Das "neue" Deutsch - Verfall oder Wandel?

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  • Ich meine jezt mit Problemloser Kommunikation, dass sich jeder mit Jeden verständigen kann. Klar gibt es Leute die sich durch krankheiten oder sonst was beim Kommunitzieren schwerer tun als Andere, oder das nicht Jeder auf den selben Nivou ist wie der Andere. Dass hat aber nichts mit der Jeweiligen Sprache zutun.


    Jup ich weiß das es im englischen auch eine Gramatik gibt, allerdings finde ich es im Deutschen viel zu übertrieben ist.


    Das Jeden Tag sprachen aussterben glaube ich nicht, es wird alles immer genau Dokumentiert (Bücher, Filme, Musik, Hörspiele).


    Es kann sein das die Sprachen von bestimmten kleine "Uhrwaldvölkern" oder ähnliches aussterben, weil sie ermordet werden (ja das gibt es Leider wirklich), oder sie gezwungen werden weck zu ziehen.
    Aber das finde ich an sich schon total Falsch, nicht nur wegen der Sprache^^

  • Also ich finde, dass sich die deutsche Sprache in einigen Punkten gewandelt hat, aber auch teilweise zerfällt. Den Zerfall kann man deutlich an dem sogenannten 'Ghettodeutsch' sehen, also mit 'alter' und 'ey'. Ich kann es nicht austehen, wenn jemand so redet, das kommt für mich einfach nur dämlich rüber. Ich benutze zwar auch teilweise Jugendsprache(wer tut das nicht), aber unverständliche Sätze oder Worte, die so abgeändert sind, dass man ihre Bedeutung nicht mehr versteht, benutze ich nicht. Zum Thema Chat möchte ich sagen, dass ich dasCchatten an sich nicht als Zerfall der deutschen Sprache bezeichnen würde, sondern eher die dort genutzten Begriffe(wie es ja auch im Startpost steht). Einige Begriffe finde ich ja OK, und die meisten Chatkürzel werdem im echten Leben nicht eingesetzt, also wenn man sich mit anderen unterhält. Wenn es allerdings soweit kommt, dass sich die Leute nurnoch auf solche Kürzel beschränken, so würde ich dass dann schon als Zerfall bezeichnen.


    MfG, Konakona.

  • Wie man aus meinen Beiträgen schließen kann, bin ich selbst eine leidenschaftliche Verfechterin der deutschen Sprache. (:
    Da ich gleichzeitig eine Jugendliche bin, sehe ich dieses Problem mit gemischten Gefühlen - Ich benutze "Jugendslang" und den schönen Schweizer Dialekt, ohne mich großartig daran zu stören. Fällt mir aber schon auf, wie oft englische bzw. fremdsprachige Wörter benutzt werden, wo ein Deutsches genausogut Platz gehabt hätte.
    Nun, aufhalten kann man diesen Wandel wohl nicht, also werde ich mich auch nicht drüber aufregen.
    Liebe Grüße~

  • Stehe dem Thema eher geteilt gegenüber. Auf der einen Seite gibt es natürlich Angliszysmen die jeder öfter benutz (cool,Internet,usw) andererseits gibt es aber auch Dinge da kann man nur den Kopf schütteln. Office,to-go,Afterworkparty und alles was einfach..unnötig ist. Ich denke einfach wir sollten etwas auf unsere Sprache "aufpassen",dass sie nicht endgültig von englischen Beriffen durchsetzt wird. Ich denke,dass Frankreich und Spanien(und vieleicht noch andere Länder? Kein Plan.) das ganz gut lösen: Es gibt dort Institute die sich dafür einsetzen und auch darauf achten,dass sie ihre "reine" Muttersprache behalten. Halte ich eigentlich für ne ganz schnicke Idee. Wobei es für soetwas in Deutschland wahrscheinlich 15 Jahre zu spät ist._. Müssen wir uns wohl alle damit abfinde,dass es eben so ist.


    Jup ich weiß das es im englischen auch eine Gramatik gibt, allerdings finde ich es im Deutschen viel zu übertrieben ist.


    Ich denke du redest vom Schuldeutsch,oder? Es ist richtig,dass wir noch schönes altes Deutsch lernen. Selbst wenn es sich für uns größtenteils komisch anhört,denke ich trotzdem,dass es viele "ey,aldah,ey chooooo!" Leute vieleicht,nunja,in die richtige Richtung lenkt. Stell dir mal vor,es gäbe nur noch 4 Jahre Grundschuldeutsch,weil " es ja reicht,wenn mans sprechen kann". Was ist falsch daran seine Muttersprache besser zu sprechen als Englisch?!


    Zur gemeinsamen Sprache:
    Halte ich für ne recht dumme Idee. Überlegt euch mal,wie Ginger es schon gesagt hat,wie viel Kultur mit unserer Sprache untergehen würde. Und ich denke nicht,dass ein paar Filme und Hörbücher reichen um eine ganze (tote) Sprache in Erinerung zu halten.

    Augen mit tiefen Rändern vom miesen Weed der Händler
    Weil das einzige, was gleich bleibt, ist, dass sich nie was ändert
    Wieder schlendern an den Läden vorbei
    Verschwende deine Jugend, alles dreht sich im Kreis

  • Irgendwie bin ich pessimistisch, was die deutsche Sprache angeht. Es gibt immer mehr blöde Wendungen und Worte, die keinen Sinn ergeben und dennoch sogar von Journalisten und Kulturträgern verwandt werden.
    Gibt da unterschiedliche Kategorien:


    - Sinnlose Wortzusammensetzungen: aufoktroyieren statt oktroyieren, auseinanderdividieren statt dividieren, vorprogrammieren statt programmieren etc.
    - Unzulässige Steigerungen: natürlicher, vollständiger etc.
    - Missglückte Metaphern: "Im Schatten dieser Debatten blüht der echte Antisemitismus." (Augstein, Im Schatten blüht es; möglich, aber schlechter Vergleich) oder "Die Schwere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, der Abgrund dazwischen wird tiefer." (Welcher Abgrund zwischen einer Schwere?)
    - Wortverwechslungen: Bestes Beispiel sind die Worte "anscheinend" und "scheinbar", zwischen denen auch in Romanen manchmal kein Unterschied mehr gemacht wird, obwohl der Duden sie gegenteilig definiert. "Scheinbar" heißt "nur dem Scheine nach", "anscheinend" heißt "so, wie es scheint".
    - Doppelung eines Sinninhaltes: Wenn z.B. gesagt wird "Die Regierung plant über einen neuen Gesetzesentwurf nachzudenken" (man plant nicht nachzudenken) oder "Es besteht die Gefahr, dass Japan durch ein weiteres Erdbeben erschüttert werden könnte" (entweder muss die Gefahr weg oder das potentielle "könnte". Beides zusammen ist redundant.)


    Gibt bestimmt noch mehr, das ist jedoch das, was ich am auffälligsten finde.

  • Während an den meisten Punkten sicher etwas dran ist, ist dieser hier doch etwas seltsam:

    Missglückte Metaphern

    Metaphern, sprachliche Bilder etc sind doch bekannt dafür, dass sie wörtlich nicht zwangsläufig Sinn ergeben. Zumal das erste Beispiel auch ein Oxymoron sein dürfte, weshalb es völlig in Ordnung ist, dass normalerweise im Schatten nicht blüht. Das wirkt vielleicht erstmal befremdlich, aber das macht es noch nicht falsch.
    Beim zweiten Beispiel muss ich sagen, dass ich nicht wirklich ein Beispiel finde, dass gleichzeitig von der "Schere zwischen Arm und Reich" und einem dazwischen liegenden "Abgrund" oder einer "Kluft" spricht. Vielleicht hast du ja eines zur Hand. Aber auch hier würde ich behaupten: Es ist ein Bild, nur als Bild muss es funktionieren, nicht als Ausführung. Und das tun beide Beispiele durchaus. Würden sie als Bilder nicht funktionieren, könnte man tatsächlich von missglückten Metaphern sprechen, so empfinde ich sie als unproblematisch.

  • Metaphern, sprachliche Bilder etc sind doch bekannt dafür, dass sie wörtlich nicht zwangsläufig Sinn ergeben. Zumal das erste Beispiel auch ein Oxymoron sein dürfte, weshalb es völlig in Ordnung ist, dass normalerweise im Schatten nicht blüht. Das wirkt vielleicht erstmal befremdlich, aber das macht es noch nicht falsch.
    Beim zweiten Beispiel muss ich sagen, dass ich nicht wirklich ein Beispiel finde, dass gleichzeitig von der "Schere zwischen Arm und Reich" und einem dazwischen liegenden "Abgrund" oder einer "Kluft" spricht. Vielleicht hast du ja eines zur Hand. Aber auch hier würde ich behaupten: Es ist ein Bild, nur als Bild muss es funktionieren, nicht als Ausführung. Und das tun beide Beispiele durchaus. Würden sie als Bilder nicht funktionieren, könnte man tatsächlich von missglückten Metaphern sprechen, so empfinde ich sie als unproblematisch.

    Es gibt bestimmte Stilmittel, bei denen der Übergang zur sprachlichen Unsauberkeit, fließend ist. Das Zeugma z.B. Aber auch das Oxymoron. Ein Oxymoron würde ich jedoch anders definieren, es steckt ja schon im Wort selbst, nämlich Gegensätzliches zu einem Sinninhalt zu verknüpfen. "Indem sie schweigen, schreien sie." von Cicero z.B. Hier ist der Sinn deutlich zu erkennen.
    Wenn jemand erzählt, dass etwas im Schatten blüht, dann weiß ich nicht, was das aussagen soll. Dass das, was da blüht, ein Nachtschattengewächs ist?


    Natürlich funktionieren diese Metaphern, in dem Sinne, dass man sie versteht. Wenn ich drei notwendige Kommata in diesem Text weglassen würde, würde man ihn immer noch verstehen. Aber ich denke, dass sie eben nicht sauber sind. Eine Metapher ist besonders dann schön, wenn sie in sich schlüssig ist. Wenn innerhalb der Metapher plötzlich das sprachliche Bild wechselt, stört das. Man nennt das Katachrese, wurde früher zur Erzeugung von Komik eingesetzt, heute gilt das eher als unsauber. Aber auch die Erzeugung von Komik ist ja nicht gerade das, was bspw. Augstein bezwecken wollte. Wenn er also zuerst davon spricht, dass im Schatten einer Sache etwas anderes entsteht, dann will er damit auf das Verruchte dieses Etwas hinweisen. Aber plötzlich schreibt er, dass es dort blüht. Und das bricht das Bild. Meiner Meinung nach.
    Das Beispiel mit der Schere ist von hier an der Uni, ich kann es dir also nicht im Original zeigen. Aber an dieser Wendung hat sich genau die gleiche Diskussion entsponnen, wie wir sie gerade führen.

  • Zu den sinnlosen Wortzusammensetzungen:
    Man muss dabei immer bedenken, ob jemand, wenn er zB. "auseinanderdividieren" sagt, damit exakt das gleiche meint wie mit "dividieren". Ich würde nämlich behaupten, dass das nicht der Fall ist, und man mit "auseinanderdividieren" eher meint, etwas sehr kleinschrittig zu untersuchen, während "dividieren" eher im mathetischen Bereich als "teilen durch" benutzt wird.
    Wobei das zwar, das muss ich zugeben, erklärt, warum diese Worte gebildet werden, aber nicht, warum sie so, äh, seltsam gebildet werden. Das ist aber nichts, was es erst seit kurzem gäbe. Der Zitronenfalter zB. faltet ja auch keine Zitronen, trotzdem würde ich nicht sagen, dass mit der Vergabe dieses Gattungsnamens die deutsche Sprache zu Grunde ging. Das Kreuzfahrtschiff fährt nicht zwingend nur kreuzförmige Routen. Außerdem gibt es auch Phrasen wie "Art und Weise", wobei "Art" und "Weise" ja exakt das gleiche meint - die Wiederholung in Form eines Synonyms dient der Ausdrucksverstärkung. Einen ähnlichen Fall sähe ich hier bei deinen Beispielen. Man will eben bestimmte Sachverhalte besonders betonen.
    Die Bildung solcher Worte ergibt also durchaus Sinn. Und, wie gesagt, die Art und Weise, wie ein Wort (oder eine Phrase) gebildet wird, muss mitnichten sinnvoll sein. Die Hauptsache ist, dass verstanden wird, was ausgedrückt werden soll.


    Ebenso als ausdruckssteigerndes Mittel würde ich die unzulässige Komparation interpretieren. Es soll ausgedrückt werden, dass etwas besonders natürlich, besonders vollständig, besonders ... ist. Die Komparation dieser Worte kann also durchaus sinnvoll sein.


    Was die Schere zwischen Arm und Reich angeht, muss ich @QueFueMejor zustimmen, das habe ich so noch nicht gehört. Darüber hinaus könnte man bei deinem Beispiel das "dazwischen" auch als Bezug auf "zwischen Arm und Reich" verstehen, und nicht zwangsläufig mit der Schere in Verbindung bringen. Also in etwa: "Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, und der Abgrund zwischen Arm und Reich wird immer tiefer."
    Außerdem möchte ich ganz stark bezweifeln, dass ausnahmslose jede ältere Metapher, die jemals benutzt wurde, zu 100% sinnvoll war. Es gibt immer blöde Ausdrücke, zu allen Zeiten. Das als Verfallszeichen der deutschen Sprache anzusehen, halte ich für gewagt.


    Wenn die Wortverwechslungen sich so eingebürgert haben, scheint es eben nicht notwendig zu sein, die Worte auseinanderzuhalten. Die Menschen sind ja nicht total blöd und benutzen absichtlich Wörter falsch, weil Baum, sondern sie verwenden Wörter so, wie es praktisch ist, wie sie sich verstehen. Wenn diese Wörter nahezu synonym verwendet werden, löst sich der Bedeutungsunterschied eben auf, so ist das. Das ist kein Verfall, sondern Weiterentwicklung ganz im Sinne der Sprachökonomie.
    Auch ist der Duden kein in Stein gemeißeltes Gesetz der deutschen Sprache. Der Duden wird von einem Verlag herausgegeben. An sich könnte jeder, wenn er wollte, irgendein Wörterbuch rausbringen, und den Wörtern die vermurkstesten Bedeutungen zuschreiben - haben sich deshalb alle Menschen danach zu richten? Nein. Der Duden sollte mehr als grober Leitfaden verstanden werden, nicht als Grundgesetz der deutschen Sprache.
    Wer außerdem so argumentiert wie du, also "Es steht anders im Duden, also ist es falsch", beachtet dabei nicht, dass Sprache sich fortwährend verändert. Wir sprechen heute kein Althochdeutsch mehr, und auch kein Mittelhochdeutsch, und auch kein Frühneuhochdeutsch mehr. Ein Hartmann von Aue würde wahrscheinlich, vom lieben Herrgott zurück auf die Erde geschickt, sagen: "Oh je, wie zum Teufel sprechen diese Bauern denn? Das ist ja furchtbar!" Bzw. ungefähr das, nur auf Mittelhochdeutsch.
    Sprache ist geradezu etwas lebendiges, immer in der Entwicklung begriffen. Und ich wage einfach mal zu behaupten, dass keiner sagen würde, wir sollten alle wieder Althochdeutsch sprechen, weil Veränderung ja böse ist.


    Die Doppelung des Sinninhalts könnte man auch wieder auf die Ausdruckssteigerung zurückführen. Dein Beispiel mit dem "Die Regierung plant, darüber nachzudenken" würde ich sogar schon eher als ironisch verstehen, insofern hätte hier die Doppelung noch einmal eine andere Auswirkung.



    Man muss natürlich nicht jede Veränderung einer Sprache gut finden. Davon bin ich ja auch weit entfernt, es regt mich auf, wenn jemand "in keinster Weise" oder ähnliches sagt. Aber man muss stets im Hinterkopf behalten, dass Sprache kein gottgebenes in Stein gemeißeltes Ding ist, sondern ein Werkzeug des Menschen, dass dieser so benutzt, wie es ihm nützlich ist. Sprache muss nicht irgendwelchen Regeln gehorchen, Sprache muss verstanden werden.
    Zudem gibt es sogar dutzende unterschiedliche Grammatiken. Es wird gestritten, wie man denn nun Wortarten überhaupt bestimmt, man kann da topologisch oder semantisch vorgehen, oder beide Aspekte einbeziehen. Man könnte sogar darüber diskutieren, wie man denn nun ein Wort definiert. Es ist letztenendes in der Sprache nichts eindeutig festgelegt, auch, wenn einem im Deutschunterricht erfolgreich suggeriert wird, es wäre so.
    Und die verhärmte Großvatersicht einzunehmen und auf die Sprache von heute zu schimpfen halte ich insgesamt für falsch. Man muss, wie gesagt, nicht alles schön finden, aber einen Verfall der deutschen Sprache zu postulieren ist falsch.

  • Man muss dabei immer bedenken, ob jemand, wenn er zB. "auseinanderdividieren" sagt, damit exakt das gleiche meint wie mit "dividieren". Ich würde nämlich behaupten, dass das nicht der Fall ist, und man mit "auseinanderdividieren" eher meint, etwas sehr kleinschrittig zu untersuchen, während "dividieren" eher im mathetischen Bereich als "teilen durch" benutzt wird.

    Dividieren heißt vom Lateinischen her eigentlich nur trennen, was eine Bewegung einer Sache auseinander voraussetzt. Auseinandertrennen würde man auch nicht sagen, oder Auseinanderdekonstruieren. Im mathematischen Bereich heißt es auch genau das, nämlich Teilen.



    Wobei das zwar, das muss ich zugeben, erklärt, warum diese Worte gebildet werden, aber nicht, warum sie so, äh, seltsam gebildet werden. Das ist aber nichts, was es erst seit kurzem gäbe. Der Zitronenfalter zB. faltet ja auch keine Zitronen, trotzdem würde ich nicht sagen, dass mit der Vergabe dieses Gattungsnamens die deutsche Sprache zu Grunde ging. Das Kreuzfahrtschiff fährt nicht zwingend nur kreuzförmige Routen.

    Naja, ich bin kein Sprachwissenschaftler, ich würde jedoch sagen, dass der Falter seinen Namen von seinen Flügeln hat, die Zitrone hat er von seiner Farbe. Diese Namensgebung ist aber auch vor dem Hochdeutschen bezeugt wahrscheinlich.



    Außerdem gibt es auch Phrasen wie "Art und Weise", wobei "Art" und "Weise" ja exakt das gleiche meint - die Wiederholung in Form eines Synonyms dient der Ausdrucksverstärkung. Einen ähnlichen Fall sähe ich hier bei deinen Beispielen. Man will eben bestimmte Sachverhalte besonders betonen.

    Art und Weise sind zwei getrennte Wörter. Man kennt eine solche Betonung als das Stilmittel Hendiadyoin, eine Sache durch zwei ausdrücken. Die Verschmelzung zu einem Wort finde ich aber unschön. Man spricht ja nicht von der Artweise oder der Konditionsbedingung oder Eruptionsausbruch oder der Volksethnie oder solchen Dingen.


    Ebenso als ausdruckssteigerndes Mittel würde ich die unzulässige Komparation interpretieren. Es soll ausgedrückt werden, dass etwas besonders natürlich, besonders vollständig, besonders ... ist. Die Komparation dieser Worte kann also durchaus sinnvoll sein.

    Etwas kann nicht besonders vollständig sein, weil diese Worte sprachlogisch einen Zustand ex negativo ausdrücken. Wenn nicht alles vorhanden ist, dann ist es nicht vollständig. Und mehr als alles kann nicht vorhanden sein. Man kann Partizipien im Perfekt ja auch nicht steigern: "Die Wand ist bemalt" -> "Die Wand ist bemalter". Ein Puzzle kann nicht mehr als vollständig sein und ein vollständiges Puzzle ist nicht vollständiger als eines, bei dem Teile fehlen, weil dieses nicht vollständig ist.
    Auch das Wort "natürlich" bezeichnet einen Zustand, der nicht mehr gesteigert werden kann, weil er eine Zugehörigkeit ausdrückt. Es können nur Worte gesteigert werden, die graduelle Unterschiede kennen. Worte der qualitativen Zuordnung können logischerweise nicht gesteigert werden.


    "Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, und der Abgrund zwischen Arm und Reich wird immer tiefer."

    Auch in diesem Vergleich bleibt der zweite Teil sinnlos, schließlich ist die Tiefe eines Abgrundes (der ja schon per se als sehr tief definiert ist) nicht erheblich für die Unmöglichkeit seiner Überquerung. Der Abgrund müsste breiter werden und nicht tiefer, schließlich würde die Entfernung zwischen Arm und Reich dieselbe bleiben, wenn der Abgrund dazwischen tiefer wird.


    Wenn die Wortverwechslungen sich so eingebürgert haben, scheint es eben nicht notwendig zu sein, die Worte auseinanderzuhalten. Die Menschen sind ja nicht total blöd und benutzen absichtlich Wörter falsch, weil Baum, sondern sie verwenden Wörter so, wie es praktisch ist, wie sie sich verstehen. Wenn diese Wörter nahezu synonym verwendet werden, löst sich der Bedeutungsunterschied eben auf, so ist das. Das ist kein Verfall, sondern Weiterentwicklung ganz im Sinne der Sprachökonomie.

    Ja, ich kenne die normative Kraft des Faktischen, schließlich kann man die Worte "würdig", "wegen" und "eingedenk" inzwischen auch mit Dativ verwenden. Hier ist aber keine Bedeutungsverschiebung vorhanden. Wenn aber Wörter gegenteilig definiert werden wie bei "anscheinend" und "scheinbar" kann Kommunikation nicht mehr sicher funktionieren, da Kommunikation Einigkeit über Wortbedeutung verlangt.


    Sprache ist geradezu etwas lebendiges, immer in der Entwicklung begriffen. Und ich wage einfach mal zu behaupten, dass keiner sagen würde, wir sollten alle wieder Althochdeutsch sprechen, weil Veränderung ja böse ist.

    Nein, Veränderung ist nicht böse. Zu früheren Zeiten muss man natürlich sagen, dass sie nicht lexikalisch waren. Die Einführung eines Sprachlexikons jedoch war notwendig, da eine gesamtdeutsche Kommunikation zu der damaligen Zeit nicht möglich war. Eine gemeinsame Sprache schafft sichere Kommunikation und eine Veränderung dieser Sprache sollte vorsichtig geschehen. Am besten wäre es, wenn alle Menschen in Deutschland die Hochsprache beherrschen würde. Das würde Kommunikation schlichtweg erleichtern.


    es regt mich auf, wenn jemand "in keinster Weise" oder ähnliches sagt.

    Warum kann man das dann nicht sagen? xD Oder "Bin ich hier der Einzigste?". Sehe den Unterschied in der Kritik nicht, außer vielleicht dass diese Wendungen (hoffentlich) nicht in großen Zeitungen gebraucht werden.


    Die Doppelung des Sinninhalts könnte man auch wieder auf die Ausdruckssteigerung zurückführen. Dein Beispiel mit dem "Die Regierung plant, darüber nachzudenken" würde ich sogar schon eher als ironisch verstehen, insofern hätte hier die Doppelung noch einmal eine andere Auswirkung.

    War die FAZ und sie meinte es ernst. Das sprachliche Ungenauigkeiten Komik erzielen können ist klar, aber das spricht ja für sich.


    Und die verhärmte Großvatersicht einzunehmen und auf die Sprache von heute zu schimpfen halte ich insgesamt für falsch. Man muss, wie gesagt, nicht alles schön finden, aber einen Verfall der deutschen Sprache zu postulieren ist falsch.

    Natürlich war das mit dem Verfall eher Provokation, um hier eine Diskussion anzustoßen. Ich benutze sehr viele Anglizismen, wenn ich spreche, und, da ich aus Bayern komme, nutze ich den Genitiv selten bis gar nicht und sage sogar "Das ist dem sein Auto". Ich kann aber nicht verlangen, dass ein solcher Slang in der gesamten Bundesrepublik verstanden wird und lege Wert darauf, dass das geschriebene Wort korrekt ist.
    Es ist natürlich oft ein wenig traurig, wenn ich eine Bewerbung schreibe und mir noch zehn Mal alles durchlese, damit auch alles stimmt, und dann eine E-Mail zurück bekomme, in der zehn Rechtschreibfehler sind.


    Wenn deutsche Sprache sich eben wandelt, warum erlauben wir dann nicht der Hochsprache, das Verb "tun" + Infintiv für alles zu verwenden? Warum legen wir Wert auf Kommata? Ich erkenne die Grenze dann nicht mehr. Das Einfachste wäre, ein richtiges Deutsch zu vermitteln. Alles andere führt zu unsicherer Kommunikation.


    Und ganz ehrlich: Wenn ich Dozent wäre und ein Student gibt mir eine Hausarbeit ab, in der "Dem sein" statt "Dessen" steht, dann würde sich das auf die Endnote auswirken. Oder wäre das gemein?

  • Auch das Wort "natürlich" bezeichnet einen Zustand, der nicht mehr gesteigert werden kann, weil er eine Zugehörigkeit ausdrückt. Es können nur Worte gesteigert werden, die graduelle Unterschiede kennen.

    Ich würde schon sagen, dass es graduelle Unterschiede gibt. Wenn ich eine Sache habe, die unterschiedliche Merkmale aufweist, die man als "natürlich" bezeichnet, dann kann ich das steigern. Habe ich irgendein Gericht mit Zutaten natürlichen Ursprungs und ein anderes, dass noch mehr Zutaten dieser Eigenschaft aufweist, dann würde ich durchaus zu der Steigerung "natürlicher" greifen. Auch wenn man über die Haltung von Tieren spricht, kann man diese natur-gerecht halten, aber es könnte noch natur-gerechter werden. Dann sagt man eben auch "Das wäre natürlicher als das". Es ist umgangssprachlich ja, aber nicht unlogisch. Eigentlich sind genau diese Wortkonstruktionen, die noch das Logischste (:P) an einer Sprache sind, auch wenn sie der Grammatik widersprechen. Egal in welchem Land ich bisher war oder wie sehr es mir an Worten gemangelt hat, um etwas zu sagen, solche Ausdrücke hat bisher immer jeder verstanden. Zwar mochte das grammatikalisch falsch sein, aber darunter vorstellen kann man sich etwas.

    Auch in diesem Vergleich bleibt der zweite Teil sinnlos, schließlich ist die Tiefe eines Abgrundes (der ja schon per se als sehr tief definiert ist) nicht erheblich für die Unmöglichkeit seiner Überquerung. Der Abgrund müsste breiter werden und nicht tiefer, schließlich würde die Entfernung zwischen Arm und Reich dieselbe bleiben, wenn der Abgrund dazwischen tiefer wird.

    Kann man auch anders sehen. Die Tiefe ist für mich schwieriger zu überwinden als die Entfernung. Entfernung kann ich mit etwas Zeit selber zurücklegen, aber Tiefe ist für einen Menschen ohne Hilfsmittel wirklich unüberwindbar. Allerdings gebe ich dir hier recht, dass die Interpretation sehr vielfältig ausfallen kann. Meint man jetzt mit der Schere, dass wir einen extremen Abstand zwischen beiden haben und dazwischen nichts? Meint es, dass es schwierig zu überwinden ist? Oder spielt es auf den Wachstum dieser Differenz an, aufgrund der pyramidenförmigen Öffnung einer Schere? Metaphern sind das aber oft. Jemand setzt sie in die Welt mit einer bestimmten Interpretation, aber würde das jemand anderes ohne Kontext hören, würden sie oft nicht wissen, was gemeint ist. Das sind halt sprachliche Symbole, teilweise kulturell verankert.



    Stimme aber insofern zu, dass die Grenzen nicht deutlich sind. Wann ist etwas allgemein anerkannt und wird von einem Dialekt oder der Umgangssprache übernommen? Ist aber wohl auch irgendwo typisch für Sprachen, dass sie halt doch mehr von der Masse der Anwender abhängen als von niedergeschriebenen Regeln. Und irgendwann wird wohl auch ein "das einzigste" und ein "dem sein" so normal für eine breite Masse klingen, dass es allgemein akzeptiert wird.

  • Auch in diesem Vergleich bleibt der zweite Teil sinnlos, schließlich ist die Tiefe eines Abgrundes (der ja schon per se als sehr tief definiert ist) nicht erheblich für die Unmöglichkeit seiner Überquerung. Der Abgrund müsste breiter werden und nicht tiefer, schließlich würde die Entfernung zwischen Arm und Reich dieselbe bleiben, wenn der Abgrund dazwischen tiefer wird.

    Zunächst einmal muss ich aber sagen, dass das dann aber ein doch leicht verändertes Problem darstellt. Zweitens würde ich es nicht als sinnlos bezeichnen, denn ein Abgrund, der tiefer wird, ist dann auch schwieriger wieder auszufüllen, soll heißen, es ist schwieriger, die Kluft wieder vollends zu überwinden.

    Auch das Wort "natürlich" bezeichnet einen Zustand, der nicht mehr gesteigert werden kann, weil er eine Zugehörigkeit ausdrückt. Es können nur Worte gesteigert werden, die graduelle Unterschiede kennen. Worte der qualitativen Zuordnung können logischerweise nicht gesteigert werden.

    Ich bin mir nicht sicher, ob man "natürlich" nicht vielleicht doch in Abstufungen verstehen könnte. Wenn man zum Beispiel einen natürlichen Lebensraum nachbilden will, könnte man je nach Genauigkeit, mit der einem das gelingt, die Nachbildung vereinfacht als mehr oder weniger natürlich bezeichnen - oder eben den Komparativ verwenden. In der Betrachtung könnte dann die "wirklich" natürliche Umgebung auch den Superlativ darstellen.

    Es ist natürlich oft ein wenig traurig, wenn ich eine Bewerbung schreibe und mir noch zehn Mal alles durchlese, damit auch alles stimmt, und dann eine E-Mail zurück bekomme, in der zehn Rechtschreibfehler sind.

    Hihi, das erinnert mich an die Mails, die ich hin und wieder meinen Dozenten schreiben musste: "Sehr geehrte/r Frau/Herr Soundso blablabla folgendes Problem blablabla mit freundlichen Grüßen..." und dann kommt ein einziger grammatikalisch nicht einmal korrekter Satz zurück.

    Wenn deutsche Sprache sich eben wandelt, warum erlauben wir dann nicht der Hochsprache, das Verb "tun" + Infintiv für alles zu verwenden? Warum legen wir Wert auf Kommata? Ich erkenne die Grenze dann nicht mehr. Das Einfachste wäre, ein richtiges Deutsch zu vermitteln. Alles andere führt zu unsicherer Kommunikation.

    Ich würde mal sagen, weil es in der Sprache schon einige Grundregeln gibt, die nach Möglichkeit einzuhalten sind. Aber wenn ich fragen würde, wie genau diese denn exakt aussehen, würde es wohl kaum eine Theorie der Sprache geben, die sämtliche Fälle erfasst. Irgendwo gibt es immer Ausnahmen. Man könnte zwar verlangen, dass die Sprache ein absolut eindeutiges Regelwerk und eben die notwendigen primitiven sprachlichen Ausdrücke enthält, aber das ist nun einmal keine realistische Forderung und würde konsequenterweise auch die Entfernung zahlreicher Idiome erfordern ("kalter Kaffee", "rote Socken" etc.). Da erkenne ich dann auch keine wirkliche Grenze mehr. Ich bezweifle, dass man zuverlässig das "richtige" Deutsch definieren kann, da sicher auch die Ansichten darüber auseinander gehen. Bezüglich des Beispiels mit den Kommata würde ich sagen, dass man sich an bestimmte Regeln hält, weil man davon ausgeht, dass man dann leichter zu verstehen ist - das kommt dann aber auch auf den Sprecher an und wie wichtig ihm dieses Ziel ist. Da besteht meiner Ansicht auch durchaus ein Unterschied zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort.

    Und ganz ehrlich: Wenn ich Dozent wäre und ein Student gibt mir eine Hausarbeit ab, in der "Dem sein" statt "Dessen" steht, dann würde sich das auf die Endnote auswirken. Oder wäre das gemein?

    Denn beim Sprechen dürfte man durch weitaus mehr als die bloße Sprache vermitteln können, was man meint bzw. verwendet man die Sprache da ja wohl auch für wenig förmliche und zwanglose Kommunikation und kann daher auch mal auf bestimmte Regeln verzichten, man kann ohne Punkt oder Komma reden, wenn es schnell gehen muss oder biegt eben die Regeln, wenn man einen Satz begonnen hat, obwohl man den zugehörigen Gedanken im Kopf sprachlich noch gar nicht vollständig ausformuliert hatte und es grammatikalisch korrekt nicht mehr hinkriegt.
    Wenn man jedoch eine Hausarbeit schreibt, ist eine klare und präzise Ausdrucksweise nun einmal Pflicht, weshalb hier die Auflagen anscheinend strenger sind. Man unterhält sich hier eben nicht mit jemandem, bei dem man davon ausgehen kann, dass er trotz sprachlicher Verfehlungen alles versteht. Deswegen muss man sich hier strenger an sprachliche Regeln halten, wobei aber auch das variiert: In der Naturwissenschaft muss das Wort "man" konsequent vermieden werden - in meinem Philosophiestudium hatte damit bisher noch keiner ein Problem. Was ist denn nun richtig?


    Insgesamt glaube ich, dass die Art und Weise, wie wir Sprache verwenden, situationsabhängig ist. Und ja, das ist nun einmal oft unsystematisch und wahrscheinlich auch komplizierter, als wenn alle die Sprache wirklich gleich verwenden würden. Aber so ist es nun einmal, und Änderungen daran wären zum Teil stark einschneidend.
    Nebenbei sind natürlich auch die Definitionen von bestimmten Wörtern schwer zu bilden oder noch gar nicht gefunden. Nach fast einem ganzen Seminar über Kausalitätstheorien habe ich immer noch keine bewusste Ahnung, was denn eine Ursache ist. Ich weiß jetzt nur, wie sie im Sinne der Regularitätstheorie, der probabilistischen Theorie, der kontrafaktischen Theorie, der Prozesstheorie, der Interventionstheorie etc. (und die haben alle irgendwo einen Haken) definiert ist. Ändert natürlich nichts daran, dass ich trotzdem intuitiv sagen kann, wo jetzt eine Ursache vorliegt. Aber dieses Verständnis einer Ursache ist nun einmal nicht wirklich bewusst, entsprechend kenne ich keine Definition, die ich als richtig festlegen kann. Daher ist es bei manchen Wörtern generell nicht so leicht zu sagen, was sie denn nun bedeuten und ob sich da klare Regeln überhaupt einleuchtend für jeden definieren lassen, ist (noch) fraglich.

  • Und ganz ehrlich: Wenn ich Dozent wäre und ein Student gibt mir eine Hausarbeit ab, in der "Dem sein" statt "Dessen" steht, dann würde sich das auf die Endnote auswirken. Oder wäre das gemein?

    Das würde ich nachvollziehen können, da es einfach dem offiziellen Deutsch (und demnach auch der geforderten Sprache der Universität) nach falsch ist, da der Genitiv anzuwenden ist. Allerdings findet Sprache nicht nur in offiziellen Kontexten Anwendung, sondern in eigentlich jeder Situation.
    Bin jetzt kein Sprachexperte, würde aber dennoch mal etwas einwerfen, was ich mal so aufgeschnappt habe:
    Es geht darum, dass Sprache arbiträr, also willkürlich, ist. Das soll heißen, dass sie sich nicht nach irgendwelchen irgendwo festgeschriebenen Regeln hält oder einer Logik folgt, sondern dadurch funktioniert, indem sie gesprochen wird. Ein Beispiel wäre das Verb "vorwarnen", was eigentlich der Logik nach redundant mit "warnen" wäre. Also muss man nicht sagen: "Ich warne dich schon mal vor, dass ...", weil die Aussage: "Ich warne dich, dass ..." genau zu demselben Ergebnis kommt. Man kann natürlich "vor etwas warnen" und genauso "vor etwas vorwarnen". Demnach wäre es sinnvoll, das Verb "vorwarnen" zu eliminieren, weil es überflüssig ist. Das interessiert unsere Sprachanwendung aber einfach nicht, da wir auf diese Weise genauso eine verstandene Botschaft übermitteln können. Solange das damit funktioniert, behält das Verb "vorwarnen" seine Existenzberechtigung. Wikipedia hat hier unter Pleonasmus einige solche Beispiele angebracht: https://de.wikipedia.org/wiki/Pleonasmus


    Ich würde auch sowieso nochmal zwischen der alltäglich gesprochenen Sprache und dem niedergeschriebenen Wort unterscheiden:
    Wenn ich jetzt beispielsweise zu einem Kumpel sagen würde, dass ich "überlege, etwas zu planen", dann nimmt er das auf und weiß, was ich meine. Und darauf kommt es in diesem Fall an; es wird verstanden und damit ist der Sinn erfüllt. Wenn man aber nun schreibt (damit meine ich nicht eine lumpige SMS oder so), dann bezweckt die Sprache etwas anderes, als nur für die Kommunikation für den Moment zu dienen. Demnach denke ich, dass die Sprache erst indem sie als offizieller Weg zur Kommunikation anerkannt wird, wirklich Regeln unterworfen wird, um einen offiziellen Sprachstandard zu bilden, unter diesem dann solche Doppeldeutungen analysiert werden können. Ich denke nämlich, dass die Sprache vor allem beim Schreiben beziehungsweise durch die Schrift erst reflektiert betrachtet wird.


    Grundsätzlich würde ich auch sagen, dass, wenn alle Deutsche jetzt anfangen würden, den Genitiv komplett aus ihrer Sprache zu verbannen und er nur noch in der Sprachtheorie existiert, alle jetzt "der einzigste" anstelle von "der einzige" sagen, oder den Komparativ mit "wie" anstelle von "als" bilden, man nicht sagen könnte, dass das falsch ist. Die Sprache richtet sich nicht danach, was man mal festgelegt hat, sondern nach dem, wie sie gesprochen und verstanden wird. Und wenn die so, wenn auch kurzfristig, verstanden wird, dann ist es genauso legitim, so zu sprechen, auch wenn es nicht "richtig" erscheint beziehungsweise nach den offiziell festgelegten Regeln als falsch eingestuft würde. Im Sinne der Sprache sollte sich das Schriftliche dem Gesprochenen unterordnen und nicht umgekehrt.


    Man bekommt manche sprachliche Unfeinheiten, zumindest, wenn man nach dem offiziellen Standard geht, auch gar nicht mehr so mit. So habe ich mich neulich mit einem Kumpel darüber unterhalten, ob es überhaupt richtig ist, zu sagen: "Ich denke, du gehst zum Sport", weil es doch eigentlich heißen müsste: "Ich denke, dass du zum Sport gehst". Oder:" Das hilft mir zum Entspannen.". Wäre es eigentlich nicht "korrekter", zu sagen: "Das hilft mir, um zu entspannen."?, weil es hilft mir ja nicht "zu dem" Entspannen, sondern es hilft mir, um überhaupt zu entspannen. Würde man ersteres meinen, müsste man doch sagen, es hilft mir beim Entspannen. Aber trotzdem sind beide Möglichkeiten legitim. Würde mich aber an dieser (und an den anderen Stellen) gerne über weitere Informationen und Aufklärungen freuen.


    Was ich dann noch eher etwas schade finde, als unglücklich gewählte oder doppeldeutige Phrasen, sind die vielen Anglizismen, die man mittlerweile überall findet und die daraus resultierenden Verdrängungen deutscher Wörter. Ich meine, dass es unvermeindlich ist, dass sich Wörter aus fremden Sprachen einbürgern; das hat es schließlich schon immer gegeben. Früher war es halt mal das Französische (z.B. Friseur), nur finde ich, dass die englischen Wörter viel zu inflationär (weil für Wörter wie "cool" würde mir meistens nicht mal ein für die Situation angemessenes Adäquat einfallen) übernommen werden. Man sieht ja nur noch "Sale" oder "Shop". Witzig ist es halt, dass viele auch komplett falsch "übernommen" oder abgeleitet wurden (public viewing, Oldtimer, Show- oder Talkmaster, ...). Denn eigentlich hat die deutsche Sprache ebenfalls einen sehr mannigfaltigen Wortschatz, der dadurch einfach nur verdrängt wird.

  • Ich würde auch sowieso nochmal zwischen der alltäglich gesprochenen Sprache und dem niedergeschriebenen Wort unterscheiden:

    Da gebe ich dir/euch absolut recht. Auch wenn ein korrekt gesprochenes Deutsch natürlich schön ist.


    Ich würde gute Sprache jedoch so definieren, dass man mit wenigen Worten klar ausdrückt, was gesagt werden muss.
    "Wenige Worte" bedeutet für mich, Redundanzen zu vermeiden. Ich lese sehr viele wissenschaftliche Arbeiten von Freunden und muss aus persönlichem Geschmack heraus sagen, dass nichts anstrengender ist als sich wiederholende Information, sei es durch zu viele Sätze mit dem gleichen Inhalt, sei es durch Sinnwiederholungen innerhalb desselben Wortes.
    Klarer Ausdruck bedeutet für mich, die vorhandenen Wörter der deutschen Sprache so zu verwenden, dass sich Schreiber und Leser über deren Bedeutung einig sind. Benutzt der Schreiber jedoch das Wort "scheinbar", wo er "anscheinend" meint, so stolpert derjenige, der "scheinbar" so definiert, wie es der Duden tut. Und müsste ich mich hier entscheiden, würde ich mich auf den Duden verlassen und nicht auf die normative Kraft des faktischen Sprachgebrauchs, der inzwischen fast nur noch das Wort "scheinbar" kennt.
    Natürlich verändert sich Sprache und natürlich kann etwas, was alle sagen, nicht falsch sein. Ich bin stets bemüht zu betonen, dass das Ostwestfälische nicht "deutscher" ist als das Bayerische, und ein Dialekt, der über Jahrhunderte gesprochen wurde, wird ja nicht plötzlich falsch, nur weil ein Lexikon andere Regeln vorschreibt.
    Um sichere Kommunikation zu gewährleisten, ist jedoch Einigkeit über Wortbedeutungen grundlegend. Und ich sehe es kritisch, dass man sprachliche Unsauberkeiten in der Schrift als Evolution der Sprache ansieht.
    Oder um es deutlicher zu machen: Mäandern und Brüche in Sprachbildern sind für mich Ausdruck schlechten Stils (und eines schlechten Gedankens?), erschweren jedoch nicht die Kommunikation. Änderung einer offiziell festgesetzten Wortbedeutung und Uneinigkeit darüber erschweren die Kommunikation und sind zu vermeiden.


    Ein Beispiel, wie die Sprache verwirren kann, ist das Wort Theorie. Die Wissenschaft definiert das Wort Theorie als eine Zusammenstellung von Hypothesen, mithilfe derer man fähig ist, Aussagen über die Zukunft oder ein System zu machen. Daneben gibt es die Theorie als Gegensatz zur Praxis, also die Auseinandersetzung mit einem Gegenstand mithilfe von Worten und nicht mit Taten. Und der Volksmund definiert die Theorie als etwas, dessen Wahrheit umstritten ist.
    So kommt es häufig zu Verwirrungen. Kreationisten bspw. erklären, die Evolution sei bloß Theorie und meinen damit Letzteres. Verschwörungstheoretiker fragen keck, ob es sich bei ihrem Quatsch bloß um Verschwörungstheorie oder Verschwörungspraxis handelt und gehen aufgrund der zweiten Definition davon aus, dass zu jeder Theorie die Praxis gehört, obwohl die allgmeine Definition von Verschwörungstheorie wohl eher Letzteres ist.
    Würde man sich innerhalb dieser Diskussionen einig sein, welche Begriffsbedeutung gerade verwandt wird, wäre die Kommunikation deutlich erleichtert. Das setzt aber voraus, dass man Sprache reflektieren kann, und auch das ist nicht zu erreichen, wenn sprachliche Unsauberkeiten ständig geduldet werden. Klarer Ausdruck ist Zeichen klarer Gedanken. Und klarer Ausdruck ermöglicht einfache Kommunikation. Ich würde behaupten, dass das wahre Sprachökonomie ist.


    EDIT: Weil ich es gerade sehe: Auch das Wort "Logisch" führt oft zu Verwirrungen. Vielleicht sorgen gerade solche Wendungen wie "Das ist logischer" oder "Nach dieser Logik mag das stimmen" dazu, dass Logik keinen hohen Stellenwert in einer Diskussion heutzutage hat. Dann führt das zu Sätzen wie "Logisch/Faktisch betrachtet magst du Recht haben, aber es geht mir hier um mehr als das". Dass solche Sätze sinnlos sind, wäre klar, wenn man sich darauf einigen könnte, dass es nur eine Logik gibt, die als Abwesenheit eines Widerspruchs definiert und somit etwas Positives ist. Setzt man Logik mit kühler Rationalität oder ökonomischer Kosten-Nutzen-Rechnung gleich, erscheint Logik subjektiv, unsympathisch oder wandelbar.


    Nochmal EDIT, sorry. xD Der Duden definiert "natürlich" auf fünf Weisen:
    1. zur Natur gehörend; in der Natur vorkommend; nicht künstlich vom Menschen nachgebildet; sich aus den Gesetzen der Natur ergebend; dem Vorbild in der Wirklichkeit entsprechend;
    2. angeboren
    3. in der Natur des Menschen begründet
    4. in der Natur von etwas begründet, folgerichtig
    5. unverbildet, nicht gekünstelt, ungezwungen


    Alle diese fünf Bedeutungen sind nicht logisch steigerbar. (Auch die erste nicht, weil die Zugehörigkeit zu einer Sache nicht graduell ist. Man gehört nicht ein bisschen dazu.) Und bitte wiederum nicht falsch verstehen: Natürlich werden sie im allgemeinen Sprachgebrauch gesteigert und eine Steigerung ist auch verständlich. Wenn ein Geschichtsdozent aber sagt, dass der Zeitzeuge "der natürlichste Feind" des Historikers ist, horche ich dennoch kurz überrascht auf.
    Was die Verwendung des Wortes "natürlich" bei Essen angeht, wäre ich grundsätzlich vorsichtig. Das ist ein sehr schwammig gebrauchter Marketingbegriff, dessen Bedeutung mir ohnehin nicht ganz klar ist.

  • Benutzt der Schreiber jedoch das Wort "scheinbar", wo er "anscheinend" meint, so stolpert derjenige, der "scheinbar" so definiert, wie es der Duden tut. Und müsste ich mich hier entscheiden, würde ich mich auf den Duden verlassen und nicht auf die normative Kraft des faktischen Sprachgebrauchs, der inzwischen fast nur noch das Wort "scheinbar" kennt.

    Das ist sehr interessant, denn ich als Sprachwissenschaftler würde "der normativen Kraft des faktischen Sprachgebrauchs" eigentlich immer den Vorzug vor irgendwelchen sprachpflegerischen/sprachpräskriptiver Institutionen geben, wobei ich den Duden sicher nicht als sprachpflegerisch beschimpfen will.
    Sprache wandelt sich viel schneller, als dass Wörterbücher oder Akademien das erfassen können und somit sind die Bedeutung und die Regeln zur Anwendung eines sprachlichen Elements eigentlich immer durch den Gebrauch bestimmt. Der Duden, der seit mehreren Jahren nicht mehr so stark präskriptiv sondern deskriptiv wirkt, wird, denke ich, anscheinend und scheinbar deshalb auch in sehr naher Zukunft zusammenfassen, da beide Wörter synonym verwendet werden. Der gute Rezipient wird in der Regel (hier meine ich den allgemeinsprachlichen Begriff in der Regel und nicht den zum Beispiel fachsprachlich-juristischen) auch aus dem Kontext heraus das Gemeinte verstehen. Sollte der Sprechergemeinschaft irgendwann das Bedürfnis nach einer Unterscheidung von anscheinend und scheinbar wiederkommen, dann wird die Sprache das auch wieder ausbilden. Das ist eben Sprachwandel.

  • Das ist sehr interessant, denn ich als Sprachwissenschaftler würde "der normativen Kraft des faktischen Sprachgebrauchs" eigentlich immer den Vorzug vor irgendwelchen sprachpflegerischen/sprachpräskriptiver Institutionen geben, wobei ich den Duden sicher nicht als sprachpflegerisch beschimpfen will.Sprache wandelt sich viel schneller, als dass Wörterbücher oder Akademien das erfassen können und somit sind die Bedeutung und die Regeln zur Anwendung eines sprachlichen Elements eigentlich immer durch den Gebrauch bestimmt. Der Duden, der seit mehreren Jahren nicht mehr so stark präskriptiv sondern deskriptiv wirkt, wird, denke ich, anscheinend und scheinbar deshalb auch in sehr naher Zukunft zusammenfassen, da beide Wörter synonym verwendet werden. Der gute Rezipient wird in der Regel (hier meine ich den allgemeinsprachlichen Begriff in der Regel und nicht den zum Beispiel fachsprachlich-juristischen) auch aus dem Kontext heraus das Gemeinte verstehen. Sollte der Sprechergemeinschaft irgendwann das Bedürfnis nach einer Unterscheidung von anscheinend und scheinbar wiederkommen, dann wird die Sprache das auch wieder ausbilden. Das ist eben Sprachwandel.

    Und wenn "scheinbar" und "anscheinend" zusammengefasst werden, dann fällt ja eine Bedeutung weg, vermutlich die ursprüngliche von "scheinbar". Wie soll man diesen Sachverhalt dann noch ausdrücken, ohne längere Umschreibungen zu verwenden?
    Würde ich es als Lektor oder Korrektor lesen, würde ich es als falsch markieren, wenn "scheinbar" im Sinne von "anscheinend" gebraucht wird.

  • Ich bin ja kein Nazi Sprachexperte, aber ich würde jetzt einfach mal vorsichtig fragen, ob das Zusammenfassen zweier Wörter notwendigerweise darin endet, dass bei dem einen Wort die Bedeutung wegfällt und es dafür die Bedeutung des anderen Wortes annimmt. Könnte doch zum Beispiel auch sein sein, dass beide Wörter einfach mit beiden Bedeutungen benutzt werden können (oder auch nur das eine die Bedeutung des anderen Wortes als Zweitbedeutung erhält) und es dann situationsabhängig ist, welche nun greift.

  • Ich bin ja kein Nazi Sprachexperte, aber ich würde jetzt einfach mal vorsichtig fragen, ob das Zusammenfassen zweier Wörter notwendigerweise darin endet, dass bei dem einen Wort die Bedeutung wegfällt und es dafür die Bedeutung des anderen Wortes annimmt. Könnte doch zum Beispiel auch sein sein, dass beide Wörter einfach mit beiden Bedeutungen benutzt werden können (oder auch nur das eine die Bedeutung des anderen Wortes als Zweitbedeutung erhält) und es dann situationsabhängig ist, welche nun greift.

    Ich meinte das nur, weil die reale Sprachentwicklung die ist, dass das Wort "scheinbar" im Sinne von "anscheinend" verwandt wird und nicht andersherum. Man sagt z.B.: "Das hast du scheinbar nicht verstanden.", wenn man meint, dass jemand es offenbar nicht verstanden hat, obwohl es eigentlich so benutzt werden müsste: "Scheinbar hast du es nicht verstanden, in Wirklichkeit aber tust du nur so."

  • Ich bestreite das nicht, aber du hast ja auch impliziert, dass dabei die ursprüngliche Bedeutung von "scheinbar" vernichtet wird und es dann schwieriger sein würde, den jeweiligen Sachverhalt damit auszudrücken. Dass es wohl in mancher Hinsicht dem "anscheinend" angegleicht wird heißt ja nicht automatisch, dass es seine ursprüngliche Bedeutung vollständig verliert. Den Wegfall dieser Bedeutung erkenne ich also (vorerst noch) nicht.

  • Zitat von Shorino

    Und ganz ehrlich: Wenn ich Dozent wäre und ein Student gibt mir eine Hausarbeit ab, in der "Dem sein" statt "Dessen" steht, dann würde sich das auf die Endnote auswirken. Oder wäre das gemein?

    Kommt auf das Studienfach an? Wenn er nicht gerade Journalistik oder Germanistik studiert, ist das unfair. Du kannst kA. einem Chemiestudenten wegen dieser Lappalie keine schlechtere Note reindrücken. Es sei denn, es wären hundert penetrante Fehler und du würdest dir am liebsten schreiend die Augen auskratzen wollen. XD

  • Du kannst kA. einen Chemiestudenten wegen dieser Lappalie keine schlechtere Note reindrücken.

    Oh, glaube da einem Chemiestudenten: Man kann. Und wird auch. Mir wurde es als Fehler angekreidet, dass ich in Versuchsprotokollen das Wort "man" verwendet hatte, anstatt immer absolut sauberes Passiv zu verwenden (okay, abgelehnt/schlechter benotet wurden die Protokolle auch noch wegen was anderem). Natürlich hängt das auch von den Dozenten ab und wir wurden darauf hingewiesen, dass derartige Formulierungen nicht erwünscht sind, aber es wird auch durchaus als selbstverständlich vorausgesetzt. Und was speziell den Fehler angeht, den Shorino anspricht, so würde ich stark zu der Vermutung tendieren, dass man mir deswegen Punktabzug gegeben hätte. ;)