Wie leichtgläubig bin ich?

Ehrlich gesagt finde ich es eher etwas naiv zu glauben, man könne jede Casting-Show und jedes "Produkt" dieser Shows beurteilen.
Christina Stürmer wird sehr wohl gerne gehört. Nur weil sie nicht non-stop in den Charts gespielt wird, heißt es nicht, dass keiner sie hören möchte... Casting-Shows können auch erfolgreiche Leute rausbringen, wenn diese in der Lage sind ihre Chance richtig anzupacken. Eine Casting-Show kann ein super Startsprung sein, um dann seine Karriere zu machen (und die muss nicht immer auf Megabühnen ablaufen).
Und wieso wird plötzlich Deutschland abgegrenzt, nur weil es nicht ins Klischee-Urteil passt?

Das ist im Übrigen auch eine Art "Leichtgläubigkeit", wenn man sich zu schnell auf seine eigene festgelegte Meinung verlässt und jegliche Information, die dagegen spricht als ungültig abstempelt. Vor allem aber sich auf gängige Medienmeinung stützt, weil es gerade hier typisch ist alles in einen Hut zu schmeissen. Man sollte auch differenzieren können.

Ich finde es allerdings auch ein bißchen naiv, zu sagen, daß sich "The voice of" entscheidend von den anderen Formaten abhebt. Gut, es mag die ehrlichste Casting-Show sein, aber das heißt erstmal auch nur ehrlicher als alle anderen. Ich verfolge die Sendung nicht, da es mich nicht sonderlich interessiert, aber spätestens nach der Auswahl der Kandidaten, also wenn die Jury die Gesichter und Personen kennt, steht eben nicht nur mehr die Stimme im Vordergrund. Und was auch immer der Zuschauer zu sehen bekommt, man darf nicht vergessen, daß hinter all dem trotzdem nur der Profit der Verantwortlichen zählt. Ob die Gewinner oder Finalisten später Karriere machen ist wohl trotzdem nebensächlich, wenn sie irgendwann nicht mehr an Verträge gebunden sind. Und von der letzten Gewinnerin hab ich seit dem Ende der Show auch nichts mehr gehört. Weiß da jemand mehr?

Zum Thema Christina Stürmer: Die Frage ist, woran man Erfolg und Karriere festmacht. Kann man überhaupt von seiner Musik leben, wenn sie nicht in den Charts läuft? Zählen Auftritte vor hundert Leuten auf Kleinstadtbühnen als Karriere? Auch hier muß ich einwerfen, daß ich ihren Lebensweg nicht groß verfolge, aber die Gute mag in Österreich durchaus von Bedeutung sein, aber im Buch der Weltmusikgeschichte wird sie bestenfalls eine Fußnote sein, ebenso wie andere Gewinner einer Casting-Show, die ihre kurzen Ruhmphasen hatten.
Und Kelly Clarkson und Adam Lambert (den kenne ich zum Beispiel nicht) in allen Ehren, aber zwei von unzähligen Casting-Stars fallen doch irgendwie nicht ins Gewicht... Aber gut, das hat auch nicht mit Casting an sich zu tun, gibt ja auch genug Bands und Solo-Künstler, die ohne Fernsehformat zu einer gewissen Bekanntheit kommen und dann wieder verschwinden. So ist das Geschäft. Eine Casting-Show mag ein Sprungbrett sein, auf jeden Fall kommt man ins Gespräch, aber ich frage mich, ob man sich damit nicht auch einem Stigma aussetzt. Zudem glaube ich, daß die Sendungen selbst für die Kurzlebigkeit der Leute sorgt, indem sie das Prinzip so konsequent ausschlachten und ich (kurzen) regelmäßigen Abständen nach den neuen Stars suchen und die Fans von den vorherigen Kandidaten abziehen, indem sie ihnen neue Idole vorsetzen.

Zitat von Ginger

Kann man überhaupt von seiner Musik leben, wenn sie nicht in den Charts läuft? Zählen Auftritte vor hundert Leuten auf Kleinstadtbühnen als Karriere?

Angeblich brauch man nur 100 treue Fans die zu jedem Konzert gehen und jeden Tonträge / jedes Album kaufen, damit ein Künstler von seiner Musik leben kann. Diese Festlegung ist natürlich nur ein kleiner Maßstab, denn es kommt logischerweise darauf an wie viele Konzerte man gibt und wie oft man ein Album heraus gibt bzw geben darf.
Zu dem mit der Kleinstdtbühne: Auch wenn dies nur eine kleine Karriere ist, warum sollte man es nicht als das bezeichnen? Nicht jeder Künstler muss als Ziel haben prominent zu sein, in den Charts zu stehen und im Radio rauf und runter gespielt zu werden. Manche reicht auch etwas kleineres das denen genauso viel Spaß macht und weniger Arbeit kostet.

Zitat von Ginger

Aber gut, das hat auch nicht mit Casting an sich zu tun, gibt ja auch genug Bands und Solo-Künstler, die ohne Fernsehformat zu einer gewissen Bekanntheit kommen und dann wieder verschwinden. So ist das Geschäft.

Manche haben aber auch einfach keine Lust mehr auf so einen Hype. Die treten dann kürzer, gehen auf kleinere Bühnen oder hören gleich ganz auf, da sie genug Geld verdient haben und einfach nur noch ihr Leben genießen wollen.

Zitat von Ginger

Eine Casting-Show mag ein Sprungbrett sein, auf jeden Fall kommt man ins Gespräch, aber ich frage mich, ob man sich damit nicht auch einem Stigma aussetzt. Zudem glaube ich, daß die Sendungen selbst für die Kurzlebigkeit der Leute sorgt, indem sie das Prinzip so konsequent ausschlachten und ich (kurzen) regelmäßigen Abständen nach den neuen Stars suchen und die Fans von den vorherigen Kandidaten abziehen, indem sie ihnen neue Idole vorsetzen.

Ganz genau. In diesen Sendungen bekommt man aber trotzdem die Möglichkeit etwas aus sich zu machen. Guck dir den Küblböck von DSDS an, der sein Geld die er durch das kurze Musikgeschäft in Sonnenenergie gesteckt hat und dadurch Millionär geworden ist.

Entweder die meisten sind zu dumm länger als Prominente zu leben, haben keine Lust mehr darauf oder ihnen fehlt die Möglichkeit dazu. Ich finde letzteres eigentlich am wahrscheinlichsten. In Casting-Shows wird man von den Zuschauern, der Sendung, dem Fernsehkanal und so weiter in die Höhe getragen, aber dann nach kurzer Zeit interessiert sich kaum noch jemand dafür, und man fällt als normale Person zurück auf den Boden der Tatsachen. Irgendwie wie ein Stück Abfall: verbraucht

In Casting-Shows wird es einem oftmals so dargestellt als würde man dort für etwas Leistung die Zukunft auf's Silbertablett bekommen. "Komm hier her, du wirst Superstar, berühmt, verdienst viel Geld, bekommst einen Plattenvertrag, die Leute lieben dich, Medien reißen sich um dich, Fans warten in Massen auf dich". Der Gewinner bekommt dies auch, aber wenn dann nur für kurze Zeit.
Wenn man wirklich berühmt werden will, Musik machen will und prominent sein will, muss man hart dafür arbeiten und auch viel Glück haben. Casting-Shows werden einem dabei sicherlich kaum eine Hilfe sein. Die leichtgläubigen Kandidaten, sogar die die weiter kommen und gewinnen, werden am Ende enttäuscht sein.