Leben und lernen - Die Celebi-High

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  • ~Kapitel 3: Unterricht - der Inbegriff der Langeweile~


    Schrill und für seine Verhältnisse viel zu früh riss die Weckfunktion seines MP3-Players Ray aus seinen sorgenfreien und reich mit jeder Menge Abenteuer und Action gespickten Träumen. Seine Hand fingerte blind von seiner Bettedecke hinüber zu seinem Nachttisch, wo sein Wecker bereits darauf wartete, von seinem Besitzer zum Stillschweigen gebracht zu werden – mit Erfolg. Binnen eines Augenblickes war wieder absolute Ruhe eingekehrt. Eine trügerische Stille, die nur wenige Augenblicke wieder beendet werden sollte.


    „Auch endlich wach? Sieh zu, dass du in die Gänge kommst.“ Ray linste verschlafen einen Spalt weit durch den Raum und konnte durch das grellblendende Morgenlicht die verschwommenen Umrisse Eagles, seines neuen Klammenkameraden, ausmachen. Bereits pikobello rausgeputzt, gestriegelt und gebügelt schwang er seinen Schulrucksack auf den Rücken. Eagles Blick traf die noch stark verkrusteten und tonnenschweren Augen Rays. „Oder mach was du willst. Im Grunde ist’s mir eh egal.“ Ohne seinen Stubenkameraden eines weiteren seiner Blicke zu würdigen, verließ Eagle das Zimmer.
    Ray ließ seinen Kopf schlaftrunken in sein Kissen zurückplumpsen. Er fühlte sich zermalmt; konnte weder seine Arme noch seine Beine richtig spüren. Viel zu lange hatte er in der vergangenen Nacht noch wachgelegen und in Erinnerungen über seine Erlebnisse geschwelgt. 23:00 Uhr, 24:00 Uhr – er konnte nur mutmaßen, wann er sich endlich gänzlich seiner Müdigkeit hingegeben und Ruhe gefunden hatte. Auf jeden Fall war es so spät, dass es seiner Meinung nach absolut gerechtfertigt war, auf die heute anstehenden ersten zwei Stunden zu verzichten. Draußen war es sicherlich noch ganz ungemütlich. Kalt, neblig und eklig feucht. Ganz anders sein weiches, gemütliches und warmes Bett. Ray zog sich seine Bettdecke zurecht bis sie ihm ans Kinn reichte. Ja, die Schule konnte sicherlich noch zwei Stunden auf ihn warten.


    „Ray? Bist du da?“
    „Uff ...“
    Ray hatte sich noch nicht richtig auf die Seite gewälzt, als es an die Tür pochte. „Hallo, Ray?“
    „Sonja? Was’n los?“, murrte Ray schlafestrunken der Stimme seiner Freundin entgegen, die offenbar vor verschlossener Türe beharrlich auf ihn wartete.
    „Was los ist?“, gluckte es überrascht hinter der Tür hervor. „Wir müssen in die Schule. Du willst doch wohl nicht an deinem ersten Schultag zu spät kommen, oder?“
    Ray stöhnte leise in sein Kopfkissen hinein. Ein innerlicher Konflikt – und das bereits zu solch früher Stunde. Einerseits hatte Sonja mit ihrer Äußerung in gewisser Hinsicht einen Punkt. Außerdem hatte Ray seine neue Klassenkameradin bereits in ihrer ganzen seltsamen Art geradezu in sein Herz geschlossen. Doch auf der anderen Seite war da sein Bett; so kuscheligweich und warm ...
    „Ray?“
    „Nein, natürlich nicht ...“, log Ray und kämpfte sich mühselig aus den Federn.


    Es war noch schrecklicher, als es sich Ray noch vor einer knappen Minute ausgemalt hatte. Eiskalt lief ihm der Schauer über den Rücken und ein jedes seiner Haare sträubte sich regelrecht empört, als seine nackten Füße den bitterkalten Boden berührten und sein ganzer Körper gleichzeitig von einem nicht weniger kühlen Luftzug von dem einen Spalt weit geöffneten Fenster erfasst wurde. Dieser Bestrafung für seinen guten Willen, den er zu dieser frühen Morgenstunde aufwand, noch nicht genug, wurde er sich im genau im selben Moment seiner höllisch vor Schmerzen ziependen Waden bewusst – wohl eine Folge seines langen Marsches, den er gestern zurückgelegt hatte. Betrübt schweifte Rays Blick auf sein warmes und einladendes Bett hinüber. Aber was half es? Seufzend warf er sich in Schale. Neue Socken, Unterwäsche und den selben Fummel, wie er bereits gestern getragen hatte. Zähneputzen musste natürlich auch sein, wenn er nicht unbedingt wollte, dass seine neuen Klassenkameraden aufgrund seines blumigen Mundaromas einen großen Bogen um ihn einlegten. Bewaffnet mit Zahnbürste und Becher öffnete er die Tür woraufhin er sofort von der seines Erachtens nach viel zu fidelen Sonja in Empfang genommen wurde.
    „Ah, da bist du ja endlich. Hast dir aber ordentlich Zeit gelassen. Aber ...“ Sonja stoppte abrupt.
    „Aber was? Stimmt was nicht?“, gähnte Ray auf Sonjas unklarer Aussage hin.
    „Deine Uniform. Du kannst so nicht rausgehen. Ist gegen die Etikette, weißt du?“, antwortete Sonja.
    „Ich hab aber keine Uniform“, erwiderte Ray schulterzuckend. „Wenn ich zaubern könnte, wäre ich in Hogwarts und nicht auf der Celebi-High und würde mit einem Zauberstab rumfuchteln. Außerdem glaube ich, dass Eagle auch keine Uniform anhatte, als er das Zimmer verlassen hatte ...“ Er wedelte dabei Sonja vielsagend mit seiner Zahnbürste vor dem Gesicht herum.
    „Äh, Eagle? Wer soll das sein?“ Sonja wirkte verwirrt.
    „Mein Stubenkamerad. Die gezähmte Bestie, du weißt schon“, antwortete Ray und kräuselte erstmalig an diesem Morgen seine Lippen zu einem Schmunzeln.
    „Äh, lassen wir das Thema besser ...“, nuschelte Sonja. „Schau doch mal in den Schrank von ihm. Dürftest ja die selbe Größe haben.“
    „Ich soll ihn beklauen?“ Ray betonte das letzte Wort mit äußerster Sorgfalt. Verblüfft suchte er den Blick Sonjas, die seinem aber vehement auswich.
    „Er zieht sie so oder so nicht an ...“, murmelte Sonja kleinlaut, während sie mit ihren Augen Löcher in den Boden bohrte. „Jetzt beeil dich besser, sonst kommen wir wirklich noch zu spät.“


    Ray schlurfte zurück in sein Zimmer und tat wie ihm geheißen. Und tatsächlich – im Schrank seines Stubenkameraden fand er eine scheinbar völlig unangetastete Schuluniform, so wie er sie bereits von seinen Hauskameraden her kannte. Eilig schlüpfte er in die gelben Hosen, das ebenso gelbe, freiärmelige Polohemd sowie in die Schuhe. Alles passte wie angegossen. Er konnte von Glück reden, dass Eagle und er tatsächlich die selbe Statur hatten. Eine Weile betrachtete er sich von allen Seiten im Schrankspiegel. Eigentlich ganz schick, zumindest um Längen besser als die Klamotten, die er von seinen ehemaligen Schulen her kannte. Jetzt, wo er mit den Farben seines Hauses in den Startlöchern stand, konnte es also wirklich losgehen. Sein erster Schultag hatte nun offiziell begonnen.

  • Part 2: Der voreingenommene Mathepauker


    Blau-, gelb- und rotgekleidete Schüler strömten von den unterschiedlichen Richtungen herbei, von wo ihre jeweiligen Häuser lagen, trafen sich am Schnittpunkt der Brücke und bildeten einen kunterbunten Schülerstrom, der genau in Richtung Schule floss. Mitten unter ihnen – Ray und Sonja.


    Das Symbol Raikous schimmerte in dem Lichte der frühen Morgensonne an der Brust von Rays neuer Schuluniform, während sich er und Sonja, mitten unter etlichen ihrer Schul- und Klassenkameraden, unaufhaltsam dem lindgrünen Gebäudekomplex näherten.
    „Wo warst du eigentlich gestern Abend?“, fragte Ray beiläufig, indessen das Schulgebäude näher und näher kam. „War gestern noch kurz auf dem Sprung und habe da erst mitbekommen, dass es in der Mensa kein Abendessen gibt, sondern bei uns im Schulhaus selbst. Hatte ich noch mal Glück gehabt, sonst wäre ich doch tatsächlich noch einmal Richtung Schule gestiefelt.“
    „Das hättest du dir eigentlich denken können“, antwortete Sonja. „Andy hat es doch noch erwähnt, kurz bevor er dich allein gelassen hatte.“
    „Meinst du nicht, ich hätte nichts Besseres zu tun, als Andy zuzuhören?“, feixte Ray. „Es erklärt aber immer noch nicht, warum du gestern nicht beim Abendessen warst ...“
    „Ähm – nicht so wichtig ...“, entgegnete Sonja und wedelte durch Rays Frage scheinbar äußerst angespannt mit ihrer Hand vor ihrem Gesicht herum, als würde sie versuchen, ein lästiges Insekt zu verscheuchen. „Oh, wir sind ja schon fast da. Das ging aber schnell. Staune immer wieder darüber, was das für ein riesiger Bunker ist.“
    Ray linste verstohlen zu seiner Gehgefährtin hinüber. Sonja, ihren Kopf zur Seite gewendet, mied seinen Blick. Kam es ihm nur so vor, oder versuchte Sonja tatsächlich verbissen vom eigentlichen Thema abzulenken? Konnte tatsächlich die Möglichkeit bestehen, dass sie sogar aufgrund ihrer Schüchternheit freiwillig hungrig ins Bett gegangen war? Für Rays Vorstellungsvermögen absolut undenkbar. Je länger er seinen Blick auf die Gestalt zu seiner Linken richtete, desto weiter schien sich der Kopf mit der sonnenblumengelben Haarpracht von ihm zu entfernen. Bei ihr handelte es sich offensichtlich um einen schwierigen Fall, doch Ray fasste sich eine Entscheidung. Noch bevor dieses Schuljahr dem Ende neigen würde, würde er Sonja umgekrempelt haben; beginnend zu dieser Stunde. Von nun an stand sie unter strenger Beobachtung – seiner Beobachtung.


    „Sag mal, was steht den heute eigentlich auf dem Plan? Hoffentlich was Interessantes, oder? Wobei – Schule und interessant? Passt irgendwie ja nicht so zusammen ...“, lenkte Ray schließlich vom Thema ab, worüber Sonja recht erleichtert zu sein schien. Als ob nie ein Sterbenswörtchen über ihr Fehlen beim gestrigen Abendessen gefallen wäre, schwenkte ihr Kopf schlagartig zu Ray hinüber.
    „Wenn ich mich nicht täusche, eine Doppelstunde Mathe, dann ...“, Sonja ignorierte das überdeutliche Aufstöhnen ihres Freundes und fuhr fort, „... zwei Stunden Gemeinschaftskunde, zwei Stunden Arbeitsgemeinschaft – da müssen wir uns übrigens noch etwas raussuchen – und dann über den Mittag hinaus noch drei Stunden den Anfänger-Kurs für Pokémon-Training.“
    „Pokémon-Training?“ Rays Kopf, noch vor einer Sekunde lustlos hinunter baumelnd, schwang schlagartig empor. „Echt, Pokémon-Training? Na, das ist doch mal was. Vielleicht bekommen wir ja heute schon unser Partner-Pokémon?!“
    „Möglich, wobei ich glaube gehört zu haben, dass es erst morgen soweit sein soll“, antwortete Sonja schulterzuckend.
    „Morgen erst?“, stöhnte Ray niedergeschlagen. „Na, besser spät als nie ...“


    Unter der Führung Sonjas passierte Ray den munter plätschernden Springbrunnen vor dem Eingang des Schulgebäudes und fand sich bereits wenige Augenblicke später im Raum 314 wieder, wo der Mathematikunterricht abgehalten werden sollte. Die Tür zum Saal hatte bereits sperrangelweit offen gestanden, als die beiden Neuankömmlinge den Raum betraten. Rays Blick schweifte herum. Ein typischer Klassensaal: große Klapptafel, Lehrerpult, ein schneeweißes Waschbecken, etliche Schränke, die sicherlich vor langweiligem Lehrmaterial nur so überquollen, und jede Menge Dreierbänken mit den dafür vorgesehenen Sitzgelegenheiten, von denen bereits etwa die Hälfte in Beschlag genommen wurden. Ray stierte sofort begierig zu den Bänken in den hinteren Reihen, wo er die Stunde verschlafen könnte, so wie er es bereits seit jeher getan hatte. Sonja hatte hingegen jedoch andere Pläne.
    „Ray, kommst du?“
    „Wie – was?“
    Leicht irritiert suchte Ray seine mittlerweile verloren gegangene Klassenkameradin und fand diese genau an dem Ort, den er bislang immer vehement gemieden hatte: am Fenster in der ersten Reihe, linker Hand zum Lehrerpult.
    „Du willst doch nicht allen Ernstes ...“, stöhnte Ray und ließ seiner Unlust freien Lauf, indem er seinen ganzen Körper schlaff hängen ließ.
    Sonja machte indessen mit ihrer Hand eine stumme, aber vielsagende Geste, mit der sie Ray gebot, zu ihr hinüber zu kommen. Dass er Opfer einbringen musste, um seine neue Freundin auf den „Pfad der Tugend“ zurückzuführen, hatte er geahnt, doch dass es in einer solchen Bestrafung ausarten würde, hatte er sich nicht einmal in seinen blühendsten und wildesten Fantasien ausgemalt. Aber was half es? Er musste wohl oder übel in den sauren Apfel beißen – Sonja zuliebe. Sein ganzer Körper schien wie aus Granit gemeißelt zu sein, als er missmutig zu dem Tisch seiner Freundin herüber schlurfte, seinen Rucksack vom Rücken gleiten und achtlos auf den Boden plumpsen ließ und schwerfällig neben Sonja Platz nahm. Seine Banknachbarin schien jedoch nicht im Geringsten im Klaren zu sein, welches Opfer sie unbeabsichtigt von Ray abverlangte. Nicht wissend, aber überglücklich schenkte sie ihm über seine getroffene Entscheidung, ihr Gesellschaft zu leisten, ein Lächeln.


    Mit jeder weiteren verstreichenden Sekunde füllte sich das Klassenzimmer mehr und mehr mit den Schülern aller drei Häuser. Rays Uhr machte seinem Besitzer inzwischen mehr als deutlich zu verstehen, dass nun bald Schluss mit lustig war. Nur noch wenige Minuten, bis der Unterricht beginnen würde. Wie es der Zufall wollte, betrat gerade, als Ray zum gefühlten zwanzigsten Mal gelangweilt auf die Zahlen seiner Digitaluhr starrte, der erste Erwachsene dieses Morgens den Raum und ließ die Tür unüberhörbar in ihre Angeln fallen, woraufhin schlagartig das noch vor wenigen Sekunden so lebhafte Geschwätz der Schüler verstummte. Seiner Autorität völlig bewusst, trat der adrett in einem grauen Nadelstreifenanzug und weißer Krawatte gekleidete Pauker wichtigtuerisch vor sein Pult und ließ dort seinen kohleschwarzen Aktenkoffer nieder. Die akkurat auf seiner Nase sitzende kreisförmige Brille und die scheinbar millimetergenau getrimmte Kurzhaarfrisur machten Ray unmissverständlich zu verstehen, dass der Spaß nun entgültig sein Ende gefunden hatte.
    „Guten Morgen, Klasse“, sagte er mit öliger Stimme.
    Nicht unbedingt chorreif – manch einer früher, manch einer später - entgegnete die Klasse den Gruß ihres Lehrers.


    „Professor Finch“ hieß es, als der Pauker seinen Namen überdeutlich mit Großbuchstaben an die fleckenreine Tafel geschrieben hatte und am Pult Platz nahm. Sein Blick schweifte über die Runde. Mit wahrhaft schleppender und einschläfernder Stimme begann der Mathepauker das zu tun, weswegen Ray glaubte, die ersten Tage auch getrost aussetzen zu können: Anwesenheitskontrolle und das Konzept seines Lehrplans vorzustellen.
    „Nacht ...“, murmelte Ray leise zu Sonja herüber, als Professor Finch gerade bei dem Namen Dinas Fabien angekommen war und diese mit einem knappen „hier“ ihre Anwesenheit verkündete.
    „Ray, was tust du da?“, zischte Sonja über dessen Verhalten empört, der seine Arme überkreuzt auf dem Tisch ausbreitete und dort seinen Kopf zur Ruhe bettete.
    „Nach was sieht’s denn aus? Ich verleg die Mittagspause vor“, gähnte Ray bereits im Halbschlaf versunken.
    „Granger Malcom.“ – „Anwesend.“
    Gerade als Ray nahezu gänzlich im Traumland versunken war, wurden seine bereits erschlafften Sinne noch einmal auf die Probe gestellt. Ohne jeglichen Zweifel erkannte er den Klang dieser Stimme wieder. Ray zwang seinen bleischweren Kopf noch einmal in die Höhe und warf einen Blick über die Schulter. Dort, am anderen Ende der zweiten Reihe, saß er und beanspruchte eine ganze Bank für sich allein – Eagle. Er schien also doch über so etwas wie einen eher geläufigeren Namen zu verfügen, was jedoch immer noch nicht erklärte, warum er der einzige Schüler war, der keine Schuluniform trug und stattdessen mit seiner Straßenkluft – dasselbe Outfit, das er bereits am gestrigen Tage getragen hatte, glänzte. Ein jeder im Raum schien dieses gar freche Auftreten des Raikouianers zu missbilligen und - sofern sich Ray nicht irrte - gespannt auf eine gehörige Standpauke des Lehrers ihm bezüglich zu warten. Doch Pustekuchen: Der Blick Professor Finchs ruhte einige Sekunden auf seinem Schüler, angriffslustig wie ein ausgehungertes Pokémon, das man um eine Mahlzeit betrogen hatte und jeden Moment zum Sprung ansetzen würde, schweifte dann aber urplötzlich wieder auf sein Blatt und fuhr mit „Gruice Beatrice“ fort. Eagle grinste und lehnte sich selbstzufrieden auf seinem Stuhl zurück und schien dabei das boshafte Geflüster unter seinen Klassenkameraden eher wie ihm gebührenden Applaus zu genießen. Ray verstand die Welt nicht mehr und auch Sonja konnte auf seinen verwirrten Blick in ihre Richtung nur die Schultern zucken.
    „Ist bislang in jeder Anwesenheitskontrolle so gewesen; egal bei welchem Lehrer. Frag mich nicht ...“


    Unter der einschläfernden Stimme Professor Finchs fand Ray schnell wieder Ruhe, unterließ es allerdings seiner Banknachbarin zuliebe, wieder mit dem Kopf auf dem Tisch in seiner eigenen Sabberpfütze zu schnorcheln und nutzte stattdessen die Gelegenheit, um sich mit den noch fremden Gesichtern in seiner Klasse etwas vertraut zu machen. Das zwischenzeitliche wütende Gesumme unter seinen Klassenkameraden bezüglich seines Zimmerkameraden war auch nach einigen wenigen, aber äußerst strengen Blicken seines Lehrers verstummt und so wartete man gelangweilt das Enden seines langwierigen Aufrufens ab. Mittlerweile stand in der deutlich durch Mädchen herausstechenden Klasse der Buchstabe „T“ auf dem Plan. Allzu lange konnte es also nicht mehr dauern.


    „Townsend Sora.“ – „Hier.“
    Ray suchte – so wie er es die ganze Zeit über getan hatte – die Klasse nach dem Gesicht ab, zu dem die Stimme gehörte, und wurde bei einem Mädchen fündig, die zwei Reihen hinter ihm an einer der vielen mädchenübervölkerten Bänke saß.
    Die Blicke der beiden Schüler hatten sich noch keine Sekunde gekreuzt, als sich in Ray ein Taubheitsgefühl von der Brust bis hinunter zu seinen Füßen mit nachfolgenden Krämpfen in beiden Beinen breitmachte. Der Puls wurde schneller, der Herzschlag unregelmäßiger. Es kribbelte ihn überall, doch Kratzen vermochte den Juckreiz nicht zu hindern. Ihm war so kalt, dass ihm seine wenigen Haare an der armfreien Schuluniform zu Berge standen und gleichzeitig kochte sein Blut, als dass er glaubte, auf seiner Stirn müsste man inzwischen leicht Eier braten können. Raum und Zeit schienen aus ihren Fugen geraten zu sein. Ja, er schien sich förmlich in die Lüfte erhoben zu haben, zu schweben, während sein Blick weiterhin auf dem hinreizenden Gesicht zwei Reihen hinter ihm ruhte. Sie, wie auch ihre beiden links und rechts von ihr sitzenden Klassenkameradinnen, gehörte der knallroten Uniform zufolge dem Hause Entei an. Doch irgendetwas war an ihr anders. Sie war anders. So viele Mädchen gab es in ihren Reihen, aber Sora hatte etwas Besonderes an sich. Etwas, mit dem sie sich so sehr von den anderen ihres Geschlechts absonderte, dass sie für Ray beinahe nur Luft waren. Mit wallendem, ebenholzfarbenem Haar und einem Gesicht, so liebreizend, makellos, bezaubernd - einfach nur bildschön, wie man es wohl nur von einem dieser schnulzigen Liebesfilme her kannte, die Ray bislang doch so erpicht gemieden hatte. Und dann dieser Name – Sora – einfach nur anbetungswürdig ...
    „Valentine Ray? Wo ist Valentine Ray?“
    Ein anderes, viel schmerzhafteres Gefühl breitete sich schlagartig in Rays linker Seite aus und verdrängte die soeben erstmalig verspürten Gefühle gänzlich aus seinem Kopf und somit kehrte Ray wieder auf den harten Stuhl des Klassenzimmers zurück. Unsanft hatte ihm jemand seinen spitzen Ellenbogen in seinen Körper gerammt und ihn somit wieder zurück in die Realität befördert.
    „Ray, psst!“, zischte die noch recht verschwommen und kilometerweit klingende Stimme Sonjas zu seiner Seite.
    „Häh, was?“ Ray zwang seinen Blick erstmalig von Sora abzuwenden und drehte sich wieder in Richtung des Pultes um.
    „Valentine Ray also nicht anwesend“, hörte er Professor Finch aus noch weiterer Entfernung sagen.
    „Wie bitte? Ich bin doch hier“, rechtfertigte sich Ray lautstark.
    Professor Finch hob seine Braue und musterte die Gestalt Rays scharf. „Schlafen Sie sich gefälligst zukünftig nachts aus, Valentine.“
    „Wozu bin ich dann in den Unterricht gekommen, wenn nicht zum Schlafen?“ Ja, das war eigentlich die typische Antwort, die Ray in solchen Momenten parat hatte, um seinem Gegenüber Paroli zu bieten. Doch viel zu sehr kreisten sich noch seine Gedanken um das herzallerliebste weibliche Geschöpf, welches zu seinem Rücken saß. Konnte er es wagen, sich noch einmal umzudrehen? Sollte er sie vielleicht noch jetzt ansprechen; sich ihr vorstellen?


    „Alle anwesend, wie ich feststellen muss. Ein seltenes Vergnügen ...“
    Zu spät. Ausgerechnet jetzt hatte der liebe Herr Professor natürlich ausgequakt. Ray verteufelte schon jetzt die Gestalt in Anzug und Krawatte, die da so vor dem Lehrerpult hin und her hampelte und ihn daran hinderte, sich um wirklich wichtige Dinge im Leben zu widmen. Freunde, Spaß und die Schülerin in Rot, die auf den Namen Sora hörte, beispielsweise.
    Professor Finch stellte der Klasse inzwischen seinen wohl ausgetüftelten Lehrplan vor; weiterhin mit schleppender, einschläfernder Stimme. Von seinem sinnlosen Gefasel schnappte Ray nur die Hälfte auf. Warum sollte es ihn überhaupt interessieren?
    „ ... sicherlich alle bereits wissen, werden Sie bis zu drei Jahre an dieser Lehranstalt studieren können. Die wenigen Fähigen unter Ihnen, die das Privileg genießen, noch von mir in der Oberstufe unterrichtet zu werden und ein in den Schoß gelegtes Geschick im Umgang mit Zahlen, Variablen und Formeln besitzen, denen die Mathematik förmlich wie Blut durch die Venen fließt, dürfen schon jetzt den Tag herbeisehnen, wenn sich endlich die ‚Spreu vom Weizen trennt’ und wir gänzlich unter uns sind. Den anderen ...“, er klang plötzlich wie eines dieser Tohaido, die Ray einst in einem Pokémonaquarium gesehen hatte, und welches die Witterung seiner wehrlosen Beute aufgenommen hatte, „ ... denen an der Mathematik nichts liegt, sie diese hohe Kunst begreifen wollen und nur ein Quäntchen von dem begreifen, mit dem ich sie in der nächsten Zeit konfrontieren werde, werden wahrscheinlich zwei äußerst harte Jahre bevorstehen, die sie – wenn überhaupt - nur mit Fleiß und harter Arbeit bewältigen können.“
    „Blah, blah, blah ...“, blaffte Ray leise und nahm - Sonjas Schnauben zum Trotz - wieder Schlafposition auf dem Tisch ein.
    „Ich werde nun beginnen, Sie mit etwas Wiederholungsstoff zu konfrontieren. Wenn ich Ihren Namen aufrufe, erwarte ich eine korrekte und möglichst schnelle Antwort von Ihnen.“


    Professor Finch stoppte kurz und studierte sorgfältig die Übersicht der Namen seiner neuen Klasse. „Vance Nicholas, drei mal neun?“ – „Siebenundzwanzig“, kam es wie aus der Pistole von einem Entei-angehörigem aus der letzten Reihe hervorgeschossen.
    „Gut, nicht, dass ich etwas anderes erwartet hätte. Weiter im Text: Anderson Jenny, bilden Sie die Quersumme aus zweiundfünfzig!“ – „Sieben“, antwortete eine Enteischülerin sofort, die zur Linken Soras saß.
    „Gut, weiter so“, lobte Professor Finch seine Schülerin und begann, erneut auf der Klassenliste nach seinem nächsten Opfer zu suchen.
    Ray bemerkte, wie seine Aufmerksamkeit von Sekunde zu Sekunde immer weiter schwand. Eine Tortour, wie Ray fand. Wen kümmerte dieses alberne Mathematikgefasel überhaupt? Schließlich waren sie doch hier, um etwas über Pokémon zu lernen. Sollte er in seinem ersten Pokémonkampf etwa seinen Widersacher mit langweiligen Formeln und Berechnungen in den Schlaf sülzen?
    „Blair Hannah, lösen Sie bitte folgende Gleichung nach C auf: C / C-X = 3“
    Sogar Ray schreckte es aus seinem Wachschlaf auf und stutzte heftig bei dieser von seinem Lehrer gestellten Aufgabe; auch wenn sie nicht ihm galt. Bitte was für ein Ding? Er hatte nicht einmal die leiseste Idee, von was der Mann in Anzug und Krawatte gerade redete, geschweige denn, von ihm wollte. Was nach wo auflösen? Hannah, die er sofort an ihren heftigen Schweißbrüchen als ein Mädchen aus dem Hause Suicune erkannte, schien nicht weniger ratlos, als es Ray war.
    „Ich weiß es nicht, Professor ...“, antwortete Hannah nach etwa einer halben Minute des Kopfzerbrechens.
    „Sie wissen es nicht? Sehr schade, sehr schade ...“, antwortete Professor Finch und klang dabei allerdings nicht im Geringste, als dass er es bedauerte, keine Antwort von seiner Schülerin erhalten zu haben. Vielleicht täuschte sich Ray, doch glaubte er den Ansatz eines Grinsens auf den Lippen seines Lehrers erhascht zu haben. „Die Antwort wäre C = 3X / 2 gewesen, wie wahrscheinlich jeder andere von Ihnen weiß.“ Sein Blick schweifte durch die Runde. Hannah schwieg und ließ ihren Kopf von dieser Schlappe niedergeschlagen hängen.
    „Nächste Frage, Lynn Sonja, lösen Sie bitte folgende Aufgabe: 5,5 * 0,12 / 0,1“
    Rays Stirn lag inzwischen mit mehr Falten da, als ein Karpador Schuppen hatte. War diese Person denn noch ganz bei Trost, sie mit solchen Fragen zu löchern? Das musste ein Scherz sein ...
    „Äh, 6,5?“, antwortete Sonja nach etwa einer Viertelminute des intensiven Grübelns, klang über ihre Antwort aber so verunsichert, dass Ray schon fast seinen heißgeliebten MP3-Player darauf verwettete hätte, dass ihre Antwort für den vornehmen Mathematiker nicht der Richtigkeit genug besaß.
    Professor Finch linke Augenbraue machte eine steile Bergpfad und musterte nun Sonja besonders scharf, schürzte dann aber seine Lippen wieder zu einer leicht höhnischen Grimasse. „Fast“, sagte er. „Ein guter Ansatz, aber eine falsche Antwort bleibt eine falsche Antwort. Die korrekte Antwort wäre 6,6 gewesen.“
    Der Falschheit dieser Antwort zum Trotz gab es für diese Leistung Sonjas von der Klasse anerkennendes Getuschel. Sonja steckte wohl dadurch diesen Rückschlag auch wesentlich besser weg, als Hannah.


    Weiter ging es. Von einer weiteren Entei-Schülerin verlangte der Mathematiker erneut eine - Rays Meinung nach - recht einfache Frage ab. Von Conner Kathrin, einer Schülerin des Hauses Suicune aber abermals eine schier unlösbare Bruchrechenaufgabe. Täuschte er sich, oder stellte Professor Finch absichtlich den Häusern Suicune und Raikou äußerst knifflige Fragen, während sich die Enteiianer nur mit Grundschulaufgaben zufriedengeben mussten?
    „Valentine Ray, von Ihnen möchte ich Folgendes wissen: Ziehen Sie bitte aus 1225 die Wurzel.“
    Ja, das hatte er sich beinahe gedacht. Natürlich wurde er mit einer um nichts in der Welt lösbaren Aufgabe abgespeist. Nicht einmal im Traum dachte Ray daran, auch nur eine seiner grauen Zellen zu bemühen, um dieses eh zum Scheitern verurteilte Unterfangen zu bewältigen.
    „Nun, Mr. Valentine?“, hakte Professor Finch nach etwa einer halben Minute nach.
    „Da muss ich meinen Taschenrechner fragen, Professor“, antwortete Ray, unterdrückte hierbei nicht einmal seinen spöttischen Unterton und erntete hierfür von vielen seiner Klassenkameraden heiteres Gekicher, spürte jedoch gleichzeitig den erschütternd wirkenden Blick Sonjas auf sich ruhen. Auch seinem Professor war es überhaupt nicht zum Lachen zumute. Diesen Gesichtsausdruck – voll mit blanker Wut gegen ihn gerichtet - kannte Ray nur zu gut. Doch was kümmerte es ihn? Warum es noch länger hinauszögern. Lieber gleich mit offenen Karten spielen.
    Professor Finch gebot seiner Klasse mit einer aussagekräftigen Handbewegung zum Stillschweigen, während er über seine kreisförmige Brille die Gestalt äußerst unlustig beäugte, von der er soeben diese gar freche Antwort erhalten hatte.
    „Äußerst witzig, Valentine“, sagte Professor Finch, während seine Augen immer größere Proportionen annahmen, in denen sich Ray schon beinahe spiegeln konnte. „Versuchen wir es vielleicht einfach erneut ...“
    Nachdem Ray seine übliche Palette an Mathematikwitzen ausgefahren hatte („7 x 7? Na, ganz feiner Sand natürlich“ ; „Wie oft ich von 130 die Zahl 9 abziehen kann und was am Ende übrig bleibt? Einfach, so oft wie man will und es bleiben immer 121 übrig.“), nahm Professor Finch wieder an seinem Pult Platz. Ray glaubte ihn nun bereits seit über eine Minute nicht mehr blinzeln gesehen zu haben, während der Blick seines Paukers weiterhin auf ihn haftete.


    Den verbliebenen Rest der Doppelstunde durfte die Klasse in Stillarbeit einige - selbst für Ray doch recht leicht zu knackende - Aufgaben aus ihrem Mathematikbuch lösen. Zwischenzeitlich durfte sich Ray jedoch noch einige Male anhören, wie schändlich doch sein Einfluss auf die Klasse sein würde und er es sicher doch überlegen sollte, so schnell wie möglich wieder seinen Koffer zu packen. Ray jedoch blieb standhaft und nahm die leeren Worte seines Lehrers stillschweigend hin. Wegen dieses Typen die Segel hissen? Soweit würde es wohl noch kommen! Was interessierte ihn Mathe? Pokémon, deswegen war er hier. Die Zahlen und der ganze Algebraquatsch konnte ihm gestohlen bleiben, soviel war klar.


    Schließlich und endlich – das lang ersehnte Läuten der Schulglocke. Die erste Hürde war geschafft. Die Frühstückspause stand bevor. Mit einem letzten Wort des Abschieds und einem vielsagenden, vernichtenden Blick in Richtung Rays verabschiedete sich Professor Finch von seiner Klasse und verließ als erster den Klassensaal. Ray gähnte schläfrig und sog die nun lehrerfreie Luft tief in seine beiden Nasenlöcher, als ob er in den letzten beiden Stunden nicht gewagt hätte, zu atmen. „Was für ein Idiot“, grollte er in Sonjas Richtung. „Ist dir aufgefallen, dass der uns – aus welchem Grund auch immer – die extra schweren Fragen gegeben hat?“
    Sonja seufzte tief. „Dann ist es wohl wahr ...“ Sie neigte ihren Kopf leicht seitlich in die Richtung ihres Freundes. „Er ist der Hauslehrer von Entei und man sagt ihm nach, dass er die Schüler seines Hauses gerne den anderen vorzieht ...“
    „Vorziehen? Parteiisch ist er, das trifft’s eher ...“, schnaubte Ray. „Ich hoffe, den muss ich in der Woche nicht allzu oft ertragen ...“
    Sonja wirkte auf diesen Satz Rays äußerst bedrückt. „Äh, ich weiß nicht, wie ich dir es sagen soll, Ray, aber du wirst ihn wohl oder übel heute noch mal wiedersehen – in Pokémon-Training. Er ist unser Lehrer.“

  • Hiho


    So kommt zwar ein bisschen spät aber immer hin ;P.


    Ja also es war wirklich zum schießen, da fängt man grade an zu lesen, nichts böses ahnend, und dann kriegt man so was.

    Zitat

    Doch sollte er sich aus Furcht vor dem, was die strammen Jungs seines Hauses vielleicht bereits in Ketten geworfen und in dem Zimmer eingesperrt hatten, etwa auf dem Gang schlafen? Allein bei der bloßen Vorstellung, wie wohlmöglich ein gemeingefährliches, sabberndes Ungetüm angekettet und wild knurrend auf einem der gemütlichen Schulbetten saß und beharrlich auf seine allabendliche Gefangenenration wartete,

    Also da hat es mich ja glatt vom Stuhl gehaun. Eine gelungene Idee.
    Och nö ein "Sauberman", der arme Ray, so einen als Zimmerkollegen ist wohl das schlimmste für ihn. Und dann auch noch so eingebildet, is ja garnicht zum aushalten. Bin mal gespannt ob er bis zum Ende so ätzend bleibt mit Ray als Zimmerkollegen ^^. Ach und gleich nen Lappi reingeschmigelt, einfach gut der Junge. Aber zum Glück lässt sich Ray nichts von "Eagle“ sagen, sonst würds ja langweilig werden. (JAAAAAAAAAA TETRIS) musste einfach sein ^^ .


    Und dann auchnoch zu spät ins Bett gehn na das Lob ich mir doch, aber das Sonja sich aufeinmal ganz von selber in das Jungsstockwerk geht ist ganzschön mutig. Ray hat aber recht, er mus sie ein bisschen "umkrempeln". Und dann weckt sie ihn auch noch so früh, was gemeineres kann sie ja gar nicht mehr tun, stopp halt sie hat ihn j auchnoch dazu gebracht eine Schuluniform von seinem Nachbern zu klaun XD. ein ganz böses Mädchen.


    Aber der Lehrer ist ja mal so was von zum kotzen, das ist ja nicht mehr schön. Aber da hab ich mich auchwieder kaput gelacht, die Antworten die Ray da abgelassen hat, einfach Göttlich. Aber ich kenne das wen der Lehrer so ne einschläfernde Stimme hat. Damit ist nicht zu spaßen, vorallem nicht am Morgen wen der Lehrer einem was Diktiert, und man noch so müde ist das man ohne es zu merken, oder zu wollen, mit geschlossenen Augen schreibt. So was ist keine gute Idee da spreche ich aus Erfahrung.


    Ach die Fraun, das kann was werden. Ray verknallt sich in eine aus dem Hause Entei, das kann ja nur Probleme bedeuten. Aber da wärs auch nicht so lustig. Ich sehs schon kommen, sie wird Ray noch viel Mist einbrocken.


    Also wieder tolle Kapis, wirklich schön geschrieben. Ich freu mich jetzt schon auf das nächste ^^.


  • Part 3: Von Cliquen und Cliquen-Bildung

    Rays Laune war erstmalig, seit seiner Anwesenheit auf der Celebi-High, auf dem Tiefstand. Fassungslos über das, womit Sonja ihn vor wenigen Augenblicken konfrontiert hatte, ließ er sich völlig von dem unaufhaltsamen Schülerstrom Richtung Mensa treiben. So sehr hatte er den Tag herbeigesehnt, an dem er endlich seinen Kindheitstraum ausleben könnte und zu einem waschechten Pokémon-Trainer ausgebildet werden würde. Und jetzt dieser Rückschlag - wobei dies wahrlich noch milde ausgedrückt war. Finch, der Zahlen liebende und Entei bevorzugende Krawattenträger soll ihn unterrichten – in Pokémon-Training? Warum konnte sich Ray eben dies überhaupt nicht vorstellen? Wohl vielleicht, weil alleine die Vorstellung, er würde sich plötzlich mit Finch mitsamt seinem Anzug und Krawatte und umringt von grölenden Schülern einen hitzigen Pokémon-Kampf liefern, geradezu lächerlich skurril sein würde; selbst für Rays sonst so blühende Fantasie. Es war einfach nicht fair. Wie konnte es nur sein, dass gerade eine solche Witzfigur ihn unterrichten musste? Es war geradezu so, als würde Finch mit voller Absicht nur darauf drängen, Rays Leben an der Celebi-High so kompliziert wie möglich zu machen. Ein Komplott, um ihn wohlmöglich doch noch zur Aufgabe zu bewegen; Ray förmlich aus der Schule ekeln. Aber da hatte sich dieser Zahlenfanatiker gehörig geschnitten. So leicht würde sich ein Ray Valentine nicht geschlagen geben.


    Ohne es wirklich realisiert zu haben, hatte sich Ray zwischenzeitlich in der Mensa eingefunden. Eine Dreiviertelstunde Frühstückspause zur Erholung, Entspannung und natürlich das Allerwichtigste von allem, sich an den Annehmlichkeiten der hiesigen Schulcafeteria in Form eines ausgiebigen Frühstücks zu erfreuen, standen Ray nun als Ausgleich dieser wahrlich niederschmetternden Erfahrung bevor. Er tat also das, was er immer nach einer solch frustrierenden Schulstunde tat: das soeben Erlebte verdrängen und somit alles, was er halbwegs aufgeschnappt und sich ansatzweise eingebläut hatte, schnellstmöglich wieder vergessen; den Kopf für wirklich wichtige Dinge und Fragen frei räumen. Zum Beispiel, mit welchen cholesterinreichen Leckereien er sein Tablett beladen sollte. Eile war geboten, denn die wenige Zeit bis bereits die nächste Stunde nachrückte war leider nur begrenzt.


    Nach kurzem Anstehen an dem reichlich bedeckten Frühstücksbuffet war Ray für diesen heiteren Akt der Völlerei gut gerüstet. Beide, er und Sonja, ließen sich an einem der lang gezogenen Tische nieder, an dem sich bereits jetzt schon etliche in gelbe Uniformen gehüllte Raikouianer tummelten. Die Vorherrschaft der anderen beiden Tische lag dagegen bei den Farben rot und blau. Nur wenige Schüler sonderten sich von der Gemeinschaft ihrer „Haustische“ ab und hielten stattdessen abseits an den kleineren Tischen einen kleinen Plausch unter Freunden. Eine Seltenheit war der Anblick von gemischt gefärbten Bänken. Wirkliche Freundschaft zwischen Entei, Raikou und Suicune schien es also nicht zu geben, wie es sich Ray jedoch bereits anhand der Reaktion seiner Hauskameraden bei seinem gestrigen Erscheinen zusammengereimt hatte.
    „Weißt du ...“, sagte Sonja, die sich gerade eine Orange schälte, „ ... ich sage gerne: ‚Um auf seinem Lebensweg voranzuschreiten, muss man manchmal eine Pause einlegen.’ Denk einfach nicht mehr drüber nach, okay? Es wird schon werden.“
    „Ach, Finch kann mir den Buckel rauf und runter rutschen“, winkte Ray ab. „Ich meine, wie schlimm kann er noch werden? Vielleicht ist er ja in Pokémon-Training anders drauf?“
    „Ja, vielleicht ...“, antwortete Sonja, klang dabei jedoch nicht weniger verunsichert, als es Ray mit seiner Äußerung betreffend seines Professors war.


    Der Genuss von mit Schokolade überzogenen Donuts und knackigen Cornflakes ließen Ray seinen Kummer und seine Sorge schließlich doch vergessen und spendete seine finchfreie Zeit stattdessen damit, sich eifrig und frei von irgendwelchen Hemmungen an den Diskussionen seiner Hauskameraden zu beteiligen. Das Übliche, worüber sich Teenies eben in ihrem Alter so unterhielten: Überflüssige Hausaufgaben, die neusten Ergebnisse der regionalen Pokémon-Meisterschaften, das geradezu lächerliche Piercing des Mädchens am gegenüberliegenden Entei-Tisch und ...
    „Was ist das eigentlich für eine komische Type, dieser Malcom? Warum darf der hier so ungeschoren mit seiner Straßenkluft rumlaufen?“
    Irgendwie hatten Ray, Sonja, zwei weitere ihrer Klassenkameradinnen und ein interessiert lauschender Mitschüler des zweiten Jahrgangs das Thema von Rays merkwürdigem Zimmerkameraden aufgegriffen. Eine Angelegenheit von höchster Interesse, schließlich machte dieses Thema bereits auf dem ganzen Campus seine Runde und bot mehr als reichlich Stoff für Spekulationen.
    „Ich habe gehört ...“, flüsterte Linsey Mac Cullen, eine von Rays und Sonjas Klassenkameradinnen mit gesenktem Kopf verstohlen in die kleine Runde ihrer Zuhörer, „ ... dass es sich bei dieser Grangerfamilie um eine Bande von Emporkömmlingen handeln muss; so etepetete Leute, ihr wisst schon.“
    „Und er kommt aus Baumhausen City“, tat Alexa Catterfield , eine Schülerin der ersten Jahrgangsstufe nicht weniger geheimnisvoll und leise in der Runde kund.
    „Baumhausen City? Das liegt doch in Hoenn? Was macht der dann hier in Johto?“, fragte Lence White, der letzte Teilnehmer ihrer Diskussion aus der zweiten Jahrgangsstufe. Doch auf diese Frage konnten sich weder Alexa noch ihre Klassenkameraden einen Reim machen.
    „Ich habe eben nur gehört, dass die Grangerfamilie die Schule gelegentlich mit Spenden in mehrstelligem Bereich unterstützt“, meinte Linsey mit einem Schulterzucken. „Wahrscheinlich sind deshalb alle Lehrer so von Malcom eingenommen.“
    „Das grenzt ja schon fast an Bestechung ...“, meinte Lence, sichtlich angewidert.
    Die Runde nickte einstimmig.
    „Wenn man vom Teufel spricht ... Schaut mal, wer da kommt ...“


    Alle Augen folgten Alexas Fingerzeig in Richtung des Buffets, aus welcher just in dem Moment Malcom – durch sein farbloses Erscheinen besonders auffällig – heranschritt. Ray glaubte, dass sich der Lärmpegel in der Mensa mit dem Erscheinen Malcoms plötzlich schlagartig reduziert hatte. Mit einem reichlich bestückten Tablett in seiner Hand schweifte sein Blick – dem Anschein zufolge auf der Suche nach einer Sitzgelegenheit – durch die rappelvolle Cafeteria. Für den Hauch eine Sekunde blieb sein Blick an dem Raikou-Tisch haften, bevor er sich, Rays freundlichem Gruß und Aufforderung, sich doch zu ihnen zu setzen, zum Trotz, an einem kleinen Tisch abseits des Trubels niederließ.
    „Arroganter Sack ...“, murmelte Lence unter abermaligen zustimmendem Kopfgenicke seiner Zuhörer und wandte sich, sichtlich von dem Anblick seines Hauskameraden angewidert, ab.
    „Wo willst du hin? Hey, Ray?“
    Unter den verwirrten Blicken seiner Sitznachbarn hatte sich Ray erhoben und steuerte – wie konnte es anders sein? – direkt auf den Tisch an, an dem sich Malcom von der Allgemeinheit abgesondert hatte.


    „Hey, Malcom. Na, was macht die hohe Kunst?“
    Der Weg zwischen dem Raikou-Tisch und den Malcoms war kurz und schnell überwunden. Auf Rays Frage folgte eine lange Minute des Schweigens, bevor Malcom antwortete.
    „Ich sagte doch, du sollst mich mit ,Eagle’ ansprechen“, knurrte Rays Gegenüber. Er hatte nicht einmal einen Augenblick damit verschwendet, Ray, den ungebetenen Gast einen seiner Blicke zu würdigen. Abweisend beschmierte er ein Brötchen mit Erdbeermarmelade.
    „Na gut, dann eben Eagle“, antwortete Ray und obwohl er sich bereits von der ersten Sekunde seines Erscheinens völlig unerwünscht fühlte, verharrte er regungslos an dem Tisch. „Magst du nicht vielleicht zu uns rüber kommen?“
    „Reicht es eigentlich nicht, ...“, begann Eagle, weiterhin Ray die kalte Schulter zeigend, „ ... dass du mein Zimmer in Beschlag genommen hast? Musst du mich auch noch hier meiner Freiheit berauben?“
    „Mach ich doch gerne“, sagte Ray, breit grinsend. „Also, wie sieht es aus? Kommst du zu uns rüber?“
    „Seh ich etwa so aus?“, entgegnete Eagle. Seine und die Augen Rays kreuzten sich für den Augenblick einer Sekunde. Eine Sekunde, in der seine smaragdgrünen Augen Ray unmissverständlich klar machten, dass sein ganzes Erscheinungsbild ungebetener nicht sein konnte. Ray jedoch ließ nicht locker, wie es sich nun mal für ihn nicht anders geziemte.
    „Also, um ehrlich zu sein ...“
    „Hey, Granger, du große Nummer.“


    Ray sah rot. Nicht nur, weil es plötzlich an dem Tisch von roten Uniformen nur so wimmelte, sondern auch, da die soeben vernommene Stimme in ihrer Angriffslustigkeit kaum noch zu überbieten war. Drei Schüler des Entei-Hauses hatten sich an dem Tisch eingefunden, an dem Eagle nicht nur sein Frühstück, sondern auch seine Einsamkeit in vollen Zügen auskosten wollte. Doch nun war es zweifelsohne vorbei mit dem Frieden. Offensichtlich erkannte dies auch Eagle, denn erstmalig schweifte sein Blick von dem halb fertig geschmierten Brötchen zu den Gesichtern hinauf, die sich soeben am Tisch eingefunden hatten. Ray erkannte die drei Besucher als Billy Finch, Nicholas Vance und Rico Tarik wieder, drei Schüler aus seiner Jahrgangsstufe.
    „Habt ihr kein Zuhause?“, entgegnete Eagle kühl.
    „Markier hier mal nicht den Breiten, Granger.“ Rico Tarik hatte sich dem Tisch am nächsten genähert und war nun mit Ray auf gleicher Höhe, ignorierte diesen allerdings. Nicholas Vance und Billy Finch hielten sich einen halben Meter von ihrem Kumpel entfernt. Das brachiale Auftreten der Entei-Fraktion an dem kleinen Tisch hatte inzwischen in der belebten Mensa für gespannte Spannung gesorgt. Eine Stecknadel fallen zu hören, wäre in jenem Moment ein Leichtes gewesen.
    „Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Denkst wohl, du könntest dir alles erlauben, nur weil deine Alten Kohle wie Heu scheffeln und sich bei den Lehrern einschleimen.“
    „Bist wohl neidisch, oder warum laberst du mich hier voll?“, erwiderte Eagle. Er hatte mittlerweile sein marmeladenbeflecktes Messer fallen gelassen und sich erhoben. Keiner der beiden, weder er noch Rico Tarik, wagten einander zuzublinzeln. Einer zänkischer als der andere warfen sie sich böse Blicke zu.
    „Neidisch, auf dich? Dass ich nicht lache. Ist heute nur ein besonderer Tag, oder bist du immer so selten dämlich?“, fragte Rico Tarik boshaft grinsend.
    „Suchst du etwa Streit?“ Eagle hatte seine Faust geballt. Und trat hinter dem Tisch hervor. Genau im gleichen Moment machten Nicholas und Billy einen weiten und aussagekräftigen Schritt ihm entgegen und somit an die Seite Ricos. Eagle rührte sich nicht, war aber sichtlich durch die Übermacht seiner Gegner eingeschüchtert.
    „Fühlst dich wohl stark, wenn du deine beiden Gorillas dabei hast“, sagte Eagle mit ausdrucksloser Stimme.
    „Pech, wenn man keine Freunde hat, Granger. Oder vielleicht doch? Was willst du eigentlich hier, Valentine?“ Ray wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis auch er in die Diskussion eingebunden wurde. Er wandte seinen Kopf in Richtung Ricos, der ihn in gewisser Weise angesprochen hatte. „Wundert mich ehrlich gesagt, dass du noch nicht längst von der Schule geflogen bist, so blöd wie du bist.“
    Auch Ray fühlte sich von der Übermacht dieser drei Enteiianer stark in Bedrängnis gerückt, was ihm sein rapide schneller werdender Herzschlag auch unzweifelhaft klar machte. Doch blieb er ruhig. Er ging jede Wette drauf ein, dass keiner der dreien darauf aus war, hier eine Schlägerei anzufangen, geschweige denn, den ersten Schlag zu tun.
    „Weißt du, Rico: Ich denke, du bist ein harmloser Trottel, aber ich will ganz offen sein – nicht jeder denkt so positiv über dich.“
    Ricos Gesicht nahm einen Hauch rot an. Er und seine beiden Kumpels hatten sich nun komplett Ray zugewandt.
    „Wer hat denn dich überhaupt um deine Meinung gebeten. Machst du dich hier jetzt etwa für Granger stark?“, fragte Rico. „Aber weißt du was? Laber doch einfach weiter. Vielleicht kommt ja irgendwann doch noch was Sinnvolles dabei raus.“
    Ray grinste. „Gut, dann fangen wir doch mal an. Was hältst du davon: Dein Gesicht auf einer Briefmarke, und die Post geht pleite.“
    Sogar Eagle konnte sich ein leises Kichern auf Rays schlagfertige Beleidigung nicht verkneifen. Rico dagegen – inzwischen knallrot – war weitaus weniger angetan.
    „Du Ar...“
    „Oh, Hallo Professor Cenra.“
    Rico hatte bereits seine Faust zum Schlag gegen Ray erhoben, als die Stimme Sonjas laut durch die mucksmäuschenstille Mensa echote. Alle Anwesenden wandten sich erst zu ihr und schließlich zu einer Frau im mittleren Alter um - ohne Zweifel Mitglied des Lehrkörpers – mit wellendem, aschegrauem und schulterlangem Haar und in einer schwarzen ärmellosen Ledertracht gehüllt, die sich dem Ort des Geschehens näherte. Rico ließ schlagartig seine Faust sinken.
    „Gibt es ein Problem, meine Herren?“, fragte Professor Cenra, als sie an den Tisch mit Ray, Eagle und der Entei-Fraktion erreichte.
    „Nein, alles in Ordnung, Professor.“ Unterwürfig schenkte Rico der soeben angekommenen und nach dem Rechten sehenden Lehrkraft ein schleimerisches Lächeln, bevor er, Nicholas und Billy das Weite suchten, nicht jedoch ohne Ray und Eagle einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Professor Cenra wusste offensichtlich genau, wo sie bei den drei Entei-Schülern dran war, und obwohl sie – zumindest nahm das Ray an – nur von Sonja herbeibeordert wurde, um den drohenden Streit ein jähes Ende zu bereiten, vertiefte sie sich mit ihrer Schülerin in ein Gespräch.


    Schließlich und endlich gab auch Ray klein bei, seinen Klassenkameraden und Zimmergefährten zum Aufbruch an den Haustisch zu bewegen und so neigte sich diese doch recht ereignisreiche Frühstückspause ohne weitere Zwischenfälle ihrem Ende hingegen.
    „Lass ihn halt“, meinte Sonja schließlich, als sie und Ray sich an einem Tisch im Klassenzimmer für Gemeinschaftskunde niedergelassen hatten. Ray warf einen Blick über die Schulter zu dem Tisch, wo Eagle erneut sein einsames Dasein fristete, jedoch mit seiner gesamten Situation gänzlich zufrieden schien.
    „Ja, schon, aber ...“
    „Guten Morgen, Klasse.“
    Ray zuckte beim Klang der Stimme erschrocken zusammen und zwang sich den Blick von seinem Klassenkameraden abzuwenden. Professor Cenra hatte den Raum betreten. Sie sollte also ihre Lehrerin in Gemeinschaftskunde sein, und wie es sich herausstellte, waren die Raikou-Schüler in diesem Fach völlig unter sich. Sah man nämlich von Eagles Schwarzweiß-Kombination ab, lag der gesamte Raum in ein sonnigwarmes Gelb gehüllt.
    „Wie ich sehe, ist unser ‚vermisstes’ Schaf auch eingetroffen.“ Professor Cenra hatte sich am Lehrerpult niedergelassen und ihren Blick auf Ray gerichtet. „Schön, dann haben wir ein Problem weniger – zumindest eines ...“
    „Häh?“ Zwar konnte sich Ray aus der „vermissten Schaf-Geschichte“ halbwegs einen Reim machen, doch von mehr auch nicht. Problem? Welches Problem?
    „In meinem Gemeinschaftskunde-Unterricht, Mr. Valentine, ziehe ich es vor, meine Schüler in Gruppen arbeiten zu lassen“, belehrte Professor Cenra Ray auf seinen sichtlich verdutzten Gesichtsausdruck hin. „Das hätten Sie erfahren, sofern Sie am Dienstag pünktlich zum Unterricht erschienen wären.“ In ihrer Stimme lag Kühle und Sachlichkeit. Wären wohl diese Worte von Professor Finch gekommen, hätte sich Ray von diesen angegriffen gefühlt. Doch war er sich halbwegs sicher, dass Professor Cenra ohne Vorbehalte zu ihm sprach – zumindest bislang. „Somit ist unsere Miss. Lynn in guten Händen. Bleibt nur noch ...“ Professor Lynn wandte sich in Richtung Eagles um der, von allen Anwesenden in der Klasse allein an einem Tisch saß. „Mr. Granger, ich bitte Sie höflichst, sich einer Gruppe anzuschließen, sofern Sie weiterhin an meinem Unterricht teilhaben möchten – und das möchte ich Ihnen raten.“ In ihrer Stimme lag die gleiche Rationalität, die sie bei Ray vor wenigen Augenblicken angewendet hatte.
    Die ganze Klasse, Ray eingenommen, hatte sich nun Eagle zugewandt, der sprachlos und wie versteinert an seinem Tisch saß.
    „Nun, Mr. Granger?“
    „In Ordnung, Professor ...“ Unter dem lauten Knarren seines Stuhles, hatte sich Eagle erhoben. „Wenn Blicke töten könnten.“ Einem jeden Schüler im Raum schwebte wohl dieser Satz in Gedanken. Man konnte wahrscheinlich von Glück sprechen, dass es sich bei Eagle nicht um ein hitziges Feuerpokémon handelte, welches mit einem glühenden Hitzestrahl ein jedes Metall zum Schmelzen bringen konnte. Doch selbst, wenn er die Macht des Feuers in sich tragen würde, wäre er wohl an der eisigen Barrikade, von der Professor Cenra förmlich abgeschirmt wurde, gescheitert. Recht verunsichert schweifte Eagles Blick durch die Runde, suchend nach einem Partner oder Gruppe, der er sich anschließen konnte.
    „Nehmen Sie doch bitte in der ersten Reihe bei Mrs. Lynn und bei Mr. Valentine Platz. Dann können wir auch endlich ohne Umschweife mit unserem Unterricht beginnen“, schlug Professor Cenra schließlich vor. Ein Vorschlag, der im Grunde keiner war; sondern ein striktes Geheiß. Widerwillig aber folgsam ließ sich Eagle linker Hand zu Sonja nieder. In etwa so, wie es Ray bei seiner Ankunft im Matheunterricht getan hatte, ließ er seine Tasche als deutliches Zeichen seiner Unzufriedenheit lautstark auf den Boden donnern. „Und noch etwas, Mr. Granger. Sie werden in Zukunft nicht mehr ohne Uniform an meinem Unterricht teilnehmen, haben Sie verstanden?“
    Eagle schwieg. Wie zuvor in der Mensa herrschte im Klassensaal eine Totenstille.
    „Ich interpretiere Ihr Schweigen dann mal als ein ,Ja, Professor.’. Gut, dann wollen wir beginnen.“

  • [font='Tahoma, Arial, Helvetica, sans-serif'][align=justify][tabmenu][tab=Hallo!]Ja, da hast du wieder einmal eine neue Leserin gefunden ... Die hergefunden hat aufgrund der rechten Kommiarmut hier und in Anbetracht des Wissens um deine Schreibkünste. Eines gleich mal vorweg: Bitte setz mich auf die Benachrichtigungsliste.[tab=Fehler]Startpost mit Prolog wird noch in der nächsten Zeit nach Fehlern zerpflückt.


    Kapitel 1.1
    Obwohl das Seefahrzeug selbst für mindestens fünf Fußballmannschaften mehr als genügend Platz versprach, waren nur zwei Passagiere an Bord des Schiffes. Eigentlich nur ein Passagier, da der Fährmann ja kein Passagier ist ... Insofern also "zwei Menschen", wenn schon zwei.
    „Da weiß ich mit meiner Zeit weitaus Besseres anzufangen.“
    (...) wo Ray auch einige eher verwahrlost wirkende Baracken - offenbar Wohnanlagen für die Hafencrew - ausmachen konnte.


    Kapitel 1.2
    Gute Idee, danke, Jay.
    Vielmehr mochte er Abwechslung und Action - insbesondere Letzteres.
    Ja, Pokémon mochte er schon immer, auch wenn ihm noch nie die Ehre zuteil geworden war, ein Pokémon als seinen Freund zu bezeichnen.
    (...) während er sich seine Tasche über die Schulter warf und seinen Koffer packte und nach einer kurzen Handbewegung zum Abschied abmusterte, sich dann doch noch einmal umdrehte.
    Sein Blick schweifte links und rechts über die ihm endlos vorkommende, monoton gleichbleibende und ebenso leergefegte Grünfläche mit seinen hier und da wie Unkraut wuchernden Margariten, Gänseblümchen und Wildkräutern.


    Kapitel 1.3
    Andy grunzte etwas Undeutliches, was Ray allerdings nicht verstand, aber mal als „Ja, alles klar.“ interpretierte.
    Die sich beharrlich langsam ein zartes Orange annehmende Sonne zauberte auf die beinahe stillliegende Teichoberfläche ein wahrhaft traumhaftes Schauspiel der Lichtzauberei, wie man sie nur in der freien Natur sehen konnte.
    Nein, Rays ganze Aufmerksamkeit ruhte auf einem kolossalem Gebäude bei dem es sich zweifelsohne um die Celebi-High handeln musste und noch in weiter Ferne liegend in die Höhe ragte.
    Der lindgrüne Betonklotz war weder langweilig rechteckig oder quadratisch, wie man es vielleicht von einer gewöhnlichen Schule erwartet hätte, vielmehr wölbte sich das ganze Gebäude halbkreisförmig nach außen und sah somit einem auf dem Kopf stehenden U zum Verwechseln ähnlich.
    Die anderen beide Pfade würden ihn zu den Wohnstätten Entei und Suicune führen; neben dem bereits besuchten Haus Raikou zwei weitere Schulhäuser, in denen die Schüler unterteilt waren – so zumindest hatten es ihm Andy und Sarah abschließend erklärt.
    (...) ein Bann, von dem auch Ray sich erst nach minutenlangem Gaffen entziehen konnte.
    Die Füße des Besuchers wanderten über den azurfarbenen Kunststoffboden, sein Blick dagegen in die Höhe.
    Ein mit bunten Flyern und Aushängen sämtlicher Größenordnung überwuchertes schwarzes Brett nahm einen Großteil der Wand zu Rays Rechter in Anspruch.
    Nach kurzem und ereignislosem Marsch fand er plötzlich rechter Hand eine eichenholzfarbene Tür, die so großen Lettern beschriftet war, dass selbst der wirklich größte und dümmste Unruhestifter diese mehr als deutlich als „Sekretariat“ entziffern konnte.


    Kapitel 2.1
    Sie wissen über die Häuser bereits Bescheid, nehme ich an?
    „Auf jeden Fall“, fuhr sie fort, „werden die Schüler anhand dieses Fragebogens diesen drei Häusern zugeteilt.
    (...) stilles für sich Arbeiten.
    Einige Fragen, die sich mit einem simplen ja oder nein beantworten ließen, manch andere boten mehrere Antwortmöglichkeiten bereit, konnte sich aber auch durch einfaches Ankreuzen beantworten lassen.
    Sind Sie fertig?


    Kapitel 2.2
    Zumindest für ein paar Stunden, denn so lange würde die Auswertung seiner Testergebnisse dauern, so meinte es jedenfalls die Schreibtischathletin, die hinter der Fassade der Tür zu seinem Rücken gerade sein lustlos dahingekritzeltes Geschriebenes auswertete.
    Schülerscharen zogen unterdessen an ihrem nun offiziell aufgenommenen Kameraden vorbei und nahmen das fremde Gesicht im Vorübergehen kurz in Augenschein, bevor sie einzeln oder in Grüppchen; munter miteinander schwatzend oder über den eben erfahrenen Stoff sehr nachdenklich schweigend in alle Himmelsrichtungen ausschwärmten.
    Wer sich allerdings etwas wirklich Üppiges in Form eines warmen Mittagessens erhoffte, wurde hier enttäuscht.
    Das offenbar von Tageszeit variierende Buffet bot zur aktuellen Stunde eine Reihe von verschiedenen fruchtigen Kuchen und sahnigen Torten, Muffins, Kekse und anderes Gebäck, kalten Pfannkuchen, belegten Broten und Brötchen, Sandwiches, Laugengebäck, Waffeln mit Schlagsahne, Jogurts, Eiscreme, Obst aus aller Herrenländer in Hülle und Fülle, sowie süße Säfte in den verschiedensten Farben, Milch und natürlich Kakao, an.
    Vergleichbar mit Vogelpokémon, die sich auf Stromleitungen unter ihresgleichen tummelten, so verhielten sich auch die verschiedenen Schüler und sammelten sich ihren Farben entsprechend grüppchenweise an den Tischen.
    In blaue, gelbe und rote Uniformen gezwängte Schüler beanspruchten einen Großteil der freien Schüler – jedoch nur unter sich.
    Niemand schien auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen, sich zu der „Konkurrenz“ zu bequemen und dort Platz zu nehmen.
    Zumindest die Raikouianer hatten bewiesen, dass sie selbst gegenüber völlig Fremden äußerst aufgeschlossen und freundlich reagierten.


    Kapitel 2.3
    Jener Art von Menschen war er schon oft während seiner bisherigen Schulzeit begegnet, auch wenn er nie richtig verstand, worin die Ursache der Komplexe waren, mit denen dieser Personenkreis so verbissen kämpfte.
    Die Last seines Tabletts war inzwischen bereits so schwer geworden, dass er ein „nein“ auch nicht ohne Weiteres akzeptiert hätte, so aber war es definitiv einfacher.
    Genau im richtigen Moment, als sich ihre Blicke abermals trafen, zog Ray eine zuckersüße Schnute; wohl süßer und zahnsteinzerstörender als der komplette Inhalt seines Tabletts zusammen, woraufhin auch das Mädchen sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte und sich endlich eines von Rays Plätzchen in den Mund schob.
    „Das Übliche halt.“
    Sonja lief rot an und ließ zum ersten Mal ihren Blick von ihrem Gegenüber ab und tat so, als würde sie sich wieder mit ihren Notizen beschäftigen.


    Kapitel 2.4
    (...) fügte die Sekretärin beiläufig hinzu und rückte sich ihre Brille zurecht, die ihr nach einem schrillfreudigen Quieken Sonjas ein gutes Stück die Nase heruntergerutscht war.
    „Ist ja gut, bleib locker ...“, sagte Ray, konnte sich dabei aber selbst ein Grinsen nicht verkneifen.
    Es folgte ein langes Hin und Her, das Sonja schließlich und endlich verlor und sich dem Willen ihres neuen Freundes beugen musste.
    Andy erreichte als Erstes die Tür zum zweiten und letzten Stockwerk.
    Sonja fühlte sich allem Anschein nach sichtlich unwohl in ihrer Haut, den Jungenetage trotz Geleitschutz zu erkunden.
    Ray verlangsamte seine Schritte, während er Andy einen langgezogenen Korridor hinab folgte, der regelmäßig links und rechts von einer Tür unterbrochen wurde.
    *kein Leerzeichen* Jepp, aber eben nur wir Raikous, versteht sich.“


    Kapitel 2.5
    (...) brüllte der in schwarz-weiße Tracht gehüllte Junge gegen die Tonflut aus Rays Laptop an.
    Nach einem kleinen Happen mit dem Großteil der anderen Hausbewohnern in der extra dafür vorgesehenen großräumig eingerichteten Küche des Raikou-Schulhauses, ließ Ray den erlebten Tag in den weichen Daunen seines Bettes noch einmal Revue passieren.


    Kapitel 3.2
    Hoffentlich was Interessantes, oder?
    (...) etliche Schränke, die sicherlich vor langweiligem Lehrmaterial nur so überquollen, und jede Menge Dreierbänken mit den dafür vorgesehenen Sitzgelegenheiten, von denen bereits etwa die Hälfte in Beschlag genommen wurden.
    Du willst doch nicht allen Ernstes ...
    Seine Banknachbarin schien jedoch nicht im Geringsten im Klaren zu sein, welches Opfer sie unbeabsichtigt von Ray abverlangte.
    Ein jeder im Raum schien dieses gar freche Auftreten des Raikouianers zu missbilligen und - sofern sich Ray nicht irrte - gespannt auf eine gehörige Standpauke des Lehrers ihm bezüglich zu warten.
    Ist bislang in jeder Anwesenheitskontrolle so gewesen; egal bei welchem Lehrer. Plusquamperfekt kann nur zusammen mit einer einfachen Vergangenheitsform verwendet werden.
    (...) und nutzte stattdessen die Gelegenheit, um sich mit den noch fremden Gesichtern in seiner Klasse etwas vertraut zu machen..
    Ray suchte – so wie er es die ganze Zeit über getan hatte – die Klasse nach dem Gesicht ab, zu dem die Stimme gehörte, und wurde bei einem Mädchen fündig, die zwei Reihen hinter ihm an einer der vielen mädchenübervölkerten Bänke saß.
    Es kribbelte ihn überall, doch Kratzen vermochte den Juckreiz nicht zu hindern.
    Doch irgendetwas war an ihr anders. Sie war anders. So viele Mädchen gab es in ihren Reihen, aber Sora hatte etwas Besonderes an sich.
    Die wenigen Fähigen unter Ihnen, die das Privileg genießen, noch von mir in der Oberstufe unterrichtet zu werden und (...)
    Valentine Ray, von Ihnen möchte ich Folgendes wissen: Ziehen Sie bitte aus 1225 die Wurzel.


    Kapitel 3.3
    Eine Dreiviertelstunde Frühstückspause zur Erholung, Entspannung und natürlich das Allerwichtigste von allem, sich an den Annehmlichkeiten der hiesigen Schulcafeteria im Form eines ausgiebigen Frühstücks zu erfreuen, standen Ray nun als Ausgleich dieser wahrlich niederschmetternden Erfahrung bevor.
    „ ... dass es sich bei dieser Grangerfamilie um eine Bande von Emporkömmlingen handeln muss; so etepetete Leute, ihr wisst schon.
    Der Weg zwischen dem Raikou-Tisch und den Malcoms war kurz und schnell überwunden.
    Markier hier mal nicht den Breiten, Granger.
    Eine Stecknadel fallen zu hören, wäre in jenem Moment ein Leichtes gewesen.
    Er ging jede Wette drauf ein, dass keiner der dreien darauf aus war, hier eine Schlägerei anzufangen, bzw. den ersten Schlag zu tun.
    Vielleicht kommt ja irgendwann doch noch was Sinnvolles dabei raus.
    Somit ist unsere Mrs. Lynn in guten Händen. Ich darf wohl bezweifeln, dass Sonja verheiratet ist, oder? ^^ "Miss" bitte, an dieser Stelle.
    Man konnte wahrscheinlich von Glück sprechen, dass es sich bei Eagle nicht um ein hitziges Feuerpokémon handelte, welches mit einem glühenden Hitzestrahl ein jedes Metall zum Schmelzen bringen konnte.[tab=Kritik]In Anbetracht der doch schon recht fortgeschrittenen Story will ich mich schlichtweg allgemein halten.
    Ich finde es interessant, wie du Aspekte aus anderen bekannten Schulen einbringst. Zwar kenne ich von den von dir genannten Schulen nur Hogwarts und die Ranger-Schule, wehalb mir nur diese Seitenhiebe auffallen, aber es ist doch deutlich genug. Das ist aber nicht schlecht, im Gegenteil - denn die FS wirkt nicht, als ob du etwas abkupfern würdest, weil es dir gelingt, alles so gut mit deinen eigenen Ideen zu verknüpfen. Das macht es einfach spannend, die Story zu verfolgen - man freut sich jedes Mal, bei dem man etwas Bekanntes entdeckt und sieht, wie geschickt du das unterbringst. Wirklich faszinierend, schon alleine das macht es wert, die FS zu lesen.
    Aber auch deine Charaktere gefallen mir gut, auch wenn sie teilweise doch recht stereotyp wirken. Sonja die typische Streberin und Ray der typische Störenfried? So scheint es zumindest. Nun, ich hoffe doch, dass sich das noch ändert, was ich aber stark annehme. Eagle ist hingegen sehr interessant, ein Charakter voller Geheimnisse, wie ich es liebe. Generell mag ich es ja ziemlich, wenn der Autor den gleichen Namen hat wie ein Chara (ich habe es bei meiner Haupt-FS ja nicht anders gehandhabt), das zeigt, dass die FS dem Autor wichtig ist. Jedenfalls bin ich da noch gespannt, was sich über ihn noch ergeben wird, und ob er vielleicht tatsächlich irgendwann einmal eine Schuluniform tragen wird.
    Eine solche FS bietet sicherlich viel Freiraum, was die Handlung angeht. Ich bin mir sicher, dass du noch viele gute Einfälle haben wirst, was da so alles geschehen wird. ^^ Im Ernst, ich bin schon wirklich gespannt auf deine weiteren Kapitel, was sich da alles für Spannungen entwickeln werden. Das hier zu lesen ist eine wirklich angenehme Abwechslung zu allen anderen FS', die alle auf einen Höhepunkt hinauslaufen - was hier wohl, wie ich annehme, kaum geschehen wird. Generell bietet eine Schulgeschichte aber sicherlich interessante Möglichkeiten an Handlung und Charakterentwicklung, was alles nur noch interessanter zu verfolgen wird.
    Abschließend gilt es also zu sagen: Hier gibt es doch einige Schul-FS' (nun, zumindest ein paar), aber Celebi-High sticht besonders heraus, was unter anderem auch an deinem wirklich ausgezeichneten Schreibstil liegt. Alle Faktoren zusammengenommen machen es einfach wert, das hier zu lesen, auch wenn deine Kapitelteile zeitweise zu schnell kommen als dass man bei jedem ein Kommi hinterlassen könnte - und das ist auch der Grund, weshalb mein Kommi (erst) jetzt kommt. Ich musste einmal die Zeit dafür finden, ohne dass davor ein neuer Kapitelteil erscheint, den ich mal gründlich auf Fehler zerpflücken muss. Hierbei muss ich sagen: Viele deiner Fehler scheinen zu passieren, weil du es dir mitten im Satz überlegst, was die Formulierung angeht. Ich bin sicher, ein Betaleser oder zumindest gründliches Durchlesen würde hier Abhilfe schaffen - oder kürzere Sätze, auch wenn das schwer fallen könnte, das kenne ich schließlich nur zu gut.
    Sou, ich denke, das wars fürs Erste.
    ~ LG, Maj

  • [tabmenu][tab=Huhu Eagle^^]
    Entschuldige, dass mein Kommentar so spät kommt, aber ich hatte mir die Tage einfach zu viel vorgenommen. Hab schon ein ganz schlechtes Gewissen, dass ich so lange gewartet habe =( Bitte verzeih mir. Bin aber immer wieder begeistert, wie schnell du doch bist ^^
    Der Übersicht zuliebe dieses Mal alles in eine tabmenu ^_^
    [tab=Kapitel 2]
    [subtab=Part 2]
    Wenn der kleine Hunger quält…
    Der Titel hat ja eigentlich schon verraten, worum es sich handeln wird, nämlich um den Hunger von Ray. Mir ist aufgefallen, dass du das gerne in deine Storys miteinbaust, nicht wahr? ^^


    Inhalt/Stil
    Passieren tut ja nicht allzu viel in diesem Part, da du dich schätzungsweise am Anfang noch mehr auf das Beschreiben selbst beziehst. Finde ich auch nicht schlimm, denn so bekommt man ja erst mal einen genauen Einblick in das Szenarium. Manchmal mag es einem etwas langwierig erscheinen, aber durch die lustigen Textpassagen wird es dann doch nicht langweilig. Die Cafeteria hast du soweit auch sehr gut beschrieben, als du jedoch von den Pflanzen sprachst, hätte mich natürlich noch interessiert, wie die aussehen, die von der Decke hängen. Da fehlten mir noch die genaueren Vorstellungen. Ansonsten aber wieder ein wirklich amüsanter Part, wo vor allem eine leicht heitere Grundstimmung herrscht, wie ich finde.
    [subtab=Part 3]
    Die gehemmte Künstlerin
    Ein Part, auf den ich schon sehnsüchtig gewartet habe. Ich kann mir schon denken, um wen es sich bei der Künstlerin handelt und bin gespannt, wie du sie in Szene setzt.


    Inhalt/Stil:
    Das Kapitel hat mir doch tatsächlich ein Lächeln auf die Lippen gezaubert, denn es hat mir einfach unglaublich gut gefallen. Ray hat hier einfach auch mal eine vollkommen andere Seite von sich gezeigt, denn nicht etwa rüpelhaft, sondern auch regelrecht charmant, wie ich finde (halt eher auf seine Art). Sonja schien auch von seiner Person beeindruckt zu sein und das hast du auch gut zum Ausdruck gebracht, selbst wenn es nicht ganz offensichtlich war. Ich denke, da hätte man noch mehr Gefühle miteinbringen können, selbst wenn es auch seinen Reiz haben kann, den Leser noch etwas im Dunkeln tappen zu lassen. Hier und da hat der Dialog vielleicht etwas überhand gewonnen, halte es aber in einem so „frühen“ Kapitel für möglich, da sich die Charaktere ja auch erst mal etwas kennenlernen müssen und dafür wird ja nun mal auch ein Gespräch benötigt. Alles in einem ein Part, der mir sehr gut gefallen hat.


    Fehler:

    Zitat

    Seine Wahl war auf kleinen Vierpersonentisch gefallen, der sich recht abseits von den langgezogenen Bänken befand.

    Ich glaube es fehlt das Wort „einen“
    [subtab=Part 4]
    Das Hause Raikou
    Mhh… bei der Überschrift habe ich mich wirklich gefragt, ob sie nicht vielleicht schon zu viel verrät. Schließlich ist jetzt eigentlich schon klar, in welches Haus er kommen wird. Aber okay, da es ja auch schon im Startpost erwähnt wird, lässt sich da wohl drüber hinwegsehen. Auch wird es ja im Kapitel recht schnell klar, daher durchaus okay.


    Inhalt/Stil
    Inhaltlich soweit in Ordnung, wobei es hier auch wieder ein paar schwermütige Stellen gibt, an denen die Handlung nur langsam ins Rollen kommt. Doch trotzdem weckt die Geschichte zunehmende Begeisterung in mir, was schätzungsweise besonders an der Darstellung deiner Charaktere liegt. Sie sind alle sehr unterschiedlich und überraschen einen immer wieder. Zumindest ist es bei Ray bisher so, der sogar eine sehr kameradschaftliche Seite von sich zeigt, wie ich sehen durfte. Sonja hingegen braucht bei allem einen kleinen Anstoß, daher ist ihr wohl auch die Gesellschaft des „Neulings“ so bekommen. Bei dem freundschaftlichen Verhalten zwischen Ray und Andy habe ich aber doch etwas gezweifelt bzw. konnte ich es nicht ganz nachvollziehen. Schließlich musste dieser doch die Koffer seines Kameraden schleppen und ach von seinem Verhalten her könnte ich mir denken, dass das eher negative Erinnerungen mit sich bringt. Aber okay, mag auch Ansichtssache sein. Zum Ende hin baust du nochmal etwas Spannung auf, denn man möchte natürlich wissen, um wen es sich nun handeln wird. Natürlich lässt sich jetzt durch den Startpost bzw. die Erläuterung der Handlungsnehmer schon leicht erahnen, um wen es sich handeln wird.
    [subtab=Part 5]
    Ein seltsamer Vogel
    Ein seltsamer Vogel also? Der Titel gefällt mir irgendwie und ich habe da auch schon eine leise Ahnung, wer damit gemeint ist, wie schon gesagt.

    Inhalt/Stil
    Der Einstieg in das Kapitel ist auf jeden Fall sehr amüsant. Ray fragt sich also, ob er in dieses Zimmer eintreten muss, hinter dem wohl eine „Bestie“ lauern muss. Kann ich mir auch ziemlich lustig vorstellen und seine Gedanken und sein Zögern hast du wirklich gut getroffen. Dass er trotzdem seinen Kopf durchsetzen und das Zimmer auch für sich beanspruchen würde, lag ja nahe. Für die wörtliche Rede hast du wieder viel „Jugendsprache“ verwendet, wie ich merken durfte. Ist zwar nicht ganz so mein Fall, aber dadurch wirkte der Wortwechsel der beiden schon ziemlich lebensecht. Doch hast du auch in den „normalen“ Sätzen diese Sprache verwendet und ich halte es für fraglich, ob sie da ganz so passend war. Die Idee mit dem Laptop gefällt mir auch ganz gut, wobei ich vermute, dass er diesen auch entwendet bekommen wird, aber das wird sich ja noch zeigen. Am Ende ist das Kapitel schätzungsweise etwas abgeflaut, da es nur noch hieß, dass er in seinem Zimmer blieb. Da fiel es mir schwer vorzustellen, was er die ganze Zeit getan haben soll. Lag er im Bett und das war es? Das Essen hätte man bestimmt auch noch beschreiben können, aber okay… auch so halte ich es für in Ordnung und der Abschluss des Parts lässt ja erahnen, dass noch deutlich mehr auf der Celebi-High passieren wird.


    Fehler
    Hier noch ein paar Stellen, die mir aufgefallen sind.

    Zitat

    mit nichts weiter als seinem Gepäck und der Information, dass hinter der Tür eine Art Monster auf ihn lauern müsste,

    Irgendwie gefällt mir das „müsste“ hier nicht. Vielleicht eher „musste“?

    Zitat

    Doch sollte er sich aus Furcht [vor dem, was die strammen Jungs seines Hauses vielleicht bereits in Ketten geworfen und in dem Zimmer eingesperrt hatten,] etwa auf dem Gang schlafen?

    Lässt man jetzt den „Nebensatz“ (wusste nicht, wie ich es nennen sollte oô) einfach mal weg, so wie ich es angedeutet habe, dann passen die beiden Satzteile nicht mehr zusammen. Weiß aber nicht, ob ich mich da vertue. Mag aber sein, dass das „sich“ falsch da ist.

    Zitat

    Bist ja bereits jetzt schon beliebt, wie Fußpilz

    Ich glaube, das Kommata ist falsch, oder? Jedenfalls liest es sich nicht so schön.

    Zitat

    Hat’s hier eigentlich auch ne Steckdose?

    Soweit ich weiß, kommt vor das „ne“ noch so ein Zeichen, dessen Name mir gerade entfallen ist.

    Zitat

    Er führte die Öffnung des MP3-Player in einen extra dafür vorgesehenen Schlitz in seinem Laptop ein.

    Da fehlt ein „s“, soweit ich weiß. ^^
    [tab=Kapitel 3][subtab=Part 1]
    Antriebslos in den ersten Schultag
    Die Überschrift kann ich gut nachvollziehen, zumindest was die Antriebslosigkeit angeht. Das diese aber schon am ersten Tag bei, vermutlich, Ray herrscht, ist verwunderlich. Wie es scheint, ist er wohl nicht allzu gut auf Schule zu sprechen ;)

    Inhalt/Stil
    Anfangs musste ich wirklich schmunzeln. Die „Antriebslosigkeit“ hast du wirklich überzeugend dargestellt und ich kann gut nachempfinden wie schwer es einem doch fällt, sich morgens aus dem Bett zu kämpfen. Da findet man sich dann ja fast selbst wieder. Dass er jedoch schon Muskelkater wegen so einem Fußmarsch bekommt… scheint wohl nicht ganz so durchtrainiert zu sein, nicht wahr? Ich habe schon vermutet gehabt, dass Sonja ihn wecken würde, denn sie scheint ja wirklich schon an ihrem neugewonnenen Freund zu hängen. Leicht verdutzt war ich, dass sie Eagle nicht kannte bzw. dessen Namen. Schätzungsweise ist er das schwarze Schaf der Celebi-High oder Erdenkliches. Tut einem ja fast schon ein wenig leid, aber mal schauen, wie Ray den Spieß umdrehen wird, wenn er das denn tut. Unter der Schulkleidung konnte ich mir noch nicht so ganz genau etwas vorstellen. Eine gelbe Hose? Seltsame Vorstellung. ^^“

    Fehler

    Zitat

    und konnte durch das grellblendende Morgenlicht die verschwommenen Umrisse Eagles, seines neuen Klammenkameraden, ausmachen

    Klammenkameraden? Wohl eher „Klassenkameraden“, oder?

    Zitat

    murrte Ray schlafestrunken der Stimme seiner Freundin entgegen, die offenbar vor verschlossener Türe beharrlich auf ihn wartete.

    Gibt es das Wort? Ansonsten „schlaftrunken“?
    [subtab=Part 2]
    Der voreingenommene Mathepauker
    Oha… Mathe also? Vermutlich geht es hier um das Mathegenie, was schon im Startpost erwähnt wurde, nicht wahr? Nya, ich werde es schon sehen^^


    Inhalt/Stil
    Ein recht langer Part, nicht wahr? Kürzer hätte er aber glaube auch nicht sein dürfen, denn mit gefällt er sehr gut. Allein den „Schülerstrom“ am Anfang hast du schon wunderbar umgesetzt. Dass Sonja nichts isst, hat mich selbst auch verwundert, aber die Idee gefällt mir sehr gut. Ray hat da ja auch schon seine Vermutungen und abermals erscheint er mir hier auch sehr sympathisch, da er wirklich eine Menge Verständnis für so Menschen zu haben scheint. Würde mich ja freuen, noch zu erfahren, wodurch er so geworden ist, wenn er nicht immer schon so war. Eine Doppelstunde Mathe… ich weiß zu gut wie grausam das ist und kann Rays Lustlosigkeit gut nachvollziehen. Da auch noch in der ersten Reihe sitzen zu dürfen ist wirklich kein so freudiges Unterfangen, vor allem nicht bei so einem Lehrer. Der erinnert mich stark an Snape, kann das sein, dass er auch diesem sehr ähneln soll? Auch wie er mit Ray umgeht ähnelt diesem nämlich stark. Ärgerlich, dass er das Hause Entei bevorzugt. Dem würde man ja am liebsten eine Standpauke halten. Hier kannte ich auch die Bezeichnung als „Pauker“ auch noch gar nicht. Man nennt also nicht nur Personen so, die äußerst viel lernen?
    Verwundert hat mich ja, dass Ray sich schon verliebt hat, wie es scheint. Die Gefühle hast du da aber wunderbar beschrieben und man konnte es regelrecht nachempfinden. Bin schon gespannt, was da noch alles auf einen zukommen wird auch bezüglich des Pokémon-Trainings.


    Fehler

    Zitat

    als er missmutig zu dem Tisch seiner Freundin herüber schlurfte, seinen Rucksack vom Rücken gleiten und achtlos auf den Boden plumpsen ließ und schwerfällig neben Sonja Platz nahm.

    Vielleicht ein anderes Wort anstatt „und“ nehmen, denn ansonsten wirkt es so doppelt. ^^

    Zitat

    machten Ray unmissverständlich zu verstehen, dass der Spaß nun entgültig sein Ende gefunden hatte.

    Ich glaube mit „d“.


    [subtab=Part 3]
    Von Cliquen und Cliquen-Bildung
    Ganz schön lang, dieser Part und anfangs dachte ich, es würde sich um eine Mädchen-Clique oder Erdenkliches handeln, evtl. auch mit Sora. Da habe ich aber falsch gedacht ^^"


    Inhalt/Stil
    Anfangs war ich irgendwie verwirrt. Die Schüler haben schon nach zwei Stunden Unterricht eine Pause oder waren dazwischen doch noch ein paar mehr Stunden? Zwar wurde es ja auch im vorherigen Kapitel erwähnt aber seltsamerweise wurde es mir nicht so ganz klar. Mag aber auch an der Urzeit liegen ^^“ Das Ray deprimiert von seinem Lehrer ist, verstehe ich ja, aber das es bereits so stark ist? Großartig viel Wortwechsel haben die beiden ja noch nicht gehabt, daher wundert es mich, dass die Abneigung gegen diesen Lehrer schon nach dem ersten Tag derart stark ist. Wohl der gut bewährte erste Eindruck, wie es mir scheint, der von Rays Seite aus wohl nicht gerade gut war. Da zeigt sich aber wieder gut die beherzte Art von Sonja, die versucht ihren neuen Freund aufzuheitern. Da zeigen sich wieder die einzelnen Eigenschaften deiner Charaktere sehr schön. Den Konflikt mit der Entei-Fraktion hast du auch gut mit eingebracht und ich habe ihn auch als sehr spannend empfunden. Malcom (der Name hat mich ja erst verwundert) scheint wirklich schon ein schwarzes Schaf zu sein. Die Lehrerin, die zuletzt kam und dann auch den Unterricht machte, ist mir auf eine gewisse Weise sympathisch, auch wenn ich nicht sagen kann, wieso. Ihr Durchsetzungsvermögen hat die drei aber schon mal „verbunden“ und ich bin gespannt, wie sie sich von nun an bewähren werden. ^_^


    Fehler

    Zitat

    „Gibt es ein Problem, meine Herren?“, fragte Professor Cenra, als sie an den Tisch mit Ray, Eagle und der Entei-Fraktion erreichte.


    [tab=Schluss]
    Sou, das war es dann erst mal von mir. Entschuldige nochmal, dass es so lange gedauert hat =( Das Praktikum hat mir viel Zeit geraubt, auch wenn das keine Entschuldigung ist. Zeit sollte ich doch immer mal aufbringen können x3 Freue mich aber schon tierisch darauf, wie es weiter geht. Bleib dran ;) (trotz fieser Prüfungen ^_^). *jetzt noch andere FS kommentieren geht* x)
    [/tabmenu]

  • Part 4: Wer die Wahl hat, hat die Qual


    Die Professorin für Gemeinschaftskunde und Leiterin des Hauses Suicune schien nur zu gut zu wissen, mit welchen Mitteln sie ihre Klasse mühelos in den Griff bekam. Schon bei ihrem ersten kühlen Auftreten in der Cafeteria war Ray hieb- und stichfest klar geworden, dass mit der Dame in der schwarzen Ledertracht nicht gut zu scherzen war. Quertreiber oder Klassenclowns sahen bei ihren auf Zucht und Ordnung bestehenden Lehrpraktiken gar kein Land. Selbst Eagle, so standhaft und eisern er sich doch nach außen hin gab, konnte mit diesem gar eisigen Drill nicht konkurrieren. Während der verbliebenen Unterrichtszeit hielt er sich nicht nur schweigsam, sondern auch noch ungewohnt zurückhaltend, ja beinahe eingeschüchtert. Eigentlich nicht sonderlich verwunderlich, wenn man bedachte, dass ihm bereits in der ersten Woche seines Schulaufenthalts der Unterrichtsausschluss gedroht wurde. Selbst für Ray – vorwitzig und frech, wie er sich manchmal nach außen hin präsentierte, - eine Ruhmesleistung ohnegleichen, mit der er einfach nicht Schritt halten konnte – und insgeheim auch gar nicht wollte. Schulverweis, bevor er sein erstes Pokémon bekommen würde? Das kam für ihn gar nicht in Frage. Ja selbst, wenn dies tatsächlich das Undenkbare bedeuten würde und er sich am Unterricht beteiligen müsste.


    Die von Professor Cenra angekündigte Gruppenarbeit blieb in dieser Doppelstunde allerdings zum allergrößten Teil aus. Die meiste der Unterrichtszeit nahm das Abschreiben der Tafelbilder zum Thema „Innergemeinschaftliche Konflikte und wie sie sich vermeiden lassen“ in Anspruch, sodass die Glocke das Ende der Schulstunde ankündigte, noch bevor es zu einer wirklichen Zusammenarbeit zwischen den junggegründeten Gruppen kam – sehr zur Freude Eagles, der sich schneller verdrückt hatte, als seine zwangsläufig zusammengewürfelten Teamkollegen überhaupt realisieren konnten, dass er verschwunden war. Auch Hausaufgaben blieben ihnen somit erspart – ein wahrscheinlich eher seltenes Vergnügen, wie Ray angesichts Professor Cenras wohl noch in den Startlöchern stehenden Lehrpraktiken dachte.


    Eine Viertelstunde Pause trennte Ray und Sonja nun von der nächsten Doppelstunde. Arbeitsgemeinschaft stand nun auf dem Plan.
    „Eine Arbeitsgemeinschaft aussuchen? Wie soll das funktionieren? Und wo wir gerade davon sprechen: was ist das eigentlich?“
    Er und Sonja hatten es sich auf einer der vielen unbesetzten Banken auf dem belebten und für seine bislang gesammelten Erfahrungen recht weitläufigen Pausenhof bequem gemacht, der mit seinem schier endlosen anthrazitfarbenen Asphaltmeer direkt an die Rückseite der Schule grenzte. Seine Frage fand Ray absolut gerechtfertigt, denn das Fach „Arbeitsgemeinschaft“ hörte er in seiner bisherigen Schülerlaufbahn zum ersten Mal.
    „Ein frei wählbares Fach“, erklärte Sonja, lehnte sich dabei von den vergangenen Stunden etwas geschlaucht zurück und genoss sichtlich die warmen Sonnenstrahlen. „So wie ich das verstanden habe, kann jeder Schüler einem von zahlreichen Angeboten nachkommen und einer Arbeitsgemeinschaft beitreten, in der er dann ein ganzes Jahr tätig sein wird. Weniger Unterricht allerdings - viel mehr etwas Freizeitaktivität. Heute steht eine Art von Schnupperrunde auf dem Plan, in der du dich über das Angebot informieren und Einblicke sammeln kannst. Im Anschluss hast du dann die Qual der Wahl, in welche Arbeitsgemeinschaft du eintreten willst. Sollte natürlich wohl durchdacht sein, da du so einfach nicht mehr raus kommst.“ Sonja kramte kurz in ihrer Schultasche und zog gezielt ein beschriftetes Blatt Papier heraus. „Hier sind übrigens die in diesem Jahr angebotenen AG’s. Ray? Hörst du mir überhaupt zu? Hey, Ray!“ Sonja wedelte schon fast fieberhaft mit dem Dokument vor dem Gesicht ihres Freundes herum, um dessen Aufmerksamkeit zu gewinnen.
    Ein wenig zögerlich schwenkte Ray seinen Kopf in die Richtung seiner Sitzpartnerin. Tatsächlich hatte er nur flüchtig jedes dritte Wort Sonjas registriert. Zu stark war einfach der Drang, seine Aufmerksamkeit seinen Mitschülern, oder vielmehr den bunten und artenreichen Kreaturen an deren Seite zu schenken. Wie es Sonja überhaupt vermochte, bei dem ganzen Gefiepe, Geschnurre, Gebell und Gesumme einen klaren Gedanken zu fassen, war Ray völlig fremd. Viel zu sehr packte ihn einfach der bloße Anblick des Artenreichtums der Pokémonwelt. Es hatte ihn seine ganze Willenskraft abverlangt, überhaupt seinen Blick von dem faszinierenden, fast kniehohen, vierpfotigen Geschöpf mit seinem buschigen orangeroten schwarzgestreiften Fell, dem nicht weniger buschigem Schwanz und den seinem Trainer gegenüber treu ergebenen schwarzen Augen zu lösen. Ein Gefühl des blanken Neids überkam Ray bei dem Gedanken, dass er noch bis morgen warten musste, bis auch er seinen vielleicht ebenfalls feuchtschnauzigen Pokémonfreund in seine Arme schließen konnte. Gemeinheit ... Wenn doch schon morgen wäre ...
    „Äh, sorry. Was meintest du?“, fragte Ray und setzte seine wirklich allerbeste Unschuldsmiene auf.
    „Ich labere mir hier einen ab und der werte Herr hört mir gar nicht zu ...“, schnaubte Sonja verdrießlich.
    „Ach, i wo!“, winkte Ray ab und kratzte insgeheim die wenigen hängen gebliebenen Wortfetzen Sonjas fieberhaft zusammen. „Also, wie war das jetzt mit den Arbeitsgemeinschaften? Man kann sich also etwas aussuchen, ja? Und was genau?“
    „Hier.“ Sonja reichte Ray durch ihr Gefuchtel stark in Mitleidenschaft geratene Stück Papier.


    Arbeitsgemeinschaften
    Die Bücherwürmer – Literaturgemeinschaft
    Fit for fun mit dem Sportclub
    Die Gilde der Brettspieler
    Die Koch-AG
    Das Bündnis der Elite-Pokémontrainer
    Schülerzeitung
    Celebis Zeichenatelier
    Die Gammlerclique
    ...


    Bei dem letzten von ihm gelesenen Angebot löste Ray seinen mittlerweile doch recht interessierten Blick von dem weißen Blatt Papier. Stirnrunzelnd wandte es sich seiner Klassenkameradin zu. „Sag mal ... Werden die Arbeitsgemeinschaften alle von Lehrern geleitet? Kann ich mir ja irgendwie nicht vorstellen ...“ Seine Lippen formten stumm das Wort „Gammlerclique“ und gluckste dabei leicht hörbar auf.
    „Nein, also manche Arbeitsgemeinschaften werden auch von Schülern der dritten Jahrgangsstufe geleitet“, meinte Sonja. „Ist schon was dabei, was dich interessieren würde?“
    Ray ließ seinen Blick noch einmal über das Blatt schweifen. „Dieses Pokémontrainerbündnis klingt vielversprechend.“ Er suchte das noch mit etlichen weiteren Angeboten bestückte Blatt nach interessanten Angeboten ab. „Bäh! Das stinkt förmlich nach Finch. Hör dir das an: ‚Die Verfechter der gehobenen Zahlenkunst’.“
    „Ich bin ja etwas zwiespältig ...“, murmelte Sonja und ignorierte dabei Rays theatralische Vorstellung, sich im hohen Bogen in dem ihm seitlich gelegenen Mülleimer zu übergeben. „Kunst ist ja etwas Feines – mache ich wahnsinnig gerne. Andererseits lese ich aber auch gerne. Aber auch die Schülerzeitung reizt mich ...“
    „Turnt mich alles nicht so an“, schoss es Ray schlagartig durch den Kopf, als Sonja geendet hatte, entschloss sich allerdings dazu, es ihr nicht auf die Nase zu binden. Genau im selben Augenblick läutete die Glocke zum Beginn der fünften Stunde und somit zum Ende der Pause.
    „Also, was willst du machen?“ Sonja hatte sich erhoben, während ganze Heerscharen von missmutig brummenden oder geschäftig schwatzenden Schülern an ihnen vorbeizogen und ihre Pokémon dabei nach einem kurzen Wort des Abschieds in ihre Pokébälle zurückbeorderten. Sonjas Blick ruhte währenddessen auf Ray - begierig auf eine Antwort seitens ihres Freundes wartend.
    „Ich denke, ich statte mal dem Pokémontrainerbündnis einen Besuch ab. Du?“
    Sonja wirkte herbe enttäuscht. Es war wohl ganz und gar nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. „Literaturgemeinschaft“, sagte sie knapp. „Wie sehen uns dann später, denke ich ...“


    Etwas plagte ihn ja schon sein schlechtes Gewissen, als er sich inmitten des unaufhaltbaren Schulstroms in Richtung des Elite-Trainer-Bündnisses machte. Aber was hätte er tun sollen? Sicher, er war nicht gerade schlecht im Zeichnen und natürlich auch nicht das, was man einen Legastheniker nannte, allerdings konnte Ray nicht gerade von sich selbst behaupten, eben diesen Dingen solche Leidenschaft entgegen zu bringen, wie es offenbar seine Freundin tat. Ausnahmsweise sollte es mal nach seinem Kopf gehen, auch wenn er sich sichtlich unwohl bei dem Gedanken fühlte, Sonja alleine zu lassen.


    Der Saal im Erdgeschoss, in dem die Trainergemeinschaft tagte, war rappelvoll besetzt. Stühle suchte man in dem einfach nur verboten überfüllten Saal vergeblich. Leicht zögernd gesellte sich Ray zu seinen Schulkameraden, die sich wegen Platzabstinenz reihum an der Wand entlangschlängelten. Trotz des mangelnden Überblicks entdeckte Ray einige flüchtig bekannte Gesichter. Lence White aus der zweiten Jahrgangsstufe, der sich in der Frühstückspause herablassend über Eagle ausgelassen hatte, Rico Tarik inklusive seines Begleitschutzes in Form von Nicholas Vance und Billy Finch, ein farbiger Junge, dessen Name er vergessen hatte, aber von dem er wusste, dass er im selben Haus seiner Jahrgangsstufe war und sogar Eagle war da – auf einem der wenigen Stühle thronend. Wie es sich herausstellte, wurde diese Arbeitsgemeinschaft von keinem Lehrer, sondern von einem Schüler des Entei-Hauses der dritten Jahrgangsstufe geleitet. Die Luft war zum Zerreisen gespannt, während Markis Tarmur, der Leiter dieser Arbeitsgemeinschaft, sein ausgearbeitetes und äußerst vielversprechendes Konzept vorstellte. Praxisnaher Unterricht, Tipps und Kniffe, um selbst die aussichtslosesten Situationen zu meistern, gemeinsame Trainingsstunden und die daraus resultierenden regelmäßigen Übungskämpfe. Rays positiver Eindruck wurde offensichtlich von vielen geteilt. Kaum hatte Markis seinen fünfzehnminütigen Vortrag geendet und die Schulglocke das Ende der ersten Einschnupperrunde eingeläutet, näherte sich ein Großteil der Zuhörer gierig dem Anmeldeformular. Die Schulvorschrift besagte jedoch, dass die Einschreibung erst nach Ende des dritten und letzten Vortrags stattfinden würde und so räumten Ray und seine Schulkameraden mürrisch das Feld für die nächste Zuhörerrunde. Ray blieb es allerdings nicht verborgen, dass viele keinen Hehl daraus zu machen, lautstark vor dem Klassenzimmer zu verkünden, dass sie vor der Tür campieren und auf das Ende der dritten Runde warten würden. Er selbst kämpfte zwar auch mit dem Gedanken, es den anderen gleich zu tun, widerstand aber letzten Endes der Verlockung und zog von dannen.


    „Und wie ist dein Eindruck?“
    Gerade hatte sich Ray aus dem Klassenzimmer gezwängt, in dem er seine zweite Schnupperrunde absolviert hatte, und sich aus dem lebenden Fluss seiner Mitschüler gekämpft, da wurde er von Sonja, die zufälligerweise gerade den Gang hinuntereilte, in Empfang genommen.
    „Oh, hi“, sagte Ray ein wenig atemlos und schloss sich seiner Klassenkameradin an. „Die Trainer-AG klingt vielversprechend, kann ich dir sagen. Aber die da hinten ...“, Ray machte einen Wink mit seinem Daumen in die Richtung, woher er gekommen war, „ ... „Die Gammlerclique ... Echt voll ohne Plan ... Und bei dir?“
    „Gut, wirklich. Du hast einiges verpasst. Der Literaturclub würde dir sicher Spaß machen und das Künstleratelier ...“, Sonja seufzte einmal laut auf, „ ... Ein Gedicht, Ray, ein Gedicht .... Ich weiß gar nicht, wie ich mich entscheiden soll ...“
    „Mach, was dir am meisten Spaß macht“, meinte Ray schulterzuckend.
    „Ja, schon, ist aber so schwer ...“, seufzte Sonja.
    Nach einer kurzen Periode des Schweigens, in der die beiden Freunde einfach nur nebeneinander hergingen, ergriff Ray wieder das Wort.
    „Sag mal, wo geht’s eigentlich jetzt hin?“, fragte Ray, der durch das Gespräch mit Sonja komplett den Faden verloren hatte und gar nicht mehr wusste, wohin es ihn verschlagen hatte.
    „Die Schülerzeitung steht bei mir als letzter Punkt auf dem Plan. Kommst du mit?“, fragte Sonja.
    Ray spürte Sonjas heiß begierigen Blick auf sich ruhen; so feurig lodernd, dass er ins Schwitzen geriet. „Okay ...“, murmelte Ray schließlich.
    Sonja war natürlich über den plötzlichen Sinneswandel ihres Freundes ganz aus dem Häuschen.


    Zwar konnte Ray nicht gerade von sich behaupten, sonderlich viele Klassenräume der Celebi-High von innen gesehen zu haben, doch wagte er die These, dass nur den wenigsten rund zwanzig startbereite und topmoderne Computer zur Verfügung standen; natürlich ein wahrer Gaumengenuss für Ray.
    „Aber Hallo – gefällt mir!“
    „Siehst du? Sagte ich doch“, meinte Sonja, ohne auch nur ansatzweise ihr zufriedenes Grinsen zu verbergen.
    Beide ließen sich nebeneinander an einem der vielen freien, in vier parallel verlaufende vertikale Bahnen aufgereihte Arbeitstische nieder. Nur unschwer blieb es Ray, während er neugierig Maus und Tastatur in Augenschein in Augenschein nahm, verborgen, dass die beiden vorher besuchten Klassenzimmer wesentlich gefüllter waren, als es dieser war. Der letzten Versammlung der Schülerzeitung wohnten nur wenige Schüler bei. Vielleicht gerade, da es die letzte Tagung war und diejenigen, die wirklich Interesse an dem Projekt zeigten, unlängst an den vorherigen Treffen teilgenommen hatten, oder vielleicht aber auch nur, da die Schülerzeitung – wenn auch in ihrer informativen und gemeinnützigen Rolle – einfach nicht „hip“ genug war, als dass sie beispielsweise mit der Trainer-Gemeinschaft ernsthaft konkurrieren konnte. So zumindest dachte Ray insgeheim. Als wirklich uncool wollte er zwar den tüchtigen Arbeitseifer und den wahrhaft noblen Geist, auf den diese Arbeitsgemeinschaft gegründet worden war, bezeichnen, aber ...
    „Psst, Ray! Weißt du eigentlich, wer das ist?“ Während sie sprach, machte Sonja eine kurze Handbewegung in die Richtung, wo Ray das Lehrerpult vermutete, nämlich nach vorne. Ray folgte dem ungewohnt ehrfürchtigen Ton Sonjas auf dem Stehgreif und stierte in die Richtung ihrer Geste. Hinter einem besonders gewaltigen Monitor, der das halbe Lehrerpult völlig in Beschlag nahm, erspähte Ray eine erwachsene, aber zugleich noch recht jung wirkende Lehrerin – sehr in ihre Arbeit vertieft; zweifelsohne die Leiterin der AG. Ray beugte seinen Kopf mehr und mehr zur Seite, um den durch den Bildschirm versteckten Menschen etwas besser in Augenschein nehmen zu können. Je länger er sie dabei betrachtete, desto jünger kam ihm die leicht fernöstlich angehauchte Paukerin vor. Jung genug, um in seinen Augen als Referendarin durchzugehen.
    „Nö“, sagte Ray wahrheitsgemäß und schwenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Sonja um. „Müsste ich sie etwa kennen?“
    „Das ist Professor Liva – die Schulleiterin“, fügte Sonja genervt und zugleich ehrfürchtig auf Rays ahnungsloses Schulterzucken hinzu.
    „Schulleiterin?“ Abermals musterte Ray die vermeintliche Rektorin. „Bist du dir sicher? Die sieht so jung aus ...“
    „Hundert Prozent!“, sagte Sonja entschlossen. „Sie hielt am ersten Schultag eine Ansprache; hast du aber natürlich verpasst.
    Ray schärfte seinen Blick. Er wollte es einfach nicht glauben. „So, so, die Rektorin also ...“

  • Hiho ^^


    So dann Packen wir mal das Senfglas wieder aus XD.


    Also der Anfang war wieder grandios, ich hab mich nicht mehr eingekriegt ^^. Rays Beschreibung von Professor Cenra ist einfach Göttlich. Sie kam wirklich wie so eine Ausbilderin beim Militär rüber. Und das wird ja auchnoch von der Tatsache untermauert das sogar "Mr Mir-sagt-niemand-was"/Eagle sich brav verhält. Aber wozu braucht man ein Fach wie Gemeinschaftskunde? Das muss mir einer erklären.

    Ach ja die Pause, das schönste an der Schule. Ich würde wahrscheinlich auch nicht wissen was
    Arbeitsgemeinschaft als Unterrichtsfach bedeuten sollte. Und nach der Frage wird Sonja gleich wieder gekonnt ignoriert, sehr vorbildlich. Aber interessante Auswahl. "Die Gammlerclique" Eine nette AG für eine Schule, wobei ich in dem Fall wohl auch eher "Das Bündnis der Elite-Pokémontrainer" bevorzugen würde.
    Und Sonja ist gleich wieder Feuer und Flamme für Lesen und Kunst, ok ich lese auch gerne, aber nicht so gerne das ich dafür einem Club beitreten würde.
    Ja ein überfüllter Raum mit zu wenig Sitztplätzen, aber wer sitzt? "Mr Cool"/
    Eagle tja wer hätts gedacht. Aber passende Beschreibung,

    und sogar Eagle war da – auf einem der wenigen Stühle thronend.

    konnte ich mir wirklich vorstellen, und es passt auch zu ihm.
    Und am Ende der 2 vorstellungs Runde rennen sie sich wieder in die Arme, tja aber wer hätte gedacht das die Schülerzeitung von der Direktorin geleitet werden würde, und das die auchnoch so jung wäre. Naja soll vorkommen. Ach ja ein Raum voll mit den neuesten Computern, da kriegt Ray wieder große Augen. Aber da zeigt sich was man am erste Tag so alles verpassen kann.


    So das Senfglas wird wieder zugeschraubt und weg gestellt.
    Wieder ein tolles und auch lustiges Kapitel, tja ich bin gespannt für welche AG Ray sich am Ende entscheidet. Ich kanns kaum erwarten das es weiter geht ^^.
    MfG Yellow1992

  • [font='Tahoma, Arial, Helvetica, sans-serif'][align=justify][tabmenu][tab=^^]Hi!
    Nun, dann will ich mal wieder.[tab=Fehler]Hier sind übrigens die in diesem Jahr angebotenen AGs. Deutsch, nicht englisch, daher kein Apostroph.
    Kunst ist ja etwas Feines – mache ich wahnsinnig gerne.
    Die Luft war zum Zerreißen gespannt, während Markis Tarmur, der Leiter dieser Arbeitsgemeinschaft, sein ausgearbeitetes und äußerst vielversprechendes Konzept vorstellte.
    Beide ließen sich nebeneinander an einem der vielen freien, in vier parallel verlaufenden vertikalen Bahnen aufgereihten Arbeitstische nieder.[tab=Kritik]Wozu heißt ein Fach Gemeinschaftskunde und dann beschränkt man sich aufs Abschreiben? Da zeigt sich wieder, wie gar sinnvoll manche Stunden sein können. Aber ich bin doch recht gespannt, was Eagle in der nächsten Stunde dieses Fachs machen wird ... Beziehungsweise, was die Professorin machen wird, wenn er mit seiner Schwarzweißkluft auftaucht. Denn ich habe so das Gefühl, als ob er genau das machen würde. Er scheint mir nicht ein Typ zu sein, der sich gerne Regeln unterwirft, selbst wenn er explizit auf seine Verstöße gegen sie hingewiesen wird.
    Hm, muss wirklich deprimierend sein, alle anderen, älteren Schüler mit den Pokémon zu sehen. Schön, dass du auch das zur Sprache bringst, schließlich wäre es ja seltsam, wenn die Älteren ihre Pausen woanders verbringen würde. Ich meine, der Schulcampus scheint ja groß genug dafür zu sein ... aber sinnlos wäre es dennoch.
    Arbeitsgemeinschaft, ja, das ist wirklich ein seltsamer Name auf den ersten Blick. Auf den zweiten nicht, wenn man eine Erklärung serviert bekommt ... da scheint es eine wirklich gelungene Abwechslung, Wahlpflichfächer sozusagen. Mehr oder weniger. Und interessante Dinge werden da auch angeboten, da würde ich auch gern mal dabeisein, irgendwie. Aber Schülerzeitung oder Literatur? Oder doch Mathe, denn irgendwie klingt es ganz nett. Das ist die Frage ... aber ich schweife ab.
    Die Dinge, zwischen denen Sonja schwankt, passen zu ihr (und es sind ja wirklich schöne Sachen). Elitetrainer und Gammlerclique passt auch zu Ray, da brauchte man eigentlich nicht einmal seine Anwort abwarten, war sehr zu erwarten. Genau das ist eben sein Typ. Aber ja, wie nett, dass er es nicht lassen kann, über Finch herzuziehen. Auf den Nachmittagsunterricht freu ich mich schon, denn das verspricht sicherlich lustig zu werden. Zumindest für einen Leser, ob für Ray, das ist die Frage.
    Eagle auch bei den Elitetrainern? Passt zu ihm, ebenso die Tatsache, dass er einen Stuhl ergattern konnte. Ich frage mich nur, warum die dort so wenige haben? Eigentlich ist ja davon auszugehen, dass die schon Erfahrung damit haben - und ich schätze, da wird der Andrang auf dieses "Fach" auch relativ groß sein. Also relativ undurchdacht, entweder von dir oder oder Kursleitung dort. *g*
    Die Schülerzeitung wird von der Direktorin geleitet, die noch dazu recht jung ist? Wie ich mir halt keine junge Direktorin vorstellen kann, aufgrund von eigenen Erfahrungen ... aber gut. Da steckt Ray wohl wirklich in der Klemme, denn wissen, was er nehmen will, wird er nun wohl nicht. Vor allem, wenn es dort so viele Computer gibt. Wobei diese eigentlich nicht besonders ausschlaggebend sein müssen, denn wozu hat er seinen Laptop mitgenommen? Ich tippe ja darauf, dass er die Elitetrainer wählen wird, ebenso Eagle. Und Sonja wird den Literaturzirkel nehmen, denke ich. Kann ich mir einfach am besten vorstellen.
    Aber zuerst scheint ja noch ein wenig über die Schülerzeitung anzustehen. Da frag ich mich, ob es doch etwas gibt, dass Ray so fasziniert, dass ich mir denke, er wird doch lieber die Schülerzeitung nehmen? Wenn er sie nimmt, dann nimmt Sonja sie auch, so viel ist aber so gut wie sicher, würd ich sagen.
    Nun, das wars dann wieder einmal.
    ~ LG, Maj

  • Part 5: Von Schülern, für Schüler


    Natürlich war es eigentlich völlig gleichgültig, wer nun der Direktor der Schule war. T-Rex blieb T-Rex. Nur fand es Ray irgendwie ungewohnt, eine Schulleiterin vor sich zu haben, die auch gut und gerne als seine älteste Schwester durchgegangen wäre.
    Der Saal hatte sich mittlerweile gefüllt – wenn man das so nennen durfte. Den wenigen Anwesenden gesellten sich noch eine Hand voll weiterer Schüler hinzu. Zum vorletzten Mal läutete die Schulglocke und kündigte den Beginn der letzten Kennenlernrunde an. Mit diesem Signal verebbte beinahe gänzlich sämtliche Unterhaltung im Raum. Ein Trio Suicune-Mädels gickelte noch leise über einen offenbar köstlichen Witz einer der dreien und der einzige laufende Rechner, nämlich der, an dem Professor Liva arbeitete, summte leise vor sich hin. Man wartete gespannt das Enden ihrer Arbeit und somit den Beginn ihrer Ausführungen zur Schülerzeitung ab.


    Endlich - nach einer weiteren ereignislosen Minute des Wartens – ließ die Schulleiterin von ihrer Arbeit ab und erhob sich von ihrem bequemen Stuhl. Irgendwie, so nahm Ray zumindest die Situation wahr, erweckte die Schulleiterin den Eindruck, als hätte sie zu dieser Stunde ihre Zeit viel lieber in ihre wohl noch unerledigte Arbeit investiert, von der sie sich jetzt notgedrungen losreißen musste. Folglich fühlte sich Ray durch seine Vermutung innerlich unwohl, ja beinahe in seiner Anwesenheit unerwünscht. Seine Überlegung blieb letztendlich aber unbestätigt. Mit einem zarten Lächeln auf den Lippen begann Professor Liva ihre Ausfertigungen, die Schülerzeitung betreffend. Zumindest in ihren Worten fand Ray keine Feindseligkeit ihren Schülern gegenüber und auch keine Spur von falscher Heuchelei. Eben dies fand Ray - ganz im Geheimen - bei Lehrern (zumindest bei den meisten) und bei Erwachsenen sehr beeindruckend. Die Gabe, mit verschiedenen Aufgaben regelrecht zu jonglieren und bei all dem Heckmeck sogar noch den Überblick zu behalten. Eine solche Leistung verdiente selbst in den Augen Rays Anerkennung. Es offenkundig breittreten würde er aber nicht. Lehrer würden für ihn immer das bleiben, was sie nun mal waren – nämlich Lehrer ...


    „ … bin ich dennoch froh, dass von den Schülern so reges Interesse für dieses Projekt gezeigt wird.“
    Ray konnte ein Glucksen nicht unterdrücken. Das „rege Interesse“, von der Professor Liva so breitgetreten sprach, war geradezu lächerlich; schon allein, wenn man die Beteiligung mit jener, der Trainer-Arbeitsgemeinschaft verglich. Der Schuldirektorin war dieser ernüchternde Fakt, von dem sie vielleicht aber auch rein gar nichts wusste, offenbar gleichgültig. Stattdessen fuhr sie ihre Rede, ungeachtet der Tatsache, dass das Mädchentrio im hinteren Teil des Raumes wieder zu giggeln begonnen hatte, ohne Umschweife fort.
    „Umfragen im letzten Jahr haben ergeben, dass ein Interesse der Schüler für eine eigens für die Schule aufgelegte Zeitung definitiv vorhanden ist. Die Frage zur Finanzierung dieses Projekts gehört grundgenommen nicht hier in den Raum. Dennoch möchte ich kurz …“
    „Äh, entschuldigen Sie bitte - Professor?“ Ray hatte sich ein wenig kleinlaut zu Wort gemeldet und leicht zögernd erhoben. Wie er selbst feststellen musste, klang seine eigene Stimme merkwürdig hoch, gar fremd. Als er dann so dastand, beobachtet von sämtlichen Augenpaaren im Raum und dann noch ausgerechnet von der Schulleiterin höchstpersönlich, fühlte er sich plötzlich sichtlich unwohl in seiner Haut, zu mal es überhaupt nicht seine Art war, sich freiwillig zu Wort zu melden. Beinahe wie eine wehrlose Maus, die eine mit scharfen Krallen versehene Katze um ein Stückchen Käse anbettelte. Wie auf dem Präsentierteller. Am liebsten hätte er sofort wieder Platz genommen; sich gewünscht, er hätte sich niemals darauf eingelassen, der Schulleiterin ins Wort zu fallen und somit ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch dafür was es jetzt leider zu spät.
    „Ja, Mr. …?“
    „Valentine, Ray Valentine, Professor“, ergänzte Ray die Schulleiterin. „Wollen Sie damit sagen, dass zum ersten Mal eine Schülerzeitung veröffentlicht werden soll?“, fragte er und versuchte dabei, so höflich wie nur möglich zu klingen
    „Sie haben Recht, Mr. Valentine“, antwortete Professor Liva ihrem jungen Schüler freundlich. „Wie bereits gesagt, wurde das Thema einer Schülerzeitung in einer Meinungsumfrage unter den Schülern zur Sprache gebracht. Auch wenn es unter den Mitgliedern des Lehrkörpers zu einigen Meinungsverschiedenheiten kam, habe ich dennoch diese Arbeitsgemeinschaft konzipiert und schließlich auch ins Leben gerufen.“ Sie machte eine kurze Pause und entfernte sich einige Schritte von ihrem Pult, bevor sie fortfuhr. „Da mir die Wünsche und Sehnsüchte aller Studenten unserer schönen Schule sehr am Herzen liegen, es leider aber einen gewissen Engpass bei der Besetzung einer fachlichen Kraft zur Führung dieser Arbeitsgemeinschaft kam, habe ich mich kurzerhand selbst dazu entschlossen, dieses Pilotprojekt selbst zu leiten – als Chefredakteurin sozusagen.“ Sie lächelte etwas matt, kaum hatte sie ihren Satz geendet. Das Wort „Chef“ schien ihr irgendwie nicht wirklich zu behagen, glaubte zumindest Ray. „Aber eine Führung ist bekanntlich nur so gut, wie ihre Mitarbeiter“, fuhr sie fort. „Daher benötige ich eure tatkräftige Unterstützung. Von euren Fiktionen soll die Schülerzeitung gespeist werden; von euren Ideen und nicht von meinen. Eine Zeitung von Schülern, für Schüler. Es wäre mein Wunsch, dass dies nicht nur irgendeine fixe Idee meinerseits ist, sondern dass ich, nein, wir wirklichen Erfolg vorweisen können. Zum Wohle der Schule und ihrer Schüler.“
    Sonja ließ ein ehrfürchtiges Seufzen verlauten, nachdem die Schulleiterin ihre Rede geendet hatte. Ray verstand die Botschaft seiner Banknachbarin blind. Das Engagement der Schulleiterin war ergreifend. Die Last, die Schule auf ihren Schultern zu tragen, war sicherlich auch bereits ohne dieses Projekt schon schwer genug. Dennoch wollte sie ihre wenige freie Zeit dafür opfern, ein solch zeitintensives Projekt zu leiten. „Eine Zeitung von Schülern, für Schüler.“ Irgendwie gefiel Ray dieser Gedanke und empfand der Schulleiterin und ihrer ganzen Einstellung der Schule und ihrer Schüler gegenüber wahre Hochachtung. Ein Funken dieser Anerkennung aber auch, weil sie sich gegen einige Mitglieder des Lehrkörpers behauptet und diesen Interessenkonflikt sogar gewonnen hatte. Ray konnte nicht anders: ihm gefiel die ganze Einstellung der Schulleiterin und konnte sogar seine angeborene Abneigung gegen Lehrer überwinden – zumindest kurz.


    Auf diese ergreifende Rede folgten noch weitere Details über Finanzierung, das Konzept und die Planung der ersten Herausgabe. Ihre Rede hielt sogar noch weit über das finale Klingelzeichen und somit dem Ende der dritten Schnupperpartie an. Unter normalen Umständen hätte Ray längst Mittagschlaf gehalten. Lange Reden hatten ihn noch nie wirklich gereizt. Doch seltsamerweise driftete seine Aufmerksamkeit nicht wie gewohnt in seine rege Phantasie ab - im Gegenteil. Stattdessen sog er regelrecht jedes einzelne ihrer Worte in sich auf. Sehr zur Freude seiner Freundin.
    „Und, was meinst du?“, fragte Sonja. Die detailreiche Rede der Schulleiterin war vorbei und alle hatten sich von ihren Plätzen erhoben, alle, bis auf Ray. Professor Liva hatte es sich unterdessen wieder an ihrem Arbeitstisch bequem gemacht und setzte dort ihre angefangene Arbeit fort, als hätte es niemals eine Unterbrechung gegeben. „Wäre das nicht was für dich?“
    Ray schürzte die Lippen, schwang seine Arme um den Hinterkopf, lehnte sich bequem zurück und ließ dabei die ausdehnbare Rückenlehne seines Schreibtischstuhls bis zum Anschlag nach hinten klappen. „Hm ... Hat schon was. Allein schon wegen der Computer ...“ Er linste verstohlen auf das blank polierte schwarze Gehäuse des Computers zu seinen Füßen. Ein verschlagenes Grinsen huschte über sein Gesicht, während ihm die Gedanken, was man mit diesen prachtvollen Kisten sonst noch so alles anfangen könnte, vor seinem inneren Auge erschienen. Tatsächlich befand er sich in einer Zwickmühle. Einerseits hatte ihn das Auftreten der Schulleiterin tatsächlich beeindruckt. Ihr Vorhaben klang selbst in seinen Ohren sehr vielversprechend und gleichzeitig überaus lobenswert; die startbereiten Computer – wie das Sahnehäubchen auf einem überaus verlockenden Stück Erdbeerkuchen – nicht zu vergessen. Doch andererseits schüttelte es ihn förmlich bei dem Gedanken, er würde seine grundgenommen freie Zeit dafür opfern, um zu arbeiten. Statt sich in einem muffigen Klassenzimmer Gedanken über die neuste Ausgabe der Zeitung zu machen, sich mit seiner miserablen Rechtschreibung und den grammatikalischen Feinheiten herumzuärgern, könnte er sich ebenso gut hitzigen Pokémonzweikämpfen stellen - etwas wirklich Sinnvolles lernen. War er nicht gerade deswegen überhaupt hier?
    „Ray, alles okay?“
    „Kopfschmerzen“, klagte Ray. Unlängst hatte er sein Gesicht in seinen Händen vergraben. Wie sollte er sich entscheiden? Warum musste das Leben nur so kompliziert sein? Doch allzu lange durfte er nicht mehr zögern. Mit dem Ende der letzten Schnupperpartie war es nun Zeit, eine Entscheidung zu fällen. Wenn er nicht das restliche Schuljahr in einem Häkelclub verbringen wollte, wo er hübsch verzierte Häkeldecken für schrullige, alte Damen herstellen würde, musste er sich jetzt entscheiden. Doch wie nur? Ja, wie nur ... Vor der offenen Tür konnte Ray deutlich das beinahe panische Fußgetrappel unzähliger Schüler wahrnehmen, welche die Schule nach dem richtigen Klassenzimmer ihrer Wunscharbeitsgemeinschaft durchjagten. Die Zeit war knapp.


    Wie es der Zufall wollte, folgte die Antwort auf diese Frage auf dem Fuße. Die Schulglocke läutete. Dieses Mal jedoch anders, als er es bislang gewohnt war. Eine akustisch verstärkte Stimme folgte den üblichen drei in ihrer Tonlage herabfallenden Lauten aus dem Lautsprecher. Ein wenig dankbar für diese Unterbrechung löste Ray seine Gedanken um diese schwerwiegende Entscheidung und ließ seinen Blick interessiert zu der Lautsprecheranlage in der Nähe der Ausgangstür wandern.
    „Eine Durchsage ...“ Eine Ray unbekannte, dunkle Männerstimme, ein wenig griesgrämig klingend, tönte durch den Saal und sicherlich auch durch den Rest des Schulgebäudes. Ursprünglich hatte Ray oft selbst den Anlass gegeben, weswegen es zu solchen Durchsagen in seiner früheren Schulzeit gekommen war, was in der Regel mit einer Regelübertretung und dem daraus resultierenden Nachsitzen verbunden gewesen war. Doch nicht heute. Das konnte nicht sein, denn er hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen – noch nicht.
    „Die Leitungen des Sportclubs und der Elite-Pokémon-Trainer-Gemeinschaft haben eben verlauten lassen, dass sie bereits die Kapazität ihres Teilnehmerlimits erreicht haben. Sie bitten daher, keine weiteren Anfragen auf offene Plätze zu stellen. Weiterhin bat mich der Wissenschaftsclub mitzuteilen, dass ihre Reihen längst noch nicht gefüllt seien. Ende der Durchsage.“ Die Stimme erstarb.
    Ray stöhnte leise auf. Wie heiße Nadeln stach ihm etwas an die Stelle in die Brust, wo unter normalen Umständen eigentlich sein Herz sitzen müsste. Er hatte verspielt.
    „Wer zu spät kommt ...“, murmelte er süßsauer und erhob sich. Sonjas Blick folgte ihm.
    „Die Trainer-Gemeinschaft?“, fragte sie. Ray nickte leicht angeknickst.
    „Sorry ...“, antwortete Sonja kleinlaut. „Ist vielleicht meine Schuld. Hätte dich nicht hier hinschleppen sollen. Dann hättest du es vielleicht noch geschafft ...“
    „Ach, egal. Nicht deine Schuld“, winkte Ray ab. „Da wäre ich eh nicht mehr reingekommen. Hättest mal die Schlange sehen sollen und das bereits nach dem ersten Durchgang.“
    „Trotzdem ...“, murmelte Sonja.
    „Was machst du jetzt?“, wechselte Ray das Thema. „Du weißt: die Uhr tickt.“
    „Jaaah, ich weiß, kann mich aber irgendwie nicht entscheiden ...“ Auch Sonja war hin- und hergerissen und machte es durch die Nervosität in ihren Beinen auch klar verständlich. „Der Literaturclub, oder doch eher das Kunstatelier? Die Schülerzeitung klingt auch ganz okay ... Och, man! Ich kann mich nicht entscheiden und schon gar nicht unter Zeitdruck."
    „Wenn ihr meine Meinung hören wollt – nehmt die Schülerzeitung.“
    Ray und Sonja zuckten erschrocken zusammen. Der ebenholzfarbene zu einem langen Zopf geflochtene Haarschopf der Schulleiterin schaute einen Spalt weit hinter dem Monitor hervor, hinter dem sie im Verborgenen arbeitete.
    „Sie haben gelauscht?“, fragte Ray leicht amüsiert. Die Schulleiterin gefiel ihr von Mal zu Mal besser.
    Professor Liva lächelte vergnügt. „Nur flüchtig, aber man kann eure Unterhaltung schlecht ignorieren. Ihr versteht hoffentlich ...“
    „Ja, klar, kein Problem“, lachte Ray. Sonja hingegen nahm es nicht ganz so locker, wie es Ray tat. Halb beschämt, halb mürrisch ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl sinken. Tja, der Feind hörte mit. Das hatte sie im Eifer des Gefechts wohl völlig vergessen.
    „Weißt du was? Ich glaube, ich mach’s“, sagte Ray.
    Sonja hob ihren Kopf fragend in Richtung Ray. „Was?“
    „Du kannst mich offiziell für verrückt erklären, aber ich mache einen auf Journalist“, sagte Ray breit grinsend.
    „Die Schülerzeitung?“, hakte Sonja nach.
    „Was spricht dagegen? Kämpfe ich halt gegen meine Legasthenie, anstatt gegen andere Trainer anzutreten. Ich meine, wo liegt der Unterschied?“
    Auf Rays freche Antwort folgte ein kurz angehaltenes Schweigen seiner Freundin, bis sich diese auch erhob. Ihre Gesichtszüge waren von Skepsis zerfressen.
    „Bin dabei ...“, sagte sie kurz angebunden.
    „Je mehr Verrückte, desto besser“, gluckste Ray und zwinkerte dabei der Schulleiterin zu, die genau in jenem Moment hinter ihrem Monitor hervorlugte. Er glaubte sogar, dass sie sein Zwinkern erwidert hatte, bevor sie wieder hinter den Bildschirm verschwand.

  • Hiho ^^
    So dann machen wir mal das Senfglas leer ^^.


    OK T-Rex is die beste Umschreibung für die Person des Schulleiters, die mir je unter gekommen ist. Gleich zum Anfang was richtiges zu lachen XD.


    Nur fand es Ray irgendwie ungewohnt, eine Schulleiterin vor sich zu haben, die auch gut und gerne als seine älteste Schwester durchgegangen wäre.

    Nur mal so, wer würde das nicht Komisch finden? Wirklich das würde mich dochmal interessieren XD.
    Tja die Schülerzeitung scheint ja nicht so gefragt zu sein ^^, und das obwohl die Schüler selber dafür gestimmt haben.
    Mein Gott die erste Schülerzeitung und Ray will mitmachen, na was das werden wird. Das kann und will ich mir garnicht vorstellen, ich habe vor noch ein bisschen zu leben XD.
    Aber das die Schulleiterin Ray nicht langweilt, unglaublich. Ich bin ja auch schnell mit den Gedanken woanders wen die Lehrer was erzählen, und es mich nicht wirklich interessiert. Aber die muss ja wirklich eine fesselnde Rede gehalten haben, wen sie Ray ohne Peitsche zum zuhören gebracht hat ^^. Aber war ja kla das er auch noch an die anderen Verwendungsmöglichkeiten der Computer gedacht hat XD, nicht anderst zu erwarten.

    Lehrer würden für ihn immer das bleiben, was sie nun mal waren – nämlich Lehrer

    Erst dachte ich ja, ein Glück seine Meinung ist immer noch die selbe, aber dann,


    Ray konnte nicht anders: ihm gefiel die ganze Einstellung der Schulleiterin und konnte sogar seine angeborene Abneigung gegen Lehrer überwinden – zumindest kurz.


    mein Gott was muss das für eine Lehrerin sein, die muss doch einen Trick benutzt haben um seine Gedanken zu manipulieren oder so XD. Ok Scherz beiseite ^^. Ich muss sagen ich magProfessor Liva auch, sie ist wenigstens lustig, ob das wohl am alter liegt?
    Das Ray Probleme haben wird sich zu entscheiden hätte ich nicht gedacht, aber es war im Bereich des möglichen, aber das er davon auchnoch Kopfschmerzen bekommt XD, die Entscheidung muss ja wirklich schwer gewesen sein ^^. Und das Professor Liva dann auchnoch lauscht, unglaublich so was nenne ich doch mal ein Vorbild XD. Aber "Der Feind hört mit" als ich das gelesen habe, einfach genial.
    Tja da hat sich der Professor ja wen an Bord geholt, hoffen wirs mal das sie das nicht bereut ;P.


    So danke für das tolle und vorallem lustige Kapitel ^^. Ich habe mich köstlich amüsiert beim lesen ^^.
    Ich freue mich schon wieder auf das nächste.
    MfG Yellow1992

  • [font='Tahoma, Arial, Helvetica, sans-serif'][align=justify][tabmenu][tab=^^]Hi!
    Nun, dann will ich wieder mal.[tab=Fehler]„ … bin ich dennoch froh, dass von den Schülern so reges Interesse für dieses Projekt gezeigt wird.“
    Das „rege Interesse“, von der Professor Liva so breitgetreten sprach, war geradezu lächerlich; schon allein, wenn man die Beteiligung mit jener der Trainer-Arbeitsgemeinschaft verglich.
    Der Schuldirektorin war dieser ernüchternde Fakt, von dem sie vielleicht aber auch rein gar nichts wusste, offenbar gleichgültig.
    „Wollen Sie damit sagen, dass zum ersten Mal eine Schülerzeitung veröffentlicht werden soll?“
    Es wäre mein Wunsch, dass dies nicht nur irgendeine fixe Idee meinerseits ist, sondern dass ich, nein, wir wirklichen Erfolg vorweisen können.
    Ein Funken dieser Anerkennung aber auch, weil sie sich gegen einige Mitglieder des Lehrkörpers behauptet (hatte) und sogar gewonnen hatte.
    (...) könnte er sich ebenso gut hitzigen Pokémonzweikämpfen stellen - etwas wirklich Sinnvolles lernen.
    „Der Literaturclub, oder doch eher das Kunstatelier? Die Schülerzeitung klingt auch ganz okay ... Och, man! Ich kann mich nicht entscheiden und schon gar nicht unter Zeitdruck.[tab=Kritik]Unglaublich, dass Ray einem Lehrer Respekt entgegenbringt. Irgendwie hätte ich das nicht von ihm erwartet, vor allem, wenn Professor Liva doch so jung ist. Da hätte ich eher von ihm erwartet, dass er recht ungezwungen mit ihr umspringt - selbst wenn sie die Direktorin ist. Aber ja, schließlich kenne ich Ray noch nicht lange, und ich muss zugeben, dass er mir durch dieses Teilkapitel mal sympathischer geworden ist.
    Professor Liva selbst scheint eine interessante Persönlichkeit zu besitzen. Direktorin, und dann startet sie noch dieses Pilotprojekt gegen den Willen vieler Lehrer? Meinen Respekt hat die Frau, denn Durchhaltevermögen muss sie besitzen, anders kann das nur schiefgehen. Wobei ich aber schon Tendenzen zum Workaholic zu erkennen glaube. Oder bilde ich mir das nur ein?
    Rays Entscheidungsprobleme waren ja schon voraussehbar, aber dass er sogar Kopfschmerzen davon bekommt - das hätte ich nicht erwartet. Wie gut, dass es diese Durchsage gab - auch wenn sie schon ziemlich in Richtung Deus ex Machina geht. Aber ja, wie du ja schon in meinem GB angedeutet hast, hattest du ja Schwierigkeiten, das so auszudrücken, wie du es gerne gehabt hättest. Da kann man das verstehen, zeitweise geht es eben nicht anders, auch wenn man dann vollkommen unzufrieden mit der Lösung ist.
    Dass sich Liva in das Gespräch einschaltet, hätte ich nicht erwartet, auch wenn ich mich schon gewundert habe, weshalb Sonja und Ray noch im Raum zurückbleiben. Dem habe ich zuerst auch keine besondere Bedeutung zugeschrieben, aber an dieser Stelle war es klar, warum du das so gelöst hast. Ja, Lehrer müssen immer für ihre Wahlfächer werben ... kenn ich nur zu gut. Auch, wenn ich es hier gut verstehen kann, schließlich ist anzunehmen, dass das Team der Schülerzeitung nicht besonders groß werden wird. Oder gab es in den ersten beiden Stunden so viele Interessenten, dass keine übriggeblieben sind? Das kann ich mir kaum vorstellen.
    Da Ray sich für die Schülerzeitung entschieden hat (auch wenn er vielleicht ein bisschen gar übertrieben glücklich über seine Wahl war, als Kontrast zu den vorhergehenden Kopfschmerzen), war es nur logisch, dass auch Sonja sie nimmt.
    Jedenfalls scheint das ja eine interessante Runde zu werden, da bin ich mal gespannt, was sich noh für Schüler dafür melden - ob es eine Chaotentruppe wird?
    Nun, außerdem bin ich ja schon mal ganz neugierig, wie sich die FS noch weiter entwickeln wird. ^^
    ~ LG, Maj

  • Part 6: Einmal Mathelehrer – immer Mathelehrer


    Hatte er seine Prinzipien verraten? Mit dieser Frage musste sich der junge Raikouianer fast seine gesamte Mittagspause hindurch konfrontieren. Noch keine zwei Tage war er zu Gast an der Celebi-High. Zwei Tage, die ihn so stark verändert hatten, dass er sich in seinem eigenen Handeln kaum noch wieder erkannte. Hätte ihm vor einigen Wochen ein Vöglein gezwitschert, dass er schon bald in einer Schülerzeitung tätig sein würde – und dies auch noch gewissermaßen freiwillig – hätte er dem Piepmatz wohl selbst den Vogel gezeigt. Die Vorstellung war geradezu grotesk, so abgrundtief unglaubwürdig. Doch eben diese Situation war nun tatsächlich eingetreten. Schon in der nächsten Woche würde er, anstatt sein Pokémon siegreich durch einen Kampf zu führen, stattdessen mit seiner schlechten Rechtschreibung kämpfen müssen. Welch Ironie ... Auch die Gewissheit, dass er in den nächsten drei Stunden den Launen Professor Finchs ausgesetzt war, verhalf nicht gerade dazu, seine Laune zu bessern. Selbst sein wohlriechender Makkaroni-Käse-Auflauf, den er nun bereits seit einer geschlagenen Minute phlegmatisch und ohne einen Bissen davon zu nehmen mit seiner Gabel bearbeitete, konnte da keine Abhilfe schaffen. Der Inhalt seines Tellers glich inzwischen eher einem Schlachtfeld, als einem schmackhaften Mittagessen.


    „Alles klar, Ray? Du bist so schweigsam. Hast du keinen Hunger?“
    Ein wenig zögernd ließ Ray von seinem, wie er es gerne im Nachhinein bezeichnete, „Akt der Gewalt“ gegenüber seinem Mittagessen ab. „Ja, bin okay ...“, log er seine Freundin tonlos an. „Wünschte nur, der Tag wäre bereits vorbei.“ Letzteres entsprach sogar der Wahrheit. Er konnte sich wahrlich einen sinnvolleren Zeitvertreib vorstellen, als Finch drei Stunden lang ertragen zu müssen, auch wenn die kleine Flamme der Hoffnung und Zuversicht, dass sie eventuell ja doch noch an diesem Nachmittag ordentlichen Unterricht behandeln würden, noch nicht gänzlich erloschen war – ordentlichen Unterricht in seinen Augen, versteht sich.
    „Geht mir nicht anders. Der Tag hat irgendwie geschlaucht“, seufzte Sonja. „Sind ja glücklicherweise nur noch drei Stunden.“
    Auch die Zuversicht in der Stimme seiner Freundin wollte Rays Stimmung nicht bessern.
    „Drei Stunden Finch, wohlgemerkt.“ In Rays Stimme lag eine tiefe Abneigung und Abscheu gegen das, was schon bald auf ihn zukommen würde. „Das zählt doppelt ...“
    „Wird schon werden“, meinte Sonja.
    Jetzt war Ray es, der seufzte. Dennoch ließ er es dabei beruhen und ging nicht weiter auf den Optimismus seiner Freundin ein.


    Es folgte eine kurze Pause des Schweigens zwischen den beiden. Abermals war es Sonja, die schließlich den Frieden brach.
    „Ich frage mich, was wohl er genommen hat ...“
    „Hm?“ Ray zwang sich, seinen Blick von dem Trümmerfeld, der zwischenzeitlich kein Stück abgenommen hatte, auf seinem Teller zu lösen. „Wen meinst du?“
    „Na, er.“ Sie machte mit ihrem Kopf eine derart demonstrative Geste in Richtung einem der abgelegenen Tische, dass ihr sonnengelber Haarschopf wie eine Peitsche durch die Luft zischte.
    Rays Augen folgten dem Wink seiner Banknachbarin und fand schnell ihr Ziel: Eagle. Er war über den Themenwechsel richtig dankbar und konnte sogar Finch, den Zahlenfanatiker, für den Augenblick vergessen, auch wenn er auf die Frage Sonjas wohl bereits eine Antwort wusste.
    „So selbstzufrieden, wie der dreinschaut, hat er es sicherlich in die Trainer-AG geschafft“, wertete Ray den von einem leichten Lächeln gekennzeichneten Blick seines Zimmergefährten aus. „Ich frag ihn heute Abend einfach. Vielleicht bindet er es mir aber auch so auf die Nase.“ Ray zuckte bei seiner letzten Bemerkung die Schultern und wandte sich wieder seinem Auflauf zu.


    Für seine Verhältnisse ging die restliche Mittagspause viel zu schnell dahin. Ehe er es sich versah, läutete auch schon die Glocke der Unterdrückung den Beginn des Nachmittagunterrichts an. Als einer von vielen fühlte er sich in dem Strom aus Schülern beinahe wie einer dieser Leibeigenen im alten Ägypten, von denen er in einen seiner wenigen wachen Momente in einer fern zurückliegenden Geschichtsstunde gehört hatte. Bei der Vorstellung, plötzlich einen Schüler peitschenden Professor Finch vor sich zu haben, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieses Gefühlshoch hielt sogar noch bis zu der Ankunft in das Klassenzimmer an, wo an diesem Tag der Unterricht für Pokémon-Training stattfinden sollte. Ein Klassenzimmer wohlgemerkt. Kein Ort, an dem man unter normalen Umständen eine Unterrichtsstunde in Pokémon-Training vermuten würde; es sei denn, der Lehrer hörte auf den Namen Finch. Selbiger erschien schließlich pünktlich wie die Maurer - in seiner altbekannten Montur, bestehend aus Anzug mit Schlips und einem Aktenkoffer, - zum Unterrichtsbeginn.
    „Bitte setzen Sie sich.“
    Die Aufforderung Finchs war absolut überflüssig. Kaum hatte der metallischer, kohleschwarzer Aktenkoffer mit einem unüberhörbaren „Klong!“ das Lehrerpult berührt, da erstarb auch schon sämtliches noch so munteres Gespräch im Klassenzimmer. Wie Ray nach einem kurzen, aber sehr informativen Schulterblick von seinem Platz in der ersten Bankreihe aus feststellen musste, fand auch der Unterricht in Sachen Pokémon-Training im Beisammensein der Suicunes und auch der Enteis statt. Kein wirklicher Anlass zur Freude. Bereits jetzt ging Ray in der sicheren Annahme, dass er und seine Schulkameraden aus dem Hause Suicune abermals der geballten Parteilichkeit ihres gemeinsamen Professors ausgesetzt sein würden.


    Die Aufwärmrunde war vorbei. Professor Finch ließ sich nicht lumpen, übersprang die wohl von der halben Schülerschaft erwarteten Anwesenheitsrunde und ging stattdessen gleich in die Vollen über.
    „Wie Sie sicherlich alle bereits wissen, werde ich es sein, der in diesem Schuljahr Ihre Ausbildung in dem Grundkurs für Pokémon-Training leiten wird. Der Lehrplan schreibt vor, Sie mit den Grundlagen des Pokémon-Trainings vertraut zu machen. Aus diesem Anlass werden wir in diesem Schuljahr speziell die theoretischen Fundamente dieses Lehrfachs behandeln.“
    „Korrigier mich, falls ich falsch liege ...“, Ray hatte seinen Kopf ein Stück weit seiner Freundin zugeneigt und dabei seine Stimme so gesenkt, dass er sich – trotz der bedrohlichen unmittelbaren Nähe zum Lehrerpult – sicher war, dass Finch, während er weiter so vor sich hinschwafelte, unmöglich sein Gespräch mitverfolgen konnte, „... aber ,Theorie’ bedeutet doch so viel, wie in Büchern zu schmökern, oder?“
    Sonja nickte stumm.
    „Das ist doch ein Witz!“ Rays Finger bohrten sich tief in seine Schuluniform. Er war stinksauer – und das sah man ihm auch an. Dabei hatte er aber eben dies schon bereits zu dem Zeitpunkt befürchtet, als Sonja nach der Doppelstunde Mathematik verlautet hatte, dass niemand anderes als Finch den Unterricht für Pokémon-Training leiten würde. „Aber habe ich es nicht gesagt, habe ich es nicht gesagt?“
    Doch die Absichten Finch stießen nicht nur bei dem jungen Raikouianer auf reichlich Missfallen. Von der Ruhe, die noch bei dem Erscheinen ihres Lehrers geherrscht hatte, fehlte nun jede Spur. Stattdessen wurde an jeder zweiten Bank leise miteinander getuschelt – von Sitzreihe zu Sitzreihe angriffslustiger. Der Vulkan brodelte. Sein Ausbruch war nur noch eine Frage der Zeit.
    „... Lektion in Sachen Logik und ...“
    „Verzeihung, Professor?“
    Sämtliche, aber wirklich sämtliche Köpfe im Raum wandten sich einer Suicune-Schülerin in der zweiten Reihe zu. Die Luft knisterte förmlich vor Spannung, ganz als ob man nur so darauf gewartet hätte, dass endlich jemand den Mut hatte, den Mund aufzumachen.
    Professor Finch musterte seine junge Schülerin mit hochgezogener Augenbraue und fragendem Blick. „Ja, Miss West?“
    Nun, da sämtliche Augenpaare im Klassenzimmer auf ihr allein ruhten, wirkte das Suicune-Mädchen deutlich verunsicherter. Sie schluckte einmal tief, bevor sie mit etwas zittriger Stimme zu sprechen begann.
    „Entschuldigen Sie bitte die Unterbrechung, Professor“, sagte sie höflich, „aber ich – ich meine, wir alle - würden gerne erfahren, wann wir zum praktischen Teil übergehen.“
    Für ihre erbrachte Leistung gab es von ihren Klassenkameraden reges zustimmendes und sogar anerkennendes Gemurmel. Nicht nur dafür, dass sie den Mut aufgebracht hatte, Finch inmitten seiner Ausfertigungen zu unterbrechen, sondern auch, dass sie die Frage aller Fragen ohne weitere Umschweife auf so unerschütterliche Art und Weise auf den Punkt gebracht hatte. Theorie, schön und gut, wo aber bleibt der Spaß? Eine Frage, die förmlich nach einer Beantwortung schrie – fand auch Ray. Insgeheim wäre er jede Wette darauf eingegangen, dass Finch es nicht im Geringsten geduldet hätte, dass man ihn während seiner Rede unterbrach. Der zahlenfanatische Pauker jedoch lächelte nur matt.
    „Nachdem wir mit Ihrer theoretischen Ausbildung an einem bestimmten Punkt angelangt sind, werden wir dann schrittweise in die Praxis übergehen, nicht aber völlig der Theorie entsagen und daher regelmäßig die Lehrbücher zu Rate ziehen.“
    „Und wann werden wir diesen Punkt erreicht haben, Sir?“, hakte Madelene West nach. Auf diese Frage spürte Ray sein Herz immer schneller schlagen. Er klebte seinem Lehrer geradezu an den seinen Lippen, die langsam eine Antwort formten. Eine Antwort, auf die er aber im Nachhinein auch gut und gern verzichten hätte können.
    „Voraussichtlich im späten Frühling des nächsten Jahres.“
    „Das ist doch ein Witz!“
    Ray, der in diesem Moment gegen diese Information seines Lehrers lautstark protestiert hatte, zuckte im Nachhinein erschrocken zusammen. Zwar hatte er bereits geahnt, dass seine Schulkameraden nicht gerade Luftsprünge vor Freude über die Hiobsbotschaft Finchs machen würden, nicht aber, dass sich seinem verbalen Protest ein gutes Dutzend Schüler – nicht weniger gellend als er es selbst war – anschließen würden. Mit der Ruhe war es nun endgültig vorbei. Stühle kratzten wütend über den Boden, Bleistifte und Kugelschreiber fielen aus den Händen ihrer Besitzer und abermals überschwemmte eine Flut aus bösem und angriffslustigem Getuschel das Klassenzimmer. Wenn nicht die Lage so bitterernst gewesen wäre, hätte sich Ray in dem ganzen Trubel richtig wohlgefühlt. Ein Aufstand der Schüler und er mitten drin? Warum nicht. Solange der Unterricht darunter litt. Leider war er selbst aber viel zu geladen, als dass er diesen Ausnahmezustand richtig hätte genießen können.


    Ein letzter Stuhl kratzte über den bronzebraunen- und weißgekachelten Fußboden – Professor Finchs Stuhl.
    „Ruhe im Saal!“, donnerte seine Stimme durch den Raum. Auch er hatte sich nun erhoben.
    Bis in der Klasse wieder Ruhe eingekehrt war, waren zwei weitere, nicht weniger bestimmende, Aufrufe seitens Finch notwendig gewesen. Das letzte Wort war zwar noch nicht gesprochen, doch im Klassenzimmer herrschte wieder trügerischer Frieden – zumindest für den Augenblick. Auch Professor Finch nahm wieder an seinem Lehrerpult Platz.
    „Das ist kein Witz, Mr. Granger.“ Finch hatte Eagle an seinem Einzeltisch in der zweiten Reihe anvisiert, dessen verbaler Ausdruck der Empörung besonders laut durch den Saal randaliert war. Die Entrüstung des sonst so gelassenen Raikouianers hatte seine Gesichtszüge zu einer hässlichen, beinahe hasserfüllten, Fratze verformt, fast so, als ob er mit eigenen Augen mit ansehen müsste, wie sein privater Vorrat an Erdbeerschokolade von seinem ältesten Feind leergeräumt werden würde. „Ihre theoretische Ausbildung genießt nun mal Vorrang. Die Praxis werden Sie noch früh genug erlernen und somit das erlernte Wissen in die Tat umsetzen, sofern Sie natürlich kein Dummkopf sind und meinem Unterricht folgen können.“
    „Und was sollen wir bis dahin machen? Unsere Gegner mit Büchern bombardieren?“ Seine ganze Stimme war von einem solch vernichtendem Sarkasmus erfüllt, dass Ray bereits um seinen Ruf als der erste Nachsitzer seiner Klasse bangte. Finch jedoch verzog keine Miene.
    „Sie müssen erst einmal krabbeln lernen, bevor Sie laufen und sich blindlings in die offene Welt stürzen können.“ Mit einem gezielten, blitzschnellen und äußerst bedrohlichem Handwink gebot er Eagle zum Schweigen auf, der bereits seinen Mund zum Kontern geöffnet hatte. Finch schüttelte seinen Kopf. „Gehe ich recht in der Annahme, wenn ich behaupte, dass Sie wohl kaum schwimmen gelernt haben, indem man Sie einfach in den Fluss warf?“
    Ob gewollt oder nicht – Finch musste soeben auf einen wunden Punkt bei seinem hitzigen Schüler gestoßen sein. Nicht einmal ein Hauch des Protests kam mehr über Eagles Lippen. Ein jedes bisschen Farbe war aus seinem Gesicht verschwunden und erstmalig mied er den Blick seines Lehrers. „Nein, Sir, natürlich nicht ...“, antwortete er tonlos, seinen Kopf unterwürfig hängen lassend.
    Finchs Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. „Schön, dass Sie endlich einsichtig sind.“


    Fast zwei volle Schulstunden mussten nur für das Lesen des ersten von zweiunddreißig Kapiteln des Leerbuches „Pokémon-Training für Anfänger von Lordeen Gormbusdi“ herhalten. Wohl das erste von vielen Büchern, das Ray in einem besonders strengen Winter den Flammen seines warmen und unersättlichen Kaminfeuers zum Fraß vorwerfen würde. Die Stimmen seiner Schulkameraden, die Professor Finch zum Vorlesen verdonnert hatte, drohten ihn wie ein zartes, einfühlsames Schlummerlied in den Schlaf zu wiegen. Bereits nach dem dritten Absatz hatte er sämtliches Interesse an der schweren Kost verloren und war in seinen berühmten Wachschlaf versunken. Ein-, zweimal schreckte er für eine Sekunde auf, nur aber, um nach einigen flüchtigen Wörtern wieder einzunicken. Kaum noch gelang es ihm, seinen Kopf in der Höhe zu halten. Wohl zu offensichtlich für den aufmerksamen Pauker.
    „Nun, Mr. Valentine? Was halten Sie von der von Mrs. Grombusdi’s angesprochene Arithmetik-Theorie?“
    Ein spitzer Ellenbogen rammte sich, ein Stück entfernt von Rays Hüfte, in seinen Körper - Sonjas Ellenbogen. Ein mehr als deutliches Warnsignal, dass es an der Zeit war, wieder in die wirkliche Welt zurückzukehren.
    „Häh, was?“ Vielleicht sogar im letzten Moment, bevor sein Kinn das von ihm angerichtete Speichelrinnsaal auf seinem Tisch berührte, schreckte Ray aus seinem Wachschlaf auf. Obwohl er bereits ahnte, was ihn nun erwarten würde, zwang er sich dazu, den Blick von dem kleinen, klebrigen See zu lösen und sich seinem Lehrer zuzuwenden.
    „Meine Frage, Valentine. Haben Sie etwa geschlafen?“, fragte Professor Finch und klang dabei wenig amüsiert. „Wissen Sie, wovon ich rede? – Nein, das wissen Sie natürlich nicht“, fügte er, ohne auf Rays Antwort zu warten, hinzu. „Dann lassen Sie es mich Ihnen mit Worten erklären, die auch Sie vielleicht verstehen.“ Man musste nicht die geschärften Sinne eines Pokémons besitzen, um den herablassenden Ton in den Worten des Professors heraushören zu können. Ray antwortete noch nicht. Er würde seine Chance bekommen, da war er sicher.
    „Mrs. Grombusdi ist der Überzeugung, dass auch der Umgang der Pokémon nicht von den Gesetzen der Physik ausgeschlossen ist. Sie wissen hoffentlich, was man unter Physik versteht, Valentine?“
    „Klar weiß ich das“, feixte Ray. „Chemie ist das, was knallt und stinkt, Physik ist das, was nie gelingt – weiß doch jeder.“
    Selbst Ray musste auf seinen Witz hinaus lachen. Sah man von dem vereinzelten leisen Glucksen seiner Schulkameraden ab, teilte sein Gelächter aber nur einer – Eagle.
    „Danke für diesen geistreichen Kommentar, Valentine. Ich denke, Ihnen und Mr. Granger würde eine Stunde Nachsitzen bei mir besonders gut tun“, sagte Professor Finch buttrig. „Samstag, 15:00 Uhr in meinem Büro. Seien Sie pünktlich, wenn Sie nicht die nächsten beiden Wochenenden ebenfalls nachsitzen möchten.“


    „Ich weiß gar nicht, warum du so zufrieden bist. Stört es dich etwa gar nicht? Nachsitzen, und das gleich am ersten Tag ...“
    Sonja war sichtlich bestürzt. Mit dem letzten Klingelzeichen dieses Tages leerte sich das Klassenzimmer für den Anfänger-Kurs in Pokémon-Training langsam. Ein Großteil seiner Schulkameraden hatte den Saal bereits verlassen. Finch hingegen machte sich einen Verweis in seinem Terminplaner; höchst wahrscheinlich die eher unerwünschte Erinnerung, einen Teil seines Wochenendes mit zwei seiner Schüler verbringen zu müssen.
    Ray schenkte seiner Freundin ein Lächeln, während er Block und Buch grob in seinen Rucksack stopfte. „Auch an dieser Schule ist mein Ruf als der erster Nachsitzer des Jahres gesichert. Darfst mir gratulieren; auch wenn ich meine Lorbeeren dieses Jahr mit jemandem teilen muss.“ Ray erhaschte noch den letzten Augenblick, bevor die von seinem Zimmerkameraden getragene Tasche hinter der Tür verschwand. „Ich hab’s also doch noch drauf.“
    „Na, wenn du sonst keine Probleme hast ...“, meinte Sonja stirnrunzelnd.


    Den restlichen Tag verbrachte Ray im Beisammensein seiner Klassenkameraden, mit Ausnahme von Eagle, seinem Stubenkameraden. Die meiste ihrer freien Zeit verbrachten die Raikouianer damit, über Finch und seine Lehrpraktiken zu schimpfen. Ray nutzte dabei jede freie Gelegenheit, um vor seinen Klassenkameraden mit seiner Nachsitzstunde zu prahlen. Sein Angebergehabe nahm erst mit dem Themenwechsel „Freitag“ ab. Selbst Ray geriet an diesem Punkt ins Schwärmen und konnte seine Gedanken um Finch und sein baldiges Nachsitzen lösen. Morgen war es soweit - der große Tag.

  • Hiho


    So der Senf ist wieder auf ^^.
    Also das Stempel ich mal als missglückter Mordversuch ab, is schon ne weile her das ich so lachen musste ^^.
    Die Sache am Anfang mit dem Vogel, einfach zum wegschmeißen. Aber wirklich, wer hätte das gedacht, Ray in der Schülerzeitung. Na ob das gut geht?
    Das arme Essen es kann doch nichts dafür, und jetzt wird es so zerstückelt, das ist nicht fair.
    Oh je Sonja versucht ihn aufzumuntern, aber mich würde auch interessieren wo Eagle reingekommen ist.
    Oh Finch der Typ geht mir echt auf die Nerven, und Pokemon Kampf Theorie, was is das für ein Mist?.
    Ja der Schüler Aufstand, so wirds gemacht. Aber anscheinend ohne Erfolg, schade.
    Ray und Eagle dürfen gleich Nachsitzen, na das is doch mal nett. Und die Idee mit dem Schüler peitschenden Finch, ich glaub ich sterbe vor Lachen XD. Einfach Hammer.


    Ok das wars wieder von mir *Senfglas weg stell* das war wieder ein sehr schönes Kapi.
    Ich freue mich schon drauf wens weiter geht.


    MfG Yellow1992

  • ~Kapitel 4: Der Super-Pokémon-Freitag~


    Part 1: Abends nicht rein und morgens nicht raus ...

    In dieser Nacht bekam Ray kaum ein Auge zu. Beinahe im Sekundentakt wälzte er sich von einer Seite seines Bettes zu der anderen. Schnell einzuschlafen, um die Nacht baldig hinter sich zu bringen, war ein schieres Wunschdenken. Er fühlte sich zurückversetzt. Zurückversetzt in eine fast schon vergessene Zeit. Er war wie ein kleines Kind, das sich auf die Weihnachtsbescherung freute. In seinem erbitterten Schlafringen erinnerte sich Ray an damals, an die Zeit, als er in dem zarten Alter von fünf, sechs Jahren war. So voller Erwartungen und Hoffnungen an den Weihnachtsabend, dass er vor lauter Vorfreude einfach nicht einschlafen konnte. Er erinnerte sich daran, als ob es gestern gewesen wäre. In der letzten Nacht vor Heiligabend war er mitten in der Nacht klammheimlich aus dem Bett geklettert und hatte sich im Schutze der Dunkelheit an den leuchtenden Christbaum gestohlen; ganz in der Hoffnung, den Weihnachtsmann auf seinem nächtlichen Streifzug durch Kälte und Schnee zu ertappen. Letztendlich aber war er dann doch vor Erschöpfung unter dem Christbaum eingeschlafen, noch bevor der von ihm ersehnte Moment eingetreten war.
    Ray grinste in sein Kopfkissen hinein, während er so in seinen alten Erinnerungen schwelgte. War er doch heute, genau in dieser Nacht, auch nichts anderes als ein kleines Kind kurz vor dem großen Augenblick. Nur eben, dass auf ihn keine, in buntes Geschenkpapier eingewickelte, Eisenbahn wartete, sondern ein echtes, fühlendes und atmendes Wesen.


    Abermals wälzte er sich in seinem Bett hin und her. Er war müde – keine Frage. Der vergangene Tag hatte ihn sehr geschlaucht. Doch wollte und wollte sein Kopf nicht zur Ruhe kommen. Immer und immer wieder kreisten seine Gedanken nur um das Geschöpf, das er schon bald seinen Freund und Spielkameraden nennen durfte. Ein Beistand in allen Lebenslagen – in guten, wie auch in schlechten Zeiten. Einen Freund fürs Leben.
    Selbst als er dann endlich nach gefühlten Stunden der Schlaflosigkeit ein Auge zubekommen hatte, wurde er von seinen Gedanken weiterhin gefoltert und jagte von einem skurrilen Traum in den nächsten. Er träumte, er hätte die Pokémon-Verteilung verschlafen und musste als einziger Schüler des gesamten Campus ein Dasein ohne Begleiter fristen; in einem anderen Traum dann öffnete er eine der rotweißen Kugeln, welche unter normalen Umständen gefangene Pokémon beherbergten, doch materialisierte sich in dem hellen Lichtschein, nachdem der Ball sich geöffnet hatte, stattdessen eine druckfrische Ausgabe von „Pokémon-Training für Anfänger von Lordeen Gormbusdi“; in seinem letzten Traum dann hatte er es endlich geschafft und einen Begleiter in der Gestalt des vierpfotigen Pokémon erhalten, welches er am vergangenen Tage auf dem Schulhof gesehen hatte, da tauchte Finch wie aus dem Nichts auf und meinte, Ray hätte wegen einer missglückten Bruchrechenarbeit, die er vor zwei Jahren abgelegt hatte, gar nicht das Recht, an der Celebi-High zu studieren, und musste deshalb unter dem hämischen Grinsen seines Ex-Mathematik- und Pokémon-Traininglehrers die Schule wieder verlassen.


    Die Nacht zog sich schier unendlich lang dahin. Sporadisch konnte Ray einige Minuten Ruhe finden, bevor er wieder erwachte und abermals mit seinen Gedanken rang. Mit dem ersten Sonnenstrahl dann, der sich seinen Weg freundlich und warm durch einen Spalt in dem Rollladen suchte, fand Rays vergeblicher Kampf ironischerweise endlich ein Ende. Gefühlte Sekunden später hämmerte ihn der schrille Ton seines Weckers aber wieder aus seinem viel zu kurzen Schlaf und zurück in die Realität.
    „Ssschon Zsseit?“
    Ray fühlte sich, als wäre eine Dampfwalze über ihn drübergerollt – dreimal hintereinander. Seine Augenlieder wogen Tonnen und konnten von ihm nur mühsam aufrecht gehalten werden.
    „Geht mich ja nichts an, aber du siehst echt fertig aus.“
    Durch die schier millimeterdicke schroffe Kruste vor seinen Augen erkannte Ray die unscharfe Gestalt von Eagle, seinem Stubenkameraden, der bereits auf den Beinen war und wesentlich ausgeruhter aussah, als es Ray es war, was allerdings angesichts der Tatsache, dass Ray die halbe Nacht durchgemacht hatte, kein wirkliches Meisterstück war.
    Das soll sie gewesen sein – die Nacht? Das musste ein böser Traum sein. Wie konnte es schon wieder Tag sein? Wie sollte er überhaupt in diesem Zustand ganze neun Schulstunden überstehen, ohne nicht gleich beim ersten Glockenton wieder einzuschlafen? Warum war er überhaupt noch so müde? Sollten sie doch ihren Unterricht ohne ihn abhalten. Er wollte weiterschlafen ...
    Eine Schranktür wurde grob aufgeschlagen.
    „Du weißt nicht zufällig, wo eine meiner Uniformen hingekommen ist?“
    Ray warf sich wieder auf die andere Seite seines Bettes und zog seine Bettdecke so hoch hinauf wie er nur konnte. Zum ersten Mal wünschte er sich sehnlichst, er wäre allein in seinem Zimmer und hätte seine Ruhe. Warum konnte dieser Störenfried nicht einfach Leine ziehen?
    „Was gehen mich deine Uniformen an ...?“, antwortete Ray mit schleppender Stimme. „Dachte, du magst den Fummel eh nicht?“
    „Im Gegensatz zu dir hab ich ehrlich gesagt kein Bock drauf, es mir mit den Lehrern völlig zu verscherzen“, entgegnete Eagle kühl, hatte aber einen Hauch von Missmut in seiner Stimme, den er nicht verbergen konnte. „Besonders heute würde ich ausnahmsweise jeden unnötigen Konflikt vermeiden.“ Ein Reisverschluss wurde hochgezogen und eine hölzerne Schranktür wurde wieder zugeschlagen. „Hässliches Teil ... Viel Spaß wünsch ich dir dann! Ich für meinen Teil werde meinen sicherlich haben.“
    Dieses Mal war es die Zimmertür, die geräuschvoll in Rays Ohren donnerte und ihn am ganzen Leib erschaudern ließ. Eagle hatte den Raum verlassen – endlich.
    Schule und Spaß? Wo war da der Zusammenhang? Aber was sollte es Ray scheren? Endlich hatte er seine Ruhe. Eines doch wollte und wollte ihn nicht in Frieden lassen. Warum war sein Zimmerkamerad ausgerechnet heute so erpicht darauf, keinen Stress anfangen, wo er doch scheinbar nicht der Typ für Friede, Freude, Eierkuchen war? Außer dass heute Freitag war und somit das langersehnte Wochenende vor der Tür stand, gab es doch sonst nichts, oder? Ein hundsgewöhnlicher Freitag an seiner neuen Schule - der Celebi-High ...


    Die Wahrheit traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ein solch intensiver Schlag, dass es ihn buchstäblich aus dem Bett warf und er sich augenblicklich hellwach und mit einem hässlich schmerzenden Arm auf dem kalten Fußboden wiederfand.
    Nein! Heute war nicht irgendein Tag! Es war der Tag der Tage! Wie konnte er das nur vergessen? Dabei hatte er diesen Augenblick so lange herbeigesehnt: sein erstes Pokémon!
    Dieser einzige Gedanke war ein Funke, der eine jede Faser und einen jeden Muskel auf Hochtouren brachte. Sein Blut, das Getriebeöl seines Kreislaufs, kam in Wallung und entflammte regelrecht ein Lauffeuer, dass noch die kleinste Müdigkeit in seinen Gliedern vertrieb.
    Mit einem Satz hatte sich Ray aufgerappelt. Wo war er nur mit seinen Gedanken gewesen? Unter keinen Umständen der Welt durfte er zu spät kommen – nicht heute! Die Befürchtung, sein Traum der vergangenen Nacht könnte sich plötzlich bewahrheiten, ließ ihm sämtliche Haare steil zu Berge stehen. Der Gedanke daran war eisiger als der kalte Fußboden unter seinen nackten Füßen. Socken, Schuluniform und Schuhe wurden in Windeseile zusammengesucht und noch viel schneller in diese geschlüpft. Konnte er es sich erlauben, noch fix die Zähne zu putzen? Wie viel Zeit war mittlerweile vergangen, seitdem Eagle das Zimmer verlassen hatte? Innerlich verfluchte er seinen Zimmerkameraden, diesen arroganten Mistkerl. Sicherlich hätte er sich darüber schlapp gelacht, wenn Ray die Pokémon-Verteilung verpasst hätte und sich an jeder Sekunde von Rays Leids ergötzt. Völlig panisch warf er einen Blick auf die Zeitanzeige seines MP3-Players und ließ diesen in seinem Angstzustand sogar beinahe aus seinen heftig zitternden Händen fallen.
    Ray atmete auf. Sein rapide schlagendes Herz beruhigte sich etwas. Zwar mochte er nicht behaupten, dass er noch alle Zeit der Welt hatte, doch war er gut im Rennen. Einem raschen Ausflug ins Badezimmer sprach nichts entgegen.


    Nach schnellem Zähneputzen und noch schnellerer Katzenwäsche war er dann schließlich soweit. Prüfend betrachtete er sich im Spiegel und rückte jede noch so kleinste Falte in seiner Uniform zurecht, ganz so als ob es der Augenblick seines ersten Rendezvous war. Der lang ersehnte Tag konnte beginnen.

  • [font='Tahoma, Arial, Helvetica, sans-serif'][align=justify][tabmenu][tab=^^]Huhu!
    Da will ich mal wieder.[tab=Fehler][subtab=Kapitel 3.6]Ein wenig zögernd ließ Ray von seinem, wie er es gerne im Nachhinein bezeichnete, „Akt der Gewalt“ gegenüber seinem Mittagessen ab.
    Die Aufwärmrunde war vorbei. Professor Finch ließ sich nicht lumpen, übersprang die wohl von der halben Schülerschaft erwarteten Anwesenheitsrunde und ging stattdessen gleich in die Vollen über.
    „aber ich – ich meine, wir alle - würden gerne erfahren, wann wir zum praktischen Teil übergehen.
    Insgeheim wäre er jede Wette darauf eingegangen, dass Finch es nicht im Geringsten geduldet hätte, dass man ihn während seiner Rede unterbrach.
    Eine Antwort, auf die er aber im Nachhinein auch gut und gern verzichten hätte können.
    Ray, der in diesem Moment gegen diese Information seines Lehrers lautstark protestiert hatte, zuckte im Nachhinein erschrocken zusammen.[subtab=Kapitel 4.1]Seine Augenlieder wogen Tonnen und konnten von ihm nur mühsam aufrecht gehalten werden.
    Durch die schier millimeterdicke schroffe Kruste vor seinen Augen erkannte Ray die unscharfe Gestalt von Eagle, seinem Stubenkameraden, (...)
    Warum war sein Zimmerkamerad ausgerechnet heute so erpicht darauf, keinen Stress anfangen, wo er doch scheinbar nicht der Typ für Friede–Freude–Eierkuchen war? Keine Leerzeichen.
    Socken, Schuluniform und Schuhe wurden in Windeseile zusammengesucht und noch viel schneller in diese geschlüpft.
    Prüfend betrachtete er sich im Spiegel und rückte jede noch so kleinste Falte in seiner Uniform zurecht, ganz so als ob es der Augenblick seines ersten Rendezvous war.[tab=Kritik][subtab=Kapitel 3.6]Die Tatsache, dass er tatsächlich die Schülerzeitung gewählt hat, scheint ihn ja sehr zu beschäftigen. Ein interessanter Gegensatz zu vorher, als er ja so enthuastisch war. War wohl zu sehr der Freude über die Computer - oder ist er schlichtweg zu schnell mit der Entscheidung gewesen. Passt zu ihm, würde ich mal sagen. Und ändern kann er es ohnehin nicht, vor allem, da er auch noch Sonja mit reingezogen hat. Die wäre wohl nicht glücklich, wenn er ihr plötzlich erklären würde, dass er doch keine Lust auf die Schülerzeitung hat. Und hinzu kommt auch noch der Nachmittagsunterricht mit dem ganz tollen Lehrer. Kein Wunder also, dass Ray so schlecht drauf ist, ist es doch ein Fach, auf das er sich sehr gefreut hat.
    Hm, was Eagle wohl erwischt hat? Eine interessante Frage, wirklich. Die Trainer-AG wäre natürlich möglich, etwas anderes kann ich mir bei ihm gar nicht vorstellen. Nun, irgendwann werden wir es wohl noch erfahren, schätze ich.
    Irgendwie habe ich ja erwartet, dass Finch so unterrichten wird, es war mein erster Gedanke: "Umbridge!" Denn nicht anders ist seine Unterrichtsmethode, auch scheint das Buch ebenso nutzlos zu sein wie das bei Harry Potter. Ehrlich gesagt habe ich ja nur auf einen Kommentar von wegen "Hier werden Sie wohl nicht in einen Kampf verwickelt werden" gewartet. Aber ja, das wäre dann wohl auch zu abgekupfert gewesen, so war es auch nett. Vor allem der Streit. Mir scheint, Finch ist schon recht geübt mit seinen Meldungen, diesen Aufstand hat er wohl jedes Jahr niederzubrechen. Hinzu kommt, dass er als Lehrer eben am längeren Ast sitzt. Dass Eagle so wütend wird und sich dermaßen in den Mittelpunkt der Aufmerksam stellt, das ist mal etwas Neues. Natürlich, er erregt immer Aufmerksamkeit, wenn er ohne Uniform rumläuft, aber er selbst? Das ist ja mal ungewöhnlich, man merkt schon, ein wirklich interessanter Charakter.
    Nachsitzen - und sich darüber freuen? Ray hat wirklich seltsame Vorstellungen eines gelungenen Schuljahres, da verstehe ich Sonjas Standpunkt vollkommen. Da bin ich ja schon mal gespannt, wie dieser Samstag so werden wird, auf lustige Dialoge (bzw. Trialoge eventuell) kann man sich wohl schon freuen. Aber zuerst kommt wohl der wichtigste Tag für alle Schüler der Celebi High.[subtab=Kapitel 4.1]Oh, Ray ist also aufgeregt wie ein kleiner Junge, wie süß. Der Vergleich mit Weihnachten ist wirklich gelungen; ich frage mich, ob es andere Schüler gibt, die die Nacht auch so ähnlich verbracht haben? Wäre ja unlogisch, das erste Pokémon bekommt man ja nicht alle Tage. Mal sehen, vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Kommentar dazu in Part 2 oder 3 dieses Kapitels?
    Von daher macht es eigentlich kaum Sinn, dass er vergisst, was es für ein Tag ist, wenn er ständig von Albträumen (die übrigens wirklich nette Ideen sind, die einzelnen) geplagt wird. Wenn er ständig aufwacht, müsste er sich ja besonders gut daran erinnern? Und wenn nicht, dann wäre zumindest ein Gedankeneinschub von wegen warum er nicht gut schlafen konnte ganz praktisch gewesen. So scheint das Ganze doch ein wenig, nun ja ... unlogisch oder zumindest seltsam.
    Uh, Eagle trägt tatsächlich eine Schuluniform? Und ihm ist aufgefallen, dass eine fehlt? Unglaublich. Spätestens da müsste es ja bei Ray klingeln, wenn sogar der freiwillig eine Uniform anzieht. Kein Wunder also, dass endlich Bewegung in Ray kommt, wobei es sich eventuell noch gut gemacht hätte, wenn er vor lauter Stress das Hemd verkehrt angezogen hätte.
    Jedenfalls ein hübsches Ende für ein Kapitel, da man unbedingt wissen will, was für Pokémon die einzelnen Schüler so bekommen werden und was du dir da von wegen der Überreichung so einfallen hast lassen.
    Dass das Kommi jetzt besonders hilfreich ist, wage ich mal zu bezweifeln, aber immerhin ist es eine Leistung meinerseits, mal eines vor Mitternacht zu schreiben.
    ~ LG, Maj

  • Part 2: Der lang ersehnte Augenblick


    „Siehst übrigens gut aus, Ray, gestriegelt und gebügelt, fast wie geleckt.“
    „Danke, habe mich für heute extrafein gemacht.“
    „Sieht man, sieht man. Aber du, sag mal: Was sollen die zwei verschiedenfarbigen Socken? Hat das einen tiefgreifenden Sinn?“
    „Wie, was? – Och ne ...“
    Ray und Sonja waren bereits auf halben Weg zur Schule. Sogar der Himmel schien diesen besonderen Tag feiern zu wollen und strahlte fröhlich von seinem wolkenlosen Firmament auf die Schülerscharen hinab, die sich langsam dem Schulgebäude näherten. Dieser Augusttag startete besonders warm. Selbst das letzte Tröpfchen Tau war bereits der schwülen Morgensonne zum Opfer gefallen. Eigentlich kein Tag, den man gerne in der Schule verbringen wollte. Es sein denn, heute war der Tag der Tage.
    „Alles für die Katz!“, fluchte Ray, über seine eigene Tollpatschigkeit beschämt. „Man, ausgerechnet heute. Da will man einmal einen halbwegs vernünftigen Eindruck machen und dann das ... Es hätte alles perfekt sein sollen.“
    „Sind doch nur ein Paar Socken ...“, meinte Sonja schulterzuckend.
    „Schon, aber ...“
    „Deinem Pokémon wird es sicherlich schnurz sein, was für Socken du trägst.“ Andy und seine Freundin Sarah hatten ihre beiden Hauskameraden eingeholt und sich neben ihnen eingereiht.
    „Hast wohl Recht. Kreiere ich eben einen neuen Modetrend. Tu mir mal einen Gefallen, Andy, und tausch mit Sarah eine Socke“, feixte Ray, dessen Frustration sich mit dem Auftauchen seiner beiden Schulkameraden in der warmen Morgenluft aufgelöst hatte.
    „Ne, lass mal“, lachte Andy und winkte ab.
    Sarahs Wangen hatten ein zartes Rosa angenommen. „Och, ich würde gerne mit dir Socken tauschen, Schatz“, kicherte sie und schmiegte sich zärtlich an die Schulter ihres Freundes.


    Nach einer kurzen Sockentauschpause (Andy und Sarah trugen nun je eine graue und eine weiße Socke) ging es für das Gespann weiter Richtung Schule. Während ihres Weges gab es für das Quartett natürlich nur ein Thema: Pokémon.
    „Zeigst du mir mal bitte dein Pokémon, Andy?“, fragte Ray neugierig.
    „Klar doch.“
    Als Andy einen dieser kleinen, rotweißen Bälle in der Größe einer Anstoßmurmel aus seiner Hosentasche kramte, wurde Rays Herzschlag rapide schneller. Abermals suchte ihn das Gefühl heim, ein kleines Kind kurz vor Weihnachten zu sein. Mit einem gezielten Druck auf den Knopf in der Mitte des Pokéballs, schwoll dieser augenblicklich zu der Größe einer reifen Orange an. Ganz als ob es das Alltäglichste der Welt war, schleuderte Andy seinen Pokéball ein kleines Stück von sich hinweg, woraufhin sich die schnell um ihre eigene Achse rotierende Kugel wenige Augenblicke mit dem charakteristischen Plopp-Geräusch öffnete und mit einem gleißenden Lichtblitz ihren Inhalt Preis gab.


    Schon fast der Verzweiflung nahe, versuchte Ray zu erkennen, was sich da in dem grellen Lichtschein materialisiert hatte, doch der Blitz beim Öffnen des Pokéballs musste ihn so stark geblendet haben, dass dies einfach nicht möglich war – zumindest ging er davon aus, denn der Lichtschwall wollte und wollte nicht abnehmen. Er hatte seine beiden Augen bereits zu Schlitzen verengt, um gegen den grellen Schein anzukämpfen. Doch das Licht war so intensiv, dass es ihm Tränen in die Augen trieb und er sie zwanghaft schließen musste.
    „Na, was sagst du?“, hörte Ray Andys Stimme fragen.
    „Au, hör auf damit!“, wimmerte Sonjas Stimme aus unmittelbarer Nähe.
    „Hast du gerade ne Blendgranate gezündet, oder was? Ich seh nichts mehr ...“, fluchte Ray augenreibend.
    Andy lachte. „Oh, nein, warte einen Augenblick. Komm bitte runter, Magnetilo.“
    „Bzzz.“
    Wie als ob Andy die Macht hätte, Tag und Nacht herbeizubeschwören, verebbte der penetrante Lichtschein schlagartig. Nachdem er sich endlich sicher glaubte, wagte Ray es, seine Augen einen Spalt weit zu öffnen, die sich aber nur langsam wieder an den normalen Schein der Außenwelt gewöhnen konnten. Dunkle Flecke vor seinen Augen trübten seine Sicht, doch konnte er nun halbwegs klar erkennen, was die Ursache für seine Blindheit gewesen war.
    Die spiegelglatte, silbrigschimmernde und kreisrunde Oberfläche von Magnetilo, das Pokémon, welches Andy herbeigerufen hatte, reflektierte das grelle Morgenlicht der Sonne so intensiv, dass es alle unvorbereiteten Beteiligten, die so töricht waren, ihn, während es im Sonnenlicht badete, direkt anzusehen, die Sehkraft beraubt hatte. Nun aber, in dem Schatten seines Trainers und fern der Sonne, hatte sein blendender Einfluss ein jähes Ende gefunden.
    Beeindruckt musterte Ray das kleine, fliegende Geschöpf, welches Im Grunde nur aus einer handballgroßen Kugel mit einem deutlich hervorstechenden Auge und je links und rechts einem hufeisenförmigen Magneten bestand.
    „Echt stark!“, sagte Ray ehrfürchtig.
    Aus Magnetilo lösten sich einige leicht kribbelnde Funken, als Ray mit einer Hand vorsichtig über dessen – wenn man es so nennen durfte – Kopf strich. Es war hart wie Metall und sein ganzer Körper war kalt wie Stahl. Doch wollte er ihn am liebsten gar nicht mehr loslassen. So nah war er bislang nur selten einem Pokémon gekommen. Es war ein gutes Gefühl, und obwohl ihm die Kälte des Pokémons seine wenigen Nackenhaare in die Höhe trieben, war das Glücksgefühl, welches ihm durch die bloße Berührung des kleinen Geschöpfs durchströmte, stärker als seine mittlerweile taube Hand. Magnetilo schloss sein Auge und begann leise zu surren. Es schien die Streicheleinheit Rays sichtlich zu genießen.


    „Du magst Pokémon wirklich sehr, nicht wahr, Ray?“, fragte Andy.
    Etwas zögernd ließ Ray von Magnetilo ab. „Ja, stimmt“, seufzte er. „Du glaubst ja nicht, wie lange ich diesen Tag herbeigesehnt habe. Endlich ist es soweit.“
    „Wie wird es eigentlich passieren? Gibt es eine Art von Verteilung?“, fragte Sonja.
    „Könnte man so sagen“, antwortete Sarah. „Anhand eurer Antworten des Fragebogens, den ihr bei eurer Aufnahme in die Schule ausgefüllt habt, wird euch ein spezielles Pokémon zugeteilt werden, das euren persönlichen Eigenschaften am ehesten entspricht.“
    „Dann weiß ich schon jetzt, was ich bekommen werde – ein Wasser-Pokémon“, gluckste Ray mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.
    Sonja, Sarah und Andy musterten Ray skeptisch. „Wie kommst du darauf?“, fragte Andy.
    „Na, weil ich bei dem Fragebogen Schiffe versenken gespielt habe. Ein Kreuzchen hier, ein Kreuzchen da ...“
    Alle lachten mit Ausnahme von Sonja.
    „Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob ich meinem Pokémon eine gute Partnerin sein kann ...“, wechselte sie mit leicht bedrückter Stimme das Thema. „Egal, was der Fragebogen nun über mich aussagt.“
    Es folgte eine peinliche Pause des Schweigens, in der nur Magnetilos leises Surren und das kontinuierliche „Klong, Klong“ ihrer Schritte auf der metallenen Brücke zuhören war, die sie zielgenau zu der Pforte der Schule führte.
    „Warum glaubst du das?“, unterbrach Ray die Stille.
    Sonja seufzte. Während sie sich an der Seite ihrer Freunde der Schule näherte, schweifte ihr Kopf in die Ferne des Himmels, wo ihr Blick auch noch dann ruhte, als sie wieder ihre Worte fand. „Ich habe im Grunde nur wenig für Pokémon übrig. Nicht das ich sie nicht mag, keinesfalls, aber ...“, fügte sie rasch ihren Worten hinzu.
    Andy und Sarah warfen Ray einen Hast-du-das-gewusst-Blick zu, doch Ray war natürlich nicht weniger ahnungslos, als es seine Freunde waren, und gleichzeitig über diese Nachricht sehr bestürzt.
    „Aber warum bist du dann ausgerechnet an einer Pokémon-Schule?“, fragte Sarah im selben Moment, als auch Ray eine ähnliche Frage stellen wollte.
    Abermals seufzte Sonja, wesentlich schwermütiger als vor wenigen Augenblicken. „Meine Eltern, müsst ihr wissen“, antwortete Sonja melancholisch. „Mein Vater ist ein hohes Tier im Büro, meine Mutter eine Top-Koordinatorin. Sie ließen mir die Wahl: Entweder die Celebi-High oder in die Fußstapfen meines Vaters treten.“
    „Was macht dein Vater, wenn man fragen darf?“, wollte Ray wissen. Ihm schwante bei dieser Frage bereits nichts Gutes.
    Sonja ließ ihren Kopf wieder hinabsinken und zwang sich regelrecht zu einem mechanischen Lächeln, während sie Ray ansah. „Steuerberater“, antwortete sie knapp.
    „Autsch“, kam von ihren Begleitern wie im Chor. Selbst Magnetilo, von dem Ray nicht wusste, ob es das Gespräch nun wirklich mitverfolgen konnte oder nicht, gab einige deutlich missgelaunte Laute von sich.
    „Ist bestimmt ein toller Beruf“, meinte Sonja kopfschütelnd, „allerdings nicht wirklich das, was ich später mal machen will – aber lassen wir das. Nicht heute. Nicht an diesem ... großen Tag.“


    Vor dem prachtvollen Springbrunnen, der auch an diesem Morgen das Herz sämtlicher Vorbeiziehenden mit seinem munteren Geplätscher erfreute, trennten sich die Wege der vier. Andy und seine Freundin Sarah machten sich in das Schulgebäude auf. Für Ray und Sarah allerdings war der laut dem Stundenplan vorgeschriebene Unterricht außer Kraft gesetzt. Alle Schüler der ersten Jahrgangsstufe sammelten sich auf Anweisung ihrer Hauslehrer vor dem Eingang der Schule. Hier und da ergaben sich kleinere und auch größere Schülergrüppchen – natürlich immer einfarbig. Raikous bei Raikous, Suicunes bei Suicunes und Enteis bei Enteis. Erstmalig bekam Ray auch die Gelegenheit - zumindest aus der Ferne - Professor Armadis, seinen Hauslehrer, kennenzulernen, einen hochgewachsenen und breitschultrigen Mann in die Mitte dreißig. Mit seiner eher schlichten Kleidung – vom Braunen ins Grün übergehende Jeans, die an allen Ecken und Kanten mit reichlich Taschen versehen waren, einem einfachen, grauen T-Shirt und ein besonders solide wirkendes Paar Schuhe, die wohl sogar einen Himalaja-Aufstieg ohne Weiteres überstehen würden - und seinem ungepflegten Drei-Tage-Bart wirkte er neben dem piekfeinen Professor Finch – heute gänzlich in einem grauen Nadelstreifenanzug mit der dazu passenden rotbraunen Krawatte gehüllt – schon fast verwahrlost.


    Schülergrüppchen um Schülergrüppchen zog an den wartenden Grundstuflern vorbei oder gesellten sich ihren Reihen zu. Doch auch das gemütliche mit seinen Klassenkameraden Schwatzen konnte die endlos erscheinende Wartezeit nicht sonderlich viel erträglicher machen - und schon gar nicht verkürzen. Immer und immer wieder spähte Ray über die Köpfe seiner Kameraden hinweg, ob sich nicht endlich einer der drei Erwachsenen in Bewegung setzte. Erstmalig trieb ihn das ständige Gerede seiner Mitschüler über Pokémon zur Weisglut und so wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass es endlich vorangehen würde. Doch der unaufhörliche Schwall aus weiteren Neuankömmlingen und Langschläfern schien einfach nicht abreißen zu wollen. Des schlichten Wartens überdrüssig schlurfte Ray wiederholt nervös auf uns ab, immer wieder sehnsüchtige Blicke zu der werten Lehrerschaft werfend. Einen Augenblick lang nahm er auf einer der Treppenstufen Platz, die zu der Schule hinauf führten, wippte nervös vor und zurück, erhob sich wenige Sekunden später und wiederholte seinen unruhigen Marsch hin und her.
    Auch mit dem Läuten der Schulglocke war längst kein Ende in Sicht und man wartete noch immer auf die letzte verbliebene Entei-Schülerin. Rays Frustration erreichte ihren Höhepunkt, als nach weiteren fünf Minuten des Wartens das vermisste Lämmchen endlich auftauchte, dann sich aber ein Rudel Suicune-Mädchen lautstark beklagte, dass sie unbedingt noch auf die Toilette müssten.


    „Ich glaube, dein letztes Aufstöhnen hat man noch kilometerweit gehört, Ray“, meinte Sonja.
    „Ist doch wahr ...“, schnaubte Ray genervt.
    Die lange Zeit des Wartens hatte endlich ihr Ende gefunden. Völlig widerstandslos beugte sich das trockene Gras dem ungebremsten Willen von dutzenden Schuhen, deren Besitzer - in kleinen Grüppchen aufgereiht – zielgenau der Sonne entgegen am Schulgebäude entlang wanderten.
    „Alle Mädchen folgen nun bitte mir. Die Jungen möchten bitte weiterhin Professor Finch und Professor Armadis folgen.“ Wie eine scharfe Klinge hatte die Hauslehrerin von Suicune die Schülerschar getrennt. Ein Großteil der Schüler – nämlich die Mädchen - wurden von Professor Cenra um das Schulgebäude herum geführt, bis ein jeder noch so lange Haarschopf dahinter verschwunden war. Die Jungen hielten hingegen auf das offene Feld zu. Man fragte sich natürlich, was das sollte, doch niemand – auch Ray nicht – wagte es, sich den strikten Anweisungen von der Frau Professorin zu widersetzen und so folgte man brav, wenn auch langsam von der ganzen Heimlichtuerei und Lauferei missgelaunt, den beiden vorausgehenden Erwachsenen.
    Gerade in dem Moment, als Rays Geduld ihre Grenzen erreicht hatte und er sogar kurz davor war, einen faustdicken Stein an den einladend wirkenden Hinterkopf von Finch zu schleudern, wurde seine Aufmerksamkeit urplötzlich von etwas in Beschlag genommen. Etwas Besonderes. Etwas, was niemals in dieses satte, grüne Paradies gehören konnte. Ein Tisch mitten im Nirgendwo, dessen einsames Dasein von einem Mann mit grauem Arbeitsoverall und im mittleren Alter geteilt wurde. Das musste es sein – das Ziel seiner Träume.


    Die letzten Meter zogen sich noch einmal zäher als Kaugummi dahin, doch auch sie fanden endlich mit dem Erreichen des Tisches ihr Ende. Von Rays Jahrgangsstufe beklagten sich vereinzelte Mitschüler über den weiten Weg, den sie zurücklegten mussten, doch im allgemeinen lag eine knisternde Spannung in der Luft. Gemengt mit der schwülwarmen Luft war es geradezu erdrückend.
    „Ist alles bereit, Mr. Figo?“, fragte Professor Finch.
    Der Mann namens Figo erhob sich von seinem Stuhl. Er nickte. „Alles bereit, die Herren Professoren.“

  • Part 3: Ein Freund auf vier Pfoten


    Das war er also – der große Moment. Den Augenblick, den er so lange herbeigesehnt hatte. Hier, in der Anwesenheit seiner gleichaltrigen Mitschüler und dreier Erwachsener, sollte die Vereinigung stattfinden. Rays Hände kribbelten und sein Mund war trocken. Er konnte kaum einen Fuß still am Boden fassen und tänzelte aufgedreht wie ein aufgedrehtes, kleines Kind hin und her. Natürlich war ihm klar, wie albern er aussehen musste, doch störte es ihn nicht im Geringsten. Sollten sie über ihn doch denken, was sie wollten. Waren sie doch eigentlich auch nicht anders, als er es war. Nur ließen sich die Meisten eben ihre Nervosität nicht anmerken. Doch warum ein großes Geheimnis darum machen? Sie waren alle gleich. Ganz egal, von welchen Regionen oder aus welchen Familienverhältnissen sie entstammten; gleichgültig, welche Uniformen sie trugen. In diesem Augenblick spielte das alles keine Rolle.


    „Wenn Sie sich nun bitte alle die Mühe machen würden, uns Ihre Aufmerksamkeit zu schenken.“
    Das wenige Geflüster und Getuschel unter den in Reihen aufgestellten Schülern, ja selbst das erste erfrischend kühle Lüftchen dieses Morgens war mit dem Erklingen von Finchs Stimme augenblicklich verebbt. Rays Herz pochte laut. Lauter, als dass es jemals geschlagen hatte. „Nur bloß jetzt keine dieser ewig andauernden, langweiligen Reden. Bloß das nicht. Nur dieses eine Mal soll Finch nicht seinem Namen alle Ehre machen ...“, flehte Ray innerlich.
    „Sind dieses Jahr nicht allzu viele“, meinte der Mann namens Figo, während er so durch die Reihen der Schüler spähte..
    „Viele Mädchen dieses Jahr, Samuel“, sagte Professor Armadis. „Aber wo Sie es gerade erwähnen“, er wandte sich Professor Finch zu, „Zarin, wollen Sie nicht vielleicht Adriana etwas unterstützen? Sie hat sicherlich alle Hände voll zu tun und ist dazu noch alleine. Ich denke, ich werde mit den Jungs schon fertig werden.“ Lächelnd schweifte sein Blick von links nach rechts über das gute Dutzend Gesichter vor ihm.
    „Wenn Sie meinen, Galan“, antwortete Finch, kehrte seinem Kollegen und allen anderen Anwesenden den Rücken zu und stolzierte, als ob er nur darauf gewartet hätte, davon.


    Ray fiel buchstäblich ein Stein vom Herzen. Finch war weg – ein Grund zum Jubeln und Professor Armadis, sein Hauslehrer, machte nicht gerade den Eindruck, als wollte er sie noch lange mit seinem Geschwätz langweilen. Eine Vermutung, die sich auch sogleich bestätigte.
    „In Ordnung, Schüler.“ Der Hauslehrer des Hause Raikou hatte sich nun den gespannt wartenden Gesichtern seiner jungen Schüler zugewandt. „Ihr habt lange genug gewartet und sicherlich alle einen weiten Weg hinter euch, um an diesen Punkt zu gelangen. Daher möchte ich euch nicht mehr lange auf die Folter spannen.“
    Rays Herz machte einen Hüpfer vor Freude.
    „Nur noch einige, wirklich wenige Worte, versprochen - nimmt es mir bitte nicht übel. Die Etikette, müsst ihr wissen.“ Professor Armadis zwinkerte Ray und dem Rest seiner Schulkameraden verstohlen grinsend zu. Selbst Ray, wenn auch leicht über diese Verzögerung enttäuscht, verstand natürlich ohne Weiteres, dass es ganz ohne Einweisung nicht gehen würde und auch nicht konnte.
    „Es erfüllt mich voller Stolz und Freude, euch, der ersten Jahrgangsstufe, hier nun mit eurem wohl ersten Pokémon zusammenzuführen.“ Er legte eine kurze Pause ein. „Pokémon, müsst ihr wissen, sind faszinierende Geschöpfe mit beeindruckenden Fähigkeiten. Doch sind auch sie – wie auch ihr – Geschöpfe Mutter Naturs. Ob sie nun laufen, kriechen, krabbeln, fliegen oder schweben – sie sind lebende, atmende und fühlende Geschöpfe, so wie wir alle und besitzen eine unantastbare Würde, die es zu respektieren gilt. Jedes Pokémon, ob groß oder klein, hat seinen eigenen Charakter und eine eigene Seele. So groß die Unterschiede zwischen Mensch und Pokémon auch sein mögen – in dieser Beziehung sind wir ihnen ähnlicher als ihr wohl im ersten Augenblick glauben mögt. Auch erleiden sie denselben Schmerz, wie auch wir es tun. Ihre Gefühle, ihr Stolz und ihr Vertrauen können ebenso wie das Eure verletzt werden. Es ist an euch, ihr Zutrauen und Ehrerbietung zu gewinnen. Behandelt sie mit Liebe und Fürsorge. Tretet ihnen mit dem gleichen Respekt entgegen, den ihr mir und allen anderen Menschen entgegen bringt. Behandelt sie so, wie auch ihr behandelt werden möchtet. Fügt ihnen kein Leid zu, sondern gewinnt ihre Freundschaft, die eine jede Krise, sei sie auch noch so tief, überwinden wird. Achtet sie und geht auf ihre Wünsche und Bedürfnisse ein. Es liegt an euch. - Genug jetzt aber der vielen Worte. Streiten wir zur Tat! Samuel, die Liste bitte.“


    Rays Herzschlag war binnen weniger Sekunde wieder auf 180. Unerbittlich trommelte es gegen seine Brust und würde sie vor Aufregung sicherlich sprengen und herausbrechen. Doch musste er sich zusammenreißen. Bloß jetzt nicht die Nerven verlieren oder gar ohnmächtig werden.
    „Ich werde nun eure Namen aufrufen. Tretet bitte vor und nehmt von unserem lieben Mr. Figo euer Pokémon entgegen“, sagte Professor Armadis feierlich. „Euer Partner wurde durch eine strikte Analyse eures Einschulungsfragebogens ausgewertet und ergänzt in seinen einzigartigen Charakterzügen eure eigene Persönlichkeit perfekt. Vielleicht erkennt sich der Eine oder Andere sogar in seinem Partner-Pokémon wieder, wer weiß. - Sobald ihr euren Partner in Empfang genommen habt, steht es euch frei, euch etwas von der Gruppe zu lösen und sich mit eurem Pokémon in seiner natürlichen Umgebung, der weiten und unberührten Wildbahn, bekannt zu machen. Ich denke, ihr wisst alle, was zu tun ist. Entfernt euch aber bitte nicht allzu weit.“ Professor Armadis lächelte breit in die Runde, bevor er seine gesamte Aufmerksamkeit dem Dokument widmete, das ihm Mr. Figo überreicht hatte. „In alphabetischer Reihenfolge beginnen wir mit Cambell, Miles, Haus Suicune.
    Ray sackte innerlich vor herber Enttäuschung zusammen. Alphabetische Reihenfolge hieß nichts anderes, als dass er dank dem glorreichen Entschluss seiner Eltern, ausgerechnet „Valentine“ als Familienname zu wählen, wohl einer der Letzten – wenn nicht sogar der Letzte – sein würde. Womit hatte er das bloß verdient ...?
    Miles Cambell, ein blasser und etwas kräftiger geratener Junge mit glattem, kohleschwarzem Haar nahm leicht zögernd den Pokéball von Mr. Figo entgegen. Er flüsterte etwas, was Ray allerdings aus der Entfernung nicht vielmehr als ein undeutliches Brummen wahrnehmen konnte. Mr. Figo jedoch lächelte und nickte einmal kurz, woraufhin Miles - seinen Kopf auf die rotweiße Kugel in seinen Händen gerichtet - von dannen schritt. Alle Augen folgten ihm, denn man wollte natürlich wissen, was das Schicksal für ihn bereithielt.
    „Als Nächstes bitte ich Finch, Billy aus dem Entei-Hause vorzutreten.“
    Billy Finch, einer der Unruhestifter, der gemeinsam mit Rico Tarik und Nicholas Vance am gestrigen Tage in der Mensa vor den Augen der gesamten Schülerschaft beinahe eine Schlägerei mit Eagle angefangen hatte, trat vor.
    „Billy Finch?“ Professor Armadis musterte erst seine Schülerliste und dann Billy fragenden Blickes. Ihm tat sich wohl gerade dieselbe Frage auf, wie auch in Ray. Finch? Konnte das ein Zufall sein? „Du bist nicht zufällig mit deinem Hauslehrer verwandt?“, fragte Professor Armadis.
    „Er ist mein Onkel“, antwortete Billy mit einer Spur von Selbstzufriedenheit in seiner Stimme, dass es Ray innerlich sträubte. Der Neffe von Professor Finch im Entei-Hause? Na, das würde noch ein interessantes Jahr werden ...
    Im selben Moment als Billy den Pokéball von Mr. Figo entgegen nahm passierte es. Es war das selbe unverwechselbare Geräusch wie das, als Andy sein Magnetilo herbeigerufen hatte. Alle Köpfe und Augenpaare rasten zu der Gestalt von Miles Campbell hinüber, der sich gut und gern fünfzig Meter von der restlichen Gruppe abgesondert hatte, doch war er nicht mehr allein. Neben ihm im Gras stand ein kleines, verbeiniges Wesen, aus dessen Kopf – sofern sich Ray nicht gewaltig täuschte – eine kleine Pflanze spross. Sein Körper war teils von einem zarten grün, teils mit einem blassen gelb überzogen, nur sein panzerähnlicher Rücken war von brauner Farbe.
    „Ein Chelast, glaube ich ...“, meinte ein anderer Suicune-Schüler ehrfürchtig zu seinem Nachbar. „Das ist klasse!“


    Für seinen Geschmack lichtete sich die Schülerreihen viel zu langsam um Ray. Wie er die lange Warterei satthatte. Er verfluchte sie alle, sie mit ihren tollen Namen. Es war einfach nicht fair! Warum nur, warum konnte er nicht als ein Aaron Ackermann auf die Welt gekommen sein? Jedes einzelne „Plopp!“ bei dem Öffnen eines Pokéballs, schien sein Herz wie eine Gewehrkugel zu durchbohren und die glücklichen Gesichter all jener, die bereits ein Pokémon ihren Freund nennen durften, waren wie kräftige Schläge und Tritte, die dafür sorgten, dass seine Verletzung auch ja immer schön weiter blutete.
    „Ja, lasst mich leiden ...“, schoss es dem niedergeschlagenen Ray durch seinen Kopf. „Tut euch nur keinen Zwang an. Trampelt auf meinen Gefühlen herum, als wären sie nichts Weiteres als schäbiges Unkraut. Es ist ...“
    „Valentine, Ray, Hause Raikou, bitte nach vorne.“
    Ray erwachte aus seinem Selbstmitleid, als wäre er gerade von jemandem heftig geohrfeigt worden. Hatte er sich verhört, oder hatte man ihn gerade tatsächlich aufgerufen? Nein, ein kurzer Blick links und rechts verschaffte ihm schnell Gewissheit. Es waren nur noch zwei Schüler anwesend: Er und ein Schüler des Entei-Hauses von dem er wusste, dass es Nicholas Vance war, ein Kumpel von Rico Tarik und Billy Finch. Er war an der Reihe – endlich.
    Seine Beine waren urplötzlich bleischwer und sein ganzer Körper war steifer als ein tiefgefrorenes Brett.
    „Das muss ein Traum sein, das muss ein Traum sein“, redete er sich immer ein, während er sich beinahe in Zeitlupe dem Tisch näherte, wo Mr. Figo auf ihn wartete. Schritt für Schritt, Meter für Meter – er kam immer näher, bis er schließlich vor ihm stand. Unsicher streckte Ray die Hand aus und Mr. Figo füllte nur Augenblicke später seine leere Handfläche mit einer kleinen Kugel, die haargenau der glich, die er noch am selben Tag in Andys Hand gesehen hatte. Ray zitterte am ganzen Leib.
    „Ist – ist die wirklich für mich?“, fragte Ray verunsichert.
    „Nur keine falsche Scheu“, antwortete Mr. Figo lächelnd. Seine große, mit reichlich kleinen Rissen und Blutergüssen versehene Hand drückte die von Ray zusammen, sodass Ray nun den Pokéball völlig in dieser verborgen hielt. Es war ein Zeichen, so unmissverständlich und klar, dass man es einfach nicht fehl deuten konnte. Dieser spiegelglatte, makellose Pokéball war für ihn und nur für ihn allein.


    Ein jeder seiner Atemzüge war angesichts dieser Situation absolut fehl am Platz. Er hatte es geschafft. Er hielt tatsächlich seinen Pokéball in dem sein für ihn eigens und persönlich ausgewähltes Pokémon in diesen seinen Händen. Rays Beine hatten ihn instinktiv und unbemerkt beinahe einhundert Meter von dem Tisch des Schicksals entführt. Es war soweit. Nicht mehr länger wollte er zögern, keine weitere Sekunde verschwenden. Dies war sein Augenblick, seine große Stunde. Durchströmt von tiefster Ehrfurcht drückte er den kleinen Knopf in der Mitte des Pokéballs. Die rotweiße Kapsel tat das Gleiche, was sie auch in Andys erfahrenen Händen getan hatte – sie nahm die Größe einer reifen Frucht an. Alles, was er jetzt nur noch tun musste, war, sie zu werfen und darauf zu hoffen, dass dies kein Streich seiner lebhaften Phantasie war – und eben dies tat er auch. Er wusste nicht, ob er alles richtig machte, doch er warf sie. Alles um ihn herum schien zu verblassen - die Zeit stillzustehen. Nur noch er und sein durch die Luft wirbelnder Pokéball waren auf der Welt. Er rotierte und rotierte. Schon fast wollte Ray glauben, einer seiner Träume wollte sich bewahrheiten und der Ball war leer, als plötzlich ...
    „Plopp!“
    Da war es! Das Geräusch, der Lichtblitz! Alles stimmte bis ins kleinste Detail. Der Pokéball hatte sich mitten im Flug geöffnet und aus seinem inneren strömte ein Energiestrom hervor. Ein Energiestrom, der langsam auf dem Erdboden Gestalt annahm. Ein kleines Geschöpf, fast kniehoch, formte sich. Vier Beine, zwei große Ohren und ein niedlicher kleiner Schwanz an seinem Hinterteil. Mit dem letzten Schritt der Transformation gab der Pokéball die Farben des Pokémons frei. Von dem kleinen Pony auf seinem Kopf bis hin zu dem gesamten vorderen Teil seines fellüberzogenen Körpers war von einer himmel- bis azurblauen Farbe, der hintere Teil dagegen von einer Kohlefarbe durchtränkt. Auf beiden Ohren zeichnete sich je ein sonnengelbes Muster ab, von derselben Farbe seiner Augen und der Schwanzspitze.


    Langsam, ganz langsam näherte sich Ray dem kleinen Wesen, blieb dann aber jäh stehen. Das von ihm herbeigerufene Pokémon schaute sich verunsichert um. Sein Blick schweifte hinauf zum wolkenlosen Himmel, über das weite Feld, bis seine Augen die von Ray trafen. Das kleine Geschöpf neigte seinen Kopf leicht zur Seite und schien den großen Menschen vor ihm etwas unsicher zu mustern. Wer von ihnen beiden aber verunsicherter war, konnte man nur mutmaßen. Einer musste den ersten Schritt tun. Nur wer? Wenn auch zögernd wagte Ray den ersten Schritt und ging in die Knie.
    „Äh, hi“, sagte er, seinen Blick fest auf das Pokémon gerichtet und darauf bedacht, jetzt bloß keine hastigen Bewegungen zu machen oder gar zu zwinkern. „Ich bin – ich meine, ich heiße Ray, und du?“
    Näher und näher kam das Pokémon, bis es schließlich keine Armlänge von Ray entfernt zum Stillstand kam, den Menschen vor ihm aber weiterhin fragend musterte.
    „SheiSheinux!“, sagte das Pokémon laut.
    Kaum hatte das Pokémon seinen für Ray völlig unverständlichen Satz geendet, da formte sich auf Rays Lippen auch bereits ein glückliches Lächeln. Ein Lächeln, dass eine Welle der Ereignisse um ihn herum in Bewegung setzte. Er wollte sein Pokémon in die Arme nehmen, doch war dieses schneller und war ihm bereits in seine offenen Arme gesprungen. Sein weiches und wohlriechendes Fell kitzelte ihm am Kinn und löste eine Welle der schönsten Gefühle in ihm aus, die man einfach nicht mit Worten fassen konnte. Er schmiegte sich eng an seinen neuen Freund an und das Pokémon tat es ihm gleich. Ray war sich sicher: Er war in diesem Augenblick der glücklichste Mensch auf dem gesamten Campus oder vielleicht sogar auf dem gesamten Erdball.

  • Part 4: Des Menschen bester Freund


    Eine einsame, stumme Träne kullerte über Rays Wange und fiel lautlos in die Tiefe. Genauso still perlte sie von dem Grashalm ab, der ihren Sturz gebremst hatte, und versickerte langsam und ungesehen in dem harten Erdreich. Es war der wohl schönste Augenblick in Rays bisherigem Leben und er wollte ihn auskosten, solange er dies nur konnte. Nichts und niemand sollte diese beiden füreinander bestimmte Seelen je wieder trennen.
    Er drückte seinen neuen Freund noch enger an seinen Körper heran. Ray konnte deutlich das kleine Herzchen spüren, das unter dem Wirrwarr von Fell regelmäßig schlug - und es schlug für ihn, da war er sich sicher. Es war für Außenstehende vielleicht eine vage und völlig unbegründete Vermutung. Auch wusste Ray selber nicht, wieso und weshalb er das glaubte. Doch irgendetwas tief in seinem Inneren sagte ihm, dass er und sein neuer Freund zusammengehörten - füreinander bestimmt waren und das Nichts, absolut Nichts auf dieser Welt das Recht hatte, ihre Bindung zueinander wieder zu kappen.


    „Ray, würden Sie bitte wieder zu uns rüber kommen?“
    Der völlig von seiner Euphorie eingenommene Raikouianer schreckte leicht panisch auf und musste sich im ersten Moment erst einmal Klarheit verschaffen, wo er sich überhaupt befand. Es war fast so, als wäre er gerade aus einem langen und sehr intensiven Traum erwacht, nur, dass er nicht in seinem gemütlichen Bett lag, sondern hier, in der freien, unberührten Wildnis mit einem kleinen Pokémon in den Armen stand. Doch auch wenn dies der wohl schönste Moment in seinem Leben war und das alles schon fast einem Traum glich, war er noch immer ein Teil dieser Welt. Er war ein Schüler der Celebi-High; trug eine Uniform des Raikou-Hauses; hatte in Professor Finch einen ewig unzufriedenen, sterbenslangweiligen und theorieversessenen Lehrer gefunden; war der beste Freund von Sonja; und hatte einen äußerst seltsamen Kauz als Zimmergefährten. Auch wenn sich sein Leben mit dem kleinen Geschöpf in seinen Armen nun gewaltig ändern würde – diese Tatsachen konnte er nicht außer Acht lassen. Das Leben, sein Leben, ging weiter und es war nun an der Zeit, in dieses zurückzukehren.
    „Ja, ich komme!“, rief Ray über die Schulter.
    Ein wenig zögerlich ließ Ray seinen kleinen, vierbeinigen Freund wieder auf die Erde hinab. Einen Moment lang war er versessen zu glauben, dass, sobald er ihn loslassen würde, sich sein Pokémon plötzlich in Luft auflösen würde und er sich plötzlich schweißüberströmt in seinem Bett wiederfinden würde. Doch nichts dergleichen geschah. Mit seinen großen, gelben und ihm treu ergebenen Augen sah das kleine Wesen unentwegt in die von Ray.
    „Kommst du?“, fragte Ray und machte mit dem Kopf einen Wink in Richtung der anderen Menschen, die bereits auf ihn warteten. Er hatte keinen blassen Schimmer, ob das Pokémon verstand, was er von ihm wollte, doch als er sich langsam in Bewegung setzte und sein kleiner Freund ihm ohne weiteres folgte, war der letzte Zweifel von ihm gefallen. Sie beide gehörten von nun an zusammen.


    Ray und sein neuer Freund schlossen sich wieder der Gemeinschaft an, deren Zahl sich durch die Ankunft der Pokémon schlagartig verdoppelt hatte. Keiner seiner Schulkameraden war mehr allein, sondern im Beisammensein eines kleinen Geschöpfs; und keines glich dem Anderen. Da waren grüne und blaue; gelbe und braune; mit einem lodernden Feuer an der Schwanzspitze oder einem Sprössling auf dem Kopf; mit prachtvollem Gefieder oder robusten Schuppen; mit scharfen Krallen oder einfach nur mit herzallerliebsten kleinen Pfötchen.
    Rays neuer Freund hatte sich in ein intensives und für die Ohren seines Trainers recht interessantes Gespräch mit Chelast, Miles Campbells Pokémon, vertieft. Beide Schüler starrten regelrecht fasziniert auf ihre beiden Pokémon hinab, die sich in ihrer eignen und für ein jedes Menschenohr unverständliche Sprache unterhielten. Im Allgemeinen fehlte von der vorherig geherrschten Stille nun jede Spur. Jedes einzelne Pokémon schien eine Menge seinem Nachbar, ob nun Mensch oder Mitpokémon, berichten zu haben. Es wurde gefiept, gebellt, gestammelt oder einfach nur gequasselt, was das Zeug hielt.


    „Hey!“
    Ray löste den Blick von den beiden Pokémon zu seinen Füßen und fand plötzlich seinen Klassenkameraden Eagle an seiner Seite. Er grinste breiter und selbstzufriedener denn je. Folglich war es kein Geheimnis, dass auch sein Zimmergefährte mit der für ihn auserkorenen Wahl sehr zufrieden war - und er diese Tatsache natürlich auch gleich jedem unter die Nase reiben musste.
    „Oh, hi! Na, wie sieht es aus?“, fragte Ray und versuchte dabei so neutral und unparteiisch zu klingen, wie nur möglich. Instinktiv schwenkte sein Blick wieder zu Boden in dem Glauben, dort Eagles Pokémon vorzufinden, doch abgesehen von Chelast und Rays Pokémon war da nichts. „Öhm, so alleine?“, hakte Ray nach und warf seinem Gegenüber einen leicht skeptischen Blick zu.
    Wie es Eagle überhaupt schaffte, sein Gesicht noch weiter und selbstgefälliger in die Breite zu ziehen, war Ray ein absolutes Rätsel. Selbiger stieß einen spöttischen Laut aus.
    „Von wegen! Sieh mal.“ Er machte mit seinem Daumen eine einfache, doch unmissverständliche Bewegung gen Himmel, wo, wie Ray nach nur kurzer Suche feststellen konnte, ein kleiner, schwarzer Punkt seine kreisförmigen Bahnen über ihre Köpfe hinweg zog.
    „Ist das ...?“
    „Jepp!“, unterbrach Eagle den noch immer in die Weiten des Himmels spähenden Ray. „Komm runter, Staralili!“
    Schnell wie ein vom Himmel hinabstürzender Stern kam der kleine Punkt näher und näher und nahm in seinem scheinbar ungebremsten Fall die Umrisse eines kleinen Vogels an. Kurz bevor er damit drohte, auf dem Boden in Tausend Stücke zu zersplittern, bremste er seinen Sturz mit zweimaligem gekonntem Schlagen seiner Flügel ab und nahm auf Eagles Schulter Platz.
    „Und, was sagst du?“, fragte Eagle und tätschelte Staralili, einen schwarzweißgefleckten kleinen Vogel mit einem bedrohlich wirkenden spitzen Schnabel und schwarzen Knopfaugen, liebevoll den Kopf.
    „Schon cool“, entgegnete Ray mit leicht hämischem Tonfall. „Nichts im Vergleich zu meinem, aber schon ganz cool.“
    „Oh, ja, natürlich. Du glaubst doch nicht allen Ernstes, du könntest es mit uns aufnehmen? Wo ist er denn, dein großer Held?“, höhnte Eagle mit hochgezogener Augenbraue.
    Nun war es Ray, der mit seinem Daumen eine weisende Geste machte; allerdings in Richtung Boden.
    Die Grimasse auf Eagles Gesichts erstarb, kaum hatte er erkannt, dass auch Ray nicht allein war, was natürlich mehr als nur seltsam war. Was hatte er denn schließlich erwartet? Dass Ray etwa als Einziger kein Pokémon bekommen hätte? Aber in Eagles Blick war etwas anderes. Es lag nichts Überraschtes darin, vielmehr eine Spur der Panik, beinahe Abscheu konnte man meinen. Er zuckte ein-, zweimal, als ob er gerade an einen spannungsgeladenen Zaun gegriffen hätte, und entfernte sich einen kleinen Schritt von Ray.
    „Ist das ... ein Elektro-Pokémon?“, fragte Eagle seltsam vorsichtig.
    „Weiß nicht“, antwortete Ray wahrheitsgemäß und zuckte die Schultern. Er genoss es förmlich, seinen Zimmerkameraden so schwitzen zu sehen – warum auch immer dieser sich so eigenartig aufführte.


    „Na, seid ihr alle zufrieden?“
    Professor Armadis war mit Mr. Figo in Begleitung ihrer Runde zugestoßen. Er lächelte in die Runde.
    „Ja, Professor“, antworteten Ray und Eagle, wenn auch Eagles Antwort etwas zögernd kam.
    „Gut, gut“, antwortete der Hauslehrer des Raikou Hauses. „Ray Valentine und Sheinux, das stimmt ...“ Er machte einen hakenähnlichen Strich auf das Blatt Papier, von dem er die Namen vorgelesen hatte. Ray hingegen musterte das Pokémon zu seinen Füßen. Sein Name war also Sheinux.
    „Malcom Granger und Staralili stimmt au...“ Professor Armadis hatte bereits seinen Stift zum zweiten Mal angesetzt, da stoppte er urplötzlich. Sein Blick war fest auf seine beiden Schüler vor ihm gerichtet. „Moment ...“
    Es war Rays dritter und letzter Traum, den er sich plötzlich vor seinen eigenen Augen abzuspielen glaubte. Doch war nicht er das Objekt des Interesses, sondern ironischerweise Eagle. Professor Armadis näherte sich vorsichtig seinem Schüler und Staralili.
    „Malcom, Ihr Staralili ...“, murmelte er.
    „Was ist? Was soll sein?“, erwiderte Eagle, nicht jedoch in der Lage, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Sein Gesicht war inzwischen kreidebleich.
    „Da muss uns wohl ein Fehler unterlaufen sein“, antwortete Professor Armadis.
    „Warum?“, fragte Eagle entsetzt und mit deutlich höherer Stimme als sonst.
    „Dieses Staralili ist ein Weibchen.“
    Die Erleichterung stand dem jungen Raikouianer sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben. Es war wohl keinesfalls das, was er oder Ray als Erstes in den Sinn gekommen war. Mit der Rückkehr der Farbe in seinem Gesicht war auch seine gewohnte Schlagfertigkeit wieder da.
    „Na und?“, meinte er.
    Der Hauslehrer des Raikou-Hauses lächelte matt. „Lassen Sie mich erklären“, begann Professor Armadis langsam. „Ich brauche Ihnen wohl nicht mehr zu sagen, dass jeder Grundstüfler in der ersten Woche sein erstes Pokémon zugeteilt bekommt. Dabei richtet sich diese Zuteilung nach dem Ergebnis ihres Fragebogens.“ Er legte eine kleine Pause ein. „Studien ergaben, dass insbesondere Pokémon-Neuanfänger mit gleichgeschichtlichen oder zumindest geschlechtsneutralen Pokémon am besten zusammenarbeiten können, deswegen sind den Mädchen weibliche – und den Jungen männliche Pokémon zugeteilt worden.“
    „Deswegen die Trennung“, sagte Ray, dem plötzlich im selben Moment ein Licht aufgegangen war.
    Professor Armadis nickte ihm zu.
    „Falls sie also nichts dagegen haben ... - „Wenn Sie erlauben, Professor, würde ich gerne Staralili behalten. Ich denke, ich komme klar“, unterbrach Eagle seinen Hauslehrer.
    Die Beiden tauschten Blicke, woraufhin ein langanhaltendes Schweigen folgte, welches Professor Armadis schließlich mit einem Seufzen brach.
    „In Ordnung, Malcom. Dass mir aber später keine Klagen kommen, ja?“
    Eagle setzte wieder sein breites und zufriedenes Grinsen auf. „Natürlich nicht. Danke, Professor.“


    Angeführt von Professor Armadis und Mr. Figo machte sich die Gruppe wieder zurück in Richtung der Schule. Ein jeder Schüler wurde auf diesem Zug von seinem ihm treu ergebenen Pokémon begleitet. Eagle hatte sich wieder von Ray und Sheinux entfernt und seine gewohnte distanzierte Haltung eingenommen. Ray scherte sich allerdings keinen Deut darum noch versuchte er das merkwürdige Verhalten Eagles zu entschlüsseln. Was kümmerte es ihn überhaupt, warum er gegen ihn oder Sheinux einen Gräuel hegte? Es war ihm gleich. Sheinux, das Pokémon zu seinen Füßen, war alles, was Ray interessierte und so verschwendete er auch keinen weiteren Gedanken mehr an die Eigenarten seines seltsamen Klassenkameraden. Stattdessen nutzte er jede freie Sekunde, um Sheinux voller Stolz aus einem jeden Winkel zu betrachten und auch der kleine Racker betrachtete seinen neuen Trainer mit nicht weniger großem Interesse.


    Die Umrisse des Schulgebäudes nahmen mit jedem gemeisterten Meter mehr und mehr Gestalt an. Viele, auch Ray, hatten für diesen Anblick allerdings kaum ein Auge übrig. Erst als langsam die ersten völlig schrillen und aufgedrehten Mädchenstimmen zu hören waren, lösten sich die meisten Blicke des starken und gerade eintreffenden Geschlechts von ihren Pokémon.
    „Achten Sie bitte alle darauf, dass ihr eure Pokémon in all dem Trubel nicht aus den Augen verliert“, rief Professor Armadis in die Runde. „Verwendet notfalls euren Pokéball, um euer Pokémon zurückzurufen. Auch diesen solltet ihr natürlich wie euren Augapfel hüten.“
    Einige – wenn auch nicht viele - Schüler nahmen den Rat ihres Dozenten zu Herzen und riefen ihre Pokémon in die Behaglichkeit ihres Zuhauses zurück. Das ging nicht viel schwieriger, als sie herbeizubeschwören. Ray hatte bereits auch mehrmals diesem faszinierenden Vorgang beigewohnt. Das Einzige, was getan werden musste, war, den richtigen Pokéball auf das Pokémon zu richten und dieses per Knopfdruck wieder in das mysteriöse Innere des Balles zu beordern. Ray gehörte jedoch dem Großteil an, der sein Pokémon lieber noch etwas an der freien Luft behalten wollte. Das, so glaubte er zumindest, lag wohl auch in Sheinux’ Interesse.


    Auch die Mädchen seiner Klassenstufe mussten wohl gerade mit der Verteilung ihrer Pokémon fertig geworden sein. Sie hatten sich in etwas näherer Umgebung zu der Schule eingefunden, doch auch bei ihnen war, wie Ray bei näherer Betrachtung (was bei dem ganzen Trubel gar nicht so einfach war) feststellen musste, ein schulbankähnlicher Tisch aufgebaut. Neben einer Vielzahl von durch die Beine ihrer neuen Trainerinnen kreuchenden und über deren Köpfe fleuchenden kleinen Geschöpfen, erspähte Ray außerdem die Professoren Cenra Finch und auch die Schulleiterin, Professor Liva. Alle wohnten diesem Spektakel bei. Natürlich erweckte Finch dabei nicht gerade den Eindruck, als würde es ihm großen Spaß bereiten. Ray hätte sogar beinahe seinen geliebten Laptop darauf verwettet, dass Finch in diesem Moment nichts lieber getan hätte, als eine seiner berühmten, langweiligen Mathestunden abzuhalten, und genauso gelangweilt hatte er beide Arme verschränkt starrte er auch in die Runde. Seine Mitprofessoren dagegen waren in emsige Gespräche mit ihren völlig aufgedrehten Schülerinnen vertieft, in welche sich auch Professor Armadis und Mr. Figo mit ihrer Ankunft beteiligten.
    Eine Person jedoch konnte Ray nicht erspähen. Wohin er auch sah – den auffällig gelben Haarschopf von Sonja, seiner Freundin, konnte er nirgends entdecken.
    Er löste sich schließlich von der sich dezent in der Ferne zurückhaltenden Gruppe seines Geschlechts und machte sich auf - natürlich in Begleitung von Sheinux -, seine vermisste Freundin zu suchen.


    Ein starker parfümierter Geruch stieg ihm in die Nase und trieb ihm Tränen in die Augen, welcher mit jedem weiteren seiner Schritte an Intensität gewann. Hier, inmitten unzähliger Mädchen, wurde klar, welches Geschlecht an diesem Platz regierte. Etwas unwohl fühlte er sich zwar schon, doch niemand, absolut niemand schien ihn, den Eindringling, wirklich wahrzunehmen oder überhaupt wahrnehmen zu wollen. So wie es auch bei den Jungen der Fall war, lag die vollständige Aufmerksamkeit der Mädchen gänzlich auf den Pokémon, die ihnen vor wenigen Augenblicken als Partner zugeteilt worden waren. Schritt für Schritt kämpfte er sich durch das dichte und voll heiterem Geschnatter erfüllte Gedrängel und achtete dabei sorgfältig darauf, nicht versehentlich auf einen Mädchenfuß zu treten oder gar ein verspieltes Pokémon unter seinen Füßen zu begraben.
    Er hatte bereits die Hälfte des Schauplatzes gemeistert, als er auf eine kleine Traube von Mädchen aufmerksam wurde, die sich nicht allzu weit von seiner Position dem Anschein nach in einer tiefen Diskussion befanden.


    „Entschuldigung? Darf ich mal?“
    Ray glaubte in Mitte dieser Menschenansammlung den sonnenblumengelben Haarschopf erspäht zu haben, nach dessen Verbleib es sein Gewissen verlangt hatte, uns so kämpfte er sich – wenn auch ausnahmsweise recht sanft und ohne den ruppigen Einsatz seines Ellenbogens – durch die Mädchentraube hindurch. Und da war sie – Sonja. Genau im Zentrum des Kreises, umringt von ihren Mitschülerinnen und völlig von diesen in Beschlag genommen.
    „Oh man! Du bist echt ein Glückspilz!“
    „Warum ausgerechnet du und nicht ich? Ich meine, Marill ist toll, aber ein Evoli?“
    „Das ist nicht fair ...“
    „Ich – ich ...“
    „Äh, Entschuldigung!“, musste Ray schon beinahe brüllen, um sich endlich Gehör zu verschaffen.
    Die Stimmung unter den Mädchen änderte sich schlagartig. Seine Mitschülerinnen sahen in Ray offenbar nichts weiteres als einen unerwünschten Eindringling in ihr Allerheiligstes und genauso behandelten sie ihn auch.
    „Was willst du?“ blaffte ihn ein großes Entei-Mädchen an, das Ray beinahe einen Kopf weit über den seinen ragte.
    „Bleib mal geschmeidig“, entgegnete Ray. „Ich komme in Frieden.“ Er hob beide Hände offen in Schulterhöhe, um seinen guten Willen zu zeigen und legte dabei sein gewohntes Grinsen auf.
    „Oh, Ray! Hi!“, rief Sonja überglücklich, ihren Freund wiederzusehen. „Ihr seid schon fertig?“
    „Jupp“, antwortete Ray. „Was ist hier los? Gibt’s etwas umsonst, oder was soll der Aufruhr?“
    „Also ...“ – „Sonja hat ein Evoli bekommen“, unterbrach Linsey Mac Cullen, eine Schülerin seines Hauses, ihre Mitbewohnerin und schnalzte dabei missbilligt mit der Zunge.
    „Echt mal. Richtig gemein“, meinte Kathrin Connor aus dem Suicune Hause und zog dabei eine dicke Schnute.
    Ray jedoch verstand überhaupt nicht, was der ganze Aufstand sollte. Evoli? Was bitteschön? Sein verwirrter Blick sprach wohl Bände. Die große Entei-Schülerin, die ihn so herzlichst begrüßt hatte, schnaubte erregt.
    „Schau mal nach unten, Kleiner.“
    „Ich weiß, dass du Plattfüße hast, trotzdem danke für den Hinweis. Kannst mir ja mal einen deiner Schuhe leihen. Ich wollte schon immer mal ein Boot haben“, entgegnete Ray hämisch grinsend, tat aber letztendlich wie von der unhöflichen Enteiianerin vorgeschlagen.
    Zu seinen Füßen fand er zwei kleine Wesen. Das Eine kannte er mittlerweile ganz gut: Sheinux. Doch war sein kleiner Freund nicht allein. Ein weiteres vierbeiniges Geschöpf – etwas kleiner als es Sheinux war -, mit flauschigem hellbraunen Fell, einer buschigen Rute, zwei spitz in die Höhe ragenden Ohren und dem herzallerliebsten Paar Augen, die Ray jemals gesehen hatte. Evoli legte zu diesem Zeitpunkt haargenau denselben verwirrten und beklommenen Blick ans Tageslicht, wie es ihre Trainerin tat.
    Das war also Evoli, Sonjas Pokémon ...

  • Part 5: Wie das Menschlein so das Pokémon

    Angeführt wurde die gewaltige Prozession von den fünf Erwachsenen an der Spitze: Die Professoren Armadis, Cenra, Finch und Liva – Mr. Figo natürlich nicht zu vergessen. Hinter ihnen hatten sich in kleine Paare aufgereihte Schüler-Grüppchen gebildet, die ihren Lehrern wie eine Gänseschar ihrer Leitgans folgten; aber auch der ein oder andere sture Einzelgänger. Den meisten Schülerinnen und Schülern stand ihr Partner-Pokémon bei diesem Marsch um das Schulgebäude herum und somit wieder zurück in den gewohnten Schulalltag treu beiseite. Inmitten dieser enormen Ansammlung von Armen, Beinen und Flügeln fanden sich Ray mit seinem Freund Sheinux sowie Sonja mit ihrer neuen Gefährtin Evoli wieder.


    „Hast du eine Idee?“, fragte Sonja.
    Ray zuckte die Schultern. „Keine Ahnung, sorry.“
    Die beiden Freunde hatten, nachdem sie einander ihre Pokémon vorgestellt hatten, sich berichtet, was sie während ihrer kurzen Trennung erlebt hatten. Dabei stellte sich heraus, dass sie beide, Ray und Sonja, an der gleichen Prozedur teilgenommen hatten. Dabei bot natürlich das vorhin aufgelegte merkwürdige Verhalten ihrer Schulkameradinnen mehr als reichlich Diskussionsstoff.
    „... Ich meine, sie ist ja schon richtig goldig ...“, sagte Sonja. Sie hatte ihren Kopf ein Stück weit gesenkt und sah auf ihr Pokémon hinab, das ihr stumm aber treu ergeben folgte.
    Bei näherer Betrachtung musste Ray feststellen, dass Evolis ganze Mimik ihrer Trainerin wie aus dem Gesicht geschnitten war. Sie hatte haargenau den gleichen verunsicherten und unbehaglich wirkenden Gesichtsausdruck wie Sonja. Bei dieser Feststellung kamen ihm schlagartig die Worte von Professor Armadis wieder in den Sinn:
    „... Vielleicht erkennt sich der eine oder andere sogar in seinem Partner-Pokémon wieder, wer weiß ...“
    „Ja, hast recht“, meinte Ray und lenkte dabei schnell wieder seine Gedanken auf das Hier und Jetzt. „Richtig knuffig.“
    „Trotzdem ... Keine Ahnung, warum die alle so ein Wirbel machen“, seufzte Sonja schwer. „Knuffig hin oder her ...“
    „Das hat weniger mit knuffig zu tun. Ironie des Schicksals, dass du dir selbst nicht im Klaren bist, was für ein glückliches Händchen du doch hast.“
    Eagle war zu ihrer Seite aufgetaucht. Dem Anschein nach hatte er der Unterhaltung seiner beiden Klassenkameraden gelauscht. Noch immer thronte Staralili auf seiner Schulter und schaute, sofern sich Ray nicht schwer täuschte, Ray und Sonja genauso herablassen an, wie es sonst die Art ihres Trainers war.
    „Ach ja? Mit was dann?“, fragte Ray, der sich von dem imponierenden Gehabe Eagles nicht im Geringsten beeindrucken ließ, auch wenn er regelrecht beeindruckt davon war, wie ähnlich sich Staralili und sein Trainer bereits waren.
    „Evoli ist ein ganz besonderes Pokémon, wusstet ihr das nicht?“, fragte Eagle.
    Mit dem Kopfschütteln Rays und Sonjas kräuselten sich seine Lippen zu einer höhnischen Grimasse.
    „Na, dann lasst es mich euch zwei Ahnungslosen erklären.“ Er warf Sonjas Pokémon zu den Beinen ihrer Trainerin einen Blick zu, während er sprach. „Evoli ist in ihrer Art einzigartig. Sie kann sich im Laufe der Zeit in viele unterschiedliche Formen verwandeln.“
    „Verwandeln? Wie meinst du das?“, unterbrach Sonja die Ausfertigungen ihres Schulkameraden.
    „Entwicklung, comprende? Noch nie was davon gehört?“, entgegnete Eagle mit herablassendem Unterton.
    „Ansatzweise ...“, antwortete Ray, Sonja jedoch schüttelte den Kopf, was Eagles Grinsen nur noch weiter in die Breite trieb.
    „Evoli kann sich in drei oder vier verschiedene Formen entwickeln, je nachdem, wie du die Kleine aufziehst. Das ist ein einzigartiges Phänomen.“
    „Es sind acht ...“
    Sämtliche Blicke - einschließlich Eagles - fuhren erschrocken zur Seite. Ein weiter Schüler hatte sich ihrer Diskussion angeschlossen, würdigte aber seinen seitlich von ihm laufenden Schulkameraden keines Blicken und starrte schon beinahe gelangweilt auf den Hinterkopf seines Vorgängers. Der Neuankömmling war groß, schlank, hatte kurzes aber dafür stacheliges schwarzes Haar und schon fast ein völlig makelloses Gesicht, wenn man von seiner fast schon schnabelähnlichen Hakennase absah. Seiner blauen Uniform zufolge gehörte er dem Suicune-Hause an.
    „Was?“, fragte Eagle mit seltenem Zögern in der Stimme.
    „Es sind sieben Formen, in die sich Evoli weiterentwickeln kann“, antwortete der fremde Schüler und klang dabei schon fast gelangweilt.“
    „Und woher willst du das so genau wissen?“, höhnte Eagle.
    „Ich weiß es eben. Alles Weitere braucht dich nicht zu interessieren“, antwortete der Suicuneianer und beschleunigte seine Schritte, sodass er sich rasch von Ray, Sonja und Eagle entfernte.
    „Hey! Kannst du nicht warten?“, rief ihm Eagle nach. Sein Gesicht war wutverzerrt und auch Staralili auf seinen Schultern plusterte sich auf und flatterte wütend mit ihren Flügeln. „Ey, du eingebildeter Fatzke, ich rede mit dir! Mit dir bin ich noch lange nicht fertig!“


    Mit dem Verschwinden Eagles, der fuchsteufelswild und zornesrot dem neunmalklugen Suicuneianer nachgeeilt war, waren Ray, Sonja und ihre beiden Pokémon wieder allein. Die zwei Schüler tauschten Blicke – Ray amüsiert, Sonja verdutzt wie eh und je.
    „Oh, man! Eagle ist echt ein Kracher“, kicherte Ray.
    Sonja zuckte schweigend ihre Schultern und sah hinunter zu Evoli. Ihre beiden Blicke trafen sich im selben Moment.
    „Eeeh?“, piepste Evoli und verrenkte fragend ihren Kopf ein Stück zur Seite.
    „Das ist also das große Geheimnis um Evoli“, schwenkte Ray das Gespräch wieder zurück.
    „Weißt du“, unterbrach Sonja nach langer und offensichtlich intensiver Zeit des Nachdenkens, „ist mir egal, was alle über die Fähigkeiten von Evoli halten. Ich finde die Kleine goldig, auch ohne diesen albernen Entwicklungshickhack. Evoli ist und bleibt Evoli. Für mich ist sie nicht deshalb einzigartig, weil sie sich in was weiß ich wie viele Formen vielleicht verwandeln kann, sondern, weil sie von nun an meine Freundin ist und ich ihr deshalb eine gute Trainerin sein werde - fertig!“ Vorsichtig nahm sie ihr Pokémon in ihren Arm und streichelte ihr sanft durchs Fell. Evoli schloss entspannt die Augen und schnurrte leise.
    Ray tat es seiner Freundin gleich und schloss Sheinux in seine Arme. Während er so Sheinux am Nacken graulte, ließ er das bisher Erlebte noch einmal Revue passieren. Sonja; Evoli; Eagle, Staralili der fremde Suicune-Schüler und schließlich er und Sheinux.
    „Sonja und Evoli; Eagle und Staralili“, wiederholte er tief in Gedanken. Dabei stellte sich ihm die eine Frage: Wie ähnlich waren sich wohl er und Sheinux?