Kuscheljustiz Deutschland?

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  • Da freuen sich jede zukünftigen Täter 'Juchu, wir können einen totprügeln. Müssen dann ja eh nur für kurze Zeit in den Knast'.


    Nein, weil das (vermutlich) kein Körperverletzungsdelikt mit Todesfolge, sondern ein Tötungsdelikt wäre. Hauptunterscheidungskriterium ist dabei, ob man den Tod des anderen zumindest billigend in Kauf nimmt oder ob die Körperverletzung "nur" zum Tod geführt hat.* Im vorliegenden Fall war wohl gerade der Knackpunkt, dass die zugefügten Verletzungen nicht so schwer waren, dass eine Tötungsabsicht angenommen werden konnte, da die Verurteilten ja nichts von einem Herzleiden wissen konnten.


    Und die amerikanischen Strafen haben oft nichts mit "Gesetzeshärte" zu tun, sondern sind schlicht drakonisch. Ein Land, in welchem schon Leute zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden, weil sie ihrem Freund ein Auto geliehen haben und dieser daraufhin den Tod eines Menschen verursacht hat, ist definitiv keines, das man als gutes Beispiel heranziehen sollte. Es ist schon gut so, dass "unser" Rechtssystem nicht nur darauf beruht, Täter möglichst hart zu bestrafen.


    *zumindest hat das meine kurze Recherche ergeben. Man darf mich gerne korrigieren, im schweizerischen Strafrecht existiert zumindest keine vergleichbare Strafform wie die Körperverletzung mit Tötungsfolge

  • Ist halt trotzdem etwas zynisch, wenn man selbst schuld sein soll, dass man eine Krankheit/Behinderung hat, die einem niemand ansieht. Also sollte man sich in solchen Fällen wohl ab sofort ein gut lesbares Schild umhängen. :unsure:

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

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  • Ist halt trotzdem etwas zynisch, wenn man selbst schuld sein soll, dass man eine Krankheit/Behinderung hat, die einem niemand ansieht

    Wer genau ist gerade selbst schuld?

    Na um wen gehts denn, der in dem Fall eine Krankheit hatte? :unsure:

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

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  • Niemand spricht davon, dass das Opfer selbst schuld sein soll bzw. ist auch der Begriff "Schuld" höchstens umgangssprachlich treffend. Schuld ist nichts, was ein Täter auf sein Opfer abwälzen kann - wer eine Tat rechtswidrig begeht hat sie erstmal auch schuldhaft begangen, es sei denn, er kann sich exkulpieren. Die Abwägung, die das Gericht hier treffen musste, ist nicht, ob das Opfer "selbst schuld" war, sondern, ob den Tätern vorgeworfen werden konnte, dass sie den Tod des Opfers in Kauf genommen haben. Dafür werden verschiedene Faktoren in Betracht gezogen wie eben die Härte der Schläge, die Intensität und Dauer des Angriffes, die körperliche Verfassung des Opfers etc. Ebenso würden natürlich gesundheitliche Probleme wie eben Herzprobleme beachtet werden, wenn Täter diese kannten oder zumindest kennen mussten. Du kannst halt strafrechtlich Personen nichts vorwerfen, dass sie weder wussten noch irgendwie wissen konnten, sonst würde das ganze Kausalitätssystem total ausufern.

  • Ich verstehe schon, was Gucky meint, aber das wäre völlig realitätsfern, weil es jedem Täter Vorsatz zuschreiben würde. Wäre das wahr und ich würde beispielsweise aus Spass einen Bekannten in den See schubsen, ohne zu wissen, dass er Nichtschwimmer ist, würde mir dieses Wissen einfach zugeschrieben werden und ich hätte jemanden (eventual-) vorsätzlich getötet (ja vielleicht sogar ermordet, weil man es durchaus als besonders grausam einstufen könnte, einen Nichtschwimmer zu ertränken).

  • Na um wen gehts denn, der in dem Fall eine Krankheit hatte?

    Nun, ich habe zwar geahnt, dass es um die Krankheit des Opfers geht, dennoch wollte ich nicht einfach einen Strohmann verbrennen, sondern auf Nummer sicher gehen.

    Nun, du kannst weder Opfer noch Täter eine Krankheit vorwerfen. Sowohl die eigene, wie auch die des anderen. Wie @Claike erklärt, du kannst einem Tatverdächtigen nicht eine Krankheit seines Opfers zur Last legen, wenn er darum nicht wusste. Wäre also das Opfer nicht verstorben, wäre die Krankheit nicht gewesen und die Ausführung der Tat auch nicht eine billigende Inkaufnahme potenziell tödlicher Verletzungen, dann ist es nur logisch kein Tötungsdelikt zur Last zu legen, sondern eine Körperverletzung mit Todesfolge. Zynisch finde ich, wenn man das als "Das Opfer ist selbst schuld" interpretiert. Selbstverständlich trifft das Opfer keine Schuld. Am Ende war es die Krankheit, die ihn umgebracht hat. Es mag Leute geben, die bei Tod durch Krankheit von "war nicht stark genug" und entsprechender Schuldzuweisung sprechen, aber ja, das ist zynisch. Tod durch Krankheit ist niemandes Schuld. Körperverletzung kann man dem Täter anlasten, mehr nicht.

  • Am Ende war es die Krankheit, die ihn umgebracht hat.

    Wohl eher nicht, denn mit der Krankheit hat er (womöglich schon sein Leben lang, dazu fehlen mir aber die Angaben) leben können. Am Ende war es dann doch die Fremdeinwirkung.


    Wäre das wahr und ich würde beispielsweise aus Spass einen Bekannten in den See schubsen, ohne zu wissen, dass er Nichtschwimmer ist, würde mir dieses Wissen einfach zugeschrieben werden

    Natürlich. Wenns ein Bekannter von dir ist, solltest du das wissen. Bei einer dir unbekannten Person solltest du es dir einfach sparen, sie ins Wasser zu schubsen. Frag mich gerade, wieso man sowas tun sollte.


    Ansonsten dann nochmal die Frage: wie soll man sich mit einer nicht erkennbaren Einschränkung denn zukünftig gefahrlos in der Öffentlichkeit bewegen?

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

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  • Ansonsten dann nochmal die Frage: wie soll man sich mit einer nicht erkennbaren Einschränkung denn zukünftig gefahrlos in der Öffentlichkeit bewegen?

    Was hat das in irgendeiner Weise mit dem vorliegenden Fall zu tun? Eine Tat ereignet sich nicht wahrscheinlicher oder weniger wahrscheinlich, egal, ob sie nun mit § 212 oder § 227 StGB bestraft wird. Der Mann hätte nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit überlebt, nur weil die Leute, die auf ihn einprügeln, mit 5 oder 10 Jahren Gefängnis hätten rechnen müssen.


    Aber ansonsten: Wie soll ich mich demnach als völlig gesunder Mensch zukünftig gefahrlos in der Öffentlichkeit bewegen? Zwischen nicht-tödlichen und potentiell-tödlichen Prügelattacken liegt wohl kein allzu grosser Unterschied (auch bei gesunden Menschen), und deine Frage suggeriert, dass man wohl jederzeit damit rechnen muss, auf der Strasse verprügelt zu werden.


    Bei einer dir unbekannten Person solltest du es dir einfach sparen, sie ins Wasser zu schubsen. Frag mich gerade, wieso man sowas tun sollte.


    Ob man es sich sparen sollte oder nicht ist eine Frage von... was weiss ich, Anstand, gutem Benehmen, sozialer Kompetenz, nenns wie du willst, aber es sollte strafrechtlich nicht relevant sein, und genau das würde es, wenn man das kognitive Vorsatzelement derart ausweiten würde, wie ihr es hier fordert.


    Gucky hat absolut Recht.

    Nein, das hat er nun wirklich nicht, was vor allem daran liegt, dass ihr - und das soll wirklich nicht offensiv gemeint sein, ist als Laie ja auch völlig normal - nicht wisst, wie Strafrecht funktioniert. (Das ist ja auch das Problem daran, wie über Gerichtsfälle in den Medien berichtet wird: Kaum jemand versteht, wie solche Prozesse wirklich ablaufen, wie ein Verbrechensaufbau funktioniert oder wie Begriffe fachlich korrekt verwendet werden.) Es ist nun mal absolut korrekt und nicht anders möglich, als einem Täter nur solche Informationen zuzuschreiben, die er überhaupt haben konnte und nach denen er sein Verhalten richten konnte. Wie willst du sonst Vorsatz von Fahrlässigkeit unterscheiden? Plötzlich könnte dich jedes eigentlich alltägliche Verhalten zu einem Straftäter machen, weil du eine Tatsache nicht kanntest, deren Kenntnis dir dann einfach zugeschrieben wird. Du kochst für ein Buffet einen Kuchen, einer der Gäste ist schwer allergisch gegen eine der Zutaten und er stirbt an einem anaphylaktischen Schock? Naja, da darf man halt nicht mit zweierlei Mass messen, dann bist du ihn wohl vorsätzlich getötet.

  • Der Mann hätte nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit überlebt, nur weil die Leute, die auf ihn einprügeln, mit 5 oder 10 Jahren Gefängnis hätten rechnen müssen.

    Nach dieser Logik könnte man sich Strafen auch komplett sparen.


    Es ist nun mal absolut korrekt und nicht anders möglich, als einem Täter nur solche Informationen zuzuschreiben, die er überhaupt haben konnte und nach denen er sein Verhalten richten konnte.

    Er könnte sein Verhalten ja einfach nach folgendem richten: andere Leute generell nicht schlagen.


    Du kochst für ein Buffet einen Kuchen, einer der Gäste ist schwer allergisch gegen eine der Zutaten und er stirbt an einem anaphylaktischen Schock? Naja, da darf man halt nicht mit zweierlei Mass messen, dann bist du ihn wohl vorsätzlich getötet.

    Was ist das denn für ein Vergleich? In dem Fall bin ich doch für mich selbst verantwortlich und kann nach den Zutaten fragen.

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

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  • Und (Straf)Recht ist bekanntlich als zehn Gebote vom Himmel gefallen, ist in Stein gemeißelt und darf nicht kritisiert oder abgeändert werden?


    Es ist doch eher unsere Gesellschaft, die möchte, dass man bei einer Krankheit furchtbar ärmlich aussieht, denn sonst hat man eh nichts.

    Hätte er eine Sauerstoffflasche oä. gebraucht, würde die Tat an ihm schwerer gewertet werden. Das würde ich hypothetisch als Familienmitglied eines Opfers doch sehr persönlich nehmen.

    So ist ein "konnte man nicht wissen"*shrug*. Dann könnte man einfach lernen davon ausgehen zu müssen, dass viele Menschen, davon hypothetisch gesehen jeder, unter nicht sichtbaren Krankheiten leiden könnten.


    Zitat von Claike

    Du kochst für ein Buffet einen Kuchen, einer der Gäste ist schwer allergisch gegen eine der Zutaten und er stirbt an einem anaphylaktischen Schock? Naja, da darf man halt nicht mit zweierlei Mass messen, dann bist du ihn wohl vorsätzlich getötet.

    Bloß sind normale Handlungen des Alltags keine von sich aus kriminelle Handlung ist, so auch nicht das Backen eines Kuchens.

  • Nach dieser Logik könnte man sich Strafen auch komplett sparen.

    Wenn ich mir manche Menschen anhöre, habe ich wirklich das Gefühl, dass sich irgendwas im Kopf eingenistet hat und strickt nur die "Kuscheljustiz" durchziehen will.

    Ich bin generell kein Fan von sowas wie der Todesstrafe, Zahn und Zahn ist oldschool, aber wenn man sich anhört, was Leute alles verzapfen und was es dann nur für Strafen hagelt, sorry, bei allem Verständnis, aber ich bin kein Fan von tätscheln, btw. Knast ist kein schöner Ort, aber auch ich würde sagen, im deutschen Knast würde ich es mir gutgehen lassen, wenn ich mir so den Knast in meiner Umgebung angucke, gemütlich, hast dein Essen, klar der ein oder andere nimmt das sicher mit ein paar Jahre im Knast zu sitzen, aber richtigen Knast verbinde ich mit der USA, wenn man so hausen würde, dann wäre in meinen Augen ne Qual.

    Habe nicht selten gehört, dass man bei unseren lachhaften Strafen auch mal überlegt jemanden kalt zu machen, kippst dir einen hinter die Binde oder machst auf Psycho und schon werden dir die Eier gekrault.


    Klar passieren auch tragische Unfälle, das will man nicht ausschließen, aber jemand der einen anderen skrupellos erschlägt, naja rehabilitieren?, für einen grausam geplanten Mord?, Zaun drum rum und um Kreis laufen lassen, er hatn Bett, ggf. nen TV und Essen, so schlecht wirds denen schon nicht gehen.


    Die Frage ist, warum sollte man Leuten bei schlimmen Straftaten so lachhafte Strafen aufbrummen, nur damit er nach guter Führung oder weil er getrunken hat oder sonst was früher rauskommt?

    Es gibt so viele Straftaten wo ich mich generell Frage, warum gibt man einem so ne Strafe, wo andere gefühlt mildere Strafen anrichten, aber dann richtig die Fresse voll bekommen.



    Wobei ich persönlich aber auch immer wieder sagen muss, auch wenn das hier jetzt einige richtig anpissen wird, man kann viel schwätzen, bis dann irgendwas im eigenen Kreis passiert, die Frage ist dann, labert man immer noch irgenwelche Gesetzestexte nach oder denkt man sich bei ner lachhaften Strafe "warum nur?". (Bevor Ihr den Teil zitiert und mir wieder mit Gesetzestexten oder sonstwas zupostet, seid Ihr jemals in so einer Situation gewesen und könnt Ihr da mitreden?)


    P.S. Bitte kommt nicht wieder mit so Aussagen wie "glaubste ein höheres Strafmaß ändert was?", nicht unbedingt, aber hey lassen wir einfach die Psychos rumlaufen, wer brauch schon generell strafen, die Fresse von meiner Nachbarin gefällt mir auch nicht, aber Sie hat viel Geld, mit der Glock nen Loch in den Kopf gepustet Geld abgeräumt und auf Psycho machen, easy.



    Und (Straf)Recht ist bekanntlich als zehn Gebote vom Himmel gefallen, ist in Stein gemeißelt und darf nicht kritisiert oder abgeändert werden?

    Um Gottes Willen nein, du würdest zumindestens hier im Forum sehr viele triggern, wenn genau das passieren würde, es ist gut wie es ist, bis aufeinmal der Bro mit ner aufgeschlitzen Kehle neben einem liegt, weil der Gegenüber die Jacke so cool gefunden hat.^^

  • Nach dieser Logik könnte man sich Strafen auch komplett sparen.


    Nein, weil Strafrecht höchstens am Rande den Sinn hat, zukünftige Täter abzuschrecken. Ich will jetzt nicht schon wieder die gleiche Statistik auspacken wie jedes mal in diesem Topic, aber: Höhere Strafen wirken erwiesenermassen nicht abschreckend. Strafnormen existieren nicht, um abzuschrecken und wirken nur in den aller seltensten Fällen präventiv, sondern sie sollen Unrecht kompensieren, das sich nicht einfach nur mit Geld (eben durch das Zivilrecht) ausgleichen lässt.


    Er könnte sein Verhalten ja einfach nach folgendem richten: andere Leute generell nicht schlagen.

    Dann könnte man einfach lernen davon ausgehen zu müssen, dass viele Menschen, davon hypothetisch gesehen jeder, unter nicht sichtbaren Krankheiten leiden könnten.

    Natürlich wäre es wünschenswert, dass sich alle Menschen dieser Welt korrekt verhalten und dadurch das Strafrecht obsolet würde. Aber gerade das ist ja der grosse Knackpunkt der Diskussion, die wir gerade führen: Unterschiedliche Strafnormen erfordern unterschiedliche Voraussetzungen und dadurch auch unterschiedliches Wissen, welcher der Täter (nicht) haben musste. Würden wir nach der Logik gehen, dass jeder, der sich "falsch" verhält halt damit rechnen muss, dass er auch noch mit weiterführenden Sanktionen bestraft wird, bräuchte es keine unterschiedlichen Tatbestände mehr, denn dann würde man nur noch schauen, welche Folgen ein Handeln hatte und alles andere ausblenden.


    Und (Straf)Recht ist bekanntlich als zehn Gebote vom Himmel gefallen, ist in Stein gemeißelt und darf nicht kritisiert oder abgeändert werden?


    Nein, natürlich nicht. Genau so wenig ist in Stein gemeisselt, wie das Copyright im Internet zu funktionieren hat und trotzdem wird dauernd angemerkt, dass sich die alten Leute, die doch sowieso keine Ahnung von der Materie haben, doch bitte aus der Diskussion auch heraushalten sollen.

    Davon abgesehen kommt hier glaube auch ein falsches Bild von meiner Meinung herüber. Ich glaube keineswegs, dass das Strafrecht (oder irgendein anderes Rechtsgebiet) fehlerlos seien und glaube mir, wenn ich dir sage, dass es gerade die Leute in der Lehre sind (Anwälte, Strafrechtsprofessoren etc.), die am Kritischsten mit Gerichtsurteilen umgehen und auch oft sagen, dass Gerichtsurteile schlicht Blödsinn waren. Der Unterschied zum Laien ist aber, dass sie halt auch fundiert belegen können, wieso.


    Klar passieren auch tragische Unfälle, das will man nicht ausschließen, aber jemand der einen anderen skrupellos erschlägt, naja rehabilitieren?, für einen grausam geplanten Mord?, Zaun drum rum und um Kreis laufen lassen, er hatn Bett, ggf. nen TV und Essen, so schlecht wirds denen schon nicht gehen.


    Gefängnisstrafen sollen Menschen nicht wie Vieh behandeln und irgendwo verrotten lassen, auch wenn man sich das vielleicht bei manchen scheusslichen Taten wünschen würde. Das wäre ein Spucken auf jegliche Menschenrechte.


    kippst dir einen hinter die Binde oder machst auf Psycho und schon werden dir die Eier gekrault.


    Sich bewusst zu betrinken um eine danach eine Straftat zu begehen führt nicht zu einer Strafmilderung, genau so, wie nicht jeder Betrunkene automatisch schuldlos ist.


    Wobei ich persönlich aber auch immer wieder sagen muss, auch wenn das hier jetzt einige richtig anpissen wird, man kann viel schwätzen, bis dann irgendwas im eigenen Kreis passiert, die Frage ist dann, labert man immer noch irgenwelche Gesetzestexte nach oder denkt man sich bei ner lachhaften Strafe "warum nur?". (Bevor Ihr den Teil zitiert und mir wieder mit Gesetzestexten oder sonstwas zupostet, seid Ihr jemals in so einer Situation gewesen und könnt Ihr da mitreden?)


    Ganz ehrlich, ich kann dieses Argument nicht mehr hören, weil das einfach ganz eklige Stimmungsmache ist. Natürlich führt jede Straftat zu (schwer) Geschädigten und natürlich scheint nicht jedes Urteil für die Betroffenen, die sich ja sowieso meist (verständlicherweise) voreingenommen die Höchststrafe wünschen, "fair". Aber die Aufgabe der Justiz ist es nun mal, möglichst unvoreingenommen und neutral zu richten. Ansonsten könnten wir auch gleich zur Selbstjustiz übergehen. Und ich muss es noch mal so deutlich sagen: Wer sich Zustände wie in den USA wünscht ist moralisch nicht besser als die Menschen, die er bestrafen will. Wir reden hier von einer Strafrechtsordnung, in der es je nach Bundesstaat völlig legitim ist, für 3 Einbrüche eine Mindesstrafe von 25 Jahren zu verteilen odeer für Mord bestraft zu werden, weil man einem Bekannten sein Auto ausgeliehen hat. Absolut erstrebenswert natürlich.

  • Also, es ging mir nicht darum, dass dann keiner mehr zuschlagen würde, sondern dass man sichtbare und unsichtbare Erkrankungen im Strafrecht gleich behandeln muss.


    Ich meinte, man muss durch Nachrichten, Informationsseiten, Schulen und co. aufklären, dass viele kranke Menschen nicht krank aussehen und sich das Strafrecht zukünftig der Einstellung anpassen muss von: "wir haben euch ausreichend darüber informiert, dass man es vielen, kranken Menschen nicht ansieht, also müsstet ihr dran denken, bevor ihr zuschlagt".


    So empfinde ich es tatsächlich als mit zweierlei Maß messen und irgendwo diskriminierend, was es tatsächlich ist, wenn Menschen nicht gleich behandelt werden.

    Wenn das Strafrecht indirekt wiederspiegelt, dass der Tod bei unsichtbaren Erkrankungen eher ein Unfall sind, als einen Menschen mit einer Sauerstoffflasche, Rollstuhl oä. zu schlagen und damit mit dem Tod des Opfers rechnen zu müssen, dann gibt das diese allgemein ausweichende "wie konnte man das denn wissen!? Nicht ganz allein meine Schuld, blöder Zufall"-Meinung wider und dass unsichtbare Krankheiten weniger ernst genommen werden.

  • Also, es ging mir nicht darum, dass dann keiner mehr zuschlagen würde, sondern dass man sichtbare und unsichtbare Erkrankungen im Strafrecht gleich behandeln muss.

    Ja, aber gerade das ist doch der Punkt, in dem deine und Guckys Forderung viel zu weitreichend ist. Zunächst einmal kannst du unmöglich die gesamte Bevölkerung über alle möglichen Krankheiten und Gesundheitsprobleme, die von außen nicht anzusehen sind, aufklären. Es ist schlicht aufgrund der Vielzahl dieser Krankheiten nicht möglich. Wie viele Krankheiten und Allergien existieren, von denen der Durchschnittsmensch nie etwas gehört hat? Wann soll das gelernt werden? In der Schule? Selbst ein Arzt nach einem Medizinstudium kennt wahrscheinlich nicht (mehr) alles. Das ist also schon eine Überforderung der Leute im allgemeinen. Davon ab allerdings ist es dann auch so, dass man, selbst wenn man alle derartigen Gesundheitsumstände kennt, die ein Mensch vielleicht haben kann, immer noch nicht weiß, dass das Gegenüber sie hat. Man könnte es höchstens mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit annehmen, an der aber niemand sein Handeln ausrichtet. Insofern ist es dann immer falsch zu behaupten, der Täter hätte bewusst den Gesundheitsumstand ausgenutzt. Das Beispiel von Claike mit dem Nichtschwimmer sollte eigentlich zeigen, dass dieser Ansatz in der Praxis nicht umsetzbar ist. Es ließen sich noch sehr viele andere Beispiele konstruieren: Nehmen wir etwa an, zwei CEOs von großen Unternehmen treffen sich und schütteln einander die Hand. Kurz darauf kippt der eine plötzlich um, er hat einen anaphylaktischen Schock. Wie sich später herausstellte, hatte der andere CEO eine Handcreme benutzt, auf die der mittlerweile verstorbene andere CEO allergisch reagierte. So sehr ich auch CEOs großer Unternehmen nicht mag, ich würde wohl kaum behaupten zu sagen, der eine hätte den anderen eiskalt umgebracht, oder dass es seine Pflicht war zu berücksichtigen, dass 0,3% der Bevölkerung auf seine Handcreme allergisch reagieren. Mit deiner Forderung allerdings müssten wir jetzt quasi es genau so behandeln, als ob es Absicht war und "Haft für den Handcrememörder" fordern. Das ist übrigens der Titel meines nächsten Krimis.


    Davon ab: Ich stimme darin zu, dass man nicht unbedingt erwarten sollte, dass man anderen Leuten die Krankheit immer ansieht und dass kranke Menschen nicht unbedingt gebrechlich aussehen müssen. Aber das ist meiner Ansicht nach mehr etwas für die rein soziale und zwischenmenschliche Ebene, und das Strafrecht darum zu bauen, dass eine Erkrankung oder medizinische Kondition, von der der Täter nicht ausgehen konnte, so betrachtet werden sollte, als habe er davon gewusst, halte ich dann doch aufgrund absurder Konsequenzen für schwer haltbar.

  • Also, es ging mir nicht darum, dass dann keiner mehr zuschlagen würde, sondern dass man sichtbare und unsichtbare Erkrankungen im Strafrecht gleich behandeln muss.

    Ja, aber gerade das ist doch der Punkt, in dem deine und Guckys Forderung viel zu weitreichend ist. Zunächst einmal kannst du unmöglich die gesamte Bevölkerung über alle möglichen Krankheiten und Gesundheitsprobleme, die von außen nicht anzusehen sind, aufklären. Es ist schlicht aufgrund der Vielzahl dieser Krankheiten nicht möglich. Wie viele Krankheiten und Allergien existieren, von denen der Durchschnittsmensch nie etwas gehört hat? Wann soll das gelernt werden? In der Schule? Selbst ein Arzt nach einem Medizinstudium kennt wahrscheinlich nicht (mehr) alles. Das ist also schon eine Überforderung der Leute im allgemeinen. Davon ab allerdings ist es dann auch so, dass man, selbst wenn man alle derartigen Gesundheitsumstände kennt, die ein Mensch vielleicht haben kann, immer noch nicht weiß, dass das Gegenüber sie hat. Man könnte es höchstens mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit annehmen, an der aber niemand sein Handeln ausrichtet. Insofern ist es dann immer falsch zu behaupten, der Täter hätte bewusst den Gesundheitsumstand ausgenutzt. Das Beispiel von Claike mit dem Nichtschwimmer sollte eigentlich zeigen, dass dieser Ansatz in der Praxis nicht umsetzbar ist. Es ließen sich noch sehr viele andere Beispiele konstruieren: Nehmen wir etwa an, zwei CEOs von großen Unternehmen treffen sich und schütteln einander die Hand. Kurz darauf kippt der eine plötzlich um, er hat einen anaphylaktischen Schock. Wie sich später herausstellte, hatte der andere CEO eine Handcreme benutzt, auf die der mittlerweile verstorbene andere CEO allergisch reagierte. So sehr ich auch CEOs großer Unternehmen nicht mag, ich würde wohl kaum behaupten zu sagen, der eine hätte den anderen eiskalt umgebracht, oder dass es seine Pflicht war zu berücksichtigen, dass 0,3% der Bevölkerung auf seine Handcreme allergisch reagieren. Mit deiner Forderung allerdings müssten wir jetzt quasi es genau so behandeln, als ob es Absicht war und "Haft für den Handcrememörder" fordern. Das ist übrigens der Titel meines nächsten Krimis.


    Davon ab: Ich stimme darin zu, dass man nicht unbedingt erwarten sollte, dass man anderen Leuten die Krankheit immer ansieht und dass kranke Menschen nicht unbedingt gebrechlich aussehen müssen. Aber das ist meiner Ansicht nach mehr etwas für die rein soziale und zwischenmenschliche Ebene, und das Strafrecht darum zu bauen, dass eine Erkrankung oder medizinische Kondition, von der der Täter nicht ausgehen konnte, so betrachtet werden sollte, als habe er davon gewusst, halte ich dann doch aufgrund absurder Konsequenzen für schwer haltbar.

    Das ist kein Argument, da nie verlangt wurde, dass Menschen über jede Krankheit an sich Bescheid wissen und einen Medizinstudium nachholen sollen. Wenn man bei alten Menschen schafft zu denken "der alte Mann hätte bei dem Raub an einem Schock sterben können!", dann ist das für niemanden zu komplexe Gehirnakrobatik den Gedanken auch auf jüngere Menschen auszuweiten.

    Das ist absurd, dass selbst Gerichte Ausreden finden "dann hat er halt nicht dran gedacht".

    Dann hätte er halt sollen.

    Ich find's einfach nur diskrimierend, dass Menschen mit unsichtbaren Krankheiten da anders behandelt werden, weil man mündigen Leuten nicht den einfachsten

  • So empfinde ich es tatsächlich als mit zweierlei Maß messen und irgendwo diskriminierend, was es tatsächlich ist, wenn Menschen nicht gleich behandelt werden.

    Es findet eine Gleichbehandlung statt, indem man prüft, ob der Täter die Krankheitsumstände des Opfers kennen konnte. Es werden, ob sichtbare oder unsichtbare Krankheit, in erster Linie zwei Dinge geprüft: Was wollte der Täter tun und was hat er getan. Eine Ungleichbehandlung fände also statt, wenn man den Täter im beschriebenen Fall für etwas bestraft, was er nicht tun wollte. Wenn man also Totschlag (also Tötung mit Vorsatz) anbringen würde, wo kein Vorsatz vorlag. Körperverletzung mit Todesfolge beschreibt nämlich genau das, was die Täter tun wollten und getan haben: Sie wollten eine Körperverletzung begehen und haben dabei versehentlich den Menschen getötet, weil ihnen nicht klar sein konnte, dass die Verletzungen den Tod nach sich ziehen könnten. Im Unterschied dazu wäre im Fall einer sichtbaren Krankheit eben diese für den Täter beachtbar gewesen, also hat er wissentlich in Kauf genommen sein Opfer zu töten. Das ist halt einfach ein qualitativer Unterschied.

    Es gibt viele Fälle, in denen Wissen und Nichtwissen einen Unterschied machen. Beispiele? Wir haben einen besonders dummen Elektriker, der an die Leitung fasst, wenn du ihm sagst, du weißt nicht, ob auf der Leitung Strom ist. Wenn du tatsächlich nicht wusstest, ob Strom drauf ist, ist das einfach nur dumm vom Elektriker. War dir allerdings bewusst, dass Strom auf der Leitung ist, dann war das schon hinterhältig.

    Steuern auf etwas nicht bezahlen, weil man nicht wusste, dass man darauf Steuern bezahlen muss, gegen Steuern auf etwas nicht bezahlen, weil man Steuern nicht bezahlen will.

    Beim Giftpilz im Essen macht Wissen und nicht Wissen den Unterschied zwischen einem tragischen Unfall und hinterhätigem Mord.


    Will sagen: Es wird gleich behandelt, was gleich zu behandeln ist und nicht gleich behandelt, was nicht gleich zu behandeln ist. Man bestraft ja einen Ladendieb auch nicht wie einen Serienmörder.

  • Am Ende wird nicht mit zweierlei Maß gemessen, sondern möglichst genau differenziert.


    Bei der Dogmatik im Strafrecht wird von dem durch die Tat verwirklichten „Unrecht“ ausgegangen und es hat halt generell einen ganz anderen Unrechts-Gehalt, wenn man vorher wusste, dass jemand an einer Krankheit leidet, die potenziell ein anderes Risiko der Tat schafft/schaffen kann und bei der Attacke im Hinterkopf hätte haben müssen, zu was das führen kann.