DDR

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  • Inwiefern jetzt alle diese Punkte zutreffen, habe ich keine Ahnung, ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass sie es tun. Jedenfalls ist aber doch wichtig, in welchem Kontext man die Aussage "Ich hatte kein schlechtes Leben" bzw. "Mir ging es ja doch ganz gut" trifft. Diesbezüglich würde ich nämlich meinen, dass es dabei dann wohl eher um so etwas wie den subjektiv empfundenen materiellen Wohlstand gehen dürfte, wenn man eine derartige Aussage trifft, heißt also, man war gesund, hatte Arbeit, musste jetzt nicht unbedingt in Armut leben, hatte ein paar Annehmlichkeiten etc. Und von diesem gewissen Standpunkt aus ist die Aussage dann wohl auch richtig und kann es auch dann noch sein, wenn man eben auf Basis der Beurteilung nach Werten wie zum Beispiel Freiheit sagt, dass es einem (in diesem Kontext) "schlecht" ging. Zusätzlich sei hier erwähnt, dass ich das Ausblenden der von dir genannten Dinge mit Hinblick auf die materielle Ansicht keineswegs als hinreichend dafür sehen würde, dass es einem "gut" geht.Beide Aussagen sind jedoch natürlich schlecht miteinander vergleichbar, da die zugrunde liegende Basis einfach mal eine vollkommen andere ist und das auch in der Art, dass man sich wahrscheinlich bei der ersten Aussage nur Gutes und bei der zweiten nur Schlechtes herauspickt. Aber das heißt halt auch, dass man sie wohl eher als Teilaussagen verstehen muss, die über die Gesamtsituation kein wirkliches Urteil fällen und sicherlich auch nicht dazu gedacht sind. Wenn also jemand sagt, dass es ihm ja doch "ganz gut ging", dann ist das vermutlich eher auf eine subjektive Ebene bezogen und wenn man die DDR als "Schurkenstaat" (was auch immer da jetzt die genaue Definition sein mag) bezeichnet, geht es wohl eher um die von dir genannten Punkte, während die jeweils anderen Aspekte ausgeblendet werden. Das ist in Hinblick auf eine wirkliche historische Bewertung natürlich eine äußerst ungesunde und auch durchaus falsche Einstellung, die eine Glorifizierung der DDR ermöglichen kann (heißt also, man sollte da schon aufpassen, was man sagt). Bleibt an sich die Frage nach einem Gesamturteil. Das hängt dann eben davon ab, wie stark der Einzelne die Faktoren gewichtet, was dann natürlich auch wiederum eng damit verknüpft ist, wie gut er die Probleme ausblenden konnte oder sie nicht wahrnahm.
    Nebenbei, ich weiß, dass ich das mit den Kontexten einfach postuliert habe, deshalb will ich dir nicht widersprechen, wenn deine Erfahrungen mit Ostdeutschen das Gegenteil besagen.

    Ich meinte, dass viele die BRD als Schurkenstaat bezeichnen, aber, auf die DDR angesprochen, meinen, "ihnen" sei es "gut gegangen".
    Ich halte nur diese Gegenüberstellung für blöd, ansonsten stimme ich dir natürlich zu.

  • Wie mich diese DDR-Verherrlichung immer abfuckt ...


    Stimmt, den Leuten im Osten ging es super. Deswegen haben meine Eltern (die im Westen leben) unseren Verwandten im Osten auch immer Schokolade, Bananen (!), Strumpfhosen (!) etc. mitgebracht, wenn sie sie besuchen durften. Dass jedes Mal das gesamte Auto meines Vaters beim Passieren der Grenze vollständig auseinander gebaut wurde und die ganze Familie durchsucht wurde, spielt natürlich keine Rolle, weil er das als dummer, doofer BRD-Bürger wahrscheinlich gar nicht besser verdient hatte. Dass mein Vater zweimal (!) von einem IM der Stasi angesprochen wurde, ob er unsere Verwandten nicht ausspionieren wolle ... Ach komm, geschenkt!
    Die DDR war ein beschissener Fascho-Staat, dem man keine einzige Träne nachweinen sollte.

  • 1. Ich will darauf hinaus, dass eine bspw. religiöse Erziehung nicht unerhebliche Nachteile für das Kind erzeugte. Das Jugendamt heute stellt das Kindeswohl (zumindest theoretisch, man verzeihe ihm Fehlschläge) über jeden anderen Aspekt.


    2. Ja, man konnte im Westen Ost-TV empfangen. Natürlich war das im Osten nicht durchgehend verboten. Wer aber West-TV sah, machte sich nun mal verdächtig.


    3. Unbeobachtet, lol. Wieviele tausend IM waren in den 80ern bei der Stasi angestellt? xD Darüber hinaus massenweise Brief- und Telekommunikationsüberwachung, Reiseanträge etc.


    Du würdest doch solche Dinge nie akzeptieren, wenn sie heutzutage stattfänden, Gucky. Warum verteidigst du sie also für die ehem. DDR?


    EDIT: Kleine Forschung hat ergeben: 1989 beschäftigte die Stasi über 150.000 Inoffizielle Mitarbeiter, die ja lange nicht alle Spitzel waren.

  • Zitat von Shorino

    1. Ich will darauf hinaus, dass eine bspw. religiöse Erziehung nicht unerhebliche Nachteile für das Kind erzeugte.

    Es kommt immer auf die Art der religiösen Erziehung an. Schließlich wäre es auch kaltschnäuzig einem Kind zu sagen "Dein Hund ist tot, kommt in keinen Himmel und existiert nirgendwo weiter", weil man selbst Atheist ist. Das macht einem Kind natürlich Angst. Eine extrem religiöse Erziehung ist aber genauso schädlich.



    -------


    Ich finde diese DDR-Glorifizierung auch scheiße. Ältere Leute handhaben es gerne so, dass sie sich ihre Erinnerungen verschönern. Wir alle verklären unsere Kindheitserinnerungen. Vor allem werden positive Dinge noch einmal verstärkt und Nostalgie ist auch etwas vollkommen Normales.
    Allerdings sollte man "Ich habe natürlich schöne Kindheitserinnerungen, auch wenn ich in der DDR gelebt habe" und "Die DDR selbst war besser, weil ich in der DDR glückliche Momente gehabt habe" unterscheiden. Ersteres kann sich auf einzelne Ereignisse in der Familie, mit Freunden und das Lieblingsspielzeug beziehen, Zweiteres glorifiziert … naja, es war praktisch eine Diktatur.
    Wie hört es sich denn für uns an, wenn ein Chinese sagt "Ohja, ich habe schöne Erinnerungen an meine Familie und ich find meine Arbeitskollegen super, deswegen ist auch mein Staat voll in Ordnung"?

  • 1. Du schriebst zu Beginn, dass man keine Erziehungshoheit hatte, nun sprichst du von Nachteilen, die eine religiöse Erziehung hatte. Für mich ist das nicht das Gleiche.
    Ja, und damals handelte man wohl aus der Sicht des Amtes/Staates auch für das Kindeswohl.


    2. Dann waren wohl alle, die nicht im Land der Ahnungslosen wohnten (Raum Dresden) verdächtig, und? :D Ende der 80er ging man dann sogar dazu über, den Haushalten Gemeinschaftsanlagen für Satellitenempfang zur Verfügung zu stellen. Das hätte man, wenn es tatsächlich nicht erwünscht gewesen wäre, leicht unterbinden können.


    3. Keine Ahnung, wieviele das waren, aber sie hätten sich sicherlich über die heutigen Überachungsmöglichkeiten, die der Staat besitzt, gefreut. :ahahaha:


    Wie gesagt, Überwachung findet auch heute statt, und wir alle akzeptieren das offensichtlich. Ich verteidige nichts, ich kann lediglich haltlose Vorwürfe nicht unkommentiert lassen.

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

    Per aspera ad astra!

    Momentan kein Partneravatar mit Missy!

  • Ach ja, noch ein Gedanke zur DDR: Würde ich in der DDR leben, dürfte ich nicht studieren - denn meine Eltern haben studiert. Und Kinder von Akademikern durften nicht studieren.
    Mal ganz abgesehen davon, dass mir wahrscheinlich in jeder Sekunde meines Lebens ein Haufen IM auf den Hacken geklebt hätte und man der Hälfte allen meinen Freunden und Bekannten eine gute Arbeit und Geld angeboten hätte, mich auszuspionieren. Weil ich Theologie studiere.


    Aber alles für den Klassenkampf, also ebenfalls geschenkt.

  • Persönliche Erfahrung mit der Stasi-Angelegenheit:
    Mein Cousin war entschiedener Fan der BRD und hätte sich, seiner Aussage nach, niemals in den Staats-Sicherheits-Apparat eingeschrieben. Er hat nichts von dem Staat verlangt, wollte nur in den Westen oder ins Ausland, weg aus SA.
    Doch auch nach der Wende muss man sagen:
    Die DDR hat für meinen Cousin auch rückwirkend nur Schlechtes gebracht;
    Nach der ganzen Stasi-Affäre fand er, wie viele Andere auch, keinen festen Arbeitsplatz.
    Als nämlich bekannt wurde, dass die inoffiziellen Mitarbeiter mit "I.M" abgekürzt wurden, waren zahlreiche Missverständnisse auf dem Arbeitsmarkt des wiedervereinigten Deutschlands vorprogrammiert...


    Fazit: Immanuel Michael ist kein guter Vorname.

  • Ach ja, noch ein Gedanke zur DDR: Würde ich in der DDR leben, dürfte ich nicht studieren - denn meine Eltern haben studiert. Und Kinder von Akademikern durften nicht studieren.
    Mal ganz abgesehen davon, dass mir wahrscheinlich in jeder Sekunde meines Lebens ein Haufen IM auf den Hacken geklebt hätte und man der Hälfte allen meinen Freunden und Bekannten eine gute Arbeit und Geld angeboten hätte, mich auszuspionieren. Weil ich Theologie studiere.


    Aber alles für den Klassenkampf, also ebenfalls geschenkt.

    1. Kinder von Akademikern durften studieren. Es wurden allerdings eher Arbeiterkinder bevorzugt, vor allem in den 50er Jahren. (Das trat später etwas in den Hintergrund) Einen größeren Einfluss hatten da schon die Linientreue (was sonst in einer Diktatur) oder auch teilweise der Glaube. Christen wurden eher benachteiligt, aber es war nicht unmöglich, an einen Studienplatz zu kommen. (wie gesagt, Linientreue war entscheidend)


    2. Nein. In der DDR konnte man keine Theologie studieren.

    "Was denkt ihr, wann stirbt ein Mensch? Wenn er von einer Kugel getroffen wird? Nein. Wenn er am Herzen leidet? Oder eine andere schlimme Krankheit hat? Nein. Wenn er eine Suppe isst, die aus einem giftigen Pilz gekocht wurde? Nein. Man stirbt, wenn man vergessen wird!" ~ Doc Bader

  • Und außerdem gibt es ja auch in der BRD einen Wohlfahrtsstaat. Auch heute ist man finanziell abgesichert. Über Sozialhetze etc. müssen wir nicht reden, da stimme ich zu. Dennoch gibt es ja Auffangmechanismen.

    Ich habe eher das Gefühl, dass du meinen Beitrag nicht verstanden hast und würde dir raten, deine Geschichtsbücher bei bestimmten Dingen mal wegzupacken, deine Empathie anzustellen und dich mit den Menschen der DDR zu unterhalten und zu versuchen, zu verstehen, wie das Leben gewesen ist, bzw. die Menschen es selber empfunden haben und wie der Alltag der DDR aussah.
    Wenn ein Mensch meint, dass es ihm früher zu DDR-Zeiten besser ging, dann ist das immer eins: Ein subjektiver Eindruck, der aussagt, dass es ihm subjektiv betrachtet in der DDR besser ging als heute. Dieser Eindruck ist vor allem ein Gefühl, etwas was keiner reinen Logik gehorcht und wo du tausend Mal das Geschichtsbuch runterrasseln kannst. Der Punkt ist nämlich, dass dieses Gemecker keine kritische Betrachtung der Geschichte ist, sondern sie eben Revue passieren lassen, was die Wende einem persönlich selber gebracht haben. Und da konstatiert keiner, wie toll es doch ist, was für Rechte hat, sondern, welche Rechte er praktisch auch wirklich wahrnehmen kann. Sie empfinden, dass sich ihr Leben durch die Wende verbessert oder verschlechtert hat.
    Ich persönlich als Mensch, der von der Wende profitiert hat, eben weil meine Eltern von der Wende profitierten, kann die Vorzüge der Reisefreiheit und der nicht vorhanden Restriktionen im Konsum genießen: Ich habe eine Arbeit, die so schlecht nicht bezahlt wird und kann aufgrund dieser auch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Auch meine Eltern konnten von der Wende profitieren: Mein Vater konnte auch ohne Eintritt in die SED schnell eine Führungsposition in der Polizei erlangen und meine Mutter wurde als Kommunalangestellte bei der Stadt beschäftigt. Sprich: uns gings finanziell, auch als ich ein Kind war, super. Ich kann es mir dank meiner guten Schulbildung und meinem Studium auch leisten, in jedes Land zu fliegen, was mich persönlich interessiert, da ich eben nicht schlecht verdiene.
    Frage aber mal den Menschen, welcher nach der Wende schnell seine Arbeit verloren hat, wie er seine neu gewonnenen Freiheiten sieht: Dass er sich jetzt theoretisch mehr unterschiedliche Produkte kaufen kann oder überall hin verreisen kann, wird ihm erst mal Wurst sein, weil er von diesen Rechten nicht profitierten konnte. Im Gegenteil, eben weil er diese Rechte nicht wahrnehmen konnte, andere aber schon, wurde der Frust eben noch umso größer. Durch der Verlust der Arbeit war ja verreisen nicht mal drin gewesen, nicht mal mehr in die ehemaligen Ostblockstaaten, was zu DDR allerdings schon möglich gewesen ist. Und dass ich mehr Konsummöglichkeiten habe, wird dem ehemaligenDDR-Bürger, der arbeitslos wurde, auch erstmal herzlich egal gewesen sein, weil er sich ja aufgrund von mangelnder Arbeit die tollen Produkte nicht leisten konnte.
    Letztendlich bedeutet dieses glorifizieren der DDR nur, dass sich dieser Mensch in der DDR glücklicher fühlte, was man auch durchaus verstehen kann, wenn man sich mit dem Leben der Menschen beschäftigt und sich eben auch in andere Menschen hineinversetzen kann und verstehen kann, was bestimmte Ereignisse im Leben, wie dem Verlust der Arbeit für herbe Einschnitte und damit meine ich nicht nur Geld, mit sich bringen.
    Zwar gab es in der DDR viele Dinge, die politisch nicht korrekt gewesen sind, allerdings macht keiner seine Empfindungen von dem abhängig, was im Geschichtsbuch oder im gesetzbuch steht abhängig. Letztendlich hatten viele dieser Menschen in der DDR eine Arbeit, sie waren demnach in ihrer Gesellschaft auch anerkannt und hatten auch aufgrund der Arbeit ein wesentlich gesicherteres Leben. Es gab keine Angst, dass man morgen evtl. seinen Job verlieren könnte. Auch war das gesellschaftliche Leben anders. So krass, dass quasi jeder jeden bespitzelt hat und dass sofort die Stasi vor der Tür stand, wenn man Essenstisch mal über das System schimpfte, war es dann doch nicht. Auch das gesellschaftliche Zusammenleben haben viele Menschen anders empfunden. Es soll vor allem weniger kühl gewesen sein, eben weil sich die Leute auch helfen mussten, weil eben nicht jeder alles haben konnte und jeder, der die selbe Arbeit gemacht hatte, hat auch meist das selbe verdient. Und wie gesagt: jeder hatte Arbeit und war sozial integriert und sowas stärkt die eigene Zufriedenheit nunmal mehr als die Reisefreiheit.
    Es ging nämlich bei den Betrieben nicht um Vereine, sondern die EIngliederung in eine Gesellschaft. Wenn man Arbeit hat, hat man in der Regel Kollegen, mit denen man sich unterhalten hat, oftmals hat man unter diesen Kollegen auch Freunde und damit ist die Arbeitsstätte, wenn sie nicht der absolute Müll ist, auch eine Anlaufstelle, sich mit anderen Menschen austzutauschen, sich evtl. Hilfe bei familiären Problemen zu suchen, oder ganz einfach: Teil einer Gemeinschaft zu sein. Der Mensch ist nunmal ein soziales Wesen und braucht demnach andere Menschen um sich herum.
    Mit dem Verlust der Arbeit geht es aber für viele in die Richtung soziale Isolation. Aufgrund der Unzufriedenheit mit der Situation und dem Unwohlsein über die fehlende Arbeit entstehen auch Depressionen und die Menschen verkriechen sich mit der Zeit zuhause, eben weil sie sich unwohl fühlen und einem die Gesellschaft auch immer wieder zeigt, was für ein Versager Menschen ohne Arbeit doch in ihren Augen sind. Hinzu kam, dass Freunde oder nahe Familienmitglieder nach der Wende weggezogen um woanders nach Arbeit zu suchen. Hinzu kam, dass den Ostdeutschen nach der Wende auch immer das Gefühl gegeben wurde, dass sie sowieso die letzten Vollhonks waren und dass ja alles in der DDR scheiße war, was dem Selbstvertrauen auch nicht auf die Beine geholfen haben wird. Somit ging es für einige Bürger der DDR sozial bergab, was die errungenschaften der Wiedervereinigung nunmal anscheinend nicht kompensieren konnte, zumal eben nach der Wende nicht nur viele Arbeitsplätze wegbrachen, sondern auch noch andere Dinge sich verändert haben, was für die Menschen erstmal eine harte Nummer war.
    Letztendlich wirst du bei der Frage, warum Menschen denken können, dass man in der DDR gut gelebt hat bzw. sie sich dort besser fühlten, mit deinem Lehrbuchwissen alleine nicht weiterkommen, weil dies einfach nur tote Fakten sind, aber es keine subjektiven Eindrücke der Menschen enthält. Oder um es mal deutlicher zu sagen: Wenn ein Mensch aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes, keinen anderen Beschäftigungsmöglichkeiten, infolge der sozialen Isolation und dem schwächen des Selbstvertrauens durch die Jahrelange Arbeitslosigkeit depressiv wird und er keine Chance in diesem System mehr für sich sieht (und ich komme aus dem Raum Leipzig-Halle-Bitterfeld und kenne demnach Menschen, die einfach aufgrund ihres Alters schon keine Chance mehr hatten), dann machen die Vorzüge, die die BRD nunmal auch mit sich brachte, die Menschen auch nicht glücklicher, weil vieles einfach an ihnen vorbeiging. Für viele Menschen ging es nach der Wende nunmal rapide bergab und demnach ist es für mich nicht mal so unverständlich, dass Menschen die Zeiten der DDR glorifizierten und meinen, dass es ihnen dort besser ginge, auch wenn ich so eine Art und Weise der Vergangenheitsbewältigung nicht gut finde, weil es an der Situation an sich nichts ändert.
    Letztendlich hat die Wende gezeigt, dass mehr Rechte und mehr Möglichkeiten alleine die Menschen nicht glücklicher machen, sondern diese Rechte nur dann Wirkung zeigen können, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass diese zur Verbesserung der eigenen Lebenssituation beitragen. Geht allerdings mit dem Erwerb der Rechte auch ein sozialer Abstieg einher, dann endet das darin, dass die Menschen sich dadurch nicht besser fühlen, sondern sie fühlen sich trotzdem noch mieser als vorher und folglich fängt man an, sich an die Zeit zu klammern, wo man fühlte, dass es einen besser ging. Der Sündenbock für die Probleme wird folglich die Wende werden und eben die politischen Entscheidungen, welche nach der Wiedervereinigung kamen. Man darf eben nie vergessen, dass was für uns heutzutage unvorstellbar ist, war für viele Bürger auch der alltägliche Wahnsinn und sie lebten mit dem, bzw. ist der Wegfall dieses Wahnsinns keine Garantie dafür, dass sie sich heutzutage besser fühlen müssen. Es ist nunmal fakt, dass die Wende für die Bürger der ehemaligen DDR nicht nur Vorteile hatte. Und an dem Gerede der Menschen erkennt man eben sehr gut, wer von der Wende profitierte und wer nicht.

  • 1. Man entzieht den Eltern die Erziehungshoheit, wenn dem Kind durch den Besuch der Kommunion/Konfirmation erhebliche Sanktionen drohen. Darüber hinaus hat bereits der Kindergarten ab dem 4. Lebensjahr die Kinder staatsbürgerlich-sozialistisch unterrichtet. Eltern, die wegen folgenden "Verbrechen" straffällig geworden waren: Republikflucht, Staatshetze, Staatsverleumdung, konnten die Kinder entzogen werden, die das zwangsweise zur Adoption gegeben wurden, ohne dass das Kindeswohl verletzt worden wäre.
    Diese Fälle waren zwar auf wenige beschränkt, man müsste sich dennoch vorstellen, so etwas würde in der Bundesrepublik geschehen, dass ein Grenzübertritt der Eltern dazu führt, dass ihnen die Kinder entzogen werden.
    In allen drei Fällen, ob nun durch staatliche Gängelung, staatlich strikte Erziehungspläne ohne Freiraum oder tatsächliche Repression, liegt eine Verletzung der Erziehungshoheit der Eltern vor.


    2. "Wenn es tatsächlich nicht erwünscht gewesen wäre"... Es war nicht erwünscht, schließlich war es Soldaten sogar verboten. Westfernsehen schauen war verdächtig. Ich weiß nicht, ob du schon mal über Stasi-Akten geschaut hast, aber man wundert sich, was alles verdächtig war und festgehalten wurde.



    3. Jap, Überwachung findet auch heute statt. Ergo: Überwachung in der DDR ist okay gewesen? Ne, natürlich nicht. Überwachung immer kacke.
    Und dieser Vergleich zwischen BND/NSA und Stasi, der hinkt etwas. Es werden nicht unsere Briefe geöffnet, unsere Freunde gekauft, keine ausführlichen Akten zum Großteil der Bürger angelegt, keine Wohnungen verwanzt. Die Stasi hat das alles ja nicht unkontrollierterweise getan, sondern in Vollmacht und im Auftrag des Staates. Da besteht schlichtweg ein Unterschied, was die heutige Spionage ja nicht harmlos macht.





    Es ist ein häufig zu beobachtender Mechanismus. Wenn man bspw. über Gefängnisse in der BRD spricht, da würde ja niemand sagen: In der DDR war es viel schlimmer. Spricht man aber über ein Problem der DDR, so wird stets ein (mehr oder weniger - meist weniger) vergleichbares Pendant im Westen gesucht und darauf gedeutet.



    @kleiner Domi: Okay, ich weiß nicht, woher jetzt die Wut auf Geschichtsbücher kommt, denn ich kann dir versichern, dass sich die Geschichtsforschung eingehend mit dem Phänomen der "Ostalgie" befasst. Auch die Ostalgie ist ein, oh Schreck, logisch nachvollziehbares Phänomen, denn wäre sie es nicht, könntest du mir sie ja auch gar nicht erklären. Und vielleicht würdest du nicht so einen Prass gegen Geschichtsbücher haben, wenn du wirklich eins lesen würdest. xD Das sind nämlich nicht nur "tote Fakten".
    Geschichtsforschung bezieht sich leider Gottes (muss man so sagen) auch auf Zeitzeugen. Und eine der wichtigsten Aufgaben des Historikers ist es, Zeitzeugenberichte kritisch zu analysieren. (Bspw. habe ich letztes Semester einen Zeitzeugen zu einer Kirchensprengung in der DDR befragt. Wir wissen von Fotos, dass die Kirche damals voll in Schuss war mit kleinen Brandschäden am Dachstuhl. Mein Zeitzeuge damals erzählte trotzdem, er habe die Kirche als baufällige Ruine wahrgenommen. Merkt man was?)
    Ich unterhalte mich, wie bereits oben erwähnt, zwangsläufig immer wieder mit Bürgern der ehem. DDR und auch, was vielleicht noch interessanter ist, mit deren Kindern.
    Wer so tut, als wäre es ihm in der DDR super gegangen oder als wäre der Zusammenhalt einfach supi gewesen, der ist entweder so blind und egoistisch, dass es ihm wurst ist, wenn sein bester Kumpel als IM auf ihn angesetzt war oder dass Leute in wirklich unangenehmen Gefängnissen saßen, oder er labert Müll, weil er die Vergangenheit verklärt.
    Außerdem ist es ja nicht so, dass man in Deutschland mit ALG II kurz vor dem Hungertod steht. Ich habe de facto als Student monatlich deutlich weniger Geld als ALG II zur Verfügung und komme sehr entspannt um die Runden. Und manchmal fahre ich sogar, man mag es kaum glauben, in den Urlaub. Ich möchte mich nicht dafür einsetzen, dass ALG II gekürzt wird. Ist mir egal, ob jemand ALG II bezieht, das Geld fließt an ganz anderen Stellen in merkwürdige Löcher und verschwindet. Aber dieses Vorurteil, dass ein Leben auf ALG II lebensunwert und einfach furchtbar ist, das stimmt nicht. Zumindest nicht in finanzieller Hinsicht. Wie gesagt, die Sozialhetze a la BILD ist etwas anderes.
    Ich kann ja auch mal was Subjektives erzählen: Ich habe diesen Sommer in einem Betrieb in Bayern einen Herrn aus Gera kennengelernt. Der erzählte mir, er habe Trabbi-Mechaniker gelernt. Nach der Wende sei er arbeitslos geworden und habe nichts mehr gefunden. Meine Frage, ob er auch andere Autos reparieren kann, verneinte er. Schon an diesem Punkt frage ich mich, ob es zu viel gewesen wäre, seine Qualifikation von Trabbis auf andere Autos zu erweitern. Dann meinte er, er habe erst mal einige Jahre gar nichts gemacht und jetzt sei er hier untergekommen, wo er halt als Gärtner arbeitet (und de facto den ganzen Tag gar nichts gemacht hat, aber gut xD).
    Natürlich ist es hart, aus einem Halt-Die-Fresse-Und-Wir-Sorgen-Für-Dich-Staat auf den freien Markt gespült zu werden, aber das entschuldigt doch nicht alles. Und vor allem entschuldigt es nicht, dass irgendwelche Leute, die sich um weiß Gott was betrogen fühlen, dieser paternalistischen Diktatur nachtrauern.
    Kann ja sein, dass sie lustige Momente hatten. Oder auch tolle Erlebnisse. Aber doch nicht wegen dieses Staates. Ich bin doch auch nicht der BRD dankbar, dass meine Schulzeit supi war.
    Und man könnte erwarten, dass nicht der BRD die Schuld an allem gegeben wird, sondern vielleicht auch der DDR.


    Und um mich nochmal zu rechtfertigen: Nein, die DDR rechtfertigt keine Missstände in der BRD.

  • Kein schlechtes Leben trotz allgemeiner Reisebeschränkung, nur minimalen Bürgerrechten, recht eingeschränkte Konsumfreiheit, eingeschränkte Arbeitsplatzwahl, keine Karrieremöglichkeit, keine Möglichkeit freier Forschung, keine Versammlungsfreiheit, keine Erziehungshoheit über das Kind, keine öffentliche Meinungsäußerung, keinen freien Medienkonsum, kaum Kontaktmöglichkeiten in den Westen, Angst vor gegenseitiger Bespitzelung etc.

    Im Gegenteil, eben weil er diese Rechte nicht wahrnehmen konnte, andere aber schon, wurde der Frust eben noch umso größer.

    Das dürfte wohl der wichtigste Punkt sein. Meine Mutter sagte häufiger "Früher durften wir nicht verreisen, heute können wir nicht verreisen". Und so ist es dann eben auch mit vielen weiteren Punkten. Was nutzen Reisefreiheit und Konsumfreiheit, wenn kein Geld vorhanden ist. Was nutzt die freie Wahl des Arbeitsplatzes und die Möglichkeit der Karriere, wenn sie doch nur theoretisch sind, da man praktisch eben keine Arbeit hat. Warum sollte jemanden die freie Forschung interessieren, wenn man selbst nicht forscht. Oder ganz allgemein: Was nutzen theoretische Verbesserungen, wenn man sie real nunmal nicht nutzen kann?
    Wie @kleiner Domi sagt, der Frust wächst, weil man die tollen Rechte gar nicht wahrnehmen kann. Natürlich ging es den Menschen in der DDR schlechter, aber zumindest ging es allen gleich schlecht.

    Wer so tut, als wäre es ihm in der DDR super gegangen oder als wäre der Zusammenhalt einfach supi gewesen, der ist entweder so blind und egoistisch, dass es ihm wurst ist, wenn sein bester Kumpel als IM auf ihn angesetzt war oder dass Leute in wirklich unangenehmen Gefängnissen saßen, oder er labert Müll, weil er die Vergangenheit verklärt.

    Oder aber es ging ihnen einfach gar nicht so schlecht, weil sie sich mit den Gegebenheiten arrangieren konnten.


    Und nein, die DDR war nicht toll. Sie war faktisch scheiße und es geht mir und vermutlich auch @kleiner Domi nicht darum die DDR schönzureden. Vielmehr geht es darum, dass du offenbar gar nicht versuchst zu verstehen, warum Menschen in der DDR glücklich waren. Du willst offenbar gar nicht verstehen, dass die Beurteilung der DDR auch subjektive Eindrücke einschließt. Dass man trotz der Nachteile weitesgehend zufrieden sein konnte und sogar mindestens den Eindruck haben kann, dass man sogar zufriedener war als man jetzt ist.

  • Wie @kleiner Domi sagt, der Frust wächst, weil man die tollen Rechte gar nicht wahrnehmen kann. Natürlich ging es den Menschen in der DDR schlechter, aber zumindest ging es allen gleich schlecht.

    Das stimmt nicht. Es ging nicht allen gleich schlecht; die Parteikader genossen enorme Privilegien. Sowohl finanziell, als auch was Angelegenheiten wie den Autokauf anging - und ja, in der DDR hingen finanzielle Möglichkeiten und der Kauf eines Autos nicht unbedingt zusammen.
    Um ein Auto zu kaufen, musste man sich in der DDR erst einmal eines bestellen, da nur wenige Autos produziert werden konnten. Die Wartezeit betrug dabei etwa 17 Jahre. Wow, nur 17 Jahre, bis man ein Auto kriegt ... Und dann auch noch eins aus Pappe. xD
    Für SED-Funktionäre und Mitarbeiter staatlicher Organe gab es aber natürlich Sonderkontingente; die hohen Herren mussten nicht 17 Jahre warten, sondern bekamen sofort ein Auto.
    Nach Gleichbehandlung klingt das nicht unbedingt.


    Da hab ich übrigens noch eine lustige Story von meinem Vater: Als er einmal in den "Osten" fuhr, um Verwandte zu besuchen, tat er dies in seinem gerade neu gekauften Wagen. Der Grenzpolizist, der ihn kontrollierte, konnte nicht glauben, dass ein Student sich so einen Wagen leisten konnte. "Da habe ich auch die ganzen Semesterferien für gearbeitet", antwortete mein Vater ... Und der Grenzpolizist hätte fast angefangen zu weinen. Weil ein fucking Student mehr Geld hatte als er.


    Die DDR war ein furchtbarer Staat. Wer die DDR rückblickend als toll bezeichnet, wer behauptet, damals sei ja alles besser gewesen, der verklärt nunmal einen faschistischen Überwachungsstaat, der seine Bürger am Gängelband führte.


    Edit: Ganz vergessen: Die 138 Menschen, die alleine an der Berliner Mauer getötet wurden, weil sie diesen furchtbaren Staat verlassen wollten, werden den Staat auch nicht ganz so schnafte gefunden haben.

  • Das dürfte wohl der wichtigste Punkt sein. Meine Mutter sagte häufiger "Früher durften wir nicht verreisen, heute können wir nicht verreisen". Und so ist es dann eben auch mit vielen weiteren Punkten. Was nutzen Reisefreiheit und Konsumfreiheit, wenn kein Geld vorhanden ist. Was nutzt die freie Wahl des Arbeitsplatzes und die Möglichkeit der Karriere, wenn sie doch nur theoretisch sind, da man praktisch eben keine Arbeit hat.

    Wofür der Staat verantwortlich ist: Die theoretische Möglichkeit zu bieten.
    Wofür der Staat nicht verantwortlich ist: Jedem seine Wünsche auch zu erfüllen.
    Das sind individuelle Schicksale und an sich wird es einem freigestellt, welche Lehre oder welches Studium man einschlägt und wo man sich bewirbt.
    Ich kann auch selten reisen und selbst wenn es immer noch schweineteuer ist, war es gleichzeitig noch nie so billig. :o

  • Das stimmt nicht. Es ging nicht allen gleich schlecht; die Parteikader genossen enorme Privilegien.

    Natürlich musste das kommen, ich hatte schon überlegt präventiv was dazu zu schreiben, hätte ichs mal getan. Ja, es ist richtig, natürlich gab es in der DDR auch Privilegierte (so wie es auch Leute gab, denen es massiv schlechter ging als dem Durchschnitt). Natürlich war die DDR ungerecht. Etwas anderes habe ich nicht behauptet.
    Und kaum jemand wird die DDR ernsthaft als Beispiel eines tollen Staates bezeichnen. Das heißt jedoch nicht, dass man im Umkehrschluss sagen muss "Mir ging es in der DDR schlecht(er)". Natürlich ging es nicht allen so. Natürlich ging es vielen Menschen wirklich schlecht. Das ändert nichts daran, dass die Menschen, die durch die Wende vor allem verloren haben, subjektiv ihr Leben in der DDR als besser bezeichnen könnten. Da hilft auch kein Hinweis auf Mauertote.

  • Das dürfte wohl der wichtigste Punkt sein. Meine Mutter sagte häufiger "Früher durften wir nicht verreisen, heute können wir nicht verreisen". Und so ist es dann eben auch mit vielen weiteren Punkten. Was nutzen Reisefreiheit und Konsumfreiheit, wenn kein Geld vorhanden ist. Was nutzt die freie Wahl des Arbeitsplatzes und die Möglichkeit der Karriere, wenn sie doch nur theoretisch sind, da man praktisch eben keine Arbeit hat. Warum sollte jemanden die freie Forschung interessieren, wenn man selbst nicht forscht. Oder ganz allgemein: Was nutzen theoretische Verbesserungen, wenn man sie real nunmal nicht nutzen kann?

    Ich habe versucht, das empirisch zu überprüfen, jedoch liegen mir zu der Anzahl der Urlaubsreisen in der DDR keine Zahlen vor. Die Urlaubsreisen in der heutigen Bundesrepublik sind jedoch sehr zahlreich und steigen in den letzten Jahren sogar weiter an, wenn auch langsam.
    Jedoch ist mir die Antithetik von einer DDR, in der man rundum versorgt ist, jedoch unfrei, und einer BRD, in der man zwar frei, aber stets kurz vor dem sozialen Absturz ist, zu einfach. Reisen nach Kuba oder China waren für DDR-Bürger auch nicht einfach zu haben und nach Österreich, Ungarn, Italien, Spanien, Frankreich und Skandinavien kann heute jeder reisen, auch wenn er nicht allzu viel verdient.


    Und warum tut man denn automatisch so, als wäre in der BRD für die Arbeitnehmer kein Geld vorhanden. Bei aller Liebe für Kritik an der sozialen Ungerechtigkeit in Deutschland, aber das ist heillos übertrieben.
    Natürlich können wir nicht alle von heute auf morgen ein Studium der Theaterwissenschaften anfangen und hoffen, dass der Laden noch läuft, aber die Auswahl an Arbeitsplätzen ist für jemanden, der eine ausreichende Ausbildung genossen hat, schon recht breit.
    Warum man sich für die freie Forschung interessieren sollte? xD Naja, wegen der vielen tollen Bücher, die sich jeder kostenlos in den Büchereien und Universitätsbibliotheken anschauen kann. Kostenlos. Millionen und Abermillionen von Büchern. Und in die Vorlesungen der Universitäten kann man auch gehen. Man kann auch einfach kein Interesse an der freien Forschung haben.
    Die theoretischen Verbesserungen nutzen so vielen Leuten. Ich schließe mich @Bastet an. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, auch noch eine spannende Freizeitgestaltung für frustrierte Bürger zu organisieren.


    Wie @kleiner Domi sagt, der Frust wächst, weil man die tollen Rechte gar nicht wahrnehmen kann. Natürlich ging es den Menschen in der DDR schlechter, aber zumindest ging es allen gleich schlecht.

    Natürlich kann man sie wahrnehmen. xD Was ist das denn für ein Nutzen, dass es allen gleich schlecht geht? Und natürlich ist das Humbug. Auf der einen Seite natürlich das Extrembeispiel der Regierenden. Auf der anderen Seite die zahlreichen Menschen, die mit Gängelung aufgrund falscher Weltanschauung leben mussten. Eine Zeitzeugin aus Leipzig hat Flugblätter in eine Telefonzelle gelegt, damit ihre Kirche nicht gesprengt wird. Sie wurde deshalb wenige Tage vor der Abschlussprüfung aus ihrem Studium der, ich glaube, Pharmazie exmatrikuliert. Der ging's bestimmt genauso schlecht wie irgendwelchen Systemtrotteln, die sich an die Genossen rangeschleimt haben.


    Oder aber es ging ihnen einfach gar nicht so schlecht, weil sie sich mit den Gegebenheiten arrangieren konnten.

    Genau das meinte ich damit, dass es manchen Leuten bestimmt auch wurst war, so wie es heute den Leuten auch allgemein wurst ist, wenn man wieder ne Millionenspende an eine Partei geht. Den Staat mal machen lassen, dann hat man seine Ruhe.


    Und nein, die DDR war nicht toll. Sie war faktisch scheiße und es geht mir und vermutlich auch @kleiner Domi nicht darum die DDR schönzureden. Vielmehr geht es darum, dass du offenbar gar nicht versuchst zu verstehen, warum Menschen in der DDR glücklich waren. Du willst offenbar gar nicht verstehen, dass die Beurteilung der DDR auch subjektive Eindrücke einschließt. Dass man trotz der Nachteile weitesgehend zufrieden sein konnte und sogar mindestens den Eindruck haben kann, dass man sogar zufriedener war als man jetzt ist.

    Wer sagt, dass ich das nicht verstehe? Ich kritisiere aber diese gemütlichen Muster, mit denen man sich alles erklärt. "DDR war kacke, aber da ging es uns allen kacke und da hatten wir noch einen Zusammenhalt. Und dann kam die BRD mit ihrer Treuhand und hat alles kaputtgemacht. Was haben wir denn von der ganzen Freiheit, wenn wir die nicht nutzen können? Was haben wir denn von der Demokratie? Die da oben machen doch eh, was sie wollen." Blablabla.
    Mit eurer Argumentation kann man ja tatsächlich noch weiter gehen und ein großes Verständnis dafür entwickeln, dass die Bürger der ehem. DDR nie mit Migration in Kontakt kamen und deshalb heute sogar noch lieber als die Nazis im Westen Asylantenheime abfackeln. Oder dass die armen Leute keine Vereinsstruktur mehr haben, weshalb die NPD die einzige Organisation ist, die sich noch um die Kinder kümmert.
    Ich schätze, dafür habt ihr kein Verständnis. Zu Recht. Mir fehlt's beim Rest halt auch.

  • Man entzieht den Eltern die Erziehungshoheit, wenn dem Kind durch den Besuch der Kommunion/Konfirmation erhebliche Sanktionen drohen. Darüber hinaus hat bereits der Kindergarten ab dem 4. Lebensjahr die Kinder staatsbürgerlich-sozialistisch unterrichtet. Eltern, die wegen folgenden "Verbrechen" straffällig geworden waren: Republikflucht, Staatshetze, Staatsverleumdung, konnten die Kinder entzogen werden, die das zwangsweise zur Adoption gegeben wurden, ohne dass das Kindeswohl verletzt worden wäre.
    Diese Fälle waren zwar auf wenige beschränkt, man müsste sich dennoch vorstellen, so etwas würde in der Bundesrepublik geschehen, dass ein Grenzübertritt der Eltern dazu führt, dass ihnen die Kinder entzogen werden.

    Wobei dann zu klären wäre, was unter erheblichen Sanktionen zu verstehen ist. Ich selbst habe genügend Menschen kennengelernt, die in der DDR nicht an der Jugendweihe teilgenommen haben bzw. schon nicht das ganze vorherige Prozedere (also Jungpionier, Thälmannpionier...) mitgemacht haben und später trotzdem einen Ausbildung viel viele andere auch gemacht haben. Studiert haben damals wirklich nur sehr wenige und da will ich nicht abstreiten, dass in diesem Fall dann sicher auch nach der bisherigen Laufbahn geschaut wurde, aber das allein würde ich nicht als erhebliche Sanktion verstehen, die Eltern die Erziehungshoheit nimmt.
    Inwiefern Kinder im Kindergarten staatsbürgerlich unterrichtet wurden (sofern man in diesem Alter von Unterricht überhaupt sprechen kann), würde ich gerne etwas näher erläutert haben.
    Staatshetzte und Staatsverleumdung sind doch heute auch nicht zulässig, oder? Republikflucht war halt tatsächlich strafbar aber wie willst du das auf das heutige System übertragen? Das war der Punkt, der die Bürger in ihrer Freiheit eingeschränkt hat, das bestreitet wohl keiner, aber es war nun mal bekannt. Wenn Eltern trotz dieses Wissens versucht haben zu flüchten, haben sie die Konsequenzen billigend in Kauf genommen. Das wäre, als würdest du heute eine Straftat behegen obwohl dir bewusst ist, dass du dafür ins Gefängnis kommen kannst und infolge dessen deine Kinder verlierst.



    Es war nicht erwünscht, schließlich war es Soldaten sogar verboten. Westfernsehen schauen war verdächtig. Ich weiß nicht, ob du schon mal über Stasi-Akten geschaut hast, aber man wundert sich, was alles verdächtig war und festgehalten wurde.

    Ok, es war tatsächlich nicht erünscht. :D Ich hätte es anders sagen sollen: es wurde geduldet und nicht aktiv verhindert. Und keine Ahnung, vielleicht war das in der Anfangszeit schlimmer, aber später haben auch Soldaten und Polizisten Westfernsehen geschaut. Man hat sich dann natürlich auf Arbeit eher nicht darüber ausgetauscht, was gestern in der Serie Dallas passierte...



    Jap, Überwachung findet auch heute statt. Ergo: Überwachung in der DDR ist okay gewesen? Ne, natürlich nicht. Überwachung immer kacke.
    Und dieser Vergleich zwischen BND/NSA und Stasi, der hinkt etwas. Es werden nicht unsere Briefe geöffnet, unsere Freunde gekauft, keine ausführlichen Akten zum Großteil der Bürger angelegt, keine Wohnungen verwanzt. Die Stasi hat das alles ja nicht unkontrollierterweise getan, sondern in Vollmacht und im Auftrag des Staates. Da besteht schlichtweg ein Unterschied, was die heutige Spionage ja nicht harmlos macht.

    Ja, ist halt beides blöd. Mit den heutigen Möglichkeiten ist in der Hinsicht vieles einfacher geworden, Briefe schreibt eh keiner mehr und Telefongespräche muss man nicht mehr einzeln anhören und mitschneiden, da gibt es jetzt viel effizientere Möglichkeiten. Natürlich ist es Wahnsinn, was damals alles unternommen wurde um Leute zu bespitzeln und was dadurch an Arbeitskraft verloren ging. Gebracht hats am Ende halt auch nix.



    Es ist ein häufig zu beobachtender Mechanismus. Wenn man bspw. über Gefängnisse in der BRD spricht, da würde ja niemand sagen: In der DDR war es viel schlimmer. Spricht man aber über ein Problem der DDR, so wird stets ein (mehr oder weniger - meist weniger) vergleichbares Pendant im Westen gesucht und darauf gedeutet.

    Zumindest Gefängnisse waren wirklich schlimmer. Daran gibts nicht viel zu diskutieren. Ich will aber auch heute keins von innen sehen.

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

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  • Ich möchte anmerken, dass ich nicht weiß, ob das okay ist!


    http://www.thueringer-allgemei…lich-zugenommen-701496677


    Möglicherweise ist der Fremdenhass ein Erbe der DDR. Wer weiß das schon? Ich denke, dass es im Möglichen liegt, dass Fremdenhass kultiviert wurde durch die homogene Gesellschaft in der DDR. Es gab dort wenig Ausländer/fremde und wenn es welche gab, dann lebten die in speziellen Wohnheime. (Jedenfalls meine ich mich entsinnen zu können.)
    Ich denke, dass dies der Grund ist, warum Fremdenhass in Ostdeutschland auf breite Zustimmung trifft. Zumindest ist es das, was ich denke.
    Möglicherweise ist dieser Fremdenhass ein Erbe der DDR!

  • Ich denke, dass dies der Grund ist, warum Fremdenhass in Ostdeutschland auf breite Zustimmung trifft. Zumindest ist es das, was ich denke.
    Möglicherweise ist dieser Fremdenhass ein Erbe der DDR

    Bevor man so einen Unsinn von sich gibt, lieber mal die Bappe halten, wenn man keine Ahnung hat.
    Waren Schweden, Österreich, Niederlande, Grossbritannien auch abgekapselt oder wie erklärst du den ansteigenden Fremdenhass in diesen Ländern?

  • Bevor man so einen Unsinn von sich gibt, lieber mal die Bappe halten, wenn man keine Ahnung hat.

    ...schrieb das lebende Fallbeispiel.


    Was an der DDR als Internationalismus verkauft wurde, entspricht eigentlich den heutigen rechten identitären Bewegungen. Die sozialistischen Staaten waren zwar Bruderstaaten, jedoch kam es nur zu wenigen Mischungen; die Kulturen blieben auf die jeweiligen Länder begrenzt. Nach wie vor hält sich auch der Mythos, dass die DDR einen konsequenten Schlussstrich gezogen hätte. Das ist nicht wahr, es gab bereits in den 50ern eine Entwicklung, dass immer mehr Altnazis in die Verwaltung gelangt sind. Trotzdem konnte man den Nachbarstaat BRD als Faschistenstaat darstellen. Diese Darstellung trifft leider in großen Teilen zu, nur sollte er von der DDR eben nicht erhoben werden.
    Dazu kommt, dass der Stalinismus einen unglaublichen Fremdenhass und Antisemitismus/Verschwörungsglauben mit sich gebracht hat.


    Ich denke, man muss das relativieren: Rassismus ist ein menschliches Problem und kommt in jeder Gesellschaft vor. Tritt er irgendwo verstärkt vor, so muss die Frage nach dem Grund gestellt werden. Es ist sicherlich kein Zufall, dass im Osten der Republik mehr rechts gewählt wird als anderswo. Die Gründe liegen meines Erachtens nicht so sehr im Finanziellen, eher im Historischen.
    Die DDR und der dort verübte Stalinismus light sind übrigens auch eine Stütze der oft geschmähten Totalitarismustheorie: Es zeigt sich, dass die linken Staaten dieser Welt geeint waren durch antisemitischen Verschwörungsglauben und identitären (Inter-)Nationalismus. Diese Ideologie ist heute noch weit verbreitet, auch in den westlichen Staaten. Der grundsätzlich linke Wunsch nach Gerechtigkeit geht über in die Suche nach Schuldigen und driftet leicht in den Verschwörungsglauben ab.
    Ein gutes Beispiel ist dafür das Vorstellungsvideo des NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt. Er heißt die Menschen darin willkommen in einem Europa, in dem angeblich Banken regierten und über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden. Genauso könnte sich beispielsweise eine Sahra Wagenknecht ebenfalls vorstellen, genauso wie die MLPD und andere linksextreme Kräfte. Sind das wirklich entgegengesetzte Extreme? Meinen sie damit wirklich unterschiedliche Dinge? In meinen Augen unwahrscheinlich.

  • Es gab dort wenig Ausländer/fremde und wenn es welche gab, dann lebten die in speziellen Wohnheime. (Jedenfalls meine ich mich entsinnen zu können.)

    Wenn dein Alter richtig angegeben ist, warst du zur Wendezeit drei oder so. Erzähl doch genauer, woran du dich meinst zu entsinnen. :huh:



    Die sozialistischen Staaten waren zwar Bruderstaaten, jedoch kam es nur zu wenigen Mischungen; die Kulturen blieben auf die jeweiligen Länder begrenzt.

    Ja. Mit dem Satz sagst du im Bezug auf Fremdenhass was genau aus? Bzw. bist du der Ansicht, dass es aus diesem Grund zwangsläufig zu Fremdenhass kommen muss?

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

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