Escapée - Verschleierte Wahrheit (Zweite Story: Neues Leben)

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  • Hallo liebe FF-ler und Leseratten^^
    Bisher habe ich mich ja nicht so wirklich an längere Werke getraut, daher eher im KG/G-Bereich aktiv.
    Doch es ist mir endlich gelungen etwas längeres, zusammenhängendes zu schaffen: Aufeinmal Humanoid
    Es wird eine FF sein die an sich aus "kleineren" Storys besteht, wobei kleiner für mich naja... sagen wir mal es liegt im Auge des Betrachters^^
    Okay wieder zurück zu meinem eigentlichen Thema.
    Ich beginne mit der FF "Keine Optionen", welche ich anlässlich des LWD 2013, einem Wettbewerb im Fach Deutsch, angefertigt habe.
    Ich teile meine Geschichte nicht unbedingt in Kapitel ein, vielmehr handelt es sich um einen Sinnabschnitt. Außerdem schreibe ich im Präsens, was im Prolog jedoch nicht unbedingt heraustritt^^
    Viel Spaß wünscht euch euer Daywalker



    [tabmenu]
    [tab=X]
    [tab=Allgemein]
    [subtab=Genre etc.]
    Da bin ich mir selbst ned sicher, es is etwas Sci-Fi, aber ned so, dass es jetzt in Raumschiffen abläuft, sagen wir mal eher, noch nicht^^
    Wie lange diese FF wird, hängt davon ab, wie viel mir einfällt und ob es euch gefällt, soll heißen: Ihr könnt mir ja auch ein paar Anregungen schreiben, was ihr denn gerne noch in der Geschichte hättet, kann ja sein, dass es sogar zu dem passt, was ich mir so im Großen und Ganzen ausgemalt habe. ;)
    Charaktere werden, wie ihr bestimmt gemerkt habt, schon im Vorraus enthüllt, naja, zumindest Alter, Geschlecht und Namen :D
    [subtab=Altersfreigabe]
    Also ich habe nicht vor irgendwelche Brutalen Szenen zu beschreiben, eher versuche ich mich darin, Kämpfe auf Geistesebenen zu erschaffen, wie weiß auch noch ned wirklich, aber jeder darf, wenn er will, diese FF lesen 8-)
    [subtab=Klappentext]

    Du lebst ein ganz normales Leben, zumindest scheint es so zu sein.
    Du weißt, dass du anders bist als die Norm. Du verhälst dich nicht so, wie Jugendliche in deinem Alter es sonst täten.
    Und dann verändert sich dein Leben komplett, als du erfährst du seist ein Humanoid.
    Aber trotzdem verbirgt sich viel mehr dahinter, viel mehr als du dir jemals hättest vorstellen können:
    Du bist auserwählt, deine Rasse vor der Ausrottung zu retten!


    [subtab=Benachrichtigungsliste]
    Nortia
    [tab=Charaktere 1][subtab=Cassandra]
    Name: Cassandra "Cass" Escapée
    Alter: 19
    Geschlecht: Weiblich
    Gilde: ?


    Eigentlich ein ganz normales Mädchen, eigentlich. Ab dem Tag an dem man ihr erklärt sie sei ein Humanoid, verändert sich alles um sie herum drastisch.
    Die Außenwelt umschreibt sie spöttisch als "Junge im Mädchenkörper", da sie sich eher wie ein Junge, anstatt wie ein Mädchen verhält.


    Keine Optionen- Sie ist die Protagonistin dieser Story.
    Am Geburtstag ihrer Mutter passieren ihr seltsame Dinge. Ihr Bruder Mace verhält sich ihr gegenüber auch komplett seltsam und dann landet sie in einem Bereich des Hauses ihrer Eltern, in dem sie noch nie war, ja, sogar nicht einmal wusste, dass dieser existiert...


    Neues Leben


    [subtab=Mace]
    Name: Mace Escapée
    Alter: 17
    Geschlecht: Männlich
    Gilde: ?


    Cassandras Bruder. Er ist eher der kalte und berechnende Typ. Emotionen sind für ihn etwas überflüssiges, deshalb ist er von seiner Art her etwas arrogant und betrachtet alle von oben herab.


    Keine Optionen- Nach langer Zeit meldet er sich wieder bei seiner Schwester, aufgrund des Geburtstages ihrer Mutter. Doch sein warmes Verhältnis zu seiner Schwester, das auf Vertrauen und Geschwisterliebe aufbaute, ist verschwunden. Er schämt sich für sie und hat doch am Ende den Drang, zwischen ihnen eine gewisse Rivalität ersprießen zu lassen...


    Neues Leben


    [subtab=Nathan]
    Name: Nathan Sullivan
    Alter: 20
    Geschlecht: Männlich
    Gilde: Gilde des Geistes (Mediatus)


    Neues Leben


    [subtab=Carol]
    Name: Carol Brillion-Royce
    Alter: 20
    Geschlecht: Weiblich
    Gilde: ?


    Neues Leben


    [subtab=Byron]
    Name: Byron Brillion-Royce
    Alter: 22
    Geschlecht: Männlich
    Gilde: ?


    Neues Leben


    [subtab=Mint]
    Name: Mint Vermont
    Alter: 18
    Geschlecht: Weiblich
    Gilde: ?


    Neues Leben


    [tab=Charaktere 2]
    [subtab=Nova]
    Name: Nova Skellter
    Alter: 12
    Geschlecht: Weiblich
    Gilde: Gilde des Geistes


    Neues Leben


    [subtab=Aaron]
    Name: Aaron Escapeé ?
    Alter: ?
    Geschlecht: ?
    Gilde: ?



    [subtab=Salem]
    Name: Salem Escapeé ?
    Alter: ?
    Geschlecht: ?
    Gilde: ?



    [subtab=T]
    Name: T... ?
    Alter: ?
    Geschlecht: ?
    Gilde: ?


    [tab=Inhaltsverzeichnis]
    [subtab=Keine Optionen]
    Prolog
    1.
    2.
    3.
    4.
    5.
    6.


    [subtab=Neues Leben]
    Prolog
    1.
    2. mit Exkurs
    3.1. und 3.2.
    4.
    5. mit Exkurs
    6.
    7.
    [/tabmenu]





    Escapeé
    Verschleierte Wahrheit


    I. Keine Optionen


    Prolog


    Was meinst du, würdest du tun, wenn dir jemand sagen sollte, du wärst anders?
    Nicht anders im Sinne von: Du verhältst dich anders; sondern viel eher im Sinne von: Du bist kein Mensch.
    Du magst zwar die Gewohnheiten und die Verhaltensstrukturen eines Menschen besitzen, doch du bist anders, weiterentwickelter – ein Humanoid.
    Wahrscheinlich denkst du nun, was diese Frage soll, doch es gibt Menschen, denen man diese Frage früher hätte stellen sollen…


    Abschnitt 1. folgt in Kürze^^

  • Damit ihr mal was richtiges von dieser Geschichte zu lesen bekommt und nicht nur diesen sehr kurzen, aber meiner Meinung nach schönen Prolog :D


    1.


    Freitag, ein langweiliger Tag wie jeder andere. Der einzige Unterschied ist der, dass am folgenden Tag das Wochenende beginnt. Cassandra, die eigentlich nur Cass genannt wird, steht wie jeden Morgen vor ihrem großen Spiegel im Bad. Das ist an sich für fast 20-jährige Mädchen zwar nichts Besonderes, da sich diese solch ein Verhalten während der Pubertät aneignen, doch im Gegensatz zu den anderen Mädchen will sich Cass nicht aufhübschen, viel eher versucht sie blaue Flecken und Augenringe zu verdecken. Bereits als Kleinkind hat sie sich von den normalen Mädchen abgegrenzt; laut ihren Eltern hatte sie schon damals grundsätzlich ein eher maskulines Verhalten. Von Puppen und dergleichen wollte Cass noch nie etwas wissen, sie wollte immer Nervenkitzel. Adrenalin und Geschwindigkeit, das sind Cass‘ Elemente, an den Grenzen der Möglichkeiten fühlt sie sich wohl. So verwundert es die Leute nur, dass Cass nicht auch noch lesbisch geworden ist, denn das hatte damals jeder für sie vorhergesagt. Wiederum verwundert es so auch nicht, dass sie hin und wieder mal die eine oder andere Nacht durchmacht und am nächsten Morgen, so wie heute, mit Puder und Sonstigem den Spuren der Nächte an den Kragen will. Ein erneuter Blick in den Spiegel und ein zufriedenes Nicken, die Ausmaße der gestrigen Nacht sind nur noch zu erahnen.
    Sie geht ins Wohnzimmer. Normalerweise würde sie sich einfach hinsetzen und fernsehen, doch irgendetwas in ihr bringt sie dazu, sich zum Kalender zu bewegen.
    Ein Blick. Sie reibt sich die Augen. Noch ein Blick. Leben strömt in ihren Körper. „Scheiße!“ Wie ein aufgescheuchtes Huhn rennt sie in ihr Zimmer. Da alles auf einer Etage liegt, geht das schnell. „Wie konnte ich das nur vergessen? Sie hat mich doch gestern ganz beiläufig darauf hingewiesen!“ Schränke gehen auf, Wäsche fliegt umher und Cassandra ist mittendrin. Sie rennt… Nein, sie rast durch ihr Zimmer und holt Dinge aus den hintersten Ecken ihres Zimmers. „Und ich hab‘ ihr noch versprochen, dass ich ihren Geburtstag dieses Jahr nicht schon wieder vergesse… Ach, verdammt!“ In der Eile ist sie gegen ihr Bett gerannt. Sie hat sich ihr linkes Schienbein aufgerissen, doch etwas stimmt mit der zeigefingerlangen und fleischtiefen Wunde nicht…
    Sie schaut sich die Wunde an. Kein Blut. Kein Schmerz. Cass drückt vorsichtig mit ihrem Zeigefinger in die verwirrende Verletzung. Schon für den Aufschrei bereit, wartet sie auf den unangenehmen stechenden Schmerz, der normalerweise auf einen Finger in einer Wunde folgt. Doch nichts. Auch hier kein Schmerz.
    Ein Klingeln bringt sie aus ihrer Faszination wieder in die Realität zurück. Ein leises Fluchen entweicht Cass. Ihr Handy liegt irgendwo unter der Wäsche. Anders als sonst wünscht sie sich, dass es ausnahmsweise einmal ihre Mutter ist, denn bevor die auflegt, können Stunden vergehen. Cass wühlt sich durch die Wäsche. Dabei bemerkt sie nicht, dass ihr Bein nicht einmal auf Belastung mit Schmerz reagiert.
    Das Klingeln wird lauter. Wenige Sekunden später hat sie das Handy in der Hand. Sie nimmt ab. „Hallo Cass, wo…“ „Alles Gute zum Geburtstag, Mom!“ Ein erleichtertes Seufzen am anderen Ende. „Ach Cass… Danke. Ich dachte schon, du hättest es mal wieder vergessen.“ Cass überlegt kurz, ob sie gestehen sollte, dass ihre Mutter mit ihrem Verdacht nicht ganz falsch liege, doch sie lässt es lieber. „Och Mom, ich wollte dich eigentlich überraschen, aber das kann ich ja wohl jetzt vergessen.“ „Ich hatte mir nur Sorgen gemacht. Tut mir Leid, dass ich dir jetzt dazwischen gefunkt habe. Aber wann kommst du denn endlich?“ Darauf hatte Cass nur gewartet. Mal wieder könnte ihr eine falsche Antwort den gesamten restlichen Tag vermiesen. Eine Notlüge entspräche dem, was ihre Mutter gerne hören wollen würde, doch Cass selbst stünde dann nur unter Zeitdruck; die Wahrheit würde ihre Mutter enttäuschen, vor allem, da Cass ihr am Vortag schon versichert hatte, sie würde heute vorbeikommen. Somit bleibt nur noch eine Option für Cass übrig: „Ich bin doch schon unterwegs, hänge nur gerade in einem Stau fest.“ Cass entscheidet sich für die Notlüge. „Schade.“ Aus der Stimme ihrer Mutter hört Cass eindeutig etwas Enttäuschung, aber auch Freude heraus. „Aber Hauptsache, du kommst überhaupt. Oh, und bevor ich es vergesse, es ist zwar mein Geburtstag, aber wir haben dir trotzdem etwas vorbereitet, weil du… weil du uns so selten besuchst…“ „Ja-ja… Ist gut, Mom. Ich melde mich dann, wenn‘s wieder weiter geht, okay?“ „Ja, Cassandra, bis später.“ „Bis später. Moment, weil ich so selten komme, habt ihr mir et…“ – Ein langes, nerviges Tuten zwingt Cass, ihren Satz vorzeitig zu beenden. Leicht genervt packt Cass ihr Handy in ihre Hosentasche. Immerhin hat sie es geschafft, sich während des Telefonats nebenbei fertig anzuziehen. Sie beweist damit zumindest, dass sie die sprichwörtlich typisch weibliche Fähigkeit des Multitaskings meisterhaft beherrscht.
    Cass schaut in den Spiegel. Sie hat eine weiße Bluse an, über welcher sich eine weinrote Weste zu präsentieren weiß. Über ihren einzigen Schuhen mit Absätzen hält sich, mithilfe eines dunkelbraunen Gürtels, ihre nachtblaue Jeans geschickt an ihrer Taille fest. Das letzte Mal, dass sie sich so angezogen hatte, war bei der Konfirmation ihres kleinen Bruders. Es könnte jedoch auch die Kommunion oder die Firmung gewesen sein, doch mit diesem kirchlichen Gehabe, das eine essenzielle Rolle im Alltag ihrer Eltern spielt, konnte sie noch nie etwas anfangen. Weder damals, noch heute.
    Sie dreht sich um ihre eigene Achse, den Blick auf den Spiegel gerichtet. „Hmm…“ Sie fährt mit ihren Händen die Form ihres Gesäßes nach. „Jetzt verstehe ich auch, was die immer von mir wollen. Aber nicht nur da hat sich was geändert, seit damals…“ Ihr Blick wandert auf die Reflexion ihrer Brüste im Spiegel. „Sieht doch eigentlich ganz gut aus. Passt wenigstens besser zusammen, als bei der Tussi, auf die mein Bruder stand.“ Wie auf Kommando klingelt ihr Handy erneut. Diesmal ist es jedoch jemand, mit dem sie niemals gerechnet hätte. Ihr Bruder Mace.
    „Woher hast du denn…“ „Welch nette Begrüßung, Cassandra. Aber das ist Nebensache. Mom hat mich angerufen und mir erzählt, du würdest im Stau feststecken. Dass Mom noch immer auf deine Lügen hereinfällt… Du hast dich nicht geändert.“ Die Stimme, die ihr entgegen kommt, hat weder den ihr vertrauten kindlichen Hauch, noch die Wärme, die sie in vielen Situationen beruhigen konnte. Die Stimme, die sie hört, trifft sie mit tiefster Verachtung und einer Gefühlskälte, die sie leicht frösteln lässt. „M-mace? Bist du das wirklich?“ „Nein, hier ist der Weihnachtsmann… Bist du in den paar Jahren etwa begriffsstutzig geworden?“ Eine kleine Pause. „Verstummt? Was ist los mit dir? Früher konntest du doch nie die Klappe halten. Was ist nur aus dir geworden… Bist du jetzt etwa so, wie ich es damals war, ein Außenseiter? Ist ja aber auch egal, wir sehen uns ja demnächst, sofern du mal aus deinem Stau herauskommst…“
    Damit beendet Mace das Telefonat und lässt seine Schwester verwirrt zurück.
    Vergeblich versucht Cass den bisherigen Tag zu verstehen, doch dieser hat erst begonnen…

  • Ich hoffe, dass es euch bisher gefällt^^
    denn hier kommt jetz der nächste Teil von Keine Optionen, danach erstmal ne Weile Pause^^
    Sonst isses ja zu schnell rum^^



    2.


    Ein paar Minuten später sitzt Cass im Wagen und fährt auf dem schnellsten Weg zu ihren Eltern. Ein Geschenk für ihre Mutter hat sie nicht, sie hat den Geburtstag schließlich ständig vergessen. Weitere Minuten, die Cass wie eine Ewigkeit vorkommen, später, stellt sie ihr Auto vor dem Haus ihrer Eltern ab. Sie steigt aus. Unter ihren Füßen breitet sich ein von einem Knirschen begleitetes Gefühl aus, welches sie nie vermisst hatte. Das Gefühl des Kieselweges, der versucht ihren Tritten auszuweichen. Wie in alten Zeiten bemüht sie sich dem Weg folgend in Richtung des Hauses zu schreiten. Sie konnte noch nie richtig auf diesem Untergrund laufen und jetzt geht es auch nicht besser. Schritt für Schritt quält sie sich voran.
    Gefühlte Stunden später steht sie endlich vor dem Hauseingang. Eine massive Tür aus kaltem Stahl, abstoßend und, auf eine unerklärliche Art, doch zugleich einladend. Die Nähe zur Tür lässt alte Erinnerungen in Cass erwachen, jedoch nicht gerade angenehme Erinnerungen. Für sie ist diese Tür dasselbe wie die Gitterstäbe einer Gefängniszelle für einen Inhaftierten. Bloß mit dem Unterschied, dass die Gitterstäbe dem Häftling den Blick nach draußen erlauben, die Türe nicht. Aus Gewohnheit sucht sie eine Klingel. Ein leiser Fluch. Eine Klingel kann sie hier lange suchen, so etwas gab es hier noch nie. Weder damals, noch heute.
    Klopfen… Die einzige Möglichkeit, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Ekel von früher macht sich wieder in Cass breit. Der Ekel, die Kälte der Türe zu spüren. Der Ekel davor, wieder in das Haus eintreten zu müssen, in dem sie sich wie eine Gefangene fühlt. Der Ekel vor einem aufgezwungenen Willen. In ihr kämpfen alle Gefühle, sie will einerseits ihre Familie wiedersehen, andererseits ist etwas in ihr, das sie warnt. Ihr davon abraten will, einen Fehler zu begehen, den sie ihr restliches Leben lang bereuen könne.
    Ein metallenes Geräusch ertönt aus dem Inneren der Tür. Sie blickt auf. Lautlos dreht sich der Türknauf. Alles elektronisch. Sie erinnert sich wieder. Fast alles in dem Haus ihrer Eltern ist automatisiert, es hatte sie schon immer gewundert, warum man sich dort überhaupt bewegen musste.
    Die Türe schwingt auf. Fast so, wie die Laterne eines Anglerfisches. Harmlos, aber nur ein Teil eines großen Systems, dem man nur schwer entkommen kann. Sie tritt ein. Alle Nackenhaare sträuben sich ihr. Sie dreht sich um, doch nur, um festzustellen, dass es wieder ganz wie früher ist: Sie ist gefangen, gefangen in den schützenden Wänden, wie ein Fisch im Aquarium. Doch diesmal ist etwas anders: Sie ist erwachsen.
    Der Boden auf dem sie steht, versetzt ihr einen Ruck. Instinktiv hält sie sich am Geländer fest. „Warum ist hier ein Geländer?“ Der Boden unter ihren Füßen bewegt sich, langsam, aber stetig. „Ach verdammt, den gibt’s ja auch noch…“ Den Förderbandboden hatte sie nun wirklich ganz vergessen. Mit einer langsamen, aber kontinuierlichen Geschwindigkeit eignet sich ihr Körper eine systematisch immer schräger werdende Position an. Cass überlegt kurz, warum sie immer mehr in die Schräglage gerät, doch sie begreift schnell, dass es sinnvoll wäre, das Geländer loszulassen. Einen Augenblick später steht sie zwar wieder gerade, jedoch immer noch auf dem tückischen Boden. Da das Tempo des Bodens alles andere als hoch ist, hat Cass genug Zeit, sich ausgiebig umzusehen. „Kann es sein, dass dieses Teil noch langsamer geworden ist, als es damals ohnehin schon war? Und die Möblierung scheint nach wie vor, als hätte man sie aus einem Mittelaltermuseum entwendet. Einfach nur zum Kotzen…“
    Die Ausstattung des Hauses befand sich schon damals im Krieg mit den Modernisierungsmaßnahmen ihrer Eltern, doch in den letzten Jahren muss die moderne Seite eindeutig die Überhand gewonnen haben. Nur noch Bilderrahmen, Vasen und andere kleinere zur Dekoration genutzten Dinge, lassen auf die früheren Ausmaße der altbackenen Einrichtung schließen. Cass Laune sinkt in diesen Sekunden auf Kellertiefe, Tendenz: sinkend, da die nahen Wände des Ganges, durch den sie das Förderband trägt, zu ihrer Laune nicht gerade wenig beisteuern.
    Um nicht völlig durchzudrehen, läuft Cass in ihrem eigenen Tempo auf dem Band entlang. Ganz so wie früher. Dadurch, dass sie auch nirgends irgendeinen Ton hören kann, beginnt sie langsam, gereizt zu werden. „Da kommt man einmal zu Besuch und dann? Dann ist keiner da und das Haus ist bis auf die Anwesenheit des Stroms völlig verlassen. Da war ich doch wirklich besser bedient, als ich nicht an ihren Geburtstag gedacht hatte!“ Wütend läuft sie durch das Haus, sie ignoriert das Band mittlerweile konsequent.
    Sie zögert kurz. War da nicht eben ein Geräusch? Sie hört nochmal hin. Jetzt hört sie es genauer, es kommt von… Unten? Sie spitzt ihre Ohren. „Entweder beginne ich jetzt zu fantasieren oder dieses Haus ist noch verrückter, als ich bisher dachte.“ Cass läuft kreuz und quer durch die Wohnung, auf der Suche nach dem Ursprung der Töne.
    Im Wohnzimmer, dem einzigen Raum in dem sie sich damals einigermaßen wohl fühlte, hält sie kurz inne. Sie hat das Gefühl, das sie die seltsamen Laute hier am besten hören kann. Ihr Blick schweift von einer Ecke des Zimmer zur anderen und zurück. Doch ohne etwas Auffälliges zu entdecken, im Gegenteil, ein höchst unauffälliger Gegenstand springt ihr ins Auge. Ein Gegenstand, der für jede andere Person das gewöhnlichste im gesamten Zimmer gewesen wäre. Aber genau diese Tatsache macht Cass stutzig. Die Kiste, vor der sie nun steht, ist ihr zuvor noch nie aufgefallen, obwohl sie inmitten des eher kleinen Zimmers steht. Dank eines schlichten und zurückhaltenden Brauntons, der der Tönung des Bodens verblüffend ähnelt, ist die Truhe bisher sehr erfolgreich vor Cass‘ Blicken verborgen geblieben. Sie versucht die Truhe zu öffnen, jedoch scheint es so, als sei diese entweder fest verschlossen, völlig eingerostet oder einfach nur an einer oder mehreren Stellen verhakt. Nachdenklich betrachtet sie die Truhe. „Hmm… Irgendwas stimmt doch mit dieser Truhe nicht. In diesem Haus ist aber auch gar nichts normal. Und dann wundern die sich, dass ich abgehauen bin. Wenn man mal kommt ist keiner da, der Boden ist beknackt, die Möblierung ist zum Kotzen und diese Truhe regt nur auf! Warum habe ich nur zugestimmt herzukommen?“ Wütend tritt sie gegen die Truhe. Aber was passiert, ist nicht das, was Cass eigentlich erwartet hat.
    Anstatt den normalerweise geltenden Regeln und Gesetzen der Physik zu folgen, fliegt die Truhe wie ein Papierflieger davon. Verstört verfolgt Cass die Flugbahn der Truhe. Sie geht auf die Truhe zu, vernachlässigt jedoch einen prüfenden Blick auf den Boden vor ihr. Dort wo zuvor noch die Truhe stand, klafft nun ein Loch, gerade groß genug für eine Person. Und in dieses Loch läuft sie geradewegs hinein… Auf den abrupten Sturz reagiert Cass reflexartig mit einem überrascht-schrillen Aufschrei: „Ahhhhh!!“
    Um sie herum ist es dunkel. Das einzige Anzeichen dafür, dass sie sich in einer Bewegung nach unten befindet, ist der stetige Luftstrom um sie herum, der sich in die genau entgegengesetzte Richtung zu bewegen scheint. Ihr Schrei wird leiser, ihre Lungen sind luftleer. Sie macht eine kleine Pause und atmet tief ein, nur, um im nächsten Moment erneut mit ihrem Schreien zu beginnen, diesmal jedoch aus Panik. Doch sie hat nicht nur Angst aufgrund des Sturzes in das Unbekannte. Sie wird ebenso durch ihre abnehmende Bewegungsfreiheit merklich eingeschränkt, da der Raum um sie herum immer enger wird. Furcht steigt in ihr auf. Angst, stecken zu bleiben. Hektisch fängt sie an zu strampeln. Zumindest versucht sie es. Die Enge der Röhre, als etwas anderes kann man das um sie herum nicht beschreiben, bietet ihr gerade noch genug Platz, um hindurchrutschen zu können.
    Aufgrund des Schreiens hat sie schon viel Energie verbraucht und ihre Bemühen sich durch das Strampeln mehr Platz zu verschaffen, verlieren an Intensität. Sie gibt sich geschlagen und fügt sich ihrem Schicksal. Ihr Körper entspannt sich, ihre Stimme versagt, ihr wird schwarz vor Augen. Dass sie auf eine Matte fällt, bekommt sie schon nicht mehr mit, sie ist ohnmächtig…

  • Und weiter geht es mit 3.:



    3.


    Stimmen. Dunkelheit. Das Verlangen, etwas fühlen zu können.
    Cass Kopf fühlt sich an, als würde er gleich platzen. Ihr Körper ist funktionsunfähig, sie liegt und hört nur ein stark gedämpftes Gespräch. Sie versucht sich aufzurichten, doch allein der Gedanke daran, verursacht in ihr ein starkes Schwindelgefühl. Als sie wieder zu sich kommt, sitzt sie auf etwas Weichem.
    Jemand spricht sie an: „Cassandra? Cassandra, hörst du mich?“ Ihr Körper versteift sich, ist das nicht die Stimme ihres Vaters? Jemand schüttelt sie. „Cassandra! Wenn du mich hörst, mach bitte deine Augen auf oder gib uns ein sonstiges Lebenszeichen! Cassandra…“ Es ist eine andere Stimme, eine weibliche und verunsicherte Stimme. Die Anwesenheit ihrer Mutter gibt Cass neuen Mut. Cass rafft sich zusammen und versucht erneut sich aufzurichten. Ein Stöhnen, gefolgt von einem lauten dumpfen Schlag, ertönt. Cass sitzt. Langsam öffnet sie nun auch ihre Augen. Das erste, das sie sieht, ist ihre Mutter, die auf dem Boden liegt. Cass sieht sich um, dabei bemerkt sie, dass sie in einem kleinen dunklen, kalten Raum ist. Sie steht auf und blickt hinter sich, um zu sehen, worauf man sie gelegt hat: ein Tisch, wie sie ihn bisher nur aus Krankenhäusern kannte. Instinktiv fasst sie sich an ihre Kleidung und wirkt erleichtert, als sie noch alles anhat.
    „Cassandra, wie schön zu sehen, dass es dir gut geht.“ Sie blickt in die Richtung, aus welcher die Stimme kam. Ihr stockt der Atem. Sie blickt in das Gesicht ihres Vaters. Doch etwas stimmt nicht…
    Früher bekam Cass Angst, wenn sie ihren Vater sah, doch nun fühlt sie nichts. „Dad.“ Eine kurze und schlichte Begrüßung, ohne Emotionen und sonstige Ausschmückungen.
    Im Augenwinkel nimmt sie eine Bewegung wahr. In der einzigen unbeleuchteten Ecke des spärlich möblierten Zimmers scheint sich einer weitere Person zu befinden. „Hallo Schwester. Schön, dass unser Dornröschen sich endlich dazu bequemt hat aufzuwachen. Musstest ja scheinbar nicht lange in deinem Stau warten…“ Mace tritt langsam aus seiner dunklen Ecke heraus, seinen Blick auf Cass gerichtet. Ein Blick ohne jedes Anzeichen von etwaigen Gefühlsregungen.
    „Mace? Du hast dich ja total verändert...“ Er geht auf Cass zu. Seine Bewegungen irritieren sie, er bewegt sich gewandt, was so ganz und gar nicht zu dem tollpatschigen Mace passt, den sie bis zu diesem Moment kannte. „Cassandra, dafür bist du aber immer noch dieselbe…“ Er wendet sich an ihren Vater: „Ist sie soweit oder hat sie nicht das nötige Potential?“ „Sie scheint sich bereits mitten in der Metamorphose zu befinden. Du weißt doch: Bei femininen Individuen setzt dieser Prozess erst später ein, als bei euch Jungs.“ Ihr Vater blickt sie an. „Mace?“ „Ja, Dad?“ „Leite die Vorbereitungen ein. Du weißt, was zu tun ist.“ Ohne ein Wort zu sagen dreht sich Mace zu einer Tür, die Cass‘ Blicken bisher verborgen blieb, und verschwindet in der dahinter liegenden Dunkelheit.
    Ihr Vater nimmt das Gespräch mit ihr wieder auf. „Cassandra, unser Wiedersehen nach all der verstrichenen Zeit ist nicht gerade herzlich ausgefallen, meinst du nicht auch?“ Er bemüht sich, ein relativ ansehnliches Lächeln aufzusetzen. „Was erwartest du denn von mir? Dass ich dir mit offenen Armen um den Hals falle? Denkst du etwa, dass ich die Vergangenheit einfach so vergesse? So, als ob es sie nie gegeben hätte? Hast du dir schon mal darüber Gedanken gemacht, dass du vielleicht der Grund gewesen sein könntest, weswegen ich damals abgehauen bin?“ All die Wut, die sie all die Jahre zu verdrängen versucht hatte, ist in diesem Moment dabei, in ihr aufzubrodeln. Ihre Stimme überschlägt sich, doch sie weint nicht.
    Ihr Vater schaut sie an, genau genommen schaut er an ihr vorbei. „Du willst wirklich wissen, ob ich mir über die Vergangenheit Gedanken gemacht habe? Du willst von mir wissen, ob ich mir Vorwürfe gemacht habe? Vorwürfe, aus welchen nur ein schlechtes Gewissen resultieren würde? Dann muss ich dich wohl leider enttäuschen. Nein, ich habe mir keine Gedanken über irgendetwas gemacht. Was passiert ist, ist passiert. Denn selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich, sofern ich mich nicht täusche, an deiner Meinung nicht das Geringste ändern können. Sag mir, wenn ich mich irren sollte.“
    Nun schaut er direkt in ihre Augen. Es ist genauso wie damals, er versucht sie zu unterwerfen, ihr zu zeigen, dass sie schwach ist, mit dem Unterschied, dass sie ihm heute standhalten kann. Sie will nicht wieder zu dem kleinen wehrlosen Mädchen werden, denn diesen Fehler hat sie in der Vergangenheit schon zu oft begangen. Cass erwidert den Blick ihres Vaters, sie schafft es sogar, dabei ein paar Schritte auf ihn zuzugehen.
    Sie nimmt seinen Geruch wahr, damals hätte sie sich jetzt bemühen müssen, sich nicht zu übergeben. Sie fühlt, wie sein Atem in ihr Gesicht bläst, sie hatte das schon immer an ihm gehasst, dieses ständige durch-den-Mund-atmen. Sie spürt die Wärme seines Körpers, es erinnerte sie daran, dass sie sich immer gleich waschen wollte, wenn sie nur einen Moment lang mit ihm alleine zubringen musste. Sie erinnert sich an seine verschwitzten Hände, mit denen er sie immer berühren wollte, wenn ihre Mutter nicht daheim war. Sie erinnert sich daran, wie er sie mit seinen Worten immer wieder eingelullt hat, wie er sie dazu zwang Dinge zu tun, für die sie ihn am liebsten hier und jetzt umbringen wollte.
    „Du enttäuschst mich nicht. Ich habe von dir nichts Geringeres erwartet, denn du hast dich nie um etwas anderes als um dich selbst gekümmert. Weder damals, noch heute. Es war dumm von mir anzunehmen, dass ausgerechnet du dich geändert hättest. Doch scheinbar ziehst du es lieber vor, der alte und verzweifelte Mann zu bleiben, der du auch damals warst. Gefühlslos und ohne jegliche Hemmungen. Ich habe nie verstanden, was Mom an dir findet, wenn ich sie wäre, hätte ich dich schon längst verlassen!“ Ihre Ruhe überrascht sie. Sie will ihn anschreien, doch ihre Wut ist einfach verpufft. Was sie nun fühlt ist viel schlimmer als Wut, ihr ist alles gleichgültig geworden.
    „Ich sehe, du bist bereit.“ Er dreht sich um und geht zu der Tür, durch welche Mace zuvor den Raum verlassen hatte. „Cassandra, hier entlang!“ Sie blickt erneut zu ihrer noch immer ohnmächtig am Boden liegenden Mutter. „Du wusstest, dass ich anders bin und hast es mir nie gesagt…“
    Sie kniet sich neben sie. „Oder wolltest du es mir sagen, aber Dad hat dich daran gehindert? Ich weiß nicht, was mit mir los ist, doch ich werde mich dem wohl beugen müssen.“ Ihre Mutter bewegt sich. Sie versucht, sich aufzurichten. Cass hilft ihr.
    Ihre Mutter atmet schwer, bekommt sich jedoch wieder schnell unter Kontrolle. „Cassandra… Es… es tut mir leid.“ Tränen umfloren ihr Gesicht. „Aber dein Vater…“ Sie hört mitten im Satz auf. Cass schaut sie an. In den Augen ihrer Mutter ist ein Funke, ein Funke, der schnell ihren Blick einnimmt. Die Tränen versiegen. Ihre Mutter hat sich für etwas entschieden.
    „Cassandra, es wird Zeit, dir die Wahrheit über dich zu erzählen. Aber du musst mir eine Sache versprechen.“ „Was soll ich dir versprechen?“ „Bitte, versprich mir, dass du mir verzeihst. Versprich mir, dich nicht von falschen Gefühlen lenken zu lassen. Versprich mir, nicht denselben Weg wie dein Bruder zu wählen. Kannst du mir dafür dein Wort geben?“ Cass schaut ihre Mutter an. Sie sieht ihr an, dass es eine Erleichterung für sie wäre, jedoch auch, dass sie große Angst davor hat, wie sie, Cass, wohl damit umgehen würde.
    „Mom, du hast immer dein Bestes für mich gegeben, deshalb kann ich dir versprechen, dass ich dir verzeihen kann, egal, was auch immer du mir nun erzählen wirst. Und darum hoffe ich, dass du es verstehen wirst, egal für welchen Weg ich mich auch entscheide. Ist diese Metamorphose, von der Dad gesprochen hat, etwa dafür verantwortlich, dass aus Mace das wurde, was er nun ist? Wurde er dadurch so kalt und gleichgültig?“ Sie stockt. Gleichgültig? Ist eben nicht aus ihrer Wut Gleichgültigkeit geworden? Ist sie etwa bereits dabei, denselben Weg wie ihr Bruder einzuschlagen? Sie schüttelt den Kopf, um diese Gedanken los zu werden. „Dafür habe ich jetzt keine Zeit.“, sagt sie sich, um ihre Gedanken wieder in die richtige Bahn zu lenken. Sie schaut ihre Mutter an. Deren Blick reicht aus, um Cass verstehen zu lassen, wie groß die Sorge ihrer Mutter ist, Cass könne so werden wie Mace. „Ich verspreche dir, ich werde niemals verlernen zu fühlen!“
    In dem Moment, in welchem diese Worte ihren Mund verlassen, wird aus der Gleichgültigkeit in Cass etwas Warmes. Cass fühlt das Leben selbst durch ihre Adern strömen. Sie weiß, dass sie sich für den Weg entschieden hat, den ihre Mutter sich für sie gewünscht hat. „Aber bevor wir hier nun noch mehr Zeit verlieren, Mom. Was meinst du mit: die Wahrheit über mich?“ Ihre Mutter scheint die Wärme, die Cass durchströmt, förmlich spüren zu können, denn ein strahlendes Lächeln zeichnet sich kurz auf ihrem Gesicht ab. Sie atmet kurz ein, dann beginnt sie zu erzählen.

  • 4.


    „Cassandra, was meinst du, würdest du tun, wenn dir jemand sagen sollte, du seist anders? Nicht anders im Sinne von: Du bist seltsam oder einfach nur fremdartig. Obwohl, auf eine gewisse Weise trifft die Bezeichnung “fremdartig“ schon zu… Nein, ich meine eher: Wenn dir jemand sagen sollte, dass du kein Mensch bist?“ Cass sieht ihre Mutter fragend an. „Was willst du mir denn damit sagen? Soll das heißen, ich bin kein Mensch? Mom, was bitte soll ich denn dann deiner Meinung nach sein? Habe ich irgendwo eine versteckte Antenne oder irgendwelche unirdischen Auswüchse? Wenn du mir jetzt gesagt hättest, dass ich adoptiert sei, könnte ich es nachvollziehen, aber das…“
    Im Blick ihrer Mutter erkennt Cass, dass diese mit einer solchen Reaktion unlängst
    gerechnet hat. „Beantworte mir doch dann nur diese eine Frage: Hast du in letzter Zeit irgendeine Veränderung an dir festgestellt?“
    Im ersten Moment fällt Cass nichts ein. Doch bei genauerer Überlegung nistet sich eine vage Vermutung in ihren Kopf ein. „Was genau verstehst du unter einer Veränderung?“ „Ich glaube, du weißt was ich meine, Cass.“ „Naja, ich bin mir nicht sicher… Heute Morgen als wir telefoniert haben, da ist mir im Vorfeld etwas passiert, was mich ein bisschen aus dem Konzept gebracht hat.“ Ein Lächeln umspielt die Lippen ihrer Mutter. „Also du kennst doch mein… Moment, du warst ja noch nie bei mir daheim, da kannst du mein Bett ja nicht kennen. Jedenfalls, stell dir mal ein Bett vor, welches hoch genug ist, das es gerade so bis an deine Waden reicht. An dieser Stelle muss ich dir wohl gestehen, dass mir dein Geburtstag doch entfallen wäre, wenn du mich gestern nicht deswegen angerufen hättest.“ Kein Anzeichen von Überraschung in den Augen ihrer Mutter. „Da ich heute Morgen dann dennoch verschlafen hatte, wurde es schließlich trotzdem hektisch für mich, als mir einfiel, dass ich mir vielleicht mal Wäsche zusammen sammeln sollte. Ich rannte suchend durch mein Zimmer, achtete nicht darauf, was vor mir auf dem Boden lag und bin somit in all der Eile gegen mein Bett gerannt. Dabei ist es mir irgendwie gelungen, derart bescheuert an der Bettkante hängen zu bleiben, mir das Bein dermaßen geschickt aufzureißen, dass es eigentlich hätte bluten müssen. Aber es blutete nicht und ich fühlte auch keinen Schmerz, selbst als ich mit meinem Finger direkt in die Wunde hineinfasste. Genau in diesem Moment hast du mich erneut angerufen. Mir fällt gerade auf, dass ich mir mein Bein danach nicht noch einmal angeschaut habe.“ Cass nimmt das linke Hosenbein und zieht es hoch, um ihr Schienbein zu begutachten. An der Stelle, wo sich am Morgen noch die Wunde befand, ist nun nichts mehr zu erkennen. Cass kneift ihre Augen zusammen, doch in ihr Blickfeld tritt nichts, dass sie nicht schon vorher hatte sehen können.
    Sie wendet sich wieder an ihre Mutter: „Meintest du womöglich so etwas mit einer Veränderung?“ Ihre Mutter blickt sie wissend an. „Ja, genau so etwas hatte ich gemeint. Du liest doch gerne Science-Fiction-Romane, stimmt doch, oder?“ Cass runzelt die Stirn. „Ja schon, aber was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?“ „Welche Themen interessieren dich da am Meisten?“ „Naja eigentlich nur Handlungen, die in die Richtung von Humanoiden und Cyborgs gehen.“ „Wie ich es mir dachte. Wie würdest du reagieren, wenn ich dir sagen würde, du wärst einer?“ Ein Fragezeichen zieht über Cass‘ Gesicht. „Ein WAS?“ Ihre Mutter schaut sie leicht entnervt an. „Von was haben wir denn gerade eben gesprochen?“ „ Na, von Humanoiden und Cyborgs… Achso! Ich soll ein Humanoid sein? Oder gar ein Cyborg?“ „Wie wäre es, wenn wir mal davon ausgehen, du seist ein Humanoid?“ „Ein Humanoid? Ich? Ich bin zwar seltsam, laut anderen Leuten, aber das macht mich noch lange nicht zu einem Humanoiden oder sonst irgendeinem anderen nicht staubgeborenen Geschöpf.“
    Ihre Mutter seufzt leicht. Sie hat sich das Gespräch scheinbar einfacher vorgestellt. „Sonst irgendein nicht staubgeborenes Geschöpf? Geborenes Geschöpf? Cass, du machst es mir nicht leicht. Ich dachte, ich könnte dich darauf vorbereiten, auf das, was dich erwarten wird. Egal wie sehr ich mich bemühe, ich werde das Unvermeidbare nicht von dir abhalten können. Ich habe mein Bestes versucht, doch ich konnte dich nie wirklich schützen, weder damals, noch heute. Cassandra.“ Ihre Mutter scheint erneut einem Tränenfluss nahe zu sein. „Cassandra, egal was auch passiert, wenn du diesen Raum verlässt, stell dir immer eine Frage.“ Cass blickt sie stirnrunzelnd an. „Was meinst du, würdest du tun, wenn dir jemand sagen sollte, du wärst anders?“ Ihre Mutter hält kurz inne. „Du darfst diese Frage nicht vergessen. Und je früher du für dich selbst eine Antwort auf diese Frage gefunden hast, desto eher wirst du das Kommende verkraften können.“ „Aber…“ „Cassandra, du musst es mir versprechen! Mace befand sich letztes Jahr in genau derselben Situation wie du jetzt, doch er entschied sich dafür, sich von seinen Gefühlen niederringen zu lassen. Ich will nicht, dass auch du dich durch zu großes Selbstvertrauen selbst verlierst. Ich will, dass du niemals vergisst, dass ich immer hinter dir stand und hinter dir stehen werde.“ Cass hat leichte Probleme, ihre Mutter zu verstehen, denn diese ist nun völlig aus der Fassung geraten. Wasserfallgleich strömen die Tränen über ihr Gesicht.
    Cass steht auf und wendet sich zur Tür. „Ich kann nicht ändern, was auf mich zukommen wird, denn ich kann meinem Schicksal nicht davonrennen. Ich werde nicht den Bezug zur Realität verlieren, denn ohne dich wäre ich heute bestimmt nicht hier; ohne dich hätte ich bestimmt schon längst den Verstand verloren. Du musst mir nur vertrauen, so wie ich dir vertraue.“ „Cassandra, ja, ich vertraue dir…“
    Doch Cass hört sie nicht mehr, denn sie hat ihre Entscheidung gefällt: Sie wird sich dem für sie gezogenen Los fügen.

  • Diese erste Story neigt sich so langsam dem Ende zu...
    Aber das heißt nicht, dass...
    Hier kommt Abschnitt 5, ich hoffe die eurige Spannung steigt^^



    5.


    Dämmergraues Licht von aus der Wand ragenden Leuchtern und den Hall ihrer eigenen Schritte im Rücken, versucht Cass sich in dem Gang, der sich hinter der Tür auftat, zurecht zu finden. Die Wände um sie herum sind grau und strahlen nichts als Kälte aus. Cass fröstelt es. Sie schaut sich um, doch egal, wohin sie auch blickt, außer stahlgrauen Wänden ist nichts um sie herum zu entdecken. Die einzigen, im wahrsten Sinne des Wortes, Lichtblicke sind die unregelmäßig erscheinenden Fackeln, welche von armgleich aus der Wand ragenden und ebenso geformten Haltern gehoben werden.
    Ein scharfer, kalter Luftzug erfasst Cass‘ Haare und bläst diese beinahe in die einzige Fackel im Umkreis, doch so schnell, wie er kam, ist der Luftstoß auch schon weg. Um ihr Glück nicht unnötig heraus zu fordern, bindet sie sich ihre bis dato offenen Haare zu einem Dutt zusammen. Ein erneuter Luftzug lässt Cass erschaudern. Die Fackeln flackern schwer. Die Temperatur im Gang, durch den sie läuft, sinkt drastisch. Sie meint sogar sehen zu können, wie ihr Atem vor ihren Augen gefriert. Ihr Puls läuft schneller, sie hat keine Ahnung, was gerade um sie herum, geschieht. Gehetzt blickt sie zu den Fackeln, deren Flammen sich immer mehr der Luft zu beugen scheinen. Ein weiterer starker Windstoß erfasst die Fackeln, im nächsten Moment: Dunkelheit.
    Ihre ohnehin schon eingeschränkte Orientierung ist nun vollends verschwunden. Sie versucht sich an den Wänden entlang, voran zu tasten. Doch ob sie vorwärts oder wieder zurück läuft weiß sie nicht. Sie friert am gesamten Körper. In Gedanken bemüht sie sich an etwas Warmes zu denken, jedoch ohne jeglichen Erfolg, im Gegenteil sogar, um sie herum wird es nur noch kälter. Panik macht sich in ihr breit. Hoffnungslosigkeit weicht ihrer Entschlossenheit.
    Ein im Crescendo befindliches Geräusch von sich vermehrenden Tropfen lässt Cass aufschrecken. Sie dreht sich im Kreis, sie kann nicht definieren aus welcher Richtung der Ton kam, der Hall in diesem Gewölbe ist überraschend stark. Ein Rauschen, so als würde eine Flut auf sie zurasen, ertönt ohrenbetäubend. Panisch, nein, in Lebensangst rennt Cass los. Sie rennt gegen Wände, stolpert über ihre Füße und am Boden liegende Steine. All das, und dennoch landet sie in einer Sackgasse.
    Sie fühlt, wie die Luft um sie herum gefriert. Das Donnern wird lauter. Cass presst sich an die Wand und wartet, wartet darauf, dass sie das Wasser erreicht. Im vermeintlich letzten Moment ihres Lebens zieht nicht etwa ihr Leben an ihr vorüber, sondern eine einzige Frage macht sich in ihrem Kopf breit. Die Frage, die ihr ihre Mutter eben noch gestellt hat: „Was meinst du, würdest du tun, wenn dir jemand sagen sollte, du wärst anders?“
    In diesem Moment zieht aber nicht nur die Frage durch ihren Kopf, sondern auch die
    Antwort, die sich auf diese Fragen zu entgegnen getraut: „Ich würde ihn fragen, was er mit anders meine, denn schließlich gab und gibt es keine Menschen, die gleich sind. Weder damals, noch heute. Ergo: Sind wir nicht alle anders?“ Mit dem Aussprechen dieses Gedankens, ertönt eine peinliche Stille und die Laternen gehen wieder an.
    Cass sackt, von den eigenen Ängsten in die Enge getrieben, zusammen. Doch hier wird sie nicht aufgeben, nicht jetzt, da sie sich selbst überwunden hat. Entschlossen rafft sie sich zusammen, steht auf und schaut sich in dem neuen Schein der Fackeln um. Sie steht vor einer Pforte. Solides Holz, kein Griff und auch sonst nichts, dass im Dunkeln auf eine Türe schließen lässt. Sie berührt dieses große hölzerne wegversperrende Monstrum. Irgendwie muss sie es ja aufbekommen. Doch im selben Moment beginnt die Holztüre zu knarren…

  • Hallo Daywalker, ich möchte dir jetzt doch tatsächlich den ersten Kommentar schreiben, da ich weiß wie entmutigend und auch ein bisschen deprimierend es ist, wenn man einfach kein Feedback bekommt. Du hast jetzt definitiv schon lang genug darauf gewartet und für mich gibt es einige Kapitel zum Nachholen, aber fangen wir doch mal mit deinem Startpost & MiniProlog an.


    Startpost & Prolog
    Das erste was bei deinem Startpost auffällt, ist, dass kein Bild vorhanden ist, was ich irgendwie schon Schade finde. Ansonsten vermisse ich noch die anderen Standart-Dinge. Wie z.B. die Vorwarnung (wird Blut fliesen, wird sie sehr Brutal etc. In letzter Zeit ist es auch üblich geworden eine Art Altersbeschränkung anzugeben (jedenfalls denke ich, dass das ca. vor einem Jahr noch nicht so war, ist ja auch egal). Dann noch Kapitelübersich, Benachrichtungsliste - auf welche du mich gleich setzten kannst, falls du sie umsetzt. Auch könntest du doch als Klappentext schreiben um was es in deiner FF geht oder in den einzelnen Storys. Als letztes kann man auch noch mal das Genre erwähnen, da ich mir allein unter dem Titel nicht allzu viel vorstellen kann und nicht weiß was mich jetzt gleich eigentlich erwartet.


    Dein Prolog ist kurz und beim ersten Lesen kam es mir eher wie der Klappentext vor. Man erfährt, dass es um "Menschen" geht die Humanoiden sind. Unter Humanoiden stelle ich mir jetzt eigentlich eine Art Kampf-Roboter vor. Haben diese Humanoiden Raketenwerfer in den Händen und ausfahrbare Klingen an den Unterarmen? All dies baue ich jetzt mal in mein Bild der Humanoiden ein. Ich denke aber beim ersten Kapitel werde ich aufgeklärt. Was ich mich jetzt noch frage - was wird nach dieser Erkenntnis passieren? Wird ein Krieg entstehen oder gibt es einen Herrscher den man zu Fall bringen will? Ziemlich viel geht mir gerade durch den Kopf, das waren jetzt nur mal Beispiele.


    1. Sinnabschnitt
    Nach den ersten Sätzen merkt man schon, dass dein Schreibstil mehr als ausgereift ist. Es liest sich fast wie ein Buch und ich freue mich jetzt schon auf die anderen Kapitel. Das erste mal, dass ich da angefangen habe mich etwas zu fragen ist bei dem Satz, in dem steht, dass sie noch nie etwas von Puppen wissen wollte. Dabei sehe ich ja ein kleines Kind vor mich, das eben mit Autos oder sonstigem spielt, aber dann kommt das mit dem Nervenkitzel. Wenn sie den schon immer wollte, was hat sie dann nur als kleines Mädchen gemacht? Ist sie auf eine Weide zu den Kühen gegangen und wollte denen auf den Rücken steigen oder ähnliches? Wollte ich nur mal anmerken, da mein Gehirn da kurze Zeit gearbeitet hat, aber nicht weiter wichtig. Viel mehr fällt mir zu deinem ersten Kapitel/Sinnabschnitt eigentlich auch nicht ein. Über Fehler bin ich nicht gestolpert, was mich auch nicht verwundert. Ansonsten Scheint mir dein erster Abschnitt schon eher wie ein Prolog, als der eigentliche. Man lernt die Hauptperson langsam kennen und man erfährt das erste mal von ihren Humanoidenfähigkeiten, aber nur ganz kurz und das wird auch noch nicht alles sein. Was ich mich noch frage ist, wie sie dazu wurde. Da sie davor noch nichts davon mitbekommen hat, also dass sie keine Schmerzen fühlt, lässt mich ja darauf schließen, dass sie erst vor kurzem so wurde. Aber wie? Geschieht das mit den Humanoiden etwa erst ab einem bestimmten Alter? Ich denke im nächsten Kapitel werde ich mehr darüber erfahren und deswegen mache ich auch gleich damit weiter.


    2. Sinnabschnitt
    Interessanter 2. Sinnabschnitt. Als erstes frage ich mich, wie groß das Haus ist. Ich stelle es mir riesig vor, hier hätte ich gerne eine Beschreibung gehabt. Vielleicht ist es in deiner "Fantasie" nicht sehr groß, für mich ist es das auf jeden Fall. Dann frage ich mich, wie das mit dem Boden funktioniert. Geht dieser Rollboden nur in eine Richtung? Ist das ganze Haus dann nur eine Art Gang, denn woher weiß denn der Boden wo man hin möchte? Hier tue ich mir mit meiner Vorstellung etwas schwer, aber ist ja nicht weiter tragisch. Ich frage mich auf jeden Fall, wo alle andern sind. Sind alle da unten? Sind alle weg? Woher wussten denn ihre Eltern, dass sie nach unten kommen würde und nicht einfach wegfährt wenn sich niemand meldet? Noch mehr fragen und ich hoffe im nächsten Kapitel wieder eine oder mehr Antworten zu bekommen. Ich ziehe den Schluss, dass sie diese humanoiden Fähigkeiten erst seit kurzem hat, aber wo hat sie diese nur her?
    Mir bleibt einfach nichts anderes übrig als das nächste Kapitel zu lesen. Du weißt wie man die Leute zum Weiterlesen bringt und ihre Neugier weckt, Respekt.


    3. Sinnabschnitt
    "unbeleuchteten Ecke des spärlich möblierten Zimmers scheint sich einer weitere Person zu befinden"
    eine weitere Person ;)
    Jetzt wurde tatsächlich eine Frage mehr oder weniger beantwortet. Sie wurde also erst dazu, aber ich weiß immer noch nicht warum und wie ihr Vater das angestellt hat. Deine Geschichte ist wirklich richtig gut und interessant ich kann wirklich nicht verstehen wieso du noch keinen einzigen Kommentar bekommen hast. Viel mehr kann ich zu dem Sinnabschnitt auch fast nicht sagen und ich denke das reicht auch erstmal für meinen und deinen ersten Kommentar. Sobald das nächste Kapitel erscheint werde ich auch die restlichen lesen und mal wieder einen Kommentar dazu abgeben. Ich bin wirklich richtig gespannt was du noch aus deiner FF machst. Das einzige was ich gerade nicht verstehe ist, wieso ihre Mutter in Ohnmacht fällt, oder habe ich da irgendetwas überlesen? Ist sie überrascht dass ihre Tochter da ist und fällt deswegen um? Oder will Cass' Vater nicht dass sie dabei ist? Was ist/war es nur? Oô


    Wie gesagt, dass war's und vielleicht hat es dir irgendetwas gebracht. ;)

  • O.O
    Man ließt mich und findet mich gut xD
    Ouha, danke Nortia^^
    Ein mehr als ausgereifter Schreibstil? :blush: Naja^^' Was soll ich da schon dazu sagen... Das war zu viel der Ehre^^
    Zu dem Spannungsaufbau und so: Mein Betaleser hätte mich fast umbegracht weil ich immer mit ner offenen und indirekten Frage aufhöre^^ Ich fand des witzig xD
    Vorallem die ständigen beschwerden vonwegen, warum ich mittendrin aufhör :D


    Ach ja und zum Bild^^ Ich hab schon was gemacht ein eigens hierfür angefertigtes Graffiti meinerseits, aber ich muss es erst einmal einscannen^^


    Hmmm du hattest diesen Kommentar schon lange vor oder? Weil die Kapitel Sinnabschnitte (Jz fang ich schon selbst mit Kapitel an...) 4 und 5 hättest du dann iwie übersehen^^
    Aber was mir gefällt: Dir gefällts wie ich schreib 8-)


    Ach ja und bevor ich meine erste Story beende, wollte ich nur mal für den weiteren Verlauf der FF anmerken:
    Nichts scheint so zu sein, wie es zu sein scheint.


    Aber hiermit kommt Abschnitt 6!


    6.

    Blendend-grelles Licht.
    Cass schützt ihre Augen. „Cassandra, tritt doch ein.“ Sie lugt zwischen ihren Fingern hervor. Das Gesicht ihres Vaters erscheint in ihrem Blickfeld. „Scheinbar hat deine Mutter mit dir geredet und etwas bewirkt. Dein Bruder hatte bei diesem Test versagt, wobei, eigentlich hat er sich ja ganz in meinem Sinne verhalten: Dieses schwächliche Wesen, das sich einst als dein Bruder titulierte, ließ sich ganz von seinen Gefühlen übermannen und verlor so den Bezug zur Realität. Ich hatte dadurch die Möglichkeit, ihn ganz nach meinen Vorstellungen neu zu programmieren. Aber du, du bist anders, du bist stärker als er, du hast es geschafft, dich unter Kontrolle zu halten. Wahrhaftig, du bist mein Meisterstück!“
    Wie ein Wahnsinniger rennt er auf Cass zu, packt sie am Arm und zerrt sie in das Zimmer, in welchem sich außer vier Stühlen noch zwei seltsame, zylinderförmige Apparaturen und ein großer Tisch befinden. Auf einem dieser vier Stühle sitzt Mace und starrt eine dieser Apparaturen an. Cass wird von ihrem Vater auf den Stuhl neben Mace gedrückt.
    „Heute wird es soweit sein, heute werden alle erkennen, welch ein Genie ich bin. Niemand wollte mir glauben, dass ich eines Tages den perfekten Menschen erschaffen würde. Dafür habe ich etwas Besseres geschaffen: Den perfekten Humanoiden!“
    Sein Blick haftet auf Cass. Diese versucht mit aller Macht sich von dem Stuhl zu erheben, doch irgendetwas Unsichtbares hält sie zurück. Im Blick ihres Vaters flammt etwas Hämisches auf. „Was… Was ist hier los? Wieso kann ich nicht aufstehen?“ „Du glaubst es immer noch nicht? Und dennoch hast du die Prüfung des Willens bestanden? Cassandra, wem vertraust du mehr? Den Worten anderer oder deinem eigen Verstand? Versteh doch, dass du zu mehr in der Lage bist, wenn du dein Schicksal über dich kommen lässt. Du kannst alles haben, du darfst dich nur nicht wehren.“
    Für einen Moment hat Cass ihre Fassung verloren, doch nun reißt sie sich wieder zusammen. „Ich soll mich nicht wehren? Ich habe schon ertragen müssen, was du mir in den vergangenen Jahren angetan hast. Ich habe alles über mich ergehen lassen und habe mich weder damals, noch heute Mittag gewehrt. Aber hier ist es vorbei!“
    In ihr erwachen ihr selbst unbekannte Kräfte. Sie stößt sich erneut von dem Stuhl ab. Ihrem Vater fallen fast die Augen aus. „D-d-das kann nicht sein… Niemand kann sich als Humanoid aus diesen nanomagnetischgeladenen Stühlen befreien. Außer… Ich habe etwas bei meinen Berechnungen nicht bedacht.“ Er geht einen Schritt zurück merkt aber schnell, dass er mit dem Rücken zur Wand steht. Cass geht direkt auf ihn zu. Angst steigt ihm empor. Seine berechnende Schale bricht komplett zusammen. „Ma-Mace, hilf mir!“ Mace, der den Boden anstarrte, blickt auf, die Augen auf Cass gerichtet. „Dad, das hier ist nicht meine Angelegenheit.“ Ohne jegliches Problem erhebt er sich von seinem Stuhl. „Es tut mir Leid, dass ich den ganzen Spaß jetzt verpasse, aber ich habe weitaus wichtigeres zu tun.“ Er läuft auf die seinem Vater gegenüberliegende Wand zu. Im Gehen spricht er zu seiner Schwester: „Wir sind noch nicht fertig, Schwester. Wir werden uns wiedersehen.“ Im nächsten Moment ist er verschwunden.
    Verlassen von allen sinkt ihr Vater zusammen. „Dad… Oder was immer du nun zu mir bist. Ich wollte deinem lausigen Dasein eben noch ein Ende bereiten, doch ich würde dir dadurch wohl nur einen Gefallen tun. Ich gebe dir lieber Zeit über deine verschwendete Zeit nachzudenken.“ Sie steht direkt vor ihm, er schaut zu ihr hoch. „Warum? Warum tust du das? Du weißt was du mir antun könntest. Wieso tust du es nicht?“
    Cass dreht ihm den Rücken zu und schreitet auf dieselbe Wand wie Mace zu.
    „Weil du somit immer vor deinen Augen sehen wirst, wenn du meinen Namen hörst, was ich dir hätte antun können.“ Sie dreht sich ein letztes Mal um. „Und sollte ich hören, dass du Mom in irgendeiner Weise verletzt, werde ich wieder kommen.“
    Im nächsten Moment ist sie weg und lässt einen eingeschüchterten, verbitterten alten Mann zurück.
    Doch hier fängt Cassandras Leben erst richtig an…


    ENDE
    Zumindest fürs Erste…



    P.S.: Jetzt kommt erstmal ne kleine Pause, weil ich bei Story 2 (Neues Leben) erst bei Abschnitt 3 bin, also freut euch und merkt euch den Satz, den ich euch oben mitgegeben habe^^

  • Hallo. :D
    Ich bin mal wieder da um die erste Story zu Ende zu kommentieren. Hat sich ja nicht sonderlich viel getan, denn noch immer traut sich keine zweite Person seine Meinung zu schildern und Kritik zu liefern. Dann bleibt es eben bei mir..


    Sinnabschnitt 4
    Hier passiert ja nicht sonderlich viel. Man wird nur Zeuge eines Gespräches. Gerade bei diesem haben mir die letzten Sätze von Cassandra gefallen. Ich frage mich durch welche Geschehnisse unsere Cass denn schon fast den Verstand verloren hätte. Oder hat man das als Leser schon erfahren und ich kann mich nur nicht erinnern, wer weiß. ^^ Das einzige was ich zu diesem Kapitel noch hinzufügen möchte ist, dass mir eben bei solchen, etwas längeren, Gesprächen Absätze in deinem Text fehlen. Es ist leicht mal eine Zeile zu verrutschen etc. weswegen ich solche sehr begrüßen würde, vielleicht änderst du das für die zukünftigen Leser ja noch.



    Sinnabschnitt 5
    Die Orientierungslosigkeit welche du hier schilderst, geht sofort auf den Leser über, allein schon die Vorstellung sich in einem solchen kalten Gang zu befinden und nicht zu wissen wo der Ausgang ist und wie weit es noch zu sein scheint, ist bedrückend.
    Ansonsten finde ich an einer Stelle das Wort „Laternen“ sehr unpassend, da du davor immer von Fackeln geschrieben hast und das für mich nicht wirklich das gleiche ist. Falls du damit die ständige Wiederholung vermeiden wolltest, wäre dennoch ein anderes Wort besser gewesen. Eventuell Lichtquelle, oder vielleicht fällt dir noch ein anderes ein.
    Man möchte auch gerne wissen, was es mit diesem Geräusch welches sie wahrnimmt auf sich hat. Befindet sich auf der anderen Seite der Tür etwa ein Wald mit einem Bach/Wasserfall der gleichen?
    Als letztes möchte ich noch anmerken, dass deine Kapitel gegen Ende hin immer kürzer werden, als sie es bis zu Kapitel 3 sind. Es ist natürlich nicht weiter schlimm, aber ich habe da gerne eine Art Balance.


    Sinnabschnitt 6
    Hier fehlt mir zu Beginn auf jeden Fall die Beschreibung der Umgebung? Wo befinden wir uns denn, was kann Cass um sich herum hören etc. Auch fehlt mir die Auflösung, was es denn jetzt mit diesem Rauschen aus dem letzten Sinnabschnitt auf sich hatte. Wird keine wichtige Rolle mehr spielen, vermute ich, dennoch finde ich es ein wenig merkwürdig, dass du es erwähnt hast und danach völlig außer Acht gelassen wurde. Wenigstens noch ihre Gedanken dazu oder dergleichen, wären hier ganz nett gewesen.
    Hmm, was kann ich zum Ende sagen. Ich bin jetzt auf jeden Fall gespannt was mit Mace und Cass noch passieren wird. Bekämpfen sie sich in der nächsten Story, verbünden sie sich und er ändert sich. Es lässt viele Vermutungen aufkommen. Vielleicht verliert sie auch die Kontrolle über sich, und töten am Ende doch ihren Vater. Das alles weißt nur du und ich muss wieder sagen, du weißt einfach wie man den Leser neugierig macht. Ich hätte mich auch gefragt, was ihr „Vater“ dann mit ihr vorgehabt hätte. Oft erzählen die Bösen ja von ihrem Plan, hier ist das Leider nicht so.
    Habe ich etwas abschließendes zu sagen? Ich denke mal davon abgesehen, dass ich so richtig neugierig und gespannt bin, nicht. ~

  • Danke, es ist immer schön zu wissen, dass man Leser neugierig macht.


    Zu den Absätzen kann ich nur sagen, dass sie nicht so ganz in meine im Kopf ablaufende Systematik passen, deswegen mach ich meine Absätze ungefähr so wie es hält zum Thema passt, aber bei der nächsten Story werden mehr Absätze da sein, keine Angst^^


    Ja, das Rauschen hat eigentlichkeinen weiteren Sinn Als, wie ich in meinem Peter schon bei Altersfreigabe genannt habe, diesen psychischen Aspekt aufzugreifen, was man zu dieser ersten Geschichte nämlich noch sagen muss (Ich entschuldige mich, es bisher noch nicht getan, oder zumindest nur die Hälfte davon genannt zu haben) ist, dass das Thema der Story Enge beschreiben soll, ich hoffe einige Fragen beantworten sich nun von selbst^^


    Und andere Fragen werden womöglich in der nächsten Story beantwortet, wenn nicht gibt es einige interessante Wendungen...


    In diesem Sinne eurer Daywalker

  • II. Neues Leben


    Prolog


    Der Tag darauf.
    Cass ist wieder daheim.
    Ihr erster Weg war der ins Bad. Dort steht sie nun vor ihrem Spiegel, schaut sich gedankenverloren an. Der letzte Tag läuft erneut in ihrem Kopf ab.
    „Mensch. Humanoid. Ich bin weder ein Mensch, denn ich wurde erschaffen, noch bin ich ein Humanoid, denn ich kann fühlen…“
    Fragen über Fragen, doch keine Antworten:
    Wer ist sie?
    Was ist sie?
    Und dann wäre da ja auch noch die Sache mit ihrem Bruder…

  • Hier kommt nun der erste Teil der 2. Story, an dieser Stelle möchte ich jedoch noch anmerken, dass ich nun etwas anders schreiben werde^^
    Denn ab nun bin ich nich an vorgaben gebunden, bei der ersten Story hatte ich ja eine Mindestseiten anzahl vorgeschrieben bekommen xD
    Somit dürft ihr euch nicht wundern wenn es jetzt nicht so weiter geht wie ich in Keine Optionen geschrieben habe.
    Ebenso werden ab jetzt hin und wieder Zwischen Kapitel und Exkursionen eingebaut, diese Exkursionen dienen dazu Basiswissen über die "Humanoiden" zu erklären und erlauben es mir auch hin und wieder einige Sprünge zu machen^^
    Aber nun genug der Vorrede hier geht es los, oder weiter, je nach dem wie man es sieht 8-)



    1.


    Durch den Gang geht sie in ihr Wohnzimmer, setzt sich auf ihre Couch, nimmt sich eines ihrer Lieblingsbücher und beginnt zu lesen. Sie will sich ihre Haare aus dem Gesicht
    streichen, aus Gewohnheit. Doch ihre kirschholzbraunen Haare sind noch immer zu einem Dutt zusammengebunden, Zeit diese zu lösen hatte sie noch nicht. Also öffnet sie ihn endlich, schüttelt ihren Kopf, um ihre Haarpracht zu lockern und widmet sich wieder ihrem Buch.
    Sie blättert durch die Seiten, immer schneller werdend. Schon Sekunden später blickt sie auf den Buchrücken: „Lexikon der Cyborgs und der Humanoiden“.
    Würde sie jetzt jemand fragen, ob sie nun den Inhalt des Buches kenne, könnte sie ihm jede einzelne Seite Wort für Wort rezitieren.
    „Der Humanoid hat eine Datenerfassungsgeschwindigkeit, die jegliche Vorstellungen des Menschen bei Weitem übertreffen.“
    Cass legt das Buch weg, schmeißt sich längs auf die Couch, schließt die Augen und versucht zu schlafen. Doch sie ist nicht müde. Dafür geht ihr Kopf jedoch gedanklich ein paar Passagen des eben gelesenen Buches durch:
    „Humanoiden, von Menschenhand geschaffene Wesen.
    Sie sind die Krönung der wissenschaftlichen Kenntnisse über das Gleichgewicht zwischen Organik und Synthetik. Im Gegensatz zu Cyborgs, welche auf Organismen basierende robotergleiche Hybride sind, sind Humanoiden auf Synthetik basierende menschähnliche Roboter.
    Mit der Fähigkeit des Denkens ausgestattet, bilden Humanoiden eine eigene Persönlichkeit, die aber, aufgrund der Unfähigkeit Gefühle zu entwickeln, ein fehler- und lückenhaftes Verständnis aufbaut und somit schon zu vielen Mensch-Humanoid-Kriegen geführt hat.
    Weltweit existieren im Untergrund viele geheime Forschungsinstitute, in welchen illegal an der Humanoidenentwicklung weitergearbeitet wird, da dieser Forschungszweig auf interstellarer Ebene offiziell verboten wurde.“

    Das Klingeln ihrer Haustür unterbricht ihren Gedankenfluss.
    Cass bleibt liegen, sie hat keine Lust, aufzustehen. Es klingelt erneut, doch auch diesmal beschließt sie, es einfach zu ignorieren. Das Telefon läutet.
    Da sich dieses in nicht allzu weiter Entfernung auf dem Boden befindet und sie es ohne Probleme aufheben kann, tut sie eben jenes und nimmt ab.
    „Cassandra Escapeé?“ Aus dem Hörer ertönt eine weibliche Stimme. Cass weiß nicht, wieso, aber sie hat das Gefühl, diese Stimme von irgendwoher zu kennen. „Ähm.. Ja, die bin ich. Und wer sind sie, wenn ich fragen darf?“ „Cassandra, das ist unwichtig, vielmehr ist es von Bedeutung, dass du endlich die Tür aufmachst.“ –Klick. Aufgelegt.
    Verstört schaut Cass den Hörer an. „Was war denn das für eine Pute?“ Doch ein erneutes Ertönen der Türklingel erstickt ihren in Gedanken begonnen Fluchschwall im Keim. Mürrisch setzt sie sich hin, steht auf und geht zur Tür. Sie lugt durch ihren Spion, doch außer Schwarz ist dort nichts zu erkennen. Dann verharrt sie erst eine Weile, die Tür so intensiv betrachtend, als könne auf diese Weise durch diese hindurchblicken. Schließlich fällt ihr wieder ein, sich anzuschicken, ihre Anwesenheit der sich außen befindlichen Person mitzuteilen.
    „Ist jemand da draußen?“ Ihre Selbstsicherheit, auch wenn nur eingebildet, ist kaum zu erahnen. Wie eine Antwort ertönt von außen ein eher genervtes Stöhnen. „Nein, die Klingel geht von alleine los… Außerdem haben wir keine Zeit für Fragen, also mach endlich diese verdammte Tür auf!“ Cass schätzt den Erzeuger dieser ihr angenehm in den Ohren klingenden Stimme auf ungefähr ihr Alter. „Um eins klarzustellen, Herr Wer-auch-immer-da-draußen-steht, ich entscheide, wann ich die Türe öffne, und niemand sonst!“ In ihrer Fantasie versucht sie sich vorzustellen, wie sie ihm die Tür genau in sein Gesicht donnert. Sie erwischt sich jedoch eher bei dem Versuch sich auszumalen, wie der Junge vor ihrer Tür aussehen könnte.
    „Okay, Miss Rumgezicke, würden sie sich dann langsam mal dafür entscheiden, diese nach wie vor verschlossene Türe endlich mal zu öffnen? Sonst sehe ich mich wohl oder übel gezwungen, andere Wege zu gehen. Wege, die dir da drinnen bestimmt nicht sonderlich gefallen werden. Also machst du jetzt bitte mal die Tür auf, vielleicht noch, bevor ich dazu tendiere, auf die möglicherweise idiotische Idee zu kommen, dieselbe einzutreten?“ Cass schnaubt wütend auf „Denkst du, dass du mir damit Angst machst? Wenn du wüsstest, was ich bin und kann, dann…“
    Eine Hand legt sich auf ihre Schulter. Erschrocken fährt sie herum. Sie blickt in das Gesicht eines durch verdammt gutes Aussehen anziehend wirkenden Jungen. „Dann was? Glaubst du wirklich, dass du und dein Bruder die Einzigen eurer Art wären? Denkst du ernsthaft, du seist schon in der Lage deine Kräfte zu kontrollieren, nur weil es dir bisher einmal gelungen ist, einen Riss zu erschaffen? Scheinbar meinst du, schon alles zu wissen, was es über unsereins zu erfahren gibt, doch leider muss ich dich enttäuschen, denn du weißt überhaupt nichts… Doch egal, das ist nicht der Grund meines Hierseins.“
    Sie will ihm irgendeinen intelligenten Satz entgegenschleudern. Doch das, was sie sagt, ist alles andere als das, was sie sagen will: „Tut mir leid, dass ich mich geradeeben so kindisch benommen habe. Ich wusste ja nicht, dass da draußen jemand steht, der so höllisch gut aussieht…“
    Zu spät, der Satz ist ausgesprochen und sie kann ihn nicht wieder zurückziehen. Sie wendet ihm den Rücken zu, er muss ja nicht noch mitbekommen, dass sie seinetwegen rot wird.
    „Bernsteingleiche Augen… Eine seltene Färbung, meinst du nicht.“ Er tut so als hätte sie eben nichts gesagt, scheinbar will er sie jetzt auch noch verhöhnen. Cass‘ Laune wird in diesen Sekunden nicht wirklich verbessert. Völlig deprimiert blickt sie zum Boden.
    „Cass, sofern ich dich so nennen darf, da wir nun wirklich keine Zeit mehr haben, schlage ich mal vor, wir machen jetzt mal einen kleinen Ausflug.“ Sie dreht den Kopf und schaut ihn an. In seinem Gesicht hat sich ein geheimnisvolles Lächeln eingenistet. Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen und in ihrem Kopf macht sich nur ein Gedanke breit:
    Das darf doch jetzt nicht wahr sein! Ich bin doch nicht wirklich in DEN verknallt…
    „Einen Ausflug? Willst du mich etwa zu einem Date einladen? Vergiss es, ich kenn dich doch erst seit ein paar Minuten!“ Sie versucht dabei wirklich ernst zu klingen, doch eigentlich könnte sie just in diesem Moment vor Freude an die Decke springen. Er schaut sie nur belustigt an. „Du brauchst nicht rot zu werden, ich will nicht mit dir ausgehen. Aber bevor wir noch mehr Zeit verlieren, nimm jetzt einfach meine Hand und sei ruhig.“
    Sie blickt verlegen auf die Hand, die er ihr entgegenstreckt. „Also, einfach nur die Hand nehmen…“ „Hast du mir eben nicht zugehört? Nimm die Hand und sag einfach nichts.“ Er scheint leicht genervt zu sein.
    In dem Moment, als sie seine Hand nimmt, fällt ihr ein, dass sie ihn noch nicht nach seinem Namen gefragt hat. Doch auch im selben Moment verschwimmt alles um sie herum, genauso wie auch am vorigen Tag, als sie es ihrem Bruder gleichtat und durch die Wand im Labor ihres Vaters gelaufen ist.
    Nun dasselbe Spiel erneut…



  • 2.


    Ihr Schädel brummt.
    Sie öffnet ihre Augen, doch sie sieht alles nur verschwommen. Cass hält noch immer die Hand des Jungen, fühlt seine Wärme um die ihre. Sie blinzelt, ihre Sicht normalisiert sich wieder. Jemand kommt auf sie zugerannt, besser gesagt, auf den Jungen, dessen Hand Cass hält.
    „Hey Nathan, willkommen zurück.“ Ein kleines, schmächtiges Mädchen baut sich vor ihnen auf. Sie schickt sich an, Cass‘ Begleiter zu umarmen, doch als sie Cass bemerkt, verfinstert sich ihr Blick. „Wer ist denn die?“
    Ihr Augenmerk fällt auf den Bereich zwischen Nathan und dem unbekannten Mädchen. „Und warum hältst du ihre Hand?“ Ein vorwurfsvoller Blick in Nathans Richtung. „Sachte, sachte, kleine Schwester. Das hier ist Cassandra, sie ist eine von uns. Ich hab dir doch gesagt, ich habe eine wichtige Besorgung zu machen, und mein Auftrag bestand darin, sie hierher zu holen. Ist zwischenzeitlich etwas passiert, Nova?“ Bei ihrer Nennung blickt er auf das Mädchen, das er Cassandra genannt hat, jene wiederum errötet, als sie seinen Blick spürt.
    Sie schickt erst einen feindseligen Blick in Cass‘ Richtung, bevor sie auf Nathans Frage eine Antwort gibt: „Ne, alles genauso langweilig wie vorher. Obwohl…“ Nova macht ein nachdenkliches Gesicht. „Wenn ich es recht bedenke, ist doch etwas passiert.“ „Und was? Ist jemand aufgetaucht, der zwar einer von uns ist, aber sich komplett anders verhält?“ Nathans Stimme klingt sehr aufgeregt. „Bruderherz, wieso fragst du mich Dinge, wenn du sowieso meine Gedanken kennst? Ist der Typ wichtig? Er macht irgendwie allen etwas Angst.“
    Wieder umspielt dieses mysteriöse Lächeln sein Gesicht. „Es ist nur so, Cassandra und dieser Typ, der auf den Namen Mace hören sollte, sind Geschwister, echte Geschwister.“
    Novas Augen weiten sich. „Du meinst doch nicht etwa…“ Er schneidet ihr das Wort ab: „Das wissen wir noch nicht, aber aus diesem Grund sind nun beide da. Wenn wir Glück haben, hat sich unser Problem ein für alle Mal erledigt.“ Er wendet sich Cass zu: „Du kannst übrigens meine Hand loslassen. Und wenn du mir dann bitte folgen würdest.“
    Blitzartig entzieht sie ihm ihre Hand und blickt schnell zu Boden, um zu verbergen, dass ihre Wangen mittlerweile eine tiefrote Färbung aufweisen. Er, das freundlicherweise ignorierend, läuft los.
    Cass hat Probleme in seinem Tempo mitzulaufen, vielmehr rennt sie ihm hinterher.
    Als sie endlich ungefähr auf gleicher Höhe mit Nathan ist, fällt ihr das erste Mal auf, dass sie sich an einem komplett anderen Ort befindet, nicht daheim. Sie blickt sich um, überall Jugendliche, kaum älter als sie selbst.
    „Nathan?“, unsicher wendet sie sich an ihre Begleitung. Dieser jedoch entgegnet lediglich ein knappes: „Hmm?“
    „Also, wo zur Hölle bin ich? Und wie bin ich hierhergekommen?“ Er bleibt unvermittelt stehen, sie rennt genau in ihn hinein. „Wir sind hier auf dem Stützpunkt der Retorianer.“ „Ret… Was?“ „Nicht was, wer. Retorianer, Individuen, wie du und ich, mit Wurzeln auf dem Planeten Retornus. Du glaubst doch nicht ernsthaft, du seist ein Humanoid, oder etwa doch? Wir müssen zwar nach außen hin das Gerücht von Humanoiden verbreiten, doch in Wahrheit sind wir nur eine Rasse, die den Menschen in der Evolution um Jahrhunderte voraus ist. Aber das wird dir später noch genauer erklärt.“ Er läuft weiter. „Ich will mich jetzt nirgends hineinsteigern.“
    Cass starrt ihm erst eine Weile hinterher, bevor auch sie weitergeht. Während sie ihm erneut nachjagt, da er ein wesentlich schnelleres Lauftempo als sie hat, schaut sich Cass nebenbei noch weiter um, diesmal genauer.
    Das sogenannte Hauptquartier ähnelt einem Hangar, viel Platz und derart riesige Tore, dass sogar zwei Boeing 747 nebeneinander eines der Tore passieren könnten. Darüber hinaus wuseln die Kinder und Jugendlichen zwischen Kisten und Apparaturen herum, welche denen gleichen, die sie gestern im Geheimlabor ihres Vaters sah. Sie bemerkt nicht, dass Nathan schon wieder steht und sie mit seinen Blicken verfolgt.
    „Wenn du dich schon umschaust, dann sieh doch mal nach oben.“ Auch Cass hält in ihrem Lauf inne und errötet leicht, als sie registriert, dass er sie beobachtet, wieder mit diesem Lächeln. Ohne es eigentlich zu wollen, richtet sie ihren Blick automatisch in die Höhe und schnappt erst einmal nach Luft.
    Dort, wo sich normalerweise die Decke befindet, ist nichts außer dem Himmel zu sehen!
    „Atemberaubend, oder? Die gesamte Decke hier in diesem Bereich ist aus Glas. So brauchen wir nur das Nötigste an Beleuchtung. Spart eine Menge Geld.“ Sie hört einen gewissen Stolz aus Nathans Stimme heraus.
    Cass dreht sich einmal um sich selbst, den Blick dabei nach oben gerichtet. Mitten in der Bewegung verharrt sie auf einmal. „Was ist denn das da?“ Sie zeigt auf etwas. Etwas, das, wie sie just in diesem Moment merkt, genau auf dem Weg liegt, welchen Nathan mit ihr zu laufen scheint.
    „Ach das. Das ist nur der Lift, Aufzug und Herzstück unserer bescheidenen Basis. Wenn wir schon davon reden, wir sollten uns mal beeilen, dorthin zu gelangen.“ Ohne eine weitere Bemerkung setzt er seinen Weg fort, Cass folgt ihm. Dasselbe Spiel nun erneut.
    Nach ein paar Minuten erreichen die Beiden den Lift. Cass ist überwältigt, denn aus der Nähe ist er um ein vielfaches größer als das, was Cass geschätzt hätte, wenn sie von Nathan gefragt worden wäre, für wie groß sie den Aufzug hielte.
    Nathan bemerkt nichts von der paralyseartigen Versteinerung seiner Begleiterin, er ist ganz und gar auf die Bedienungseinheit des Liftes konzentriert. Diese setzt sich aus vier Tasten zusammen, eine dieser Tasten ist unter einer durchsichtigen Glocke untergebracht, welche nur mit einem Schlüssel zu öffnen zu sein scheint.
    Cass erlangt wieder die Kontrolle über sich selbst. Neugierig blickt sie zu Nathan und sofort fällt ihr der abgedeckte Knopf auf. „Nathan, was sind das für Knöpfe und warum ist der eine abgeriegelt?“
    Nathan zuckt kurz zusammen, doch schnell ist er wieder in seiner Sunnyboy-Rolle: „Das sind die Tasten um den Aufzug zu bedienen. Der Oberste führt zur Kontrollplattform, der darunter ist nur aufgeklebt, denn wir sind ja im HQ. Und dieser…“, er tut so, als würde der unterste Knopf nicht existieren und zeigt auf den dritten. „Dieser führt in die Schlafräume.“
    Cass blickt ihn skeptisch an. „Und was ist mit dem?“ Sie deutet mit ihrem Finger auf die vierte Taste. „Wofür ist der, und warum ist er abgedeckt?“
    „Ehmm… Also, der Knopf hat einen Defekt, weil… Weil diejenigen, die dieses Gebäude entworfen haben, noch eine Etage tiefer bauen wollten, was sich im späteren Verlauf, zu derer Unmut, jedoch als unmöglich herausgestellt hat.“
    Nathan setzt ein schiefes Lächeln auf, mit so viel Neugier hat er nicht gerechnet. Er sieht an Cass‘ Blick, dass sie nicht wirklich von seiner Geschichte überzeugt ist.
    Cass merkt, dass irgendetwas hier verdammt faul ist.
    Noch weiß sie nicht was, doch sie wird alles tun, um dem auf die Schliche zu kommen.

  • Hier kommt mein erster Doppel Abschnitt, Ich musste es so machen, da es anders nicht vom Schreibstil zusammen gepasst hätte^^
    Außerdem gefällt es mit nicht wenn mitten in einem Abschnitt ein Wort in einer einzelnen Zeile prangt(ausnahme: Letztes Wort eines Zeilenabschnittes xD), somit diese 2 Teilung, aber ich finde es passt irgendwie kurz und knackig, da kommt Tempo auf^^
    Viel Spaß beim Lesen.


    3.1.


    Eine leicht verklemmte Stimmung macht sich breit.
    Cass legt den Kopf schief, sie versucht Nathan glauben zu lassen, dass sie an seiner Geschichte keinerlei Zweifel hegt.
    „Ach so. Und damit keiner aus Versehen den Knopf betätigt, wurde er abgedeckt?“ „Ja, genau deswegen.“ Die Frage, weshalb man dann überhaupt diesen Knopf angebracht hat, schluckt sie lieber hinunter. „Und wohin müssen wir?“
    Nathan ist sichtlich froh über diesen Themenwechsel. „Wir müssen nach oben. Wir werden erwartet.“
    Wie zur Bestätigung ertönt ein Gong, gefolgt von einer Durchsage einer bestimmten, aber dennoch angenehmen weiblichen Stimme: „Nathan Sullivan hat unverzüglich mit seiner Begleitung die Leitungsebene aufzusuchen!“
    Verdammt!
    Damit hat Nathan nicht gerechnet. Besorgt blickt er zu Cass.
    Sie sagte doch, sie drängt mich erst dann, mich zu beeilen, wenn die Möglichkeit besteht, dass es schlimmer sein könnte als wir dachten. Scheiße!
    In Gedanken versunken bemerkt Nathan nicht, wie er von Cass gemustert wird.
    „Nathan?“ In ihrer Stimme liegt etwas Zurückhaltendes. „Nathan, was ist los?“ Sie betrachtet sein Gesicht, er scheint angespannt zu sein.
    Aber es steht ihm …
    Für diesen Gedanken könnte sie sich schon wieder selbst Ohrfeigen.
    „Nichts, nichts. Es ist nur …“, seine Gesichtszüge entspannen sich etwas.
    „Es ist nur so, dass wir uns beeilen sollten.“ Mit diesen Worten betätigt er den Knopf zur Leitungsebene und die Aufzugstür öffnet sich.
    Während er längst eingestiegen ist, steht Cass noch vor dem offen stehenden Lift und schmunzelt, denn eigentlich müsste der Raum, aus welchem Nathan ihr ungeduldig entgegenblickt, größer sein.
    „Cassandra, steig jetzt ein! Du kannst dich auch später noch umschauen“, er macht eine kurze Pause. „Dann sogar in aller Ruhe. Aber bitte, komm jetzt!“ Sein bittender Blick unterstreicht seine Worte.
    Sie zögert. Ihr Bauchgefühl sagt ihr, dass es alles andere als eine normale Fahrstuhlfahrt werden wird.
    Cass sieht Nathan verzweifelt an. Doch deprimierender Weise muss sie feststellen, dass er nicht den kleinsten Hauch einer Ahnung von femininer Körpersprache hat, denn wenn er sie verstünde, hätte er begriffen, dass sie bei ihm nach Hilfe sucht.
    „Du stehst da ja noch immer da, als seist du zur Salzsäule erstarrt. Komm je…“
    Eine erneute Durchsage schneidet ihm abrupt das Wort ab:
    „Nathan Sullivan sofort zur Leitungsebene! SOFORT!“
    Dieselbe Stimme wie zuvor, doch diesmal leicht ungehalten und eindeutig ungeduldig, sehr ungeduldig sogar.
    Nathan entweicht leise ein gemurmelter Fluch.
    „Cassandra, ich flehe dich an, komm jetzt endlich in diesen Lift!“
    Er ist noch angespannter als nach der ersten Durchsage. „Ich würde dich nicht um etwas bitten, wenn es sich nicht um etwas wirklich Ernstes handeln würde.“ Er blickt sie flehend an.
    Wie soll Cass einem solchen Blick nur widerstehen?
    Ihr Bauchgefühl ignorierend steigt sie in den Lift, der sofort hinter ihr schließt.
    Erschrocken fährt sie zu der nun verschlossenen Türe herum.
    „Was zur Hölle?“ Entgeisterung macht sich in ihr breit, als sie sich zu Nathan umdreht und dieser ihr mit einem verschlagenen Grinsen entgegen lacht.
    „Ich hoffe, du bist schwindelfrei.“
    Bevor sie irgendetwas erwidern kann, setzt sich der Fahrstuhl bereits in Bewegung.








    3.2.


    Adrenalin.
    Cass spürt jede Bewegung des Liftes.
    Gefangen im Rausch, in den Fängen der Geschwindigkeit.
    Der ultimative Kick.
    Linkskurve, Rechtskurve, Linkskurve, …
    Cass verliert die Orientierung und schließt die Augen, um den aufkeimenden Schwindel zu ersticken.
    Totale Freiheit.
    Sie spürt, wie schnell sich der Lift fortbewegt, so schnell war sie noch nie unterwegs.
    Ich fühle mich, als könnte ich fliegen. So frei, so schwerelos …
    Stillstand, alles um sie herum verharrt in seinem Tun.
    Moment mal … Ich bin schwerelos! Aber das würde ja bedeuten, dass ich …
    Ihre Muskeln machen sich auf das Schlimmste gefasst.
    Cass reißt blitzartig ihre Augen auf und lugt nach unten.
    „Puh, ich schwebe nur.“
    Erleichtert entspannen sich ihre Muskeln, nur, um sich im nächsten Moment wieder anzuspannen.
    „Ich schwebe?!“
    Sie konzentriert sich auf die Bewegung des Lifts:
    Er fällt.
    Er fällt schnell.
    Er fällt beängstigend schnell.
    Er fällt dermaßen beängstigend schnell, dass Cass vor Schreck in Ohnmacht fällt.
    Nathan, die Ruhe selbst, steht in einer Ecke des Fahrstuhls und beobachtet, wie Cass langsam zu Boden sinkt.
    Er schüttelt enttäuscht den Kopf.




    P.S.: Zwischenstand: Ich schreibe zurzeit am 2ten Abschnitt von Story 3^^

  • 4.


    Nathan blickt ungerührt auf das am Boden liegende Mädchen.
    „Dein Bruder hatte den Test problemlos bestanden. Scheint so, als hätte er mit der Behauptung, du seist noch nicht reif genug, recht behalten.“
    Enttäuschung liegt in seiner Stimme.
    Ignorierend, dass sie noch immer bewusstlos auf dem Boden liegen, läuft er an ihr vorbei zur Tür und klopft dreimal.
    „Macht auf, sie hat es nicht geschafft!“
    Ein Klicken ist zu hören und der Lift öffnet sich wieder. Vor dem Lift stehen zwei junge Männer, die Nathan so anschauen, als würden sie auf einen Befehl warten.
    Während er aus dem Lift heraustritt, deutet er mit dem Daumen seiner rechten Hand über seine Schulter nach hinten, die beiden Männer nicken und gehen an Nathan vorbei zu der noch immer ohnmächtigen Cassandra.
    „Ihr wisst, wohin ihr sie bringen sollt, oder?“
    Wie aus einem Mund antworten die beiden Angesprochenen: „Ja, wir sollen sie in den Ruheraum bringen, der neben Carols Büro liegt.“
    Nathan nickt kurz und sieht zu, wie die Beiden verlegen abwechselnd einander und Cassandra ansehen.
    „Einer nimmt sie unter den Armen, der andere an den Beinen, das ist doch nicht so schwer!“ Entnervt wendet er sich von den Männern ab, die sich erfreut über seinen Rat anschicken, Cassandra hochzuheben.
    „Nathan, da bist du ja endlich! Was hat dich denn so lange aufgehalten?“
    Eine junge Frau mit schulterlangem holunderfarbenem Haar erscheint wie aus dem Nichts genau neben Nathan.
    „Carol! Wieso musst du das immer wieder aufs Neue machen? Du weißt, dass ich jedes Mal erschrecke.“ Mit gespieltem Entsetzen blickt er sie an.
    „Ja, und genau deswegen macht es mir nun einmal so viel Spaß, das zu tun.“ Sie grinst ihn schelmisch an.
    Als die zwei Männer an ihr eine Jugendliche vorbei tragen, wird sie schlagartig ernst.
    „Ist sie das?“
    Sie blickt Nathan nicht an, als sie ihm die Frage stellt, sondern verfolgt mit ihrem Blick, wie das Mädchen fortgetragen wird.
    „Ja. Mace hatte recht mit seiner Behauptung sie sei noch nicht reif genug.“
    „Sie hat den Test nicht bestanden?“ Sie dreht sich zu Nathan.
    „Nein, sie fiel in Ohnmacht, wie du gerade eben ja gesehen hast.“
    Carols Augen beginnen zu strahlen.
    „Das ist perfekt, Nathan!“ Verwirrt starrt er sie an. „Wieso sollte das perfekt sein? Sie hat nicht bestanden!“
    Sie schüttelt den Kopf und stemmt ihre Hände in die Hüften.
    „Nathan, hast du mir überhaupt zugehört? Ich sagte doch klar und deutlich, dass sie besteht, wenn sie eben nicht besteht.“
    Unter ihren klagenden Blicken beginnt Nathan etwas nervös zu werden.
    „Dieser Test ist dafür da, um zu sehen, ob sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen kann. Sie ließ sich übermannen, von dem Schreck und ist infolge dessen in Ohnmacht gefallen. Was wiederum bedeutet sie ließ sich von ihren Gefühlen lenken, ergo: Sie hat bestanden!“
    In Gedanken stellt sich Nathan vor, wie sie sich wohl als Lehrerin machen würde.
    „Hmm?“, abgelenkt durch seine Überlegung reagiert Nathan mit genau der falschen Antwort.
    „Nathan!“
    Ihre Augen funkeln ihn böse an.
    „Was?“ Aus seinen Gedanken gerissen zuckt er zusammen.
    Wie kann ein einziger Junge nur so wenig Feingefühl besitzen? Immer wieder dasselbe mit ihm, er tritt von einem Fettnäpfchen in das nächste …
    „Manchmal frage ich mich ernsthaft, weshalb ich überhaupt mit dir rede. Immerhin, dass du ein Mädchen herbringen solltest, das hast du verstanden.“
    Nathan sieht beschämt zu Boden.
    Als hätte er einen Geistesblitz hebt er urplötzlich den Kopf und lässt seinen Blick durch den sich vor ihm erstreckenden Gang wandern.
    „Wolltest du hier nicht eigentlich streichen und Bilder aufhängen lassen? Der Korridor wirkt immer noch so ausladend.“
    Carol scheint erstaunt zu sein, jedoch nicht lange.
    „Bloß weil du einmal etwas aufgeschnappt hast …“
    Leicht empört wendet sie sich zum Gehen.
    „Du weißt wo wir warten.“ Ein heller Lichtblitz und Carol ist verschwunden.
    „Weg ist sie. Wie immer mit ihrem Blitzabgang.“
    Nathan schüttelt den Kopf und läuft los. „Frauen …“
    Vor ihm erstrecken sich 20 Meter tristester Flur.
    Geistesabwesend folgt er dem von weißen Wänden flankierten Weg.
    Ein geflüstertes Wort in seinem Kopf, Nova.
    Er versucht sie zu erreichen. Sein geistiges Auge sucht den Hangar nach ihr ab. Kurz bevor er aufgeben will, findet er sie, oder zumindest einen Teil von ihr.
    Nova liegt gut versteckt zwischen Kartons unter einer Decke, und würde er sie nicht kennen, hätte er gemeint, sie schlafe.
    Er tippt sie an. Ohne jegliche körperliche Regung setzt sie sich auf.
    ‚Was ist los, Kleine? ‘
    ‚Nathan, weshalb hat Carol so ernst nach dir verlangt? Was geht hier vor? ‘
    ‚Du brauchst dir keine Sorgen machen, es war alles geplant. ‘ Er pausiert. ‚Was ist der eigentliche Grund für deinen Ruf? ‘
    Nova zögert mit ihrer Antwort.
    ‚Er ist da. ‘
    ‚Wer ist er? ‘
    ‚Carols Bruder. ‘
    ‚Byron ist … Er ist hier? ‘
    ‚Ja, aber warum ist das so schlimm? ‘
    ‚Nova, egal was in den nächsten Stunden passiert, bleib ruhig. Hast du mich verstanden? ‘
    ‚Nathan, was ist los? Hast du vergessen, dass wir uns alles sagen können? Hast du denn die Bedeutung des Glasdachs vergessen: Wir sind eine Familie, wir haben keine Geheimnisse voreinander! ‘
    ‚Nova, es tut mir leid, aber ich bin nicht befugt, mit dir zu diesem Zeitpunkt über diese Angelegenheit zu sprechen. Ich muss Schluss machen, wir reden später weiter! ‘
    Bevor Nova etwas einwenden kann, bricht Nathan die Verbindung ab.
    Vor ihm steht eine einladend gestaltete Holzpforte, über welcher in Leuchtbuchstaben das Wort `Leitung´ prangt.
    Er atmet tief ein, stößt aus und öffnet die Tür.
    „Carol, dein Bruder ist eingetroffen!“
    Mit diesen Worten betritt er den Raum und die folgende Stille wird nur noch von der zufallenden Tür gestört …


    So neue Zwischen Bilanz: Abschnitt Nummero 4 von Story 3^^
    Freut euch mschonmal auf die eine oder andere Überraschung^^


  • 5.


    Gedrückte Stille.
    Carol schaut Nathan von ihrem Platz aus entgeistert an.
    „Byron?“ Sie steht auf. „Wenn er jetzt schon hier ist, dann muss sich etwas grundlegend an unserer Vermutung verändert haben.“
    Ihr Blick wandert in die Ecke rechts von Nathan. Er tut es ihr gleich und Feindseligkeit ergreift von ihm Besitz.
    Auf der Couch in der Ecke hat sich ein kalt dreinblickender Junge breit gemacht. Nathan weiß sofort wen er da vor sich hat.
    „Mace …“ Seiner Stimme fehlt jegliche Freundlichkeit.
    „Du musst Nathan sein. Die Labertasche da drüben redet schon die ganze Zeit nur von dir.“
    Als Nathan zu Carol linst, sieht er wie sie leicht rot angelaufen ist und auf den Boden starrt.
    „Ach ja, ihr zwei Turteltauben, ich will ja nicht stören, aber in dem Raum da tut sich endlich was.“ Nüchtern deutet der Junge auf die Tür zur Linken Nathans.
    Die Fassung wiedererlangt ergreift Carol das Wort.
    „Vielleicht ist es auch besser wenn Byron da ist. Schließlich ist er der Materior und noch gebildeter als du es bist, Nathan. Zumindest nutzt er sein Wissen sinnvoll und seinem Alter entsprechend.“ Sie schaut Nathan beleidigt an.
    Er tut so als hätte er Carol nicht gehört und geht zu der Tür hinter welcher sich Cass befindet. Ohne Carol anzusehen richtet er sein Wort an sie.
    „Ebenso wäre es wohl auch besser, wenn wir auch noch Mint dazu rufen, schließlich geht es alle Gilden an, somit brauchen wir auch alle Gildenmeister.“
    Vor der Tür verharrt er.
    „Du hast Mint doch informiert oder?“
    Er dreht sich zu ihr um.
    Mace macht es sich währenddessen in seiner Ecke noch bequemer.
    Von dem weiteren Gespräch bekommt er nichts mehr mit, er greift mit seinem Geist nach Cass.
    ‚Willst du jetzt mal endlich da rauskommen? ‘
    Er fühlt wie sie sich bewegt.
    ‚Du hast jetzt genug pennen können. Also steh jetzt auf! ‘
    Sie öffnet die bis dato geschlossenen Augen.
    „Mace?“ Sie klingt verwirrt.
    ‚Ich merke schon, du bist einfach ein Mädchen, brauchst immer mehr Zeit als eigentlich nötig wäre. ‘
    Gelangweilt lässt er von seiner Schwester ab, doch irgendetwas hält ihn fest.
    ‚Noch immer so von dir selbst überzeugt? ‘
    Mace braucht einen Moment, um zu begreifen wer seinen Geist fixiert.
    ‚Cassandra? Du überraschst mich. Scheinbar steckt in dir doch mehr, als es den Anschein hat. Aber es wäre besser für uns, wenn du jetzt endlich aus deinem kleinen Raum heraus kämst. ‘
    ‚Alles zu seiner Zeit, kleiner Bruder. Ich will erst einmal herausfinden, wo ich hier bin. Dank dir habe ich eben eine neue Seite an mir entdeckt. ‘
    Diesmal ist sie es, die von seinem Geist ablässt.
    Gespannt auf das, was nun folgt, verlagert Mace seinen Geist wieder in seinen Körper.
    Er bemerkt als erstes wie ihn Nathan interessiert mustert.
    „Erstaunlich, dieses Potenzial, das in ihm steckt. Es war sein erster Ausflug auf Geistesebene, er hat sich zu Beginn nur auf seinen Geist konzentriert. Aber normalerweise dauert es Wochen, sich so kontrollieren zu können, um mit jemandem kommunizieren zu können.“
    Sein Wort richtet sich wieder an Carol.
    „Vielleicht ist ja doch etwas an dieser Legende dran. Naja, ich denke, es wäre besser, wenn ich nun Mint benachrichtige.“
    Er dreht sich zu Carol um.
    „Nachdem du es ja nicht geschafft hast, über deine Eifersucht hinweg zu kommen.“
    Betroffen senkt sich ihr Blick zu Boden.
    „Ich glaube fast, dass das nicht mehr nötig sein wird, Nathan. Und sei doch nicht immer so schroff zu ihr.“, ertönt es hinter ihm.
    Überrascht dreht sich Nathan zu der Tür um, Carol hebt ihren Blick. Die hölzerne Pforte steht speerangelweit offen und gibt die Sicht auf zwei Personen frei.
    Eine der Personen ist ein hochgewachsener, aber dennoch unscheinbarer, Mann.
    Sein kurzes silbern schimmerndes Haar, lässt ihn auf den ersten Blick alt aussehen, doch bei genauerer Betrachtung fallen einem die feinen Züge in seinem Gesicht auf. Die Ähnlichkeit mit Carol ist verblüffend.
    Die andere ist ein älteres, durchschnittlich großes, schlankes Mädchen, deren weiblichen Reize an genau den richtigen Stellen von ihrem violetten knielangen Haar akzentuiert werden.
    „Denn wie ihr seht, war Byron so nett mich mal ein bisschen aufzuklären.“
    Sie wechselt einen dankbaren Blick mit dem hochgewachsenen Mann.
    Mace, der noch immer auf der Couch lümmelt, steht auf, von seiner Position aus kann er die Neuankömmlinge nicht sehen.
    Er stellt sich provokativ neben Nathan. Als er das Mädchen sieht, entweicht ihm ein leiser kurzer Pfiff.
    Mace neigt seinen Kopf etwas zur Seite, zu Nathan.
    „Wer ist denn die da?“
    „Das? Das ist Mint Vermont.“
    „Hmm …“
    Mint und Byron betreten den Raum.
    „Schwesterherz!“ Er breitet seine Arme zu einer theatralisch angedeuteten Umarmung aus.
    „Auch ich freue mich dich wieder zu sehen, aber in Anbetracht der momentanen Umstände, würde ich sagen wir müssen das auf später verschieben.“
    Verständnisvoll nickend bleibt Byron vor Mace stehen.
    „Mace, habe ich Recht?“
    „Den Rest hier kennst du ja, somit werde ich als unbekanntes Gesicht wohl Mace sein.“
    Seine Antwort ist sachlich aber herausfordernd wie immer.
    „Du bist nicht auf den Mund gefallen, wahrhaftig nicht.“ Ein freundliches Lächeln erscheint in Byron Gesicht. „Ich glaube wir werden uns gut verstehen.“
    Er geht an Mace vorbei, begrüßt Nathan und beginnt mit Carol etwas zu bereden. An seinen Platz tritt Mint.
    Sie mustert Mace kurz, bleibt an seinen Augen hängen. „Bernstein … Diese Färbung ist mir bisher nur zweimal begegnet …“
    Klopfen. Alle halten erschrocken inne.
    Mace richtet seinen Blick als erster auf die Tür, von der aus das Pochen kam.
    „Es scheint so, als wären wir endlich vollzählig, zumindest gleich …“
    Mace schreitet auf die Tür zu, bleibt vor ihr stehen und wartet. Im nächsten Moment öffnet sie sich auch schon.
    Vor ihm erscheint Cass.
    „Mace, wie du sagtest, wir sehen uns wieder.“
    „Ja, auch wenn die jetzigen Umstände nicht wirklich meinen eigentlichen Vorstellungen entsprechen.“
    Sie verlässt ihren Raum und bleibt neben Mace stehen.
    „Wer sind denn die alle? Nathan kenne ich ja schon …“
    Sie bedenkt ihn mit einem scharf anklagenden Blick, Mace wendet sich den anderen zu.
    Mint schnappt nach Luft. „Da-da-das kann nicht sein … Diese Ähnlichkeit … Nein, das ist unmöglich!“
    Ihre Stimme klingt dünn, auf ihrem Gesicht wechseln sich Faszination und Unglauben mit Skepsis und Unsicherheit ab. Alle schauen sie fragend an, doch sie bleibt still und lässt die anderen rätselnd im Dunkeln. Nur Mace bleibt unbeeindruckt.
    „Diese wandelnde Rätselkiste ist Mint Vermont, auch als Virto bezeichnet.“
    In Byron und Carols Richtung nickend fährt er fort.
    „Diese Plaudertante ist Carol Brillion-Royce, sowohl Gladius als auch Gildenhüter. Neben ihr steht ihr Bruder Byron Brillion-Royce, er ist der Materior.“
    Er ignoriert Cass‘ fragenden Blick.
    „Nathan Sullivan kennst du ja schon. Er gilt hier gemeinhin als der Mediatus.“
    „Virto? Gladius? Materior? Mediatus? Was sollen diese seltsamen Begriffe bedeuten? Und warum Gildenhüter?“
    Während Cass nichts von dem versteht, was ihr eben gesagt wurde, wechseln die anderen fragende Blicke untereinander.
    Sie hatten niemals erwähnt, wer von ihnen der Gildenhüter ist …

  • 6.

    „Okay, ich glaube, jetzt habe ich es verstanden.“

    Cass lässt ihren Blick von einem zum anderen schweifen.
    „Byron ist der Materior, der Gildenmeister der Gilde der Elemente. Ihn nennt man so, weil er das höchste Elementarmanipulationspotential besitzt. Stimmt so, oder?“
    Sie hält kurz inne, aber als kein Widerspruch kommt fährt sie fort.
    „Carol ist der Gladius, sie leitet die Gilde der Kampfkünste.“ Sie blickt skeptisch.
    „Sie ist die stärkste und Geschickteste der Gladiaten.
    Nathan, der Mediatus, ist der einzige der seinen Geist und seinen Körper unabhängig von einander koordinieren und kontrollieren kann. Er ist das Oberhaupt der Gilde des Wissens.
    Und dann ist da noch Mint, sie ist die Geschickteste der Virtuisten und somit der Virto und Meister der Gilde der Handwerke.“
    Sie runzelt ihre Stirn und sieht die vier Gildenmeister, die sich mittlerweile auf der Couch nebeneinander gequetscht haben, abwägend an.
    „Aber eines würde ich doch noch gerne wissen: Was hat das dann mit Humanoiden zu tun?“
    Byron setzt zu einer Antwort an, doch Mint kommt ihm zuvor.
    „Es macht dir doch nichts aus, wenn ich diese Frage beantworte, oder?“
    „Nein, es ist mal was neues, zu hören, wie jemand anderes diesen Sachverhalt zu erklären versucht.“
    Sie nickt ihm dankend zu und erhebt sich.
    „Ist dir das Lexikon der Cyborgs und Humanoiden ein Begriff?“ Ohne jedwede Antwort von Cass abzuwarten, fährt sie mit ihrer Erklärung fort.
    „Dieses Werk entstand, um uns, das retorianische Volk, als etwas zu tarnen, was die Menschen weniger ängstigt, da diese Formen der Intelligenz durch ihre Bemühungen entsprungen sein sollen.“
    „Und was hat das dann mit uns, Mace und mir, zu tun?“
    Die vier Gildenmeister wechseln kurze Blicke und nicken schließlich zeitgleich.
    „Als Gildenhüter obliegt es mir, dir mitzuteilen, dass wir dir alles erklären werden, jedoch wäre es besser für dich, wenn du dir zuvor eine Nacht voll Ruhe gönnen würdest.“
    „Aber ich habe doch gerade erst lange genug schlafend in diesem Raum gelegen, also könnt ihr das auch jetzt machen!“
    „Mein letztes Wort in dieser Diskussion: Nimm dir Zeit und ruh dich aus, vielleicht werden sich manche deiner Probleme ja von selbst lösen.“
    Carol steht auf, die anderen drei folgen ihrem Beispiel.
    „Auch wir werden uns nun zurückziehen und uns auf den morgigen Tag vorbereiten.“
    Zu viert verlassen sie den Raum in Richtung des Ganges. Mace und Cass bleiben alleine zurück.
    „Du hast sie gehört, Schwesterchen. Also nerv nicht weiter und leg dich hin.“ Er geht auf die Couch zu und lässt sich, als wäre er daheim, längs hinein fallen. Im nächsten Moment ertönt aus seiner Ecke auch schon holzzersägendes Geschnarche.
    Cass wendet sich beleidigt ab.
    „Wie es scheint bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig, als mich dieser Entscheidung einfach zu fügen ...“

  • Hier ist der FINALE Abschnitt der 2. Story.
    Es kam mir sehr spontan, wurde von einer Tagträumerei inspiriert...



    7.

    Tiefste Nacht.
    Eine spärlich beleuchtete Straße.
    Der Geruch von drohendem Unheil und Regen.
    Der Mann steht zwischen ihr und ihrem Bruder.
    „Behaltet immer in eurem Herzen, dass ich euch liebe! Ich will nur das Beste für euch, denn mir bleibt keine andere Wahl ...“
    Plötzlich ertönen Stimmen. Regentropfen beginnen zu fallen.
    „HIER! Ich kann seine Aura fühlen! Die beiden sind ebenfalls bei ihm!“
    Schwere, schnelle Schritte. Hektisch blickt sich der Mann um.
    Sorgenvoll blickt er auf die beiden schlafenden Babys hinab.
    „Sie dürfen euch nicht bekommen. Der Fortbestand des retorianischen Wissens hängt von eurem Überleben ab!“
    Gehetzt packt er die Körbe, in denen die seelenruhig vor sich hin dösenden Kinder liegen, und rennt los.
    Der Regen fällt nun in Strömen.
    Der Boden, eben noch trocken und haltend, verwandelt sich sekundenschnell in eine rutschige und matschige Masse. Das spärliche Licht und der glitschige Untergrund machen ein Vorankommen fast unmöglich, Verzweiflung keimt in dem Mann auf. Dennoch umspielt ein Lächeln sein Gesicht.
    „Nur noch ein bisschen und dann... WAS?“
    Aus der eben aufkeimenden Hoffnung wird jäh wieder Verzweiflung und auch Angst. Angst um die zwei Kinder, deren zarte Schultern die Zukunft des gesamten retorianischen Lebens tragen sollen.
    Vor ihm erstreckt sich die Auswegslosigkeit einer Sackgasse.
    „Da vorne! Er steht vor dem Erdwall!“
    Die Stimmen sind näher als zuvor, viel zu nahe.
    „Erst der Mediatus, jetzt ein Erdmateria ...“
    „So sieht man sich also wieder.“
    Flackernder Laternenschein und ein hämisches Lachen.
    Jemand packt den Mann mit einem festen Griff an der Schulter und reißt ihn herum. Die Körbe rutschen ihm vor Schreck aus der Hand. Er will sich bücken, doch wird er durch ein Knie am Kinn getroffen und fällt auf den Rücken.
    Trotz Schock schafft er es noch die Ränder der Körbe zu erhaschen und sie zu sich zu ziehen.
    „Aaron ...“ Der Mann dessen Knie Aaron umgeworfen hat, geht vor ihm in die Hocke.
    „Wieso ausgerechnet du? Warum stellst du deine Pflicht als Gildenhüter infrage? Welche Gründe hast du, dein Volk zu verraten?“
    Aaron blickt in leuchtende bernsteinfarbene Augen.
    „Alle Fragen beruhen auf ein und demselben Grund, Bruder.“
    Sein Gegenüber neigt enttäuscht das Haupt.
    „Aaron, warum bist du nur so anders als ich? Wir sind Brüder! Wir sind Dekankinder und haben dieselben Eltern. Trotz des Fluches, den uns das Dekan auferlegt hat, haben wir es geschafft, die Gesetze zu ändern! Gib mir die Kinder und wir alle vergessen deinen Fehler einfach.“
    Doch Aaron schüttelt bloß seinen Kopf.
    „Es macht mich traurig, deine Worte hören zu müssen. Vergisst du etwa, wessen Familie du dem Tode weihen willst? Es ist das unsrige Fleisch und Blut! Meine Kinder, deine Nichte und dein Neffe! Hast du die Prophezeiung etwa noch immer nicht verstanden? Nicht ich bin anders, sondern du hast dich geändert! Du wurdest eifersüchtig darauf, dass dein kleiner Bruder in der Lage war Fähigkeiten zu entwickeln. Wer von uns hat vergessen welche Pflichten er hat? Ich handle um mein Volk zu retten. Das Überleben der Retorianer hängt vom Leben dieser beiden unscheinbaren Wesen ab. Ist es dir das Wert?“
    Tränen tanzen um seine Wangen, doch der Regen wischt sie fort.
    „Salem, aus welchen Gründen verrätst du unsere Eltern?“
    WAMM!
    Salems rechte Hand landet in Aarons Gesicht. In seinem Blick liegt tiefe Wut.
    „Du wagst es zu behaupten, ich würde unsere Eltern hintergehen? Du, der der Liebling aller ist! Wie habe ich es gehasst all die Zeit in dieser ewigen Isolation zu leben, wie sehr dieses Gildenwesen verabscheut! Und dann, dann kamst du! Du, der es schafft, seinen Fluch zu brechen und es vollbringt, alle Kräfte zu beherrschen! Neid und Eifersucht? Nein! Hass! Ich habe dich gehasst und tue es auch in diesem Moment noch!“
    Trauer nimmt Aarons Blick ein.
    „Es tut mir Leid, dass wir uns so auseinanderleben, Bruder. Eines solltest du dennoch Wissen: Du warst Vater und Mutter immer der Liebste, doch schlugen ihre Bemühungen, dich zu mehr zu bewegen, bedauerlicherweise fehl ...“
    Salems Gesichtsausdruck gleicht purer Überraschung.
    Aaron nimmt die Säuglinge in seine Arme.
    „Leb wohl, Salem!“ Seinen Worten folgt ein greller Blitz, der Salem und seine Begleiter zwingt, ihre Augen mit ihren Händen zu schützen.
    Die Augen der Truppe gewöhnen sich langsam wieder an das spärliche Licht in der Dunkelheit. Salem ist der erste, der Aarons Fehlen bemerkt.
    „VERDAMMT!“ Sein Schrei hallt in der Ferne wider.
    „Garoh Flint!“ Unvermittelt löst sich ein kleiner untersetzter Mann aus der Menge und bleibt geduckt neben Salem stehen.
    „Wie waren deine Worte?“ Er packt Garoh im Nacken und hebt ihn hoch. Auch wenn Salem keiner Gilde angehört, reicht seine physische Kraft an die von Gladiaten und Virtuisten mühelos heran.
    „Sagtest du nicht, er hätte nicht mehr genügend Kraft um irgendetwas unternehmen zu können?“ Seine Stimme zeugt weder von Zorn noch von Wut, sondern ist kalt, kälter noch als Eis.
    „Meister Salem, ich... ich ...“
    „Hör auf zu stottern und reiß dich zusammen!“ Salem wirkt etwas ungehalten.
    „E-er war wirklich am Ende seiner Kräfte.“
    „Wenn dem so war, wie erklärst du mir dann seinen Riss eben? Das schien mir alles andere als am Ende seiner Kräfte!“
    Garoh zögert kurz, bevor er antwortet.
    „Er muss seine Kräfte von jemandem bezogen haben.“
    „Kräfte beziehen also? Eine dümmere Ausrede fällt dir wohl nicht ein? Für wie bescheuert hältst du mich eigentlich? Zu so etwas sind nur zwei möglichst gleichtalentierte Retorianer in der Lage, wobei hier anders als bei der Kraftschmelze, die Gilde eine nichtige Rolle spielt. Und er war alleine!“
    Garoh versucht sich, sofern es ihm durch seine momentane Situation erlaubt ist, noch kleiner zu machen.
    „Aber Meister ...“
    „Du nervst mich“ Salem drückt zu, es knackt und Garohs Körper verliert jegliche Spannung. Angewidert wirft er den Leblosen gegen die Wand vor ihnen. Beim Aufprall ertönt erneutes Knacken, dann bleibt der Tote unnatürlich verrenkt liegen. Befriedigt blickt Salem mit verachtendem Blick auf den Leichnam.
    „Hat sonst noch jemand irgendwelche blöde Ideen?“
    „Salem?“ Eine Frau tritt zögernd aus der Masse der hektisch mit den Köpfen schüttelnden Begleiter hervor.
    „Vielleicht liegt in seinen Worten doch etwas Wahres.“
    „Kira, seit wann bist du der selben Meinung wie Flint?“
    „Weil dein Bruder Cassandra und Mace bei sich hatte. Könnte es nicht sein, dass an dieser Legende doch etwas dran ist?“
    Salem überlegt eine Weile. Dann fährt er laut und mit verheißender Mine fort.
    „Wir werden es wohl früher oder später erfahren. Lasst uns wieder zurückgehen, zurück zu unsereins und nicht zu diesem schwachen und isolierten Pack! Unsere Zeit wird kommen und solange werden wir uns im Verborgenen bereithalten!“

    Mit einem erstickten Schrei öffnet Cass ihre Augen. Der Angstscheiß steht ihr auf der Stirn...


    Ende
    der Nachtruhe ...



    UNd nun erstmal ne längere Pause, ich muss erst wieder wirklich voran kommen habe momentan ne Blockade -.-
    Wenn ich wieder genug Story habe werde ich euch wieder weiter lesen lassen,
    euer


    Darkminded