Erleuchtet - Spieletopic

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Ganz so unschuldig war die Kleine wohl doch nicht, immerhin konnte sie recht zickig werden. „Krieg dich wieder ein, ich habe nie behauptet, dass ich andere Leute wertlos finde, es war nur eine Anmerkung.“, merkte Marika beinahe genervt auf die Anschuldigung ihrer Zimmergenossin, die erstaunlich schnell wieder still und schüchtern geworden war, an. „Aber du hast recht, was passiert ist, ist für die Meisten keine Realität. Aber es ist sie! Die Menschen sind eben nicht allein.“ Ihr Blick fiel auf die blutige Lippe der anderen. „Das solltest du im Ernstfall nicht machen. In dem Punkt sind sie wie Haie, wenn sie Blut wittern, knallen bei ihnen sämtliche Sicherungen durch. Und was soll eigentlich dieses übertrieben höfliche Gelaber? Ich bin ja jetzt wirklich nicht so alt, dass man mir so kommen muss.“, meinte sie, jetzt allerdings nicht mehr so friedlich, wie zuvor, ehe sie ihre Stimme wieder beruhigte, „Das ‚Vieh‘ war ein Dwuochsé, allerdings noch ein Jungtier ich würde sagen, in Menschenjahren etwa fünfzehn. Diese netten Kuscheltierchen sind die Dämonen aus den Geschichten, die man gewöhnlich kleinen Kindern erzählt, um ihnen Angst zu machen. Leider sind diese Wesen nun aber kein Aberglaube, sondern blanke Realität. Sie fressen Menschenfleisch und können sich für Menschen unsichtbar machen.“ Ein bitteres, leicht ironisches Grinsen umspielte ihre Mundwinkel. „Du kannst mir glauben, dass es äußerst unangenehm ist, von ihren Krallen oder Zähnen erwischt zu werden.

    OT: Na, wenn die die Böse willst, bekommst du sie auch :P soll mir recht sein.

    Öffne die Pforte, durchschreite das Tor und betritt eine Welt, wie du sie dir in deinen kühnsten Träumen vorgestellt hast. Eine Welt, in der Wunder Wirklichkeit und Kinder nie erwachsen werden.
    Doch ohne Hilfe werden die Traumlande schon bald vom Albtraum regiert, den die bösartigen Nachtmahre sind mächtiger als je zuvor.


    Das Abenteuer und der Kampf um die Welt der Träume hat begonnen!
    The endless Night of Dreams

  • Schließlich saßen sie alle im Auto. Nun würde es also losgehen.
    Unentschlossen schweifte Cleas Blick durch das Auto und blieb schließlich an ihrem T-Shirt hängen. Nahe am unterem Saum pragte ein Tintenfleck. Wo dieser herkam, war ihr schleierhaft.
    Plötzlich schoss ihr das Blut in den Kopf. Sie hatte sich ihrem Sitznachbarn noch gar nicht vorgestellt. Vorsichtig schielte sie zu ihm herüber. 'Tja. Am Besten wäre es wohl, wenn ich mich einfach jetzt vorstelle' Sie drehte sich in seine Richtung und streckte ihm die Hand hin. "Sorry", nuschelte sie, "ich bin Clea"


    *****


    Lange hatte es gedauert, bis die Truppe wieder aus dem Haus gekommen war. Cheja hatte sich die Zeit vertrieben, um über das merkwürdige Mädchen nachzudenken, das ihn so gar nicht abschreckte. Ganz und gar nicht: Sie wirkte offen, freundlich und vor allem nett. Als sie sich dann auch noch bei ihm vorstellte, war Cheja völlig perplex.
    "Sorry, ich bin Clea", sagte sie leise und etwas schüchtern.
    Cheja verstand nicht ganz, was sie damit meinte, doch er schaute halb zu ihr hinüber. "Hallo", er hoffte, dass er sich richtig vorstellen würde, "Cheja heiße ich", und er schaute wieder weg.Völlig komisch war es für ihn, auf einmal mit so vielen Menschen zusammenzusein, die alle eine Sprache sprachen, die er kaum beherrschte. "Im Gefängnis warst du auch?!", fragte er, weil er merkte, dass das Gespräch abzubrechen drohte.


    *****


    Cheja hieß er also. Er schin nicht zu verstehen, was ihr peinlich war. Umso besser. "Ich?! Im Gefängnis? Nein, war ich nicht. Du etwa?", erwiederte sie. Was hatte er angestellt? Sollte es ihr nicht behagen, neben einem Verbrecher zu sitzen? Ach was. Idealistische Gesellschaft. Das hieß ja nicht, dass er gefährlich war. So wirkte er nicht. Aber sein Deutsch war etwas gebrochen.


    *****


    "Ja, ich war in Gefängnis", antwortete Cheja ihr. Ihn wunderte es, dass sie auch auf eine Einrichtung gebracht wurde, die für Jugendliche wie ihn war. Sie wirkte ganz und gar nicht böße oder sogar gewalttätig. "Warum tust du mitkommen?", fragte er sie anschließend. Die beiden Personen auf den vordere Plätzen sagten hingegen weiterhin nichts. "Du tust nicht aussehen, wie jemand schlimmes."


    *****


    "Ich komme mit, weil dort noch mehr Leute sein sollen wie du und ich", erklärte sie. Dann fragte sie nach vorne: "Erleuchtete, richtig?"
    Alicia antwortete: "Ja!"
    "Und da will ich mir das mal angucken. Wenn es da schön ist, bleibe ich", erklärte sie weiter.
    'Sind die Anderen wohl auch so wie Simon und Cheja?'


    ****


    Das Mädchen redete anscheinend von etwas ganz anderem. Erleuchtet? Davon hatte Cheja noch nie etwas gehört - und er konnte sich auch nichts darunter vorstellen.
    "Was ist das?", fragte er. Ihm schien etwas entgangen zu sein, oder er hatte etwas einfach nicht richtig verstanden.


    *****


    "Das weiß ich auch nicht so direkt. Ich finde einfach den Begriff schön. Erleuchtet ... wir tragen Lich in uns ...", driftete sie verträumt ab. Dann kam sie wieder zum Thema zurück.
    "Alicia hat mir erzählt, wir können nicht gut mit Menschen. Und wir haben wohl alle Fähigkeiten ...", gab sie ihr bisheriges Wissen preis. Eigentlich ... wäre es durchaus interessant, mehr zu wissen ...


    *****


    Chejas Kopf wurde heiß. Er verstand das Mädchen nicht ganz; er wusste nicht, was sie meinte. Licht? Nach Chejas Verständnis dürfte Licht eigentlich nicht "in jemanden" sein. Und die Fähigkeit? Die Fähigkeit, immer in Ärger zu gerate?
    "Eigentlich ist es ganz einfach", tönte es von vorne. Alicia began, zu den beiden Passagieren zu sprechen. "Ich bringe euch in eine Privatschule, die für euch Erleuchtete ist. Erleuchtete, das seid ihr mit eurem Zeichen. Auch Simon hat eines. Ihr alle seid ganz besondere Mensche mit Kräften, die euch auszeichnen. In der Schule dürft ihr bleiben, so lange ihr wollt. Es ist wohl offensichtlich, dass ihr mit gewöhnlichen Menschen nicht gut zurecht kommt. Dort werdet ihr jedoch nur Erleuchtete finden. Ihr alle seid dort willkommen und dürft euer Leben führen. Ich will euch zu nichts zwingen, doch in der Schule seid ihr im Moment bestimmt am sichersten aufgehoben. Ihr finde dort Betten, ihr bekommt regelmäßig etwas zum Essen, ihr dürft trainieren, eure freie Zeit genießen, alles machen, was euer Herz begehrt." Damit endete ihre kurze Einführung.
    In Chejas Kopf hämmerte es nur so. Völlig unerwartet kam diese Erklärung, die für ihn auch überhaupt keinen Sinn machte. Er hatte wieder Angst, etwas nicht ganz richtig verstanden zu haben. Sitzt er nun in einem Auto, dessen Fahrer er vertrauen kann? Sollte er sofort aus dem Wagen springen? Oder vielleicht dann wegrennen, wenn sie angekommen wären? Er zog sich in seine Kopf zurück, dachte über das Verstandene nach. Er wollte nun nicht mehr sprechen.


    *****


    Cheja schien nachzudenken. Sie konnte das nicht, war viel zu aufgewühlt - und müde. Unverständlich, wie sie in diesem Moment an so etwas denken konnte. Sie holte ihren MP3-Player aus der Hosentasche und startete ihre Lieblingsplaylist. Abwesend beobachtete sie die Landschaft, die an ihnen vorbeiglitt. Langsam wurde sie schläfriger. Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Karosserie - oder wie auch immer man diesen Teil des Autos nannte. Kurz nickte sie weg, bis Alicias Stimme sie hochschrecken ließ. Sie wären so gut wie da, hieß es.


    So, dann melden sich die Neuankömmlinge auch mal zu Wort. Ein klitzekleiner Gemeinschaftspost vom Apollonia und mir. Wir haben an dem Punkt eine Schnitt gemacht, weil vielleicht Alicia nun etwas sagen wird (!?) und unsere Wege sich womöglich trennen werden^^

  • 1 Monat. 1 Monat, 2 Wochen, 5 Tage.
    Vor genau fünfzig Tagen hatte sich Aurore Leilani Sejais Leben auf ewig verändert.


    Schnee tobte an jenem Tag, so wie eigentlich immer. Seit sie denken konnte, und das war immerhin seit etwa 15 Jahren der Fall, gab es keinen Tag, an dem sich keine Schneeflocke auf den weißen Boden verirrte.
    Aurore wischte sich beiläufig eine Strähne ihres weißen Haares aus dem Gesicht, die goldgelben Augen unter den dunkel getönten Brillengläsern ein wenig zusammengepresst.
    Für sie war die Umgebung kein endloses Meer aus gefrorenem Wasser, für sie war es blau und grün und rot.
    Und Rot war die Farbe, die ihr bei der Jagd am besten gefiel.
    Roe schulterte das Jagdgewehr neu, ließ eine Hand an ihre Seite gleiten um die spitze Form ihres Messers fühlen zu können. Gut, es war noch da. Dann konnte es ja losgehen.
    Vorsichtig, ohne ein Geräusch zu machen- der Wind trug die den Klang des knarzenden Schnees geradewegs zum Beutetier, das sich noch in Sicherheit wiegte, eigentlich keine optimale Ausgangsposition- legte sie sich auf den blau schimmernden Boden. Langsam robbte sie vorwärts, behielt die Robbe dabei im Blick. Den Konturen nach zu urteilen war es ein erwachsenes Tier, wohlgenährt. Es war im Inneren dunkelrot, die Farbe verlor sich nach Außen in helles violett. Wenn die Hitze so gut im Körper gespeichert wurde, sprach das für einen hohen Fettanteil. Roe erlaubte sich ein kurzes Grinsen. Das würde ein Festmahl werden.
    Schnell legte sie das Gewehr an, das Auge kurz hinter dem Visier. Sie manövrierte das Fadenkreuz direkt zur roten Ausbuchtung, die sich immer mal wieder bewegte. Das war mit neunzig pronzentiger Sicherheit der Kopf der fetten Robbe. Langsam legte sich ihr Zeigefinger um den Abzug. Nicht zu hektisch. Langsam und vorsichtig, sie wägte sich noch in trügerischer Sicherheit.
    Ein Knall, ein kurzes Bewegen des Kopfes, dann war es vorbei.
    Roe schulterte ihr Gewehr mit einem zufriedenen Lächeln, stapfte durch den blauen Schnee und versuchte, nicht in Hügel und Löcher zu treten. Sie musste sich beeilen, wenn sie ihre Beute nicht an andere Tiere verlieren wollte. Nicht, dass sie es nicht mit einem Polarfuchs oder einem Eisbären hätte aufnehmen können, aber die Gefahr, verletzt zu werden, war einfach viel zu groß. Und sich blutend durch die eisige Wüste Fortlands zu schleppen war ein geradezu sicheres Todesurteil. Das Leben hier draußen war hart, und die Tiere schienen Blut über Kilometer hinweg riechen zu können.
    Das Mädchen schloss die gelben Augen fest, konzentrierte sich für einen Moment und öffnete sie dann wieder. Ihre Lieder flatterten, als hätten sie einen Wackelkontakt, bis sie sich wieder an das Weiß des Schnees gewöhnt hatte. In ihrer normalen Sicht, wie jeder Mensch die Umgebung sah, war es einfacher für sie, den Rückweg zu finden. Mit einem Blick in den Himmel mit all seinen dicken Flocken trieb sie sich zur Eile an. Die tiefen Furchen, wie Narben im Schnee, würden nicht lange bleiben.
    Sie sah kurz auf die Robbe mit den trüben, schwarzen Augen hinunter. Ein Loch prangte auf ihrer Stirn, kleine Rinnsale roter Lebenssaft färbten das struppige Fell in eine dreckige Kruste.
    Nicht ganz mittig. Kein guter Treffer. Aber zumindest tot war sie sofort gewesen.
    Aurore legte ein Seil, dass an dem Gürtel ihrer Jacke hing, um den Hals der Robbe und verknotete ihn, zog probeweise ein paar Mal daran. Er hielt stand, und Roe bewegte sich vorwärts.
    Das Silbermesser war heute nicht zum Einsatz gekommen.
    Mit einer Hand schleppte sie ihre Beute hinter sich her, mit der anderen hielt sie den Riemen des Gewehrs.
    Alles war blieb, war ein kleines Tropfen Blut, dort wo die Robbe ihren letzten Atemzug gemacht hatte.


    Es dauerte nicht lange, da entdeckte sie die verschneiten Konturen ihres Elternhauses. Fenster und Türen waren geschlossen, aber sie konnte Rauch aus dem Schornstein kommen sehen. Nur noch wenige Meter, bis sie wieder in ihr Zimmer gehen konnte, und die Schneeflocken ihr nicht die Sicht nahmen.
    Jagen machte ihr Spaß. Aber es war fürchterlich anstrengend.
    Roe ließ den Körper der Robbe vor der Türe fallen und schlug drei Mal fest mit ihrer behandschuhten Hand dagegen. Es dauerte nicht lange, da öffnete sie sich, und Roe drängt sich an ihrer Mutter vorbei in den warmen Eingangsraum. Ihre Brille beschlug und nahezu blind hängte sie Jacke und Hose auf, legte die Maske aus schwarzem Stoff, die ihren Mund und Nase verdeckte, auf die Kommode, und stellte die Stiefel zum trockenen auf. Ihre Mutter steckte den Kopf von draußen hinein und begrüßte sie lächelnd, Schwester über Schwester eilte zum Eingang, um den heutigen Fang in die Küche zu tragen.
    „Du solltest ins Wohnzimmer kommen“, murmelte Raihji, die Älteste, leise, als sie vorbei kam. „Da ist jemand für dich. Vater unterhält sich schon eine Weile mit ihnen.
    Und tatsächlich erwartete man Aurore schon.
    Auf dem Sofa, dass dem Kamin am nächsten Stand, saßen zwei dick vermummte Gestalten, beide noch einmal in Decken gehüllt. Sie zitterten trotzdem.
    Gute Jagd, Leilani?“, brummte ihr Vater, ohne sie anzusehen. Er war der Einzige, die sie bei ihrem Zweitnamen nannte.
    Eine fette Robbe. Sie hat mich bis zum Schluss nicht bemerkt“, antwortete seine Tochter ihm, ohne die beiden Fremden zu begrüßen. Aurore war Menschen gegenüber schon immer misstrauisch gewesen, ganz besonders aber denen, die sie nicht kannte. Sie fühlte sich wie ein Tier, in dessen Revier sich ein starker Feind geschlichen hatte.
    Das ist sie“, hörte sie die kleinere Gestalt murmeln. Aurore konnte durch das Gewirre von Decke und Pullovern ein paar goldbraune Strähnen ausmachen, und dunkle, blau graue Augen, die sie ununterbrochen musterten. Für einen Moment erwiderte das Mädchen seinen Blick, dann zog die größere Gestalt ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    Bist du dir sicher?“ Aurore hörte, dass es sich um eine Frau handelte, der Stimme und dem kleinen Ausschnitt Gesicht nach zu urteilen konnte sie nicht sehr viel älter sein als Mitte zwanzig. Der kleine Junge nickte, starrte sie noch immer an. Langsam wurde ihr unwohl.
    Das hier, Tochter“, sprach ihr Vater sie schließlich an. „Das hier sind Alicia und Simon Young.
    Aha“, entgegnete Aurore schlicht. Sie wusste nicht, was sie sonst sagen konnte.
    Sie sind gekommen, um dich mitzunehmen.


    Was folgte war ein langes Gespräch zwischen ihrem Vater und ihr selbst, wobei Alicia immer wieder zwischendurch Dinge einwarf, wenn ihr Vater sich nicht gut ausdrückte.
    Im Grunde sollte Roe nach Amruo, und dort die Morgan-Fox besuchen.
    Es ist ein ganz besonderes Institut. Etwas Besonderes für jemand Besonderen“, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln in ihre Richtung. Roe nickte und nippte an dem dünnen Tee, den ihre Mutter gebracht hatte. Sobald die das Tablett abgestellt hatte, hatte sie ihrer Tochter noch einen kurzen, tieftraurigen Blick zugeworfen und war dann durch die Tür verschwunden.
    Sie sagen besonders“, meinte Roe mit einem klar hörbaren Akzent. Sie hatte ich die Sprache selbst beigebracht, aus ein paar der Büchern, die ihre Eltern ihr aus der nächstgrößeren Stadt mitbrachten, um ihren Mangel an körperlicher Nähe zu kompensieren. „Aber was genau ist besonders?
    Ihr Vater hatte den Blick gesenkt. Alicia hatte mit ihm in gebrochenem Fortland gesprochen, aber jetzt, da das Gespräch in Amruos Landessprache weiterging, verstand er kein Wort.
    Alicia wirkte für einen Moment dadurch aus dem Konzept gebracht, dass Roe ihre Sprache sprach, lächelte dann aber.
    Er versteht nichts, oder?“, meinte sie mit einem Nicken in die Richtung ihres Vaters, der mit seinen geschlossenen Augen aussah, als würde er schlafen. Roe schüttelte den Kopf.
    Nun, im Normalfall sind Leute wie du auffälliger, da ihr aber… fernab der Zivilisation lebt- was es uns nebenbei auch nicht leicht gemacht hat, euch zu finden- kam es bei dir nicht zu Zwischenfällen“, begann sie zu erklären. Roe schaffte sich in Gedanken Klarheit darüber, was diese merkwürdige Frau, die aus heiterem Himmel hier auftauchte, zu sagen versuchte.
    Deswegen geben wir Morgan-Fox im Fall deiner Eltern als Elite-Schule aus. Du sollst sehr intelligent sein, habe ich gehört.
    Stimmt“, gab Roe schlicht zurück. „Leute wie ich also. Wie wird ihnen Morgan-Fox erklärt?“
    Menschen wie dir sagen wir natürlich die Wahrheit. Aber für alle anderen Uneingeweihten ist Morgan-Fox eine Besserungsanstalt für jugendliche Kriminelle. Wenn sie nur wüssten, wie weit sie daneben liegen“, lachte Alicia trocken auf.
    Gut, was ist es denn dann?“ Langsam spürte Roe, wie ihre Kehle trocken wurde. Alicia hatte etwas an sich, was sie bisher nie bei jemandem wahrgenommen hatte. Es war bereits eine Stunde vergangen, und in keinem Moment hatte sie das Bedürfnis gehabt, sich in ihrem Zimmer zu verstecken, so, wie sonst immer. Diese Frau begriff, dass Roe nicht war wie ihre Schwestern. Sie wusste, dass sie etwas Besonderes war, etwas hatte, was sie von anderen, gewöhnlichen Menschen unterschied.
    Du, meine Liebe, bist eine Erleuchtete. Du besitzt ein Mal irgendwo an deinem Körper, dass weder eine Narbe ist, noch von Geburt an da war. Etwas, das vor fünfzehn Jahren urplötzlich aufgetaucht sein muss.“ Alicias Blick folgte Aurores unbewusster Handbewegung zu ihrem Pulli. Unter diesem, rings um den Bauchnabel herum, hatte sie das Zeichen einer Schneeflocke. Wie eintätowiert, aber wesentlich kunstvoller, als es einer der Idioten aus der Stadt hätte machen können. Die Braunhaarige lächelte zufrieden und legte den Arm um ihren kleinen Begleiter. Der schob kurz die Hände unter der Decke hervor und zog die Ärmel des Pullovers zurück. Auf seinen Handflächen waren ebenfalls Symbole, zwei schneeweiße Spiralen. Es sah so viel anderes aus als ihr eigenes, aber Roe wusste, dass Alicia nicht log. Dieses Zeichen verband sie und den kleinen Jungen.


    Aurore öffnete die Augen. Das Rattern der Klimaanlage war wie üblich so unregelmäßig, dass es fast schon einen Rhythmus ergab, die Vorhänge ihres Zimmers blieben geschlossen. Ihre Decke hatte sie ans Ende des Bettes getreten, den Körper drängte sie allerdings so dicht aneinander, mit den Knien schon fast an der Stirn, dass sie sich erst einmal strecken musste, bevor Aurore sich aufrichten konnte. 50 Tage schon war es her, seit Alicia und Simon sie in Fortland besucht hatten. 48 Tage, seit sie sich entschieden hatte, ihrem Aufruf zu folgen und mit ihnen zu kommen, 45 Tage, seit sie hier in Morgan Fox war, der Besserungsanstalt.
    Ihre Gelenke knackten wie überbrechendes Eis, als Roe sich aufrichtete, mit den nackten Füßen den Boden berührte. Ihr Zimmer war angenehm kühl, so wie ihr eigenes zu Hause. Nur brauchte sie da keine Klimaanlage, um es bei angenehmen 19 Grad zu halten, ganz im Gegenteil. Da war sie froh gewesen, wenn die Wärme des Kamins es bis in ihr Zimmer schaffte.
    Hier in Amruo herrschten gänzlich andere Temperaturen, und schon an ihrem ersten Tag hier hatte sie zweimal kurz vor einer Ohnmacht gestanden, und sie war den ganzen Tag mehr durch die Gegend getorkelt als gegangen. Von der Sonne ganz zu schweigen. Die hatte ihr die Haut so stark versengt, dass sie ausgesehen hatte wie ein Krebs.
    Roe schlüpfte aus ihrer Unterwäsche (mehr trug sie beim Schlafen nie, da es ihr einfach zu warm war) in den simplen, schwarzen Bikini und rieb sich erst einmal komplett mit Sonnencreme ein. Die ließ sie kurz einwirken, wusch sich das Gesicht (welches eine Sonderbehandlung zum Schutz gegen den dämlichen Feuerball bekam) und kämmte sich die seidigen, weißen Haare. Den kurzen Schopf band sie sich zu einem Zopf zusammen, die langen Strähnen wickelten sie ums Zopfgummi. Über das Schwimmdress, das schon an Farbe verlor, weil sie es so oft benutzte, zog sie ein leichtes Top und kurze Hosen, dazu Flip-Flops, da sie eh nicht vorhatte, diese lange zu tragen. Mehr oder weniger direkt vor dem Wohnhaus, das sie mit zusammengekniffenen Augen verließ, befand sich der Pool. Schnell zog sie sich die Klamotten wieder aus, legte ihre Tasche und ein Handtuch zusammen an den Rand und stürzte herein.


    Das kalte Wasser war für Aurore eine Wohltat. Ohnehin war es für sie selbst zu den kältesten Zeiten des Jahres in Amruo wohl viel zu heiß, schenkte man den Statistiken zur Temperatur in der Bibliothek Glauben, deswegen war sie wegen des gekühlten Pools äußerst dankbar.
    Sie tauchte einmal kurz auf um Luft zu holen und setzte sich dann auf den gefliesten Grund, wo sie so lange blieb, wie der Atem es ihr erlaubte. Dann tauchte sie wieder auf, holte wieder auf, und setzte sich wieder. So verbrachte sie gut eine drei Stunden des Tages, manchmal mehr, wenn es ihr zu heiß wurde und sie merkte, dass Schwindel sie überkam.
    Irgendwann hatte sie schließlich genug, stemmte sich aus dem Becken und trocknete sich nur ein wenig ab. Sie zog sich wieder an, legte das feuchte Handtuch über ihre Schultern und die Tasche hing sie sich ebenfalls um, ließ dabei die Hand darin versinken und fand schließlich das, was sie suchte.
    Als sie die pastellfarbene Packung öffnete, strömte süßlicher Geruch daraus. Sie nahm einen Bissen und seufzte zufrieden, als die Schokolade in ihrem Mund schmolz.


    Wenig später war sie zu den Beeten gewandert. 45 Tage, und sie hatte noch immer nicht alle Pflanzensorten im Gedächtnis. Es war fast schon ein bisschen beschämend.
    Sie pflückte die weißliche, kleine Blüte, die in dieser Reihe überall gewachsen war, drehte sie zwischen den Fingern, roch daran, fuhr mit der Zungenspritze darüber. Nein, da klingelte nichts.
    Seufzend schloss Aurore die Augen.
    Also wieder in die Bibliothek.


    Die Bibliothek wäre wohl ihr Lieblingsort gewesen- wenn man mal vom Pool absah- nur dummerweise war es darin fürchterlich stickig und warm, was es ihr unmöglich machte, lange darin zu bleiben. Sie nahm einen tiefen Atemzug, bevor sie die Tür öffnete und hineinschritt.
    Es war nicht sonderlich voll, was sie auch nicht wirklich wunderte. Das war es nie gewesen. Sie entdeckte ein oder zwei Erleuchtete, die sie vom Sehen kannte, mit denen sie aber noch nie gesprochen hatte. Aurore fiel es nicht leicht, mit anderen Leuten außer Alicia, eventuell noch Simon zu reden. Sie hatte einfach nicht gelernt, wie man ein Gespräch führt.
    Sie nickte der Bibliothekarin zu, eine Geste, die sie sich von anderen abgeschaut hatte, und in Amruo wohl „Hallo“ bedeutete, dann ging sie in den Gang, in dem sie sonst immer das Buch über Botanik fand.
    Wie gesagt, sonst immer, jetzt eben nicht. Aurore dachte einen kurzen Moment nach. Außer ihr hatte das Buch bisher keiner angerührt, dem Staub nach zu urteilen, der sich darauf befanden hatte, als sie es zum ersten Mal hervorgeholt hatte, deswegen ging sie nicht davon aus, dass es jetzt jemand mitgenommen hatte. Roe streckte ihren Kopf um die Beschriftung des Regals zu sehen.
    Doch, eigentlich hätte es hier stehen müssen.
    Da fiel ihr ein, was beim letzten Mal passiert war. Versunken in das Buch mit den vielen, akkuraten Zeichnungen gewöhnlicher Pflanzen, hatte sie gar nicht gemerkt, wie es ihr zunehmend schlechter gegangen war. Da hatte sie das Buch einfach liegen gelassen, und war aus dem Raum gestürzt, zurück in den Pool, wo sie sich dann erst wieder abgekühlt hatte.
    Und der Ort, wo sie gelesen hatte…


    Aurore ging aus dem Regalgang heraus und sah zu den Fenstern. Irgendwo hier hatte sie gestanden. Es war der mittlere Gang gewesen, das vierte Fenster vom Eingang aus. Und genau da, wo sie den Einband ausmachen konnte, standen zwei Personen, die sie noch nie gesehen hatte und unterhielten sich. Für einen Moment zögerte sie, dann ging sie auf Fenster zu, langte mit dem Arm durch die Lücke zwischen dem Mädchen und dem Jungen, drängte sich noch etwas weiter dazwischen, weil sie nicht herankam, und bekam das Buch endlich in ihre Finger. Sie blieb auf der Stelle, also gleich zwischen ihnen, stehen und betrachtete die Blume, die sie noch immer in den Fingern hatte. Dann öffnete sie das Buch, schlug Seite um Seite, schüttelte leise murmelnd den Kopf, wenn die abgebildete weiße Blume nicht dieselbe war wie die, die sie zwischendurch immer mal wieder ansah. Irgendwann hellte sich ihre Miene auf.
    Aha. Kartoffel.“, verkündete sie zufrieden, eher an sich selbst adressiert, klappte das Buch zusammen und bemerkte dann die Blicke der beiden, zwischen denen sie noch immer stand. Beide hatten ein wenig Platz gemacht und musterten sie.
    Musste etwas nachschlagen“, erklärte sie nüchtern. Da fiel ihr auf, wie fremdartig die junge Frau aussah. Sie hatte Bilder gesehen von Mädchen aus Ardona, die ähnlich aussahen. Roe war nur ein wenig größer als sie, dabei schien sie aber älter zu sein. Neugierig betrachtete Aurore die Neue, nicht weil sie komisch aussah, sondern einfach, weil sie noch nie jemandem aus Ardona in Natura gesehen hatte. Ihr Wissendurst machte sich bemerkbar.
    Seid neu hier?“, fragte sie, eher an das Mädchen, aber auch an den Jungen, da selbst sie wusste, dass es unhöflich war, jemanden auszuschließen. Hieß nicht, dass sich Aurora auch zu ihm wandte. Ihre Aufmerksamkeit galt ganz alleine der Dunkelhaarigen. „Woher kommt ihr?“



    OT: So, das war mein Einstiegspost. Sheewa hat mir per PN schon mitgeteilt, dass ich dabei bin, stehe zwar beim Anmeldetopic noch nicht drin, aber weil sie mir selbst gesagt hat, dass ich loslegen darf, sollte das klar gehen.
    Ich hoffe, dass ich mich nicht zu sehr hineindrängle, ich habe nur die letzten zwei Seite quergelesen und dachte mir, dass die Bibliothek ein guter Ort zu Einstieg wäre. Ich hoffe das ist okay für MentalChocobo und Chao.
    Meine Charafarbe wäre dann #990099, sofern die noch keiner hat. Beim letzten Mal nachschauen, meine ich, dass keine sie gewählt hätte.
    EDIT: Okay, SiJAVB ist mir zuvor gekommen. Ich habe noch einmal nachgeschaut und gesehen, dass #ff99ff nicht verwendet und auch erlaubt ist. Ich hoffe, das geht klar, viel bleibt ja sonst nicht mehr übrig. In meinem Stil (B/W Weiß) ist es ganz gut zu lesen.

  • Wieder einmal war Zanza wild dabei, seine Tarotkarten zu mischen, wobei sein Blick nervös von einem Erleuchteten zum anderen. Nun, da sowohl die Panik ausgelöst durch den Angriff als auch die Euphorie des Treffens verflogen waren, kam es nun vollends in seinem Unterbewusstsein an, dass er umringt war, von fremden Leuten und gleich mit dem Gedanken erreichte ihn auch die Nervosität. Das tröstende Gewicht der goldenen Spinne half ihm wie immer die Nervosität runter zu schlucken, doch seine Hände konnte er trotzdem nicht ruhig halten. Die anderen Insassen nutzten die nun endlich ruhigen Minuten, um die frische Vergangenheit zu verarbeiten und der Wahrsager konnte ihre aufgewühlten Gedanken und Gefühle nur erraten. Worum sie sich meistens drehten war dabei so offensichtlich, als stände auf jeder Stirn, aber was genau die innerliche Reaktion auf die sogenannte 'Superheldenschule' (das 'Rad' lies das Äquivalent eines menschlichen Schnaubens hören und in das Lächeln des Kartenlegers sprang ein Funken Amüsement ein) konnte man nur bei einigen ablesen. Zumindest verschwand keiner der Malträger, was in Zanza's Brust für erfreutes 'Aufhüpfen' sorgte. Beiläufig zog er wie von Bruno gewünscht den Vorhang zu, während die Irrlichter um ihn herum in der Dunkelheit nur noch deutlicher sichtbar waren. Die anderen werden unruhig murmelte die Stimme von Nr. 10 in sein geistiges Ohr, während der physische Körper auf den Sitzen hin und her huschte, um sich einen Überblick über die neuen Gesichter zu verschaffen. Jetzt wo eine Form so nahe ist, wird das Verlangen nur größer. „Es lässt sich leider nicht beschleunigen“, erwiderte der Nekromant mit einem leichten Hauch von Schuldgefühl, während er mit dem Mischen innehielt und sanft, fast schon liebevoll, über den Rücken der obersten Karte strich. „Eine Reise, gerade die eines Narren, kann eben nur Schritt für Schritt stattfinden, auch wenn die Ordnung ausbleibt.“ Dass er dabei wirkte, als rede er mit sich selbst interessierte Zanza nicht wirklich.


    Da die jungen Leute nach der überstandenen Gefahrenlage schlecht die ganze Nacht auf der Autobahn verbringen konnte und auch ihr Busfahrer keine Ausdauer für eine 10-Stunden-Fahrt hatte, machte der Bus an einer Raststätte halt, um ihre Körper zu befriedigen. Zanza erhob sie zügig aber ruhig von seinem Sitz und verstaute seine Karten wieder in seinem Ärmel. Die goldene Spinne platzierte sich auf seiner Brust was zusammen mit seiner Kleidung ziemlich gut als Cosplay durchging, was zwar in diesen Regionen zwar unüblich war, aber immer noch besser als eine riesige 'lebende' goldene Spinne. Sein immer noch leuchtendes Auge verdeckte er dabei so gut es ging mit seinen dichten blauen Haaren. Die Irrlichter verließen den Bereich seiner Kraft, in dem sie sichtbar für andere wurden.


    Nachdem sein Körper hinreichend entleert war, dies war mit seinen typischen Gewändern schon eine Kunst für sich, besorgte er sich ein Mal, das gerade so groß war wie er es seinem Magen zutraute. Glücklicherweise hatte Alicia Simon genug Geld mitgegeben, um für sie alle zu bezahlen uns einige nutzten dies ganz ohne Schahm aus. Im Bus erwies sich das Schlucken als das größte Hindernis bei der Nahrungsaufnahme, da dem Wahrsager jedesmal ein Bild von der toten Bestie hochkam und damit auch wieder die Erinnerung an den Terror, was ihm selbst in der Erinnerung den Hals zuschnürte. Nachdem aber doch endlich sein Magen zufrieden gestellt war, nahm sich der Kartenleger am Beispiel einiger Vorgänger und legte sich zur Ruhe, trotz der relativen Sicherheit dankbar für einen stillen Wächter.


    Am nächsten Morgen (ganze drei Stunden später, man beachte den Sarkasmus auf dem 'ganze') sollte die Fahrt nach der Proviantbeschaffung weitergehen, was genauso ablief wie am Vortag, sah man von dem anderen Angebot ab. Zanza verzehrte bereits im Gehen das erste seiner gekauften Brötchen, was nach dem Schlaf wesentlich besser funktionierte als vorher, auch wenn seine Gedanken immer noch an den Ereignissen hingen. Allerdings kamen auch so langsam Überlegungen und Vermutungen über die Zukunft hinzu, die sich vor allem über die neuen Mitglieder seiner Familie drehten, sofern sie den blieben, und ihre zukünftige 'Aufgabe'. Leider drückte damit auch die Furcht vor einer ganz bestimmten Zukunft auf sein Gemüt. Er schüttelte den Kopf um davon los zu kommen.


    Wie viele bleiben wohl, wenn si genau davon hören? murmelte das Rad in einem sachlichen Tonfall, was ganz leicht in Spott hätte fallen können. Der Nekromant hielt kurz vorne im Bus inne und legte eine Hand nachdenklich ans Kinn. Er schluckte. Vielleicht sollte man sich doch bereits etwas bekannt machen, auch wenn er es eigentlich erst in der Anstalt vorgehabt hatte. Da er einer der letzten war, die einstiegen, konnte er sowieso nicht wie vorher alleine sitzen und anstatt sich lang und breit einen Platz zu suchen, wobei seine Nervosität wohl noch weitere Zeit hätte zu wachsen, ließ er sich schnell neben einem Jungen mit abgenutzter Kleidung und einer dunklen Sonnenbrille nieder, wobei er anstatt einer Begrüßung oder ordentlichen Frage nach Erlaubnis ein leises „Hoffe du hast nichts dagegen“ hören ließ und anfing seine Karte wilder als zuvor zu mischen.


    Kurze Zeit nach dem Aru seine Birne gegessen hatte und noch bevor der Bus los fuhr, schien zu seinem Unglück jemand anderes den Sitzplatz neben dem Blinden als attraktiv genug zu beurteilen, um sich zu setzten. Auf die Aussage, dass der neue - nach der Stimme zu urteilen männliche - Nebensitzer hoffe, dass der Schwarzhaarige nichts dagegen habe, dass er sich den Platz nahm, brummte Aru nur ein kurzes "hm". Der Eingehüllte mochte es zwar immer noch nicht, dass sich jemand neben ihn setzte, aber bevor er noch einen Konflikt auslöste, nahm er es lieber hin. Umso besser war es dann, dass der Neue nun - zumindest anfänglich - kein Gespräch startete, sondern einfach nur einen Stapel Karten zu mischen begann. Was dem ungepflegten jungen Mann jedoch an dem anderen Jungen auffiel, war eine Spinne, die zwar zum einen anorganisch war und damit vermutlich lediglich als Teil der Kleidung getragen wurde, andererseits hatte sie aber auch etwas lebendiges, abnormales an sich, das eigentlich nicht sein dürfte. Dabei musste Aru wieder an die Bestie denken, der er und die anderen begegnet sind und deren Zusammensetzung, soweit er es auf die Schnelle erkennen konnte, ebenfalls keiner normalen entsprach. Wobei die Spinne immer noch abnormaler war, da die Bestie zumindest eine organische Zusammensetzung hatte. Letztenendes konnte aber der Blinde sie nicht genau bewerten, da er dafür zu wenig von der Welt gesehen hatte und vielleicht gab es noch mehr 'Lebewesen' von dieser Sorte. Die Bestie sollte nach der Meinung der anderen auch nicht die einzige seiner Art gewesen sein.


    Soweit schien der Brillenträger entweder nicht sehr begeistert oder gleichgültig gegenüber der Gegenwart des Kartenlegers, welcher ihm immer wieder einen unwohlen Blick zuwarf, um rechtzeitig ein Anzeichen für Abneigung gegen seine Person zu finden. Doch soweit konnte er zumindest nicht sehen, dass der Schwarzhaarige sich zwingen musste, ruhig zu bleiben. Ein nicht sehr gesprächiger Zeitgenosse kommentierte sein toter Gefährte trocken, während er nun auf Zanza's Kopf Platz nahm. „Hm“, gab der Wahrsager zurück. Seine Konzentration nun voll und ganz auf den Karten in seinen Händen, die er nun auf der ausgeklappten Auflage ausbreitete. „Eine Auswahl ist zu treffen, doch besteht Furcht vor einem Verlust, weshalb die Entscheidung schwierig wird“, fing er plötzlich an, mehr oder weniger an seinen Sitznachbarn gerichtet. „Die Entscheidung wird eine große Veränderung mit sich bringen, welche auch immer getroffen wird. Allerdings ist die Beziehung zu den anderen Involvierten deiner Meinung zu zweifelhaft und ist ein Hindernis in der Erreichung deines Zieles. Deshalb isolierst du dich unbewusst, kapselst dich sogar von möglicher Hilfe ab. Der Grund dafür ist, dass in der Vergangenheit es dir dadurch immer besser ging, du in Ruhe überlegen konntest und schlechte Erinnerungen verarbeiten konntest. Doch könnte das dazu führen, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden und niedriger gesetzt werden müssen oder die Ergebnisse erst später erreicht werden. Du blockierst dich selber indem du Personen deines Vertrauens nicht würdig anerkennst. Dabei ist der Faktor, der die Veränderung verspricht ein positiver, solange man sich der Veränderung anpasst, und birgt Unmengen an Glück.“ Die Spinne auf seinem Kopf knisterte mit den Kauwerkzeugen, da die zuletzt aufgedeckte Karte das Rat des Schicksals zeigte, während sich Zanza der Nächsten zuwandte. „Selbst deine Wünsche sind dir nicht ganz klar oder besser du weißt nicht, ob sich das Risiko überhaupt für sie lohnt und kannst sie deshalb nicht fassen. Und schließlich führt dies alles dazu, dass der finale Schritt nicht gegangen wird, womit die Chance auf Zufriedenheit oder im Materiellen auch Gesundheit nicht ergriffen wird.“ Nachdem auch seine letzte Silbe verklungen war, schaute der Kartenleger noch eine Weile nachdenklich auf die aufgedeckten Karten. Schließlich wandte er sich mit seinem üblichen Lächeln an den Schwarzhaarigen: „Sag, glaubst du an die Möglichkeit, die Zukunft zu sehen?“


    Entgegen den anfänglichen Hoffnungen des Blinden begann sein Nebensitzer, nach dem er die Karten auf einer Ablage auszubreiten, zu sprechen. Ob er damit Aru ansprechen wollte oder einfach nur vor sich hin redete, wusste er zwar nicht, jedoch konnte er Teile seiner Vergangenheit erkennen, wie sie wohl ein Außenstehender beobachtet haben könnte. "Vermutlich ein Zufall", dachte der Schwarzhaarige.
    Nach dem der andere Junge geendet hatte verstrichen noch einige Sekunden, bevor er sich direkt an den Brillenträger wandte. "Ob ich an die Möglichkeit glaube, die Zukunft sehen zu können?" Wiederholte Aru die Frage. Immer noch tat er so, als würde er durch seine verspiegelte Sonnenbrille aus den Fenster schauen. Seine Hand, die bis dahin als Stütze für sein Kinn und seinen Kopf diente, löste er dabei von Kinn. "Bisher ist mir noch niemand begegnet, der es könnte. Die Welt ist aber groß und es könnte durchaus jemand oder etwas mit einer solchen Möglichkeit geben..." Mit dieser etwas schwammigen Antwort sollte sich sein Gegenüber begnügen können. Es gab für ihn keine erkennbaren Punkte, an denen man weitere Dinge hinterfragen konnte. Unhöflich oder gar aggressiv war sie auch nicht und so sollte ein womöglich aufkeimendes Gespräch schnell zu ende sein.


    „Zumindest bist du der Sache offener gegenüber, als so manch anderer. Obwohl aus der Offenbarung, dass es so viele von unsereins gibt, geht diese Vermutung wohl als logische Schlussfolgerung heraus“, meinte der Wahrsager, während er mit einem Ärmel ein nervöses Lächeln verdeckte. „Obwohl ich aus eigener Erfahrung solch eine Fähigkeit eher als einen Fluch einstufe, muss ich doch sagen, dass die nähere Zukunft mich mit Kuriosität erfüllt und es würde mich reizen einen Blick zu riskieren.“ Mit schnellen Griffen waren die Karten wieder zusammengesammelt und wurden, diesmal wesentlich ruhiger, wieder miteinander vermischt. „Leider können die Karten nur Hinweise auf die Zukunft geben und keine detailreiche Antwort auf diesbezügliches geben.“ Zanza's Mundwinkel zuckten für einen Moment nach unten. „Ich muss zugeben mein Blick sieht mehr als der, der meisten Lebewesen und auch Eindrücke der Zukunft gehören in diese Kategorie. Zumeist verfluche ich diese Eigenschaft, ist sie doch ungelenkt und zeigt gerade das, was man nicht sehen will, doch im Moment gäbe ich so einiges, wenn sie mir eine Antwort liefern würde.“ Ein kleines ehrliches Lächeln legte sich auf die Züge des Kartenlegers, während er aus den Augenwinkel den ein oder anderen Erleuchteten musterte. „Schließlich hätte ich gern gewusst um wie viele Mitglieder meine Familie wächst.“ Er hoffte, sein Sitznachbar verstand worauf er hinauswollte.


    Auch sein neuer Nebensitzer schien schon einmal an dem Ort gewesen zu sein, an den sie nun gebracht wurden, wie der Eingehüllte aus den Sätzen seines Gegenübers heraus hören konnte. Vielleicht hatte der andere Mann es schon mal erwähnt oder man konnte durch irgendwelche Fakten darauf schließen, jedoch vergaß Aru oftmals solche eher unwichtigen Dinge, da sein Gehirn durch seinen Ersatz für seine Augen weit mehr Daten zu verarbeiten hatte als andere Gehirne. Innerlich verwunderte es den Blinden auch, das es ihn kaum überraschte, als er hörte, das sein Nebensitzer angab ein Wahrsager zu sein.
    "Auf diese Frage habe auch ich keine Antwort", erwiderte der Blinde aus dem Fenster schauend auf den letzten Satz seines Gesprächspartners. "Solltest du fragen wollen, ob ich bleibe, so kann ich dir lediglich sagen, dass ich erst mal nur mitkomme, um zu verhindern, dass sich einige der Anwesende Personen bei der nächstbesten Gelegenheit die Köpfe einschlagen. Auch wenn manche wohl unzivilisiert sind oder ein unzivilisiertes Verhalten bevorzugen, ist so etwas einfach keine Lösung."


    OT: Gemeinschaftspost mit prime-dialga

    Warum hassen die Tageswanderer die Kinder der Nacht?
    Balance ist doch alles was zählt!

    Einmal editiert, zuletzt von drsnake ()

  • Zanza musste innerlich zugeben, dass die Antwort des Brillenträgers ihn ein wenig enttäuschte. Er hätte sich gefreut, wenn er schon mal eine feste Antwort (besonders wenn sie positiv ausgefallen wäre) gehabt hätte. Dennoch interessierte ihn der dargebotene Grund ihn sehr. Durch die größtenteils negative Vergangenheit der meisten Erleuchteten hätte er nicht gedacht, auf einen Pazifisten zu stoßen. Viele waren das Kämpfen nicht gewöhnt, ihn selbst eingeschlossen, und waren deshalb während der Begegnung erstarrt, aber jemanden, der Gewalt wirklich vermeiden wollte hatte er nicht erwartet. "Huh, ich muss sagen, die Einstellung hätte nicht mal ich voraussagen können. Ich hätte doch erwartet, dass die meisten von uns Gewalt auf irgendeine Weise zu kennen und nicht abgeneigt, diese auch anzuwenden", gab der Nekromant zu. "Diese Einstellung ist wirklich bewundernswert, besonders wenn sie bestehen bleibt. Ich könnte so eine Moral meinerseits niemals verfolgen, dafür bin ich viel zu feige. Wahrscheinlich könnt ich auch nicht mal entscheiden, ob man Ausnahmen gelten lassen sollte oder nicht. Und das, obwohl meine Freunde mir viel über diese menschlichen Fehler berichten können, gerade darüber wie wichtig es ist unsere Beziehungen zu anderen zu hüten wie einen Schatz. Hat man sie nämlich mal verloren, spürt man erst, wie wichtig sie einem eigentlich sind. Gewalt hilft natürlich das ganze viel schneller zu machen."


    "Vermutlich." Mit dieser knappen Antwort versuchte der Bline das Gespräch ohne unhöflich zu wirklich oder sein Gegenüber zu verärgen zu beenden. Es war gut zu wissen, das der Wahrsager, wenn er denn ein wirklicher Wahrsager war, nicht alles sehen konnte, aber es gibt einfach Dinge, die man nicht offenbaren möchte und auf Freundschaften konnte der Pazifist verzichten, auch wenn er bei den im Bus anwesenden Jugentlichen nicht die übliche Abneigung spüren. Beides waren Gründe ein Gespräch möglichst kurz zu halten.
    Dass es anscheinend niemanden unter den Anwesenden gab, der seine Meinung gegenüber Gewalt teilte, fand Aru zwar schade, aber es war deren Entscheidung und früher oder später würden sicherlich einige einsehen, das Gewalt nicht immer zum Ziel führt. Zumindest konnte er das hoffen.


    Wieder nur eine kurze Erwiderung. Der Kartenleger seufzte. Hatte er sich schon selbst dazu bringen können, endlich mal ein Gespräch von sich aus zu beginnen, da suchte er sich jemanden aus, der wohl selbst nicht gern mit anderen sprach. Nicht gerade die perfekte Wahl. Naja, ein paar Worte mehr konnten wohl nicht schaden. "Ich heiße übrigens Zanza. Zanza Aikan", meinte der Wahrsager beiläufig und 'tippte' eines der schwirrenden Irrlichter an. "Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen."


    Trotz des Seufzers seines Gegenübers schien Aru ihn nicht verärgert zu haben. Wenigsten etwas. Da jedoch Zanza seinen Namen nannte, brachte es den Pazifisten wiederum in die für ihn unschöne Situation seinen zu nennen. "... Aru." Erneut eine kurze Antwort und den Nachnamen verschwieg er. Hatte er überhaupt einen? Vielleicht, aber das lag schon weit in der Vergangenheit. Vermutlich hatte aber auch sein Nebensitzer Geheimnisse und eines könnte den Grund beinhalten, weshalb er scheinbar sinnlos in die Luft getippt hat. Interessieren tat es den Schwarzhaarigen jedoch nicht, da manche andere Menschen und Lebewesen wohl genau so wenig über sich selbst sprechen wollen wie der Blinde.


    Ab da war Stille zumindest für die Beiden angesagt und auch die Meisten der anderen hielten es besser zu ruhen, weshalb die Fahrt eher in Eintönigkeit zerlief. Auch die Inkarnation des Rads des Schicksals, blieb eher für sich, begnügte sich aber damit, immer wieder seinen Platz zu verlassen und die neuen Gesichter näher anzusehen. Also blieb dem Wahrsager nichts anderes übrig, als sich der Langeweile zu ergeben. Die Minuten und Stunden zogen sich dahin, doch bald endlich verließen sie das Niemandsland und zogen in die ersten Ortschaften ein. Darauf folgte nicht viel später die erwartete Landstraße und im Gegensatz wie viele andere es sehen dürften, machten sein Herz einen kleinen Hüpfer der Freude, als er die grauen Mauern um die Morgan-Fox-Anstalt erblickte. Innerlich konnte er es kaum erwarten, wieder Fuß auf das bekannte Gelände zu setzen und er verfluchte jede Sekunde, die das Tor brauchte, um sich zu öffnen. Dann jedoch fuhr der Bus endlich auf den Hof auf und nachdem das Tor hinter ihnen wieder geschlossen war, konnten sie das Gefährt verlassen. Zu ihrer Begrüßung kam der Anstalt's 'Mutter', wie sie Tomomi gerne nannte, auf sie zu. Als sie Zanza ebenfalls nach den anderen Anwohnern mit einem Nicken begrüßte, deutete dieser seinerseits eine leichte Verbeugung an. Damit gehörte Alicia's Aufmerksamkeit vollkommen bei den Neuankömmlingen und sie führte die Gruppe ins Gebäude, wahrscheinlich auf den Weg in die Bibliothek. Der Kartenleger seinerseits blieb nur in Begleitung der Irrlichter und Nr.10 zurück und blickte gen Himmel, ein paar Gedanken an die Gegenwart. Seine Gesichtsmuskel verspannten sich für einen Augenblick, als er einen Vergleich zwischen der Gegenwart und seiner Vergangenheit zog und sich daran erinnerte, zum ersten Mal die Sympathie zwischen Ihresgleichen zu spüren. Schließlich warf er das Gefühl aber wieder ab und nahm seinen eigenen Weg in die Anstalt.
    Zusammen mit dem Rad des Schicksals betrat er den 1.Stock, die goldene Spinne bewegte sich diesmal über Decke und Wände, anstatt als Passagier zu reisen. Seine Aufgabe war fürs Erste erledigt, nun da sie hier waren, die Begrüßung in der Anstalt gehörte nicht dazu. Vor dem Zimmer mit der Nummer fünf stoppte der Wahrsager und drückte die Tür zu dem Raum auf. Trotz des gleißenden Lichtes, dass eigentlich aus den Fenstern strahlt umschloss eine tiefe aber kühle Dunkelheit ihn, als er eintrat. Dicke, dunkelviolette Vorhänge versperrten die Fenster und ließen kein Quantum Lichte herein und so bildeten einzig und allein die flammenden Seelen eine schwache Lichtquelle. Schwarze Tücher mit Runenzirkeln bedeckten die Wände und hier und da war auch einer mal direkt aufgemalt. Zanza zog sich mit einem kleinen zufriedenen Seufzer die weiße Haube vom Kopf und warf sie auf das von ihm belegte rechte Bett, während er sich daran machte den Raum zu beleuchten. Anstatt jedoch einen der dicken Vorhänge aufzuziehen, nahm er ein Streichholz zur Hand und fing an eine Reihe von Kerzen, die im Raum verteilt waren anzuzünden. Ein leichtes Dämmerlicht setzte ein und enthüllte einige bizarre Ornamente, die in dem Zimmer ihren Platz fanden. Flaschen mit merkwürdigen Inhalten und unlesbaren Etiketten, Vasen und kleine Kästchen mit nicht erkennbaren Objekten in ihnen, mysteriöse Perlarmbänder, aufblitzende Kristalle, uralte Bücher saßen in einem Regal, dass selbst mit arkanen Symbolen verziert war. Auf dem Nachttischen grinste ein Totenschädel mit roten Rubinen als Augen dem Betrachter entgegen. Die Mundwinkel des Blauhaarigen zuckten nach oben. Hier fühlte er sich wirklich zu Hause. Er spürte eine leichte Berührung, als sich die goldene Spinne an einem Faden auf seine Schulter niederließ. Zanza, wärst du so freundlich? fragte sie plötzlich und zuerst war der Kartenleger etwas verwirrt. Erst auf das Starren der acht goldenen Augen begriff er und zog seinen Kartenstapel hervor. Ohne zu suchen zog er die gewünschte Karte heraus und fing an zu murmeln: "Erfolg, unerwartetes Glück, Schicksal, Wandel, Zufall, ein neuer Kreis. Nr.10, das Rad des Schicksals." Die Karte leuchtete golden auf und sofort wurde die Spinne von gleich farbenem Staub erfasst, der sich verbreitete und langsam aber sicher eine größere Form bildete. Nach einem Augenblick gab sich der Blick auf ein großes goldenes Rad frei, das mitten in der Luft schwebte und sich lautlos in einem ewigen Kreis drehte. Grob ähnelte sein Aufbau der eines großen Spinnennetzes, doch bildeten sich die Fäden aus unzähligen feinen Verzierungen. Spinnen, nun drei an der Zahl ließen sich an Fäden vom Rad nieder und zwei von ihnen huschten gleich zur Tür hinaus. Die dritte und größte von ihnen setzte den Weg wesentlich gemächlicher fort. Jedoch wurde sie von Zanza gestoppt, der sich zu ihr herunter kniete und eine Hand auf den Leib legte. "Darf ich erfahren, was du genau vorhast?", fragte er neugierig, Die Spinne blinzelte ein paar Mal, bevor sie ihren Freund ansah. 10 Jahre und ich hab mich immer noch nicht daran gewöhnt, durch 24 Augen zu sehen sagte der Geist nachdenklich, bevor er sich Zanza's Frage zuwandte. Ich möchte mir die Neuankömmlinge etwas genauer ansehen. Man weiß ja nie, wer so genau dabei sein könnte. Der Wahrsager nickte nachdenklich, brachte dann aber ein wenig Amüsement in seine Züge. "Immer der Vorbereitete, ne?" Die Verkörperung der Nr.10 ließ einen Laut los, der mit sehr viel Mühe als sarkastisches Schnauben aufgefasst werden konnte. Muss ich ja bei den Clowns, die du aus allen Epochen der Menschheit zusammengesammelt hast. Der Kuttenträger lachte, richtete sich auf und wand sich einigen dicken Büchern zu, die auf dem Regal platz fanden. Suchend fuhr er mit dem Finger über die Einbände und sagte ohne sich umzudrehen: "Beachte wenigstens etwas die Privatsphäre der anderen." Da der physische Kontakt für Worte fehlte, bekam er nur die zufallende Tür als Antwort.


    Da der Blinde aus verständlichen Gründen nicht selbst nach der Zeit schauen konnte und auch niemanden nach ihr fragen wollte, kam ihm die Fahrtdauer wie eine Ewigkeit vor, bis sie schließlich langsamer und die Straßen schlechter wurden, was Aru auf kleine Ortschaften und Landstraßen schließen ließ. Ansich war dies schon mal kein gutes Zeichen, da in irgendeiner abgelegenen Gegend alles mögliche mit ihnen passieren konnte, ohne das auch nur ein Außenstehender davon erfährt. Wobei es anscheinend einige Leute gab, die vom Zielort der Fahrt stammten und denen dort anscheinend nichts passiert war... Um dennoch kein Risiko einzugehen, entschied der Schwarzhaarige nach dem Motte "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" erstmal niemandem zu vertrauen - bisher hatte ihn Vertrauen noch nie weiter gebracht - und selbst Fakten zu überprüfen, soweit es ohne größere Umstände möglich war. Auch als Pazifist wollte man schließlich sicher leben.


    Nach ihrer Ankunft hielt sich Aru wie auch später, nach der ersten Begrüßung auf dem Vorplatz im Gelände, im Hintergrund, wobei er immer darauf achtete, einen anderen Menschen in seinem Sichtfeld zu haben, um sich nicht zu verirren oder zurück gelassen zu werden und dadurch in Erklärungsnot zu geraten. Den Weg, den die Gruppe ging versuchte sich der Blinde so gut es ging einzuprägen, da er so später wieder zurück zum Eingang der Anstalt finden konnte, sollte es zu Problemen kommen. Zusätzlich wollte der Pazifist aber auch überprüfen, ob der genannte Schlüssel wirklich existierte und ob er auch passte.
    In einer Bücherei angekommen, wie der Eingehüllte durch einige mit Büchern gefüllte Regale am Rande seines Sichtfeldes vermutet, wurden sie erst etwas ausführlicher von der Leiterin eingewiesen, bevor diese verschwand. Das Beantworten weiterer Fragen dem Mädchen überließ, mit dem Aru auf der Fahrt zum Parkplatz, der als Übernachtungsort diente, gesprochen hatte. Als kurz darauf die Gruppe auseinander zu gehen schien, begab sich Aru zum Ausgang des Gebäudes mit der Bibliothek.


    Den Weg weg aus dem Gebäude fand er noch recht schnell, im Aussenbereich musste er sich jedoch an der Wand entlang arbeiten, bis er das Tor fand. In diesem eingelassen war eine kleinere Tür und daneben hing das von der Leiterin der Anstalt angesprochene Schild sowie der Schlüssel. Zu Arus Glück handelte es sich dabei um einen mechanischen Schlüssel, da er bei einem elektrischen Schloss mit Schlüsselkarte höchstens sehen konnte, ob es lediglich eine Attrappe war oder zumindest nach der Verkabelung zu urteilen funktionieren könnte. Bevor er aber das Schloss genauer untersuchte verinnerlichte er sich das Aussehen des Schlüssels. Mit diesem Wissen want der Pazifist sich nun dem Türschloss zu.
    Der Mechanismus war alles andere als einfach aufgebaut und es gab auch einige elektronische Komponenten, letztere schienen jedoch keinen direkten Einfluss darauf zu haben, ob man die Tür öffnen konnte oder nicht. Theoretisch könnte also man die Tür öffnen, praktisch wenn der Schlüssel auch passen würde. Ohne das Schloss auf seine Kompatiblität mit diesem untersucht zu haben, wollte der Junge aber noch nicht gehen.
    Auf Grund der Komplexität des Schließmechanismuses dauerte es seine Zeit, bis Aru sich relativ sicher war, dass der Schlüssel passen würde und wärend er vor dem Tor stand, dürften vorbeigehende Personen sich sicherlich Wundern, weshalb er solange die Tür anzustarren scheint. Der Blinde konnte jedoch niemanden wahrnehmen und sollte jemand ausserhalb seines Sichtfeldes an ihm vorbei gegangen sein, so sprach ihn diese Person nicht an.


    @edit
    OT: da hab ich doch wirklich vergessen zu schreiben, das es eine Gemeinschaftsarbeit mit drsnake war...
    jedenfalls zusammen mit drsnake entstanden, wie auch der Post von ihm zuvor.

  • Nach dem der Pazifist das Tor überprüft hatte, tat sich vor ihm ein größeres Problem auf: Wie sollte er die Unterkünfte finden? Die Beschreibung der Schule von ihrer Leiterin war für Normalsehende und nicht für Blinde gemacht worden und dementsprechend konnte Aru damit eher wenig anfangen. Ansprechen wollte er niemanden, um Fragen zu vermeiden und von seiner Blindheit musste auch nicht jeder wissen. Natürlich blieb ihm noch seine Fähigkeit, jedoch wusste er nicht wie groß das Gelände war oder wie lange der Scann dauern konnte, bis er alles "gesehen" hatte, etwas, das Aru erst dann machen wollte, wenn er in einem relativ sicheren Raum war und nicht jeden Moment von jemandem angesprochen werden konnte.
    Wohl oder übel begann der Eingehüllte also auf dem Gelände um her zu irren. Zuerst zurück ins Gebäude aus dem er gekommen war, welches er glücklicherweise auch schnell wieder fand, und in die Bücherei im erste Obergeschoss. Es gab in dem Raum zwei Aussenwände und, so wie die Direktorin gesprochen hatte, dürfte man wohl durch Fenster an jenen das Gebäude mit den Wohnräumen sehen können. Zumindest eine ungefähre Richtung, in die er sich bewegen sollte, hatte der Blinde gefunden, jedoch musste er das Haus immer noch finden.
    Einige Minuten später stand der Schwarzhaarige wieder auf dem Platz vor der Schule, von dem aus er sich in die Richtung auf machte, in der er das Wohlhaus vermutete. Schließlich tauchte eine Wand vor ihm auf und dahinter schienen auch Wohlräume zu liegen, jedoch wusste Aru nicht wo die Tür war und so irrte er einige Zeit um das Haus. Zu seinem Glück schaffte der Blinde inzwischen das Umherirren an neuen Orten für andere Personen als vielleicht lediglich etwas komisch anmutende Spaziergänge in der Nähe von Wänden zu tarnen. Etwas, dass er, sollten doch Fragen aufkommen, ohne das Gespräch zu verlängern, antworten konnte. Im Grunde war diese Suche nach den Wohnquartieren lediglich dazu da, dass der Eingehüllte nicht auf der Wiese oder dem Hof schlafen musste, was wiederum Fragen mit sich ziehen hätte können.
    Es dauerte seine Zeit bis der Pazifist die Tür gefunden hatte, jedoch wollten die Probleme, die sein Aufenthalt in der Schule mit sich führte, nicht aufhören. So stand Aru nun im ersten Stockwerk des Hauses in dem vermutlich die Wohnräume lagen, jedoch ohne genauer zu wissen, welche Zimmer belegt waren und welche nicht. Hätte er sein Sichtfeld weiter ausgeweitet, hätte der Schwarzhaarige sicherlich einige besetzte Räume entdecken können, jedoch mussten sich nicht zwingend eine Person oder deren Sachen in einem Raum aufhalten, damit dieser besetzt war und Aru wollte weder in ein voll besetztes Zimmer, noch in ein Zimmer, in dem schon eine andere Person war. Unentschlossen stand er somit an der Seite, um anderen Personen nicht den Weg zu blockieren, die womöglich vorbei mussten.


    Wachhund Tomomi schaute nach einiger Zeit auf. Die Neulinge kamen und gingen, um ihre Zimmer auszusuchen und niemand hat bisjetzt etwas falsches angestellt, was das Mumienmädchen erfreute, was sie aber nicht zeigte.
    Ihr nicht verbundenes Auge sah den Jungen, neben dem sie im Bus saß, wie war nochmal sein Name....Alu, Awu oder doch nicht Aru? Woran sie sich aber erinnerte, und die Sonnenbrille machte es offensichtlich, dass der Junge kaputte Augen hatte.
    Langsam stand Tomomi auf und ging zu Aru hinüber, behielt aber einen gewissen Abstand zu ihm: "Helfen?", fragte sie knapp.


    In Gedanken darüber versunken, wie er nun wohl am besten an ein Zimmer kam, ohne aufsehen zu erregen, war es auch schon in gewisser Weise zuspät dafür, da Tomomi Aru angesprochen hatte. Ansich war natürlich nichts schlimmes daran, dass sie ihm helfen wollte, dem Blinden wäre es aber lieber gewesen, wenn er ihr nun nicht antworten hätte müssen. "Ist schon okay. Ich such mir nur ein Zimmer." Die Probleme verschwieg er. Bis die letzten Jahre kam er ganz gut allein zurecht und spätestens Abends, wenn alle schlafen gehen, dürfte er ein unbesetztes Zimmer finden können.


    An sich war das die perfekte Antwort für Tomomi, der beste Grund ihn allein zu lassen. Leider gab es einen Haken, sie musste sich alleine um die Neulinge kümmern...
    Nervös lies sie einen bandagierten Fuß über den Boden hin und zurück schleifen.
    "Mama hat gesagt, ich soll aufpassen, also helf ich.", antwortete sie in ihrer gewohnten sehr ruhigen aber kindlich süßen Stimme.


    Aru seufzte innerlich. Nicht auffallen und schon gar nicht jemanden Verärgern. Das ihm nun das Mädchen helfen wollte und ihn anscheinend auch nicht in Ruhe lassen würde, bis er sie ihm helfen lässt, fand er nicht so sonderlich berauschend, zum Glück hielt sie aber von ihm Abstand. Dann machen wir mal das Beste aus der Situation... "Na gut. Weißt du denn, ob es noch irgendwo ein komplett freies Zimmer, nach Möglichkeit ein Einzelzimmer gibt?"


    Tomomi schaute ihn ausdruckslos an.
    "Es gibt kein Einzelzimmer für Neulinge. Nur Mama und ich wohnen allein.", antwortete sie, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. "Folgen bitte.", fügte sie dann hinzu und schritt langsam und ruhig voran, um noch ein freies Zimmer zu finden, so schnell wie möglich.
    Nach kurzer Zeit war aber etwas klar: Es gab kein freies Zimmer mehr. "Hmmm?", murmelte die Mumie. Wie konnte so ein Fehler passieren, vor allem bei Mama? "Kein Platz frei.", sagte sie schließlich leise, als die beiden wieder bei ihrer Ausgangsposition waren. Aber was nun? Da fiel Tomomi ein, dass Alicia ihr ab und an Briefe in das Zimmer des Mädchens hinterlies, wenn es etwas zu erledigen oder zu beachten gab.
    "Warten.", flüsterte sie Aru zu und verschwand geschwind in ihr Zimmer. Tatsächlich! Da war ein Brief mit Alicias Handschrift. Was aber darin stand, gefiel Tomomi weitaus weniger:


    Zitat

    Liebe Tomomi,


    wie es aussieht, haben wir mehr Neuzugänge als gedacht. Sollte es mit den Zimmern knapp werden, sei bitte ein Schatz und lass einen bei dir schlafen. Dann hast du jemanden zum Spielen. Es würde mich sehr freuen, wenn du mir den Gefallen tust.


    Liebe dich Tomomi,
    Mama


    Mit einem etwas erschütterten Gesichtsausdruck kam Tomomi wieder aus ihrem Zimmer raus und hatte den Brief immer noch in der Hand. Schnell wurde ihre Mimik aber wieder emotionslos, als sie sagte: "Reinkommen."


    Ihr Zimmer hätte kaum simpler sein können. Ein Bett stand an einer Ecke, ein schlichter Schreibtisch aus Holz genau zwischen den Ecken. Ansonsten war nichts zu sehen, außer ein bisher ungebrauchtes Bett, das wohl kürzlich in dieses Zimemr gekommen ist.


    "Zimmer..."


    Das es keine Einzelzimmer gab, fand Aru zwar schade, jedoch konnte man das nicht ändern und ein anderes Zimmer war genau so gut, solange niemand anderes zu ihm wollte. Dass es jedoch auch kein solches mehr gab, fand der Junge alles andere als gut, zeigt sein Missfallen über die Situation aber nicht. Kurz verschwand das Mädchen darauf hin in dem Zimmer, das anscheinend ihr gehörte und in dem sie noch allein wohnte, bevor sie wieder heraus kam und schließlich den Pazifisten hinein bat. Zumindest verstand er so das wortkarge Mädchen. Vielleicht hätte der Eingehüllte auch noch etwas erwiedert, jedoch sagte ihm sein Instinkt, Gespühr oder wie man es nennen möchte, dass er es lassen sollte und das Mädchen vermutlich genau so gern allein geblieben wäre wie der Junge.
    Er betrat also das Zimmer und ging etwas weiter in die Mitte des Raumes, erweiterte sein Sichtfeld um einen ersten Überblick über den Raum zu bekommen, bevor sich ihm die Frage stellte, welches der beiden Betten denn seines war. Da es wohl keinen anderen Weg gab, als sich an Tomomi zurichten, drehte er sich zu ihr oder zumindest zu dem Punkt, an dem er sie vermutete. "... danke für das Zimmer." Eine kurze Pause folgt, in der er seine Unsicherheit, die er aus dem Satz heraus zu hören glaubte, herunter schluckte, bevor er fortfuhr. "Welches der Betten würde dann mir gehören?"


    Sie deutete mit der bandagierten Hand auf das Bett in der linken Ecke aber sagte auch "Links", um Rücksicht auf seine kaputten Augen zu nehmen.
    "Nicht viel hier. Ich brauche nicht viel, bin oft woanders. Hast du...Kleider mit?", fragte sie etwas verunsichert. "Ich kann Mama fragen einen Schrank hier reinzustellen. Ich brauch nur Bett und diesen Tisch. Dusche ist rechts, wenn du rausgehst.", erklärte sie ruhig und ausnahmsweise auch in mehreren Sätzen. "Ich....bin nachts draussen und dusch auch spät...könnte Schlaf stören.", fügte sie noch hinzu und schaute auf den Boden.


    Nach dem Tomomi ihm das linke Bett zugewiesen hatte, gab sie ihm noch ein paar Informationen über den Aufbau des Gebäudes, die er sich aber so oder so später noch besorgt hätte. Auch dass er wusste wo die Duschen waren, war gut, schließlich war er die letzten Tage im Wald gewesen und somit sicherlich nicht mehr der sauberster, jedoch würde er erst später in der Nacht duschen, wenn die Chance von den anderen gestört zu werden gering war.
    Aru ging zu seinem Bett, überlegte kurz ob er sich setzten sollte, da er durch seine schlechten Schlafgewohnheiten und dem noch schlechteren Dämmerschlaf im Bus müde war, blieb dann aber stehen, da vermutlich sein provesorischer Umhang sowie seine Kleidung darunter einiges an Schmutz bei seiner Wanderung und dem Kampf mit seinen waghalsigen Ausweichmanövern abbekommen haben mussten. "Ja, ich hab ein paar Kleidungsstücke dabei, aber einen Schrank werde ich nicht brauchen. Und um meinen Schlaf musst du dir keine sorgen zu machen..."


    "Okay.", antwortete sie, "Falls du Fragen hast, stell sie ruhig. Ich wohnte immer alleine, ich hoffe wir kommen gut zurecht.", und ihr Gesicht spielte leichte Unbehaglichkeit wieder.
    "Vielleicht du duschen, ich halt Zimmer immer sauber. Oh und zum Tisch....",
    sie deutete auf die oberste Schublade beim Schreibtisch, "Nicht anfassen.", und ihr Unterton zeigte, dass sie es ernst meinte.
    "Ich geh dann raus und helf den anderen."


    "Kein Problem, wüsste eh nicht was ich am Tisch zu suchen hätte. Ich wohnte ebenfalls bisher alleine und hoffe auch, dass es keine Probleme geben wird. Aber duschen werde ich mich wohl auch erst später," und deute beim letzten Satz auf seine Brille. "Bis dahin werde ich aber aufpassen, dass nichts schmutzig wird. Danke für deine Hilfe." Vorsichtig zog der Blinde schon einmal seinen Umhang aus und legte ihn mit der Aussenseite nach innen zusammen. Dieser dürfte wohl den meisten Schmutz und Staub abbekommen haben, wärend aber sein T-Shirt und Rücksack vermutlich im Vergleich dazu noch relativ sauber waren. Den Rucksack stellte der Brillenträger dann neben das Bett. Später würde er daraus seine neuen Kleidungsstücke holen, aber bis dahin wollte er sich noch nicht so sehr ausbreiten.
    Tomomi nickte leicht und schritt aus dem Zimmer raus. Da sie abgesehn von der Schublade nichts wichtiges hatte, war es für sie auch kein Problem Aru im Zimmer zurückzulassen.Das Mädchen hatte das Zimmer verlassen und Aru blieb allein zurück. Vielleicht war es aber gar nicht mal so schlecht, das er sich mit Tomomi ein Zimmer teilte. Sie schien nur wenig anwesend zu sein, wenn sie aber mal da war, hielt sie Abstand und viel reden tat sie auch nicht.
    Der Blinde wusste nun zwar nicht, was er tun sollte, aber vorerst einfach im Zimmer zu warten, dürfte auch nicht das Falscheste sein, was er tun konnte.


    OT: Zusammen mit prime entstanden.

  • :ot: : Neuer Name, gleicher Charakter. MentalC heißt jetzt Tungsten, sonst ändert sich nichts.


    Hong hatte ihm anscheinend nichts mehr zu sagen. Hatte er sie irgendwie mit der Zusammenfassung "verängstigte Teenager" beleidigt? Er war sich nicht ganz sicher, ob er "momentane Gesellschaft ausgeschlossen" hätte erwähnen sollen. Na ja, und wenn schon. Er wollte gerade wieder gehen, als...


    „Aha. Kartoffel." Eine blasse junge Frau brachte den merkwürdigsten Gruß hervor, den er bisher gehört hatte. Interessiert verglich sie eine unscheinbare weiße Blüte mit einer Zeichnung in einem Buch, das sie vom Regal unter dem großen Fenster hervorzog. Dann erst schien sie die Gegenwart der anderen Erleuchteten wahrzunehmen - „Seid neu hier? Woher kommt ihr?“ fragte sie, wobei Artemis außer dem leichten Fehler ein dünner Akzent auffiel, auch wenn er ihm nicht so bekannt vorkam wie der von Hong. Offensichtlich kaufte man dort, wo sie herkam, nicht so viele Waffen.


    Sie war zwar von ihm abgewandt, aber sie hatte "ihr" gesagt, und außerdem konnte er es nicht ausstehen, ignoriert zu werden. Also beschloss er, über ihren groben gesellschaftlichen Lapsus herzusehen, und antwortete - ohne sich zu ihr umzudrehen: "Ja, wir sind tatsächlich neu hier. Genau genommen sind wir erst heute Mittag angekommen und, na ja, wir kennen uns noch nicht so sehr hier aus. Ich bin Artemis Faraday, und ich komme aus Celfora an der Westküste Ardonas. Ein angenehmer Ort, so weit ich mich erinnere. Warm." Die meiste Zeit hatte er in der alten Montagehalle zugebracht, aber das schien ihm ein vorherrschender Charakterzug seiner Heimat gewesen zu sein. "Beliebtes Urlaubsziel. Wart ihr mal dort?"


    :ot: : Mir fällt jetzt erst auf, dass Artemis noch kein Heimatland hatte... Na ja. Es sollte nicht so schwer zu erraten sein, welcher amerikanische Bundesstaat das Vorbild für Celfora war.

    No time to search the world around
    'Cause you know where I'll be found
    When I come around
    When I come around, yeah

  • Erster Stock, erster Stock... warum denn nicht gleich das Erdgeschoss? Egal. Xaroc stieg gemächlich das Treppenhaus des Wohngebäudes hinauf. Nebenbei fuhr er prüfend mit der Hand über das Geländer. Ein bisschen schmaler als bei den Treppengängen daheim, aber das sollte kein Hindernis sein. Er schmunzelte, als er sich an die Beschwerden erinnerte. Aber hier hatte keiner etwas darüber gesagt, dass es verboten sei. Außerdem würde er eh dabei gebührende Vorsicht an den Tag legen.


    Schließlich erreichte er den ersten Stock, wo er sich erstmal ratlos und verwirrt umsah. Überall waren Türen. Die Zimmeranzahl war erheblich größer als er erwartet hatte, was aber gleichzeitig heißen musste, dass die Zimmer kleiner waren als er gewohnt war. Und bei dem Gedanken, dass er auf Dauer in so einem kleinen Zimmer wohnen und es sich noch mit jemand anderem teilen sollte, drehte sich sein Magen vollends um.


    Schließlich ging er die rechte Abzweigung entlang. Er musterte die verschiedenen Türen, trat jedoch nirgendwo ein. Er bemerkte das die Zahlen auf den Türen kleiner wurden. Vor der Nummer 8 saß Tomomi, als wartete sie auf jemanden. Da sie für Xaroc ein wenig beunruhigt aussah, vermied er es Augenkontakt aufzunehmen. Schließlich kam er am Ende des Ganges an. Rechts auf der Tür stand die Nummer 1, links die 10. Xaroc seufzte. Er konnte gleich hier anfangen. Da er zuvor nach rechts gegangen war, entschied er sich diesmal spontan für die linke Seite.


    Langsam hob er die Hand um anzuklopfen, zögerte dann jedoch. Und was wenn dort diese Quasselstrippe auf ihn wartete? Oder der Typ der diesen Teufel beschworen hatte? Beide waren ihm gleichermaßen unangenehm. Mit diesem schweigsamen Mann, dem mit der ohrenbetäubenden Pistole, wäre er ja noch einverstanden. Dieser würde ihn bestimmt nicht so zu texten. Dann war da noch Marika, die ohne zu zögern Monster über den Haufen schoss und jeden in Reichweite anblaffte. Auch kein berauschender Gedanke. Er warf einen Blick den Gang hinunter. Und Tomomi schien nicht sonderlich viel von Mitbewohnern zu halten, so wie sie da saß. Ihr wollte Xaroc deswegen schon gar nicht zur Last fallen. Alle anderen waren ihm mehr der weniger unbekannt, was ihm auch nicht besonders gefiel.


    Andererseits hatte er auch keine Lust draußen auf einem Baum zu schlafen, oder so. Obwohl er das natürlich tun würde, wenn es keine bessere Möglichkeit gäbe. Wenn auch ungern. Er schüttelte den Kopf. Ach, es nützt doch alles nichts... Schließlich holte er noch einmal tief Luft und klopfte dreimal schnell mit den Fingerknöcheln genau auf die 10.
    Xaroc faltete die Hände auf dem Rücken und wartete auf eine Reaktion.


    OT: Bitte nicht wundern, dass Xaroc niemandem außer Tomomi begegnet, da er zeitlich vor Artemis zurückging und bevor Aru bei ihr einzog.
    @ Destiny Moon: Marcello hat Besuch.^^

    "When you remember one thing, that leads to remembering another and then another and then another. Our memories are connected. Many pieces are linked together like they’re in a chain that makes up each of us."

    - Naminé (Kingdom Hearts - Chain of Memories)

  • Leira war schon ein paar Schritte gegangen, als die Tür hinter ihr wieder aufging und jemand „Hey, warte!“ hinter ihr her rief. Leira blieb stehen und drehte sich um. Ein etwa 15-jähriges Mädchen mit dunkelblonden Haaren und einem Herzchen auf der Stirn lief auf sie zu.
    „Sorry“, begann sie. „Ähm, hi, ich bin Emma. Und du?“
    Macht einen ziemlich schüchternen Eindruck. Kein Wunder dass sie mir bisher gar nicht wirklich aufgefallen ist. Aber eigentlich wirkt sie doch ganz nett.
    “Ich heiße Leira”, antwortete sie nach einem kurzen Moment. “Willst du dir auch die Zimmer mal anschauen gehen?”


    *


    Die andere stellte sich als Leira vor und fragte, ob sie sich auch die Zimmer ansehen wolle. Während sie sprach, horchte Emma etwas auf die Melodie ihres Gegenübers. Eine aufmerksam wirkende Klavier-, wenn nicht sogar Flügelstimme hallte ihr entgegen. Emma war erstaunt, wie angenehm noch die Melodien der Leute hier waren.
    Äh“, begann sie nun wieder, denn schließlich erwartete Leira eine Antwort. Dann entschied sie sich für ein: „Ja.“ Und beließ es dabei.
    Ein Zimmer…“ Innerlich ließ Emma dieses Wort zergehen wie ein Stück Schokolade, wobei sie beides das letzte Mal auf dem Schiff von Aceri nach Amrou als ihr eigenes hatte bezeichnen können.


    *


    Leira musste ein wenig schmunzeln, da die andere anscheinend eine unfreiwillige Vorliebe für Füllwörter wie “äh”, “ähm” und dergleichen hatte. Emma schien sich oft nicht so sicher zu sein, was sie eigentlich sagen wollte.
    “Okay”, erwiderte Leira und begann, die Treppe hoch zu steigen, die ein paar Schritte später in Sichtweite kam. Als der Gang sich oben gabelte, zögerte sie kurz, schlug dann aber den Weg ein, der rechts vom Hauptgang abzweigte. Wie doof dass an den Türen keine Namensschilder hängen..., dachte sie bei sich. So weiß doch kein Mensch wer hier welches Zimmer hat! Oder welche noch frei sind... Sie beschloss, das später mal Alicia vorzuschlagen, wenn sie die Frau wieder sah.
    Ein wenig unsicher lief sie erst einmal den Gang weiter entlang. Schließlich blieb sie direkt vor einem der Zimmer stehen, gegenüber denen sich ein Badezimmer befand. Sie mochte kurze Wege zwischen Bad und Zimmer, weil sie dann auch mal nur mit einem Handtuch bekleidet schnell von einem ins andere huschen konnte, ohne sich zu lange auf dem Gang aufhalten zu müssen. Das Zimmer trug die Nummer 3. Vorsichtig öffnete Leira die Tür einen Spalt und spähte hinein. Erleichtert registrierte sie, dass das Zimmer unbewohnt war. Es wäre ihr etwas peinlich gewesen, in ein bereits bewohntes Zimmer ungefragt reinzuplatzen.
    “Puh, das Zimmer ist noch leer”, verschaffte sie ihren Gedanken Ausdruck und grinste Emma an. “Findest du nicht auch, dass die mal Namensschilder an die Türen machen sollten, damit man nicht dieses Glücksspiel daraus machen muss, welches Zimmer wohl noch unbewohnt ist?”

    *


    Schweigend folgte Emma dem Mädchen und befand sich schon bald darauf in dem Zimmer mit der Nummer drei. Ihr erster Gang war der zum Fenster, auch wenn die Betten sie so verführerisch anlächelten. Man konnte Bäume sehen! Zwar nicht so viele, wie auf dem Gelände zu sein schienen, aber dennoch genug, wie sie in einer kleineren Gruppierung vor dem Pool standen.
    Leiras Frage ließ Emma einfach im Raum stehen, da sie keiner konkreten Antwort bedurfte und Emma zudem das Gefühl hatte, ihre Fähigkeit mit den anderen zu reden, im Bus vergessen zu haben.
    Nach ein paar Minuten des Schweigens drehte Emma sich um und lehnte sich kurz gegen den einfachen Schreibtisch, der nun hinter ihr stand und sie zuvor vom Fenster getrennt hatte. Sie überlegte, was sie jetzt tun sollte. Irgendwie hatte sie Lust, sich einfach auf das Bett zu schmeißen, aber das wäre bestimmt keine gute Entscheidung.
    Als ihr Rucksack auf ihren Schultern zu drücken begann, nahm sie ihn ab und setzte sich auf das Bett, das zu ihrer rechten stand. Es war wunderbar weich und Emma konnte es nicht fassen, dass sie diese Nacht darauf schlafen konnte. Nur bezogen war es noch nicht. „Wie bezieht man ein Bett?
    Dann sah sie Leira an, mit der sie sich wahrscheinlich nun ein Zimmer teilen würde. Emma ging einfach mal davon aus, da sie sich nicht traute zu fragen. Tief atmete das Mädchen ein und sog die Melodie der anderen in sich auf. Anschließend holte sie ihre Flöte raus und begann zu spielen. Sie begann mit einer Einleitung, eine Mischung von Jasmins und Evelyns, die so gut verschmolzen, bevor sie sich auf Leiras Melodie konzentrierte und mit dieser mal unisono, mal im Kanon, mal im Duett spielte.


    *


    Emma antwortete nicht auf Leiras Frage, sondern ging gleich erstmal ins Zimmer und sah sich um. Leira zuckte die Schultern und ließ sich erstmal auf das rechte Bett sinken. Unwillkürlich musste sie gähnen. Sie könnte sich jetzt einfach hier hinlegen und bis zum Abendessen nicht mehr aufstehen. Nur würde sie dann überhaupt nichts von ihrem neuen Aufenthaltsort erfahren und dann erstmal nichts finden und nicht mitreden können und... Sie unterbrach sich in ihren Gedanken und starrte Emma an, die plötzlich eine Flöte in der Hand hielt und darauf spielte.
    “Was spielst du denn da?”, fragte sie unwillkürlich. Die Melodie hatte irgendwie schon etwas vertrautes, andererseits konnte Leira sich nicht erinnern, sie schonmal gehört zu haben, das war seltsam.


    *


    Emma spielte noch ein paar Takte und suchte nach einem geeigneten Schluss, bevor sie die Flöte absetzte, um Leira zu antworten.
    Das“, begann sie und machte eine verheißungsvolle Pause, „war deine Melodie.“ Sie lächelte die Braunhaarige an und überlegte, ob sie die Flöte noch mal ansetzten sollte. Nur zu gerne würde sie die in den letzten Stunden gehörten Melodien einmal selbst spielen, um sie richtig zu erfassen, aber es schien, als würde ein Gespräch zustande kommen, sodass Emma sich doch dagegen entschied.


    OT: Erster Teil des Gemeinschaftsposts von Espeon und mir.

  • "Das war deine Melodie", erwiderte Emma fast feierlich, als sie aufhörte zu spielen.
    Meine Melodie? Was meint sie denn damit? Leira zögerte noch einen Moment, in dem sie überlegte, ob sie sie richtig verstanden hatte, dann sprach sie ihre Gedanken aus: "Was meinst du mit 'meine Melodie'?" Sie sah die Jüngere fragend an.


    Leiras Frage verwirrte das Mädchen. War das ihr Ernst? Wusste sie es nicht? Warum sollte das so sein? Emma grübelte.
    „Du“, begann sie und brach ab. Sie war sehr verwirrt und wusste überhaupt nicht, was sie sagen sollte. „Du – Du weißt wirklich nicht, was ich meine?“
    Sie fühlte sich plötzlich sehr seltsam und es kam ihr fast so vor, als würden alle Melodien, die sie bisher gehört hatte, in ihrem Kopf Amok laufen. Was war hier bloß los?


    Leiras Frage schien Emma ziemlich zu verwirren. Ähm, hab ich irgendwas verpasst?, dachte sich Leira und runzelte leicht die Stirn.
    "Ähm, nein, ich weiß nicht was du meinst, sorry." Man sah Leira an, dass ihr die Situation irgendwie etwas unangenehm war. Ihre simple Frage schien Emma irgendwie ziemlich schockiert zu haben, und sie hatte keine Ahnung, warum.


    Emmas Welt begann sich immer schneller zu drehen, als wollte sie aus ihrer Halterung brechen. Ihre Schläfen begannen zu pochen, sodass das Mädchen ihre freie Hand dagegen drückte.
    „Jeder Mensch hat eine Melodie. Das weißt du doch, oder?“, versuchte sie es noch einmal. Wenn sie es sich recht überlegte, hatte sie auch noch nie jemandem verraten, dass sie gerade deren Melodie spielte. War es ein Fehler gewesen, Leira so weit zu vertrauen?


    Leiras Gesichtsausdruck war noch immer ein einziges Fragezeichen. "Wie meinst du das, jeder Mensch hat eine Melodie? Was bedeutet diese Melodie denn?" Gleichzeitig überlegte sie, was genau Emma meinen könnte. 'Das ist deine Melodie', 'Jeder Mensch hat eine Melodie'... nicht das ich wüsste, ergänzte sie in ihren eigenen Gedanken. Aber Emma tat irgendwie so, als wäre das etwas selbstverständliches, als müsste sie ihr gerade erklären, dass es männliche und weibliche Menschen gab oder sowas. Schon seltsam!


    Am liebsten wäre Emma aus dem Zimmer gerannt. Aber wohin? Außerdem fühlte sie sich kaum in der Lage, auch nur einen Muskel zu bewegen. In ihrem Kopf dröhnte es und die Kopfschmerzen wurden unerträglich. Das Atmen fiel ihr mit jeder Sekunde, die verstrich, merklich schwerer.
    „Jeder“, brachte sie zwischen zwei Atemzügen heraus, „hat eine Melodie.“ Es klang verzweifelt und nicht mehr so sicher, wie sie es beim ersten Mal gewesen war.
    Emma konnte sich nicht entscheiden, was schlimmer war; das Ungeheuer oder das.


    Emma schien Leiras Unwissenheit ziemlich aufzuregen. Aber nicht auf eine aggressive Art, sondern im Gegenteil, sie wirkte völlig fertig. Sie wiederholte den gleichen Satz noch einmal, fast schon wie ein Credo.
    "Hey, ist ja gut...", gab Leira etwas hilflos von sich. Sie stand von ihrem Bett auf und setzte sich neben Emma. "Warum bist du denn so aufgelöst?"
    Leira ließ sich alles, was sie über Emma wusste noch einmal durch de Kopf gehen. Die Gute sah wirklich so aus, als hätte gerade etwas ihr Weltbild zerstört... Konnte das..?
    "Was ist eigentlich deine Fähigkeit?", fragte Leira unvermittelt, da in ihrem Kopf eine Ahnung Gestalt annahm.


    Dass Leira sich neben Emma setzte, bekam diese nur am Rand mit. Sie versuchte einfach nur irgendeinen klaren Gedanken zu fassen zu bekommen. Aber es gelang ihr nicht.
    „Was ist eigentlich deine Fähigkeit?“
    „Was?“, fragte Emma, bevor die Frage wirklich bei ihr angekommen war. „Ich…“ …kann nichts, wollte sie ergänzen, doch sie hielt inne.
    „Kann es sein…? Nein, das wäre doch verrückt. Oder?“ Als sich die wirren Wörter, Bilder, Melodien und Eindrücke in ihrem Kopf wieder zu Gedanken formten, wollte Emma ihnen keinen Glauben schenken.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete sie schließlich auf Leiras Frage. Alles andere könnte sich als Lüge herausstellen.


    Als Emma erwiderte, dass sie nicht wusste was ihre Fähigkeit war, wurde die Ahnung greifbar und Leira wusste plötzlich genau, was mit dem anderen Mädchen los war. So wie es aussah, hatte sie ihr Leben lang gedacht, dass das was sie konnte normal war? Das war wirklich... unglaublich. Aber es musste wohl genau so sein.
    "Dann denke ich, hast du gerade deine Fähigkeit entdeckt. Beziehungsweise erkannt, dass es eine Fähigkeit ist." Leira musste ein wenig lachen. "Schau mal, du hast dieses Symbol auf der Stirn, hast du dich nie gefragt, warum das dort ist? So wie ich das verstanden habe, haben alle 'Erleuchtete' irgendwo so ein Symbol, und auch eine gewisse Begabung. Deine muss irgendwas mit diesen Melodien zu tun haben - ich hab noch nicht genau verstanden, was genau du kannst, aber du scheinst irgendwas hören zu können, das sonst niemand wahrnimmt." Sie lächelte Emma an. "Mach dir keine Sorgen, dass irgendwas mit dir nicht stimmen könnte, freu dich einfach, zum Club der Begabten zu gehören." Sie zwinkerte ihr zu und grinste.


    Leiras Worte drangen zu Emma durch und versuchten ihre Welt wieder in ihre Bahnen zu bringen. Um sich mit diesen Gedanken doch noch anzufreunden, erklärte Emma erstmal, was für sie immer selbstverständlich gewesen war: „Jeder Mensch hat eine Melodie. Sie spiegelt den Charakter wieder, sie spielt, wie man sich fühlt. Man kann viel daraus lesen, aber alles ist subjektiv. Bei dir spielt ein Flügel. Aufmerksam. Na ja, wie ich gespielt habe.“ Sie schaffte es zu lächeln, als sie nun mit diesen Fakten versuchte, Ordnung in ihren Kopf zu bringen. „Mir gefällt sie“, ließ Emma ihrer Erklärung noch folgen.
    „Das heißt, ich werde niemals erfahren, wie meine Melodie klingt“, dacht Emma leicht wehmütig, nachdem sie sich langsam mit dem Gesagten abfand. „Wusste Elias davon?“
    Das Mädchen starrte in das Zimmer, das es anscheinend von nun an bewohnte. Seit Emma damals von zuhause abgehauen war, hätte sie nicht mehr damit gerechnet, irgendwo zu bleiben. Allerdings war sie immer irgendwohin gelaufen. Vielleicht hatte sie diesen Ort jetzt gefunden.


    "Also ich finde du hast eine interessante Fähigkeit. Ist bestimmt hilfreich, um andere Menschen einzuschätzen", erwiderte Leira auf Emmas Erklärung. Irgendwie fand sie es auch ganz cool, dass ihr "Instrument" quasi ein Flügel war, das war zumindest ein Instrument, dessen Klang sie mochte, auch wenn sie es selbst nicht spielen konnte. Jedenfalls war sie froh, dass Emma sich offenbar wieder etwas beruhigt hatte, dann konnte sie ja jetzt endlich sich duschen und umziehen gehen.
    Sie suchte ein wenig in ihrem Rucksack herum, bis sie ein frisches T-Shirt fand, dass sie sonst eigentlich nur zum drunterziehen benutzte, da es in Oscuras ja so kalt gewesen war. Dann zog sie ihren Pulli endlich aus, unter dem sie noch ein schwarzes Top trug. Sie schnappte sich rasch ihr Handtuch und verschwand durch die Tür. „Bin erstmal duschen“, murmelte sie Emma noch zu.
    Dann ging sie ins Bad gegenüber und drehte den Schlüssel herum.


    OT: Und zweiter Teil.

  • Ein unangenehmes Gefühl weckte Blaine. Noch ehe er aus seinem traumlosen Schlaf gänzlich in die Realität zurückgekehrt war, streckte er die langen, erstaunlich schlanken Finger nach dem Gegenstand auf seinem Schoß aus und umschloss diesen intuitiv. Eine Rückwirkung seines Daseins als Delinquent, wo die Gefahr zum stetigen Verfolger wurde, den man an fast jedem Winkel eines Ortes anzutreffen vermochte.
    Das Metall, das er zu fassen bekam, fühlte sich kühl und glatt auf seiner Haut an und löste ein leichtes Empfinden von Sicherheit in ihm aus. Mit einem raschen Handgriff schnellte die Klinge aus ihrem matt schimmernden Gehäuse hervor und der Junge nahm das gestrige Spiel wieder auf, während sein noch von Müdigkeit getrübter Blick aus dem Fenster starrte, ohne das Vorüberziehende wirklich wahrzunehmen.
    Erst als die Geschehnisse des vergangenen Abends ihn wieder einzuholen begannen, erinnerte Blaine sich daran, wo er sich überhaupt befand und weshalb er hier war. Er verfluchte sich innerlich. Was zur Hölle war in ihn gefahren, dass er so unvorsichtig geworden war? Mochte er die letzten Nächte auch hauptsächlich durchgemacht haben und sein Körper vor Erschöpfung schreien, er hätte niemals tiefer als in einen schwachen Dämmerzustand fallen dürfen! Wusste der Teufel mit was für fragwürdigen Gestalten er hier durch die Gegend fuhr, geschweige denn, was in deren Köpfen alles rumspukte!
    Manch einem wäre das Misstrauen des Weißhaarigen wohl äußerst seltsam vorgekommen, wenn man bedachte, dass ein Großteil seines Umfeldes spontan zusammengewürfelte Jugendliche bildeten, die sich mehr oder weniger in derselben ratlosen Position befanden wie er. In seinen Augen jedoch gab es allen Grund stets auf der Hut zu sein und niemandem voreilig ohne Argwohn zu begegnen. Zu oft hatte ihn solche blinde Naivität früher schon in den Abgrund gestoßen. Viel zu oft. Zugegebenermaßen verhielt er sich gelegentlich vielleicht etwas paranoid, sich dies aber selbst einzugestehen, dafür war er schlichtweg viel zu stolz.
    Mit einem genervten Seufzer ließ der Jugendliche sich in seinem Sitz zurücksinken, nachdem sein Körper zuvor unbewusst in eine angespannt verkrampfte Haltung gefallen war, die er nun wieder löste. Während seines mehr oder weniger ungewollten Ruhezustandes hatte sich anscheinend nichts ereignet, was wirklich von Bedeutung wäre beziehungsweise ihn direkt betroffen hätte. Es bestand also offensichtlich kein Grund zur Alarmbereitschaft. Bisher jedenfalls.
    Er ließ das Taschenmesser – mittlerweile gelangweilt davon – kurzerhand wieder zuschnappen und in seiner Hosentasche verschwinden, ehe sein Blick müde zum Fenster zurückkehrte.


    Die Zeit verstrich, ohne dass Blaine sich wirklich rührte. Den Kopf auf die linke Handfläche gestützt und den Arm teils gegen das Glas gelehnt, starrte er nahezu apathisch die vorbeiziehende Landschaft an. Mit jedem Kilometer, der sie näher zum Ziel brachte, wurde er allerdings zunehmend unruhiger. Nicht nur die steigende Hitze störte ihn, sodass er sich mittlerweile seiner Kapuzenjacke entledigt hatte, die achtlos hingeworfen auf dem leeren Sitz neben ihm lag. Nein, der Umfang des Businneren war es, was ihm eher zu schaffen machte. Der Bus war lang, aber – und das war entscheidender – eng und er musste sich diesen Platz mit einer Menge weiterer Menschen teilen. Eine Situation, die ihm alles andere als passte. Er mochte es nicht, wenn zu viele Leute um ihn herum waren. Schon gar nicht, wenn für ihn dann nicht mehr der Freiraum vorhanden war, den er brauchte, um sich nicht völlig eingeengt zu fühlen. Aus diesem Grund mied er auch öffentliche Orte, Verkehrsmittel und reges Treiben generell. Es machte ihn nervös, solchen Dingen ausgesetzt zu sein. Über einen längeren Zeitraum hinweg, mit etwas Pech sogar aggressiv und aufbrausend. Und konnte er dem nicht entkommen, bestand ein durchaus hohes Risiko, dass er komplett aus der Haut fuhr.
    In diesem Falle blieb die Überreizung seltsamerweise jedoch aus. Blaine behagte die Gegenwart so vieler Personen nicht sehr, allerdings verspürte er weder den intensiven Drang sofort das Fahrzeug zu verlassen, noch erregten Kleinigkeiten seine Ärger.
    Doch ehe der Weißhaarige sich nähere Gedanken dazu machen konnte, zog etwas vollkommen anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren mittlerweile auf einem abgelegenen Feldweg angelangt und meilenweit ließ sich nichts sehen, was auf nahgelegene Zivilisation hindeutete – außer einem merkwürdigen Bau, der sich in keinster Weise in das Landschaftsbild einfügen wollte. Schon beim ersten Blick erweckte es bei dem Jugendlichen einen eher plumpen Eindruck. Einladend war eindeutig etwas anderes. Eine meterhohe Mauer, gekrönt von schmerzhaft anzusehendem Stacheldraht, umgab den riesigen Betonklotz und erinnerte stark an den abschreckenden Anblick eines Gefängnisses. Sofort keimte neues, tieferes Misstrauen in ihm auf.
    Wo zur Hölle war er diesmal gelandet? Trotz der verdächtigen Architektur glaubte er nicht so recht, eine Haftanstalt vor sich zu haben. Dennoch – worum auch immer es sich hier handeln mochte, er würde achtsam bleiben.


    Ein übergroßes Tor öffnete sich und ließ den Bus in den Innenhof vor, auf dem sich keine fünf Minuten später sämtliche Insassen, zu einer kleinen Gruppe zusammengeschlossen, versammelt hatten. Begrüßt wurden sie von einer jungen Frau in sportlicher Kleidung. Sie war zugegebenermaßen recht hübsch (was Zero, bizarrerweise der Anhänger weiblicher Schönheit schlechthin, auch augenblicklich mit einem gedanklichen Pfiff kommentierte) und schien ein herzliches Gemüt zu haben, von ihr ging jedoch nicht diese typische Ausstrahlung aus, die Blaine normalerweise dazu veranlasste, andere Menschen mit seiner tiefsten Abneigung zu bedenken. Ein Faktum, das ihn noch um einiges mehr irritierte, als der Mangel an Antipathie gegenüber seinen vermeintlichen Gleichgesinnten es schon tat.
    Es folgte eine kurze Vorstellung und Erklärung zum Gebäudekomplex von Seiten der Brünette, die sich zu Blaines wachsender Verwunderung als besagte Alicia herausstellte.
    Der Inhalt ihrer Einführung trug sein Übriges dazu bei, die Skepsis des Neunzehnjährigen auf ein vollkommen neues Niveau zu heben, sodass dieser es sich erst gründlichst überlegen musste, ob er den Anderen überhaupt folgen sollte, als sie nach und nach im Haus verschwanden. Privatschule, getarnt als Anstalt für die schweren Fälle der Gesellschaft; rotäugige Mädchen, die angeblich eine Person waren und Jugendliche mit außergewöhnlichen Fähigkeiten – das gab für Blaine durchaus alles einen Sinn, wenn man es durch einen speziellen Blickwinkel betrachtete: Zwerg Simon war hier offenbar bei weitem nicht der Einzige, der leichte Probleme mit seinem Verstand zu haben schien…
    Trotzdessen schloss er sich der restlichen Gruppe nach einigen Minuten Bedenkzeit an, wenn auch mit deutlichen Zweifeln im Hinterkopf. Wer wusste, was ihn hier noch alles erwarten würde?


    Alicia führte sie ohne irgendwelche Worte zu verlieren geradewegs in den ersten Stock, um genauer zu sein in eine beinahe riesig anmutende Bibliothek, wo sich die Truppe erneut an einem Punkt konzentrierte – diesmal in der Nähe eines Lesetisches, auf dem die angebliche Direktorin ihr (Zeros Meinung nach wohlgeformtes) Gesäß platziert hatte. Während ein Großteil der Jugendlichen ihrer Ansprache samt knapper Regelerläuterung zuhörte, die er selbst nur mit einem Ohr verfolgte, zog es ihn an die helle Fensterfront. Er mochte es nicht, mitten in der Menge zu stehen. Waren es nun Menschen, die er allgemein hasste oder wenige Individuen, deren Anwesenheit ihm im Grunde vollkommen gleich war, wenn er sie nicht unmittelbar ertragen musste. Lieber verfolgte er die Situation aus einer halbwegs sicheren Entfernung.
    Mit einigen schnellen Handgriffen saß er schließlich auf einem der Fensterbretter und wandte einen Teil seiner Aufmerksamkeit dem Geschehen zu. Der Rest wurde in seinem Oberstübchen gebraucht, wo einiges bereits auf Hochtouren lief. Schon seit geraumer Zeit versuchte ein furchtbarer Quälgeist lautstark auf sich aufmerksam zu machen, bisher ohne jeglichen Erfolg. Blaine hatte mittlerweile ziemliche Übung darin, Zero einfach vollkommen aus seinen Gedanken auszublenden und sein ewiges Gerede geflissentlich zu ignorieren (zumal sonst sämtliche Post nur ihn, ihn und nochmals ihn beinhalten würden). Da seine Nerven allerdings nicht die Härte eines Diamanten besaßen, wurde es auch ihm irgendwann einmal zu viel. Es waren gut ganze Stunden ins Land gegangen, seit der Weißhaarige aufgewacht und sofort von seinem "Körpergenossen" zugetextet worden war. Im Augenblick beschwerte dieser sich in unüberhörbarer Lautstärke wieder einmal darüber, dass Blaine auf seine Worte keinerlei Reaktion zeigte.
    "Hörst du geistig beschränkter Vollspacko einem wenigstens mal fünf Minuten zu oder hat's dir das letzte bisschen Hirn auch noch eingefroren?!"
    Mehr aus Langeweile als aus Erbarmen keimte der Entschluss auf, dem Schreihals zumindest für eine kurze Weile zuzuhören. Vielleicht hatte er ausnahmsweise mal etwas zu sagen, anstatt den üblichen sinnlosen Wortschwall loszulassen.
    "Was willst du, hn? Gleich vorweg: Wenn du nichts zu sagen hast, tu mir 'nen Gefallen und sei wenigstens mal für 'ne verfluchte Stunde still. Dein Geplärre hält ja kein Mensch auf Dauer aus~ Ansonsten: Fass dich kurz..."
    Der Tonfall war genervt, was an sich keine Seltenheit darstellte, jedoch enthielt seine Antwort erstaunlicherweise keinen noch so kleinen Funken Aggression. Eine Tatsache, die selbst Zero ein wenig zu erschüttern schien – allerdings hatte der Weißhaarige ihm soeben ungewollt Angriffsfläche geboten, die er auf keinen Fall ungenutzt lassen wollte.
    "Dir geht's schon gut, oder? Und mal abgesehen davon, seit wann bist du 'n Mensch?" Die letzte Frage betonte er absichtlich mit einer Spur Unglauben und der üblichen Portion Spott, was sein 'Partner' mit einem sarkastischen "Wenigstens bin ich kein dummes Hirngespinst mit Laberdurchfall" quittierte.
    Gut, dieser Provokationsversuch war nach hinten losgegangen. Zugegebenermaßen bereitete es ihm wirkliche Freude, einen Streit vom Zaun zu brechen, am besten einen der heftigeren Sorte, weswegen er auch sogleich den nächsten Versuch startete und diesmal zu einem Mittel griff, das immer Wirkung zeigte...
    "Nein, du hast ja Recht. Tut mir Leid, mein Fehler. Ich vergaß, dass du jemand bist, der nicht einmal ein dummes Hirngespinst unter Kontrolle halten kann~"
    Die Worte waren wohl gewählt und von ihnen trof der Hohn nur so. Zero liebte es, den Jungen zur Weißglut zu treiben und dazu war ihm absolut alles recht – selbst wenn er in die tiefste Wunde des Jugendlichen stechen musste, um seinen Spaß zu kriegen. Und dieser trat auch augenblicklich in die bereit gestellte Falle. Blaine spürte wie eisige Kälte ihn plötzlich übermannte, ehe sie von seinem Furor wieder gänzlich verdrängt wurde. Seine Aufmerksamkeit galt nun vollends dem, der seine Wut heraufbeschworen und somit seinen Willen ein weiteres Mal bekommen hatte...


    Eine ziemlich lange, von mittlerweile abgeklungener Erregung beherrschte Auseinandersetzung nahe der vollständigen Eskalation später, saß Blaine noch immer auf dem Fensterbrett, den Kopf träge gegen das kühle Glas gelehnt, durch das die Sonne erbarmungslos auf ihn herab glühte. Seine Haut schien blasser als sonst und die Erschöpfung hatte ihn wesentlich stärker gekennzeichnet. Die leichten Ringe unter seinen Augen waren etwas deutlicher zu sehen, die Arme lagen müde auf den Knien der angewinkelten Beine und die Finger hatten noch weitere oberflächliche Schnittwunden abbekommen, da er wieder das Taschenmesser in der Hand hielt und gedankenverloren mit ihm rumspielte. Sein ganzes Erscheinungsbild schrie regelrecht den zermarterten Zustand seines Körpers hinaus, was den Neunzehnjährigen allerdings nicht zu interessieren schien. Der Blick war starr nach draußen gerichtet, während der Verlauf des Konflikts in ihm noch allgegenwärtig war. Das erste Mal nach knapp einem halben Jahr hatte Zero gegen ihn wieder haushoch gewonnen. Ihm war nur zu bewusst, dass dieser Psychopath ihn stets auf's Neue damit zu ködern versuchte. Manchmal gelang es ihm, die Provokation einfach zu ignorieren, auch wenn es ihn viel Selbstbeherrschung kostete – und manchmal gelang es ihm eben nicht. So wie heute...
    Energisch versuchte er die Gedanken daran kopfschüttelnd zu verdrängen, ehe er ruckartig von der Fensterbank stieg und die Tür ansteuerte. Inzwischen war die Bibliothek so gut wie leer, Alicia war mit Simon irgendwohin verschwunden und die Anderen waren wohl Zimmer inspizieren. Ob sich hier noch irgendjemand aufhielt, juckte ihn im Moment herzlich wenig.


    Sein Ziel war das Wohnhaus. Er hatte beschlossen, sich für eine Zeitlang hier einzuquartieren. Zumindest bis er den Schlafmangel vollständig ausgeglichen und ein erstes richtiges Bild davon bekommen hatte, um was für einen Ort es sich hier genau nun eigentlich handelte. Je nachdem wie dann die Gesamtsituation aussah, konnte er seinen Aufenthalt noch verlängern oder augenblicklich verschwinden. Meterhohe Mauern und riesige Tore würden ihn davon jedenfalls nicht abhalten, zumal diese Alicia ausdrücklich betont hatte, dass jeder kommen und gehen konnte, wie es ihm beliebte.
    So führte ihn sein Weg also in das nächste Gebäude. Sein Schritttempo war trotz der zunehmenden Mattigkeit rasch, während er den gläsernen Gang hinter sich ließ und ohne großartig zu überlegen einfach den Korridor im Haus entlangmarschierte. Er wollte im Moment einfach nur seine Ruhe. Die durchwachten Nächte; die ewigen Zankereien mit diesem elenden Quälteufel – insbesondere die letzte – und die sengende Hitze machten ihm zu schaffen. Mochte er auch noch so viel aushalten können, irgendwann hatte sein Körper das eigene Limit erreicht. Und das war jetzt der Fall. Erschöpfung zerrte schwer an seinen Gliedern, die Augen taten ihm weh, die Sonne brannte kontinuierlich auf seine empfindliche, blasse Haut und löste in ihm das Gefühl aus, innerlich zu kochen. Er vertrug hohe Temperaturen nur in gewissen Mengen und ohne regelmäßige Abkühlung klappte er irgendwann zusammen.
    Seine höchste Priorität war demzufolge im Moment, einen kühlen bis kalten Ort zu finden, an dem er weitgehend von den Strahlen des Himmelsgestirns geschützt war. Sein Blick glitt suchend durch den Flur. Eventuell bot eines der Zimmer die Voraussetzungen, die er gerade so dringlich brauchte, um nicht den Kopf zu verlieren. Auch wenn die Chance in seinen Augen lächerlich gering war, einen Versuch kostete nichts.
    Ironischerweise war es ausgerechnet die Nummer Dreizehn, die am nächsten lag. Unwillkürlich musste der Jugendliche daran denken, dass ihn die Zahl irgendwie zu verfolgen schien. Sein Geburtstag, die Narbe an seinem Bauch... Vielleicht würde sie ihm dieses Mal ja ein klein wenig Glück bringen. Und selbst wenn nicht, es war nur ein schlichter Raum – wirklich gravierendes konnte da unmöglich geschehen.
    Er drückte die metallene Klinge herunter, wobei seine mittlerweile verschwitzten Finger fast abrutschten, und riskierte einen Blick durch den Türspalt. Das Zimmer schien leer, allerdings nicht unbewohnt. Die Vorhänge waren zugezogen und ein angenehm kühler Luftzug kam ihm entgegen. Besser hätte es nicht sein können.
    Vollkommen ungeachtet, ob er den Bewohner dieses Raumes eventuell später damit stören könnte, trat er ein. Mit einem Mal übermannte ihn die Erschöpfung der vergangenen Tage vollends. Sein Körper wirkte noch schwerer als zuvor und er konnte einen lauten Gähner nicht unterdrücken. Erholung war plötzlich wichtiger als alles andere, der Rest konnte seinetwegen warten, bis er schwarz wurde. Der Halbalbino steuerte geradewegs eines der beiden Betten an und schmieß sich achtlos darauf, die Kapuzenjacke glitt daneben zu Boden.
    Und keine paar Minuten später war er, der stets misstrauische und unnahbare Malefizbube, doch tatsächlich in einen ruhigen und traumlosen Schlaf gefallen...


    OT: Nach Monaten mal wieder ein Lebenszeichen von mir ^^"
    @Caith: Dann sind unsere zwei 'Halbalbinos' ab jetzt wohl Zimmergenossen c:

  • "Ich beiße mir die Lippe nicht absichtlich auf" antwortete Jasmin knapp. "Passiert sozusagen automatisch, schon bei 'ner kleinen Berührung. Also danke für die Erklärung und die Rettung und so. Bin dann mal duschen. Ich gehe davon aus, dass das hier mit Klamotten erlaubt ist?" Ohne eine Antwort abzuwarten zerrte sie ihren Rucksack zu sich heran, zog ungeschickt ein kleines Handtuch daraus hervor. Sie warf es über die Schulter und stapfte zur Tür, ständig darauf bedacht, ihre Lippe in Ruhe zu lassen.
    An der Tür wandte sie sich noch einmal um. "Die Idee mit der Spange war übrigens ernstgemeint, du würdest aber eine wirklich große brauchen, eventuell zwei. Oder du trägst einen Hut. Haargel könnte man wie gesagt auch ausprobieren..."


    OT@Sheewa: Finally! Und ja, es ist Müll! Aber ich hab dich mit meiner Inaktivität ja sozusagen auch in die Inaktivität gezwungen, also verzeih mir bitte. ^^

  • Gerade als Hong wieder verschwinden wollte, drängte sich ihr plötzlich ein überaus skurriles Mädchen auf. Ihre Kleidung war Hongs Ansicht nach überaus geschmacklos, so wie bei scheinbar fast allen anderen Leuten auf diesem Kontinent auch, doch stammte sie wohl zumindest aus einem anderen Land. In Xuan galten blasse Mädchen als schön, doch der Hautton dieser Göre war nicht mehr schön. Da ist wohl jemand als Kind in einen Kessel voller Bleichmittel gefallen. Jedenfalls starrte die hellweiße Gestalt in der viel zu knappen Kleidung sie an, als hätte sie irgendeine exotische Tierart vor sich. Die Xuanesin setzte ihr übliches Lächeln auf, doch wirkte es diesmal sichtlich eiskalt. Soll sie doch daran erfrieren. Wenn Hong nur wüsste...


    Das Mädchen stellte eine Frage an Artemis und Hong, war jedoch nur Hong zugedreht. Ein schrecklicher Faux-Pas, Unhöflichkeit der schlimmsten Sorte. Die junge Frau stieß einen genervten Seufzer aus, doch zu ihrer Verwunderung antwortete Artemis trotzdem.
    "Ja, wir sind tatsächlich neu hier. Genau genommen sind wir erst heute Mittag angekommen und, na ja, wir kennen uns noch nicht so sehr hier aus. Ich bin Artemis Faraday, und ich komme aus Celfora an der Westküste Ardonas. Ein angenehmer Ort, so weit ich mich erinnere. Warm."
    Roe warf dem Jungen, der sie gelinde gesagt eigentlich gar nicht interessierte, einen Seitenblick zu. Sie musterte ihn von oben bis unten, während er selbst sich nicht zu ihr umdrehte. Sie legte den Kopf etwas schief und wog ab, ob sich diese Informationen durchzudenken lohnte, beschloss dann aber, es zu lassen. Wenn warm seines Ermessens angenehm war, dann hatten sie nicht viel gemeinsam und dementsprechend hatte er für sie nichts Interessantes zu bieten. Er war ein Stück größer als sie und mit seinen (und das erkannte selbst Roe, die mit Mode nicht viel am Hut hatte) geradezu antiken Klamotten sah er ihrer Meinung nach ein wenig lächerlich aus. Dazu schwarze, strubbelige Haare, als hätten sie seit Jahren keine Bürste mehr gesehen... Alles in allem sah er zwar interessant aus, aber nicht diese Art von interessant, die sie dazu bewegte, sich länger mit ihm aufzuhalten. Eher... Merkwürdig.
    Hong gesellte sich neben Artemis, bevor die Situation zu unangenehm wurde und nickte wie üblich seine Aussagen einfach lächelnd ab. "Ja. Celfora, ich besuchte es nicht. Amruo ist nicht die Welt von mir. Übrigens, ich komme aus Ardona Osten, Junge Dame."
    Eigentlich wäre sie ja schon verschwunden, eigentlich. Die Höflichkeit untersagte es allerdings, jetzt einfach so abzuhauen.
    Roe wandte sich augenblicklich zur viel interessanteren Stimme der viel interessanteren Frau um. Und tatsächlich, da waren diese grammatikalischen Fehler, die es für sie schwer machten, den Sinn zu erkennen, aber eindeutig verifizierten, dass sie der Sprache fremd war. Ardona... Ardona... Ja, das kam ihr bekannt vor. In einem der letzten Bücher, die ihr Vater ihr gegeben hatte... Ja, da stand mit Sicherheit etwas über Ardona. Und eins stand fest, das wollte sie wissen.
    Ohne eine weitere Antwort, die Augen in die Ferne gerichtet, drehte sich Roe auf der Stelle um und marschierte davon. Dass es mehr als nur unhöflich war sich nicht mal zu verabschieden... Naja, darauf kam sie nicht. Ihre Eltern hatten ihr all ihre Fehler immerzu durchgehen lassen, und sonst war sie nie großartig in Kontakt mit Menschen gekommen. Nicht einmal Hongs Seufzer hatte sie als Zeichen des Missmutes verstanden.
    Sie wollte gerade den Glastunnel zu den Zimmern passieren, da fiel ihr das Gewicht in ihrer Hand auf. Das Buch über Pflanzenkunde lag noch immer darin. Sie drehte sich noch einmal um, ging zielgerichtet auf das Regal zu und ignorierte hierbei auch Artemis und Hong vollkommen. Roe drückte die Lektüre schnell in die Lücke hinein, stürmte diesmal noch sehr viel schnelle hinaus.
    Im Gang zu ihrem Zimmer beschlich sie dann ein merkwürdiges Gefühl. Es war kühler hier als sonst, und schon bald erkannte sie den Grund.
    Die Tür zu ihrem Zimmer stand einen Spalt weit offen, und sie war sich sicher, dass sie sie geschlossen hatte. Niemals im Leben würde Roe sie einfach offen stehen lassen- solche Dinge vergas sie nie.
    Aurore schloss ihre Augen und konzentrierte sich auf das schwarze Nichts vor ihr. Ein kurzer Blitz schoss durch ihr Sichtfeld und Schmerz pochte in ihren Schläfen. Als die bernsteinfarbenen Iris wieder aufleuchteten, war ihre Sicht bunt. Naja, mehr oder weniger. Sie stand gerade vor ihrem Zimmer, und darin war es ziemlich kalt, deswegen auch die blau violette Färbung. Zugegeben, sie war weit nicht so dunkel wie die daheim, aber immer wenn Roe sie sah, durchfuhr sie so etwas wie Zuversicht. In Kälte fühlte sie sich so geborgen wie andere in Wärme.
    Jetzt gerade allerdings konnte sie nur die Augen zusammenkneifen. Im Wärmekamera Modus konnte sie auch durch Wände sehen, und das, was sie im Zimmer 13 erblickte, gefiel ihr ganz und gar nicht.
    Seit fünf Monaten lebte sie nun alleine. Keine Sekunde hatte sie einen Zimmerpartner gehabt. Gut, ja, da war diese eine Stunde gewesen, in der dieser Erleuchtete aus Adyna versuchte hatte, sich anzupassen. Allerdings beharrte Roe auf ihrem Recht, die Klimaanlage so tief zu drehen wie möglich, und das gefiel dem Jungen, der Wärme gewöhnt war, rein gar nicht. Er versuchte eine hitzige Diskussion zu führen, gab aber schnell auf, weil so etwas mit Roe nicht möglich war. Sie feuerte alle Argumente, die sie finden konnte innerhalb von fünf Minuten auf ihn. Erschlagen suchte er das weite, und Aurore hatte die Schlacht um ihr Reich gewonnen.
    Jetzt allerdings hob und senkte sich dort in ihrem Bett der Brustkorb einer großen Gestalt und das so regelmäßig, dass sie sich sicher war, dass diese Person schlief. Im inneren Strahlte ein großer Fleck dunkelrot, aber dort, wo das Innere aufhörte und die Haut begann, schimmerte sie türkis-blau. Aurore staunte nicht schlecht. Wie sie gelesen hatte, war es normalen Menschen nicht möglich, in so einer Kälte zu schlafen, oder zumindest empfanden sie es als höchst unangenehm. Was trieb diesen Menschen dazu, in ein fremdes Zimmer einzutreten, sich in ein fremdes Bett zu legen und dort in Seelenruhe ein Nickerchen zu halten?
    Trotzdem war Vorsicht geboten. Wenn diese Person irgendetwas in ihrem Zimmer angefasst hatte… Vorsichtig schlüpfte Roe hinein und das erste, was ihr auffiel war, dass der große junge Mann (sie schätzte ihn etwas älter als sie selbst) einen langen Arm weit von sich gestreckte hatte. Dabei schien er auch ihr Jagdmesser vom Nachttisch gefegt zu haben, was ihr noch viel mehr Grund dazu gab, ihm gegenüber ärgerlich zu sein. Schnell bückte sie sich, robbte etwas herüber und griff sich die Familienwaffe. Als sie es aus dem Fellbehälter nahm, in welchem es schon immer verstaut worden war, atmete sie erleichtert auf. Die Klinge war noch vollkommen in Ordnung, nicht einmal der kleinste Kratzer.
    Allerdings schien der Junge sie gehört zu haben, da er einen lauten Atemzug ausstieß, der Roe zusammenfahren ließ. Er schlief daraufhin jedoch selig weiter, als wäre nichts geschehen. Mit gezücktem Messer in der Hand schlich sie sich um das Bett herum, stieg dann vorsichtig darauf. Aurore überlegte. Wie konnte sie jemanden, der größer war als sie am besten bekämpfen, im Falle des Falles? Sie glaubte nicht, dass er stärker war als sie, denn sie besaß eine gewisse Stärke, die man dem zierlichen Mädchen nicht zutraute, allerdings könnte er sie überrumpeln. Sie musste ihn also fixieren.
    Als er sich wieder flach auf den Rücken legte und die Arme von sich streckte, sah sie ihre Gelegenheit. Roe setzte sich auf seinen Bauch und verteilte möglichst viel Gewicht darauf, beugte sich vor und griff mit einer Hand seinen Arm, mit dem rechten hielt sie ihm die Klinge des silbernen Jagmessers an die Kehle, presste ihren Ellbogen in seinen noch freien Oberarm. Das musste ziemlich wehtun, da sie genau den Muskel traf. Als er dann schließlich die Augen öffnete war Roe mit ihrem Gesicht keine zwanzig Zentimeter von seinem entfernt, mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen. Ein Teil ihrer Haare hin in seinem Gesicht, allerdings interessierte sie das gerade nicht. Sobald er sich seiner Situation bewusst war, raunte Roe ihm eindringlich zu:
    „Wer bist du, und was machst du in meinem Zimmer?“




    OT: Der erste Teil ist natürlich mit Chao abgesprochen, der letzte dann Selbstregie. Also dann, Fatalis, hilf Blaine aus dieser... misslichen Situation xD
    Btw, MentalChobobo, bist du sicher, dass du Ardona meintes und nicht Amruo? Ich dachte, dass Amerika als Vorbild für Amruo dient. Vorallem wenn man bedenkt, dass ich in Ardona nicht wirklich ne Westküste ausmachen kann o.o

  • Als ihre Zimmergenossin scheinbar wütend aus dem Zimmer rauschte, zuckte Marie nur mit den Schultern, es kümmerte sie nicht. Immerhin war sie nicht der Babysitter für dieses kleine Blondchen. Nun, wieder allein, schlüpfte die Streunerin wieder in ihre schweren Stiefel, hob das Handtuch vom Boden auf und Hängte es über die Lehne des Stuhls auf ihrer Seite. Dann schob sie ihre wenigen Habseligkeiten wieder in die Taschen ihrer Hose und verließ das Zimmer wieder. Nur ihren schwarzen Ledermantel ließ sie zurück. Sie brauchte ihn bei dieser Hitze nicht und er zeigte anderen, dass dieses Zimmer schon besetzt war.


    So stieg sie die Treppe herunter und begab sich in den wirklich großen Garten. Bereits nach wenigen Minuten an der frischen Luft, waren ihre Klamotten schon von der Sonne getrocknet worden, was Marika aber auch nicht sonderlich beachtete. Dafür beachtete sie den lauten Gong, der über das ganze Gelände schalte. Es war eindeutig ein akustisches Signal, aber was mochte es bedeuten? Die Erleuchteten, die wohl schon etwas länger hier waren, ließen alles stehn und liegen und machten sich auf den Weg zum Schulgebäude. Schulterzuckend folgte Marie einigen, die aber zuerst im Wohnhaus vorbeischauten, um sich die Hände zu waschen. Anschließend stiegen sie in dem deutlich kleineren Schulgebäude bis ganz nach oben und gelangten in einen Raum, indem Unmengen von Tischen standen. Die Erleuchteten standen an der Theke, wo das Abendessen, Spagetti wahlweise mit Tomatensoße oder Bolognese, ausgegeben wurde. Es roch wirklich sehr lecker und auch Marie holte sich einen großen Teller, natürlich mit Fleisch. Als sie sich dann nach einer Sitzgelegenheit umsah, erkannte sie, dass sie sich zuvor getäuscht hatte. Es gab zwar viele Tische, aber einige waren auch zu langen Tischreihen zusammengeschoben. Da noch nicht viel belegt war, wählte Marie einfach den nächst besten Platz und fing an zu essen. Es war wirklich gut, die Küchentruppe, angeführt von einer mürrischen Köchin, verstanden ihre Arbeit.


    Es waren noch nicht einmal alle bedient, als Alicia fröhlich in die Kantine kam, sich ebenfalls einen Teller Essen nahm und sich gut gelaunt zu den Kids setzte. Nachdem die meisten dann ihre erste Portion vertilgt hatten und sich bereit machte, um sich einen Nachschlag zu holen oder den Speisesaal zu verlassen, erhob sich die junge Chefin. „Bitte hört mir einen Moment alle kurz zu.“, verschaffte sie sich gehör, „Da wir heute viele Neuzugänge haben, würde ich gerne die traditionelle Einführung hier und in der großen Runde vornehmen. Die unter euch, die hier schon eine Weile sind, können weghören, ihr wisst es ja schon alles. An die Neuen; Erst einmal noch mal herzlich willkommen bei uns in der Morgan-Fox-Anstalt. Entschuldigt bitte, dass eure Einweisung warten musste, aber ich musste noch schnell mich um jemand anderen kümmern. Ich bin sicher, ihr habt viele Fragen und ich werde mich bemühen sie euch alle zu beantworten. Aber vielleicht lasst ihr mich fürs erste erzählen, denn was ich erzählen will, ist eure Geschichte:


    Es ist nun etwas mehr als fünfzehn Jahre her, da trafen sich am 19.07.3472 in Erana die geistigen Köpfe der sogenannten ‚Bruderschaft der Sterne‘, um wie sie es nannten, über das Schicksal der Welt zu beraten.“ Sie schnitt eine Grimasse und auch ihre Stimme machte unmissverständlich klar, wie wenig sie davon hielt. „Bei dieser Bruderschaft handelt es sich um eine Sekte, die von machtgierigen, alten Säcken geleitet wird und die sich selbst das Recht nimmt, jederzeit auf das Vermögen aller ihrer Mitglieder zugreifen zu können. Schlimmer noch, Menschen sind für sie auch nicht mehr wie Besitz und so erhebt sie schon von Geburt an Anspruch auf die Kinder ihrer Mitglieder und bestimmt, was diese werden, um der Bruderschaft am besten helfen zu können. Ein Austritt aus dieser Vereinigung ist praktisch unmöglich und die einzige Möglichkeit effektiv gegen sie vorzugehen, ist es, die Gesetzte des Landes, in dem man sich befindet gegen sie anzuwenden. Denn auch, wenn es diese Herrschaften nicht besonders erfreut, sie sind noch lange nicht die Herren der Welt.
    Jedenfalls hatten diese Männer die Vermutung, dass die finsteren Bestien, die auf dieser Welt existieren und ich denke, ihr wisst inzwischen, was ich damit meine, würden einen Komplott gegen die Menschheit planen, um diese zu vernichten. Aufgrund dieser Vermutung, die wirklich nichts weiter war, als eine beweislose Vermutung, beschlossen die hohen Herren der Bruderschaft, ein altes Ritual abzuhalten, bei dem das Licht des Sterns des Ewigen Lichtes, welches von Geburt an in jedem Menschen liegt, zum Vorschein bringen wollten. Das Licht sollte den Betroffenen übermenschliche Kräfte bescheren, mit denen es, so die Ordensbrüder, ein Leichtes sein sollte, die Wesen, die angeblich schon seit Beginn der Zeit mit uns diese Erde bewohnen und den Legenden nach unbesiegbar sind, zu vernichten. Ferner würde sich am Körper dieser Personen ein Zeichen zeigen, welches als äußeres Zeichen seiner Macht gewertet wurde. Aber dieser Schritt hatte einen Preis. Einen Preis, den die höchsten der Bruderschaft aber bereit waren zu zahlen. Warum denn auch nicht, immerhin waren es nicht sie selbst, die die Folgen ihres Handelns würden ausbaden müssen, sondern jene in denen das Licht erwachen würde. Babys, Säuglinge und kleine Kinder bis zum Alter von vier Jahren, aber auch ungeborene Embryos. denn die Intensität des Lichtes im Körper nimmt mit zunehmendem Alter ab. Nur in jungem Alter ist das Licht stark genug, um auf das Ritual zu reagieren. Aber der Preis, der Preis war der Verlust, jemals Liebe von einem andren Menschen geschenkt zu bekommen oder jemals seinen normalen Menschen lieben zu können, selbst, wenn es die eigene Mutter ist. Diese Kinder von damals, seid ihr und man nennt euch ‚Erleuchtete‘ nur wenige Minuten, nachdem das Ritual vollzogen war, verkündeten die Ordensväter, dass alle Erleuchteten, egal wo auf der Welt sie sich befinden würden und welcher Religion sie angehören würden, mit sofortiger Wirkung Eigentum der Bruderschaft der Sterne wären. Das dies aber sämtlichen bekannten Menschenrechten wiederspricht, kümmerte sie nicht, immerhin würden diese kleinen ‚Superwaffen‘ von der Bruderschaft nicht als Menschen anerkannt werden.
    "
    Sie blickte sich in der Runde um. „Glaubt mir, für die Bruderschaft seid ihr nur Waffen, die eingesetzt werden müssen, um die finsteren Bestien zu bekämpfen. Ob ihr dabei sterbt, ist ihnen egal. Laut den Bestimmungen der Bruderschaft, dürft ihr auch eingesetzt werden, um die Bruderschaft zu bereichern, oder deren Ziele zu unterstützen. Allerdings, und das freut mich ungemein, haben die guten Herren einen großen Fehler begangen. Offenbar haben sie geglaubt, es wäre sehr einfach, die Kinder, die von dem Ritus verändert wurden, ausfindig zu machen. Vielleicht glaubten sie, es würden schon bald massenhaft Meldungen über kleine Superhelden eingehen, aber diese blieben aus. Die Erleuchteten bewiesen schon in jungen Jahren, dass sie über die erstaunliche Fähigkeit verfügten, einfach zu verschwinden. In den letzten fünfzehn Jahren gelang es der Bruderschaft, bei der natürlich nur die höchsten Mittglieder von eurer Existenz wissen, genau fünf von euch habhaft zu werden und an keinem dieser Jugendlichen hatten sie lange Freude. Die ersten beiden benutzen ihre Kräfte, um sich aus dem Staub zu machen, als die Herren der Bruderschaft sie einsperrten und ihnen erklärten, dass von nun an jedes Recht, was sei einmal besessen hatten, nicht mehr für sie gelten würde und sie nur noch Waffen wären. Die anderen drei hatten nicht dieses Glück. Sie konnten nicht fliehen, aber keiner von ihnen war bereit, sein Leben aufzugeben und als Werkzeug von habgierigen Herren zu enden, weswegen sie sich selbst umgebracht haben. In gewisser Weise arbeite auch ich mit der Bruderschaft zusammen, allerdings entzieht sich alles, was sich in diesen Mauern befindet, ihrer Kontrolle. Alle von euch, sind durch ein schönes Netz, welches ich mit Hilfe einiger sehr … raffinierten Anwälte gesponnen habe, durch das Land Wejau selbst vor der Bruderschaft sicher, sie dürfen lediglich wissen, wo ich mich niedergelassen habe, da wir alle sonst permanent durch Übergriffe belästigt werden würden, aber keine Angst, die letzten zwei Priesterchen, die hier hergeschickt wurden, um euch ihrem ‚wahren‘ Glauben zu überführen, haben das Gelände beinahe fluchtartig wieder verlassen und das ohne Abschiedsgruß. Sie haben auch schon mindestens dreimal gegen uns geklagt, von wegen ich würde ihnen ihr Eigentum vorenthalten, allerdings konnten wir die Richter überzeugen, dass das Gerede von irgendwelchen Superhelden völliger Schmarn ist, ich meine, welches Gericht glaubt schon an so etwas und immerhin ist jeder von euch völlig legal hier und rechtlich zweifelsfrei meiner Obhut unterstellt. Behörden, Polizei oder gar die Bruderschaft, hier kann euch niemand etwas anhaben und sollte jemand an euch herankommen, der kriminelle Absichten verfolgt… nun, sagen wir einfach, wir haben einen Keller, der besser bestückt ist, wie jedes Gangversteck und mindestens drei schießwütige Erwachsene und ein ganzes Haus voller“ sie zwinkerte verschwörerisch „Superkids, von denen die meisten auch geübt im Umgang mit Schusswaffen sind. Also, das wars, irgendwelche Fragen?“

    „Ja
    “, meldete sich Marika fast gelangweilt, „Wer oder was sind sie? Und was für eine Rolle spielen Sie bei dem ganzen?
    Ich bin ein ehemaliges Mittglied der Bruderschaft, genaugenommen eine der sechs Jungdiener der Bruderschaft, die bei der Entscheidung und dem Ritus anwesend sein durften. Ich wurde in die Bruderschaft geboren und es wurde entschieden, dass ich zur Predigerin ausgebildet werden sollte. Es ist aber nicht so weit gekommen, ich erkannte knapp eine Woche nach dem Ritual, das ich in der vierten Woche schwanger war und bin mit knapp vierzehn Jahren abgehauen. Zehn Jahre später erreichte ich per Gericht meine Austragung aus der Bruderschaft und danach adoptierte ich Simon, Kasumi und Tomomi, um diese rechtlich von der Bruderschaft und sonstigen Irren, die meinten, Kinder seien nur Besitz. Simon ist mein leiblicher Sohn, auch wenn ich es als sicherer angesehen habe, ihn als meinen Adoptivsohn auszugeben. Ich wusste von der ersten Sekunde, als ich von der Schwangerschaft erfahren habe, dass er ein Erleuchteter sein würde und betete zur Rosetta Liuroum, sie möge mein Kind verschonen, davor verschonen, gezwungen zu sein, von einer Mutter geboren zu werden, die nicht in der Lage wäre ihn zu lieben. Und ich bekam genau, was ich mir gewünscht hatte, denn der Stern gab mir eine Möglichkeit, ihm doch eine liebende Mutter zu sein und weiterhin gab er mir das Geschenk, jeden von euch, wie eine Mutter, lieben zu dürfen. Dafür sind meine Fähigkeit im Umgang mit normalen Menschen stark verkümmert, aber das ist ein Preis, den ich gerne zahle.“, antwortete die Chefin lächelnd, „Noch etwas, meine Liebe?
    Aber Marika hatte genug gehört. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie dieser Frau glauben sollte, aber eigentlich war es egal, sie würde hier nicht lange bleiben. Also lauschte sie den Fragen der anderen.

    OT: Will noch wer anders was fragen?^^


    Ups, Farben vergessen^^"

    Öffne die Pforte, durchschreite das Tor und betritt eine Welt, wie du sie dir in deinen kühnsten Träumen vorgestellt hast. Eine Welt, in der Wunder Wirklichkeit und Kinder nie erwachsen werden.
    Doch ohne Hilfe werden die Traumlande schon bald vom Albtraum regiert, den die bösartigen Nachtmahre sind mächtiger als je zuvor.


    Das Abenteuer und der Kampf um die Welt der Träume hat begonnen!
    The endless Night of Dreams

  • :ot: : Amruo. Ardona. Och, crap. In letzter Zeit schreibe ich fast nur noch Blödsinn zusammen. Ja, es war Amruo gemeint. Ich werde das jetzt nicht editieren, damit zukünftige Erleuchtete wissen, worum es denn geht (denn es ist ja so wichig *sarcasm*).


    Artemis' Magen knurrte, auch wenn es niemandem auffiel. Das blasse Mädchen mit dem unbekannten Akzent war schon wieder gegangen, ohne nähere Informationen über sich selbst zu geben, und jetzt fragte er sich, ob und wann es hier Essen gab...
    Ein äußerst nahrhaft klingender Gong beantwortete seine Frage nahezu sofort. Draußen auf dem Hof bewegten sich die Erleuchteten allesamt auf das Gebäude, in dem sich Artemis und Hong gerade befanden, zu, also gab es das Essen wahrscheinlich irgendwo hier. Und da begann der Duft - irgendwo weiter oben entfaltete sich der Duft von Tomatensoße und wehte durch das Treppenhaus bis in die Bücherei. Es war ein herrlicher Duft.


    Artemis drehte sich vom Fenster weg und ging ein paar Schritte in Richtung Ausgang, dann drehte er sich zu Hong um. "Kommst du?", fragte er. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir rauf müssen. Das hörte sich doch sehr nach 'Es gibt Essen, bewegt euch' an." Ohne weiter zu warten, verließ er die Bibliothek und stieg die Treppe hinauf zur Mensa.
    Während er die Treppe hinaufstieg, stellte er fest, dass er heute tatsächlich außergewöhnlich stark mit sich selbst im Reinen war. Heute hatte er gar keinen Grund gehabt, sich aufzuregen, nichts und niemand hatte ihn genervt. Wenn dieser Zustand anhielt, würde er tatsächlich hier bleiben. Wenn er anhielt.
    Als einer der ersten in der Mensa konnte er sich noch seinen Platz aussuchen. Da sein Bedarf an zwischenmenschlichen Kontakten für heute gedeckt war, suchte er sich einen Platz, der ziemlich weit weg von den besetzten Plätzen war, aber doch nahe genug an der Essensausgabe, um die Laufzeit zwischen seinem Platz und der Theke erheblich zu verkürzen.
    Zuerst einmal zog er jedoch seinen Mantel aus - die langen Ärmel störten beim Essen nur, und es wäre sehr schade, wenn er diese mit Tomatensoße bekleckern würde. Sorgfältig hängte er den Mantel über seinen ausgewählten Stuhl, um anderen Leuten zu signalisieren, dass dieser Platz bereits besetzt sei. Dann erst war er bereit, sich einen Teller von was-auch-immer-mit-Tomatensoße-zu-tun hatte zu holen.


    Er holte sich einen Teller von einem seperaten Beistelltisch und stellte sich dann am Ende der Schlange an. Dieser Schlange hatte das Geflüster und Gekicher einer normalen Schlange von Jugendlichen - die Leute, die hier anstanden, waren anscheinend nicht samt und sonders Einzelgänger wie Artemis. Tja, sie waren schließlich "Erleuchtete" - er wusste immer noch nicht genau, was er von der Sache halten sollte, aber es war offensichtlich, dass er kein normaler Mensch war. Da konnte er genauso gut "Erleuchtet" sein. Aber... was genau bedeutete "Erleuchtet" eigentlich?


    Die Köchin, die ganz vorne das Essen verteilte, war offensichtlich keine Erleuchtete und hatte auch nicht die Fähigkeit Alicias, Erleuchteten sympathisch zu sein; sie wirkte wie eine Frau, die jedem, der jünger ist als sie, Betrügerei in Sachen Alterungsprozess vorwerfen wollte; und sie war ganz sicher nicht bereit, Ausreden wie das Geburtsjahr durchgehen zu lassen.
    Als er an der Spitze der Schlange ankam, setzte er eine Miene auf, die ebenso finster und mürrisch war wie die der Köchin. Schwer fiel es ihm nicht; die Frau strahlte eine Unzufriedenheit mit der gesamten Welt aus, die unweigerlich auf jeden anderen übergriff. Und er war bereits ziemlich unzufrieden mit der Welt gewesen, bevor er hierher kam. Nun, die Erleuchteten vor ihm hatten auf ihren Tellern Spaghetti mit Bolognesesauce - oder Ragú, wie es in der Heimat der Sauce hieß - oder Sauce Napoli getragen, also sollte er vielleicht hier anschließen. "Ich nehme die Spaghetti Napoli," sagte er zu ihr, wobei er Acht gab, nicht zu knurren. Die Köchin gab ihm einen abschätzenden Blick, wobei sie an seiner Kleidung hängen blieb. "Neu hier, oder?", grollte sie. "Keine Ahnung, wo du herkommst - oder von wann - aber hier gibt es nur das, was ich hier habe."
    Artemis blickte in die Töpfe, auf ein helleres und ein dunkleres dickflüssiges Rot. Momentan hatte er keine Lust, sie zu berichtigen. "Dann die normale," meinte er, nahm die normale Sauce entgegen und ging zu seinem Platz, um den sich bereits eine Traube gesammelt hatte. Gute Idee, die Jacke zu platzieren. Einige Gesichter kamen ihm noch aus dem Bus bekannt vor.


    Kurz darauf trat Alicia ein und verkündete, dass sie eine kleine Ansprache mit Erklärungen für die neuen Mitglieder halten würde. Das hörte sich doch interessant an, also wandte sich Artemis mit halb erhobener Gabel zu ihr um. Was genau sind die Erleuchteten jetzt?


    Eine Viertelstunde später war Alicia mit ihrer Ansprache fertig. Artemis Gabel befand sich immer noch an Ort und Stelle, jetzt rutschte sie ihm aus seiner schlaffen Hand und knallte auf den Teller. Durch die Mütze waren seine Augen nicht direkt erkennbar, aber der Ausdruck in ihnen hatte sich entscheidend verändert. Vorher hatten seine Augen halbwegs interessiert geblickt; als würde etwas im Radio laufen, über das er gerade nachgedacht hatte. Nun blickten sie nur noch ungläubig.
    Also war er nicht von irgendeiner höheren Macht auserwählt worden. Simple Menschen hatten ihn in einem Zufallsprozess zu dem gemacht, was er jetzt war, und nicht nur das - sie hatten ihm jede Chance zu einer freundschaftlichen Interaktion mit normalen Menschen genommen, obwohl ihm in diesem Moment nicht einfiel, inwiefern das ein Nachteil war. Fakt war, sie hatten ihm etwas genommen.
    Zuerst wollte er das alles verneinen, sich davon lossagen, Alicia und den Rest der Welt des Lügens bezichtigen; aber er erkannte, dass das nur der erste Schritt einer Reihe von Reaktionen war, an deren Ende Akzeptanz stand. Und er wollte es nicht akzeptieren.
    In solchen Momenten brach wieder der Hass durch; der Hass auf die Menschen, auf ihren unverdienten Platz als Krone der Schöpfung, obwohl es doch eindeutig ihnen überlegene Kreaturen gab. Letzten Endes war er doch nur wegen ihnen die höhere Lebensform; und dieses Wissen schmerzte...


    Mit einer zitternden Hand nahm er die Gabel wieder an sich. Momentan hatte sich eine Fragerunde gebildet; und es gab eine Sache, die Artemis zwar nicht fragte, aber ihn dennoch beschäftigte - wie konnte das sein? Nicht die Sache mit dem Ritual und der Rosetta; wie konnte es sein, dass die Menschen sie tatsächlich als Waffen einsetzen würden? Einige der Erleuchteten, die schon länger hier waren, sahen aggressiv genug aus; und die Monstertöterin vielleicht auch - aber sich Laverne oder einige andere in ihrer Gruppe (oder, wenn man genau darüber nach dachte, ihn selbst) als Waffen gegen die Bestien vorzustellen, war für Artemis schon fast unfreiwillig komisch.


    Er räusperte sich. "Pardon, Ma'am," fing er an. "Sie sagten, wir sollten ursprünglich zu "Waffen" gegen diese Monster werden. Wie hatten die sich das denn vorgestellt? Ich kenne meine Fähigkeit sehr gut, und obwohl sie nützlich ist, kann ich sie mir nicht als waffentauglich gegen diese verhornten Biester vorstellen. Wir haben auf dem Weg hierher eins gesehen, und abgesehen von zwei, drei Leuten war niemand wirklich in der Lage, dem Vieh etwas zu tun."

    No time to search the world around
    'Cause you know where I'll be found
    When I come around
    When I come around, yeah

    Einmal editiert, zuletzt von Tungsten. ()

  • Alicia blickte den Jungen mit den altertümlichen Klamotten anerkennend an. „Natürlich hast du Recht, aber wenn normale Menschen von ‚besonderen Kräften‘ hören, denken die meisten gleich an einen nahezu unbesiegbaren Comic-Superheld, mit Flugfähigkeiten, Superstärke, Unverwundbarkeit und Laserstrahlen schießenden Augen wie Supermann. Daran, dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht denken sie nicht.“, erklärte sie lächelnd, „Eure Kräfte sind genau das, was der Stern im Moment des Rituals als das am besten zu euch Passende gesehen hat, so meine Vermutung. Auch hier sind die Herren von der Bruderschaft einem Irrglauben erlegen, da sie dachten, jeder Erleuchtete würde zu einer schier unaufhaltsamen, willenlosen Kampfmaschine mutieren. Etwa eine Woche, nachdem ich wieder Kontakt mit der Bruderschaft aufgenommen habe, kam ein Diener der Bruderschaft und wollte von mir drei kugelsichere Soldaten ohne Hemmungen haben, die er dem Polizeipräsiden in Sousil zum Geschenk machen wollte. Wir haben ihn alle ausgelacht. Mal abgesehen davon, dass ihr kein Besitz der Bruderschaft seid und man euch nicht einfach so verschenken oder anfordern kann, nicht, dass ich das je zulassen würde, ist diese Annahme geradezu lächerlich. Einer der älteren hat den guten Herren, als dieser sich beschwert hat, meine Schützlinge hier hätten keine brauchbaren Kräfte, mal schön gefragt, was er sich denn einbilde, seine eigene Kraft wäre doch noch schlechter, nämlich gar nichts. Darauf haben wir den Spinner hochkant rausgeworfen und jeden Prediger der Bruderschaft, die geschickt wurden, um alle hier zu ‚bekehren‘.“


    OT: Sousil ist übrigens die Hauptstadt von Wejau

    Öffne die Pforte, durchschreite das Tor und betritt eine Welt, wie du sie dir in deinen kühnsten Träumen vorgestellt hast. Eine Welt, in der Wunder Wirklichkeit und Kinder nie erwachsen werden.
    Doch ohne Hilfe werden die Traumlande schon bald vom Albtraum regiert, den die bösartigen Nachtmahre sind mächtiger als je zuvor.


    Das Abenteuer und der Kampf um die Welt der Träume hat begonnen!
    The endless Night of Dreams

  • Nachdem alle in ihre Zimmer eingeteilt waren, hatte Tomomi nun die Freiheit, die sie früher immer genoss: Wie ein Geist durch die Anstalt wandern. Sie war mittlerweile unter den anderen Erleuchteten berühmt dafür irgendwo plötzlich aufzutauchen, wo man sie am wenigsten erwartet. Dies nutzte die Mumie aber weder für Spionage noch für andere böse Absichten. Sie beobachtete einfach gerne andere, ohne mit ihnen in Kontakt zu treten.
    Diesmal wollte sie aber zum Tor, um ihre Mama direkt in Empfang zu nehmen und ihr mitzuteilen, was für einen guten Job sie bei den Neulingen gemacht hat. Alicia kam kurze Zeit später an und hatte Tomomi ziemlich schnell am Ärmel: "Wilkommen zu Hause, Mama. Ich habe mich um alles gekümmert....auch um deinen Brief.", fügte sie zögernd noch hinzu, denn ihr gefiel die Tatsache, dass jetzt jemand mit ihr ein Zimmer teilte, immer noch nicht. "Das freut mich sehr Schatz. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.", gab Alicia erfreut zurück. Auch wenn Tomomi nicht lächelte, was sie eigentlich nie tat, so konnte man in ihrem Auge sehen, dass sie sehr glücklich über das Lob war. "Es wird langsam Zeit für das Essen, kommst du mit?", fragte Alicia und normalerweise hätte die Mumie sofort Ja gesagt. Aber sie erinnerte sich sofort an ihren neuen Zimmergenossen und seinen kaputten Augen. "Geh schon mal vor Mama. Ich komm gleich.", antwortete sie und rannte zurück zum Wohnhaus. Da Aru jetzt in ihrem Zimmer wohnte, musste sie sich auch um ihn ein bisschen kümmern, das war eine Regel in der Anstalt. Und wenn er verhungern müsste, weil er mit den kaputten Augen nicht die Kantine fand, wäre Mama bestimmt sauer auf sie, was Tomomi um alles auf der Welt verhindern wollte.
    Aru saß noch immer im Zimmer, als der Gong ertönte. "Mitkommen....Essen...", gab Tomomi knapp von sich. Sie achtete die ganze Zeit darauf, dass Aru mit ihr mitkam, während sie vermied ihn anfassen zu müssen. Ab und zu lies sie ein "Hier..." ertönen, damit er die Richtung fand.


    In der Kantine angekommen versuchte Tomomi so schnell wie möglich das Essen abzuholen. Sie mochte die Köchin nicht so gerne, weil sie immer grimmig schaute, auch wenn sie tolles Essen machte. Natürlich setzte sie sich neben ihrer Mama und lauschte aufmerksam ihr zu, so wie sie es bei jeder Ansprache tat. Nur ab und zu achtete sie mehr auf ihr Essen, da sie von Alicia gelernt hatte, dass Tomatensauce nicht so leicht wegzuwaschen war und sie keinen roten Fleck auf ihrem Mantel oder Bandagen haben wollte. Besonders ihre bandagierten Finger waren anfällig für solche Flecken.
    Schließlich kam es zur Fragerunde und die erste Frage war ausgerechnet eine sehr schlecht gewählte...
    Als das Thema 'Waffe' kam, packte Tomomi instinktiv Alicia am unteren Ende ihres Oberteils und zog nervös daran. Außerdem gab sie ein trauriges Murren von sich, was aber schnell wieder verschwand. Ansonsten wirkte sie 'normal', auch wenn ihr Auge etwas weiter runter gerichtet war. Wer nicht genau auf sie achtete, hätte ihre Reaktion also nicht bemerkt. Schließlich starrte die Mumie nur ihr Essen an, hörte aber nicht auf an Alicias Oberteil zu zupfen.

  • Ein nahes Klopfen schreckte ihn auf und konnte es zuerst nicht einordnen. Misstrauisch sah er sich um und stellte fest, dass das Klopfen von der Tür herrührte. Diese Erkenntnis ließ ihn ziemlich erleichtert lächeln. Er dachte nur:“ Wie verpeilt kann man nur sein. Natürlich kommt es von der Tür.“ Marcello stand auf, strich glättete seine Kleidung, strich mit den Fingern durch seine Haare und begab sich mit einem netten Lächeln auf den Lippen zur Tür. Er wollte schließlich einen netten Eindruck machen. Langsam öffnete er die Tür und er erkannte sofort seinen ehemaligen Bussitznachbarn Xaroc wieder. Welch eine Überraschung. Ein zickiger Teil von ihm war versucht ihn davon zu jagen, denn erstens hatte der andere nicht viel von ihm wissen wollen und er selber hatte überhaupt das Recht auf ein Einzelzimmer. Doch Marcello sagte sich das jeder eine zweite Chance verdient habe und das sein Recht auf ein Einzelzimmer nun vorbei war. Also sagte er:“ Hallo. Komm doch bitte herein.“ Er machte eine einladende Handgeste in das Innere des schlicht eingerichteten Zimmers. Dann fuhr er fort:“ Ja das Innere des Zimmers macht keinen einladenden Eindruck, aber ich bin mir sicher, dass sich das bald ändern wird. Nur damit du es weißt. Ich hatte noch nie einen Mitbewohner gehabt und ich hoffe wir zwei kommen gut miteinander aus..“ Obwohl er einen hoffentlich coolen Eindruck machte, war Marcello sehr nervös und er hoffte dass er alles richtig machte. Was ihn aber erleichtert stimmte war, dass er Xaroc nun auch schon ein wenig kennengelernt hatte und wusste was so auf ihn zukam. Da er nun nicht wusste, was er nun tun sollte, setzte er sich auf sein Bett und machte sich daran seine Tasche einer genauen Inventur zu unterziehen. Ansonsten wäre es ziemlich unhöflich, gewesen einfach den anderen anzustarren.

  • Wenn Xaroc eine Comic-Figur gewesen wäre, würde sich sein Kinn nun in etwa auf Bodenhöhe befinden. Er kam sich mit einem mal so dumm vor, dass er tatsächlich seinen Sitznachbarn aus dem Bus vergessen hatte. Im ersten Moment war er ziemlich sprachlos, als der andere ihn hereinbat. War er denn nicht wütend auf ihn? Immerhin hatte Xaroc ihn im wahrsten Sinne des Wortes sitzen gelassen. Und das auch noch grundlos.
    Misstrauisch wäre der falsche Ausdruck gewesen, eher zögernd, betrat Xaroc dann das kleine Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Es war sogar noch kleiner, als er erwartet hatte. Auch die Ausstattung war recht spärlich, worauf ihn Marcello, unnötigerweise wie er fand, hinwies. Immer noch unsicher was er nun tun sollte setzte er sich auf das andere freie Bett, faltete die Hände im Schoß und beobachtete verlegen schweigend wie der andere seine Sachen überprüfte. Schließlich, weil er die Stille nicht mehr ertragen konnte und er sich zudem daran erinnerte, dass Starren eine äußerst unhöfliche Geste der Aufmerksamkeit war, machte er doch noch den Mund auf.
    „Nun, für mich selbst kann ich auch nicht behaupten, dass ich jemals einen Zimmerpartner hatte,“ ging er auf die letzte Bemerkung seines Gegenübers ein. „Aber... seid Ihr... seid Ihr nicht wütend auf mich?“ Er zögerte. „Ich... habe mich ja nicht sonderlich vorbildlich verhalten... und ich kann durchaus nachvollziehen, wenn Ihr einen Groll gegen mich hegt.“ Er senkte bedauernd den Blick.

    "When you remember one thing, that leads to remembering another and then another and then another. Our memories are connected. Many pieces are linked together like they’re in a chain that makes up each of us."

    - Naminé (Kingdom Hearts - Chain of Memories)

  • Als Xaroc ihn ansprach, überlegt er, was er am besten antworten sollte um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Schließlich gab er sich einen Ruck, sah auf und sah ihn. Seine dunklen Augen musterten sein Gegenüber und er entgegnete:" Ah dann wird es für uns beide eine völlig neue Erfahrung sein. Wir müssen dann ein paar Regeln festlegen um das zusammenleben zu erleichtern, aber das dürfte nicht lange gehen. Um auf das andere zu sprechen zu kommen. Nun um ehrlich zu sein war ein Teil von mir versucht, nichts von Ihnen wissen zu wollen, denn es war schon sehr unhöflich gewesen einfach so abzuhauen. Ich wusste nicht was ich falsch gemacht habe und war dementsprechend ein wenig verstimmt. Aber nun ja wie es aussieht sind wir uns zwei ja wiederbegegnet und somit haben wir zwei eine neue Chance erhalten es besser zu machen. Das nächste Mal wenn Ihr wieder so was plant, sagt mir bitte Bescheid, damit ich weiß woran ich bin." Er strich mit einem leisen Lächeln, eine Haarsträhne von seiner Stirn hinter sein Ohr. Dann wandte er sich wieder seiner Tasche zu und kramte in deren Inneren herum. Er wusste zwar noch nicht was er suchte, aber er würde es wissen, wenn er es gefunden hatte.