Kaum, dass sie den Pokeball in ihrer Tasche verstaut hatte, kam Aufruhr in die Gruppe. Einige Pokemon rannten unter der
Absperrung hindurch auf den Turm zu und die Trainer folgten ihnen. Auch Liv beeilte sich, hinterher zu kommen.
'Wer weiß schon, was die Kleinen im Inneren der Ruine erwartet? Auf jeden Fall kann ihnen da schnell was passieren.'
In der Ruine angekommen, verlangsamte sie ihr Tempo. Ihr stockte der Atem. Überall lag Schutt herum und die verkohlten,
schwarzen Balken schienen sämtliches Licht zu schlucken. Das Gebäude wirkte … würdevoll. Und traurig. Livs Augen brauchten ein wenig,
bis sie Genaueres erkennen konnten. In der Mitte des großen Raumes tat sich ein Loch auf. Die Pokemon hatten sich
an seinem Rand versammelt. Langsam näherte sich Liv und hockte sich hin.
Dort unten leuchtete etwas. Völlig versunken starrte starrte sie auf diese seltsame Erscheinung. Ein bläuliches Licht.
Für einen Moment meinte sie auch ein grünes zu sehen. Ehrfürchtige Stille erfüllte die Ruine. Alle verharrten einen Moment.
Dann glühte das Licht auf und schoss ihnen entgegen.Erschrocken versuchte Liv, auf die Beine zu kommen und stolperte nach hinten.
Letztendlich landete sie aber doch auf dem Hintern.
Eine Gestalt stand auf der anderen Seite des Loches. Majestätisch sah sie aus mit ihrem blauweiß gemustertem Fell
und dem kristallartigem Gebilde auf dem Kopf, das leicht leuchtete. Ihre violette Mähne wehte sachte, obwohl es windstill war.
Aus klaren, sanften Augen sah sie die Trainer an. Livs Gehirn benötigte einige Zeit, um die ihm gegebenen Informationen
zu verarbeiten. 'Suicune …' Genau dieser Gedanke wurde just in diesem Augenblick von jemandem ausgesprochen. War sie es
vielleicht sogar selbst? Sie konnte es nicht zuordnen. Seitlich von ihr bewegte sich etwas. Serena hatte ihre Maske hervorgeholt.
Livs Finger umschlossen die ihre. Die Frau hob langsam den Arm mit dem Artefakt und streckte sie dem Wesen entgegen.
„Kennst du uns noch?“, wisperte sie. Das Wesen senkte den Kopf und sah in das Loch hinab, als würde es überlegen.
Dann hob es ihn wieder an und musterte sie. Es nickte. Wind kam auf. Liv duckte sich instinktiv. Aus den Augenwinkeln vernahm sie,
wie Suicune davon huschte. Der Wind flaute ab. Vorsichtig hob sie den Kopf. Sie stand auf und klopfte Staub und Asche von ihrer Kleidung.
Auch schloss sie ihren Mund, der wohl die ganze Zeit offengestanden hatte.
„Wow“, hauchte Serena, „Wenn das mal kein viel versprechender Start für eine Reise ist. Erst bekommen wir völlig überraschend
unsere kleinen Schätze hier, dann landen wir urplötzlich in der Vergangenheit und jetzt sehen wir auch noch unser Aquana
als strahlendes Legendäres wieder und ich glaube sogar, es hat uns erkannt! Leute, der Stoff würde schon reichen,
um die Einleitung für einen Hammerfilm zu sein.“ Sie unterbrach ihre Ausführung, um Luft zu schnappen und ihre Freude in einem
breitem Grinsen auszudrücken. „Ich bin zu hundert Prozent sicher, dass dies der Auftakt eines Abenteuers ist, das wir bestimmt
nicht mehr vergessen werden. Denn immerhin haben wir mit den beiden Vögeln von Teak City, auch wenn die sehr weit entfernt waren,
nun schon drei Legendäre gesehen, das sind mehr, wie manche Leute in ihrem ganzen Leben sehen. Oder was meint ihr?“
Liv murrte zustimmend. Erst dann erinnerte sie sich an die Trainer, die sich der Gruppe angeschlossen hatten und bekam
ein flaues Gefühl im Bauch. Was würden diese sagen? Wie reagieren? Ein Mädchen sagte etwas und lachte.
Liv kicherte, vollkommen in Gedanken versunken, leise mit. 'Ihr Name fängt mit M an, oder?'
Und schon geschah es: Einer der 'Neuen' wand sich Serena zu.
„Was genau meinst du mit ‚Vergangenheit‘?“ , fragte er mit bebender Stimme, „Wieso drei legendäre Pokémon?“, setzte er
die Fragerunde fort. Sein Pokemon, ein Fukano, hatte sich flach auf den Boden gedrückt, als wollte es in diesem versinken.
Liv zog unbewusst die Schultern hoch. „Was ist denn mit den beiden Vögeln? Ich bin es langsam leid, dauernd fragen zu müssen.
Und von Lügengeschichten habe ich auch genug! Woher kanntet ihr dieses Suicune?!“, inzwischen schrie er,
„WAS ZUM TEUFEL IST HIER EIGENTLICH LOS?!“ Darauf wusste Liv auch keine Antwort. Eigentlich war es eine gute Frage.
Selbst für die, die in die Vergangenheit gereist waren. Warum das alles? Doch sicherlich wusste niemand die Antwort.
Der Trainer, der schrie, Suicune, das Feuer, alles wurde ihr in diesem Moment auf einmal zu viel. Wahrscheinlich drangen
die Ereignisse erst jetzt richtig zu ihr durch.Ein Zischen unterbrach ihre Gedankengänge. Pygraulon hatte sich aus seinem Ball befreit
und sah sie besorgt an. Sie nahm es hoch und drückte es an sich.
„Alles gut, Sweetheart“, sagte sie leise, sodass bloß ihr Partner es hören konnte. Aber man merkte ihr an, dass sie es nicht so meinte.
OT: Ja, hier ist meiner dann.