. „Was ist hier denn los?“, fragt er neugierig, ein Buch in seiner Hand drehend. „Nichts weiter“, erwidert Hastings und er schaltet den Beamer aus. Allein, dass Kathrin jetzt schon von Halbwesen gehört hat, reicht schon. Normale Menschen sollten nicht von uns wissen.
    Sie wirft mir einen Blick zu, bei dem ich nicht ganz deuten kann, was sie denkt, aber ich glaube, dass sie wissen will, was ich vorhin gemeint habe. „Erkläre ich dir später“, flüstere ich ihr ins Ohr. Albert stapft in die Mitte des Labors und er stellt sich direkt vor uns hin. Das Buch in seiner Hand stellt sich als das Tagebuch von Lumino Strahlemann heraus. „Ich habe herausgefunden, um genau zu sein, durch das Tagebuch“, erzählt Albert, „Dass Team Nachtschatten schon länger wusste, was es mit den Gemen auf sich hat. Deshalb wollten sie sie auch unbedingt haben. Denn nur sie alleine, wenn man sie zusammenbringt, können dem Schattenkristall seine negative Energie nehmen. Also ist alles, was wir noch brauchen, die Gelbgeme, dann bringen wir sie zusammen mit den anderen zu dem Kristall und Bumm! Schon haben sie verloren.“
    Abermals ist es still im Raum, bis Hastings klatscht. „Gut, dann haben wir zumindest das Ziel eines Planes, den wir noch entwerfen müssen“, freut er sich und klickt auf den Computer. Wahrscheinlich schließt er den Steckbrief und die Dateien auf der Datendisc. „Ihr könnt doch mal eine Pause machen und etwas essen“, schlägt er uns in einen unumgänglichen Befehlston vor. Wir stehen auf, alle. Meinen Arm lasse ich um Kathrins Schulter, aber ich blicke Hastings an.
    Er nickt mir zu. Er weiß, was ich vorhabe. Ich ziehe meine beste Freundin zur Küche und sie folgt mir wortlos. Eigentlich glaube ich, dass wir alleine das Zimmer betreten, bis ich bemerke, dass auch Maike, Misty, Lucia und Lucy eingetreten sind. Alle vier schauen mich an. „Alexa hat sich selbst verraten“, knurrt Lucy und verschränkt die Arme. Ihre große Schwester starrt sie verwirrt an, aber ich murmele: „Ja, hat sie… Ich mich leider auch, aber sie scheint auch überhaupt nichts in der Birne zu haben. Also, warum kennt Professor Hastings euch? Hat das damit etwas zu tun, was ihr seid?“
    „Jawohl“, gähnt Lucia, und Lucy erklärt halblaut: „Ich habe zum anderen Teil Mamas Schutzengelgene erhalten, bin also ein Light Angel, 3. Rang.“ Der Mund meiner besten Freundin klappt mehr als erstaunt auf. Lucia, Maike und Misty stellen sich ebenfalls als Schutzengel heraus, allerdings vom ersten Rang, also Guardian Angel. Ein paar Sekunden ist es vollkommen still. Schließlich haucht Kathrin: „Wenn Mama ein echter Engel war, warum bin ich dann keiner geworden?“ „Das kommt manchmal so vor. Nicht jeder erhält die Gene, je nachdem, was für eine Art von Halbmensch ein Elternteil hat“, sagt Lu leise, „Nimm doch nur mal Tante Ruth als Beispiel! Unsere Mutter und Alexas wurden beide zu Engeln, Mama ein Light Angel, Alexas zu einem Himmelsengel. Und was war mit Tante Ruth? Sie wurde zu einem normalen Menschen, wie du. Es gibt eine fifty fifty Chance, und du bist leider ein Mensch geworden…“
    Sie nickt, dann schaut sie mich an. Ihre türkisblauen Augen nageln mich an Ort und Stelle fest. „Und du?“, haucht sie, „Was bist du?“ „Ich bin zur Hälfte ein Mensch, zur anderen ein Vampirdämon“, antworte ich leise, „Gut, nicht böse. Jedoch habe ich die meiste Zeit meines Lebens damit verbracht, als normaler Mensch zu leben, und den Vampirdämon in mir zu ignorieren. Im Gegensatz zu Engeln kann ich das, und muss mich nicht auf Instinkte verlassen… Außerdem kommt man so unauffälliger durch das Leben.“
    Kathrin schluckt, schüttelt den Kopf, dann kichert sie… Moment, sie kichert? Warum findet sie das lustig? Wo sich ihre Schwester als Engel und ihr bester Freund als Vampirdämon herausstellt, als etwas, dass es eigentlich nur in Märchen geben soll? „Na toll“, lacht Kathrin, mich drückend, „Meine ganze Umgebung bestand und besteht auch weiterhin aus Engeln und Vampirdämonen, und ich merke nichts.“ „Du solltest es auch gar nicht wissen“, lächelt Lucia. Ein Stein fällt mir vom Herzen. Sie scheint mir das gelüftete Geheimnis nicht übel zu nehmen, und außerdem mag sie mich noch.
    „Okay“, sage ich, „Uns wurde etwas aufgetragen. Was soll es heute zum Mittagessen geben?“ Kathrin quietscht lauthals auf und der Rest der Gruppe zuckt daraufhin erschrocken zusammen. „Okay, ich weiß es“, setze ich noch nach. Natürlich will sie ihre heißgeliebten Spiegeleier mit Bratkartoffeln. In der Speisekammer hole ich Eier und Kartoffeln, und Kathrin schnappt sich ein paar Gewürze, von denen sie weiß, dass ich sie verwenden werde.
    Wir brauchen mehrere Pfannen, damit ich genug Essen für alle machen kann. Zum Schluss sitzen wir alle auf der Arbeitsplatte und essen. Erst setze ich mich an den Rand, dann kommt Kathrin, neben der sich Lu niederlässt, dann Misty und schließlich neben Maike, sitzt, am anderen Ende, Lucia. Unsere Gesprächsthemen lassen wir komplett um das Thema „Halbmenschen“ kreisen. Meine beste Freundin findet das Ganze mehr als nur interessant. Schließlich lenken wir das Gespräch auf Kathrins Mutter und ihre Fähigkeit.
    „Mama hatte Zukunftsvisionen?!“, platzt Kathrin erstaunt heraus. Ein kleiner Zettel erscheint mir im Gedächtnis, geklebt auf ein glitzerndes Fotoalbum. Und darauf die Worte: „Ja, ich wusste genau, dass du das Album und somit den Zettel finden würdest.“ „Hat Mama deshalb so etwas in der Art auf diesen Zettel geschrieben? Du weißt schon, der, der bei dem Fotoalbum dabei war…“, fragt Kathrin, die ebenfalls daran gedacht haben muss. Ich hatte damals schon an so etwas in der Art gedacht, aber dass das tatsächlich wahr ist… Darauf wäre ich nie im Leben gekommen.
    Lucy nickt. „Ich habe dir damals selber gesagt, dass Mama so eine Fähigkeit hatte, die mit uns etwas zu tun hat. Sie konnte bestimmtes aus der Zukunft vorhersehen, das unsere Familie betraf“, erklärt sie und ich füge hinzu: „So etwas dachte ich damals schon… Als ‚unmöglich und fantasievoll‘ habe ich meine Theorie beschrieben, weißt du noch, Kätzchen?“ „Natürlich! Das habe ich nicht vergessen, weil ich noch öfter darüber gebrütet habe!“
    „Ich würde auch gerne Zukunftsvisionen bekommen… Aber was kann ich stattdessen? Ein Gewitter heraufbeschwören, mit Platzregen, Hagel, Blitz, Donner und Sturmwind! Das ist nicht sonderlich hilfreich in alltäglichen Situationen. Höchstens um Bauern die Ernte zu vermiesen“, seufzt Lucy. Kathrin knabbert an ein paar Bratkartoffeln, dann lässt sie die Gabel sinken und fragt: „Warst das damals, als uns unsere Eltern verlassen haben, du?! Also, dieses heftige Gewitter… War das dein Werk, Lu?“
    „Jein, es war zur Hälfte meines. Zum anderen Teil hatte es noch einen anderen, magischen Ursprung, der viel Energie freigesetzt hat. Zu der Zeit waren meine Kräfte gar nicht so stark, das heißt, so heftig hätte mein Gewitter nie werden können… Vielleicht hat der Tod unserer Eltern damit etwas zu tun. Weil sie sich immerhin für irgendetwas aufgeopfert haben, nur um uns vor jemanden zu beschützen…“ Es wird still im Raum, bis Lucia ruft: „Eure Eltern haben sich geopfert? Um euch vor wem zu schützen?!“
    So haben sie es uns auf jeden Fall erklärt… Vor wem, das haben wir nie herausgefunden“, meint Kathrin leise. Ihr Kopf ruht auf meiner Schulter und sie wirkt leicht betreten bei der offensichtlich nicht sehr angenehmen Erinnerung. Beruhigend lege ich meinen Kopf auf den ihren. Nach ihren Worten ist es zuerst totenstill, doch das bleibt nicht lange so. Wie auch, wenn Maike und Lucia typische Plappertaschen sein müssen. Nach dem Essen gehen wir munter zurück ins Labor, in dem nur Professor Hastings ist.
    „Kathrin ist nun eingeweiht“, eröffne ich ihm, „Und die anderen waren es natürlich davor schon.“ Hastings runzelt die Stirn, blickt Kathrin an, nickt aber. Er steht immer noch vor dem Computer. Nervös zupft er an seinem Bart. „Alberts Plan wird nicht so einfach auszuführen sein, wie er angenommen hat“, sagt er deutlich, „Team Nachtschatten besteht aus vielen Satanswesen und einigen Himmelswesen, selbst zwei gefallene Engel sind dabei. Und zu allen Übeln hat sich herausgestellt, dass der Boss nicht nur der Chef der größten Firma Almias ist, Altru, sondern ebenfalls ein Halbdämon. Seine Angriffskraft ist erstaunlich hoch. Wahrscheinlich wird er zusammen mit seinen nicht ganz menschlichen Anhängern den Schattenkristall beschützen… Und wir…“
    Er legt eine kurze Pause ein und atmet tief ein. Wir anderen schauen uns nur kurz an, dann fährt er auch schon fort: „Wir haben nur dich, Bodo, um gegen alle zu kämpfen…“ Ich fühle, wie sich Kathrin stärker an meinen linken Arm klammert. „Aber wir können doch ihre Fähigkeiten aus den Steckbriefen herauslesen“, erwidere ich. Es ist ein schwaches Argument, aber es ist eines. „Das ist nur ein kleiner Pluspunkt, Bodo. Sie sind einfach zu viele für nur einen Kämpfer“, stellt Hastings klar. Nach einem Moment tritt Lucy vor.
    „Ich kann noch mitkommen. Am besten bringe ich sie alle mit einem schönen Sturm zu fall“, schlägt sie vor und begibt sich in eine Angriffspose, „Immerhin soll der beste Freund meiner großen Schwester in einen gefährlichen Kampf ziehen… Was, wenn ihm etwas passiert?! Nein, nein, da helfe ich lieber mit.“ Ich blinzele überrascht. Ist das der einzige Grund, warum sie mitkommen will. Lu grinst ihr Schwesterherz an und fügt hinzu: „Oh, ja, der Frieden von Almia steht auch auf den Spiel…“ Es klingt jedoch nur halbherzig, nur halb so wichtig, so, wie sie es ausspricht.
    Misty springt ebenfalls vor. „Ich mache auch mit. So einen Kampf kann ich mir doch nicht entgehen lassen“, meint sie ruhig, gefolgt von Lucia und Maike, die ebenfalls mitkommen wollen. Professor Hastings bekommt vom Runzeln noch mehr Falten auf der Stirn. Bevor er jedoch seine Einwände einwerfen kann, schlägt Lucy noch vor, dass sie Alexa fragen könnte, als zusätzliche Unterstützung. Was sie ist, weiß sie zwar nicht, aber da sie sich vorhin verraten hat, kann sie nur ein Halbwesen sein.
    Dann wären wir schon sechs Leute, die kämpfen könnten. „Na gut“, stimmt er zu, „Ich schaue zu, dass ich den Plan noch heute fertig stellen kann, damit wir so schnell wie möglich handeln können. Und ihr schaut, dass ihr euch in der Zeit vorbereitet, klar?“ Wir verlassen das Labor und treten vor das Fenster, durch das man fast ganz Almia sehen kann. Lu macht sich sogleich auf den Weg zur Rolltreppe, mit den Worten, dass sie mit Saphira und Stephie herkommen und kämpfen will. Auch Maike, Misty und Lucia verabschieden sich, um noch etwas zu erledigen.
    „Und? Was machen wir noch?“, fragt Kathrin, die noch immer an meinem Arm hängt. Ich schaue in ihren türkisblauen Augen und schlage vor: „Lass uns doch noch mal in unser Zimmer gehen.“ Sie nickt und wir gehen in die Richtung Türe, die zu den Schlafräumen führt. Kurz davor löst sich Kathrin auf einmal von mir und rennt in eine Ecke neben dem Türrahmen. Dort hebt sie etwas hoch, das ich nicht sehen kann und betrachtet es vorsichtig, Dann dreht sie sich um, etwas in ihrer rechten Faust versteckend.
    Ihr Gesicht ist nun verziert mit ihrem kleinen, bezaubernden Lächeln. Schnell zieht sie mich in unser Zimmer. Erst drinnen lässt sie mich los und rennt zu ihren Nachtkästchen. Sie zieht eines ihrer vielen Büchern hervor, eines mit dunkelrotem Einband. Ich erkenne nicht genau, was sie macht, aber nach einem echt leisen Klicken kann sie es öffnen. „Komm her“, ruft sie mir zu, während sie ein Schloss, das silbrig im Licht der Sonne glitzert. Hastig laufe ich zu ihr, um mich neben ihr auf dem Bett fallen zu lassen.
    Auf der ersten Seite erkenne ich feinsäuberlich geschrieben folgende Worte: „Das ist das Tagebuch von S. Engels“, mitten auf dem Blatt. In meinem Kopf macht es „Klick“ und mir kommt es vor wie ein Widerhall, als Kathrin vorhin das Schloss geöffnet hat, dass ihr zuvor den Einblick in das Tagebuch ihrer Mutter verwehrt hatte. „Du hast den Schlüssel gefunden?!“, platzt es aus mir heraus. „Ja, er lag draußen im Flur“, erklärt sie und blättert schnell durch das Buch. Jede Seite ist mit Schönstschrift beschrieben, mit der gleichen Schrift wie auf der ersten Seite. Einen Moment lang halte ich inne, dann frage ich: „Äh, Kathrin, glaubst du, deine Mutter hätte überhaupt gewollt, dass ich ihr Tagebuch lese? Ich meine, es ist eben genau das. Ihr Ta-ge-buch!“
    „Ach was“, erwidert sie sorglos, „Wird schon nichts allzu geheimes drinstehen.“ Sie schlägt die Seite auf, bei der sie im Moment ist, und fängt an, zu lesen. Das Datum des Eintrages liegt gute zwölf Jahre zurück.“


    Liebes Tagebuch,
    heute habe ich etwas Schockierendes von meinem Engelschwesterherz erfahren. Kaum zu glauben, wie konnte sie nur?! Sie wusste genau, dass das nur schlecht enden konnte. Satanswesen und Engel dürfen zusammen keine Kinder bekommen, das ist gegen das Naturgesetz und das weiß auch jeder! Und dann ist er auch noch Vampirdämon! Natürlich konnte sie nicht anders, als zu glauben, dass das gut ausgeht, aber nun?! Ihre Tochter, die die Forscher nur noch als das ‚Experiment‘ bezeichnen, ist genau das geworden, was sie nicht hätte werden sollen.
    Zum einem ist sie ein Vampirdämon, zum anderen ein normaler Mensch… Das Experiment ist fehlgeschlagen, haben die Forscher gesagt, es ist misslungen! Es ist nicht zum Teil Engel, zum anderen Vampirdämon, oder wenigstens nur zur Hälfte ein Engel! Nicht einmal nur ein Mensch ist sie. Die Kleine stellt eine Gefahr für uns alle dar. Wie konnte sie nur, wie konnte sie….“


    Wortlos schlage ich das Tagebuch zu und lege es beiseite. Tief ein und ausamtend vergabe ich das Gesicht in einer Hand. Wie konnte das nur möglich sein?! Das Experiment?!? „Bodo?“, höre ich Kathrins zögerliche Stimme und ich spüre, wie sie vorsichtig über meinen rechten Arm fährt, „Was… Was ist los?“ Ich schiebe das Buch vor sie und setze mich im Schneidersitz vor sie hin.
    „Mit Engelsschwesterherz ist doch sicherlich die Mutter von Alexa gemeint“, fange ich langsam an. Sie nickt. „Nur sie und Mama sind Engel“, stimmt sie leise zu, „Du hast Lucy doch gehört.“ „Gut, dann erkläre ich dir nun genauer, was es mit diesem Experiment wirklich auf sich hat“, sage ich.
    „Wie du schon gelesen hast, dürfen Engel und Satanswesen, also Dämonen, Vampire oder Hexen zum Beispiel, keine Kinder bekommen. Vor sechzehn Jahren wurde jedoch, das habe ich von meinem Vater erfahren, der ein Dämon ist wie mein Bruder, ein Experiment gestartet. Forscher und Wissenschaftler wollten schon immer wissen, ob es klappt, ob eine Person beides werden kann, Himmelswesen und Satanswesen. Im Nachhinein mussten sie feststellen, dass das sogenannte ‚Experiment‘, das Mädchen, die Tochter eines Engels und eines Vampirdämons, zu einem Halb-Vampirdämon, Halb-Mensch wurde.
    Diese Reihenfolge, der Vampirdämon in der ersten Hälfte, verursacht, dass die Gene verdreht werden. Das Problem dabei ist, dass so ein Wesen nicht existieren darf, da die Charaktereigenschaften so sehr ins Negative gedreht werden und die Kräfte derartig verstärkt, dass… Dass.. Naja, jeder sagt von ihr, sie soll bösartiger und stärker als der Teufel persönlich sein. Niemand könnte sie je besiegen. Die Forscher und Wissenschaftler wussten das und wollten das Experiment deshalb zerstören. Doch ihre Eltern, die es natürlich zu sehr ins Herz geschlossen hatten, brachten sie mithilfe von Magie in Sicherheit, wodurch es nicht mehr gefunden werden konnte. Sie löschten die Daten über das Experiment, bevor sie ebenfalls verschwanden.
    Keiner konnte es jemals wieder finden. Niemand. Und demnach, was in dem Tagebuch deiner Mutter über ihre Schwester steht, kann man doch nur davon ausgehen, dass ihre Tochter das Experiment ist. Das soll heißen, dass deine Cousine Alexa ein Wesen ist, das gar nicht leben dürfte. Ob sie das weiß?“ Kathrin starrt mich entgeistert und entsetzt an. „Das soll dann wohl heißen, dass meine Eltern Lucy und mich vor unserer eigenen Cousine beschützen wollten, weil sie wussten, wie gefährlich sie ist?!“
    Da hatten sie nur recht damit“, sage ich und knurre tatsächlich, „Eine tödlichere Person kannst du in der Welt gar nicht finden.“ Die Türe öffnet sich und Rhythmia steht im Türrahmen. Kathrin und ich zucken auseinander, uns war gar nicht klar, dass wir uns dermaßen nahe gekommen sind. Blondi grinst frech, als sie uns sieht. „Ich will ja nicht stören, aber Professor Hastings ist schon fertig mit dem Plan, deswegen soll ich euch abholen“, erklärt sie, und ihr Grinsen verbreitert sich.
    Ich ziehe eine Augenbraue hoch bei ihren Worten. Kathrin stopft das Tagebuch in ihre Tasche an ihrem Gürtel und springt auf, um zu der Technikerin zu spazieren, doch davor dreht sie sich nervös zu mir. Ich verlasse gemeinsam mit ihr den Raum, Blondi geht vor. Dadurch hört sie auch nicht, als meine beste Freundin mir zuflüstert: „Und du bist dir ganz sicher, wegen… Wegen Alexa?“ Zur Antwort nicke ich nur steif. Wir folgen der Blondine ins Labor, in dem uns der ganze Plan erläutert wird, wenn auch durch die Anwesenheit von Volara und Siver nur oberflächlich.
    Professor Hastings sagt: „Wir müssen Team Nachtschattens Pläne unbedingt durchkreuzen. Dazu habe ich mir folgendes ausgedacht: Volara und Siver fliegen hoch und umkreisen den Altru Turm, der laut Alberts Angaben allerdings von drei Barrieren umgeben ist. Deswegen steigen Bodo, Kathrin, Kathrins Schwester Lucy, ihre Cousine Alexa und ihre Freundinnen Maike, Misty und Lucia von innen hoch, um die Barrieren auszuschalten und die Gelbgeme zu beschaffen. Sobald sie sie haben, begeben sie sich auf eine Plattform, um sie Primo zu übergeben, der sich Siver und Volara anschließen wird. Zu dritt werden sie den Schattenkristall umkreisen, während die anderen weiter bis zum höchsten Stockwerk steigen. Bodo, der Rest ist klar für euch? Das ganze trägt aufgrund der Informationen aus dem Tagebuch den Namen Operation Lumino“
    Angespannt nicke ich. Dort oben werden wir kämpfen müssen und für den Fall, dass wir währenddessen von Pokémon angegriffen werden, kann Kathrin sie fangen. Gesagt, getan. Lucia, Maike und Misty warten bereits unten im Eingangsraum, gemeinsam mit Alexa. Aus deren Reichweite halte ich Kathrin und mich vorsorglich. Schnell erklären wir alles, nur das Detail, dass Alexa das Experiment ist, verschweigen Kathrin und ich lieber allen.



  • Schule ist aus für mich ~
    F
    erien, ich hab euch lieb!!




    Kapitel 38 - Einbruch in den Turm


    Es ist bereits zwei Uhr, als wir vor dem Turm stehen. In der Luft kann ich schon Volara und Siver auf Staraptor erkennen, die leuchtenden
    Gemen unter den Armen. Doch natürlich können sie nicht zu dem Schattenkristall. Eine gelbe, eine pinke und eine türkisene Barriere
    versperren den Weg dorthin. Zu siebt gehen wir in den Eingangsraum, ungeduldig pfeifend, als wären wir nichts als normale Besucher.
    Langsam stehlen wir uns zu einem der vielen Aufzügen und Lucia drückt unbemerkt den Knopf, damit der Lift zu uns herunter kommt.
    Die einzige Person, die ansonsten noch in der Halle ist, ist die
    Empfangsdame, die uns nicht weiter beachtet. Bis der Aufzug ankommt. Ein leises Piepen verkündet die Ankunft, doch es halt durch das
    ganze, leere Zimmer wie ein Gewehrschuss. Sie dreht sich um, sieht, was wir vorhaben und ruft uns zu: „Hey, he-hey, da dürft ihr nicht
    rein!“ Zu dumm für sie, dass sich so viel Abstand zwischen ihr und uns befindet. Dadurch kann sie uns nicht rechtzeitig erreichen und
    aufhalten.
    Maike hat die oberste, durch diesen Aufzug erreichbare Ebene ausgewählt, das neunte Stockwerk. Langsam steigen
    wir aufwärts. Fünf, sechs, sieben… Mit einem Ruck bleiben wir unerwartet stehen und das Licht erlischt. Reflexartig greife ich nach
    Kathrins Taille links neben mir. Sie wäre beinahe umgefallen und hat ein erstauntes Quieken von sich gegeben. Ihr Gleichgewichtssinn als
    Mensch ist nicht ganz so hervorragend ausgeprägt wie der von den Engeln oder von mir als Vampirdämon.
    Nach ein paar wenigen Sekunden haben sich meine Augen auch schon an die plötzliche,
    vollkommen Dunkelheit gewöhnt. Dadurch erkenne ich, wie jemand an der Decke eine Stickleiter herunterlässt und herabsteigt. Mit einem
    Mal ist es wieder hell. Lucia hat sich gefangen und mit einem Art Zepter hat sie den ganzen Aufzug erleuchtet. „Wa…“, sagt der
    Team Nachtschatten Scherge, der nun zu unseren Füßen kauert. Jetzt haben wir ihn überrumpelt, obwohl er eigentlich das Gegenteil
    wollte.
    Geblendet hält er sich die Hände schützend vor das Gesicht. Lucy ergreift die Chance und klettert die Stickleiter hoch,
    ihre Pokémon, Saphira und Stephie, springen einfach mit einem atemberaubenden Satz durch das Loch. Maike, Misty und Alexa folgen
    ihr nacheinander problemlos. Offensichtlich blendet das Zepter von Lucia ihre Feinde so lange, wie sie will. Vorsichtig folge ich
    Kathrin die Leiter hoch. Zuerst ist es dunkel, dann kommt Lucia ebenfalls nach. Ihr sonnenhelles Zepter verbreitet warmes Licht, wenn
    auch dunkler als unten.
    Lucia, versteck deine Flügel lieber wieder“, meint Maike belustigt, ihrer besten Freundin auf den
    Rücken klopfend. Kathrin starrt beide verdutzt an. „Was denn für Flügel?“, fragt sie verwundert und betrachtet die Luft rechts und
    links neben der Blauhaarigen, die die Strickleiter nach oben zieht, damit der Rüpel nicht mehr heraus und uns folgen kann. „Lucia ist
    ein Guardian Angel“, erkläre ich ihr, „Niemand außer anderen Engeln und ihrem Schützling kann ihre Flügel sehen.“
    Während wir auf der Eisenplatte, auf der wir uns nun befinden und die eine Art dünnen Flur darstellt, entlanggehen, löchert meine
    beste Freundin weiter. „Was ist denn ein Schützling genau?“ Die Antwort kommt prompt von Lucy: „Jeder Guardian Angel hat einen
    einzigen Schützling, der in gewisser Weise sogar der Grund ist, warum sie geboren wurden. Als erstes müssen sie ihre Schützlinge
    finden, was meistens gute zwanzig Jahre dauern kann. Oftmals spielen beide in der Rolle um den Weltfrieden oder so eine wichtige Rolle.
    Deshalb müssen sie auch öfter kämpfen, wobei der Guardian Angel als Schutzengel immer beiseite stehen und ihm helfen muss.“
    „Wow… Habt ihr drei schon eure Schützlinge gefunden?“, bohrt Kathrin weiter. Die drei nicken grinsend. Wir kommen schließlich an
    einer stählernen Leiter an, die senkrecht nach oben führt zu einer neuen Platte. Saphira und Stephie haben einen besonderen Kniff, wie
    sie geschickt und elegant zugleich hochkommen. Ihnen folgt Lucy, dann Alexa, schließlich Kathrin, ich, und zum Schluss Misty, Maike und
    Lucia. Uns auf der nächsten Ebene umschauend, lege ich wieder meiner besten Freundin einen Arm um die Taille. Seit der Mission im Chroma
    Hochland habe ich mir das ausversehen zur Gewohnheit gemacht, aber ihr scheint das nichts auszumachen.
    So gehen wir auf eine eiserne Türe zu, die gut fünfzehn Meter vor uns einen Spalt breit
    offen steht und aus diesem Spalt dringt ein wenig Licht heraus. Ich höre leichte Schritte hinter mir und plötzlich geht jemand neben
    mir. Verwundert schaue ich zu der Person und muss erschrocken feststellen, dass es Alexa ist. Mit ihren kühlen, eisblauen Augen
    durchbohrt sie mich regelrecht und sie lösen bei mir eine richtige Gänsehaut aus. Wenn man ihr in die Augen schaut, kann man gut
    glauben, dass sie das Experiment ist.
    „Was ist?“, frage ich sie bissig. Sie deutet auf Kathrin. „Ihr zwei seid also zusammen?“
    „Nö“, sage ich kurz angebunden und starre wieder geradeaus. Trotzdem spüre ich, wie mein Gesicht leicht rosa anläuft. „Würdest
    du gerne mit ihr zusammen sein?“, fragt sie weiter. „Sag mal, sind wir hier in der Frage-Und-Antwort-Runde des Grauens im
    Freiluftunterricht?! Nein und nochmal nein, um die Frage zu beantworten!!“, erwidere ich knurrend. Beleidigt lässt sie sich zurückfallen, aber
    das ist mir nur recht.
    Sany auf Kathrins Schulter fängt an, zu schnurren, aber nur leise. Bamelin zu meinen Füßen schaut mich
    bedeutungsvoll grinsend an. Mit einem Blick bringe ich es dazu, nichts zu sagen, was Sany besser nicht hören sollte. Hinter der Türe
    kommen wir in einem winzigen Raum, in dessen Mitte, mal wieder, ein rechteckiges Loch ist. „Da müssen wir wohl oder übel runter,
    oder?“, meint Kathrin leise. Erst muss ich überlegen, dann fällt mir ein, dass sie das „durch Löcher springen“ schon in den
    Chroma Ruinen nicht ausstehen konnte.
    Ich schlage vor, dass ich sie wieder auffangen könnte. Sie stimmt zu, also springe ich vor.
    Auf mehreren, aufeinandergestapelten Elektrogeräten lande ich und muss einen Moment lang dafür sorgen, dass ich nicht umfalle, bevor
    ich ihr zurufe, dass sie jetzt ebenfalls springen kann. Wie beim letzten Mal erscheinen zuerst ihre Beine, dann lässt sie sich
    fallen. Vorsichtig fange ich sie auf, beide Arme fest um ihre Taille geschlungen, bevor ich sie wieder absetze. Die anderen springen
    hinterher, wobei Lu von Stephie getragen wird.
    Mit ihren vier Pfoten können Smarty und sie sogar noch besser ihr Gleichgewicht halten als wir übrigen. Als wir Menschen kann ich ja nun nicht mehr
    sagen, weil das nicht stimmt, abgesehen von Kathrin. Die überprüft alle fünf Sekunden, dass auch sicher noch das Tagebuch in ihrer
    Tasche ist. Es wäre schlecht, wenn Team Nachtschatten das Buch in die Hände fällt. Denn dann wüssten sie ebenfalls, wer das
    Experiment ist und wer weiß schon, was für Pläne sie danachaushecken würden.
    Vorsichtig steigen wir über die ganzen Geräte unter uns, die teilweise sehr wackelig aufeinandergestapelt
    wurden. Wir tasten uns langsam durch den ganzen Raum. Dann erreichen wir endlich den Boden, aber meinen Arm lasse ich um Kathrins Taille.
    Alexa hüpft übertrieben freudig zur Türe und will die Türklinke runterdrücken. Nichts passiert. Sie drückt sich gegen die Türe,
    zieht an ihr, schmeißt sich sogar gegen sie. Wieder passiert nichts. Während Alexa versucht, sich uns den Weg freizuschmeißen, obwohl
    die Türe sicher verschlossen ist, schauen wir ihr zu.
    Es sieht derartig lächerlich aus, als sie sogar dagegentritt, dass wir nichts
    machen, um sie aufzuhalten, obwohl sie jede Menge, verräterischen Lärm macht. Irgendwann gibt sie auf und verkündet brummig: „Die
    Türe ist verschlossen.“ Ich verdrehe die Augen. Glaubt die etwa, wir haben ihre hoffnungslosen Versuche nicht bemerkt? Sie ist wohl
    wirklich nicht die hellste Birne im Leuchter. „Lasst mich mal ran“, sagt Misty und springt vor zur Eisentüre, „Du hast ohnehin so viel
    Lärm gemacht, dass es schon egal ist, ob ich ebenfalls laut bin oder nicht.“
    Mit zwei gezielten Schlägen mit den Fäusten und einem Tritt schlägt die Arenaleiterin ohne ersichtliche Mühe die
    Türe aus den Angeln. Danach betrachtet sie nur lässig ihre Fingernägel und meint: „Okay, keiner ist abgebrochen. Können
    wir?“ Maike und Lucia folgen ihr als wäre nichts Besonderes gewesen, wir übrigen müssen uns erst fangen. Misty muss wohl als
    Engelsfähigkeit irgendeine Kampffähigkeit draufhaben. Zweifellos ist es eine sehr starke Fähigkeit.
    Ein weiterer Gang erwartet
    uns, enger und kleiner als der letzte. Er vermittelt ein leicht beengendes Gefühl. Kurz vor der nächsten Türe zuckt Sany nervös
    mit den Ohren und sagt: „Evoo, evoli, evo, lili.“ Leise übersetzt Kathrin: „Wir werden bereits erwartet. Hinter der Türe sind zwei
    Team Nachtschatten.“ Eine Weile ist es still, als wir überlegen, was wir machen könnten. Schließlich haucht Lucy: „Wir könnten
    Stephie, Saphira und Lala vorausgehen lassen. Saphira macht die Türe erst mit Nachthieb zu Kleinholz, dann springen Lala und Stephie
    hinaus und setzen Sondersensor ein, um die Rüpel in die Luft zu heben, damit sie nicht mehr angreifen können.“
    Zustimmendes Gemurmel. Während sich die drei Pokémon bereit machen, drücken wir
    übrigens uns an die Wand, damit sie freie Bahn haben. In Sekundenschnelle hat das Absol die Holztüre in Fetzen gerissen und
    keine drei Sekunden später hängen zwei Team Nachtschatten Schergen auch schon in der Luft. Wir treten hinaus und überprüfen, ob
    KonMinis in der Nähe, finden aber keine. Offensichtlich sind die Anhänger ebenfalls Halbmenschen, wenn sie glauben, uns ohne der
    Hilfe von Pokémon besiegen zu können.
    Der Mann in der Luft faucht uns an und schlägt mit seinen beiden Fäusten um sich durch
    die Luft, seine Partnerin knurrt gefährlich, doch beide sind unfähig, uns anzugreifen. Kathrin blinzelt überrascht. Sie deutet
    auf die Frau und erklärt: „Das ist die, die das Wailmer entführt und sich schon mal mit mir angelegt hat.“ Nach ihren Worten schaue
    ich sie mir genauer an. Sie hat Recht. Von dem Passbild bei dem ersten Steckbrief erkenne ich sie wieder. „Vampirin“, fällt mir
    ein, woraufhin die Schergin einen Moment verdutzt ist.
    Dass die Person, die in den Turm eindringen wollen, damit hat Team
    Nachtschatten offensichtlich nicht gerechnet. „Und der andere?“, fragt Lucy, „Müssen wir wissen, was sie sind, wenn wir sie
    ausschalten wollen?“ Sie sieht Maike an, die den Kopf schüttelt, aber trotzdem antwortet: „Trotzdem wäre es nicht schlecht, zu
    wissen, was unsere Gegner sind.“ „Ich könnte Professor Hastings fragen!“, schlägt meine beste Freundin vor. Sie ruft mit ihrem
    FangKom in der Ranger Vereinigung an und Rhythmia hebt ab.
    „Ja, Kathrin, gibt es ein Problem?“ „Hey, Rhythmi, nein, nicht wirklich, aber ich habe eine Frage an Professor Hastings. Kann ich
    schnell mit ihm reden?“, sagt Kathrin schnell. Blondi nickt. „Er ist im Labor, ich gebe dich sofort weiter.“ Kurz wird der
    Bildschirm gelb, während die Blondine den Anruf weiterleitet. Dann erscheint er mit der Frage: „Was ist los? Kathrin?!“ Kathrin
    zeigt ihm den Team Nachtschatten Kerl und er sagt sofort: „Dämon.“ „Haben sie sich das einfach so gemerkt?“, lache ich leise,
    erstaunt über das gute Gedächtnis des Professors, doch der erwidert nur: „Ich schicke dir die ganzen Steckbriefe mit Bildern, Wesen und
    Fähigkeiten, ja, Kathrin?“
    Sie nickt. „Dämon, was?“, meint Maike ruhig und tritt auf ihre Gegner zu, „Ihr anderen,
    schließt mal die Augen, dann passiert euch nichts, während ich sie bearbeite.“ Sofort mache ich meine Augen zu. Etwas Helles scheint
    durch meine Lider, doch ich lasse sie geschlossen, bis Maike ihr Okay gibt. Die Team Nachtschatten Schergen haben einen verträumten
    Ausdruck, als könnten sie im Moment nichts denken. „Was hast du mit ihnen angestellt?“, fragt Alexa besorgt und geschockt, aber die
    Brünette winkt ab. „Nur meine Fähigkeit eingesetzt und ihre
    Gedächtnisse verändert. Sie werden glauben, dass der Lärm von ein paar Pokémon verursacht wurde, nicht von uns. An uns können sie
    sich gar nicht erinnern“, erklärt sie ruhig. Stephie und Lala legen die Halbvampirin und den Halbdämon sanft auf den Boden. „Gut,
    dann können wir ja weitergehen“, stellt Lucy fest. Jetzt erst merken wir, dass sowohl hinter uns als auch links neben uns Gänge
    sind. An der Seite sind Türen, die entweder zu neuen Fluren oder zu Zimmern führen.
    „Welchen Weg nehmen wir?“, frage ich
    vorsichtig und blicke in beide Flure, „Immerhin müssten wir uns jetzt schon auf der neunten Ebene befinden. Und die Gelbgeme fehlt
    uns immer noch.“ Sany springt von Kathrins Schultern und lauscht angestrengt. Ihre Ohren zucken, als sich Lala sich auf leisen Pfoten
    zu ihr begibt. Eine Pokémondiskussion zwischen den beiden entsteht, der nur meine beste Freundin folgen kann. Es dauert eine Weile, bis
    wir nach links gehen, da sie dort irgendjemand über die Gelbgeme sprechen gehört haben. Jedenfalls hat Kathrin das so übersetzt.
    Wir folgen dem Vorschlag, da Pokémon ohnehin bessere Instinkte haben als… Menschen, haha. Lala und Sany spazieren munter voraus,
    die Ohren gespitzt haltend und immer darauf achtend, ob wir vielleicht angegriffen werden. Kathrin empfängt noch immer die
    Steckbriefe von Professor Hastings. Mit einem Pfeifen endet der Download schließlich. „Gut, dann, man sieht sich“, verabschiedet
    sich Hastings und mit einem Mal ist er weg. Das Evoli hält bereits in der nächsten Sekunde inne. Ihre Ohren drehen sich aufmerksam,
    dann wendet sie sich sicher der rechten Türe zu.
    Ein Fauchen entfährt ihr. „Was ist dahinter Sany“, fragt Kathrin, gerade noch so, bevor die Türe auffliegt und jemand herausspringt. Die
    Person, ein Mann mittleren Alters, knurrt uns feindselig an. Er schaut uns alle nacheinander an, fixiert dann Kathrin, die einen
    Schritt zurückweicht. In Bruchteil einer Sekunde errate ich den Angriff. Nach einem gewaltigen Satz auf meine beste Freundin zu,
    gerade noch so, um meinen freien Arm auszustrecken und mit der Handfläche gegen den Dickschädel zu drücken, halte ich den Team
    Nachtschatten Scherge auf. Hoffnungslos läuft er auf der Stelle, ohne sich fortbewegen zu können.
    Ein Grinsen entsteht auf meinem Gesicht. „Du verbrauchst nur deine ganze Kraft“, verkünde ich ihm, doch er hört nicht auf damit. Stattdessen spüre ich nur,
    wie er noch ein wenig mehr Energie einsetzt. Es wirkt nichts. „Maike, übernimm du ihn doch. Das bringt nichts, wenn wir bleiben, weil der
    unbedingt mit dem Kopf durch die Wand will“, bitte ich und zieheKathrin von dem Idioten mit dem anderen Arm weiter weg. Sany hinter
    ihm faucht weiterhin und überlegt schon, wohin sie ihre Krallen am besten einschlagen sollte. „Okay“, meint Maike, die Hände dem
    Kerl entgegenstreckend, „Augen bitte schließen.“
    Meine beste Freundin vergräbt ihr Gesicht zur Sicherheit an meiner Schulter. Im selben Moment spüre ich mein Herz einen zirkusreifen
    Auftritt am Trapez hinlegen, und um mein rot angelaufenes Gesicht zu verstecken, reibe ich es in ihre Haare. Der Duft von Erdbeeren, der
    wohl von ihrem Shampoo stammt, steigt mir in die Nase und ich atme ihn tief ein. Dann gibt Maike abermals ihr Okay. Der leichte Druck
    gegen meine Hand lässt nach. Ich schaue den Team Nachtschatten Scherge zu, der in derselben Sekunde zu Boden sinkt. Der verträumte
    Ausdruck ziert sein Gesicht.
    Wie hast du es geschafft, ihn einfach so aufzuhalten?“, löchert meine beste Freundin interessiert, während ihre süßen, großen Augen von dem Rüpel zu
    mir wandern. Vorsichtig an ihm vorbeigehend, betreten wir das Zimmer und ich antworte: „Das hat etwas damit zu tun, was ich bin. Als
    Vampirdämon habe ich sowohl vampirische als auch dämonische Züge an mir und von der Vampirseite habe ich die übermenschliche Stärke.“
    In dem Raum sind mehrere Kisten aufeinandergestapelt und sie füllen fast den ganzen Raum aus. Kathrin lacht. „Das ist ja wie in
    Twilight!“ „Nicht ganz“, brumme ich, „Ich bin nur stark, nicht schnell.“
    Nach uns betreten auch die anderen noch das Zimmer, ganz zum Schluss Maike. „Wir suchen doch nach einem gelben,
    leuchtenden Kristall, richtig?“, fragt sie ruhig und schaut sich um. „Ja“, stimmt Kathrin zu, „Die Gelbgeme. Warum?“ „Sie
    ist hier drin, in einer der Kisten“, erklärt sie gelassen. „Woher weißt du das?“, frage ich erstaunt, bevor ich mich umschaue. Nein,
    die vielen Kisten geben nichts über ihren Inhalt preis. Die braunhaarige Koordinatorin meint: „Neben Gedächtnisse verändern
    kann ich, wenn ich mich besonders konzentriere, auch Gedanken lesen. Und der Kerl da draußen sollte eigentlich den Stein bewachen. Die
    richtige Kiste ist die auf der rechten Seite, ganz unten.“
    Ohne einen Befehl abzuwarten, stürmt das kleine Evoli darauf zu und mit einer Attacke, einem Tackle, zerstört sie die hölzerne Wand.
    Und tatsächlich kehrt sie kurze Zeit später mit der Gelbgeme im Maul zu Kathrin zurück. „Das hast du gut gemacht“, lobt sie
    lachend. Mit einem Satz landet das Pokémon in ihren Armen. „Toll“, freut sich Lucy, „Jetzt müssen wir nur noch die Plattform finden,
    den Kristall Primo geben, weiter den Turm hochsteigen und dann rein in den Kampf!“ Wir verlassen den Raum und bevor wir ihn
    verschließen, bringe ich den Team Nachtschatten Schergen hinein. Ich schließe die Türe hinter mir und lege meinen linken Arm abermals um
    Kathrin Taille.
    „Gibt es hier in der Nähe vielleicht noch einen Aufzug oder eine Treppe?“, frage ich Sany und Lala. Das
    Vulpix scheint die Frage schon erwartet zu haben, denn sie spaziert den spärlich beleuchteten Flur weiter entlang. Doch nicht lange
    können wir ihr folgen, bevor uns wieder jemand entgegenspringt, aus einer Türe, dieses Mal von der linken Seite. „Nein, lasst mich in
    Ruhe! Immerhin habe ich die Maschine jetzt vollendet!“, quiekt der Junge mit dem blonden Pilzkopf und knallt gegen Alexa.
    Beide fliegen zu Boden. „Albert“, entfährt es meiner besten Freundin,
    aber auch mir ist sofort klar, dass der Wissenschaftler nicht als einziger aus den Raum kommen wird, seinen Worten nach. Lucy springt
    vor den Türrahmen, während ich Kathrin beiseite ziehe. Die zwei Anhängerinnen, die aus dem Zimmer stürmen wollten, prallen an Lus
    zuerst unsichtbaren Schutzschild ab. Engel und ihre praktischen Verteidigungen…. Wobei es Lucy mehr als Angriff eingesetzt hat.
    Nach ihr nimmt Maike ihren Platz ein, um die Gedächtnisse zu
    löschen, während Albert noch auf dem Boden liegt und davon nichts mitbekommen kann. Verträumt sinken die zwei Frauen zusammen und wir
    können die Türe hinter ihnen schließen. „Albert?! Was machst du hier?! Und was soll heißen, du hast die Maschine vollendet?!“,
    löchert Kathrin den Pilzkopf, der sich angestrengt seine Schläfen reibt, als würde er Kopfschmerzen haben. „Ah, Kathrin und Bodo.
    Ihr kommt also alle mit dem Plan gut voran“, keucht er, „Naja, kurz nachdem ihr euch aufgemacht habt, ist der Sinis Trio aufgetaucht
    und sie haben ein Ablenkungsmanöver gestartet, um mich entführen zu können. Danach haben sie mich hierher geschleift und, das muss ich
    leider zugeben, dort haben sie mich die Unglaubliche Maschine fertigstellen lassen. Es tut mir so leid…“
    „Das macht doch
    nichts“, beruhigt ihn meine beste Freundin, „Aber wir müssen jetzt trotzdem weiter hoch und den Plan weiter verfolgen.“ „I-ich
    k-komme mit“, stottert der Wissenschaftler und dann folgen wir Lala weiter, bis wir vor einer Treppe stehen und von oben hören wir das
    Getöse des Windes und noch etwas anderes. „Hier spricht der Boardcomputer. Die Fertigstellung der Unglaublichen Maschine läuft
    nun. Status 1 von 3 ist bereits erreicht.“ „Nein…“, Alberts Gesicht erbleicht, „Wir müssen unbedingt ganz oben ankommen, bevor
    der dritte Status fertig ist…“

    Sry, aber das nächste Kapitel wird sich genauso hinziehen, dann erst kommt der Endkampf.. :'DDAber keine Sorge, dafür sind die ebenfalls vollgestopft mit Hints... ~
    Und die darauffolgenden Kapitel
    sind dann der Endkampf selbst ~ <3


    Ich liebe die folgenden Kapitel mit dem Kampf wirklich... *seufz*


  • Sooo, nach schon fast einem Monat
    (wohl eher drei Wochen einfach)
    lade ich mal wieder ein neues Kapitel hoch.
    Das letzte Kapitel, bevor es so richtig in den Kampf geht -^^-
    (Ach ja... Ich liebe hier den Anfang mit Lavana einfach xDDDD)

    Kapitel 39 – Wettlauf mit der Zeit (KPV)


    Na, dann lasst uns mal beeilen“, sagt Bodo ruhig und ich spüre, wie er mich sanft mit sich zieht. So stürmen wir mit Albert die Treppe hoch und hinaus auf eine breite Plattform. „Ist Primo schon hier?“, frage ich leise, als wir durch die Luft schauen. Die Sonne ist inzwischen weiter nach Westen gewandert und wird schon von ein paar dichten, flauschigen Wolken bedeckt. „Das sind meine“, zischt mir Lucy zu, „Die Wolken, mein ich. Ich sorge für den Kampf vor. Ein wenig mehr Regen als sonst ist immer gut…“
    „Ah, schaut mal, da oben, bei Volara und Siver ist noch jemand!“, ruft Maike. Sie deutet gen Sonne und ruft: „Hey, ihr! Hier sind wir, mitsamt der Gelbgeme!“ Die drei Gestalten in der Luft fliegen weiterhin im Kreis. Sie werden die Brünette nicht gehört haben. Mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss den Ranger per FangKom anrufen. „Was ist los?“, sein Gesicht erscheint mit einem ersten Ausdruck auf meinem Bildschirm.
    „Wir haben die Gelbgeme und stehen auf einer freiliegenden Plattform unterhalb der Barrieren. Also kannst du kommen und sie dir abholen“, erläutere ich ihm ruhig. Er nickt zum Zeichen, dass er verstanden hat und legt auf. Eine der drei Personen auf Flugpokémon bricht aus der Choreographie aus und fliegt direkt auf uns zu. Wir hatten also Recht, dass das dort oben Volara, Siver und Primo sind.
    Mit einem gewaltigen Zischen und dem mächtigen Flügelschlagen seines Staraptors landet der braunhaarige Junge. „Wow, ihr seid echt viele“, staunt er, während Albert ihm die Gelbgeme überreicht, „Wie schafft ihr das nur, als so große Gruppe einen riesigen Turm zu erklimmen, der voll mit Gegnern ist, und trotzdem keine Aufmerksamkeit zu erregen?“ Lucy kichert. „Oh doch, wir fallen sehr auf, und leise waren wir bisher auch nicht gerade, aber diese Team Nachtschatten Schergen sind äußerst vergesslich“, sagt sie hinterlistig. Primo zieht ungläubig eine Augenbraue hoch.
    „Ach, weißt du“, werfe ich schnell ein, „Was Lu damit sagen will, ist, dass die Anhänger von Team Nachtschatten einfach zu besiegen sind und sobald ihre einzige Angriffswaffe, der KonMini, explodiert ist, vergessen sie, zu welchem Team sie gehören und dass sie uns eigentlich melden müssten. Stattdessen ergreifen sie lieber die Flucht.“ „Ja, das ganze Team besteht doch nur aus Feiglingen“, knurrt Primo als er, die Gelbgeme sicher in einer Hand, auf sein Staraptor steigt. Albert folgt ihm, aber nur, weil er lieber nicht mit uns weiter den Weg hochgehen sollte.
    Der Wind, der durch die erneuten Flügelschläge entsteht, saust um uns herum und wirf mit der Entfernung zu Primo wird immer größer. Also wenden wir uns der weiterführenden Türe zu, die sich auf einmal automatisch öffnet. Eine Frau mit pinken Haaren, Lavana. Sie trägt immer noch das gleiche Outfit wie das letzte Mal, sogar Schuhe und Make-up sind noch ein und dieselben. Aber bei dem Anblick ihrer neu gestylten Haare kann ich nicht anders, als zu lachen. Die anderen starren mich an, wie ich kichern muss, in einer Situation, die alles andere als lustig ist. Aus dem Lachen, das sich jedes Mal verstärkt, wenn ich die zwei gelockten, pinken Zöpfchen von Lavana sehen, wandelt sich allmählich ein regelrechter Lachflash.
    Was ist denn so komisch?“, fragt mich Bodo. Mit Lachtränen in den Augen versuche ich, mich zu beruhigen. Kaum geschafft, rufe ich Lavana entgegen: „Hast du mir das damals im Vulkan wirklich abgenommen? Das, dass ich in der Mode den anderen immer einen Schritt voraus bin und dass meine Zöpfchen bald wieder modisch sein werden?“, quietsche ich und kichere abermals. Sie starrt mich verwirrt an. „Aber das war doch die Wahrheit, oder?! Du hast dich nicht so angehört, als würdest du lügen!“, sagt sie und ich erwidere: „Natürlich, im Lügen bin ich eine Meisterin. Und jetzt läufst du als erwachsene Frau mit pinken Zöpfen herum.“
    Ich kann nicht anders, ich muss wieder lachen. Das Mitglied des SinisTrios plustert sich auf. „Wie konntest du es nur wagen!“, faucht sie, „Jetzt sehe ich deinetwegen total idiotisch aus!“ Maike und Lucia, die ein viel besseres Modegespür haben als ich, kichern nun ebenfalls hinter vorgehaltener Hand. Das hiesige Pokémon neben Lavana baut sich auf und sie holt tatsächlich einen KonMini hervor. Als sie es sogar anschaltet, muss ich meinen rechten Arm um Bodos Mitte legen und mich an ihm festhalten, um nicht umzufliegen. Auch Maike, Misty, Lucia und Lucy können nicht verstecken, dass sie, wie ich, unter Kopfschmerzen und Schwindel leiden.
    Ich muss die Augen zusammenkneifen und spüre somit nur, was im nächsten Moment passiert. Bodo zieht mich beiseite, gerade noch so, bevor er von mir weggerissen ist. Als ich die Augen wieder aufreiße, kann ich noch sehen, wie es ihn über den Rand der Plattform reißt und er darunter verschwindet. Ein spitzer Schrei entfährt mir, während sich meine Beine so anfühlen, als würden sie mit dem Boden verwachsen. Das Magbrant, welches meinen besten Freund weggestoßen hat, nachdem er meinen Platz eingenommen hat, baut sich neben mir auf, aber meine Angst vor dem riesigen Pokémon hält sich deutlich in Grenzen.
    Sie gilt Bodo und meine Augen haften immer noch an der Stelle, an der er verschwunden ist. Verzweifelt schnappe ich nach Luft. Alles in meiner Umgebung verschwimmt, selbst, dass mein Partner Pokémon sich mit dem Magbrant anlegt und es mit den erlesensten und besten Schimpfwörter bewirft, nehme ich nur am Rande wahr. Die Schmerzen meines langsam zerreißenden Herzens und die in meinem pochenden Hirn vermischen sich zu einem einzigen, unerträglichen Schmerz. Durch die verschwommene Umgebung nehme ich etwas an dem Punkt, auf den ich so verzweifelt und ohne zu blinzeln starre, wahr.
    Verwundert blinzele ich mir die Tränen aus den Augen und dieses etwas an der Stelle stellt sich als zwei ledrige Flügel heraus. Vorsichtig reibe ich mir über die Augen, damit meine Sicht klarer wird. Ich hoffe mir, das alles nicht einfach nur einzubilden. Hinter mir, wo Lavana vorhin noch gelacht und mit ihrem KonMini gespielt hat, ist es mit einem Mal still. Naja, eigentlich mit drei Schlägen, Flügelschlägen um genau zu sein. Bodo hat einfach seine anscheinend zuvor verborgenen Flügel eingesetzt und er steht nun wieder sicher auf der Plattform. „So schnell kriegt man mich nicht hier weg“, murrt er, „Also überleg dir beim nächsten Angriff lieber zweimal, ob du meiner besten Freundin wirklich etwas antun willst.“
    Er faltet die Flügel zusammen und sie verschwinden, während er zu mir geht, um mir aufzuhelfen. Anscheinend bin ich unbewusst auf meine Knie gesunken. Zittrig stehe ich auf meine Wackelpuddingbeine, aber Bodo hilft mir auch, dass ich nicht sofort wieder umfliege. „Fängst du das Magbrant oder soll ich den KonMini per Hand zerstören?“, fragt er, aber ich schüttele heftig mit dem Kopf. „Meinen Top Ranger Stolz würde ich dann doch gerne behalten, wenn ich kann!“, sage ich müde, „Außerdem hat Sany das Magbrant ja schon für mich geschwächt.“
    Ich drehe mich zu dem Feuerpokémon um, das immer noch gegen mein Partner Pokémon kämpft, doch gegen das kleine Evoli wirkt der große Protz ziemlich wehrlos. Noch dazu kommt, dass es recht oft von Lucias, Maikes, Mistys und Lucys Schutzschilden geblockt wird. Die Engel bewegen sich nicht von der Stelle. Mit meinem FangKom fange ich das inzwischen total fertige Magbrant in einer neuen Rekordzeit. „Schau, das war ganz einfach“, rufe ich über den Knall des explodierenden KonMini meinem besten Freund zu. Während ich mich bei ihm unterhake, wandert mein Blick wieder zu der vor Wut rot anlaufenden Lavana, die ihren KonMini beiseite schlägt.
    Sofort fange ich wieder an, zu lachen. Daraufhin reißt sie sich die Haarbänder aus den Haaren. „Wie konnte ich auch Modetipps von einem idiotischen Pokémon Ranger annehmen?!“, faucht sie und schmeißt die grellroten Bänder auf den Boden. Ihre Augen wandern durch unsere Truppe, bis sie bei Bodo hängen bleiben, der sie fies angrinst. Sie zuckt vor ihm zurück. Ganz offensichtlich wusste auch sie nichts von Halbwesen, genau wie ich. „Hat jemand etwas dagegen“, fragt Maike ruhig, „Wenn ich sie mir vorknöpfe? Damit hätten wir dann sicherlich ein Problem weniger.“ Keiner scheint etwas dagegen zu haben, also tritt sie vor. „Ihr wisst, was ihr zu tun habt.“
    Wie vorhin verstecke ich mein Gesicht an Bodos linker Schulter, die Augen fest zugekniffen. Das habe ich vorhin eigentlich nur einfach so gemacht, aber Bodo schien nichts dagegen zu haben und mir gefiel es, also mache ich es wieder. Ich spüre sein Gesicht in meinen Haaren und seinem warmen Atem an meinem rechten Ohr. Mein Herz macht bei jedem Mal, wenn er ausatmet einen großen Sprung bis in meinem Hals und die Schmetterlinge in meinem Bauch flattern wild durcheinander. Das Blut meines unnormal hohen Pulses rauscht derartig laut, dass ich Maikes Okay fast nicht hören kann. An Bodos Schulter vorsichtig vorbeispähend, erkenne ich Lavanas verträumt aussehendes Gesicht.
    Sie liegt auf dem Boden, neben ihr der zerstörte KonMini. „Gehen wir weiter?“, fragt Lucia und öffnet die Türe, aus der das Mitglied des SinisTrios gekommen ist. „Glaubst du, Glazio und Odo sind auch noch da?“, löchere ich meinen besten Freund leise, als wir meiner Cousine und den Engeln durch die Türe folgen. Bodo brummt kaum verständlich zurück. „Fände ich nicht schlecht, jedenfalls bei Odo. Bei dem habe ich noch eine Rechnung offen.“ Da ich mich bei ihm untergehakt habe, spüre ich, wie seine Muskeln sich anspannen. Natürlich muss ihn der Gedanke, dass Odo ihn damals als talentlos bezeichnet hat, immer noch zur Weißglut bringen.
    „Dass er dich dafür benutzt hat, um die Gelbgeme zu bekommen… Also, einfach niveaulos“, fügt er dann hinzu und grinst mich von der Seite her an. Ich fühle, wie mir das Blut ins Gesicht schießt und schaue deshalb wieder nach vorne. Geschockt stelle ich fest, dass Alexa uns beobachtet hat und mich jetzt, knallrot wie ich bin, hinterlistig anlächelt. Zu den Schmetterlingen in meinem Bauch mischt sich nun auch Wut. Und Sorge. Wenn sie ihm das erzählt… Auweia, auweia, das darf nicht passieren! Doch meiner Cousine kann ich das gut zutrauen, dass sie genau das machen wird. Sie wird die nächstbeste Gelegenheit nutzen und es ihm auf die Nase binden.
    Mein Magen verkrampft sich schmerzhaft. Wie wird Bodo diese Information aufzufassen? Wie wird er darauf reagieren? Ach, bitte, bitte, lass ihn nicht wütend werden… Wir steigen inzwischen eine steile, um eine Kurve gehende Treppe aufwärts, bis wir ein neues Stockwerk erreichen. Es ist eine neue Art runder Raum, genauso groß wie der Eingangsraum der Brisenaubasis, jedoch mit einem weiteren, runden Raum in der Mitte, abgetrennt durch eine dünne Wand. Durch die weiteren Fenster können wir nach draußen sehen.
    Mehrere Glaskugeln befinden sich in gleichen Abständen an kurzen Eisenstäben, die an der Außenwand befestigt sind. Sie müssen die erste Barriere bilden. Lu tritt entschlossen auf die Türe zu, die in den kleinen, runden Raum führt. „Da drinnen kann man dann wohl die Barriere zerstören“, meint sie, „Oder glaubt ihr, ich kann diese Glaskugeln auch mit ein paar guten Hagelkörner zerstören?“ Mit einem Schlag regnet es wie aus Kübeln, ein Donnerschlag lässt den Boden unter unseren Füßen erzittern. Als die dicken Regentropfen schwer gegen die Scheibe schlagen, zuckt Lucy mit den Fingern. Splitter. Die Glaskugeln werden von eiergroßen, harten Körnern zerschlagen.
    Die Blitze flackern und erlöschen. Bereits im nächsten Moment dringt wieder Sonnenschein durch die seltsamerweise unbeschädigten Scheiben. „Saubere Arbeit, Schwesterherz“, lobe ich bewundernd, „Jetzt können wir gleich eine weitere Ebene hoch und…“ Die Türe geht auf und meine Schwester hüpft angriffslustig vor. Odo steht im Türrahmen, uns alle verdutzt anstarrend. „Wie… Wie konntet…“ Doch es will ihm nicht gelingen, den Satz zu vollenden, denn abermals tritt auch Maike vor. Wir wissen alle sofort, was wir machen müssen. Mit einem dumpfen Knall wird klar, dass Odo eben auf den Boden geflogen ist.
    „Und wieder habe ich jemanden ausgeschaltet und das Gedächtnis verändert. So viele an einem Tag hatte ich schon lange nicht mehr“, sagt die Koordinatorin zufrieden zu ihrer besten Freundin, die bei den Anblick des Mitglieds des SinisTrios am Boden grinsen muss, „Na, dafür kommen wir auf jeden Fall gut voran.“ Wir nähern uns der nächsten Treppe, als der Boden erschüttert wird und uns an etwas erinnert, das wir schon wieder vergessen haben. Der Boardcomputer verkündet, stockend, dass bereits die Hälfte der zweiten Stufe erreicht wurde. Wenn das so weiter geht, ist sie fertig, bevor wir oben auf der Hauptplattform ankommen!
    Als wir das nächste Stockwerk erreichen, erkennen wir, das es ähnlich aussieht wie das andere, selbst außerhalb, nur, dass die Blitze bei den Glaskugeln nicht hellgelb sondern grellpink sind. Dort war wohl Lavana, bevor sie schließlich beschlossen hat, uns entgegenzukommen. Nun ja, dafür wurde sie schon früher lahmgelegt als normal. Lucy knackst mit ihren Fingern, bevor ihr Gewitter loslegt. Das Klirren verkündet uns, dass die Glaskugeln zerstört werden. Das pinke Licht draußen, das sanft den Innenraum erleuchtet hat, flackert, wird schwächer und erlöscht schließlich ganz.


    Dann, wir wollen gerade die ersten Treppenstufen betreten, als mein FangKom klingelt. Es ist Volara und sie ist offensichtlich froh und gut gelaunt. „Kathrin, ihr habt ja schon ganze zwei Barrieren ausgeschaltet“, staunt sie, „Eine fehlt euch noch, dann können wir zu dem Kristall und die Operation beenden. Also, viel Glück euch noch!“ Und damit legt sie auf. Bodo seufzt. „Sie denkt, dass das so einfach wird“, murmelt er, „Dabei ist das ganze doch ein wenig komplizierter. Sie wissen gar nichts von Halbmenschen, und erst recht nicht von denen dort oben, mit denen wir uns heute noch ein Kämpfchen liefern müssen.“
    „Ich nicht“, flüstere ich kleinlaut zurück, „Ich werde für euch höchstens ein Klotz am Bein sein. Die könnten mich von einer Sekunde zur nächsten einfach ausschalten.“ Sein Griff um meine Taille verstärkt sich und wir betreten die nächste Ebene. Lucy macht sich schon einmal für das nächste Gewitter bereit. „Sag so etwas nicht“, haucht er mir ins Ohr, „Denn erstens gab es jawohl einen Grund, warum dich Professor Hastings mitgeschickt hat. Ich werde keine Zeit haben, nebenher auch noch meinen FangKom zu benutzen. Also musst du die Rolle des Top Rangers spielen. Und zweitens werden weder ich noch Sany während des ganzen Kampfes von deiner Seite weichen oder sonst irgendjemanden zu ermöglichen, dir etwas anzutun, nicht wahr, Sany?“
    Mein Partner Pokémon, das ohnehin schon gar nicht mehr aufhören kann, zu schnurren, schnurrt noch lauter. Sie setzt sich beschützend zu meinen Füßen hin, als die Hagelkörner zum letzten Mal die Glaskugeln, dieses Mal mit blauen Blitzen, zerstören. Doch noch bevor die eisblaue Barriere erlöschen kann, taucht Glazio im Türrahmen auf, sein Gesichtsausdruck ist kühl und emotionslos wie eh und je. Fassungslos starrt er durch die Runde, dann durch das Fenster.
    „Wie konntet ihr die Barriere zerstören, ohne die Sicherheitskugel abzuschalten?!“, seine eisblauen Augen fixieren mich, „Ach, wette, das war irgendeine Idee von dir?“ „Nö“, Maike knackt mit ihren Fingern, „Wir haben da alle unsere ganz individuellen Tricks.“ Sie geht auf ihn zu und wir schließen ganz automatisch die Augen, wobei ich mein Gesicht wieder an Bodos Schulter vergrabe. Sany streift mit ihrem weichen Fell meine Beine und ich kann sogar spüren, wie sie schnurrt. „Gut, ihr könnt die Augen wieder aufmachen.“ Glazio liegt geistesabwesend am Boden. Der wird uns keine Schwierigkeiten mehr machen, dafür etwas anderes…
    Die Maschine verkündet, dass die zweite Stufe inzwischen erreicht wurde. Die dritte und letzte Stufe rückt allerdings noch schneller näher. Der Boden unter unseren Füßen erzittert, als sie fast sofort ankündigt, dass die dritte Stufe fertig geladen ist. Mein Gesicht wird bleich. Jetzt hat sie endlich ihre volle Stärke… „Lasst uns lieber schnell nach oben gehen! Dann kann der Kampf endlich beginnen!“, brummt Lucy und sie stürmt auf die Treppe zu. Die anderen folgen ihr, angespannt und voller Erwartungen wegen des bevorstehenden Kampfes. Nur ich, ich nicht. Ich werde zu nichts nutze sein… Bodo zieht mich vorsichtig mit sich, seine braunen Augen voller Sorge. Das sehe ich schon fast als Bestätigung meiner Befürchtungen.


    Ich bleibe bei dir“, verspricht er und so steigen wir die Treppenstufen aufwärts.




    Huuuhh :'DD Und im nächsten Kapitel beginnt.. Die große Schlacht *yippieeeh*