Eine gute Frage eigentlich, wieso ich so gerne Sätze zusammenbastle. Ich warne euch, der folgende Text wird sehr ausführlich. Wer nicht die Lust oder die Puste dafür hat, alles zu lesen, was der olle Stiefel zu „seinem Metier“ zu sagen hat, der scrollt bitte einen Beitrag weiter. Danke :)
Angefangen hat alles in der Grundschule. Ich war, denke ich, der einzige aus der ganzen Klasse, der gerne Aufsätze geschrieben hat. Ganz zu Anfang stand das Nacherzählen von eigenen Erlebnissen. Die anderen haderten mehr oder weniger damit, diese soweit auszuschmücken, dass es für zwei Seiten gereicht hat, während ich mit etwa drei handgeschriebenen Seiten dann immer als Verrückter angesehen wurde.
Klar, die ersten Gehversuche im Schreiben waren recht primitiv und kurz. Wenn es keine Erlebnisse nachzuerzählen gab, war die Fantasie gefragt. Mit fünf, sechs Jahren erfindet man natürlich noch keine großartigen Geschichten. Es waren einfach gestrickte Plots und kurze Handlungen. Die typischen Beispiele eben, etwa die Rettung einer Katze auf einem Baum oder ein Nachmittag im Schwimmbad.
Etwas später habe ich damit angefangen, das Micky-Maus-Magazin zu lesen. Auch heute noch mag ich die Disney-Comis sehr gerne, aber damals waren sie von ziemlichem Nutzen für mich. Die Geschichten dort waren nicht nur Inspirationsquelle, die benutzte Sprache in den Comics, eigentlich immer eine gelockerte, überspitzte Umgangssprache, hat mich geprägt. Ich habe sie vermutlich recht häufig übernommen (einmal habe ich in einem Schulaufsatz das Wort „Fressalien“ gebraucht). Aus den Comics habe ich gelernt, mit der Sprache zu spielen. Daraus ist eine Vorliebe meinerseits entstanden, extrem alberne Wortspiele zu reißen. Und damit alle in die Flucht zu schlagen.
Die folgenden Jahre waren hartes Training. Ich hatte mir als Kind von elf oder zwölf Jahren die Idee in den Kopf gesetzt, einen Roman zu schreiben. Mehrere Versuche scheiterten mangels Ideen nach zwei getippten Seiten am Rechner. Hartes Üben hat aber dazu geführt, dass ich die ganze Zeit über weitergemacht habe, nicht aufgegeben und auch nicht den Stift beiseite gelegt. Das ist Gift für einen angehenden Autor.
So viel zur Vorgeschichte. Was mich all die Jahre dazu getrieben hat, zu schreiben, ist mein Verlangen nach absoluter Freiheit. Es ist oft passiert, dass ich ein Buch gelesen habe und irgendwann an eine Stelle kam, an der mir die Richtung, die die Handlung einschlug, nicht gepasst hat. Ziemlich frustriert habe ich viele Bücher dann beiseite gelegt. Dann kam das Verlangen danach auf, eine eigene Storyline ganz nach meinen Vorstellungen zu erschaffen.
Ich kann es nicht haben, in der Umsetzung meiner kreativen Vorhaben eingeschränkt zu sein. Wenn ich beispielsweise ein Aufbauspiel spiele (mein Lieblingsgenre an Spielen), achte ich penibel darauf, dass die Auswahl an allem im Spiel groß ist und ich sie durch selbst erstellte Sachen beliebig erweitern kann.
Aufs Schreiben übertragen bedeutet das, dass ich Gott spiele in einer eigens erschaffenen Welt aus Gedanken und Geschreibe, dass ich die Fäden ziehe in einem komplexen Konstrukt aus Ideen und Vorstellungen, aus Einfällen und Visionen, aus Inspirationen und Emotionen – kurz: Ich entscheide, was in meiner eigenen, gedanklichen Welt passiert.
Dabei sprenge ich allerdings nie den Rahmen der Realität. Wieso? Weil ich der Ansicht bin, dass Geschichten aus dem Alltag eine viel höhere Glaubwürdigkeit haben als Fantasy-Werke. Ich bin kein großer Fan von Feen und Magiern oder so, mich begeistert die Idee, eine Geschichte über einen Durchschnittsmenschen zu erzählen, die jedem genau so passieren könnte.
Ich schreibe also, weil ich gerne frei meine Gedankenspiele entwickle und daraus würzige Geschichten wie mitten aus dem Leben erzähle. Dabei löse ich beim Leser hoffentlich Emotionen und Gedanken aus, etwa Sympathie mit der Hauptperson, oder den Satz „Ein Glück, dass mir das nicht passiert! Der Arme!“ Die Empfindungen, die in den Texten mitschwingen, versuche ich damit, auf den Leser zu übertragen und ihm damit eine Botschaft zu vermitteln, aus der er hoffentlich etwas lernt. Es klingt altklug und lehrmeisterhaft, aber es ist so. Wenn ich aus Frust über etwas über genau dieses Thema schreibe, will ich dann nicht unbewusst andere anregen, genau den Fehler, der zu der frustrierenden Begebenheit geführt hat, nicht nochmal zu machen und zu vermeiden?
Woher ich die Ideen für meine Geschichten nehme – fragt mich nicht. Sie überkommen mich aus heiterem Himmel. Ich denke viel über dies und das nach, und dabei kommen mir häufig Gedanken, die ich ein wenig später in die Geschichten einfließen lasse. Manchmal schöpfe ich aus Gesprächen von anderen Leuten, die mir auf der Straße entgegenkommen und sich etwas erzählen. Und ist es im Endeffekt nicht das, was ich tue? Lebensgeschichten hinter dem Rücken der Person anderen erzählen? Klatsch und Tratsch auf hohem Niveau? „Hab ich euch eigentlich schon erzählt, was mit XY passiert ist!?“ Ich schreibe, um erfundene Geschichten zum Besten zu geben, um meiner Kreativität einen Weg nach draußen zu geben und um die Freiheit zu genießen, alles erfinden zu dürfen. Und das macht, salopp gesagt, fett Laune.
Meine Freiheit genieße ich auch beim Schreiben von Musik. Wenn ich gerade Bock drauf habe, dann schichte ich verschiedene Klänge zu Musik auf. Da ist man ebenso frei wie bei Texten. Aus einer komplett leeren Vorlage wird ein vollendetes Werk, ein in sich geschlossenes Stück Kunst. Die Musik, die ich mache, ist inspiriert von den Musikstücken aus Videospielen, denn diese atmosphärische Musik drückt Gefühle und Empfindungen auch völlig ohne Worte gut aus, sie kann durch reinen Klang Ereignisse beschreiben – und das, was mich am allermeisten fasziniert, ist die Tatsache, dass sich, wenn jeder die Augen schließt und der Musik lauscht, etwas völlig Eigenes vorstellt, was ihm bei den Klängen einfällt. Auch das ist eine Form der Freiheit, nämlich bei jedem etwas komplett anderes hervorzurufen.
Ich bin halt ein unverbesserlicher Kreativling, körperliche Arbeit liegt mir nicht. Ich bin selig, wenn ich Dinge erschaffen kann, wenn ich vielschichtige Gedankenspiele verwirklichen kann, wenn sie auf dem Papier zwar schwarz auf weiß besiegelt werden, aber in den Köpfen der Leser lebendig werden, auferstehen, wenn meine gehabte Vision in anderen aufflammt, wenn sie überzeugt und mitreißt, wenn die Begeisterung für einen Text in ihm mitschwingt und den Leser dazu bringt, zu weinen, zu lachen, zu staunen, darüber nachzudenken... die Macht der Fantasie ist gewaltig, und ich brenne darauf, sie zu nutzen und mit ihr meinem Mitteilungsbedürfnis nachzukommen. Und zwar in nachdrücklicherer Form als Facebook, Skype oder Twitter das jemals hinzubekommen vermögen werden.
Puh! Schreiben übers Schreiben schlaucht. Ich hoffe doch, dass die werten Leser, die diesen endlosen Schwall von lauter wichtigen Worten halbwegs unbeschadet überstanden haben und jetzt vor lauter lauter voll triefen, mir erstens verzeihen und zweitens im Gedächtnis behalten, wieso der olle Stiefel so gern zum Stifte in Form seiner Tastaur greift und selbige so weit malträtiert, dass sich andere Mitglieder des Haushaltes lautstark über das Geklacker der Tasten beschweren. Aber was wäre eine Leidenschaft, wenn sie keine Geräusche macht!
Ich bin jetzt am Ende dann doch sehr monumental in der Sprache geworden, gell? Das war unbeabsichtigt. Aber ich liebe das Deutsche dafür, dass es einerseits so unerträglich hochgestochen sein kann und im nächsten Absatz, äh... Moment schon wieder völlig frei von Etikette, es ist eine selten flexible Sprache. Aber was will man machen, ich bin notorisch autorisch, und überhaupt ist es das einzige Talent, das ich besitze.
Damit dürfte ich den letzten auch noch kleingekriegt haben. Muaha, ich bin böse. Macht's gut und so.
Mit freundlichen Grüßen,
~Gummistiefel