Momentan arbeite ich immer noch an einer Kurzgeschichte, die sich allerdings als etwas widerspenstig herausstellt — oder besser gesagt, meine Motivation ist widerspenstig und deshalb ist es gerade schwer daran zu schreiben, obwohl der Plot schon fest ist. Wird hoffentlich demnächst mal fertig.
Und endlich kann ich sagen: ja, sie ist fertig geworden!
Zuerst aber möchte ich noch auf die beiden Kommentare eingehen, vielen Dank @Thalfradin Sturm-Sucher und @meridian, dass ihr euch die Zeit genommen habt!
Hallo Thalfradin Sturm-Sucher
Vielen Dank für deinen Kommentar, dein Lob freut mich wirklich sehr. #^^#
Hallo meridian! (:
Oh ja, du hast mir den Sonntag wirklich verschönert, vielen Dank dafür und für deine Worte. Als @Wuffisa dieses Wort in den Raum warf fielen mir einige Momente ein, die ich bereut hatte, aber nur einer, der eine Art „Wendepunkt“ in meinem Leben darstellte. Denn, was ich oben nicht erwähnt hab, das Drabble basiert auf einer wahren Begebenheit.
Du hast richtig verstanden, die Ich-Erzählerin ist sich bzgl. ihrer Gefühle nicht sicher. Fühlt sie was? Fühlt sie nichts? Ist das, was sie fühlt wirklich „Liebe“? Oder vielleicht doch nur eine sehr enge Freundschaft?
Du hast Recht, sie hätte genauso sagen können, was sie empfindet und es wäre sicherlich interessant gewesen herauszufinden, was er dazu sagt. Da das ganze ja auf einer wahren Begebenheit basiert, hab ich natürlich auch die wahren Umstände im Hintergrund dieses Drabbles mitwirken lassen, ohne sie direkt zu erwähnen. Im Grunde war nämlich die Ich-Erzählerin die erste, die Gefühle entwickelt hat. War sich aber so unsicher, ob die Beziehung funktionieren würde und verwirrt von den Signalen der anderen Person, dass sie ihre Gefühle zur Seite geschoben hat. Bis dann der umgekehrte Fall eintrat: er hatte seine Gefühle geäußert und sie wusste nun nicht, wie sie damit umgehen sollte. Außerdem gab es auch noch andere Einflüsse, die sie verunsicherten der Beziehung eine Chance zu geben. Deshalb entschied sie sich letztendlich für eine Lüge, in der Hoffnung eine Freundschaft zu retten, anstatt eine ungewisse Beziehung einzugehen und am Ende die Person, die ihr so viel bedeutet komplett zu verlieren.
Die wahre Sache hatte aber schließlich ein Happy-End. (:
Und nach dieser Erfahrung bin ich absolut deiner Meinung: Gefühle sollte man nicht wegschieben, sondern sie nach Möglichkeit artikulieren. Eine Lösung findet sich sicherlich in irgendeiner Form und selbst wenn nicht, ist Ehrlichkeit ja sehr wichtig. Und wie du bereits sagtest: Kommunikation sowieso.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, war sehr interessant deine Gedanken dazu zu lesen.
Die folgende Kurzgeschichte ist für mich eine kleine Prämiere, weil ich sehr selten mit Menschen schreibe und bisher noch nicht über Fabelwesen geschrieben hab. Und dann sind's auch noch humanoide Fabelwesen!
Die Idee zu dieser KG hab ich schon eine Weile, der Plot hat sich allerdings etwas zur ursprünglichen Idee verändert. Letztendlich entstand die ganze Sache aus einem einzelnen "Moment", der mir in den Sinn kam. Seit paar Jahren beschäftige ich mich immer mal wieder etwas mit Fabelwesen und Märchen und so weiter, dass das alles wohl irgendwie mitgespielt hat. In Zukunft möchte ich mich jedenfalls mehr mit Fabeltieren beschäftigen und über sie schreiben -- mal sehen, was dabei so herauskommt. (:
Im Spoiler gibt's übrigens ein paar Notizen zu dieser Geschichte, nichts großartiges, aber ich dachte mir, ich teil die trotzdem mal.
Die Kurzgeschichte ist zudem auch ein Geschenk für @Rusalka, weil ich nicht abstreiten kann, dass er für mein vermehrtes Interesse an Fabelwesen etwas verantwortlich ist. :3
Nix
männlich
Schwimmhäute zwischen den Fingern, Fischschwanz eines Zanders, Kiemen am Hals, schulterlange dunkelbraune Haare, braune Augen
Jalo -> „nobel“ auf finnisch
Dryade
weiblich
helle Haut
grüne Augen, Blätter in hellbraunen Haaren, Ranken um den Oberkörper, weißes Tuch um die Hüften
Melina
Handlung:
Nymphen spielen am Ufer des Sees ihre Instrumente bei Nacht. Jalo beobachtet sie von der Ferne und lauscht der Musik. In der nächsten Nacht will Jalo erneut den Nymphen zuhören, doch bekommt stattdessen mit, wie ein Faun die Nymphen belästigt und einer von ihnen die Flöte wegnimmt und in den See wirft. Jalo taucht hinab, um die Flöte zu holen, traut sich jedoch nicht, diese sofort zurückzugeben und behält sie. Am nächsten Tag schaut die Nymphe vom Steg aus in den See, überlegt, wie sie an ihre Flöte kommen soll. Jalo überwindet sich, taucht auf und übergibt der Nymphe die Flöte.
Flötenklänge
Goldenes Sonnenlicht floß zwischen den Lücken des Blätterdachs auf den Waldboden. Auf der leicht bewegten Wasseroberfläche des Sees sprangen die letzten Strahlen wie Funken, als das Gezwitscher der Vögel einsetzte. Das gleichmäßige Hacken eines Buntspechts gab einen ungewöhnlichen Takt vor, der den Tanz der Libellen zwischen den Rohrkolben zu begleiten schien. Die Luft war warm und feucht, doch je weiter die Sonne sich dem Horizont zuneigte, desto kühler wurde es. Der Ruf eines Falken erklang von der Ferne, als das Licht immer blasser wurde und sich das Wasser des Sees im Zwielicht kaum noch erahnen ließ. Unter den dichten Kronen des Waldes war es bereits finster, sodass der rote Pelz des Fuchses schwer auszumachen war. Die Jäger der Nacht verließen ihre Schlafplätze und als ein runder Vollmond im tintenschwarzen Himmel leuchtete schrie ein Uhu irgendwo zwischen den Bäumen.
Gekicher und einzelne Flötentöne erklangen plötzlich aus dem Wald und näherten sich dem See. Neugierig blickte ein Dachs von seiner Futtersuche am Seeufer auf, als die Gestalten aus dem Schatten der Bäume traten. Tänzelnd und sich immer wieder drehend gingen die ausgelassen lachenden Dryaden zum Rand des Ufers. Sie fingen an ihre Flöten und Harfen zu spielen, klatschten den Takt mit und tanzten freudig auf und ab. Einige Waldbewohner blieben stehen und beobachteten die Nymphen für eine Weile, gingen jedoch bald ihrer Wege. Sie wussten, dass von diesen bildhübschen Wesen keine Gefahr ausging.
Die Melodie schwebte durch die Nacht und war auch unter der Wasseroberfläche zu hören. Ein breites Lächeln erschien auf Jalos Gesicht, als er die vertrauten Töne vernahm. Geschwind schwamm der Nix von der Mitte des Sees zu dem Holzsteg, der sich vom Ufer aus mehrere Ellenlängen über das Wasser streckte. Jalo zog sich an einem der Stämme hoch, sodass er die tanzenden Nymphen in einiger Entfernung sehen konnte. Mit seinem Fischschweif schlug er immer wieder von einer Seite zur anderen, um an der Oberfläche bleiben zu können. Er hatte die Dryaden schon oft beobachtet, im Sommer tanzten sie jede Nacht. Der Anblick faszinierte ihn, wie sie sich auf ihren zwei Beinen drehten und ihre Instrumente spielten. Doch nie hätte er sich getraut auf sich aufmerksam zu machen. Lieber tat er es den Tieren gleich und lauschte der Musik und ihrem Gelächter.
Doch mit einem Mal verklang die fröhliche Melodie und die Dryaden hatten aufgehört zu tanzen. Es dauerte eine Weile, bis für Jalo der Grund dafür sichtbar wurde, denn der Blick der Nymphen war in den finsteren Wald gerichtet. Schließlich kam eine Gestalt ins Mondlicht. Der Oberkörper des Wesens war menschlich, doch an den Seiten seines Kopfes wuchsen die gebogenen Hörner eines Widders. Von der Hüfte abwärts war der Faun mit dichtem, dunklen Fell bedeckt und seine Beine glichen denen eines Ziegenbocks. Als die Dryaden den Faun erkannten begannen sie wieder ihre Instrumente zu spielen und zu tanzen. Der Neuankömmling reihte sich ein, stampfte ausgelassen mit seinen gespaltenen Hufen, während er sich zu der Melodie drehte. Jalo kam nicht umhin ihn zu beneiden. Wie gern hätte er sich ebenfalls dem fröhlichen Tanz angeschlossen!
Doch die Nymphen hatten den Faun bereits durchschaut. Er versuchte ihnen näher zu kommen und festzuhalten, doch sie brachten sich tänzelnd und drehend immer wieder außerhalb der Reichweite seiner Arme. Sie ignorierten seine schmeichelnden Worte, als er begann einige Verse aufzusagen. Der Nix konnte vom Steg aus nur die dunkle Stimme des Faun hören, die immer ungeduldiger und zorniger wurde. Schließlich entkam ein wütendes Meckern seinem Hals, als er auf eine der Dryaden zu stürzte. Er entriss ihr die Flöte und stellte Forderungen, die Jalo jedoch nicht verstehen konnte. Der Faun sprach noch einige wütende Worte bis er sich schließlich zum Steg wandte. Augenblicklich ließ der Nix sich ins Wasser fallen, tauchte unter und schwamm mehrere Ellen in den See hinaus. Was oberhalb der Wasseroberfläche vor sich ging, konnte er nur dumpf hören bis schließlich etwas platschend im See landete. Daraufhin folgten einige erschrockene Schreie und als diese verklungen waren breitete sich eine drückende Stille aus. Neugierig schwamm Jalo zu der Stelle, wo er das Platschen gehört hatte. Der Mond schien durch die Wasseroberfläche, doch es hätte für keinen Menschen gereicht in dem tiefen See etwas zu erkennen. Für den Nix reichte das kalte Licht jedoch und er fand auf dem Grund eine hölzerne Flöte. Er hob das Instrument auf, betrachtete es in seinen Händen, drehte es mit den langen Fingern zwischen denen sich Schwimmhäute spannten.
Jalo verstand nicht, warum der Faun das getan hatte, aber er dachte nicht lang darüber nach, sondern schwamm zurück zum Holzsteg. Wieder zog er sich an einem der Stämme hoch, um das Ufer sehen zu können. Doch keine der Dryaden war zu sehen. Er wartete eine Weile, hoffte darauf, dass sie zurückkommen würden, aber auch nach längerem Warten hatte er nur einen Dachs gesehen und einige Eulenschreie gehört. Nachdenklich glitt Jalo wieder ins Wasser und schwamm aufs Ufer zu. Wenn er die Flöte dort hinlegen könnte, würden die Dryaden diese bestimmt in der nächsten Nacht finden! Doch der See wurde immer seichter, sodass der Nix kurz vor seinem Ziel nicht mehr weiterkam. Für einen Herzschlag dachte er darüber nach, sich an Land zu ziehen. Würde er es aber wieder zurück in den See schaffen? Noch viel wichtiger war jedoch: würden sich die Dryaden ihm überhaupt nähern? Unsicher betrachtete er die Flöte in seiner rechten Hand. Er wollte sie auf jeden Fall zurückgeben! Fest umklammerte er das kleine Instrument, als er sich mit den Fäusten abstützte damit er sich umdrehen und zurück in den See schwimmen konnte. Sobald das Wasser wieder tief genug war, tauchte er unter und verschwand in der Dunkelheit.
Orangefarbenes Licht hatte sich im Osten hoch genug gekämpft, um über die dichten Baumkronen hinweg den See zu erleuchten. Nebelschwaden hingen noch über dem glitzernden Wasser, als Meisen und Spatzen den neuen Morgen mit ausgelassenem Zwitschern begrüßten und dabei von Amseln begleitet wurden. Wieder klopfte der Specht in seinem ganz eigenen Takt und am Waldrand ästen einige Rehe. Keckernd gerieten zwei Eichhörnchen aneinander und jagten sich daraufhin von Ast zu Ast. Sogleich hoben die scheuen Rehkühe die Köpfe und zogen sich schnell in den Wald zurück. Auf dem See gründelten derweil die Enten zwischen dem Schilfrohr, tauchten immer wieder hinab und schüttelten die Wassertropfen aus ihrem Gefieder.
Lächelnd betrachtete Melina die Idylle als sie den letzten Baum des Forstes erreichte. Sie strich der alten Buche über die Rinde, fuhr mit ihren Fingern die Risse im Holz nach. Schließlich trat sie aus dem Schatten auf die Wiese, die sich bis zum Ufer des Sees erstreckte. Das Sonnenlicht fiel auf ihre helle Haut und je näher sie dem Wasser kam, desto ernster wurden ihre Gesichtszüge. Sie war gewillt ihre Flöte zurückzuholen. Auch wenn sie noch gar nicht wusste, wie sie das bewerkstelligen sollte. Das Gras unter ihren Füßen stoppte abrupt, als sie den Steg erreicht hatte, der sich mehrere Ellen in den See streckte. Das Holz war noch feucht von der Nacht, begann aber bereits unter der warmen Sonne zu trocknen.
Melina schritt an das Ende des Stegs, setzte sich und ließ ihre Beine über dem Wasser baumeln. Ratlos blickte sie in die Ferne und fragte sich, wie sie es bloß schaffen sollte, ihre Flöte zu finden. Sie war noch nie geschwommen oder getaucht. Um ihr Instrument wiederzubekommen brauchte sie Hilfe.
Jalo näherte sich mit dem Kopf aus dem Wasser einer Biberburg im westlichen Teil des Sees. Die Tiere mit dem dunklen Fell schliefen im Inneren des Baus, doch selbst, wenn sie den Nix gesehen hätten, hätten sie sich über ihn nicht gewundert. Vorsichtig befreite Jalo die Holzflöte aus dem Geflecht aus Ästen. Er wusste was mit Holz geschah, wenn es zu lang mit Wasser in Berührung kam, deshalb hatte er sich dafür entschieden die Flöte hier zu verstecken. Mit einem erleichterten Lächeln betrachtete er das Instrument, bevor er wieder hinabtauchte und zum Holzsteg schwamm. Irgendwie musste er die rechtmäßige Besitzerin finden oder es zumindest möglich machen, dass sie fand, was man ihr weggenommen hatte.
Als der Nix die Mitte des Sees erreicht hatte, tauchte er kurz auf, nur um augenblicklich wieder unter Wasser zu verschwinden. Die Gestalt, die auf dem Steg saß hatte ihn erschrocken. Mit klopfendem Herzen näherte er sich und tauchte einige Ellen tiefer. Ob das vielleicht die Dryade war, der die Flöte gehörte?
Seufzend erhob sich Melina und blickte auf die Wasseroberfläche, die die Umgebung widerspiegelte. Es wirkte, als wäre der See das Tor zu einer anderen Welt. Plötzlich hörte sie hinter sich ein Geräusch und drehte sich ruckartig um. Doch sie konnte nichts entdecken, nur eine Amsel flog in einiger Entfernung auf. Aber die konnte den dumpfen Laut nicht erzeugt haben. Verwundert schritt die Dryade zurück in Richtung Ufer, den Blick auf das Holz unter ihren Füßen gerichtet.
„Seltsam“, murmelte sie halblaut, bevor sie sich wieder umdrehte. Sie musste immer noch eine Lösung für ihr Problem finden. Als sie die Augen wieder auf das weite Wasser richtete, fiel ihr etwas auf dem Ende des Stegs auf. Eilig ging sie darauf zu und beugte sich zu dem Gegenstand hinab.
„Meine Flöte!“, rief sie freudig aus und machte eine kurze Drehung, bevor sie den Zustand des hölzernen Instrumentes überprüfte.
Ein nahes Platschen ließ sie aufschauen. An der linken Seite des Stegs wellte sich das Wasser.
„Ist da jemand?“, fragte sie laut. „Hast du mir meine Flöte wiedergebracht?“
Die Frage der Dryade erreichte Jalo dumpf unter der Wasseroberfläche. Sie hielt ihn davon ab fortzuschwimmen. Er blickte über die Schulter zurück und fragte sich, ob das die Gelegenheit sein könnte, auf die er immer gehofft hatte. Es gab so viel, was ihn an Land interessierte, aber die Angst hatte ihn immer davon abgehalten. Seine Erscheinung war ungewöhnlich, selbst der grobe Faun war in seinen Augen ansehnlicher als der Nix selbst.
Doch war die Ablehnung wirklich schlimmer als die Reaktion der Dryade nie zu kennen?
Ruckartig drehte er sich um und schwamm an die Oberfläche.
Melina setzte sich verwirrt auf das warme Holz und wartete. Irgendjemand hatte ihr das vermisste Instrument wieder gebracht. Sie musste sich bei demjenigen bedanken! Außerdem wurde sie langsam neugierig. Nicht einmal die Tiere des Waldes versteckten sich bewusst vor ihr. Eigentlich kannte sie kein Wesen, welches sich vor einer Dryade verbergen würde. Also musste dies jemand Besonderes sein. Und noch dazu im Wasser leben!
Schließlich bemerkte sie einen dunklen Schatten, der sich der Oberfläche des Sees näherte. Ein Kopf tauchte aus dem Wasser auf und Melinas Augen weiteten sich vor Überraschung. Das dunkelbraune, schulterlange Haar hing triefnass an dem schmalen menschlichen Gesicht. Die Haut hatte einen feuchten Schimmer und die Augen die Farbe von dunkler Baumrinde nach einem Regenguss. Das Wesen näherte sich dem Pfahl neben der Dryade und zog sich daran hoch. Sie konnte nun die beinahe unscheinbaren Kiemen am Hals erkennen, sowie die Schwimmhäute zwischen den langen Fingern.
Jalo war zu beeindruckt vom Aussehen seines Gegenübers, um etwas zu sagen. Die Haare der Nymphe waren hellbraune Locken in denen Blätter hingen. Um ihren Oberkörper rankten sich dunkelgrüner Efeu und hellroter wilder Wein bis zu ihren Hüften, wo ein weißes Leinentuch ihr als ihr als Rock diente. Doch besonders faszinierten ihn die grünen Augen der Dryade, die wie das Blattwerk der Bäume schimmerten, wenn das Sonnenlicht hindurch fiel.
„Hallo“, schaffte Melina es schließlich zu sprechen. Der Nix zuckte kurz zusammen, als hätte sie ihn erschreckt. „Hast du mir meine Flöte wiedergebracht?“ Ein kurzes Nicken folgte.
„Vielen Dank“, meinte sie lächelnd. „Ich bin so froh sie wieder in den Händen halten zu können, weil ich Angst hatte, sie nie wiederzusehen. Wie heißt du?“
„Jalo“, brachte der Nix hervor und schlug die Augen nieder. Es fühlte sich seltsam an tatsächlich mit der Dryade zu sprechen. Vor lauter Aufregung schlug sein Herz so laut, dass er sicher war, sie müsste es hören.
„Freut mich sehr dich kennenzulernen“, erwiderte sie, „mein Name ist Melina. Wie hast du die Flöte gefunden?“ Die tiefe Stimme des Nix klang angenehm, obwohl er nur ein einziges Wort gesagt hatte. Melina wollte ihm weiter zuhören.
„Nun“, begann Jalo zögerlich, „ich war gestern hier und hab dir und den anderen Dryaden zugehört. Eure Lieder sind immer so schön, dass ich gern jede Sommernacht hier beim Steg bin und euch lausche. Und als der Faun deine Flöte in den See geworfen hat, schwamm ich gleich hin, weil ich nicht sehen konnte, was es war.“
„Wie gut, dass du da warst“, sagte Melina und betrachtete das Instrument in ihren Händen. „Wer weiß, in welchem Zustand sie sonst gewesen wäre, wenn sie noch länger im Wasser gelegen hätte.“
„Was wollte der Faun gestern Nacht?“, wollte der Nix plötzlich wissen. Verwundert schaute sie auf. Bisher hatte sie das nie erklären müssen, aber vielleicht wusste Jalo es tatsächlich nicht.
„Ich bin ein bisschen überrascht, dass du das fragst“, gab sie zu. „Aber vielleicht wirke ich auf dich auch anders. Faune werden regelrecht verrückt, wenn sie Nymphen sehen. Richtig liebestoll. Es gibt Momente, da haben wir nichts dagegen, aber manchmal sind die Faune zu aufdringlich.“
Jalo nickte als er meinte: „Scheinbar eine ähnliche Wirkung, wie Nixe auf Menschen haben. Die werden dann auch ganz merkwürdig und folgen uns ins Wasser.“
„Und das wollt ihr nicht?“, fragte Melina vorsichtig.
„Ich nicht“, gab er zurück. „Es gibt welche von uns, die das gern machen. So wie sich wohl auch ein paar Nymphen gern auf Faune einlassen.“
„Aber du spürst keinen Anflug von Liebestollheit?“, wollte die Dryade prüfend wissen, woraufhin Jalo den Kopf schüttelte.
„Nein, aber möchtest du mir denn ohne nachzudenken ins Wasser folgen?“
„Sicherlich nicht“, erwiderte Melina ängstlich, „ich kann gar nicht schwimmen.“
„Dann ist ja gut“, sagte der Nix mit deutlich hörbarer Erleichterung. „Sonst hätte ich es nämlich sehr bereut mich dir gezeigt zu haben.“
„Ich bin froh, dass du es getan hast. Weil ich mich unbedingt bei demjenigen bedanken wollte, der mir meine Flöte wiedergebracht hat.“
„Gern geschehen“, gab Jalo lächelnd zurück. „Mir war auch wichtig, dass du sie wiederbekommst.“
Für einen kurzen Moment schwiegen beide und ließen die warmen Sonnenstrahlen auf ihre Haut scheinen. Der Himmel über ihnen war azurblau, keine Wolke war zu sehen und nur ein schwacher Wind strich über das Wasser. In den Blättern der Bäume flüsterte es dabei leise, doch das wurde von dem Gezwitscher der Vögel beinahe übertönt.
Melina betrachtete noch einmal ihr Instrument, bevor sie es an den Mund führte und zu spielen begann.
Die kleine Melodie schwebte durch die feuchte Luft und ließ ein paar Eichhörnchen in ihrem Keckern verstummen. Der Nix kannte dieses Lied nicht, was ihn nur noch mehr über das Flötenspiel der Dryade staunen ließ. Hohe und tiefe Töne wechselten sich harmonisch ab, sie klangen fröhlich und forderten zum Tanzen auf. Da Jalo aber nicht wusste, wie er das bewerkstelligen sollte, klopfte er nur verstohlen mit seiner Hand auf das Holz. Lächelnd schloss er die Augen und vergaß die Welt um ihn herum. Als die Musik schließlich leiser wurde und schließlich verklang, war es dem Nix, als wäre er aus einem Traum erwacht.
„Das war wunderschön“, sagte er ehrfürchtig. Melina lächelte verlegen.
„Danke schön, ich hab dieses Lied bisher noch niemandem vorgespielt, weil ich mir noch nich sicher war, ob es schon gut ist.“
„Ich finde es herrlich“, erwiderte Jalo breit grinsend, doch seine Züge wurden schnell traurig.
„Was ist los?“, fragte Melina besorgt und rückte etwas zu ihm. Erst jetzt fiel ihr auf, dass seine Haut den feuchten Schimmer verloren hatte und seine braunen Haare beinahe getrocknet waren.
„Ich würde gerne noch länger hier bleiben, aber ich kann in der Sommerhitze nicht lang außerhalb des Wassers sein.“
„Aber natürlich“, sagte die Dryade verständnisvoll. „Es ist wichtig, dass du auf dich aufpasst. Ich sollte auch zurück in den Wald, hier draußen könnten mich die falschen Wesen entdecken.“
„Das solltest du auf jeden Fall tun“, stimmte der Nix ihr zu.
Melina erhob sich und fragte: „Sehen wir uns heute Nacht?“
„J-ja, sehr gerne“, brachte ihr Gegenüber überrascht hervor. Nie hätte er gedacht, dass sie ihn wiedersehen wollte und dann auch noch so bald!
„Ich freu mich“, grinste sie, „und jetzt tauchst du schnell wieder in den See, ja?“
Jalo nickte und ließ sich zurück ins Wasser fallen. In dem Moment als das kalte Nass ihn wieder umgab, bemerkte er erst, wie lang er sich außerhalb aufgehalten hatte. Er fühlte, wie die Wärme aus seinem Körper wich und seine Haut die Kühle begrüßte. Sehr viel länger hätte er sich in der Sommerhitze nicht außerhalb des Sees aufhalten dürfen.
Vom Steg beobachtete Melina, wie der Nix unter der Wasseroberfläche schnelle Kreise zog. Dabei erkannte sie zum ersten Mal den Fischschweif, der dem eines Zanders ähnlich sah. Lächelnd erhob sie sich und ging über das warme Holz zurück ans Ufer. Ihre Flöte fest in der Hand lief sie über das kurze Gras in den Schatten des Waldes, dabei sprang sie ausgelassen wie ein junges Reh. Sie freute sich darauf Jalo schon so bald wiederzusehen!
Der Nix tauchte tiefer hinab in den See, wo das Licht nur noch gedämpft die Wasserpflanzen erreichte. Es tat gut wieder in dieser bekannten Umgebung zu sein und er fühlte sich direkt erleichtert, dass sich hier nichts verändert hatte. Wie gewohnt schwammen die Fische an ihm vorbei und als er sich der anderen Uferseite des Sees näherte, konnte er über sich mehrere Entenfüße bedächtig paddeln sehen.
Jalo wusste noch nicht, wie er sich die Zeit bis Sonnenuntergang vertreiben sollte. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass er dieses Mal nicht unbeachtet bleiben würde. Ein wenig hatte er Angst davor, doch vor allem war er aufgeregt und freute sich. Mit kräftigen Schlägen seines Fischschweifs schwamm er durch den See.
Die heiße Mittagssonne strahlte auf ihrem Zenit auf den See hinab, der Wind blieb aus und die Bäume schwiegen in feuchten Wärme. Libellen schwirrten durch das Schilf und am Ufer flogen Bienen und Hummeln eifrig von einer geöffneten Blüte zur nächsten, während der Takt des hackenden Buntspechts durch den Forst hallte.