Journey through my Life

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

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    Huhu Nachtara,
    nachdem dein letzter Upload schon etwas her ist - und ich endlich mal Zeit für meine Stamm FanFictions habe! - ist es nun an der Zeit, für ein Feedback. Ich hoffe, dass es nicht stört, dass dieser Kommentar vergleichsweise kurz ausfallen wird.
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    Beginnen wir doch einfach, wie zumeist, mit dem Inhalt, dann dem Stil und eventuellen Verbesserungsvorschlägen, bis ich schließlich im letzten Tab zu einer (möglichen) Verbesserung komme.
    So, beginnen wir bei dem Inhalt: Er gefällt mir richtig gut! Du schaffst es, jedes Kapitel wie ein Bindestück zu gestalten, oder wie einen Legostein, der sich auf den anderen türmt. Du beendest sozusagen die spannende Situation, die du im vorherigen Kapitel als Ausklang verwendet hast, mit dem Anfang des neuen Kapitels und lässt aber nach hinten hin wieder ein Stück offen. Ich vermute an dieser Stelle jedoch stark, dass es Drew sein wird, warum auch sonst, würde Maike sich so verhalten? Es ist zwar keinesfalls berechenbar, und ich finde es auch schön, dass er erst verhältnismäßig spät auftritt, ich persönlich hätte nämlich geglaubt, dass er und Maike früher zueinander zurückfinden, auch wenn es sicherlich nicht gleich innige Liebe wäre, immerhin kennt er sie ja noch nicht.
    Außerdem finde ich den Kampf am Anfang klasse beschrieben! Ich mag es, wie oft du einen Kampf derart gelungen einbaust, besonders, weil du so ein gutes Verhältnis der Harmonie zwischen den Gesprächen, die besonders unter den drei Mädchen stattfinden, und den Handlungsschritten, zu denen in meinen Augen besonders die Kämpfe zählen.
    Was ich auch noch sehr gelungen fand, war dieser Stimmungswandel - zuerst Ungewissheit, als der Kampf gegen Fukano eine Wende nehmen zu schien, dann der Sieg, dann die Freude auf den Wettbewerb und schließlich dieser Patzer, der - scheinbar - durch Drew hervorgerufen wurde. Gut gemacht!
    Zuletzt möchte ich dich nochmals loben, denn mir gefällt diese Lebendigkeit, die du in deine FF bringst! Wenn ich ehrlich bin, dann wären mir nie so viele Dinge eingefallen, wie dir. Du hast bis jetzt schon neun Kapitel geschrieben, die alle teils aufeinander aufbauen, teils unabhängig von einander sind. Zuminest könnte man dieses Kapitel auch durchaus als Prolog oder dergleichen verwenden, da der letzte Satz im Kapitel ist spannungssteigernd, und du hast in diesem Kapitel auch keinen (konkreten) Rückblick auf das Vorherige, also ihren Zeitsprung, eingebaut. Sehr schön!
    Kommen wir nun zu deinem Stil: Ich kann gerade schlecht sagen, wie sehr du dich seit dem letzten Kapitel gesteigert hast, denn ich finde, dass du schon eine gute Autorin bist, du bist abwechslungsreich, du umschreibst - zumindest die Protagonistinnen und anderen Handlungsträger - und du verwendest viele Stücke deines schon großen Wortschatzes.
    Allerdings finde ich es noch verbesserungswürdig, dass du kaum Umschreibungen verwendest, hinsichtlich der Pokémon. Ich kann dir nachfühlen - es ist schwieriger, wenn man zwei typgleiche Monster gegeneinander antreten lässt. Aber ich bin mir sicher, dass du dein bereits erlerntes Wissen hinsichtlich Umschreibungen und Beschreibungen auf diese Situation anwenden kannst. Beispielsweise kannst du dir ja überlegen, wo der Unterschied/die Unterschiede zwischen Flemmi und Fukano liegen. Alleine hierbei wirst du sicherlich 5-10 Stück finden, aus denen du etwas Schönes basteln kannst, glaub an dich!
    Ich hätte noch ein bisschen zu bemängeln, auch wenn es wohl eher eine Geschmackssache ist, dass du dich bei der Stellung der wörtlichen Rede (also Begleitsatz und wörtliche Rede in den Gänsefüßchen) noch nicht ausgeglichen abwechselst, wenn auch schon besser, als zu Beginn! Steigere dich also einfach etwas, ich bin mir sehr sicher, dass du auf einem guten Weg bist.
    Zuletzt würde ich dir auch noch empfehlen, mehr auf die Umgebung einzugehen, beispielsweise beim Sonnenuntergang. Mich würde interessieren, wie es sich auf Maike und ihre Gefühlswelt auswirkt. Ist sie für einen Moment glücklich? Ein bisschen gingen mir die auserkampflichen Gefühle nämlich verloren, weil es interessant ist, Maike mehr und mehr kennen zu lernen, und dies erfolgt zumeist, wie ich vielleicht schon einmal anmerkte, am besten durch Gedanken und Gefühle.


    Ich hoffe, du kannst etwas mit meinem Feedback anfangen! :3


    Liebe Grüße


    Felii
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  • -10-
    why don’t you remember me?


    Zitternd ergriff ich die mir dargebotene Hand und ließ mich wieder auf die Füße ziehen.
    Es war, als sei ein Traum wahr geworden.
    „Du… du bist…!“ Ich wagte es kaum, es auszusprechen, aus Angst, er könnte wieder verschwinden. Das war einfach viel zu schön, um wahr zu sein.
    Kaum, dass ich endlich in der Lage war, wieder alleine zu stehen, fiel ich ihm auch schon um den Hals.
    „Dreeeeeeew!“


    ~Chris~


    Was war denn jetzt mit Maike los? Eben noch schien sie völlig aus der Fassung und jetzt fiel sie diesem Jungen, der selbst nicht zu wissen schien, wie ihm geschah, einfach um den Hals.
    „Was… was ist denn mit dir los?“, fragte der, der anscheinend Drew hieß.
    Er hatte dichtes grünes Haar und ebenso grüne Augen, trug im Kontrast dazu ein blasslilafarbenes Hemd über einem schwarzen Pullover. Die Stoffhose war von hellem Türkis, was wider meiner Erwartung sogar irgendwie dazu passte.
    Auch Lucia und der Junge, der diesen Drew zu begleiten schien, wirkten verwirrt. Wir alle beobachteten jetzt genau, was Maike und ihr grünhaariges Opfer tun würden.
    Sie hing ihm immer noch fröhlich Lächelnd und irgendwelche unverständlichen Sätze murmelnd um den Hals. Er dagegen war zunehmend röter geworden, und schien sich sichtlich unwohl zu fühlen, bei dieser unerwarteten Nähe.
    „Maike?“, fragte ich. „Kennst du ihn?“
    Sie ließ von ihm ab und drehte sich zu mir um.
    „Er ist doch mein… ein… ganz bekannter Koordinator. In Hoenn!“ Die Art, wie sie dabei stotterte und nervös mit ihren Haarsträhnen spielte, die lose unter dem roten Kopftuch hervorschauten, ließ sie allerdings nicht sehr glaubwürdig wirken.
    „Ich bin Drew. Du kennst mich also?“, stellte sich der Grünhaarige vor. Auf einmal wirkte er ziemlich arrogant und sofort wurde er mir unsympathisch. Auch die Art, wie er jetzt eine seiner Haarsträhnen aus der Stirn schnipste, wirkte extrem überheblich. Augenblicklich wurde meine Laune schlechter. Trotzdem sagte ich:
    „Das ist Lucia“ Ich nickte in Richtung der Nachwuchskoordinatorin, die voller Bewunderung zu unserem Gegenüber aufsah.
    „Das ist Maike und ich bin Chris.“
    „Ich bin Ju. Na ja, eigentlich Julius“, stellte sich der Junge vor, der inzwischen hinter Drew stand und grinste uns freundlich an. Er schien älter zu sein als der Koordinator, vielleicht mein Alter, und ich mochte ihn sofort um einiges lieber als seinen Begleiter.
    Er hatte helle, fast weiße Haare die ihm ins Gesicht hingen und braune Augen. Die schwarze Jeans, die er trug, war am linken Knie leicht aufgerissen und unter der braunen Lederjacke trug er ein dunkelgraues T-Shirt. Um seinen Hals hing eine dünne Silberkette und zusätzlich zu den langen Haaren verdeckte seine grau-braune Kappe einen Teil des Gesichtes, so tief hatte er den Schirm in die Stirn gezogen. Es wirkte ein auf mich ziemlich rebellisch und die Tatsache, dass meine Mutter sich wie eine Furie aufführen würde, wenn sie ihn jemals treffen sollte, brachte mich zum Kichern. Jetzt starrten alle mich an und Maike, die erleichtert wirkte, da sie nun nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, wirkte peinlich berührt. Ihre Wangen waren mal wieder leicht gerötet. Dachte sie vielleicht, ich würde über sie lachen?
    „Nichts Wichtiges.“, winkte ich ab, um die Blicke wieder von mir abzulenken.
    „Bist du nicht diese Koordinatorin aus Hoenn, die seit neuestem so bekannt geworden ist? Du sollst ja ein richtiges Naturtalent sein.“, wollte Ju an Maike gewandt wissen.
    Jetzt wurde sie richtig rot, grinste aber auch über das ganze Gesicht.
    „Das wäre möglich. Ich komme aus Blütenburg. Schön, dich kennen zu lernen.“, erklärte sie und mir fiel auf, dass Julius fragend zu dem Grünhaarigen sah, der ihm zu nickte.
    „Aber ich ja glaube nicht, dass du wirklich so gut bist.“, sagte Drew spöttisch und schnippte sich eine der grünen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
    Er wirkte ziemlich arrogant und von sich überzeugt. Ehrgeiz und Selbstbewusstsein waren ja etwas gutes, aber bei einem derartigen Ego war es wahrscheinlich nur nervtötend und ich war mir sicher, wenn er nicht ein bisschen mehr zurückschalten würde, was dieses Verhalten anging, dann würde ich höchstpersönlich und ohne Rücksicht auf Verluste dafür sorgen.
    Meine Brünette Freundin hingegen schien sich nicht daran zu stören, stattdessen war sie eifrig auf das Wortgefecht eingegangen:
    „Glaub’s ruhig! Oder soll ich es dir beweisen?“ Sie war wieder völlig motiviert, mehr, als ich es je bei ihr gesehen hatte.
    „Papinella, auf die Bühne mit dir!“ Papinella?
    Sie besaß doch gar kein solches Pokémon, oder? Das schien Maike jetzt auch zu bemerken, mit leicht roten Wangen murmelte sie etwas unverständliches, zückte einen Pokéball und rief ihr Fukano vor sich auf die Wiese. Drew wirkte ebenfalls etwas verwirrt über ihre Aktion, strich sich durchs Haar und musterte die Brünette, die ihn Kampfeslustig anfunkelte.
    „Jetzt lass schon dein Roselia raus!“, rief sie.
    „Fukano, das ist deine Chance, zu glänzen!“ Mit diesen Worten lief sie über den Kampfplatz, ignorierte dabei völlig Lucia, der gerade aufgefallen war, dass alle einfach ihren Kampf vergessen hatten, weswegen sie sich nun lautstark beschwerte und nahm ihre Stellung ein. Fukano blieb wenige Meter vor ihr auf der Fläche stehen.
    Wortlos warf Drew seinen Pokéball und ein kleines grünes Pokémon tauchte auf. Seine Hände sahen aus, wie Rosen und sowohl ich, als auch mein Kirlia konnten spüren, welche Kraft in dem kleinen Wesen steckte.
    „Okay, ich bin Schiedsrichter. Seid ihr bereit?“
    Beide nickten mir zu. Lucia hockte inzwischen schmollend neben mir im Gras und rollte Plinfas Pokéball hin und her.
    „Okay…“, rief ich. „Los geht’s!“


    ~Maike~


    Endlich mal ein Kampf, in dem ich einen Vorteil hatte. Nicht nur deswegen, weil Roselia ein Pflanzen-Typ war, sondern auch, weil ich Drew und dessen Kampfstil gut kannte.
    Er würde kaum eine Chance haben, da war ich mir in meinem Eifer sicher.
    „Fukano, benutz Flammenrad!“, rief ich ihm zu.
    Anders als ich mit meinem impulsiven Kampfstil, reagierte Drew gelassen, was mich zusätzlich aufregte, dabei hatte der Kampf noch nicht einmal richtig angefangen.
    „Weich aus!“, sagte er zu Roselia, so ruhig, als wäre überhaupt nichts. Flink sprang das Pokémon aus dem weg.
    „Benutz Zauberblatt.“ Roselia wirbelte herum und schon tanzen tausende von Blättern umgeben von buntem Licht durch die Luft. Für einen kurzen Moment sanken sie sacht zu Boden, dann schossen sie auf mein Fukano zu. Das war ein Problem, denn Zauberblatt traf fast immer, man konnte kaum ausweichen. Fukano, das gerade noch voller Faszination das Leuchten beobachtet hatte, war nun wie erstarrt. Das Feuerpokémon hatte anscheinend schon wieder vergessen, dass es kämpfen musste.
    Es war schon ziemlich anstrengend, mit einem Pokémon zu kämpfen, dass ständig den Kampf vergas, andererseits hatte ich schon größere Probleme gemeistert und würde mit Sicherheit nicht so einfach verlieren.
    „Fukano!“, rief ich genervt.
    „Fukano, weich aus!“ Es blickte mich an, dann, gerade als es endlich reagieren wollte, traf die Attacke auch schon. Es wurde hoch durch die Luft geschleudert und blieb einige Meter weiter japsend am Boden liegen.
    „Wachstum!“, befahl Drew. Aufgrund dessen, dass die Sonne beinahe schon komplett untergegangen war, hatte die Attacke nur einen normalen Effekt und keinen sonderlich ausgeprägten, wie es heute Mittag der Fall gewesen wäre, aber seine Attacken wurden dadurch trotzdem um einiges Stärker. Ich musste wirklich aufpassen, dass er nicht doch noch den Sieg davon trug.
    „Kannst du aufstehen?“ Fukano antwortete mit einem wütenden Bellen. Vielleicht gab es mir die Schuld, dass der Kampf nicht so gut verlief, wie wir beide es gerne gehabt hätten.
    Ich musste mir jetzt etwas einfallen lassen und Fukano durfte auf keinen Fall wieder die Konzentration verlieren, sonst würde Roselia, welches definitiv disziplinierter Kämpfte, ohne Probleme den Sieg erringen. Ich durfte fukano nicht zu nah an Roselia heranlassen, aber es kannte keine Attacken, die aus der Entfernung funktionierten. Rechte Hand half nichts, wenn es niemanden gab, der mit Fukano zusammen kämpfte, Silberblick würde Roselia zwar etwas schwächen, aber das Angreifen erleichterte es sicher nicht und für Feuerzahn oder Flammenrad musste Fukano unweigerlich näher an Roselia herankommen, welches das Eintreten dieses Ereignisses durch seine Attacken gut zu verhindern wusste.
    „Giftstachel.“ Roselia schleuderte eine ganze Salve von giftigen, lila leuchtenden Stacheln auf Fukano ab, sodass es es nur noch sehr knapp schaffte, dem Angriff auszuweichen
    Verdammt! Trotz Typvorteil hatte ich ein Problem. Wenn es so weitergehen würde, würde Fukano früher oder später verlieren. Ich sah Drews gehässiges Grinsen schon vor mir, wie er sich darüber lustig machte, wenn ich verlor. So war Drew früher immer gewesen. Er hatte nie darauf geachtet, wie ich mich bei diesen Sticheleien gefühlt hatte, wenigstens am Anfang nicht.
    Er hatte niemals ganz damit aufgehört, aber als wir älter geworden waren, hatten wir uns angefreundet und er hatte mehr Rücksicht genommen.
    Außerdem hatte er mich damit immer angespornt und mich letztlich doch immer wieder aufgebaut.
    Warum also wirkte er jetzt so gleichgültig?
    Mein Frust wegen dieser Erkenntnis mischte sich mit dem Ärger über den beinahe Aussichtslosen Kampf. Als ich das Brennen in den Augen spürte, welches die ersten Tränen ankündigte, wurde ich nur noch wütender. Wütend auf ihn und vor allem wütend auf mich.
    „Nein. Du bist ein Idiot, das weiß ich längst, aber ich bin ja wohl der größte Idiot hier. Wieso habe ich auch nur einen Moment glauben können, es wäre anders?“
    Leise redete ich vor mich hin, noch immer bemüht, nicht laut zu schreien.
    In dem Augenblick, als ich ihn gesehen hatte, hatte ich vergessen, dass ich alles verloren hatte. Ich hatte völlig vergessen, dass er nicht der war, den ich liebte. Ich hatte völlig verdrängt, dass ich nicht mehr ich war und er nicht mein Drew.
    Ich hatte alles verloren, das wusste ich schon lange, aber ich hatte es nicht wahrhaben wollen. Von dem Moment an, als ich nach der Begegnung mit Dialga und Palkia in meinem Zimmer wieder aufgewacht war, hatte sich meine ganze Zukunft verändert, denn ab diesem Moment war ich eine andere gewesen.
    Doch obwohl mich gerade eine tiefe Verzweiflung befiel, als ich daran dachte, dachte ich nicht einmal im Traum daran, jetzt aufzugeben.
    Fukano bellte immer wütender, denn in meinen Gedanken hatte ich diesmal fast den Kampf vergessen.
    „Gigasauger. Dann beende es mit Zauberblatt.“, sagte Drew. Er klang schon beinahe gelangweilt.
    „Fukano, jetzt geht es erst richtig los. Benutze Feuerzahn, aber warte ab, bis ich es dir sage!“
    Jetzt kam es auf jede Sekunde an, wenn ich noch gewinnen wollte.

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    Huhu Nachtara,
    nachdem ich leider schon etwas länger nicht mehr hier hereingesehen habe, habe ich heute endlich Zeit dazu gefunden, und mich gleich mal riesig gefreut - du hast einige Titel für deine Kapitel eingeführt, sehr vorbildlich, freut mich, dass du endlich die gesuchte Inspiration gefunden hast! :)
    Wie dem auch sei - here we go x3

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    Beginnen wir doch einfach mal mit dem Titel deines neuen Kapitels, der, wie jeder andere Titel hier, in der englischen Sprache formuliert ist. An sich ist das natürlich deine Sache, und ich will dir da auch gar nicht dazwischengehen, aber du kannst auch mal versuchen, dich zwischen den Sprachen abzuwechseln, um vielleicht mal eine etwas größe Vielfalt der Bezeichnungen und Titelvergabe kennen zu lernen und so deinen eigen Spürsinn für Titel zu finden. Aber dies ist nur ein kleiner Vorschlag meinerseits, den du natürlich nur umsetzen brauchst, wenn du möchtest.
    Der Titel an sich gibt - ob dies nun gut ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, sagt eigentlich schon viel über den Inhalt - Maike wird auf jemanden aus ihrer Zukunft treffen, der sich nicht an sie erinnert. Ich tippe hierbei einfach mal auf Drew, so wie du es im letzten Kapitel schon sehr schön angedeutet hast. Aber wie gesagt - es bleibt spannend, denn auch ich kann mich natürlich mal irren x)


    Den ersten Teil des Kapitels, als Maike Drew um den Hals fällt, finde ich sehr schön eingebracht, da es sozusagen der Filler zwischen Kapitel neun und Kapitel zehn ist. Allerdings ist nicht auf den ersten Blick klar, wer diesen Teil sagt/erlebt, auch wenn es nach kurzem Überlegen klar wird - Maike ist hierbei der Erzähler. Es würde eben ein bisschen Übersicht schaffen, wenn du kennzeichnet, dass Maike der Erzähler ist, aber das ist deine Sache.


    Der zweite Teil ist schon der deutlich handlungsreichere, haha, die Stimmung, die du schilderst, gefällt mir wie immer sehr, auch die Dialoge und das zwischenmenschliche hast du wie immer sehr schön rübergebracht. Auch gefallen mir, und das ist mir erst langsam bewusst geworden, wie unterschiedlich Maike und Chris in ihrem Erzählstil doch sind, durch bestimmte linguarische Schilderungen und natürlich die verschiedenen Meinungen und Wahrnehmungen.
    Die Stelle am Anfang, also als Maike Drew um den Hals fällt, hast du besonders schön geschildert, ich musste echt schmunzeln, als ich mir das alles so bildlich vorstellen konnte. Ich hätte es allerdings noch ein wenig erhofft, dass du Chris' Gedanken ein bisschen schweifen lässt - hat sie einen Verdacht? Lacht sie vielleicht, weil sie denkt, Maike verwechselt ihn mit jemandem oder sie hat sich auf den ertsen Blick in ihn verliebt? Das ist gewiss meine Meinung, auch wenn ich finde, dass diese witzige Stimmung, die beide Mädchen ganz gegensetzlich wahrnehmen, schon unglaublich schön und realistisch, vor allem aber bildlich, dargestellt wurde. Der einzige Satz, der mir nicht ganz klar werden will, ist dieser:

    Zitat

    der inzwischen hinter Drew stand und grinste uns freundlich an.


    Grammatikalisch nicht falsch, aber stolpernd geschrieben - viel flüssiger hätte "der inzwischen hinter Drew stand und uns freundlich angrinste", geklungen.
    Besonders Chris' Schilderungen haben es mir angetan - sie hat eine, wie ich bereits sagte, ganz andere Wahrnehmung als Maike, was sich besonders in der Beurteilung Drews äußert. Sehr amüsant zu lesen, wie immer eine sehr schöne Situation, die du beschreiben hast. Allgemein gefällt es mir sehr, wie detailliert und fein du deine FanFiction strukturierst und ausgestaltest, anfangs hatte ich Angst, dass sich das auf die Spannung auswirkt, aber nein - nach wie vor bleibt es spannend!


    Im zweiten Teil gehst du deutlich mehr auf Maikes Gefühlsebene ein, das gefällt mir. Der Kampf ist spannend beschrieben, besonders aber der Schluss hat es mir angetan - Maike realisiert langsam, was ist und kann die Situation besser einschätzen. Sie tat mir echt sehr leid, als ich begonnen habe, mich in sie zu versetzen. Wenn mein Freund mir so gleichgültig begegnen würde - auch wenn er unter diesen Umständen keinesfalls etwas dafür kann - würde ich ihn entweder erwürgen, besonders, wenn er so selbstgefällig wie Drew auftritt, oder mich weinend in irgendeiner Ecke versteckt. Bin ich froh, dass Maike eine so toughe und starke junge Frau ist! :3
    Die Situation zum Ende hin mischt du durch Spannung wieder auf, der Leser wird aus allen Wolken geschüttelt und landet wieder dort, wo er zusammen mit Maike nicht war - in der Gegenwart, auch wenn es logisch gesehen her eher die Vergangenheit ist, haha. Dieser Wechsel hat mir sehr gut gefallen, er ging übergangslos von statten, das fand ich sehr angenehm und flüssig zu lesen. Das einzige, was mir allerdings noch ein bisschen gefehlt hat wäre so eine Art innerer Kampf, sozusagen, dass dieses Bewusstwerden noch ein wenig mehr verstärkt wird, auch wenn es schon sehr schön geschildert war, Hut ab! ^-^


    Mehr habe ich soweit nicht zu sagen, ich freue mich - wie immer - sehr auf das nächste Kapitel! :)


    Liebst


    deine Stammleserin



  • -11-
    Why does it hurt that bad?


    ~Chris~



    „Kommt sie dir irgendwie anders vor?“, fragte ich Lucia, welche wie gebannt den Kampf beobachtete.
    Die beiden Trainer waren definitiv talentiert und hatten beide Kampferfahrung, aber da war noch etwas. Ich hatte Maike ja schon oft Kämpfen sehen, aber noch nie wirkte sie dabei so verbissen und so unwillig, zu verlieren, wie jetzt, als dieser Drew ihr Gegner war und obwohl sie manchmal seltsam gewesen war, unsinnige Dinge geredet hatte und nicht immer wirkte, als wäre sie gedanklich noch in unserem Universum anwesend, war es diesmal so extrem mit diesem Verhalten, dass ich meine Freundin kaum noch wieder erkannte.
    „Sag mal, hat Maike schon mal von ihm erzählt?“ Ju tippte mir von hinten auf die Schulter, um meine Aufmerksamkeit zu erhaschen, als ich nicht reagierte. Ich zuckte leicht zusammen bei der Berührung, dann antwortete ich:
    „Was? Nein, ich glaube nicht. Aber sie hat auch generell nie viel von anderen erzählt. Nur manchmal von ihrer Familie oder von Freunden, die ich aber nicht kenne. Sie sagt dann immer nur, das wäre früher gewesen. Aber sie kennt ihn wirklich, oder?“
    Wie sonst sollte sich ihr Verhalten erklären lassen?
    Jetzt beobachtete ich den Kampf nur noch aus den Augenwinkeln, während ich meine Konzentration auf Ju konzentriert hatte, der die Brünette nachdenklich beobachtete
    „Irgendwie finde ich sie seltsam. Keiner von beiden kennt den anderen und trotzdem… diese Reaktion. Da steckt was dahinter.“
    Was war denn das für eine Rede? Skeptisch fragte ich:
    „Bist du so was wie ein Hobbydetektiv?“
    „Was? Wie meinst du das?“, fragte er verwundert. Hatte ich das Laut gesagt? Warum nur redete ich so einen Blödsinn? Mit leuchtend roten Wangen versuchte ich, mich heraus zu reden:
    „Ach, gar nichts. Das war nur so… dahergeredet.“
    Wieder grinste er. Dieser Junge erweckte den Eindruck, etwas wie schlechte Laune überhaupt nicht zu kennen. Ich kannte ihn erst seit wenigen Minuten, aber ich glaubte jetzt schon, dass er in jeder Hinsicht das komplette Gegenteil von mir war. Ich war immer zurückhaltend gewesen, wenn ich nicht gerade mit meiner Mutter gestritten hatte. Ich hatte immer alle Gefühle hinter einem Lächeln versteckt, eine Maske getragen und keinen an mich heran gelassen.
    Er schien mir offen für alles, jemand, der auf die Menschen zu ging und mit ihnen umgehen konnte.
    Anders als ich, die ich hinter verschlossenen Türen gelebt und nur davon geträumt hatte, Freunde zu haben.
    „Chris!“ Ich wirbelte herum in die Richtung, aus der ich meinen Namen gehört hatte und sah eine gewaltige, orange-rote Feuerwand auf mich zu rollen.
    Erschrocken kreischte ich auf, als mir die davon ausgehende Hitzewelle entgegen schlug.
    Das Feuer würde mich vielleicht nicht umbringen, wenn es uns erreichte, aber unverletzt würde keiner von uns davon kommen.
    „Zauberblatt, beeil dich!“ Ich kniff die Augen zusammen, aber mehr als die Hitzewelle kam nicht.
    Als ich mich endlich traute, aufzuschauen, sah ich die letzten Funken fliegen und schwarz verkohlte Blätter, die im Wind zu Asche zerfielen.
    Wie hatte er dieses Feuer aufhalten können? Dieses Roselia musste wirklich gut trainiert sein.
    „Sag mal, was sollte das? Wolltest du uns alle Grillen? Das wäre fast schief gegangen!“, wetterte ich lautstark, wobei ich wild mit den Armen wedelte.
    „Tut mir leid…“, war anscheinend alles, was ihr dazu einfiel, als Maike Schuldbewusst in unsere Richtung sah. Irgendwie schien heute einfach nicht ihr Tag zu sein, denn noch nie waren ihr so viele Patzer an einem Tag passiert. Immerhin war das schon das zweite Mal, dass sie heute fast irgendetwas- oder irgendjemanden- abgefackelt hatte.
    Vielleicht sollten wir uns lieber in Sicherheit bringen, bevor sie uns heute wirklich noch in Asche verwandelte.

    ~Maike~



    Jetzt kam es auf jede Sekunde an, wenn ich noch gewinnen wollte. Sowohl Fukano als auch Roselia waren schon ziemlich angeschlagen von dem Kampf und wenn ich jetzt die Konzentration verlor, würde Drew die anderen vielleicht nicht noch einmal vor einem Flammeninferno retten können.
    Warum konnte ich mich in seiner Nähe bloß nicht konzentrieren?
    Was sollte ich tun, um den Kampf noch für mich zu entscheiden?
    Fukano wurde noch immer ständig von Roselias Gigasauger geschwächt, mir blieb also nicht viel Zeit.
    Dann kam mir eine Idee. Auch, wenn es nur eine geringe Chance gab, dass es funktionieren würde, ich musste es versuchen. Eine andere Chance blieb mir nicht.
    „Fukano, setz Flammenrad ein!“
    Wie erwartet konterte Drew erneut mit Zauberblatt. Jetzt ging es ums Timing, wenn ich wollte, dass Fukano den Angriff überstand.
    „Jetzt. Feuerzahn! Du musst an den Blättern vorbeikommen!“
    Tasächlich vergingen einige der Blätter im Feuer und tausende Funken schwebten durch die Luft, glänzten und veglühten kurz darauf, ehe sie als Asche zu Boden rieselten.
    Ich sah genau, dass auch einige der Blätter meinen Partner trafen, aber ich war mir sicher, er würde Roselia erreichen und dann war der Typvorteil alles, was noch zum Sieg fehlte.
    „Jetzt noch ein letztes Mal: Feuerzahn. Du schaffst das!“, rief ich Fukano zu, welches so aussah, als könne es sich nur noch mühsam auf den Beinen halten. Trotzdem war sein Siegeswille noch ungebrochen und so gab diese letzte Attacke Roselia den Rest und die Gegenwehr erstarb. Kampfesunfähig brach das Pflanzenpokémon auf dem Kampffeld zusammen, zwischen Asche und glimmenden Grashalmen, die als stille Zeugen von unserem Kampf bleiben würden.
    Es brauchte einige Sekunden, bis ich es realisierte, dann breitete sich ein überglückliches Lächeln auf meinem Gesicht aus.
    „Fukano, wir haben gewonnen!“, rief ich und rannte auf das Kampffeld, zu meinem Pokémon.
    „Äh, sag mal Chrissie, hast du vielleicht noch eine Sinelbeere übrig?“, rief ich ihr zu, als ich bemerkte, dass auch Fukano kurz vor einem Zusammenbruch stand.
    Für einen Moment vom Freudentaumel benebelt übersah ich völlig, wie Drew reagierte.
    Er schien verärgert, wie mir nun doch auffiel, rief sein Roselia in den Pokéball zurück und ging zu der kleinen Gruppe hin, die uns zugesehen hatte.
    „Ju, wir gehen.“
    Ich hatte völlig vergessen, wie empfindlich er nach einer Niederlage immer gewesen war und sofort fühlte ich mich schuldig. Zwar hatte er irgendwann angefangen, sich für mich zu freuen, auch wenn es ihn den Sieg gekostet hatte, aber das war erst passiert, als wir einander viel besser gekannt hatten.
    Obwohl ich genau wusste, dass er ein anderer Mensch war – auf irgendeine Weise – verletzte es mich doch sehr, den wütenden Blick zu sehen, den er mir zu warf. Es fühlte sich an, als würde alles in mir zerbrechen, denn erst jetzt wurde mir ganz deutlich bewusst, dass es meine Welt nicht mehr gab.
    Ich hatte meine eigene Zukunft verändert. Nein. Ich hatte sie verhindert. Ausgelöscht. Zerstört.
    Meine Augen brannten und ich hatte einen Kloß im Hals, der mir die Kehle zuschnürte, während ich durch den feuchten Schleier auf meinen Augen erkannte, wie Drew und sein Begleiter sich von uns entfernten. Enttäuschung durchflutete meine Gedanken, zusammen mit Wut über meine Dummheit und dem unsäglichen Schmerz über den Verlust, den ich doch endlich erfolgreich verdrängt hatte.
    Warum hatte er hier auftauchen müssen? Warum hatte er nicht in Hoenn bleiben können?
    Ihn zu vermissen war besser gewesen, als das hier zu ertragen.
    Er wusste nicht einmal, wer ich war. Er wusste nicht, was zwischen uns gewesen war… hätte sein können. Ich ließ mich auf die Knie fallen und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Wieso tat man mir das an? Was hatte ich falsch gemacht?
    So viele Menschen hätten gerne diese zweite Chance gehabt, die mir aufgezwungen worden war, aber warum musste ausgerechnet ich mein Leben noch einmal leben?
    Warum musste das passieren, als ich endlich restlos glücklich gewesen war? Warum war das überhaupt alles passiert?
    „Maike? Hey, bist du in Ordnung?“ Ich spürte eine warme Hand auf meiner Schulter.
    Als ich mich schließlich umwandte, erblickte ich Chris’ besorgtes Gesicht und hinter ihr Lucia, die regelrecht verzweifelt aussah.
    „Ja. Es ist alles in Ordnung. Ich… ich will einfach nur allein sein.“
    Warum hatte ich das gesagt? Wie sehr wünschte ich mir, von jemandem in die Arme geschlossen zu werden? Vertraute ich ihnen nicht?
    Diese Mädchen waren meine Freunde und wollten mir nur helfen und ich? Ich stieß sie weg.
    Vielleicht hatte ich das hier ja doch verdient, denn das, was sie dabei vielleicht fühlten war mir im Augenblick völlig egal. Wann war ich nur so eiskalt geworden?
    Trotz dieses Widerstrebens konnte ich mich nicht dazu bringen, ihnen eine andere Antwort zu geben.
    Ich schaffte es nicht einmal, sie anzusehen. Dann sprang ich auf und rannte los.
    Ich machte mir noch nicht einmal die Mühe, Fukano zurück zu rufen. Die beiden würden schon auf es aufpassen und sich um mein Pokémon kümmern. Ich wollte nur noch weg.
    Sein Blick hatte sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt und ich würde niemals wieder in der Lage sein, dieses Bild auszulöschen, dessen war ich mir sicher. Obwohl mir die Vernunft sagte, dass er nur ein wenig aufgebracht war, dass es nichts Schlimmes war, so war ich doch unendlich verletzt.
    Erst als ich in der Stadt war, wurden meine Schritte langsamer. In einer kleinen Gasse lehnte ich mich an eine der Hauswände und ließ mich schließlich daran zu Boden sinken.
    Im Schatten einiger Kartons, die jemand dort gestapelt und stehen lassen hatte, hatte ich das Gefühl, weit genug weg von allem zu sein. Als der Damm brach und die heißen Tränen über meine Wangen strömten, vergas ich alles um mich herum. Ich gab mich einfach dem Sturm an Gefühlen hin, der in mir tobte und ignorierte, dass jemand, der zufällig noch auf der dunklen Straße unterwegs sein könnte, mich hören könnte. Wer sollte sich denn schon für mich interessieren?
    Ich war ein armseliges Kind, gefangen in einer Welt, die es nicht geben sollte. Ich hing einem Leben nach, das es nicht mehr gab und zerstörte mich selbst allein dadurch, dass ich nicht loslassen konnte. Ich wollte die Erinnerungen nicht verlieren. Ich wollte nicht vergessen, was einmal gewesen war. Ich wollte nicht vergessen, wer ich gewesen war. Wollte nicht vergessen, wer an meinem Leben teil gehabt hatte. Ash, Lucia, Max, meine Eltern und vor allem Drew konnte ich einfach nicht vergessen.
    Wie lange hatte ich wohl hier gesessen? Als meine Tränen endlich versiegten fühlte ich mich müde. Kraftlos.
    Ich stand langsam auf und streckte meine steifen Glieder. Als ich zum Himmel sah, erkannte ich nichts als dunkle Wolken.
    „Wie passend!“, murmelte ich missmutig und ging langsam einige Schritte in Richtung der Straße, von wo aus kein einziger Laut mehr zu hören war. Wie spät mochte es wohl sein?
    Es schien, als würde längst jeder schlafen. Wie lange war ich weg gewesen?
    Ob sie sich Sorgen machten?
    Ich sollte mich wirklich beeilen. Jetzt fiel mir auf, dass ich leider keine Ahnung hatte, wo ich überhaupt war. Diesen Teil der Stadt kannte ich nicht und plötzlich spürte ich die altbekannte Unruhe in mir aufsteigen. Wie würde ich jetzt zurück zum Pokémoncenter finden? Was, wenn etwas passierte?
    Wer wusste schon, was für finstere Gestalten um diese Zeit hier herum liefen? Bilder von dunklen gestalten mit im schwachen Laternenlicht hell blitzenden Messern tauchten vor meinem inneren Auge auf.
    Jetzt war allein sein das allerletzte, was ich wollte. Panisch schnellte mein Blick umher, doch es war sinnlos. Niemand war hier. Wieso auch? Es war sicherlich mitten in der Nacht und außer Betrunkenen würde kaum noch jemand auf den nächtlichen Straßen unterwegs sein.
    Erneut flossen vereinzelte Tränen über mein Gesicht, aber diesmal war ich nicht traurig.
    Ich hatte schreckliche Angst und fühlte mich plötzlich unglaublich einsam.
    „Komm schon. Du bist nur durcheinander. Ich muss mich nur beruhigen und dann finde ich bestimmt auch den Weg zurück.“, murmelte ich in einem Versuch, mich zu beruhigen, aber es wollte einfach nicht gelingen.
    Es fühlte sich an, als seine Stunden vergangen, während ich noch immer Ziellos durch die Straßen irrte. Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, noch heute den Weg zum Pokémoncenter zu finden und suchte inzwischen nur noch nach einem Platz, wo ich mich hinlegen konnte, um wenigstens noch ein bisschen zu Schlafen. Mit halb geschlossenen Augen schlurfte ich durch die stillen Straßen von Jubelstadt. Es war beinahe unheimlich, welchen Unterschied diese Uhrzeit machte. Bei Tag waren hier tausende von Autos unterwegs und noch viel mehr Menschen, die sich ihren Weg durch das Getümmel suchten, doch nun: Kein Laut war zu hören, außer dem spätsommerlichen zirpen vereinzelter Grillen. Deshalb reagierte ich umso heftiger, als ich in einiger Entfernung laute Stimmen vernahm. Mein erster Impuls war, mich zu verstecken, doch dann erkannte ich die Stimme wieder, die am lautesten herum schrie und damit die Stille dieser Nacht zerriss.

  • Ok, also wie ich am anfang geschrieben hab, werd ich weiterlesen. Aich wenn ich nicht kommentiere.
    Am besten hat mir bis jetzt das letzte kapitel gefallen, ich hoffe du schreibst bald weiter!


    LG: Twilight-fan2000

    Für Rechtschreibfehler haftet mein Handy!!!
    Dann möchte ich einmal Werbung für meine FF machen! lasst mir doch bitte nen Kommi da,
    ich würde mich freuen
    :D ;)

  • Confusions


    ~Chris~


    „Sei jetzt still und hör mir zu! Ich weiß nicht, was du ihr erzählt hast, aber keiner kann mir sagen, dass das eine normale Reaktion war. Sie hat geheult, verdammt!“
    Lautstark beschwerte ich mich bei Drew, der in meinen Augen alleiniger Schuldiger an Maikes plötzlicher Flucht war.
    Lucia war bereits im Pokémoncenter und sollte schlafen, auch, wenn ich nicht glaubte, dass sie das wirklich tat. Es hatte schon ewig gedauert, sie dazu zu bringen, im Zimmer zu bleiben, aber trotzdem hatte ich Schwester Joy gebeten, ein Auge auf meine kleine Freundin zu haben. Ju stand hinter Drew und betrachtete die Szenerie mit offenbar gemischten Gefühlen:
    Genervt, weil ich die beiden von einem gemütlichen Abend abhielt und sie stattdessen auf offener Straße zusammen stauchte und ein wenig amüsiert über meine Laune, was mich gleich noch weiter aufregte.
    „Ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Ich habe jedenfalls nichts gesagt und wenn du dir solche verrückten als Freunde aussuchst, dann ist das nicht mein Problem. Geh sie suchen, aber lass mich damit in Ruhe. Such dir einen anderen Sündenbock!“
    „Verrückt?“ Obwohl ich verstand, dass ihr heutiges Verhalten besonders seltsam gewesen war, so verstand ich doch nicht, wieso er das sagte.
    „Wie würdest du so jemanden denn nennen? Das war einfach nur verrückt.“, sagte er abfällig und sicherlich mit der gleichen Gereiztheit, die auch ich fühlte.
    „Ist das wirklich das, was du denkst?“ Die Worte klangen ruhig, aber völlig verunsichert.
    Verglichen mit dem, was ich ihm an den Kopf geworfen hätte, waren sie beinahe emotionslos, aber man konnte deutlich hören, dass es ihr nicht egal war.
    Nur wenige Meter von uns entfernt stand Maike im gelblichen Licht einer der Laternen.
    Sie hielt den Kopf gesenkt, die Hände gegen die Brust gedrückt und zu Fäusten geballt und an der Art, wie sie da stand, merkte man, dass sie nervös war. Ihre Beine zitterten, als würde sie gleich auf dem Boden zusammensacken.
    Aber sie wirkte auch müde, ließ die Schultern hängen und als sie die wenigen Meter zu uns überbrückte, ging sie sehr langsam und hob die Füße so wenig an, dass ich mich wirklich wunderte, dass sie so noch nicht gestürzt war.
    „Denkst du wirklich so von mir?“, wiederholte Maike die Frage. Noch immer blickte sie nicht auf, aber man konnte sehen, dass sie leise, kaum hörbar, schluchzte. Ihre Schultern bebten und als sie schließlich doch aufsah, sah ich Tränen in ihren Augen schimmern.
    „Lass mich einfach in Ruhe!“, zischte Drew trotzig und vielleicht auch ein wenig überfordert mit der Situation. Ohne ein weiteres Wort machte er kehrt und verschwand kurz darauf um eine Straßenecke.
    In diesem Moment platze mir endgültig der Kragen.
    „Hast du sie noch alle?“, schrie ich ihm hinterher. Dann wendete ich mich an Ju:
    „Und du – Hast du dazu überhaupt nichts zu sagen? Springt er immer so mit Leuten um, die ihn bewundern? Einen tollen Freund hast du da!“
    Ich schnappte Maike bei der Hand und zog sie hinter mir her, drehte mich dann aber noch einmal zu dem Jungen um, der inzwischen langsam in die Richtung ging, in der sein Kumpel verschwunden war.
    „Ach ja“, rief ich noch zurück. „Du kannst ihm was von mir ausrichten: Wenn er sie noch ein einziges Mal so behandelt wie eben, dann mach ich ihm die Hölle heiß!“
    Erst auf dem Weg zurück zum Pokémoncenter kühlte mein Temperament wieder herunter und ich wurde ruhiger.


    Trotz der Probleme, die das bringen könnte hatte es sich gut angefühlt, ihm mal alles an den Kopf zu werfen, was ich von ihm hielt.
    Leider ließ mich das nicht vergessen, dass ich mir nach wie vor Sorgen um Maike machte. Die Brünette lief wortlos und mit gesenktem Kopf hinter mir her. Sie tat mir leid, keine Frage, aber das würde mich nicht davon abhalten, sie später über diese Aktion auszuquetschen. Ich verstand einfach nicht, warum sie weggelaufen war, denn, auch wenn ich vorhin etwas anderes behauptet hatte, hatte ich selbst keine Ahnung, was genau Drew getan haben sollte. Dabei, dass er schuld war an ihrem Verhalten, hegte ich trotzdem keine Zweifel.
    „Maike, möchtest du darüber reden?", fragte ich, als ich mich zu ihr umdrehte. Sie wurde mit jedem Meter langsamer, ihre Schritte schleppender und immer mehr musste ich sie ziehen.
    „Es geht mir gut, keine Sorge. Ich bin einfach nur müde.", murmelte sie so leise, dass ich echte Schwierigkeiten hatte, richtig zu verstehen was sie sagte. Es vergingen einige Sekunden, bis ich die wenigen Satzfetzen, die ich Verstanden hatte, zu dem zusammen gesetzte hatte, was sie mir mitteilen wollte.
    „Wenn du meinst.", murmelte ich, gleichgültig, weil ich selbst auch lieber ins Bett wollte, als noch lange mit ihr darüber zu reden. Das mochte jetzt ungehobelt wirken, aber sie machte auch nicht den Eindruck, als wolle sie wirklich erzählen, was vorgefallen war und morgen würde schließlich genug Zeit sein.
    Jetzt wollte ich nur noch zurück und dieser Gedanke trieb mich an, weiter durch die Nacht zu gehen.


    ~Lucia~


    Ich hatte bestimmt schon die hundertste Tasse Kakao von Schwester Joy bekommen, die sicher nur deshalb noch im Dienst war, weil sie mich nicht alleine lassen wollte. Als ob ich nicht alleine auf mich aufpassen könnte. Ich würde doch nur auf Chris und Maike warten und so lange würde es sicher nicht mehr dauern. Chris war ja bereits seit einer ganzen Weile unterwegs, also hatte sie unsere Freundin sicher bereits gefunden. Ich fragte mich ja wirklich, was vorhin mit ihr los gewesen war, dass sie so schnell weggerannt war. Ich gähnte, strich mir einige nervige Haarsträhnen aus dem Gesicht und rieb mir die Augen. Wie lange wollten die beiden denn noch da draußen herumtrödeln?
    Gerade als ich kurz davor war, hier am Tisch einzuschlafen, riss mich eine Bewegung vor mir aus der Trance, in die ich bereits verfallen war.
    Ich blickte auf, blinzelte und sah in die Gesichter der beiden Jungs, die wir noch vor wenigen Stunden vor der Stadt getroffen hatten.
    „Hey, habt ihr die anderen gesehen?", fragte ich und musste ein Gähnen unterdrücken.
    Ich zuckte zusammen, als ein wütender Blick aus grünen Augen den meinen traf.
    Hatte ich denn etwas Falsches gesagt?
    „Lass mich bloß damit in Ruhe!", knurrte Drew und verschwand kurz darauf in Richtung der Treppe.
    Was hatte ich nur getan, dass er mich so anfuhr? Ich hätte ihm gerne etwas nach geschrieen, aber ich spürte nur zu gut, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete und mir das Sprechen versagte. Meine Augen brannten. Ich wollte jetzt nicht losheulen. Nicht hier, wo jemand mich sah. Außerdem wäre es peinlich, hier herum zu flennen, wenn die anderen zurück kamen.
    „Nimm's ihm bitte nicht so übel. Er hatte einen schlimmen Tag.", bat Ju ruhig und machte Anstalten, sich neben mich zu setzen.
    Ich nickte und versuchte, den Kloß in meinem Hals endlich herunter zu schlucken.
    “Ach ja, ich glaube, deine Freundinnen müssten auch gleich hier sein . Wir haben sie eben noch gesehen."
    Endlich einmal eine gute Nachricht.
    Obwohl es sicher nur wenige Minuten gewesen waren, kam es mir vor, als würden wir bereits eine Ewigkeit warten und langsam begann ich in den Schlaf zu sinken.
    Ich sah noch, was um mich geschah,
    war aber nicht mehr in der Lage, irgendetwas richtig wahr zu nehmen.
    Noch immer waren Chris und Maike nicht hier. Was machten die bloß so lange? Erschöpft schloss ich die Augen und gab den Kampf gegen den Schlaf auf. Ich würde schon geweckt werden, wenn sie kamen.


    ~Maike~


    Während wir liefen, war ich komplett in Gedanken versunken. Erst als Chris stehen blieb, wurde ich aus meinem Rhythmus heraus gerissen.
    Es war einfach, zu laufen, wenn man nicht darüber nachdachte.
    Immer nur einen Fuß vor den anderen. Jetzt, als ich mich nicht mehr bewegte, fühlte es sich seltsam an. Als Chris sich umdrehte, war ein breites Grinsen zu sehen, das sich quer über ihr Gesicht zog.
    „Schau dir das mal an!", sagte sie und zog mich zum Fenster, um die automatische Tür nicht zu aktivieren.
    „Was soll denn da los sein?"
    Durch das Fenster glaubte ich, den fremden Jungen von vorhin zu erkennen. Aber was meinte Chris?
    „Mist, von hier aus sieht man ja gar nichts.", murmelte sie und wollte mich gerade weiter ziehen, als der weißhaarige sein Gesicht in unsere Richtung drehte und wie zum Gruß die Hand hob.
    Ich fühlte mich ertappt, lächelte kurz und stürmte dann zur Tür, nur, um vom Fenster weg zu kommen.
    Als ich aber drinnen stand, hatte ich das Gefühl, genau falsch entschieden zu haben, denn so würde ich unweigerlich mit ihm sprechen müssen.
    Als ich mich endlich in seine Richtung drehte, verzog ich das Gesicht. Lucia saß neben ihm, sodass sie vom Fenster aus kaum zu sehen gewesen war, und schlief, den Kopf an seine Schulter angelehnt.
    Ohne zu denken rannte ich die ersten Schritte los, ehe ich stoppte.
    Nur mühsam unterdrückte ich den Impuls, den Jungen von meiner Freundin weg zu zerren und sie dadurch aufzuwecken. Wie hätte ich das auch erklären sollen?
    Ich hatte einige Male Glück gehabt und irgendetwas war passiert, was die anderen von mir abgelenkt hatte, aber ich konnte mich wohl kaum darauf verlassen, dass das wieder passierte.
    Es fühlte sich seltsam falsch an, sie mit einem anderen Jungen zu sehen, als Paul.
    Eigentlich sollte ich mich längst daran gewöhnt haben, dass das hier nicht mehr die Welt war, in die ich so unbedingt zurück wollte. Vielleicht hatte mich dieser Wunsch ja dazu gebracht, mein altes Leben komplett zu idealisieren, sodass es mehr wie ein Traum erschien, als ein Wirklichkeit zu sein zu können. Ich wusste, dass es auch in meiner eigenen Zeit Probleme gegeben hatte, dass auch damals nicht alles perfekt gelaufen war, aber daran hatte ich schon lange nicht mehr gedacht. Ich hatte immer nur alles vermisst. Vielleicht war es das, was mir alles so schwer gemacht hatte.
    Ich hatte es nicht geschafft, zu vergessen, weil ich nur an dem festgehalten hatte, was ich mir wünschte, wieder zu haben. Ob es wohl leichter sein würde, wenn ich mir vor Augen hielt, womit ich Probleme gehabt hatte?
    „Maike? Was ist denn hier los?“ Verschlafen rieb sich Lucia die Augen und richtete sich auf.
    Mit leicht geröteten Wangen – ob von der Müdigkeit oder vor Verlegenheit konnte ich nicht genau sagen – blickte sie zu dem Jungen mit den weißen Haaren und rückte ein Stück von ihm Weg. Als Reaktion lächelte er bloß und sagte:
    „Deine Freundinnen sind da. Vielleicht solltest du jetzt wirklich ins Bett gehen.“
    Mir wäre die Situation extrem peinlich gewesen, Lucia hingegen lächelte ihn nur breit an und nickte.
    „Los, kommt mit!“, sagte sie und kam zu uns. Sie griff nach unseren Händen und zog uns zur Treppe.
    Ein Blick über die Schulter verriet mir, dass der Junge uns folgte.
    „Gute Nacht, Ju!“, rief Lucia, ehe sie unsere Tür schloss und krabbelte dann sofort in eines der Betten. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich umzuziehen. Mir viel auf, dass ihre Schuhe ordentlich in dem engen Spalt zwischen Bett und Wand aufgestellt waren. Sie musste wohl die ganze Zeit über in Socken unten gewesen sein. Ich stellte meine Schuhe daneben, zog mich schnell um und krabbelte dann über Lucia in das Stockbett.
    Um möglichen Erklärungen aus dem Weg zu gehen, stellte ich mich schlafend.
    „Maike?“, hörte ich Chris leise Stimme, antwortete ihr aber nicht. Ich wollte nicht reden.
    Ich war einfach viel zu erschöpft, um ihr jetzt zu erklären, was der Grund für all die seltsamen Reaktionen war, die sie bei mir mit angesehen hatte.
    „Bist du noch wach?“ Nachdem ich nicht antwortete, hörte ich das leise Tapsen ihrer Socken auf dem Boden, ehe das Licht ausging. Dann das Knarren des zweiten Bettes, welches noch im Raum stand.
    Ich lauschte dem gleichmäßigen Atem der beiden Mädchen, bis auch ich nach nur wenigen Minuten in einen unruhigen Schlaf fiel.


    Als ich erwachte, war dass Zimmer bereits leer. Wie lange hatte ich bloß geschlafen?
    Ob die anderen wohl schon wieder beim Training waren?
    Noch viel wichtiger war mir allerdings, ob Drew auch hier im Haus war. Gestern hatte es so ausgesehen, als sei sein Begleiter – wie hieß er noch gleich? – auch hier im Pokémoncenter untergebracht. Mit der flachen Hand schlug ich mir gegen die Stirn.
    Wieso konnte ich bloß nicht aufhören, an ihn zu denken? Wieso konnte ich es nicht vergessen.
    Die Art, wie er mich gestern angesehen hatte. Es mochte nur seine verletzte Eitelkeit sein.
    Ich kannte schließlich seinen Stolz und auch sein Ego, aber wenn es wirklich nur das war, warum tat es dann so verdammt weh?
    Ich musste so schnell wie möglich weg von ihm. Am besten weg aus der Stadt. Je weiter weg, desto weniger könnte ich ihm begegnen. Aber da war immer noch der Wettbewerb.
    Gab es irgendeine Begründung, die Stadt noch vor dem Wettbewerb zu verlassen?
    Ich wusste, dass vor allem Lucia wahnsinnig enttäuscht sein würde, aber was konnte ich schon tun?
    Ich hielt es nicht aus, in seiner Nähe zu sein. Ich wollte ihn nicht sehen.
    Ich konnte Drew einfach nicht sehen. Ich verstand nicht, warum ich das hatte erleben müssen?
    Warum hatte man mir das angetan, mir einfach alles zu nehmen, was ich gehabt hatte?
    Während ich aus dem Fenster in den strahlend blauen Himmel starrte, kam mir ein anderer Gedanke:
    Warum fühlte ich nur bei Drew so starke Gefühle?
    Warum vermisste ich immer nur ihn? Natürlich, ich würde auch Ash und Rocko, meine Familie und Lucia gerne wieder sehen, aber nur bei Drew war dieser Wunsch so stark. Nur bei ihm hatte es so wehgetan, dass er sich nicht erinnerte.
    Vielleicht war es, weil die anderen alle genau so freundlich zu mir gewesen waren, wie sonst.
    Vielleicht weil mich von ihnen kein einziger so angesehen hatte, wie er.
    So wütend.
    Ich musste ihn wirklich endlich aus dem Kopf bekommen. Wie konnte ich mich nur ablenken, wenn ich mich auf rein gar nichts mehr konzentrieren konnte? Erst als mein Magen laut knurrte, unterbrach ich für einen Moment meine Gedanken.
    „Ich sollte wohl wirklich etwas essen.“, sagte ich zu mir selbst. Ich würde mir einfach etwas in der Nähe kaufen und dann…
    Ja, was sollte ich danach tun? Ich wollte nicht mehr nachdenken. Seit gestern deprimierte mich das viel zu sehr. Aber ich hatte auch keine große Lust, die anderen beiden zu suchen. Noch immer fürchtete ich, ihnen dann alles erklären zu müssen.
    Andererseits konnte ich auch schlecht den Tag hier im Zimmer verbringen.
    Normalerweise, wenn ich so rat- und rastlos war, wie jetzt, hatte ich immer Lucia angerufen. Sie hatte viele Ideen gehabt, um mir zu helfen, auch wenn ich diese meistens lachend abgetan hatte.
    „Ach, was soll’s.“, murmelte ich schulterzuckend und verließ das Zimmer, nachdem ich mich umgezogen hatte. Ich lief eine Weile Ziellos durch die Straßen, während ich überlegte, was ich essen sollte. Vielleicht würde ich ein schönes Café finden?
    Doch egal wie schön auch alles aussehen mochte, ich schaffte es einfach nicht, mich daran zu erfreuen. Ich fühlte mich schuldig an dem, was gestern passiert war und zugleich, als hätte man mir grundlos das Herz aufgeschlitzt.
    Ich wünschte mir von ganzem Herzen, mit ihm reden zu können. Gezwungenermaßen hatte ich akzeptiert, dass es nie wieder so sein würde, wie vorher,
    aber vielleicht würde ich es schaffen, mich trotzdem mit ihm zu vertragen. Ich ertrug den Gedanken nicht, dass er mich hasste. Auch, wenn er nicht der war, den ich wirklich wollte, so erinnerte mich doch alles an ihm an den Drew, den ich verloren hatte.
    „Wie albern muss das aussehen?“, murmelte ich wehmütig, während ich versuchte, endlich die miese Laune abzuschütteln, die mich fesselte. Ich stand seit mindestens fünf Minuten reglos hier auf der Straße und starrte in das Schaufenster eines Geschäfts vor mir, ohne irgendetwas von dem wahrzunehmen, was hier ausgestellt wurde.
    „Ziemlich albern.“ Ich fuhr herum.
    „Was machst du denn hier?“, fragte ich Drew. Erfreut und entgeistert zugleich starrte ich ihm ins Gesicht. Hasste er mich nicht? Wieso sprach er mit mir?
    Oder wollte er sich doch nur wieder über mich lustig machen?
    Ich wartete keine Antwort ab, stattdessen sprach ich das aus, was mich schon die ganze Zeit über beschäftigte:
    „Hasst du mich denn nicht? Warum redest du dann noch mit mir?“

  • Liebe Nachtara,
    ich habe deine FF durchgelesen und möchte dir mal einen Kommi dalassen :)
    Dein Prolog und deine ersten Kapitel wurden ja schon kommentiert, deswegen gebe ich dir mal Feedback für dein letztes Kapitel.


    Den Titel (Confusions) finde ich gut, da er zwar schon ein bisschen die Stimmung deines Kapitels reinbringt, aber trotzdem nicht zu viel verrät.


    Den Inhalt finde ich super, sehr spannend, ich konnte gar nicht aufhören zu lesen xD


    Schreibstil finde ich auch ganz gut, du wechselst Adjektive und Verben schön ab.


    Rechtschreibung ist auch gut, ab und zu vereinzelte Groß- und Kleinschreibungsfehler, ansonsten aber wirklich super :thumbsup:


    Ich würde mich sehr freuen, wenn du noch weitere Kapitel schreibst, ich will unbedingt wissen wie es weitergeht und ob Maike in ihre eigentlich Zeit zurückfindet :D


    LG Glaziola

    FC: 2723-8395-6602
    Kontaktsafari: (Normal) KrakeeloDummiselEvoli
    Würde mich freuen wenn ihr mich addet, falls ihr eines dieser Pokemon habt: LuxioBisaknospIgastarnishRutenaIgnivor

  • Bevor das Kapitel kommt, möchte ich mich unbedingt noch einmal bedanken, für die Kommentare von Twiligth-Fan2000 (tut mir leid, beim letzten Mal hab ich's vergessen ^^') und von Glaziola13. Ich hab mich echt gefreut ^^


    dann will ich jetzt aber mal ohne große Vorrede zum Kapitel kommen:


    -13-
    Friendship or dispute?


    ~Maike~


    „Hassen?“ Er wirkte verwirrt.
    „Wie kommst du denn da drauf?“, fragte er.
    „Drew, auch, wenn das schwer zu verstehen ist. Ich kenne dich ziemlich gut… dachte ich jedenfalls immer. Ich kann das nicht erklären, es ist alles zu kompliziert und… es tut mir wirklich leid, was gestern passiert ist. Ich habe eigentlich nur eine Bitte:
    Können wir das vergessen und noch einmal von vorne Anfangen? Ich glaube, ich würde es nicht ertragen, wenn ich für dich immer nur die Verrückte bleiben würde.
    Ich verspreche dir auch, dass ich dir irgendwann alles erklären werde. Ich…“
    „Maike!“, unterbrach er mich. Ernst blickte er mir in die Augen.
    „Ich habe mich gestern auch schlecht verhalten. Ich verstehe wirklich nicht einmal annähernd, was in jemandem wie dir vorgeht, aber ich denke, du hast deine Gründe. Ich… ich bin auch eigentlich…
    Na ja. Jedenfalls ist es in Ordnung, wenn ich das mal ignoriere. Benimm dich von jetzt an einfach normal.“
    Er grinste herausfordernd. Mit der üblichen Bewegung strich er sich die Haare aus der Stirn, ehe er sich umdrehte und ging. Im weggehen winkte er mir noch zu.
    „Dieser Angeber!“, knurrte ich, musste aber trotzdem lachen.
    „Ach ja“, rief er noch über die Schulter, „beim nächsten Mal werde ich gewinnen. Verlass dich drauf!“
    Mir vielen tausende Steine vom Herz. Hatte er mir wirklich vergeben? Wieder schossen mir Tränen in die Augen, diesmal allerdings vor Freude.
    „Okay, ich werde bereit sein! Vergiss das nicht!“, rief ich ihm hinterher. „Bis dann!“


    Ich strahlte über das ganze Gesicht, als ich schließlich zurück zum Pokémoncenter kam. Die anderen waren immer noch nicht im Zimmer, aber es störte mich auch nicht weiter.
    Für den Augenblick war ich glücklich.
    Ich hatte noch selten erlebt, dass Drew so gut drauf gewesen war. Vor allem in der ersten Zeit, in der wir auf Reisen gewesen waren, war es beinahe undenkbar gewesen, dass er nach einer Niederlage so schnell wieder gut gelaunt gewesen war.
    Er war immer so unnahbar gewesen. Die Seite von sich, die er mir eben gezeigt hatte, war eine, die ich erst viel später kennen gelernt hatte.
    Ich saß auf der Fensterbank, vor dem offenen Fenster und sah nach draußen, auf den Kampfplatz hinter dem Gebäude. Wann würde wohl das nächste Mal sein, wenn wir unsere Kräfte würden messen könnten?
    Zwar fand hier der Wettbewerb statt, aber ich hatte ja bereits ein Band aus Jubelstadt.
    Dieser Wettbewerb war ja eigentlich kaum mehr für mich gewesen, als eine Ausrede, um schneller hier zu sein. Außerdem hatte ich in meiner Verwirrung, nachdem ich plötzlich wieder Freunde an meiner Seite gehabt hatte, selbst vergessen, dass ich hier ja bereits einen Wettbewerb gewonnen hatte. Von Jubelstadt aus konnte man direkt nach Erzelingen reisen, wo ich mir unbedingt ansehen wollte, was passiert war. Dialga. Wenn es wirklich da gewesen war, würde ich vielleicht auch endlich einen Hinweis darauf finden, was mit mir passiert war.
    Zwar erinnerte ich mich noch sehr genau an den Augenblick, als ich ihm das letzte Mal begegnet war, aber ich konnte nicht viel damit anfangen. Ich erinnerte mich noch an die Worte, die mir Dialga und Palkia übermittelt hatten, aber ich verstand nicht, was sie von mir verlangten.
    Auch Professor Eibe hatte mir nicht viel helfen können, aber er wollte sich melden, sobald er etwas wusste. Hoffentlich hatte er das nicht vergessen.
    Ich würde mal Schwester Joy fragen, ob er vielleicht angerufen hatte.
    Als ich unten an der Rezeption stand konnte diese mir allerdings auch nicht helfen.
    „Es scheint dir aber schon viel besser zu gehen. Du wirktest ja ziemlich fertig, gestern.“, sagte sie in ihrer fürsorglichen Art. „Das ist schön zu sehen.“
    „Ja.“, antwortete ich. „Es geht mir wirklich besser. Ich fühle mich, als hätten sich meine Probleme in Luft aufgelöst.“
    „Das ist schön.“, sagte sie noch einmal.
    Manchmal fragte ich mich, ob dieses ewige Lächeln der Krankenschwestern nichts weiter war, als eine Maske. Wie konnte man sein Leben lang so glücklich wirken?
    „In Ordnung. Dankeschön.“, sagte ich und ging wieder die Treppen nach oben.
    „Na toll.“, murmelte ich, als mein Magen knurrte. Jetzt hatte ich noch immer nichts gegessen, wollte aber auch nicht gleich wieder nach unten rennen.
    Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es sowieso nur noch etwas mehr als zwei Stunden waren, bis es Abendessen geben würde. Waren Chris und Lucia denn wirklich schon den ganzen Tag über unterwegs? So wie ich die beiden kannte, würden sie später einiges zu erzählen haben.
    Ich gähnte.
    „Wie kann ich denn jetzt schon wieder müde sein?“ Ich rieb mir die Augen und blinzelte für einen Moment. Vielleicht wurde ich krank?
    Ich hatte doch wirklich schon den halben Tag verschlafen.
    Trotzdem gab ich nach und rollte mich wieder unter der Decke zusammen.



    ~Chris~


    „Wie kann sie den jetzt immer noch schlafen?“
    Lucia starrte Maike an, die tatsächlich immer noch in ihrem Bett lag. Sie konnte doch unmöglich den ganzen Tag verschlafen haben. Dann fiel mir etwas auf.
    „Lucy, ich glaube sie schläft nicht immer noch. Sie schläft wieder.“
    Ihre Schlafsachen lagen vor dem Bett, zusammen mit ihren Schuhen. Sie war wohl wirklich unterwegs gewesen.
    „Und warum schläft sie jetzt schon wieder?“, maulte die Blauhaarige und stellte sich auf die Leiter des Stockbettes, um zu sehen, ob es wirklich so war. Ich stellte mich neben ihr auf die Bretter der untersten Etage des Stockbettes und hielt mich am Geländer fest. Für einige Sekunden betrachtete ich die Schlafende.
    „Es sieht aus, als wäre ihr etwas Gutes passiert, als sie wach war.“
    „Hää? Wie meinst du das denn?“, fragte Lucia. Ich blickte kurz zu der Jüngeren, ehe ich begann, ihr zu erklären, was ich meinte:
    „Schau sie dir mal genau an. Heute Morgen war Maike noch total verkrampft. Jetzt ist sie ganz ruhig.“
    Tatsächlich hatte sie zu der Zeit, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, ziemlich unruhig geschlafen. Sie hatte sich von einer Seite auf die andere gewälzt, im Schlaf geseufzt und gemurmelt. Sie hatte sich an ihre Decke geklammert, als hätte sie Angst, man könnte sie ihr wegnehmen, während sie geträumt hatte.
    Jetzt hatte sie sich eingekuschelt, bewegte sich nicht und atmete ruhig.
    „Ist das nicht ein bisschen weit her geholt?“, wollte Lucia wissen, die skeptisch auf die schlafende herab blickte.
    „Na ja, vielleicht hat sie auch nur endlich ausgeschlafen.“, trat ich verlegen Lächelnd den Rückzug an. Hatte ich etwa etwas Dummes gesagt? Oder, was noch viel wichtiger war:
    Seit wann ließ ich mich von den Worten einer neunjährigen verunsichern? Warum hatte ich mich eben zu dieser Gefühlsduselei hinreißen lassen? Wann hatte ich aufgehört, die Menschen um mich herum zu ignorieren. Es verwirrte mich, wie ich mich verändert hatte und es machte mich unsicher.
    Trotzdem war ich mir sicher, dass Maike viel vitaler und ruhiger wirkte, als noch vor ein paar Stunden.
    „Was ist denn los?“
    Als ich den Kopf wieder nach vorne drehte, sah ich in Maikes verschlafen blinzelnde Augen. So gut es die beengten Verhältnisse des Stockbettes zuließen, streckte sie sich, ehe sie Anstalten machte, aufzustehen.
    Anscheinend immer noch halb schlafend stieg sie die Leiter herunter, verfehlte eine Sprosse und landete kurz darauf unsanft auf dem Boden.
    „Meine Güte, du wirst auch immer ungeschickter.“, murmelte ich Kopfschüttelnd. Ich kannte wirklich niemanden, der so oft auf der Nase landete, wie Maike. Oder auf dem Hintern.
    „Ach was.“, rief sie und zog einen Schmollmund. Wie mir schien, um uns von ihrer neuesten Bruchlandung abzulenken, fragte sie:
    „Wie spät ist es eigentlich. Ist schon Zeit zum Abendessen?“
    „Du denkst auch nur ans Essen, was?“, neckte ich sie und sofort verzog sie wieder das Gesicht.
    „Reg dich doch nicht gleich auf.“
    Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und stand auf. Langsam schlurfte sie zum Fenster hinüber, von wo die ersten orange-roten Lichtstrahlen den Sonnenuntergang ankündigten.
    „Ich hab auch Hunger.“, rief Lucia hinter mir.
    „Lass uns essen gehen, ja?“ Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es noch zu früh war. Es war gerade einmal 17:00 Uhr. Im Pokémoncenter gab es für gewöhnlich erst ab 18:00 Uhr Abendessen.
    „Es ist noch zu früh.“, sagte ich.
    „Zeig ihr doch erst mal deine neuen Sachen.“, schlug ich vor, um das Gemaule der beiden zu stoppen, ehe sie richtig damit anfingen. Lucia war sofort abgelenkt. Übermütig und voller Begeisterung begann sie, von ihren Erlebnissen am heutigen Tag zu erzählen. Sie platzierte alle Tüten, die sie noch immer in der Hand gehalten hatte, auf dem Bett und begann, nach und nach alles herauszuziehen, es in die Luft zu halten, sodass man es gut sehen konnte und es dann neben der Tüte auf der Bettdecke zu platzieren. Zum Schluss zog sie das Kleid heraus, welches sie sich für den Wettbewerb gekauft hatte.
    Es war weiß und hatte eine helle rosafarbene Schleife um die Taille. Unterhalb der Taille fiel der leichte Stoff locker bis knapp über die Knie. Sie war besonders begeistert davon gewesen, wie das Kleid um ihre Beine gewirbelt war, als sie sich im Kreis gedreht hatte.
    Dazu hatte sie Ballerinas und ein Haarband im gleichen Rosa, wie die Schleife am Kleid.
    „Was willst du eigentlich für den Wettbewerb anziehen?“, fragte die Blauhaarige ihre Freundin.
    „Was?“ Irritiert starrte Maike sie an. Sie schien nicht zu wissen, wovon die jüngere Sprach.
    „In ein Paar Tagen. Hier, in Jubelstadt.“, versuchte ich ihr auf die Sprünge zu helfen.
    „Ach so. Da nehme ich doch gar nicht teil.“, sagte sie.
    „Was?“ Lucias Stimme klang zugleich entsetzt und enttäuscht.
    „Dann muss ich ja ganz alleine teilnehmen. Warum willst du denn nicht?“
    „Ich habe doch längst ein Band aus Jubelstadt und auch wenn ich ein weiteres gewinnen sollte, wird mir das nicht viel weiter helfen. Außerdem darf man an Wettbewerben die man schon einmal gewonnen hat doch gar nicht noch einmal in der gleichen Saison teilnehmen.“, versuchte sie, es zu erklären. Das klang einleuchtend, aber es zeigte auch, wie wenig wir in den letzten Tagen darüber nachgedacht hatten. Immerhin hatten wir uns alle direkt nach dem letzten Wettbewerb hier in Jubelstadt kennen gelernt.
    „Reg dich nicht auf.“, rief sie lachend, als sie Lucias Blick sah. Noch immer spiegelten ihre Augen eine Mischung aus Enttäuschung und Wut wider, was zusammen mit dem aufgesetzten Lächeln ziemlich merkwürdig aussah. Gezwungen irgendwie.
    „Ich werde auf jeden Fall mit dir üben und dann gewinnst du den Wettbewerb. Das bist du mir sowieso schuldig. Wenn Drew teilnimmt, kann ich ja nicht gegen ihn Kämpfen und das musst du dann machen.“ Für einen Augenblick schien Lucia noch zögerlich, dann lachte auch sie.
    „Okay, ich werde ihn für dich besiegen und dann habe ich auch mein erstes Band?“
    „Genau!“, antwortete ihr Maike lächelnd.
    Als Lucia dazu ansetzte, einen weiteren Wortschwall auf die Brünette loszulassen, hörte man ein lautes Magenknurren. Verlegen sah Maike auf die Uhr.
    „Vielleicht sollten wir schon mal runter gehen. Ich muss unbedingt endlich mal was essen.“, sagte sie und griff nach ihren Schuhen.
    „Willst du dich nicht vorher umziehen?“ Verwundert über meine Frage sah sie an sich herunter. Ihre Kleidung war völlig zerknittert. Sie strich sich etwas imaginären Staub von der Hose und band sich die Haare schnell zu einem Zopf. Dann ging sie zur Tür.
    „Los, kommt schon!“, rief sie. „Sonst verhungere ich wirklich noch!“


    ~Maike~


    Der Essenssaal war noch völlig leer, als wir uns um einen Tisch in der Ecke setzten. Es waren noch fast zehn Minuten, bis Schwester Joy oder Chaneira die Terrinen mit dem Abendessen aufstellen würden und die meisten Gäste würden erst in einer Stunde kommen.
    Aber ich war auch froh darüber, denn ich hatte den ganzen Tag über nichts gegessen und hätte so das Essen erst mal fast nur für mich. Kaum, dass das Essen zur Verfügung stand, war ich auch schon aufgesprungen und füllte mir den ersten Teller voll. Es war nichts Besonderes.
    Nudeln mit Soße. Aber extravagantes wäre zu viel, da Schwester Joy noch einiges mehr zu erledigen hatte und es zudem etwas sein musste, was jeder essen würde, denn immerhin waren im Pokémoncenter einige Trainer untergebracht, die alle aus den verschiedensten Gegenden kamen und die unterschiedlichsten Gerichte bevorzugten.
    Als auch Lucia mit ihrem Essen zurück kam, saß ich bereits am Tisch und schob mir Gabel um Gabel voller Nudeln in den Mund.
    Wortlos setzte sie sich und begann ebenfalls, zu Essen.
    Schließlich kam auch Chris, die sich noch mit Schwester Joy über irgendetwas unterhalten hatte, aber es interessierte mich gerade überhaupt nicht, worum es bei der Unterhaltung gegangen war.
    Als sie sich setzte, starrte sie aus dem Fenster, auf die Straße. Sie wirkte nachdenklich er als sonst und mir fiel auf, dass ihr Blick immer wieder zu mir huschte. Sie musterte mich, sah aber sofort weg, wenn ich ihren Blick suchte.
    Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bis sie endlich das Schweigen brach. Während mir diese Zeitspanne sehr unangenehm war, interessierte sich Lucia überhaupt nicht für die Spannung, sie zwischen uns herrschte. Zufrieden mampfte sie vor sich hin, ohne irgendetwas zu bemerken, was um sie herum geschah.
    „Maike… wirst du uns erklären, was gestern los war?“, fragte Chris in die Stille. Ich sah sie unsicher an. Ich konnte es nicht ewig verheimlichen. Ich konnte ihnen nicht ewig etwas vorlügen, aber wie würden beide reagieren? Hätte ich etwas anderes machen können?
    Hallo, ich bin Maike. Übrigens, ich komme aus der Zukunft!
    Sie hätten mich doch für komplett verrückt gehalten. Zusammengesunken saß ich da, versuchte, ihrem Blick auszuweichen. Sie war überzeugt von dem, was sie tat. Zwar bohrte sie nicht nach, aber sie würde sich auch nicht ohne Antwort zufrieden stellen lassen. Sie würde wieder und wieder fragen. Ich musste es ihnen ja sowieso sagen.
    Ich war schließlich fast komplett davon überzeugt, niemals zurückkehren zu können. Ich wollte meine einzigen Freunde nicht verlieren, weil ich sie ewig belogen hatte. Aber sie würden mich wahrscheinlich auch jetzt noch für verrückt halten. Zwar kannte jeder in Sinnoh die Legenden von Dialga und Palkia, aber das machte meine Geschichte nicht wirklich glaubwürdiger.
    Noch immer sah mich Chris wartend an und sogar Lucia neben mir hatte bemerkt, wie ich mich plötzlich versteift hatte. Mit zwei Fingern zupfte sie am Ärmel meines T-Shirts, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich versuchte, den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken, ehe ich mich zum Sprechen zwang.
    „Ich kann es euch nicht erklären. Es tut mir leid. Aber ich fürchte, egal was ich mache, ihr wollt ncihts mehr mit mir zu tun haben. Aber wenn ich es nicht sage, bleibt ihr vielleicht ein wenig länger.“
    Ich starrte auf den Tisch, knetete unsicher meine Hände. Ich wollte ihre Reaktion nicht sehen.
    „Du bist mein großes Vorbild. Wieso sollte ich dich nicht mehr mögen?“ Lucias Stimme klang verletzt und ein wenig wütend. Traurig lächelte ich sie an. Ruhig sagte ich:
    „Ich werde es euch irgendwann erklären. Aber ich bitte euch, mir noch etwas Zeit zu geben. Ich weiß nicht, wie ich alles erklären soll, weil ich es selbst nicht verstehe. Ich weiß nicht einmal, wieso das alles passiert ist.“
    „Was versuchst du, uns zu erklären. Ich wollte wissen, warum du gestern so fertig warst. Hat es solche Ausmaße, das wir dich dann nicht mehr leiden könnten? Was soll so schlimmes passiert sein?
    Ich dachte, du wärst unsere Freundin. Ich dachte, du könntest uns ein bisschen einschätzen. Oder uns wenigstens ein bisschen vertrauen.“
    Klang Chris etwa beleidigt? In dieser Situation? Wie sollte ich mich nur verhalten?
    Verzweiflung erfasste mich. Ich wusste nicht mehr weiter. Ich hatte bisher nur mit einem einzigen Menschen darüber gesprochen. Ich hatte keine Ahnung, ob Professor Eibe meine Geschichte wirklich geglaubt hatte, aber bei ihm hatte ich auch nicht solche Angst gehabt, wie er reagieren würde.
    Ich hatte zwar auf seine Hilfe gehofft, aber bei ihm war es mir völlig egal, wenn er mich für verrückt hielt. Mit Lucia zum Beispiel ging es mir Ähnlich, wie mit Drew. Sie ähnelte meiner besten Freundin so sehr, dass ich es nicht ertragen könnte, wenn sie mich nicht mochte. Dabei tat ich schon mein bestes, um sie und ihr älteres Ich als zwei unterschiedliche Personen zu sehen.
    „Ich schätze mal, alles was dir an mir komisch vorkommen könnte, hängt damit zusammen.“, sagte ich knapp. „Ich werde es euch erklären, aber jetzt kann ich das noch nicht.“
    Ich ertrug die folgende Stille kaum. Die Spannung war greifbar geworden, während die Blonde mich nachdenklich musterte. Sie seufzte, schob sich eine Gabel voller Nudeln in den Mund und begann wieder damit, Löcher in die Luft zu starren. Hatte ich etwas Falsches gemacht? Ich hatte Schuldgefühle, weil ich sie immer damit abwimmelte, ich könnte es nicht erklären. Auch, wenn es die Wahrheit war, kam es mir vor, wie eine feige Ausrede.
    Wohin war nur die Gelassenheit verschwunden, mit der wir gestern noch miteinander umgegangen waren? „Es tut mir leid.“, sagte ich und wollte schon aufstehen, als mitten in der Bewegung mein Blick auf die zwei Jungs im Türrahmen fiel. Nicht auch das noch.
    Gequält lächelte ich ihnen zu, während ich mich wieder auf den Sitz fallen ließ.
    Beide kamen auf uns zu und ich hatte das Gefühl, das Gespräch war noch nicht vorbei.


    ~Chris~


    Ich stöhnte auf, als ich die zwei Typen von gestern Abend wieder sah. Ich sollte mir vielleicht doch mal ihre Namen merken, denn wie es aussah, würden wir ihnen wohl noch das ein oder andere Mal über den Weg laufen. Ich unterdrückte das entnervte stöhnen, nickte ihnen zu und richtete den Blick auf meine Nudeln. Wenn ich daran dachte, wie ich sie gestern Abend angeschrieen hatte, war es mir beinahe peinlich. Vielleicht hatte ich ja doch überreagiert?
    Auch machte es mir Sorgen, wie Maike auf diesen Kerl mit den grünen Haaren reagieren würde. Sie war gestern ja völlig fertig gewesen. Umso mehr überraschte es mich, dass sie plötzlich richtig fröhlich wirkte. Sie verwickelte die beiden sofort in ein Gespräch, wobei sie hauptsächlich die Jungs erzählen ließ. Sie fragte sie über alles aus, was sie bisher erlebt hatten, und die beiden kamen kaum noch hinterher, ihr auf alles zu erzählen. Außerdem hatte sie sich wieder hingesetzt und, nachdem sie noch einen Stuhl von einem anderen Tisch heran gezogen hatte, saßen die Jungs ebenfalls bei uns, während sie gezwungenermaßen alles erzählten, was ihnen bisher passiert war.


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    so, hoffe Mal, das Kapitel hat euch gefallen, weil ich im Moment immer noch n bisschen in der schreibkrise stecke.
    Das nächste ist zwar schon zur Hälfte fertig, aber ich werde es noch einmal überarbeiten müssen, also könnte es damir leider ncoh ein bisschen dauern. Ich hoffe mal, ihr lest es dann trotzdem und bis dahin... na ja, bis dann ^^


    noch eine kurze Frage:
    Glaziola13:
    Ich nehme einfach mal an, du liest weiter,
    soll ich dich auf die benachrichtigugsliste setzen?

  • Kein Problem, das hab ich gerne gemacht ;)
    Ja, das mit der Benachrichtigung wäre sehr nett^^
    Ich lese die Geschichte gerne weiter und freue mich schon auf das nächste Kapitel :D


    Deinen Titel fand ich cool, ich finde auf englisch hört sich sowas viel mysteriöser an, was zu so einer Geschichte wie deiner natürlich super passt.
    Rechtschreibfehler hab ich diesmal keine gefunden, klasse :thumbup:
    Den Inhalt fand ich auch gut, wie schön, dass Maike sich mit Drew versöhnt hat^^
    Jetzt bin ich nur noch neugieriger, was als nächstes passieren wird :)


    Lg Glaziola

    FC: 2723-8395-6602
    Kontaktsafari: (Normal) KrakeeloDummiselEvoli
    Würde mich freuen wenn ihr mich addet, falls ihr eines dieser Pokemon habt: LuxioBisaknospIgastarnishRutenaIgnivor

  • ich schließe mich Glaziola an, was den Titel, die Rechtschreibung und die handlung angeht, ich finde es auch klasse
    dass sich Mike und Drew verstehen. dass ich jz auch gespannt bin wie es weitergeht, ist natürlich klar ;)
    Ich hoffe auch dass sich deine Schreibblockade auflöst, und es auch weiterhin weitergeht, weil sonst wäre es ziemlich schade....


    LG: Shiny-Mewtu XY


    (Ehemals Twilight-fan2000 ;) )

    Für Rechtschreibfehler haftet mein Handy!!!
    Dann möchte ich einmal Werbung für meine FF machen! lasst mir doch bitte nen Kommi da,
    ich würde mich freuen
    :D ;)




  • -14-
    torn up


    ~Ju~


    Ich hätte nie gedacht, dass es so langweilig sein konnte, umherzureisen, als ich damals aufgewacht war. An dem Tag, an dem ich mein erstes Pokémon bekommen hatte, wäre ich beinahe geplatzt vor Aufregung. Damals war es für mich der schönste Tag meines Lebens gewesen.
    Kaum zu glauben, dass seit diesem Tag schon vier Jahre vergangen waren.
    Ich gähnte, streckte mich und stand auf. Ich hatte unter einem Baum eine Rast eingelegt, nachdem ich den gesamten Morgen über gelaufen war. Nachdem ich endlich den Ewigwald verlassen hatte, war ich froh, den Himmel wieder sehen zu können. Außerdem war es nicht mehr weit bis nach Flori.
    Ich würde also bald mal wieder zu Hause ankommen. So wie ich sie kannte, würde sich meine kleine Schwester Alexa am allermeisten freuen. Sie war gerade einmal sechs Jahre alt, fast immer gut gelaunt und hatte eine Unmenge an Fantasie. Ich freute mich darauf, den kleinen Sonnenschein zu sehen. Immerhin würde ich mich dann nicht mehr so sehr langweilen können.
    Ich sah beinahe schon vor mir, wie meine Mutter die Tür öffnete, die langen braunen Haare hochgesteckt. Sie sah meistens etwas müde aus, aber immer freundlich. Fast immer lächelte sie.
    Hinter ihren Beinen würde dann meine Schwester stehen. Mit ihren großen blauen Augen lugte sie meistens hinter meiner Mutter hervor, strahlte jedem entgegen, der vor der Tür stand.
    Bei diesem Gedanken bekam ich beinahe Heimweh, aber ich war auch schließlich seit Monaten nicht mehr daheim gewesen. Es war also in Ordnung. Ich war gerade aus Johto zurückgekehrt und nur einen Tag lang zu Hause gewesen, ehe ich nach Elyses aufgebrochen war. In den Nachrichten war erzählt worden, man hätte etwas Besonderes gefunden. Die Ruine dort hatte mich schon bei meinem ersten Aufenthalt in der winzigen Siedlung fasziniert. Irgendwann während meiner Reisen hatte ich beschlossen, einmal alles zu erforschen, was wirklich hinter den alten Legenden steckte.
    Ich wollte wissen, wie dieses Land ausgesehen hatte, vor der Zeit, an die wir Menschen uns erinnern konnten.
    Es dauerte eine Weile, aber irgendwann wurde sichtbar, dass ich der Stadt immer näher kam.
    Das Grün der Wiesen war teilweise kaum noch zu sehen, zwischen der bunten Blütenpracht der Blumen, die der Stadt Flori ihren Namen gegeben hatten. Ich glaubte sogar, das Kraftwerk sehen zu können, welches direkt neben der Stadt war und ihre Einwohner mit Strom versorgte.
    Von der Vorfreude auf meine Heimat abgelenkt war ich umso überraschter, als mir plötzlich ein kleines Pokémon entgegen sprang, das man zwischen den Blumen kaum gesehen hatte. Es war klein, grün und hatte Hände, die aussahen wie zwei Rosen.
    „Roselia!“, rief es fröhlich, lief einmal um mich herum und verschwand dann auf der anderen Seite des Weges zwischen den Blumen. Während ich dem fröhlichen kleinen Pokémon noch etwas verwirrt hinterher blickte, hörte ich eine Stimme aus der Richtung, aus der es gekommen war:
    „Roselia? Ist es bei dir vorbei gekommen? Es ist schon wieder abgehauen, oder?“
    Ein Junge mit grünen Haaren rannte über das Blumenfeld. Er wirkte gehetzt und müde, während er sich suchend umblickte.
    „War das dein Pokémon? Tut mir leid. Hätte ich das gewusst, hätte ich was gemacht.“, entschuldigte ich mich. „Aber ich kann dir helfen, es wieder einzufangen.“, schlug ich vor. Ohne seine Antwort abzuwarten, warf ich einen Pokéball in die Luft.
    „Los, Plaudagei!“ Fröhlich zwitschernd flog das Vogelwesen über unseren Köpfen im Kreis und wartete auf Anweisungen.
    Es dauerte etwas, aber schließlich gelang es uns, das Roselia wieder einzufangen.
    Da es gerade Mittagszeit war, beschloss ich über seinen Kopf hinweg, dass der Junge bei uns zu Mittag essen sollte. So, wie ich meine Mutter kannte, hatte sie sowieso viel zu viel gekocht, nachdem sie wusste, dass ich kommen wollte und somit würde es kein Problem geben.


    „Juliiii!“, kreischte Alexa aufgeregt, als sie mich erblickte. Sie schob sich an meiner Mutter vorbei und rannte auf mich zu. Ich hob sie hoch und wirbelte sie einmal im Kreis, ehe ich sie wieder absetzte und zuhörte, wie sie sofort begann, ihre neuesten Geschichten zu erzählen.
    Erst als meine Mutter mich begrüßte, fiel mir Drew ein, wie sich mir der Junge vorgestellt hatte, und ich erklärte meiner Mutter, warum er hier war. Danach verwickelte mich meine Schwester sofort wieder in ihre ewig lange Erzählung.
    Irgendwie war es dann so gekommen, dass ich mich ihm Anschloss. Er wollte nach Jubelstadt, ich nach Erzelingen. Dort war irgendetwas passiert und man hatte Dialga gesehen.
    Da der Weg wenigstens zu Beginn der gleiche war, würden wir gemeinsam reisen. Er hatte zwar einen etwas schwierigen Charakter, aber wenigstens würde ich mich so schnell nicht mehr langweilen.
    Zudem interessierte es mich, warum er in Sinnoh war. Er hatte seine Reise erst angetreten, war Koordinator und kam aus LaRousse City in der Hoenn-Region. Es war ungewöhnlich, nicht zuerst die Region zu bereisen, in der man lebte und seine Begründung dafür, war noch merkwürdiger. Es ging um eine Koordinatorin aus seiner Heimatregion, die, nachdem sie ihren Vater, einen Arenaleiter, herausgefordert hatte, nach Sinnoh gegangen war. Gleich zu Beginn hatte sie drei Wettbewerbe in Folge gewonnen. Für ihn schien das neue ‚Sternchen’ unter den Koordinatoren interessant zu sein und er wollte gegen sie antreten. Zwar kannten sie sich nicht, aber nach all den Leuten, die ich auf meinen Reisen getroffen hatte, wunderte mich nur noch wenig.
    Es würde also schon morgen auf eine neue Reise gehen.
    Zwar war Alexa ziemlich traurig, dass ich gleich weiterreisen wollte, ohne sie mitzunehmen, aber mit sechs Jahren war sie nun einmal viel zu jung.
    Meine Mutter machte uns noch etwas Reiseproviant zurecht, schloss mich zum Abschied noch einmal fest in die Arme und dann ging meine Reise weiter.


    ~Maike~


    „Dann hatte ‚Mister Perfect’ also doch mal Probleme mit Roselia.“, flüsterte ich kichernd zu mir selbst. Ich würde es ihm zwar nie beweisen können, da diese Situation nie passiert war, aber jetzt war sicher, dass Drew nicht so perfekt gewesen war, wie er früher immer behauptet hatte. Das Einzige, was mich ärgerte war, dass ich immer noch nicht wusste, warum er überhaupt hier in Sinnoh war. Als Ju das hatte erzählen wollen, hatte Drew sofort dazwischen geredet und das Thema einfach übersprungen.
    Ju erzählte noch von der einen oder anderen Begebenheit während ihrer Reise, aber ich hörte nur noch mit einem halben Ohr zu. Mich beschäftigte Drews Reaktion. Was war passiert, dass er hier war? Warum wollte er nicht, dass wir davon erfuhren?
    „Also, wo wollt ihr eigentlich hin, wenn der Wettbewerb hier vorbei ist?“, fragte Ju und riss mich damit aus meinen Gedanken. Natürlich wollte auch ich nach Erzelingen, aber was würden die beiden anderen sagen? Die nächsten Wettbewerbe würden, soweit ich es wusste, innerhalb der nächsten Wochen in Flori, Herzhofen und Blizzach stattfinden. Ich wusste allerdings nicht, ob sie nach Flori oder Herzhofen reisen wollten, hoffte aber, es wäre Zweiteres. Einerseits würden wir spätestens dort die Jungs wieder treffen, andererseits mussten wir dann sowieso durch Erzelingen. Und ich hätte die Chance, auch wieder ein Band zu gewinnen. In Flori war ich bereits gewesen und ich hatte auch schon das Band von Fleetburg. Ich könnte mich zwar im Zweifelsfall wieder von Chris und Lucia trennen, aber es war kein Geheimnis, dass ich gerne mit ihnen unterwegs war.
    „Der nächste Wettbewerb ist doch in Herzhofen, oder?“, fragte Lucia. „Dann müssen wir da hin.“
    Während ich innerlich schon erleichtert aufseufzte, erklärte Drew:
    „Nein, etwa zur gleichen Zeit findet auch einer in Flori statt, ihr könntet also auch da hingehen.“
    „Aber ihr geht nach Herzhofen?“, fragte Chris.
    Die Jungs nickten.
    „Ich will nach Flori.“, sagte sie bestimmt und überraschte damit uns alle.
    War sie immer noch wütend auf die beiden?
    „Warum?“, entfuhr es mir. Sie sah erst mich, dann Drew und Julius scharf an, als sie sagte:
    „Ich möchte gewissen Leuten nicht öfter über den Weg laufen, als nötig.“
    Plötzlich fing sie an zu grinsen.
    „Außerdem soll die Stadt wirklich schön sein zu dieser Jahreszeit. Nicht wahr?“, fragte sie Ju.
    Diese offenkundige Abneigung hatte mich für einen Moment sprachlos gemacht.
    Dann ergriff ich aber die Initiative:
    „Ich bin auch eher dafür, nach Herzhofen zu gehen. Ich will auch wieder mal an einem Wettbewerb teilnehmen und in Flori war ich erst vor dem letzten Wettbewerb hier.“
    „Dann ist es beschlossen.“, rief Lucia fröhlich. „Zwei gegen einen.“
    Chris warf uns einen bösen Blick zu, dann stand sie auf und ging aus dem Speisesaal des Pokémoncenters mit den Worten:
    „Ich bin müde. Bis später dann.“
    „Sollte ihr nicht jemand nach?“, fragte Ju, der ein wenig besorgt schien.
    „Vielleicht…“, murmelte ich und stand auf. „Ich komm gleich wieder.“


    ~Lucia~


    Was hatte ich denn jetzt schon wieder nicht mitbekommen? Warum waren die anderen beiden nur so plötzlich verschwunden? Hatte ich vielleicht etwas Falsches gesagt?
    Und warum behandelten mich die beiden nur immer so, als wüssten sie alles besser? Maike war immer so in sich gekehrt. Sie war völlig anders, als ich sie mir vorgestellt hatte.
    Wenn sie auf der Bühne gestanden hatte, hatte sie immer so gestrahlt. Sie und ihr Flemmli wirkten dabei wie eine Einheit, ein Team, das alles gemeinsam und mit einem Lächeln tat.
    Warum war sie in Wirklichkeit so anders?
    Und warum war Chris damals so plötzlich dabei gewesen? Ich mochte sie nicht so Recht leiden, denn irgendwie wirkte sie auf mich merkwürdig. In einem Augenblick war sie aufgedreht und dann plötzlich wieder so ernst. Manchmal war sie wirklich nett, aber sie sah immer auf mich herab, als wäre ich nur ein Klotz am Bein.
    „Ist etwas?“, fragte Ju, der mein trauriges Gesicht bemerkt hatte.
    „Es ist okay. Es ist nichts.“, behauptete ich. „Warum war sie so sauer?“ Ich blickte in Richtung der Tür, wo die beiden Mädchen gerade verschwunden waren.
    „Machst du dir Sorgen wegen den beiden?“, fragte er. War ich denn wirklich so durchschaubar?
    „Nein.“, sagte ich und zog eine Schnute. „Die benehmen sich dauernd so.“, behauptete ich und schob mir demonstrativ noch eine Gabel voller Nudeln in den Mund. Ich würde nichts mehr dazu sagen.
    „Die kriegen sich schon wieder ein. Und wenn nicht in Herzhofen, dann sehen wir uns eben ein Andermal wieder.“ Ju lächelte mich an. Trotzdem weigerte ich mich weiterhin, zuzugeben, wie sehr es mich verletzte, dass ich immer von oben herab behandelt wurde. Maike oder dieser Drew waren auch bloß zwei Jahre älter, also warum taten beide immer so, als wären sie so viel besser und wüssten so viel mehr über alles, als ich?
    Für einen Moment überlegte ich. Wieso sollte ich das eigentlich nicht machen?
    „Hey, kann ich nicht einfach mit euch nach Herzhofen? Dann können die anderen beiden ja nach Flori gehen, wenn sie es wollen.“
    Beide starrten mich überrascht an.
    „Glaubst du nicht, dass du dich da ein bisschen vorschnell entscheidest? Die anderen beiden werden enttäuscht sein.“, sagte Drew. Er schien, als wolle er genau studieren, was ich dachte, so genau musterte er mich.
    „Ach was. Die behandeln mich doch eh immer, wie ein kleines Kind.“
    Jetzt hatte ich es doch gesagt. Am Tisch herrschte Schweigen. Ich hatte keine Lust mehr zu reden, schluckte, so schnell ich konnte, die restlichen Nudeln herunter und ging. Warum war denn bloß ständig so schlechte Stimmung? Es bedrückte mich, dass immer diese Spannung zwischen uns herrschte und ich wollte meine Ruhe. Ohne irgendjemandem etwas zu sagen, ging ich nach draußen.
    Hinter dem Haus lehnte ich mich an die Wand, ließ mich daran herunter zu Boden sinken und zog die Beine an. Ich starrte in den Himmel, wo der Himmel hinter den weiß-grauen Wolken sich langsam von blau zu schwarz verfärbten.
    Meine Euphorie war völlig verflogen. Ich vermisste meine Mutter, mein zu Hause und Charmian. Ich wollte nicht mehr den gesamten Tag mit Laufen verbringen und ich wollte auch nicht mehr auftreten. Allein schon beim Gedanken daran, dass ich alleine vor all diesen Leuten würde stehen müssen, drehte sich mir der Magen um. Ich wurde immer sofort unruhig, wenn ich nur im Entferntesten daran erinnert wurde. Ich hatte wirklich Angst davor. Warum zum Teufel konnte es nicht einfacher sein?
    Warum konnte ich nicht mal ein bisschen Selbstvertrauen haben?
    Ich ließ den Kopf auf die Knie sinken und schluchzte Leise.
    „Mama… Ich will nicht mehr. Ich will nach Hause!“


    ~Maike~


    „Was ist denn los mit dir?“, fragte ich Chris in strengem Tonfall. „Was ist dein Problem?“
    „Mein Problem? Was ist deins? Mal ehrlich, du kennst die Typen eigentlich nicht, einer von denen hat dich gestern wie Dreck behandelt und heute ist heile Welt?
    Weißt du, was ich mir für Sorgen um dich gemacht habe? Weißt du, wie schlimm du gestern ausgesehen hast? Verdammt, mein Problem ist alles! Ich hab’ echt keine Lust mehr, immer nur euch euren Willen zu lassen, nur weil ich die älteste bin. Also, was auch immer du so toll an diesen Drew findest,“ Sie sprach den Namen voller Verachtung auf.
    „ich kann ihn nicht leiden und ich will ihn garantiert nicht öfter sehen, als nötig. Und das gleiche gilt für diesen anderen Typen!“
    Für einen Augenblick war ich sprachlos.
    „Ist das dein Ernst? Als ob du so perfekt wärst! Du bist nicht die einzige, die Probleme hat.
    Mir ist in nur einem Moment die ganze Welt auf den Kopf gefallen. Mein ganzes Leben war auf den Kopf gestellt und du hast überhaupt keine Ahnung, wie schlimm das ist.
    Du hast überhaupt keine Ahnung, was ich durchgemacht habe und du glaubst wirklich, dass du die einzige bist, die mal auf irgendetwas verzichten muss? Glaub mir, wenn du wüsstest, wie es mir ständig geht, dann… dann… ach, vergiss es einfach!“ Ich wusste keine Worte mehr.
    „Ja, vielleicht könnte ich dich sogar verstehen. Wenn du uns irgendwann einmal was erzählt hättest.
    Alles in Ordnung. Alles in Ordnung.“, sagte sie mit vor Wut schriller Stimme.
    „Du behauptest immer, alles sei in Ordnung, und machst mir jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich versuche, endlich etwas mehr zu verstehen. Aber weißt du was?
    Du machst es einem ja so leicht, wenn du dich einfach weigerst, uns irgendetwas zu erklären. Du meinst ja immer, du hättest es so schwer. Sei froh, dass du überhaupt mal ein Leben hattest.
    Weißt du, wie ich aufgewachsen bin? Die einzige Familie, die ich hatte, ist tot!
    Aber du kümmerst dich ja nur um dich. Mach mir keine Vorwürfe, nur weil ich dir helfen will!“
    Tot… Wie ein Echo hallte das Wort in meinen Gedanken wieder. Meine Familie lebte. Sie erinnerte sich nur nicht an mich. Aber sie waren noch da und ich wusste, dass sie mich liebten und mich unterstützen würden. Beinahe tat es mir leid, was ich gesagt hatte, aber auch ich war noch längst nicht fertig. Wieder begann ich, zurück zu schreien:
    „Was glaubst du, wie oft ich es euch sagen wollte? Ich hätte es euch schon tausend Mal erzählt, aber ich würdet mich doch nur für verrückt erklären. Glaubst du wirklich, ich wollte es darauf anlegen, die einzigen Menschen, die mich begleiten zu verlieren?“
    Ohne es zu wollen, brach ich in Tränen aus. Schniefend strich ich mir mit dem Handrücken der rechten Hand die Tränen von den Wangen.
    „Ich will nicht wieder jemanden verlieren.“ Aus tränennassen Augen starrte ich sie an.
    „Bitte!“ Für einen Augenblick schien sie zu zögern, dann knurrte sie:
    „Erklär es uns. Besser heute als Morgen. Ich werde nicht ewig Nachsicht haben.“
    Dann aber schloss sie mich in den Arm und strich mir über den Rücken, während sie beruhigend auf mich einredete. Ich fühlte mich gerade, wie ein kleines Kind behandelt, aber es tat gut.
    „Danke.“, flüsterte ich.


    ~Lucia~


    Wie viel Zeit war wohl vergangen, seitdem ich gegangen war? Warum suchte mich niemand? Es war doch bereits dunkel geworden! Hinter Chris war Maike sofort her gerannt. Ich hätte es doch wissen müssen. Ich war wieder einmal viel zu schnell gewesen, als ich entschieden hatte, mit den beiden mitzureisen. Meine Mutter hatte mich ja gewarnt, aber ich hatte geglaubt, ich wüsste es besser. Ich hatte gedacht, ich könnte diese Menschen einschätzen, die ich zu diesem Zeitpunkt kaum einen Tag gekannt hatte. Warum lernte ich bloß nicht dazu? Es war beinahe zum Lachen, dass ich nach allem, was mir passiert war, immer noch so an den beiden hing. Dass ich, obwohl sie mich immer behandelten wie ein kleines Kind, immer noch so wenig zugeben konnte, dass sie vielleicht Recht hatten. Ich war trotzig, selbstgerecht und konnte nichts, einfach gar nichts, alleine machen. Ich war Naiver, als gut für mich war, manchmal völlig überdreht und dann wieder am Boden zerstört, wenn nur ein einziges Mal etwas nicht gut lief. Reagierte ich denn schon wieder über? Hatte ich eben noch Wut auf die anderen beiden gehabt, so hasste ich mich nun selbst dafür, dass ich mich nicht im Griff hatte. Trotzdem ließ es mich nicht los, dass immer noch niemand gekommen war, um mich zu suchen. Ich wollte zwar nicht unbedingt so gesehen werden, wie ich gerade war: verheult und dreckig, aber es verletzte mich trotzdem.
    „Wie dämlich bin ich denn?“, murmelte ich und musste erneut fast lachen. Ich strich mir mit einer Hand über die Augen. Zwar war ich noch immer beleidigt, aber langsam fühlte ich mich besser. Ich würde einfach zu den öffentlichen Badezimmern im Pokémoncenter gehen, mein Gesicht waschen und wenn man mir nicht mehr ansah, dass ich geheult hatte, dann würde ich die anderen suchen. Das hier war schließlich mein Wunsch gewesen, also würde ich es endlich selbst in die Hand nehmen. Das hier würde bald die schönste Reise sein, die ich je machen würde. Die aufregendste von allen, mit ganz vielen Abenteuern. So, wie ich es mir immer gewünscht und vorgestellt hatte.

  • -15 -
    Presentation


    ~Maike~


    „Und unsere nächste Teilnehmerin ist Lucia, eine Neueinsteigerin aus Zweiblattdorf!“, verkündete Marian, die Ansagerin. Neueinsteigerin. Das klang so abwertend, wenn ich bedachte, was Lucia alles erreicht hatte. Sie war zwar älter gewesen, als sie es jetzt war, aber das änderte leider nichts daran, dass es sich in meinen Ohren extrem falsch anhörte. Man konnte schon an der Art, wie Lucia ging, erkennen, dass sie schrecklich nervös war. Ich drückte ihr fest die Daumen, dass sie nicht so einen Start hinlegte, wie ich damals mit Papinella. Das erste, was ich geschafft hatte, war gewesen, mich vor allen Anwesenden lächerlich zu machen.
    Nachdem wir uns gestern endlich alle wieder vertragen hatten, hatte Chris widerwillig zugestimmt, nach Herzhofen zu reisen, wenn auch nur unter der Bedingung, entweder einige Tage vor, oder nach den Jungs abzureisen. Um einen erneuten Streit zu verhindern, hatten wir eingewilligt.
    Jetzt saß Chris neben mir im Warteraum hinter der Bühne und starrte wie gebannt auf den Bildschirm an der Wand, wo man alles beobachten konnte, was auf der Bühne vor sich ging.
    Lucia stand dort, zittrig und verunsichert. Sie starrte in die Menge und schien völlig vergessen zu haben, was zu tun war. Das konnte doch wohl nicht wahr sein.
    „Bin gleich wieder da!“, murmelte ich, obwohl Chris überhaupt nicht zuzuhören schien. Ich rannte durch den kurzen Gang, der zur Bühne führte, blieb an deren Rand stehen und klopfte gegen die Wand, gerade so laut, dass meine Freundin mich hören konnte. Als sie mich ansah, wirkte sie völlig panisch. Ich nahm einen der Pokébälle, von meinem Gürtel und deutete an, ihn zu werfen. Lucia folgte meinen Anweisungen.
    „Plinfa, du bist dran!“, rief sie, warf ihren Pokéball in die Luft und beobachtete, wie Plinfa vor ihr auf der Bühne landete. Wieder sah sie mich Hilfe suchend an. Ich machte ihr ein Zeichen, es sei okay. Sie sollte einfach anfangen. Sie Zuschauer wurden bereits ungeduldig und wenn sie noch lange hier stand, wären alle Chancen, in die zweite Runde zu kommen, zunichte gemacht.
    „P-Plinfa. Benutz Blubber!“ Lucias Stimme zitterte mindestens genau so stark, wie sie selbst. Ich fasste einen Entschluss. Es war etwas peinlich, aber schließlich nicht verboten.
    Ich betrat die Bühne, griff nach der Hand meiner Freundin und flüsterte:
    „Lucia, beruhig dich. Wir habend das alles tausendmal geübt!“
    Es schien ein wenig zu helfen und, obwohl jetzt alle noch irritierter waren, schaffte es die Blauhaarige endlich, sich zu beruhigen. Noch immer schwebten die Blasen von Plinfas Blubber in der Luft über den Köpfen der Zuschauer. „Mach weiter!“, murmelte ich.
    „Plinfa. Blubbstrahl und dann Schnabel!“ Mithilfe des Blubbstrahls schaffte es Plinfa, die Blasen noch größer zu bekommen. Teilweise schwebten sie jetzt in Gruppen umher, klebten aneinander. Dann rannte es auf Lucia zu, mit ihrer Hilfe sprang es hoch in die Luft, wo es mit seinem Schnabel blitzschnell die Blasen attackierte, die lautlos zerplatzen und in einem Regen aus glitzernden Wassertropfen auf die Bühne regneten. Langsam schien sie ruhiger zu werden. Sie fand endlich wieder etwas vertrauen in ihre Fähigkeiten, so glaubte ich.
    „Gut so!“, rief sie euphorisch. „Noch einmal Blubbstrahl auf den Boden“
    Direkt vor seinen Füßen setzte es die Attacke ein, was Plinfa in einem Wirbel aus zerplatzenden Wasserblasen in die Luft hob. „Pfund!“
    Plinfa zerstörte mit den Flügeln die letzten der Blasen um es herum und landete schließlich vor Lucia wieder auf den Füßen.
    Es strahlte mit glitzernden Augen in die Menge. „Verbeugen!“, soufflierte ich.
    Ich griff ihre Hand, und gemeinsam mit Plinfa verbeugten wir uns, ehe Lucia ihr Pokémon zurück rief und wir die Bühne verließen. Während Marian in ihrer gewohnt heiteren Art die Vorführung kommentierte, schien Lucia hinter der Bühne endgültig fertig. Sie ließ sich gegen die Wand sinken und seufzte. Die kurze Euphorie von eben war gänzlich verflogen.
    „Maike, das war eine Katastrophe. Alleine kann ich echt gar nix richtig machen!“
    Ich zog sie wieder auf die Füße. Wie konnte ich sie nur wieder aufbauen? Ich suchte nach den richtigen Worten dafür, aber es gelang mir nicht recht:
    „Das war super. Du warst das erste Mal auf der Bühne und du hast es doch hinbekommen.“
    Wie ich bereits erwartet hatte, schien sie nicht überzeugt.
    „Außerdem hab ich mich auch schon ein paar Mal gewaltig blamiert, also bist du nicht allein.“
    Ich erzählte ihr die Geschichte von meinem ersten Auftritt, wandelte das ganze nur so weit ab, dass es zu dem passte, was in dieser Zeit von meinen Anfängen bekannt war. Ich Behauptete, man habe es einfach vergessen, weil ich zu diesem Zeitpunkt nur eine von vielen Neuen gewesen wäre.
    Tatsächlich schaffte ich es irgendwie, sie zu beruhigen. Das einzige, was mir Sorgen bereitete, war, dass ich nicht sicher war, ob es sich negativ auswirken konnte, dass ich einfach auf die Bühne gelaufen war. Ich hatte zwar kein Pokémon gerufen und weiter nichts getan, aber immerhin könnte man das behaupten. Es war nun wirklich nicht mehr unbekannt, dass ich wusste, womit ich es zu tun hatte, wenn ich auf der Bühne stand.
    Trotzdem versuchte ich, mir einzureden, dass ich nur versucht hatte, Lucia zu helfen. Dass sie ansonsten vielleicht überhaupt keine Vorstellung zustande gebracht hätte.
    In der Pause lief ich schließlich zu Marian, um sie danach zu fragen. Glücklicherweise erklärte sie mir, dass das wahrscheinlich kein Problem darstellen würde. Das beruhigte mich.
    Dann war es so weit und die Teilnehmer der zweiten Runde wurden bekannt gegeben. Natürlich war Drew ganz vorne mit dabei und auch Lucia hatte es geschafft. Es waren nur noch wenige Minuten, bis die zweite Runde beginnen würde. Endlich begab ich mich wieder in den Warteraum, wo Chris und Lucia schon zusammen saßen. Die Blauhaarige sah aus, als stünde sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Sie zitterte, ihre Stirn glänzte ein wenig vom Schweiß, aber sie grinste auch über das ganze Gesicht. Mit einigen schnellen Schritten war ich bei ihnen.
    „Du hast es geschafft!“, rief ich fröhlich und umarmte meine Freundin.
    „Und die Kämpfe bekommst du auch hin!“ Lucia sah unsicher zu mir auf.
    „Glaubst du wirklich?“ Plinfa, welches auf ihrem Schoss saß, quietschte wütend auf.
    „Plin-Plinfa!“, beschwerte es sich.
    „Siehst du?“, fragte ich. „Plinfa ist auch der Meinung. Du hast doch pausenlos geübt, oder? Also kriegst du das auch hin.“
    „Kannst du vielleicht wieder mitkommen?“, fragte sie unsicher. Ich überlegte einen Augenblick.
    „Wahrscheinlich nicht. Es ist besser, wenn du gleich am Anfang alleine klar kommst. Ich komme wieder mit bis hinter die Bühne, aber danach musst du es alleine schaffen. Du weißt doch eigentlich, dass du das kannst. Du wolltest doch deine Mutter stolz machen.“
    Sie schien enttäuscht und noch nervöser, als vorher. Was konnte ich nur gegen ihre Nervosität tun? Sie war heute Morgen schon wegen jedem noch so winzigen Problem völlig aus der Fassung geraten.


    „Kyaaaaah!“ Lucias Schrei war sicher im gesamten Haus zu hören gewesen. Ich fragte mich wirklich, was sie jetzt schon wieder gemacht hatte.
    Sie war schon den ganzen Morgen über völlig neben der Spur gewesen. Erst hatte sie fast verschlafen, war dann beinahe aus dem Bett gefallen, war so nervös gewesen, dass wir sie hatten zwingen müssen, etwas zu frühstücken und seither sie zwischen unserem Zimmer und dem Bad hin und her, wie ein aufgescheuchtes Ponita. Ich ging zu der Jüngeren ins Bad, wo ich sie auf dem Boden sitzend vorfand.
    „Steh auf, sonst wird das Kleid dreckig!“, sagte ich tadelnd. Wenn ein Fleck auf dem weißen Kleid wäre, würde es nur noch mehr Probleme geben, dessen war ich völlig sicher. Ich beugte mich nach unten, zog Lucia wieder auf die Füße und wies sie an, sich seitlich auf den Toilettendeckel zu setzen. Ich holte schnell meine Waschtasche aus dem Zimmer und stelle mich dann hinter sie.
    „Meine Haare sehen schrecklich aus!“, jammerte meine Freundin. Sie fuhr sich durch die blauen Strähnen. Seufzend sagte ich ihr das, was ich ihr gestern schon gefühlte hundert Mal geraten hatte:
    „Ich hab doch gesagt, du hättest sie gestern noch waschen sollen. Du wolltest es ja nicht glauben. Augen zu!“ Ich sprühte etwas Trockenshampoo in die ungewaschenen Strähnen. Ihr blauer Haarschopf sah jetzt aus, als wäre er von winzigen Eiskristallen bedeckt.
    Einen Augenblick später rubbelte ich mit einem Handtuch das weiß aus ihrem Haar, bürstete es und kämmte die vorderen Strähnen nach Hinten. Am Hinterkopf steckte ich sie dann mit der riesigen rosafarbenen Schleife fest.
    „Ist das so für dich in Ordnung?“, fragte ich. „Du kannst sie heute Abend dann richtig waschen.“
    Die jüngere stand auf, starrte sich einen Augenblick im Spiegel an und lächelte dann zufrieden. Die erste Krise war bewältigt. Allerdings war es jetzt schon beinahe zu spät, um noch pünktlich an der Wettbewerbshalle anzukommen und wir mussten rennen, um es doch noch zu schaffen.
    Chris lief vorne und zog Lucia am Handgelenk hinter sich her. Ich lief hinten und versuchte verzweifelt, die beiden nicht aus den Augen zu verlieren.
    Als wir an der Halle ankamen, waren wir alle völlig außer Atem und als dann auch noch Drew, der natürlich schon längst dort war, meinte, einige seiner schlauen Sprüche loslassen zu müssen, hatte ich mich wirklich bemühen müssen, ruhig zu bleiben. Ich konnte unmöglich riskieren, dass er wieder wütend auf mich war. Außerdem war heute das erste Mal, seitdem wir ihm und Ju über den Weg gelaufen waren, dass zwischen uns allen keine Spannung herrschte. Alles, was heute zählte, war der Wettbewerb und ich wollte das nicht aufs Spiel setzen. Wir hatten alle mehr als genug gestritten in den letzten Tagen.
    Roselia war munter wie immer an seiner Seite gewesen und hatte es kaum abwarten können, endlich auf der Bühne zu stehen. Und dann war es endlich so weit und der Wettbewerb begann.


    ~Lucia~


    Gespannt hatte ich über den Bildschirm die Kämpfe der anderen Koordinatoren beobachtet, aber jetzt, da ich selbst an der Reihe war, hatte ich wieder das Gefühl, als würde sich mir der Magen umdrehen.
    Unruhig zappelte ich auf dem Sitz herum, bis Maike endlich sagte, es sei an der Zeit, sich fertig zu machen. Ich krallte meine Finger geradezu in ihre Hand, als wir gemeinsam den kurzen Flur entlang gingen, der zur Bühne führte. Drew, der vor mir dran gewesen war, kam uns entgegen. Er hatte natürlich gewonnen. Nachdem ich seine Vorführung in der ersten Runde gesehen hatte, hatte ich auch nichts anderes erwartet. Es war wirklich unglaublich, wie gut die anderen Koordinatoren waren.
    Diese Tatsache war leider auch Gift für mein Selbstbewusstsein. Meine Knie fühlten sich an, wie Butter in der Sonne und mir war ein wenig schlecht. Mir ging es genau so, wie vorhin, bevor ich das erste Mal auf der Bühne gestanden hatte. Nein, eigentlich war es sogar noch schlimmer.
    Erwartete man jetzt, in der zweiten Runde, nicht sogar noch mehr? Ich würde doch niemals gewinnen können. Ich hatte doch eigentlich kaum Ahnung vom Kämpfen. Und diesmal würde ich allein auf der Bühne stehen müssen, dabei konnte ich jetzt schon keinen klaren Gedanken mehr fassen.
    In der ersten Runde war unsere Vorführung genau einstudiert gewesen, aber das, was jetzt kam, würde viel schwieriger werden. Mein Gegner, egal wer das auch sein mochte, hatte mehr Erfahrung, als ich und war sicher auch nicht so nervös. Ich fühlte bereits, wie sich ein Blackout ankündigte.
    Was, wenn ich mitten im Kampf plötzlich alles vergessen würde, was ich bisher gelernt hatte?
    Direkt am Bühneneingang blieben wir stehen. Vorsichtig versuchte Maike, meine verkrampften Finger von ihrer Hand zu lösen.
    „Tut mir leid.“, murmelte ich. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen.
    „Ist schon okay. Du schaffst das!“ Zitternd ging ich auf die Bühne. Ich musste mich richtig zwingen, immer einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Ich spürte die erwartungsvollen Blicke auf mir ruhen. Was dachten die Zuschauer? Wenn ich von hier aus in die Menge blickte, wurde mir schwindelig. Hunderte Gesichter. Alle Augen auf ich gerichtet.
    Ich zwang mich zu einem kurzen Lächeln, ehe ich den Blick zu Boden heftete.
    Dummerweise hatte ich überhaupt nicht zugehört, also wusste ich jetzt nicht einmal, wer mein Gegner war. Bitte. Es sollte jemand sein, der nicht zu Erfahren war. Ich wollte wenigstens diese Runde durchstehen. Ich musste meine Blamage aus der ersten Runde wieder gut machen.
    Die anderen Koordinatoren waren doch so viel besser.
    Wie hatte ich nur jemals glauben können, eine Chance zu haben?
    Andererseits hatte ich es ja auch in die zweite Runde geschafft. Wenn auch nicht ganz allein.
    Ich versuchte verzweifelt, wenigstens ein bisschen positiver zu denken, aber es viel mir schwer. Jedes Mal, wenn ich auch nur kurz in die Zuschauerreihen blickte, zitterte ich noch mehr.
    „Tief durchatmen!“, flüsterte ich mir selbst zu und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen.
    „Dann lasst den Kampf beginnen!“, rief Marian und trat an den seitlichen Bühnenrand, damit die Zuschauer freie Sicht auf das Kampffeld hatten. Ich war so vertieft darin gewesen, mich zu beruhigen, dass ich erst jetzt, als ich aufblickte, meinen Gegner sah.
    Der Junge war vielleicht ein wenig älter als ich. Ich schätzte ihn auf Maikes Alter ein.
    Er hatte kurzes, hellbraunes Haar und seine dunklen Augen wirkten entschlossen, als er zu seinem Pokéball griff und ihn warf. Er war mit Sicherheit entschlossener, als ich, diesen Kampf für sich zu entscheiden und das gleiche galt für sein Sniebel, das angriffslustig zu mir herüber starrte. Ich musste mich zusammenreißen.
    „Plinfa, du bist dran!“, rief ich. Ich warf den Ball hoch über mich in die Luft und mein Partner erschien, begleitet von einem hellroten Lichtblitz, vor mir auf der Bühne.
    Es drehte eine kleine Pirouette, ehe es stehen blieb und sich zum Angriff bereit aufstellte.
    Mit einem lauten Piepton startete der Countdown. Von nun an blieben mir fünf Minuten, um zu beweisen, was ich konnte. Alles, was jetzt noch zählte, war das, was auf dem Kampffeld passierte. Die Außenwelt verschwamm um mein Sichtfeld herum zu etwas sekundärem und irgendwie gelang es mir, sie bald komplett auszublenden.


    Keuchend stand ich da und starrte die Punkteanzeige an. Ich konnte kaum glauben, was ich da sah.
    Ich hatte es wirklich geschafft. Am liebsten hätte ich laut geschrieen vor Freude, aber ich hielt mich zurück. Seit der Kampf vorbei war, musste ich auch wieder an die Menge vor mir denken. Ich wollte mich nicht schon wieder blamieren. Ich hob Plinfa, das bisher eine Art Siegertanz aufgeführt hatte, auf meine Arme und ging zu Maike, die noch immer am Bühneneingang auf mich wartete.
    „Das war unglaublich. Du hast gewonnen! Du bist weiter!“
    Die Brünette sprach so schnell, dass es mir schwer viel, sie überhaupt zu verstehen. Ich grinste über das ganze Gesicht und hätte immer noch am liebsten Geschrieen, so glücklich war ich in diesem Moment. Sie fiel mir um den Hals, zerquetschte dabei beinahe Plinfa, dass sich laut piepsend bemerkbar machte und ging dann, als sie endlich ein wenig ruhiger geworden war, mit mir zurück in den Warteraum, wo auch mein Gegner von eben bereits seine Sachen zusammen geräumt hatte. Er blickte auf, als wir den Raum betraten, kam kurz auf mich zu und sagte:
    „Gut gekämpft, Neuling. Aber wenn wir uns noch mal begegnen, mache ich es dir nicht so einfach!“
    Dann, noch ehe ich etwas sagen konnte – mir wäre sowieso gerade keine Antwort darauf eingefallen – drehte er sich um und verschwand in Richtung des Ausgangs.
    Zwar war ich verwundert, was dieser Auftritt zu bedeuten gehabt hatte, aber ich war auch nicht in der Stimmung, mir über irgendetwas Gedanken zu machen. Ich kicherte, dann ging ich zu Chris, die mich ebenfalls umarmte. Allerdings hatte sie vorher Plinfa aus meinen Armen genommen, sodass es diesmal nicht Gefahr lief, zerdrückt zu werden.
    „Das hast du echt super gemacht. Ich glaube, das hat echt niemand von dir erwartet. Du bist ein Naturtalent, glaube ich.“ Ich starrte verlegen auf meine Hände, die ich unruhig vor dem Körper verschlungen hielt. Leider gab es noch zwei Runden, ehe der Sieger feststünde und leider konnte es nur noch schwieriger werden. Dabei war es eben schon so Knapp ausgefallen.
    Wäre mir nicht noch in allerletzter Sekunde ein Trick eingefallen, um Sniebel hereinzulegen und meinem Gegner Punkte abzuziehen, dann hätte ich es sicher nicht geschafft.
    Und langsam, während die nächste Runde immer näher rückte, wurde meine Euphorie wieder von der andauernden Nervosität überschattet. Dann ging es weiter.


    Ich stand auf der Bühne und gerade betrat auch mein Gegner das Kampffeld. Warum musste es ausgerechnet er sein? Ich hatte Maike zwar versprochen, Drew an ihrer Stelle zu besiegen, aber vor allem jetzt, nachdem ich seine bisherigen Vorstellungen gesehen hatte, war mir doch ein wenig bange. Maike war dieses Mal bei Chris geblieben, weil ich ihr versichert hatte, ich würde es auch so schaffen. Warum hatte ich das gesagt?
    Aber ich hatte jetzt wirklich keine Zeit mehr, mir über irgendetwas den Kopf zu zerbrechen, denn ich musste mich völlig auf den Kampf konzentrieren. Drew, der mir bereits gegenüber stand, lächelte siegessicher. Roselia stand bereits zu seinen Füßen und wartete. Ich rief ebenfalls meinen Partner auf die Bühne und dann war es nur noch eine Frage von Sekunden, ehe der Kampf beginnen würde.




    Das war dann alles, was ich noch sagen wollte. Dankeschön fürs lesen und bis hoffentlich beim nächsten Kapitel ;)

  • Hey^^
    Cool, dass du wieder ein Kapitel eingestellt hast ;)
    Auch wenn du es am Schluss erklärt hast, finde ich es etwas schade, dass du Lucias Kampf nicht näher beschrieben hast...
    Das hätte mich nämlich schon interessiert ;)
    Hmm ... sonst hab ich eigentlich nichts auszusetzen.
    Und ich bin schon total gespannt, was du dir fürs nächste Kapitel ausdenkst, hoffentlich geht es mit deiner Schreibblockade wieder etwas besser :D
    Lg Glaziola

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  • -16-
    Win or Lose?


    ~Lucia~


    „Plinfa, fang an mit Blubbstrahl!“, rief ich. Der kleine Vogel reagierte sofort und kurz darauf schwebten so viele Blasen über dem Kampffeld, dass ich Drew und Roselia kaum noch sehen konnte. Allerdings galt das auch für ihn. „Pfund!“
    Der Pinguin nutze die Deckung, die der Blubbstrahl ihm bot um sich Roselia anzunähern. Dann griff es an. Tatsächlich schaffte ich es so, Roselia unvorbereitet zu treffen. Das erkannte ich daran, dass Drew Punkte verloren hatte. Dieser erste Erfolg spornte mich an und sofort gab ich Plinfa einen neuen Befehl:
    „Gut so. Jetzt Schnabel!“ Plinfas Schnabel begann blau-weiß zu glühen und schien ein wenig zu wachsen. Er wurde auch etwas spitzer und damit zu einer gefährlichen Bedrohung für den Gegner.
    Trotz dessen blieb Drew gelassen.
    „Giftstachel!“, sagte er unbeeindruckt und Roselia zerstörte sofort sämtliche Blasen mit den giftigen geschossen. „Weich aus!“, kreischte ich, aber es war zu spät. Plinfa wurde getroffen und mir wurden Punkte abgezogen. „Zauberblatt.“, gab Drew weiterhin Anweisungen.
    Plinfa, das sich mühsam wieder auf die Füße gestellt hatte, schaffte es mit großer Mühe, dem Angriff auszuweichen. Ich durfte mich nicht geschlagen geben. Plinfa kämpfte schließlich auch weiter.
    „Noch einmal Blubbstrahl.“, sagte ich und kurz darauf war wieder das gesamte Feld von Blasen überdeckt. Das war meine Chance. Ein kurzer Blick auf die Zeitanzeige hatte mir verraten, dass ich nur noch knappe zwei Minuten übrig hatte.
    Ich Hörte Drews Kommando von der anderen Seite des Kampffeldes.
    „Plinfa, mach es wie vorhin. Blubbstrahl!“
    Schwach erkannte ich, wie Plinfa wieder von den Blasen in die Luft gehoben wurde, während Roselias Attacke zwar die Blasen zerstörte und dadurch einen glitzernden Nebel erzeugte, der zu Boden regnete, aber mein Plinfa traf es nicht. Wir beide bekamen Punkte abgezogen. Drew, weil er danebengetroffen hatte, Ich, weil Roselia meine Attacke für diesen Effekt genutzt hatte.
    Für einen Augenblick waren der Koordinator und auch sein Pokémon irritiert und diesen Moment musste ich nutzen.
    „Plinfa“, rief ich. „Noch einmal Schnabel!“ Gib jetzt alles, was du hast, fügte ich in Gedanken noch hinzu. Die Zeit lief ab, wurde immer schneller, so fühlte es sich an und es jetzt ging um jede Sekunde. Mit voller Wucht traf die Attacke das Pflanzenpokémon, welches hart zu Boden geschleudert wurde. Aber noch waren Drew und sein Partner nicht geschlagen. Es war fast nicht anders zu erwarten gewesen. Roselia stand wieder auf und sofort führte es seinen nächsten Angriff aus. Es umschlang mein Plinfa mit langen Ranken.
    „Gigasauger.“, sagte Drew lässig. Er war sich seines Sieges bereits sicher und er hatte allen Grund dazu. Der nächste Angriff würde entscheidend sein. Unsere Punktestände waren fast gleich und es waren nur noch einundzwanzig Sekunden, ehe der Kampf entschieden sein würde.
    Roselias Ranken begannen in einen hellen gelb-grün zu glühen und man sah, wie Plinfa merklich schwächer wurde. Das hier war meine allerletzte Chance. Und plötzlich bekam ich Panik. Wie konnte es sein, dass ich mich auch nur für einen Augenblick überlegen gefühlt hatte?
    Etwa nur deswegen, weil ich einen einzigen Treffer gelandet hatte?
    Etwa, weil ich mit Maike geübt hatte, die ihn fast ohne Anstrengungen besiegt hatte? Aber Maike war erfahren und zusätzlich extrem talentiert. Sie hatte von Anfang an fast keinen Wettbewerb verloren und kämpfte, als würde sie das seit Jahren tun, dabei war sie erst seit wenigen Monaten unterwegs.
    Zwischen ihr und mir lagen Welten. Bis ich jemals ihr Niveau erreichen könnte, müssten Jahre vergehen. Unsicher wechselte mein Blick zwischen Plinfa, Roselia und Drew hin und her.
    Sein Lächeln wurde immer Siegessicherer. Noch zehn Sekunden.
    Was sollte ich nur tun?
    „Tu etwas! Tu etwas!“, sagte ich zu mir selbst, aber mein Kopf fühlte sich an, wie ein schwarzes Loch.
    Ich war nicht in der Lage, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
    „Verdammt!“, zischte ich. Was konnte ich nur tun? Hätte ich wenigstens eine Attacke wie Eisstrahl zur Verfügung. Damit könnte ich sicherlich einen Volltreffer landen, denn Roselia hatte schließlich durch seine Ranken eine direkte physische Verbindung zu Plinfa.
    Aber ich konnte mir nur schwer vorstellen, dass eine so instabile Attacke wie Blubbstrahl genau so wirken würde. Noch sieben Sekunden. Meine Gedanken rasten. Plinfa wurde immer schwächer und schwächer und meine Punkte nahmen immer weiter ab. Mein Partner sah mich flehend an. Es spürte, dass ich nicht mehr weiter wusste.
    „Plin-Plinfa!“, rief es. Sein Blickveränderte sich. Es schien wütend – und es hatte Recht damit.
    Jetzt war meine Allerletzte Chance und die konnte ich nicht vertun, nur weil ich Trübsal bließ.
    „Greif noch einmal an!“, rief ich. „Blubbstrahl!“
    Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, schleuderte der Pinguin die Attacke seinem Gegner entgegen. Die Blasen rauschten in einem Wirbel um die Ranken von Roselia. Einzelne Blasen, die durch die Rotation aus dem Wirbel fortgeschleudert wurden, zerplatzen zu einem glitzernden Nebel. Noch zwei Sekunden. Jetzt war es zu spät. Der Kampf war bereits entschieden.
    „Roselia!“, hörte ich den Schrei des Pflanzenpokémons von der anderen Seite des Kampffeldes, aber die Blasen, die sich erneut über das gesamte Feld verteilten, machten mir die Sicht auf das Kampfgeschehen unmöglich. Ein lautes Piepen signalisierte das Ende des Kampfes aber als ich endlich freie Sicht auf die Anzeigentafel hatte, wurde meine Anspannung nur noch größer. Tatsächlich war der Punktunterschied so gering, dass man ihn anhand des Balkens der unsere Punkte anzeigte, nicht erkennen konnte. Wer hatte denn nun gewonnen? Sogar Marian, die nun wieder in die Mitte der Bühne trat, wirkte ein wenig überfordert. Es kam recht selten vor, dass ein Punktestand so unklar war.
    Nach nur wenigen Sekunden fing sie sich wieder. Natürlich wusste sie als Profi auch mit dieser Situation umzugehen.
    Sie lief zu den Kampfrichtern und sprach einen Augenblick lang mit ihnen. Ich hielt den Atem an. Die Spannung in der Luft wurde immer greifbarer.
    Dann, als Marian wieder auf der Bühne stand und den Sieger verkündete, hatte ich das Gefühl, als hätte mein Herz für einen Schlag ausgesetzt, nur um dann mit zehnfacher Geschwindigkeit weiterzuschlagen. Ich konnte hören, was sie sagte, aber ich konnte es nicht glauben.
    Mit leerem Blick starrte ich noch immer die Anzeigentafel an.


    ~Maike~


    Lucia und Drew hatten fast genau die gleiche Punktezahl. Das war eine Wahnsinnsleistung.
    Ich wusste schließlich selbst, wie gut Drew war. Ich konnte es nicht vermeiden, dass ich ein wenig neidisch auf das Talent meiner Freundin wurde. Natürlich, ich war selbst sehr gut, aber das lag hauptsächlich daran, dass ich einige Jahre Erfahrung und sehr viel Training hinter mir hatte.
    Es herrschte eine unerträgliche, erdrückende Stille. Es war, als hätte jeder im Haus in gespannter Erwartung den Atem angehalten, als Marian schließlich wieder auf die Bühne trat.
    Ein allerletztes Mal drückte ich Lucia die Daumen. Dann war es so weit und Marian verkündete endlich den Sieger:
    „Nach eingehender Beratung haben sich die Kampfrichter entschieden.
    Meine Damen und Herren, Liebe Trainer und Wettkämpfer.
    „Der Sieger dieses Kampfes ist…“
    Sie machte eine dramatische Pause, ehe sie endlich den Sieger verkündete.
    „Drew“ Applaus brandete auf und Drew verbeugte sich lächelnd. Roselia tat es ihm gleich.
    Nur noch ein einziger Gegner trennte ihn vom Sieg. Er hatte das Finale des Wettbewerbs erreicht.
    Ich freute mich für Drew. Aber ich hatte auch Mitleid mit Lucia. Sie brauchte einige Sekunden, bis sie sich gefangen hatte, dann ging sie langsam mit ihrem Plinfa hinter die Bühne. Drew folgte ihr.
    Das Halbfinale war noch nicht vorbei. Sein Gegner für den letzten Kampf musste sich erst noch beweisen. Ich stand auf und lief ihnen entgegen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Chris mir folgte.
    Etwa auf der Hälfte des Ganges fanden wir die beiden.
    Lucia saß am Boden, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und starrte die grauen Fliesen an.
    „Ist alles in Ordnung?“ Besorgt kniete ich mich neben ihr nieder. Es dauerte einige Sekunden, ehe sie reagierte und mich ansah.
    „Ich hab doch gesagt, dass es hoffnungslos ist.“ Für einen Moment war ich unsicher, dann musste ich lachen. Lucia stiegen die Tränen in die Augen.
    „Warum lachst du mich aus? Es kann ja nicht jeder so toll sein, wie du.“ Sie klang ziemlich beleidigt.
    „Ich lache nicht über dich. Aber das, was du gesagt hast, ist einfach so dumm!“ Ich verstand selbst nicht ganz, warum ich so lachen musste. Sie schnaubte nur zur Antwort.
    „Du warst echt super. Es waren wahrscheinlich nur zehntel Punkte, die er besser war. Und der Kerl ist eigentlich echt gut. Das einzige, was dir fehlt, ist die Erfahrung und wenn du jetzt schon aufgibst, dann wirfst du so einiges weg.“
    Sie sah nicht überzeugt aus. Sie schnaubte beleidigt und weigerte sich, mich weiter anzusehen.
    „Es tut mir leid. Aber Niederlagen musst du akzeptieren können, sonst wirst du niemals etwas erreichen.“ Ich redete noch eine ganze Weile auf sie ein, bis Lucia sich so weit beruhigt hatte, um mit uns zurück zum Wartesaal zu kommen. Drew und Chris hatten uns die ganze Zeit über nur Wortlos beobachtet und folgten uns nun. Was die beiden wohl dachten? Ich wusste, dass Drew seine Gefühle oft hinter eine Maske verbarg, um sich keine Blöße zu geben. Er war nicht so arrogant und selbstverliebt, wie er tat. Und Chris war mal wieder völlig undurchschaubar.
    Sie hatte Drew kurz zu seinem Sieg gratuliert und danach keine weiteren Gefühlsregungen sehen lassen. Nun saßen wir schweigend nebeneinander auf der Bank. Der letzte Kampf vor dem großen Finale dieses Wettkampfes war beinahe vorbei und die Spannung wurde mit jeder Sekunde größer, aber ich konnte mich wieder einmal nicht darauf konzentrieren. Ich machte mir Sorgen um Lucia. Die Niederlage schien sie schwer getroffen zu haben. Das schlimme bei ihr war, dass sie, wenn sie einmal etwas so sehr an sich heran ließ, meistens sehr lange brauchte, bis sie sich wieder davon erholte.
    Ich machte mir Gedanken darüber, wie ich sie aufheitern könnte, aber mir wollte einfach nichts einfallen. Vielleicht würde sie mit der Zeit auch so wieder auf die Beine kommen, aber trotzdem sollte ich aufpassen, was ich ihr gegenüber sagte.
    Es herrschte eine nahezu greifbare Anspannung zwischen uns, während wir warteten. Lucia war niedergeschlagen, ich war ziemlich nervös, weil ich mir nicht sicher war, wie ich mit der Situation umgehen sollte und die anderen beiden waren für mich nach wie vor nicht zu durchschauen.
    Genau so blieb es auch, bis schließlich Drews Gegnerin für das Finale feststand und der letzte Kampf an diesem Tag beginnen sollte. Wortlos stand der Koordinator auf und ging zur Bühne.
    Er wirkte zwar eher überheblich, wie er noch einmal zu uns zurücksah, ehe er verschwand, ziemlich selbstgefällig und von sich überzeugt, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er eigentlich nur sehr angespannt war. Und ich sah den Kampfgeist und den Siegeswillen in seinen Augen. Er war entschlossen, wie eh und je.
    „Viel Glück!“, murmelte ich leise. Er hörte es nicht mehr, aber die anderen beiden hörten es.
    „Du solltest ihm das nächstes Mal sagen, bevor er weg ist!“, stellte Chris fest. Ich grinste verlegen.
    „Ja, wahrscheinlich schon. Kommt ihr mit in die große Halle? Da sieht man das besser, als hier auf dem Bildschirm!“ Lucia sträubte sich ein wenig, aber sie ließ sich schnell mitziehen.
    Der Saal war zwar zu voll, um noch einen Sitzplatz zu finden, aber ich war sowieso nicht in der Lage, still zu sitzen. Aufgeregt trat ich von einem Fuß auf den anderen. Es war, als hätte ich selbst an diesem Wettbewerb teilgenommen. Nicht nur als Lucias Unterstützung sondern so, als hätte ich selbst das Band gewinnen wollen. Alles erinnerte mich so an meinen ersten Wettbewerb. Damals hatte ich Drew gerade erst kennen gelernt und schon zu dieser Zeit war es um mehr gegangen, als um den Wettbewerb. Wir hatten noch eine Rechnung offen gehabt, weil er mich mit seiner großen Klappe in den Wahnsinn getrieben hatte. Da unser Kampf zuvor mal wieder durch Team Rocket unterbrochen worden war, war der Wettbewerb die beste Gelegenheit gewesen, es endlich auszufechten.
    Entgegen aller Erwartungen hatte ich es mit Papinella gerade noch so geschafft, in die zweite Runde zu kommen, wo ich im Halbfinale schließlich gegen Drew verloren hatte. Er hatte dann im Finale gegen einen Trainer namens Robert gekämpft und ebenfalls eine Niederlage erlitten.
    Ich erinnerte mich noch gut daran. Dieser Robert war, zusammen mit seinem Milotic, später Top-Koordinator geworden, nachdem er auch im großen Festival gewonnen hatte.
    Die wichtigste Erinnerung an diesen Wettbewerb war für mich aber die daran, wie Drew angefangen hatte, mich immer wieder aufzubauen. Das war das erste Mal gewesen, dass er mir eine Rose geschenkt hatte. Zwar hatte er damals gesagt, sie sei für Papinella, aber irgendwann später einmal hatte er mir erzählt, worum es wirklich gegangen war. Das war allerdings erst, als wir bereits ein Paar geworden waren und sogar da war Drew noch verlegen gewesen. Dabei fand ich die Geste wirklich niedlich.
    Auch, wenn in diesem Wettkampf Lucia diejenige war, die gekämpft hatte, fühlte ich mich in diese Zeit zurückversetzt und das machte mich irgendwie glücklich.
    Dann endlich war es soweit und Marian gab das Startsignal für den Kampf.
    „Im Finale stehen sich nun Gegenüber:
    Drew aus LaRousse City in Hoenn und Scarlett aus Sonnewik hier in Sinnoh.“
    Drews Gegnerin war ein dünnes Mädchen von geschätzten zehn oder elf Jahren. Aus dunkelbraunen Augen musterte sie ihren Gegner und strich sich dann, in einer ähnlichen Bewegung wie sie für Drew typisch war, durch die kinnlangen, rotblonden Haare. Sie trug ein knielanges Kleid in einem hellen rosa, dazu passende Riemchensandalen und ein Haarband mit einer kleinen Schleife. Alles in allem war ihr Auftreten sehr kindlich. Trotzdem sah man auch ihr an, wie Entschlossen sie war, diesen Kampf zu gewinnen. Sie warf den Pokeball, den sie die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte hoch über sich in die Luft und kurz darauf erschien ihr Partner vor ihr. Ein kleines, orangefarbenes Pokémon, mit braunen Pfoten und leuchtend gelben Wangen. Es wedelte aufgeregt mit seinem langen Schwanz, dessen Ende die Form eines Blitzes hatte.
    „Raichuuu!“, rief es kampfeslustig. Auch Drew rief sein Roselia auf die Bühne.
    Der Kampf begann.
    „Roselia, fang an mit Wachstum.“ Es war ein gewagter Start, denn Raichu konnte jeden Augenblick angreifen. Ich hoffte, Drew würde seine Gegnerin nicht unterschätzen, nur weil Raichu Roselia vom Typ her unterlegen war. Ich vermutete, er wollte es einfach nur schnell zu Ende bringen, aber sicher sein konnte ich wohl nicht. Scarlett schien zu warten. Vielleicht hatte sie mit Raichu noch ein Ass im Ärmel, dass Drew noch Probleme bereiten konnte. Wenn sie schlau war, dann beherrschte es auch Attacken von anderen Typen außer Elektro. Hätte ich doch nur aufgepasst, als die das letzte Mal gekämpft hatte. Aber während dem zweiten Halbfinalkampf war ich ja zu sehr von Lucia abgelenkt gewesen. Andererseits schien sie gerade jetzt völlig auf den Kampf fixiert, so, als hätte sie ihre Niederlage für den Augenblick vergessen.
    Die Taktik der Koordinatorin war nicht besonders empfehlenswert. Dadurch, dass sie nichts tat verlor sie Punkte, weil sie eine Chance verstreichen ließ. Wusste dieses Mädchen, was sie da tat? Fünf Minuten waren wahnsinnig kurz. Warum sollte sie ihre Punkte einfach so verschwenden, indem sie nichts tat. Vielleicht träumte sie, oder war nicht bei der Sache. Auch, wenn mich das für Drew freute, es machte mich auch skeptisch. Endlich gab sie Raichu eine Anweisung, aber sie sprach so leise, dass man über den Lärm der Zuschauermenge und die Entfernung nichts hören konnte. Raichu setzte sich auf die Hinterpfoten und wartete. Wie hatte es dieses Mädchen denn bloß ins Finale geschafft?
    Auch Drew schien langsam aber sicher irritiert. Warum tat sie denn nichts?
    Dann beschloss er, dass es an der Zeit war, etwas zu tun.
    „Roselia, setz Giftstachel ein.“ „Ausweichen“, sagte Scarlett beinahe desinteressiert.
    „Zauberblatt!“ Roselia begann, im Kreis zu wirbeln und kurz darauf war es umgeben von unzählbaren bunt leuchtenden Blättern. Für einen kurzen Augenblick schwebten die Blätter langsam, wie Federn zu Boden, ehe sie völlig ohne Vorwarnung zu gefährlichen Geschossen wurden, die unaufhaltbar auf Raichu zuflogen. „Ausweichen.“
    Scarletts Punkteanzeige war deutlich verringert. Meine Anspannung wurde immer größer. Sie hatte irgendeinen Plan, das war sicher. Sie hatte noch irgendetwas auf Lager, was ihren Sieg retten konnte.
    Wenn Drew sie nur nicht unterschätzte.
    „Gigasauger!“, setzte Drew seine Angriffe fort. Roselia schleuderte eine Ranke in Raichus Richtung und fesselte seinen Gegner damit.
    „Jetzt, Donnerblitz!“, rief Scarlett. Sofort, als hätte es nur darauf gewartet griff Raichu an.
    Drew wurden einige Punkte abgezogen. „Durchbruch!“
    Raichu zielte mit der Kampfattacke direkt auf Roselias Füße.
    „Spring!“, kommandierte Drew seinen Partner. Roselia tat, wie ihm geheißen und sprang.
    Noch im gleichen Augenblick brach Raichu seine Attacke ab. Wieder bekam Scarlett Punktabzug.
    Sie hatte beinahe keine Punkte mehr und die Zeit war erst zur Hälfte vorbei.
    „Elektroball!“ Innerhalb von wenigen Sekunden ließ Raichu die statische Leuchtkugel entstehen und feuerte sie ab. In der Luft konnte Roselia nicht ausweichen und es hatte auch keine Chance, so schnell zu kontern, bevor die Attacke traf. Wie bei einem Gewitter zuckten für einen Augenblick die Blitze über die Bühne und Roselia, das die Elektrizität nicht in den Boden hatte ableiten können, stürzte schwer getroffen auf den Holzboden der Bühne. Drew verlor einiges an Punkten. War das ihre Taktik?
    Erst den Gegner in Sicherheit zu wiegen und dann, wenn er nicht mehr damit rechnete, anzugreifen?
    Roselia gab sich sichtlich Mühe, wieder aufzustehen. Eins musste man ihm lassen: Es hatte einen nahezu unerschütterlichen Siegeswillen, welcher ihm, wie ich wusste, schon zu so manchem Sieg verholfen hatte. „Durchbruch.“, gab Drews Gegnerin neue Anweisungen.
    „Diese Attacke dürfte Roselias größte Schwäche sein.“, murmelte ich. Lucia neben mir nickte zustimmend. Sie schien völlig gefesselt von dem Kampfgeschehen.
    „Ja. Mann, ich bin vielleicht froh, dass ich nicht gegen die Kämpfen muss.“, sagte sie und schien dabei ehrlich erleichtert. Ich kicherte. Es war diesmal wirklich schnell gegangen, dass sie sich von der Niederlage erholt hatte. Das hatte ich so bestimmt nicht erwartet.
    „Glaubt ihr, sie kann noch gewinnen?“, fragte Chris. Ihr Blick war auf die Anzeigetafel über der Bühne gerichtet. Der Kampf dauerte noch eine Knappe Minute an und Drew hatte immer noch einen beachtlichen Vorsprung. Währenddessen war Scarlett so weit, dass jeder Fehler das Aus für sie bedeuten konnte.
    „Nur dann, wenn sie jetzt noch eine richtig gute Strategie auf Lager hat. In zwanzig Sekunden alles herum zu reißen ist eine echte Meisterleistung, finde ich.“, erklärte ich meine Vermutung, während ich den Blick nicht von Roselia wandte. Drew versuchte es jetzt noch einmal mit Zauberblatt, aber Raichu hatte auch hierfür einen Konter parat. Während Roselia ein weiteres Mal die Blätter entstehen und herumwirbeln ließ, rannte Raichu genau auf es zu und blieb knapp vor ihm sitzen. Roselia und auch sein Trainer waren davon sehr überrascht und für einen Augenblick zögerte das Pokémon. Einen Augenblick zu lang.
    „Raichu, Anziehung.“ Wieder wurden Drew Punkte abgezogen.
    „Sie spielt echt ganz schön auf Risiko.“, murmelte ich Kopfschüttelnd. Allerdings hatte Scarlett trotz dieser fragwürdigen Taktik die Nase vorne. Anziehung wirkte und Roselia, das jetzt nur noch Augen für Raichu hatte, war so gut wie Kampfunfähig. Die Punktestände waren nahezu gleich und der Kampf war jede Sekunde zu Ende.
    „Noch einmal Durchbruch.“, rief die Koordinatorin. Die nächste Attacke würde die Entscheidung bringen. Roselia fiel zu Boden. Es hätte noch Kämpfen können, aber jetzt waren auch Drews Punkte beinahe endgültig bei Null angekommen. Es waren noch fünf Sekunden Zeit.
    „Roselia. Versuch noch einmal Giftstachel.“ Rief Drew seinem Partner zu, der sich mühsam wieder auf die Beine Gekämpft hatte.“ Aber auch seine Gegnerin wollte jetzt den Sieg für sich.
    „Elektroball.“ Beide Pokémon griffen an. Zwei Sekunden. Die Attacken trafen aufeinander.
    Ein lauter Knall ertönte, dann Stille. Der Kampf war entschieden.


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    So, ich hoffe mal, das Kapitel hat euch gefallen ^^
    Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal allen schöne Ferien wünschen, egal, ob es schon/ noch oder bald soweit ist.
    Viel Spaß euch allen :D

  • -17-
    How should I feel?


    ~Maike~

    Der Kampf war entschieden und mit ihm auch, wer der Sieger dieses Wettbewerbs war.
    „Die Sieger dieses Kampfes sind…“
    Marian legte eine Pause ein.
    „Albern.“, murmelte ich. Jeder konnte bereits auf der Anzeigetafel über der Bühne sehen, wie der Kampf ausgegangen war.
    „Scarlett und Raichu aus Sonnewik“ Jetzt fühlte es sich noch mehr wie mein erster Wettkampf an. Damals hatte Drew schließlich auch im Finale verloren, nachdem er mich im Halbfinale besiegt hatte.
    Obwohl er sichtlich bemüht war, sich nichts anmerken zu lassen, konnte ich sehen, wie seine Maske immer wieder für eine Sekunde seinen wahren Gefühlen wich.
    Er wirkte wütend und enttäuscht, soweit ich es beurteilen konnte.
    Trotzdem reichte er der Siegerin die Hand und gratulierte ihr, ehe er zur Siegerehrung die Bühne verließ. Ich zwängte mich zwischen den anderen Zuschauern hindurch in Richtung des Ausgangs.
    Ich wollte ihn vor dem Gebäude abpassen. Ich war neugierig, wie er wirklich auf seine Niederlage reagierte. Ich glaubte durch den Lärm zu hören, dass Lucia irgendetwas sagte, aber ich drehte mich nicht um. Er war schnell und ich wollte ihn auf keinen Fall verpassen. Immerhin musste Drew sich nicht mehr umziehen. Er war zu cool, um sich damit aufzuhalten, eine Kostümierung zu finden.
    Oder vielmehr einfach zu verklemmt, um daran Spaß zu haben.
    Andererseits hatte er ja früher tatsächlich schon einige Male erwähnt, er habe keine Ahnung, wie ich so viel Spaß daran haben konnte, mir ständig neue Kleider zu kaufen, wenn ich in Sinnoh an einem Wettbewerb teilnahm. Er fand es albern, dass ich mir so viel Mühe gab, immer besonders auszusehen, nur weil es in Sinnoh so Brauch war. Ich hatte immer wieder versucht, ihn dazu zu überreden, sich auch mal etwas besonders herzurichten, aber meine Bemühungen waren vergebens geblieben. Ich lehnte mich neben der Tür des Gebäudes an die Wand und wartete, bis Drew durch die heraus kam.
    „Drew!“, rief ich fröhlich.
    „Gratuliere zum zweiten Platz!“ Er musterte mich, ohne die Miene zu verziehen.
    „Machst du dich über mich lustig?“ Prüfend sah ich ihn an.
    „Warum sollte ich das tun?“ Wie kam er darauf, dass ich über ihn lachen würde?
    „Ach, lass gut sein. Lass mich einfach in Ruhe.“
    „Tut mir ja Leid, wenn du schlechte Laune hast, aber lass die bloß nicht an mir aus.“
    Er konnte nicht so mit mir umspringen.
    „Verzieh dich doch und lach‘ über irgendwen anderen. Oder machst du dich nur deshalb nicht über die kleine Nervensäge lustig, weil sie so ein toller Fan ist?“
    „Was ist denn bitte dein Problem? Lass Lucia aus dem Spiel.“
    „Oh, glaubst du, du müsstest sie beschützen? Tu doch nicht immer so, als wärst du so stark.
    Du bist es nicht!“ Ich fühlte mich langsam aber sicher ernsthaft angegriffen.
    „Ich habe nie gesagt, ich wäre stark. Aber du tust so, als wärst du es.
    Weißt du eigentlich, was es heißt, stark zu sein? Ich war mal stark, weil es Menschen gab, die mir geholfen haben. Aber wenigstens weiß ich das.
    Du solltest dir lieber mal überlegen, ob du wirklich so stark bist.“
    Er sagte kein Wort und sah mich nur wütend an.
    „Ich wollte eigentlich nur sehen, ob du nach der Niederlage in Ordnung bist, weil ich weiß, dass es manchmal schwerfällt, so etwas zu schlucken.
    Ich wage zu behaupten, dass ich wenigstens einen Teil von dir kenne. Und ich weiß, dass du meistens nicht zeigst, was du wirklich denkst. Hör doch auf damit, wenn dir die Menschen nur helfen wollen.“ Auf einmal wirkte er ein wenig verblüfft.
    „Ich gehe jetzt wieder zu den anderen, aber lass dir das durch den Kopf gehen, Drew.
    Ich wollte dir wirklich nur helfen, weil ich gerne eine Freundin sein will.“
    Mit diesen Worten drehte ich mich um und verschwand wieder im Gebäude. Meine Augen brannten.
    Es machte mich traurig, dass wir ständig stritten. Aber er war ja auch so ein verdammter Vollidiot.
    Dass ich mit ihm wegen jedem Mist aneinander geriet. Warum ließ er sich immer darauf ein oder provozierte es sogar? Und warum machte ich das mit?
    Mit den Handrücken rieb ich mir über das Gesicht und hoffte, man sah mir nicht an, wie ich mich fühlte, während ich mich auf den Weg zu den Umkleiden machte.
    Die Siegerehrung war bereits vorbei und Lucia zog sich gerade um, als ich mich neben Chrissie auf eine der Bänke setzte.
    „Wo warst du?“, wollte sie wissen. Schulterzuckend antwortete ich:
    „Nur kurz draußen. Ich wollte etwas nachgucken. Ist eigentlich nicht so wichtig.“
    Sie schien noch nicht zufrieden mit meiner Antwort, beließ es aber dabei.

    Am Abend dieses Tages ging ich noch einmal nach draußen. Ich wollte die Geschehnisse der letzten Stunden verarbeiten und das fiel mir leichter, wenn ich ein bisschen Bewegung hatte. Es war so viel passiert. Obwohl nur wenige Tage vergangen waren, fühlte es sich an, wie eine gesamte Ewigkeit.
    Ich lief eine Weile durch die immer leerer werdenden Straßen von Jubelstadt, während die untergehende Sonne alles mehr und mehr in ihr rot-orangenes Licht tauchte. Es sah genau so aus, wie an dem Abend, als wir hier Drew und Julius getroffen hatten. Nach wenigen Minuten hatte ich auch die Wiese erreicht, wo die beiden plötzlich, wie aus dem Nichts, bei uns aufgetaucht waren. Einige Kinder rannten laut lachend durcheinander, jagten sich über das Gras und spielten, so lange, bis sie alle ihre Energie verbraucht hatten und in den Armen ihrer Eltern, die aus einiger Entfernung dem Spiel ihrer Kinder zugesehen hatten, einschliefen.
    Einige Trainer trainierten oder spielten mit ihren Pokémon und weit über meinem Kopf flogen einige Staralili laut zwitschernd herum. Abseits von dem Geschehen saßen vereinzelte Pärchen Arm in Arm oder gingen spazieren.
    Ich konnte nicht anders, als ein wenig neidisch auf diese Menschen zu sein, die, anders als ich, nicht durch eine unüberwindbare Barriere von diesem Glück getrennt waren.
    Ich ließ mich ins Gras fallen, lehnte mich nach hinten und schloss die Augen. Ich genoss das Gefühl, wie die warmen Sonnenstrahlen meine Wangen streichelten, begeleitet vom lauen Abendwind, der mir durch die offenen braunen Haare wehte.
    Ich blieb lange so sitzen. Auch dann noch, als die meisten der Leute bereits nach Hause gegangen waren und die Dunkelheit die Stadt in ihren Schleier gehüllt hatte. Es beschäftigte mich noch immer, was am Nachmittag vorgefallen war.
    Ich hatte mich schon wieder mit Drew gestritten. Und ich hatte Dinge gesagt, von denen ich mir nicht sicher war, wie er sie aufgenommen hatte. Stark zu sein… was bedeutete das eigentlich?
    Sollte ich ihm verzeihen? Es wäre doch blödsinnig, darauf herumzureiten, wenn ich mich doch eigentlich gut mit ihm vertragen wollte.
    Ich sah hoch zum Firmament und versuchte, im Schwarzblau des Himmels die nach und nach aufblinkenden Sterne zu den wenigen, mir bekannten Sternbildern zu verbinden.
    Es gelang mir nicht, aber trotzdem war es ein toller Anblick. Ein derart klarer Himmel war selten, aber wirklich schön. Er verleitete mich dazu, von all dem zu Träumen, was ich mir wünschte.
    „Na, bist du auch noch wach?“ Drews Stimme ließ mich zusammenschrecken und innerhalb von Sekundenbruchteilen war ich zu ihm herumgefahren. Ich kniete nun vor ihm und starrte ihn verschreckt aus großen, blauen Augen an. Es schien wohl ein besonders komischer Anblick zu sein, denn der Koordiantor brach Augenblicklich in Gelächter aus und schien sich kaum wieder einzukriegen.
    „Hör auf!“, sagte ich schmollend. Wie konnte er jetzt schon wieder so tun, als sei nichts gewesen, nachdem wir uns noch vor wenigen Stunden noch so gestritten hatten? Drew allerdings machte nicht die geringsten Anstalten, meiner Aufforderung nachzukommen. So schlimm konnte ich eben doch gar nicht ausgesehen haben. Dann kam mir eine Idee. Kurzerhand klammerte ich mich an seinen Arm und zog ihn mit einem Ruck neben mir ins Gras. Jetzt war es an ihm, dumm aus der Wäsche zu schauen.
    Ich grinste zufrieden zu dem Grünhaarigen herunter, der jetzt auf dem Rücken vor mir auf dem Boden lag.
    „Schön. Jetzt sind wir quitt und du bist endlich still.“, sagte ich lächelnd als Antwort, auf seinen fragenden Blick. Dann sah ich etwas aus den Augenwinkeln und sofort drehte ich mich in die Richtung um.
    „Schau mal da!“; rief ich aufgeregt. Drew wirkte wieder ein wenig genervt, von meinem Handeln. Oder vielleicht war er auch nur überfordert und das, was er mir hier zeigte, war nichts weiter, als sein ewiger falscher Stolz.
    „Was ist denn?“, knurrte er und richtete sich langsam auf, bis er neben mir im Gras saß.
    „Da war eine Sternschnuppe.“, erklärte ich verträumt.
    „Das ist alles?“ Er wirkte nicht besonders überzeugt.
    „Reicht das nicht? Ich finde Sternschnuppen richtig schön.“
    „Sag mir nicht, du glaubst an den Blödsinn?“
    Ich ließ mich nach hinten fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah wieder zum Himmel.
    „Glaubst du an Engel?“, fragte ich ihn, einer spontanen Laune folgend.
    „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Ich spürte seinen fragenden Blick auf meinem Gesicht ruhen und begann, zu erklären, worauf ich hinaus wollte:
    „Früher, als ich noch kleiner war, hat meine Mutter mir immer eine Geschichte erzählt. Sie hat immer gesagt, ich soll an Nächten wie heute gut aufpassen. Wenn einer der Sterne fällt, dann ist das ein kleiner Engel, der sich auf den Weg gemacht hat, eines der Kinder hier unten auf der Erde zu besuchen. Sie hat immer gesagt, ich soll mir etwas wünschen. Vielleicht wäre das ja mein kleiner Engel, der mir diesen Wunsch dann erfüllen würde. Und wenn er uns einmal gefunden hätte, würde dieser Engel uns nie wieder von der Seite weichen und uns immer beschützen.“
    Es machte mich ein wenig traurig, an meine Mutter und meine Vergangenheit zu denken, aber irgendwie war es auch schön. Ich stellte mir vor, sie würde genau jetzt auch in den Himmel blicken und sich erinnern, wie sie mir diese Geschichte erzählt hatte.
    „Glaubst du das wirklich?“, fragte Drew. Er hatte sich auf die Seite gelegt und auf einem Ellenbogen abgestützt, so dass er mich ansehen konnte, während wir sprachen.
    „Ja“, sagte ich. „Ich glaube, dass die Geschichte einen wahren Kern hat.“
    „Du willst mir nicht erzählen, dass du an kleine Engel auf Plüschwolken glaubst, die irgendwann irgendwem hier auf der Erde zufliegen, oder?“ Drews Stimme klang skeptisch, als veralberte ich ihn.
    „Nein. Ich denke nicht, dass unsere Engel da oben auf den Wolken sind. Ich glaube, dass sie hier auf der Erde sind und uns suchen. Und wir müssen sie auch suchen. Du erkennst sie nicht sofort, aber nach einer Weile weißt du, wenn du deinen Engel gefunden hast.“
    Wir schwiegen einige Minuten, ehe Drew fragte:
    „Glaubst du, dass du deinen Engel schon gefunden hast?“ Ich dachte einen Augenblick darüber nach, dann drehte ich den Kopf um ihn ansehen zu können, während ich antwortete:
    „Ja, ich habe ihn gefunden. Und er ist dir sehr ähnlich. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum ich dich auch mag und nicht will, dass du mich nicht leiden kannst.
    Aber ich habe ihn lange nicht gesehen.“ Es gefiel mir, dass Drew sich mir so offen zeigte. Es war schön, dass er mich nicht mehr als eine merkwürdige Fremde betrachtete.
    „Ich dachte, dieser Engel sollte ewig bei dir bleiben.“
    „Wir wurden getrennt und deswegen suche ich jetzt einen Weg, wie ich ihn endlich wieder sehen kann. Weil ich weiß, dass er auch nicht alleine bleiben will.“
    Ob das wohl stimmte? Existierte mein ‚Engel‘ denn überhaupt noch? Hatte ich meine Zukunft, in der Drew an meiner Seite war, nicht bereits zerstört?
    Wieder schwiegen wir. Und schließlich wurde ich wirklich müde. Ich rollte mich auf der Seite zusammen und schloss die Augen. Daran, dass ich eigentlich zurück musste, dachte ich nicht. Ich hoffte nur noch, dass mein Wunsch endlich in Erfüllung gehen würde und es noch eine Chance gab, in meine Zeit zurück zu kehren.
    Und schließlich, kurz bevor ich völlig in den Schlaf gesunken war, spürte ich, wie jemand die Arme um mich legte. Ich hob die Lider an, um zu sehen, was er tat. Drew hatte mich auf seine Arme gehoben und lief nun, wie ich vermutete, in Richtung des Pokémoncenters, wo auch Julius, Chris und Lucia warteten. Vielleicht schliefen sie auch schon. Ich wollte auch nur zu gerne schlafen, aber vorher musste ich ihm noch etwas sagen. Wir würden uns nicht wieder so nah sein, wie jetzt in diesem Moment. Sowohl körperlich als auch mit unseren Gedanken. Ich würde wohl nicht so schnell wieder so viel erzählen, wie an diesem Abend.
    „Kannst du dich bitte bemühen… auch ein Engel zu sein? Irgendwo ist jemand, der nur auf dich wartet.“, murmelte ich, ehe ich die Augen schloss.
    Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen als er mit einem leisen „ja“ antwortete. Dann gab ich mich ganz der Erschöpfung hin und schlief in seinen Armen ein.

    Als ich morgens aufstand, fühlte ich mich ziemlich glücklich. In meinem Traum war es gewesen, als wäre alles wieder wie früher. Drew und ich hatten uns so nahe gestanden.
    In der Wirklichkeit war das undenkbar. Trotzdem war es wohl besser so.
    Wenn ich im Nachhinein so darüber nachdachte, wäre es mir wirklich peinlich, wenn es real gewesen wäre. Ich hatte so derartig dumme Sache gesagt.
    Engel und Sternschnuppen. Ich seufzte erleichtert.
    Es war an der Zeit, endlich aus dem Bett zu kriechen. Ich streckte die Glieder und kletterte die Leiter hinunter. In Gedanken erstellte ich mir eine Liste, um den Morgen zu organisieren.
    Heute würden wir Jubelstadt verlassen.
    Ich würde mich erst einmal fertig machen. Waschen, Anziehen und Haare kämmen. Danach gab es Frühstück. Das hieß, ich musste noch Chris und Lucia wecken, damit auch sie rechtzeitig fertig wurden, sodass wir gemeinsam frühstücken konnten.
    Nach dem Frühstück musste ich meine Sachen packen.
    Das wären Kleider, Waschtasche und Pokébälle. Außerdem hatte ich unter dem Bett noch meinen Schlafsack und auf dem Bett lag ein Kissen.
    Später würden wir noch etwas Proviant kaufen, ehe wie die Stadt verließen, der dann auch noch etwas Platz brauchen würde.
    Zum Reisen musste man wirklich Kompromisse eingehen. Es war so dermaßen nervig, immer so viel Krempel mit sich herumschleppen zu müssen, der den ganzen Tag über nur zur Last fiel.
    Was ich an zu Hause am meisten vermisste, war, dass ich dort abwechslungsreiche Kleidung hatte.
    Ich trug meistens nicht einmal meine Wettkampfkleidung bei mir, weil sie nur Platz wegnahm.
    Stattdessen ließ ich sie mir immer von meiner Mutter an das Pokémoncenter der jeweiligen Stadt schicken und schickte sie zurück, ehe ich meine Reise fortsetzte. Auf die gleiche Art und Weise sorgte ich dafür, nicht jeden Tag das gleiche tragen zu müssen. Lucia tat es mir gleich, Chris hatte kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter, also vermied sie jeden Kontakt. Sie schleppte stattdessen etwas mehr mit sich herum, das sie dann kombinieren konnte.
    Ich ging ins Bad und erst einmal unter die Dusche. Die anderen beiden hatten das schon am Vorabend erledigt, ich hingegen war zu müde gewesen. Was hatte ich eigentlich gestern gemacht?
    Ich erinnerte mich noch daran, wie wir nach dem Wettbewerb zurückgekommen waren.
    Ich war stinksauer auf Drew gewesen, nachdem wir uns gestritten hatten und hatte es abgelehnt, auch nur ein Wort mit ihm zu sprechen. Dann später war ich nach draußen gegangen. Oder hatte ich das nur geträumt? Ich konnte mich nicht daran erinnern, wieder zurückgegangen zu sein, also musste ich das auch geträumt haben. Aber woher dann dieser Blackout?
    „Ich hab‘ das alles nur geträumt!“, murmelte ich leise vor mich hin. Wie ein Mantra.
    Ich wollte nicht wahrhaben, dass ich wirklich noch unterwegs gewesen war. Schon gar nicht, wenn Drew mich wirklich heute Nacht wieder ins Pokémoncenter gebracht hatte.
    Es war mir so peinlich. Ich hatte doch immer versucht, nicht auf diese Art vertraut mit ihm zu werden, wie ich es gestern gewesen war. Die Atmosphäre unter dem Sternenhimmel… verliebte ich mich gerade ein zweites Mal in ihn?
    Aber er war doch überhaupt nicht der Drew, den ich an meiner Seite haben wollte. Das konnte er nicht sein. Ich spürte, wie mein Herz raste und meine Wangen brannten.
    Ich war mir beinahe sicher, dass ich nicht geträumt hatte, auch, wenn ich weiterhin versuchte, mir das einzureden. Wie sollte ich ihm nach der Aktion von gestern unter die Augen treten? Es war so peinlich gewesen. So kitschig. Ich rieb mir ein letztes Mal über das Gesicht, stieg aus der Dusche und wickelte mir ein Handtuch um, ehe ich das Bad verließ, um mich fertig zu machen.
    Bevor ich mich umzog, weckte ich Chris auf, damit sie schon mal ins Bad gehen konnte.
    Mürrisch, wie jeden Morgen, kletterte sie aus dem Bett und schlurfte durch das Zimmer. Ich währenddessen trocknete mich ab, wickelte das Handtuch anschließend um meine Haare und kramte nach meinen Klamotten. Knielange, schwarze Leggins und ein lockeres, hellblaues T-Shirt sollten ausreichen. Obwohl es August war, war das Wetter in den letzten Tagen nicht so warm, wie man erwarten konnte. Weiße Schäfchenwolken zogen gemächlich über den Himmel, wie ich durch einen Blick aus dem Fenster erkannte. Vielleicht würde es doch ein guter Tag werden, dachte ich für einen Augenblick, als ich mir die Kleidungsstücke überstreifte. Dann holte ich ein Paar Socken aus dem Rucksack und schlüpfte in meine Turnschuhe.
    Ich rubbelte noch einmal mit dem Handtuch über meine Haare, dann hängte ich es zum Trocknen über das Geländer des Hochbettes.
    Schließlich machte ich mich daran, Lucia wachzurütteln.
    Nicht unbedingt die leichteste Aufgabe. Sie wälzte sich nörgelnd herum, zog sich das Kissen über den Kopf und schlug irgendwann um sich, sodass ich beinahe von der Leiter gefallen wäre.
    Inzwischen extrem entnervt zog ich ihr Decke und Kissen weg und warf sie hinter mir an die Wand.
    Murrend griff sie ins Leere, blinzelte und murmelte etwas, das ich nicht verstand.
    Ich seufzte. Es war immer dieselbe Leier mit ihr. Gerade als ich es aufgeben wollte, kam Chris aus dem Badezimmer.
    „Kannst du sie aufwecken?“, fragte ich, während ich die Bürste aus meiner Waschtasche kramte. Ich band meine noch immer nassen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und packte meine Sachen ein.
    „Ich geh Frühstücken.“, murmelte ich. „Kommt ihr dann nach?“
    Chrissie nickte nur, während sie vergeblich versuchte, Lucia dazu zu bewegen, sich endlich zu Waschen und umzuziehen.
    Ich fühlte mich ein bisschen schuldig, sie mit dieser Aufgabe allein zu lassen, aber ich brauchte etwas Zeit zum Nachdenken. Die Sache vom Vorabend beschäftigte mich noch immer.
    Wenn das wirklich passiert war, wie sollte ich dann Drew gegenübertreten?
    Inständig hoffte ich, er und Ju wären noch nicht beim Frühstück oder würden mich wenigstens nicht bemerken, wenn ich in den Saal ging.
    Ich stieg die Treppen hinunter und warf einen flüchtigen Blick in den Speisesaal.
    Es war sehr voll. Viele Koordinatoren reisten direkt nach den Wettbewerben weiter, um möglichst wenig Zeit zu verlieren. Es war schöner, wenn man schon einmal in der Zielstadt war, ehe das Pokémoncenter voll belegt war. Man hatte Zeit zum Trainieren und konnte sich in aller Ruhe in der Stadt umschauen. Ich selbst machte es auch am liebsten so. Nur in seltenen Fällen reiste ich später ab. Manchmal, wenn es mir nicht besonders gut ging oder es mir einfach besonders gut in der Stadt gefiel.
    Dadurch, dass so viele Trainer beim Frühstück waren, würde es vermutlich einfach werden, den beiden aus dem Weg zu gehen. Ich musste sie nur sehen, bevor sie mich sahen.
    Ich schämte mich ein wenig dafür, so zu denken, obwohl ich beide doch als Freunde betrachtete,
    aber ich schämte mich noch mehr für die Ereignisse des Vorabends.
    Was dachte Drew denn jetzt von mir?
    Ich musste mich anhören, wie ein alberner Tagträumer.
    Mit schnellen Schritten ging ich durch den Saal zur Essensausgabe. Ich holte mir einige Brötchen, damit ich noch etwas für die Reise vorbereiten konnte. Dazu Wurst und ein Glas Apfelsaft.
    Dann suchte ich mir einen Platz in einer der hinteren Ecken.
    Es war nicht völlig sicher, dass sie mich nicht sehen würden, aber es war wohl unwahrscheinlich.
    Schnell schlang ich zwei Brötchen herunter.
    Ob Chris und Lucia wohl auch hier waren? Vielleicht hatten sie die Jungs gefunden und sich zu ihnen gesetzt. Lucia wäre bestimmt dafür gewesen.
    Bei Chrissie war ich mir da nicht so sicher, aber sie schien mir nicht der Typ zu sein, der sich lieber alleine in eine Ecke setzte – ganz im Gegensatz zu mir.
    Irgendwie klang das ziemlich erbärmlich.
    Nachdem ich fertig gegessen hatte, belegte ich die übrigen Brötchen und packte sie erst in dafür ausgelegtes Papier ein, ehe ich sie in einer Plastiktüte verstaute und aufstand.
    Ich würde einfach versuchen, den Jungs aus dem Weg zu gehen, bis wir die Stadt endlich verließen.
    Es war total feige, sich so zu verkriechen, aber, auch wenn es mir nicht gefiel, ich akzeptierte es.
    So schnell ich konnte, steuerte ich auf den Ausgang des Saals zu,
    da hörte ich jemanden meinen Namen rufen.

  • Hey :)
    Schönes Kapitel :D
    Bin mal gespannt, wer Meike da gerufen hat :)
    Sry das ich erst jetzt schreibe, hatte ziemlichen Stress, weil die Schule wieder angefangen hat^^
    Glg Glaziola

    FC: 2723-8395-6602
    Kontaktsafari: (Normal) KrakeeloDummiselEvoli
    Würde mich freuen wenn ihr mich addet, falls ihr eines dieser Pokemon habt: LuxioBisaknospIgastarnishRutenaIgnivor



  • -18-

    The day after

    ~Maike~


    Verdammt. Dabei hatte es bis jetzt so gut funktioniert, den anderen aus dem Weg zu gehen.
    Chrissie kam durch die Menge auf mich zu.
    „Wo warst du?“, fragte die Blonde, während sie mich prüfend musterte. Natürlich war ihr aufgefallen, dass ich mich heute noch merkwürdiger verhielt, als sonst.
    „Ich…Also… Ich.. ähm…“ Was sollte ich ihr denn bitte sagen?
    Ich hatte keine Lust euch zu sehen und hab alleine gegessen?
    Es klang nicht nur lächerlich und erbärmlich, sondern war vielleicht auch verletzend die anderen, wenn sie es hören sollten.
    „Ich muss noch mal nach oben.“, sagte ich verschwand aus dem Saal.
    Na großartig. Genau so sollte man mit seinen Freunden umgehen.
    „Du kannst stolz auf dich sein!“; murmelte ich. Ich ärgerte mich über mich selbst und versuchte, mir einzureden es läge bloß am Stress, aber irgendein Teil von mir weigerte sich störrisch, diese Lüge zu Glauben, um mein Gewissen zu beruhigen.
    Ich wusste ganz genau, dass es Blödsinnig war, sich so zu verhalten.
    Aber ich hatte nun einmal Angst davor, Drew zu treffen.
    Wenn der Drew aus meiner Zeit das hören würde, würde er mich auslachen. Er hatte auch allen Grund dazu! Müde und schlecht gelaunt ging ich zu unserem Zimmer, warf die Tür hinter mir ins Schloss, sodass man es sicher noch durch das ganze Treppenhaus hören konnte und ließ mich auf mein Bett fallen, nachdem ich die Brötchen notdürftig in meinen Rucksack gestopft hatte.
    Die Zeit verging und irgendwann klopfte es an der Tür. Hatten Lucia und Chris nicht einen Schlüssel? Warum klopften sie dann?
    Ich rieb mir die müden Augen und rappelte mich auf, um die Tür zu öffnen.
    Als ich aber sah, wer wirklich dort stand, wurde mein Magen wieder flau.
    „Hey.“, sagte er freundlich, wenngleich ebenfalls ein wenig verunsichert.
    „H-hey.“ Ich starrte an ihm vorbei, wagte es nicht, ihm ins Gesicht zu sehen.
    Ich fühlte mich ein bisschen wie damals, als er sich mit mir in meinem Zimmer eingeschlossen hatte, damit ich endlich aufhörte vor einem Gespräch mit ihm wegzurennen.
    Bloß mit dem Unterschied, dass ich es nicht besonders schwer haben würde, dieses Mal an ihm vorbei zu kommen. Trotzdem hielt mich irgendetwas hier.
    „Also… wegen gestern.“
    Wieso musste er ausgerechnet das ansprechen?
    Lass es gut sein! Ich flehte ihn in Gedanken an, still zu sein.
    „Ich wollte mich entschuldigen.“, sagte er. Was? Wovon sprach er?
    Es dauerte einige Sekunden, ehe mir klar wurde, woran er dachte. Es ging ihm um unseren Streit vor der Wettbewerbshalle. Erleichterung überkam mich.
    „Kein Problem. Ich bin ja daran gewohnt.“ Fragend sah er mich an, aber ich winkte ab.
    Würde ich versuchen, ihm zu erklären, dass ich bereits tausende Streitereien dieser Art hinter mir hatte, würde er mich höchstens für verrückt erklären oder denken, es ginge um eine ihm fremde Person. Es war also egal, wenn er nicht wusste, wovon ich sprach.
    Er druckste noch ein wenig herum, dann hielt er mir etwas unter die Nase. Wieder brauchte mein verwirrter und schläfriger Verstand einige Sekunden um zu realisieren, um was es sich handelte.
    Er tat es schon wieder. Wieder Rosen.
    Vor Rührung und Sehnsucht hätte ich heulen können. Warum tat er das?
    Ich gab mir doch so große Mühe, in ihm jemand anderen zu sehen.
    „Tut mir leid, was passiert ist.“ Es schien ihm etwas peinlich zu sein, aber es war ein bisschen anders, als damals. Er tat nicht so, als sei dieses Geschenk an irgendwen anders gerichtet.
    Es war mir gedacht und er gab es ehrlich zu.
    Aber tatsächlich machte mich das noch trauriger. Mit matter, heiserer Stimme dankte ich ihm und verabschiedete mich. Wir würden uns nicht mehr sehen, bevor ich heute Mittag mit den anderen Mädchen zusammen abreisen würde.
    „Bis bald.“, murmelte ich, ehe ich die Tür schloss.


    ~Chris~


    Langsam machte ich mir wirklich Sorgen um Maike. Seit gestern verhielt sie sich noch merkwürdiger, als sonst. Erst war sie beim Wettbewerb verschwunden und als sie schließlich wieder aufgetaucht war, hätte sie kaum schlechtere Laune haben können.
    Sie hatte zwar versucht, es zu verstecken, aber man musste zugegeben:
    Eine besonders begabte Schauspielerin war sie nicht.
    Dann war sie noch einmal weggegangen, um ihrem Ärger Luft zu machen, wie sie sagte, aber sie kam nicht wieder. Erst mitten in der Nacht hatte Drew sie zurück gebracht. Sie hatte in seinen Armen liegend geschlafen.
    Wieso war er bei ihr gewesen? Und was hatten sie gemacht?
    Mein dämlicher, pubertierender Verstand malte sich merkwürdige bunte Szenarien aus, die ich verdrängte, noch ehe ich sie ganz auffassen konnte,
    Meine Güte, sie war zehn! Und er war auch bloß ein Jahr älter!
    Was sollte schon vorgefallen sein? Meine Freundin benahm sich zwar oft, als wäre sie viel älter, aber letzten Endes war sie noch ein Kind.
    Trotzdem wollte ich mit ihr darüber reden. Sie verhielt sich immer merkwürdiger, je öfter ich sie mit Drew zusammen sah. Da war ihr Gefühlsausbruch beim ersten Treffen gewesen, dann ihre ständigen Streitereien und jetzt das.
    Er war sicher kein guter Umgang für sie, auch, wenn es wohl nicht direkt an ihm lag.
    Er wäre wahrscheinlich niemals mit ihr in Umgang gekommen, wenn sie nicht vor einigen Tagen so verrücktgespielt hätte.
    Es fiel mir schwer zu glauben, dass unser Aufenthalt in Jubelstadt nur wenige Tage angedauert hatte.
    Es war so viel passiert.
    Ich ging nach oben, um auch endlich meine Sachen zu packen.
    Dank Lucia war ich nicht dazu gekommen. Erst hatte es ewig gedauert, sie aus ihrem Bett zu bekommen, dann wollte sie beinahe sofort zum Frühstück.
    Ich ärgerte mich ein wenig über die jüngere, aber als ich den Flur betrat, an welchen unser Zimmer anschloss, verrauchte die Wut. Ich wurde durch etwas anderes abgelenkt:
    Drew stand vor der offenen Tür. Er schien mit Maike zu sprechen, aber ich konnte nichts verstehen.
    Schnell ging ich hinter dem Türrahmen in Deckung, ohne auch nur darüber nachzudenken.
    Ich beobachtete sie. Die beiden sprachen über irgendetwas, aber dummerweise war ich ja zu weit weg, um irgendetwas zu verstehen.
    Drew ging einen Schritt nach vorne, sodass er zum Teil vom Türrahmen verdeckt wurde. Dann schien es, als reichte er meiner Freundin etwas. Einen Moment geschah nichts weiter.
    Dann schloss sich die Tür und er ging.
    Was hatte er ihr eben gegeben? Er sollte sich von ihr fernhalten. Vielleicht sollte ich ihm das doch noch einmal deutlich klar machen!
    Energisch stampfte ich in Richtung unseres Zimmers, überlegte einige Sekunden, ob ich ihm nachgehen sollte, besann mich dann aber darauf, erst einmal herauszufinden, was eben los gewesen war. Ich atmete tief durch, legte eine entspanntere Mine auf und holte meinen Schlüssel aus der Hosentasche. Dann ging ich hinein.


    ~Lucia~


    „Was machen die denn so lange?“
    Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern auf die Tischplatte. Chrissie hatte doch gesagt, sie würde gleich wiederkommen. Die Uhr an der Wand über dem Buffettisch zeigte mir, dass gerade einmal fünf Minuten vergangen waren, obwohl es sich anfühlte, als wäre sie schon viel länger weg.
    Ihr rührte in meiner Tasse herum. Mal schneller, dann wieder langsamer. Jetzt in die andere Richtung.
    Geistesabwesend beobachtete ich den Strudel, der sich in meinem Kakao gebildet hatte.
    Mir war Langweilig, ich war müde und hätte mich am liebsten sofort wieder unter meiner Bettdecke verkrochen, wenn ich nur daran dachte, dass wir die nächsten Tage fast ausschließlich mit laufen zubringen würden.
    Konnten wir nicht wenigstens bis heute Mittag warten, ehe wir aufbrachen? Ich unterdrückte ein Gähnen.
    „Du warst gestern also doch zu lange wach.“, stellte Ju schmunzelnd fest. Zusammen mit Chris und Drew hatten wir in der großen Halle gesessen, bis Drew irgendwann nach draußen gegangen war.
    Danach hatte Chris versucht, mich dazu zu überreden, endlich ins Bett zu gehen, aber ich hatte mich mit aller Kraft gewehrt. Es war schön mit den anderen hier zu sitzen.
    Wenn wir schon nicht gemeinsam reisen konnten, konnte ich ja wenigstens am letzten Abend noch ein wenig Zeit mit ihnen verbringen. Ich mochte die Jungs.
    Das hatte ich Chrissie auch gesagt. Dann war sie still gewesen.
    Immerhin war sie ja diejenige, die sich weigerte, die Jungs länger als unbedingt nötig in ihrer Nähe zu haben.
    Ich grummelte ein wenig. Ich wusste, das Ju Recht hatte. Trotzdem machte es mich sauer.
    Natürlich hatte ich bereits gestern gewusst, dass es zu spät geworden war, aber da hatte es mich noch nicht gekümmert.
    „Iss doch endlich, dann kannst du dich nochmal hinlegen.“, wechselte er das Thema. Ich antwortete nicht und rührte nur weiter in meinem Kakao herum.
    Seine Reaktion überraschte mich. Er machte tatsächlich Anstalten, mich zu füttern.
    Genervt nahm ich ihm mein halb gegessenes Brötchen aus der Hand und biss hinein. So klein und Unfähig war ich nun auch wieder nicht – noch nicht einmal in meinem Zombie-Zustand.
    Er grinste mich nur schelmisch an.
    „Geht doch.“, sagte er zufrieden. Böse funkelte ich ihn an, während ich langsam kaute.
    Er wusste, genauso gut, wie ich, dass es nicht wirklich sein Ernst gewesen war. Er hatte gewusst, wie ich reagieren würde. Berechnend zu sein war echt ‘ne blöde Eigenschaft.
    Andererseits ärgerte er mich dauernd. Es war wie ein Spiel.
    Ich hielt ihn für einen echten Idioten, aber immerhin brachte er mich dazu, zu lächeln.
    Es dauerte noch einige Minuten, bis ich fertig mit dem Essen war. Ich stürzte den restlichen Kakao herunter und nahm mein Geschirr.
    Er nahm ebenfalls seine Sachen, wir räumten alles weg und gingen zur Treppe.
    Chrissie war ja bereits oben und vielleicht würden wir auch Maike finden.
    Und Drew wollte ich vor unserer Abreise auch noch einmal treffen. Er war zwar noch undurchsichtiger als Maike und Chrissie, aber irgendwie fand ich auch ihn net.
    Er war bereits lange vor uns beim Frühstück gewesen, hatte ein paar Bötchen als Proviant fertig gemacht und sich wieder im Zimmer verkrochen, bevor auch nur eine von uns Mädchen fertig gewesen wäre.
    Es reichte wohl noch nicht, dass Maike uns aus dem Weg ging.
    Plötzlich war es ihr wohl doch peinlich, was auch immer am Vorabend passiert war.
    Als sie und Drew zurückgekommen waren, war ich bereits an Ju’s Schulter eingedöst, aber vorhin hatte er mir erzählt, dass sie in seinen Armen geschlafen hatte.
    Als ich die Tür zu unserem Zimmer öffnete sah ich Chrissie und Maike auf dem Bett sitzen.
    Sobald sie mich erblickten, verstummten sie. Über was hatten sie geredet, dass ich schon wieder nichts davon wissen durfte? Es versetzte mir einen Stich, darüber nachzudenken.
    „Ich gehe dann auch mal packen. Is später, Mädels.“, sagte Ju, wuschelte mir noch einmal kurz durch die Haare und ging dann in Richtung seines Zimmers.
    Wieso ging er jetzt? Weil schon wieder diese Spannung in der Luft hing?
    Seit Drew und Ju aufgetaucht waren, waren Chris und Maike ständig am Streiten.
    Ich überlegte manchmal wirklich, ob ich mit den beiden weiterreisen sollte.
    Es machte keinen Spaß. Schon gar nicht, wenn sie mich dann immer mit diesem Blick ansahen.
    Es war, als sagten sie etwas wie: Du hast’s ja so gut, dass du solche Probleme nicht hast.
    Sie sahen mich als ein kleines Kind und das machte mich wütend.
    Wenigstens würde ich Ju später noch einmal sehen. Vielleicht sollte ich auch direkt zu seinem Zimer gehen? Warum sollte ich mir weiterhin diese dämlichen Streitereien anhören?
    Entschlossen suchte ich die letzten Sachen zusammen, die noch von mir rumlagen, stopfte alles in meinen Rucksack, nahm meinen Schlafsack und verließ das Zimmer, während die anderen beiden schweigend zusahen.


    ~Maike~


    Verwirrt und voller Fragen betrachtete ich die duftende rote Blüte.
    Ich hätte am liebsten geheult. Was sollte ich jetzt tun? Was dachte Drew sich dabei nur? Was fühlte er? Wollte ich das wirklich wissen?
    Natürlich machte es mich glücklich, dass er nicht mit mir streiten wollte, aber es verwirrte mich auch. Warum tat er immer genau das, was er tat?
    Und warum konnte ich ihn nach all der Zeit noch immer nicht einschätzen.
    Warum konnte ich mich nicht kontrollieren?
    Und warum verdammt nochmal war er überhaupt hier in Sinnoh? Warum hatte er Julius daran gehindert, das zu erzählen? Warum brannten diese Fragen so in mir?
    Warum konnte ich nicht einfach an etwas anderes denken?
    Ich zuckte zusammen, als sie Tür aufging.
    Chrissie kam ins Zimmer. Sie schien bemüht ruhig zu sein, aber an der Art, wie sie die Fäuste ballte, erkannte ich ihre Anspannung.
    „Was ist los mit dir?“, fragte ich. Sie zuckte die Schultern.
    „Was soll schon sein? Ich will nur endlich meine Sachen packen, damit wir so schnell wie möglich los können.“ Sie sah mich skeptisch an, ich hielt ihrem Blick stand.
    Dann schien ihr die Rose aufzufallen, die ich noch immer verkrampft in den Händen hielt.
    „Wo hast du die denn her?“ Ich antwortete nicht. Sie würde es ja sowieso nicht gut heißen.
    „Was hat er hier gewollt?“ Ihr Blick wurde aggressiver. Was meinte sie?
    Noch immer sprach ich nicht. Ich sah sie nur an. Ich hatte nichts Falsches getan.
    „Was willst du nur immer noch von diesem Drew?“, fragte sie. Woher wusste sie, dass er hier gewesen war? Meine Muskeln verkrampften sich noch weiter.
    Ich fühlte mich wie früher als Kind, wenn mich meine Mutter bei irgendeiner Dummheit erwischt hatte.
    Bloß, dass Drew keine Dummheit war. Oder doch?
    Immerhin war ich in einer anderen Zeit. Ich schwankte nun seit Monaten zwischen den zwei einzigen Möglichkeiten, die ich hatte.
    Ich konnte mein altes Leben endgültig aufgeben. Ich konnte mir hier eine neue Existenz aufbauen.
    Ich hatte hier Freunde gefunden. Ich hatte auch hier eine Familie. Ich hatte Erfolg.
    Was sollte also dagegen sprechen?
    Das einzige, was es mir unmöglich machte, so zu handeln, war die schwache Hoffnung, wieder zurück zu kommen. Das Schuldgefühl, diese Menschen, die eigentlich mein Leben teilen sollten, zu vergessen, zu ersetzen und zu hintergehen.
    Deswegen durfte ich mich zu nichts hinreißen lassen. Deswegen musste ich einen Weg finden, wieder nach Hause zu kommen. Ich hatte schon viel zu viel Schwäche gezeigt und nur deswegen war es so weit gekommen. Nur deswegen hoffte ein Teil von mir, hier glücklich zu werden.
    Nur deswegen war ich in dieses Gefühlschaos geraten und nur deswegen würde ich immer etwas vermissen, egal wo ich war.
    „Maike, antworte mir!“, knurrte Chris.
    „Er wollte nur mit mir reden. Es ist alles okay.“, murmelte ich. Auf einmal fühlte ich mich noch erschöpfter, als zuvor schon. Ich wollte jetzt nicht diskutieren. Ich wollte nicht, dass sie hier war. Ich wollte nicht allein sein. Alles, was ich mir wünschte war, zu Hause zu sein.
    „Du siehst aus, als würdest du gleich heulen. Was hat er mit dir gemacht?“
    Ich schüttelte nur müde den Kopf. Er konnte ja nichts dafür. Ich ließ ich neben meiner Freundin aufs Bett fallen, betrachtete meine Hände, die von den Stacheln der Rose völlig zerkratzt und zerstochen waren, weil ich den Stängel so fest umklammert hatte.
    Wieder zuckte ich zusammen, als ein weiteres Mal die Tür geöffnet wurde. Lucia und Ju standen dort. Der Trainer verabschiedete sich, die Koordinatorin blieb unschlüssig zurück, sah uns kaum an und begann ihre Sachen einzupacken. Dann ging sie Wortlos.
    Auch wir sagten nichts. Ich sah ihr einfach nur zu, bemühte mich, nicht zu weinen, obwohl alles in mir danach schrie. Was war denn nur los mit mir?
    „Lass mich bitte einfach alleine.“, flüsterte ich, drückte die Blüte sanft an die Brust.
    Ich wollte glauben, dass er mir genau jetzt nahe war.
    Ich schloss die Augen. Ich würde wieder zurückkommen. Ich musste es!

    Es war beinahe Mittagszeit, als wir das Pokémoncenter verließen. Nach meinem Gefühlsausbruch war ich noch immer reichlich verwirrt, aber langsam bekam ich mich wieder in den Griff.
    Julius und Drew kamen mit uns zum Stadtrand, um uns zu verabschieden. Ju umarmte mich und Lucia zu Abschied, Chris ließ diese Geste nicht zu.
    Ich winkte den Jungs noch zu, während wir uns langsam auf Route 207 von der Stadt entfernten.


    ~Chris~


    Wir waren schon fast drei Tage unterwegs. Der Abend des dritten Tages unserer Reise nach Erzelingen würde bald anbrechen. Hatte ich mir gestern noch Sorgen um Maike gemacht und mich gefreut, dass sie sich endlich wieder einzukriegen schien, so waren meine Gedanken heute schon bei einem völlig anderen Thema.
    Route 208. Wie hatte ich mich nur darauf einlassen können?
    Es ging mir nicht nur um die Jungs, als ich versucht hatte, zu verhindern, dass wir hier vorbeikamen.
    Es ging um viel mehr…

  • Cooles Kapi :)
    Die arme Maike, ich kann sie voll verstehen ...
    Aber Drew ist richtig süß^^
    Ich freue mich schon aufs nächste Kapi, was Chrissie wohl auf Route 208 erwartet? *neugierig guck*
    Und wenn ich mich recht erinnere, sind Dialga und Palkia doch in Erzelingen, oder?
    Uii, das wird bestimmt spannend :D
    Glg Glaziola

    FC: 2723-8395-6602
    Kontaktsafari: (Normal) KrakeeloDummiselEvoli
    Würde mich freuen wenn ihr mich addet, falls ihr eines dieser Pokemon habt: LuxioBisaknospIgastarnishRutenaIgnivor


  • So, weil ich einerseit mal sehr schnell damit war und andererseits hoffe, dass ich jetzt sowieso ein bisschen
    fleissiger sien kann, jetzt, wo (tatsächlich schon wieder ) ferien sind, stell ich einfach mal das neue kapitel online, auch, wenn das vielleicht fast zu schnell ist ^^'
    Viel spaß :)


    -19-

    A new acquaintance and old Arguments

    ~Maike~


    Ich genoss die Ruhe außerhalb der Stadt. Ich war zwar müde vom Laufen, aber man gewöhnte sich schnell daran. Eine Woche Pause, wenn man dann doch einmal in einer Stadt verweilte, war praktisch gar nichts. Dafür, dass es bereits Anfang September war, war es noch erstaunlich warm.
    Nicht nur deshalb, weil es angenehmer war, gefiel mir das. Auch, weil man während der kälteren Jahreszeiten immer viel mehr zu tragen hatte. Dicke, wetterfeste Jacken, Pullover, dicke Socken, Schals, Mütze und Handschuhe. Im Sommer dagegen brauchte man höchstens eine lange Hose, einen Pullover und ein dünnes Regencape. Zusammen mit T-Shirts und Shorts war das noch immer viel weniger
    Lucia schien es ähnlich zu gehen, wie mir. Sie ließ sich zwar ständig zurückfallen und maulte herum, sie habe keine Lust mehr zum Laufen, aber sobald wir eine Pause machten, explodierte sie förmlich vor Energie. Wahrscheinlich war ihr einfach nur ein wenig Langweilig.
    Aber es würde ja nicht mehr lange dauern. Morgen würden wir in Erzelingen ankommen, wo wir dann ein oder zwei Tage Pause einlegen wollten.
    Anders als wir zwei wirkte Chris recht unruhig. An unserem Streit konnte es nicht liegen, deswegen hatte sie sich bereits eingekriegt. Gestern noch war sie voller Lebenslust gewesen und hatte die ganze Zeit mit Lucia herumgealbert.
    Ich fühlte mich ein wenig Schuldig, weil ich ihnen immer noch nichts erzählt hatte, dabei hatte ich das schon vorgehabt, seit ich mit ihnen aufgebrochen war.
    Wie lange konnte ich ihnen wohl noch etwas vormachen?
    Etwa eine halbe Stunde später legten wir schließlich eine Pause ein. Es war Mittagszeit und wir hatten Hunger. Zwar war von unserem Proviant nicht mehr allzu viel übrig, aber wir waren ja auch fast da.
    Wir ließen uns im Gras nieder und ich suchte ein wenig in meinem Rucksack herum, ehe ich die Plastiktüte mit den Brötchen fand. Chrissie holte die Wasserflaschen aus ihrem eigenen Rucksack und wir machten es uns gemütlich und suchten uns aus der Tüte etwas aus.
    Lucia plapperte fröhlich drauf los, aber mir fiel auf, dass Chris mit jeder Minute, die verging, nervöser zu werden schien. Als ich sie darauf ansprach, zuckte sie zusammen und sah mich an, als hätte ich sie geschlagen.
    „Was ist denn los mit dir?“, fragte ich, unsicher, ob ich besorgt oder belustigt über ihre merkwürdige Reaktion sein sollte.
    „Nichts ist los. Lass mich.“, sagte sie gereizt. Sie machte mich zwar wütend, aber ich zwang mich, ruhig zu bleiben. Gerade ich hatte nichts dazu zu sagen.
    Immerhin war ich diejenige, die ihren Freunden fast von Anfang an etwas vormachte.
    „Was macht ihr denn hier?“ Verwundert sah ich auf.
    Eine junge Frau, ich schätzte sie auf zwanzig, sah uns verwundert an.
    Ihre Kleider sahen sehr teuer aus, was nicht wirklich zu dem Einkaufskorb in ihrer Hand passte.
    „Nanu?“, sagte sie, als ihr Blick auf Chris fiel. Jetzt erst sah ich, wie entsetzt meine Freundin aussah.
    „Nein…“, murmelte sie, schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht sein…!“
    „Emma!“ Die junge Frau wirkte ziemlich überrascht.
    Chris‘ Gesichtsausdruck veränderte sich.
    „Nenn mich nicht so!“, keifte sie die Fremde an.
    „Aber…“ „Nein. Du weißt genau, ich heiße Chris. Was willst du überhaupt von mir?“
    Völlig perplex beobachtete ich die beiden. Irgendetwas musste ich verpasst haben. Wer war sie?
    „Du bist wieder da!“, begann die Frau zu jubeln und fiel der jüngeren um den Hals. Die begann zu schreien und zu strampeln. An irgendetwas erinnerte sie mich.
    Plötzlich musste ich an Max denken. Genau so sah es aus, wenn wir stritten. Oder wenigstens ähnlich.
    „Caro, lass mich los!“, kreischte Chrissie.
    „Warum bist du denn nicht vorbei gekommen, wenn du schon hier in der Gegend bist?“
    Ein unverständliches Knurren war die Antwort.
    „Sind das deine Freunde? Hallo, ich bin Carolina Leigh, Emma’s große Schwester.“, stellte sie sich uns vor. Lucia sah sie mit großen Augen an. Ich konnte sie verstehen. Die Schwestern hätten unterschiedlicher kaum sein können. Allein schon ihr Aussehen und ihr Auftreten wirkten wie von zwei verschiedenen Welten.
    Carolina sah aus, als käme sie aus reichem Hause. Als wäre sie Wohlerzogen und Pflichtbewusst.
    Ihre jüngere Schwester dagegen sah aus wie eine Draufgängerin. Immer ein wenig verschrammt, immer in Aktion und bestimmt niemand, der allzu viel Wert darauf legte, was andere von ihr dachten.
    „Kommt doch mit zu uns. Ich bin sicher, Mutter wird sich auch freuen, dass du dich mal Blicken lässt und ein richtiges Essen und richtige Betten sind euch ganz sicher lieber, als Schlafsäcke und belegte Brötchen.“, schlug sie vor, ergriff Chris‘ Hand und zog sie hoch.
    „Lass mich los!“, beschwerte sie sich.

    Unglaublich!
    Ich bekam kaum meinen Mund wieder zu, als Carolina uns durch die riesige Villa führte. Auch Lucia schien aus dem Staunen nicht mehr heraus zu kommen.
    Neben den drei großen Bädern, den drei Schlaf- und den zwei Gästezimmern gab es natürlich noch Küche und Wohnzimmer und zusätzlich einen Salon und einen riesigen Garten.
    Ich schätzte ihn auf drei oder viermal so groß, wie den meiner Mutter zu Hause, und dabei hatte ich unseren Garten schon immer für groß gehalten.
    „Ich kann mir kaum vorstellen, warum du von hier abgehauen bist.“, staunte ich. Lucia nickte zustimmend.
    „Warts ab. Das hier ist alles nur Rumgeprotze. Euer zu Hause ist wahrscheinlich tausendmal gemütlicher.“, kommentierte Chrissie.
    „Red‘ doch nicht so über dein zu Hause, E… Christina.“
    Sie lachte spöttisch auf.
    „Zu Hause? Is‘ klar. Und merk dir endlich: Ich heiße Chris!“
    Carolina ließ sich, anders als ihre kleine Schwester, nicht provozieren.
    Was auch immer es war, hier gab es einen Haken.
    Schließlich musste es einen guten Grund geben, warum Chris das alles hinter sich gelassen hatte.
    Zugegeben: Ich konnte irgendwie verstehen, dass jemand, vor allem ein eher praktischer Mensch wie sie, ein kleines Wohnhaus diesem gigantischen Bau vorzog. Aber das konnte unmöglich alles sein.
    Nach der Führung brachte uns Carolina in den Salon zurück und wies ein Dienstmädchen an, uns Getränke zu bringen.
    „Glaubt ihr, ihr könntet es hier ein paar Tage Aushalten?“, fragte sie freundlich.
    „Bestimmt. Das Anwesen ist unglaublich.“, sagte ich.
    „Das ist richtig cool hier. Ich fühl‘ mich fast wie eine Prinzessin!“, erklärte Lucia voller kindlicher Begeisterung.
    „Das sagst du jetzt noch.“, stichelte Chris. „Du weißt ja auch noch nicht, wie sich das Engelchen hier normalerweise benimmt.“
    Carolina überhörte das einfach. Langsam wirkte es, als sei Chrissie diejenige, die die ganze Zeit Streit suchte. Ihre Schwester ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    „Du vermittelst unseren Gästen ja einen ganz schrecklichen Eindruck von unserer Familie.“, sagte Sie und sah dabei wirklich so aus, als fühlte sie sich unwohl.
    Chrissie wollte gerade zu einer weiteren bissigen Bemerkung ansetzen, als die Tür aufging.
    Sie wandte den Kopf in die Richtung. Eine Frau, vielleicht Mitte vierzig, stand dort. Ihre Kleider sahen genauso teuer aus, wie die von Carolina, ihre langen, braunen Haare waren perfekt gemacht und auch ihr Make-up sah fast so aus, als hätte sich ein Profi darum gekümmert.
    Das einzige, was das Bild trübte war der Gesichtsausdruck.
    Zwar lächelte sie mich und Lucia kurz an, aber als sie ihre Tochter sah, verzog sie das Gesicht.
    Carolina strich ihren Rock glatt und richtete ihre Haare.
    Sie begrüßte die fremde Frau:
    „Willkommen zurück, Mutter. Soll ich dir etwas bringen lassen?“
    Mein erster Gedanke war: Etwas bringen lassen? Wie faul klingt das denn?
    Mein zweiter Gedanke war: Oh mein Gott! Das soll ihre Mutter sein?
    Chris starrte sie regungslos an. Ihr Gesicht zeigte abwechselnd Freude, Wut, Trauer, bis es schließlich zu einer kalten Maske erstarrte.
    „Nein danke, Carolina.“, antwortete die Frau ihrer älteren Tochter. Dann wandte sie ich an die jüngere.
    „Emma, was soll das? Du siehst aus, wie eine lausige Herumtreiberin. Zieh dir etwas Vernünftiges an, bevor du mir unter die Augen trittst!“ Sie betrachtete die blonde. Ihre Kleider, ihre Haare, das Tattoo auf dem linken Handrücken. Es schien, als habe Chrissie alles getan, um sich von ihrer Familie abzuheben.
    Mir fiel ein Blick von Carolina auf. Es war wie das typische „Ich hab’s dir doch gesagt!“
    Die blauen Augen wirkten auf einmal nicht mehr so freundlich sondern vielmehr herablassend.
    „Du hast mir nichts zu sagen. Ich bin sowieso bald wieder weg!“, sagte Chris. Ihre Stimmte klang völlig kalt. Ihre blass-braunen Augen glitzerten wütend.
    „Vielleicht solltet ihr schon einmal hochgehen?“, bat Carolina an.
    Dabei klang es mehr wie eine Forderung.
    „Komm Lucia.“, sagte ich unsicher und nahm die Blauhaarige bei der Hand.
    Es tat mir leid, Chrissie hier allein zu lassen, aber ich konnte auch nichts tun.
    Wir wurden zu Chris‘ Zimmer gebracht, wo wir auf sie warten sollten.
    Ich ließ mich auf dem Teppich nieder und meine kleine Freundin setzte sich neben mich.
    „Ich glaube, ich verstehe jetzt ein bisschen, warum sie gegangen ist.“, murmelte ich, mehr zu mir selbst als zu Lucia.
    Es schien mir bisher immer so undenkbar, innerhalb einer Familie so miteinander umzugehen.
    Wie Mrs. Leigh ihre Tochter begrüßt hatte.
    „Herumtreiberin…“, sagte ich nachdenklich. Ja, irgendwie waren wir das alle, aber wir wurden erwachsen, während wir reisten. Vielleicht war das etwas, was dieser Frau fehlte.
    „Ist es überhaupt okay, hier zu sein?“, fragte Lucia mit Blick auf die Tür.
    Wie konnte ich Lucia nur davon ablenken?
    „Ich weiß es nicht. Wir warten auf Chrissie und dann sollten wir wohl so schnell wie möglich weiterreisen.“

    ~Chris~


    „Du solltest nicht hier sein.“, sagte sie.
    Natürlich sollte ich nicht hier sein. Ich war ja nur hier weil… weil…
    Warum hatte ich mich von Carolina hierherbringen lassen?
    Ich hätte doch auch vor ihr erzählen können, wie bescheuert meine ganze Familie war.
    Leider waren Maike und Lucia ihrer Schauspielerei voll auf den Leim gegangen.
    Das war ihre übliche Masche. Von wegen Unschuldsengel.
    Hinter den glänzenden blonden Locken und den ach so unschuldigen Augen steckte ein hinterhältiges Miststück. Das bewies sie mir, als sie plötzlich wieder hinter meiner Mutter im Raum stand.
    Endlich zeigte sie ihr wahres Gesicht. Jetzt, wo wir alleine waren.
    Gehässig betrachtete sie mich. Ich war in ihren Augen wohl doch nur das arme kleine Mädchen, das hier nicht mehr hingehörte. Ich war gegangen. Was machte ich dann hier?
    Warum hatte sie mich hierher gebracht?
    Ein Teil von mir glaubte, dass es war, weil sie mich doch noch ein wenig als ihre Schwester liebte. Als Kinder hatten wir uns schließlich wunderbar verstanden. So lange, bis meine Mutter sie unter ihre Fittiche genommen hatte.
    „Wirf mich doch raus!“, provozierte ich sie.
    Sie sah mich kalt an. Voller Verachtung.
    „Sprich nicht so mit mir!“, sagte sie. „Ich dachte, ich hätte dir Respekt beigebracht.“
    Ich lachte auf.
    „Respekt? Ausgerechnet vor dir? Du hast mir nichts beigebracht. Du warst nie da.
    Du warst nie meine Mutter und alles, was ich kann und bin habe ich von meiner Großmutter. Ich kann wirklich nicht verstehen, wie trotz ihrer Anwesenheit aus euch beiden“ Ich blickte kurz zu Carolina rüber. „So dermaßen verzogene Möchtegern-Prinzessinnen werden konnten.“
    Es war mein voller Ernst.
    „Ich hätte wissen sollen, dass die alte Schreckschraube nur Probleme bringt. Wir hätten sie doch ins Heim abschieben sollen, bevor sie dich so verdreht hatte.“ Das hatte sie nicht wirklich gesagt.
    „Sprich nicht so über sie! Die einzige, die alles in meinem Leben kaputt gemacht hat, warst du!“
    Ein Teil von mir wollte schreien. Etwas kaputt machen.
    Ein anderer Teil, der viel kleiner und schwächer war, wollte weinen. Jetzt, wo ich hier war, vermisste ich meine Großmutter noch mehr.
    Der einzige Mensch, der sich jemals um mich gekümmert hatte.
    „Pass auf, was du sagst, Mistgöre!“, zischte sie.
    Ihre Worte verletzten mich, aber ich wollte es nicht zeigen.
    „Soll ich dir vielleicht auch noch die Schuhe küssen, Mutter?“ Meine Stimme triefte von Spott und Hohn. Hier würde ich sicher nicht bleiben.
    Großmutter hatte immer gesagt, meine Mutter könne ihre Gefühle nur nicht ausdrücken.
    Vielleicht hatte es damals gestimmt. Vielleicht war sie damals einfach nur traurig gewesen.
    Jetzt war sie in meinen Augen nichts weiter als eine verbitterte alte Hexe und Carolina war vermutlich von ihr so zugerichtet, dass sie wie ein Schoßhündchen allem Folge leistete.
    Ihr Willen war schon immer Schwächer gewesen, als der meine.
    Ob Mutter mich auch gebrochen hätte? Ob Caro wohl noch so wäre, wie früher, wenn meine Großmutter nicht gestorben wäre??
    „Lass es nicht an mir aus, wenn Vater dich nicht mehr will. Er ist jetzt bestimmt auch wieder bei einem von seinen Flittchen. Wann war er das letzte Mal zu Hause?“
    Jetzt hatte ich einen wunden Punkt getroffen. Sie zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen.
    Auch Carolina schien jetzt nicht mehr so herablassend. Vielmehr sah sie aus, als mache sie sich Sorgen um unsere Mutter.
    „Ich gehe. Ich will euren tollen Ruf ja nicht beschmutzen!“, sagte ich, kehrte ihnen den Rücken und verließ das Zimmer.
    In mir herrschte ein Chaos aus Wut, Trauer, Genugtuung. Ich wollte etwas kaputt machen.
    Ich wollte schreien. Ich wollte Lachen. Und ich wollte weinen.
    Schnell, bevor mir eine der beiden folgen konnte, lief ich zu meinem Zimmer.
    Vor der Tür hielt ich an. Nicht nur Carolina konnte schauspielern.
    Tief durchatmen. Dann öffnete ich die Tür.


    ~Maike~


    Während Lucia voller Begeisterung den Mittlerweile zu klein gewordenen Inhalt von Chrissie’s Kleiderschwank bewunderte, saß eben diese Lächelnd auf dem Teppich vor ihrem Bett und beobachtete die Jüngere dabei. Die Nachwuchskoordinatorin schien so, als würde sie am liebsten alles anprobieren.
    Ich hockte am Schreibtisch, kritzelte auf einem Blatt herum und dachte darüber nach, wie es weitergehen sollte.
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich weitermachen sollte. Wie immer hatte ich die Sorge, ob ich jemals wieder nach Hause kommen würde. Außerdem wollte ich Chrissie so gerne helfen, aber wie sollte ich das anfangen? Ihre Familiensituation schien viel kaputter, als es meine eigene jemals sein könnte.
    Zwar tat sie so, als wäre nichts, aber es war mehr als klar, dass irgendetwas vorgefallen war, während wir hier gewartet hatten. All das konnte unmöglich spurlos an ihr vorübergegangen sein. Irgendetwas gab es hier noch, wovon ich nichts ahnte.
    Ihr Vater war fast nie da und ihre Mutter war allem Anschein nach andauernd im Stress und mit der Lebensweise ihrer Tochter kein bisschen einverstanden.
    Dann gab es da noch Chris‘ Schwester Carolina, welche sich zwar um das Haus kümmerte und vermutlich auch sonst tat, was man von ihr verlangte, aber etwas an der Art, wie sie Chrissie ansah, verriet mir, dass sie vielleicht nicht ganz so sicher war, wie sie behauptete, ob sie nicht doch wie ihre Schwester hätte handeln und sich dagegen wehren sollen. Und dann plötzlich wirkte sie wieder herablassend und eitel, wie ihre Mutter.
    „Maike, schau mal!“ Überrascht drehte ich mich um und sah Lucia, die sich voller Begeisterung vor dem großen Spiegel im Kreis drehte.
    Sie trug ein langes, hellblaues Kleid und dazu flache, weiße Lackschuhe.
    Chris reichte ihr noch eine Jacke, die sie darüber ziehen sollte.
    Ich hatte Lucia vermutlich noch nie so vornehm ausgesehen.
    Sie trug normalerweise lieber kurze Kleider, die mehr Bewegungsfreiheit ließen als dieses.
    Es lag bis zur Hüfte eng an und schlug um die Beine herum leichte Wellen, aber zum Rennen oder herumtollen war es kein bisschen geeignet.
    „Und sowas hast du angezogen?“, fragte ich Chris. Sie lächelte.
    Die Emotion, die sich wirklich hinter diesem Lächeln verbarg konnte ich nicht deuten.
    Wehmut oder Verlegenheit?
    „Ja, aber ich hab‘ das nicht freiwillig getragen.“, murmelte sie.
    „Warum denn nicht? Das ist doch total schön.“, sagte die noch immer staunende Lucia.
    „Meine Mutter wollte, dass ich vernünftig aussehe, aber ich wollte nie das reiche Mädchen sein.
    In der Schule haben mich alle angeschaut, als wäre ich verzogen oder haben erwartet, dass sie etwas davon haben, wenn sie mit mir befreundet sind.
    Es war mir lieber, wenn man mich als normalen Menschen kennen gelernt hätte.
    Außerdem: Versuch mal, in solchen Sachen herumzurennen.
    Dabei hat meine Mutter ja schon eine Krise bekommen, wenn ich mich damit hier auf den Teppich gesetzt habe.“
    Es schien auf jeden Fall, als wäre ihre Kindheit ganz anders verlaufen als meine oder Lucias.
    Wir beide waren wohlbehütet in einer kleinen, völlig normalen Familie groß geworden.
    Ich kannte die Sorgen der Wohlhabenden Menschen nicht und wenn ich so hörte, was sie bisher alles erzählt hatte, war ich sehr froh darüber.
    „Maike, zieh du auch mal eins an!“, rief Lucia fröhlich und lief zu mir rüber.
    Chris folgte ihr und sah mich fragend an. Kopfschüttelnd antwortete ich ihr:
    „Nein, lass mal lieber. Ich fühle mich in meinen Sachen ganz wohl.“ Sie beachtete mich nicht und sah mir über die Schulter.
    „Ist das eine Rose?“ Ich folgte ihrem Blick. Sie schien von einer meiner Kritzeleien zu sprechen, auch wenn sie für mich eher aussah, wie ein Haufen Kreise, die umeinander und übereinander lagen.
    Zeichnen gehörte jedenfalls nicht zu meinen Stärken.
    „Was? Woher…?“
    „Das war nur geraten.“ Vergnügt nahm sie mir den Stift aus der Hand und ergänzte einige Linien.
    Tatsächlich sah die Kritzelei nun einer Rose ähnlich, wenn auch nur mit Fantasie.
    „Hast du an ihn gedacht?“, fragte sie.
    „An wen?“, fragte Lucia voller Neugier. Drew. Wen sonst konnte Chris meinen?
    Natürlich hatte ich an ihn gedacht. Aber woher wusste sie das?
    Sie wusste nicht, was zwischen uns passiert war. Sie wusste nicht, dass er mich mit diesen Blumen immer wieder aufzumuntern versucht hatte.
    Dass er versucht hatte, mir damit etwas mitzuteilen.
    „Ja, aber woher weißt du das?“, fragte ich gerade heraus. Jetzt, wo ich daran denken musste, vermisste ich ihn plötzlich. Nicht nur den Drew, den die beiden Mädchen ebenfalls kannten.
    Vor allem vermisste ich den Drew, von dem ich hoffte, dass er in meiner eigenen Welt noch immer auf mich wartete.
    „Ich kenne nur eine Person mit einem Roselia. Und außerdem gibt es nur eine Person, die du genauso anschaust, wie die Rosen im Blumenladen.“
    Verdutzt starrte ich sie an.
    „Mach ich das wirklich?“ Sie nickte lachend.
    „Also. Magst du ihn?“ Jetzt war auch Lucia Feuer und Flamme.
    „Bist du verliebt? In Drew?“, fragte sie aufgeregt.
    Einem Gefühl folgend beschloss ich, dass es okay war, es ihnen endlich zu erzählen.
    „Ja. Irgendwie schon. Aber es ist komplizierter, als ihr denkt.“
    Es war okay, ihnen endlich alles zu erklären. Es war nun an der Zeit und außerdem waren sie ja meine Freundinnen. Ich wollte nicht glauben, dass sie mich für verrückt halten würden.
    „Der Drew, den ihr kennt, ist nicht der, in den ich verliebt bin.“, begann ich meine Erklärung und ignorierte dabei Lucias quietschen bei dem Wort „Verliebt“.
    „Meinst du diese Arroganz? Wir wissen ja schon, dass er auch anders kann.“
    „Schön wär’s.“, sagte ich seufzend.
    „Aber nein. Bitte, hört mir erst bis zum Ende zu, bevor ihr denkt, dass ich verrückt bin.“
    Fragend sahen mich die beiden an.
    „Ich kenne einen anderen Drew und auch eine andere Lucia.“
    Jetzt sah die Blauhaarige ganz besonders verwirrt aus.
    „Ich habe eine ganz andere Reise erlebt, die aber genauso angefangen hat, wie diese. Man könnte sagen, ich habe all die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, schon einmal gelebt.
    An einem anderen Ort und mit anderen Menschen.“
    „Aber wie…?“
    Ich ließ Chrissie ihre Frage nicht beenden.
    „Ich weiß nicht wie, aber irgendwie bin ich wohl in der Zeit zurück gereist. Als ich an diesem Morgen aufgewacht bin, war ich plötzlich wieder Zehn und es war der Tag, an dem ich das erste Mal auf Reisen gehen durfte. Aber ich hatte Angst und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
    Ich wusste nicht einmal, wie ich dorthin gekommen war – und ich weiß es jetzt auch noch nicht. Ich weiß nur, dass ich vorher Dialga und Palkia gesehen habe.
    Deswegen bin ich nach Sinnoh gekommen und deswegen wollte ich nach Erzelingen Ich will endlich herausfinden, was ich hier mache.“
    Meine Freundinnen wirkten skeptisch und verwirrt, aber wie versprochen saßen sie ruhig da und hörten mir zu.
    „Na ja. Und zu dem, was ich am Anfang gesagt habe:
    Die Lucia aus meiner Zeit ist meine beste Freundin. Sie ist dir auf jeden Fall sehr ähnlich – du hast dich also kaum verändert. Und der Drew, den ich damals auf meiner echten ersten Reise kennen gelernt habe, ist mein Rivale und außerdem einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben.“
    Ich erzählte ihnen von den Rosen, von einigen Abenteuern, die wir gemeinsam erlebt hatten. Von Harley und Solidad und wie er mich immer dazu angetrieben hatte, besser zu werden.
    Ich erzählte, wie ich mich damals nur wegen ihm dazu entschieden hatte, nach Johto zu reisen, anstatt mich Ash gemeinsam nach Sinnoh zu gehen. Und ich erklärte ihnen endlich, warum ich mich so merkwürdig benommen hatte, als Drew plötzlich vor mir gestanden hatte.
    Wie ich alle vermisst hatte. Dass ich in diesem Moment nicht begriffen hatte, dass er ein anderer war.
    Und ich erzählte, in welchen Zwiespalt mich meine Gefühle geführt hatten.
    Die beiden hörten geduldig und voller Interesse zu. Ich konnte ihnen kaum genug dafür danken.
    Es erleichterte mich, diese Geschichte nicht mehr alleine mit mir herum zu schleppen. Ich konnte mir seit Ewigkeiten endlich mal wieder alles von der Seele reden und es half mir wirklich.
    Am Ende entschuldigte ich mich noch bestimmt tausende Male dafür, dass ich es so lange für mich behalten hatte, aber die beiden gaben sie die allergrößte Mühe, mich zu verstehen, auch, wenn es schwierig war. Und irgendwie wusste ich:
    Ein Geheimnis wie dieses konnte unsere Freundschaft noch stärken, weil es etwas war, das uns verband. Genau wie unsere eigenen Erlebnisse war es etwas, was keiner so gut wusste, wie wir.
    Und es war ein schönes Gefühl, das zu wissen.

    In dieser Nacht blieben wir im Anwesen. Zwar wollte Chris so schnell wie möglich verschwinden, aber jetzt war es zu spät dafür. Wir würden Morgen gehen, wenn die anderen beim Frühstück saßen.
    Und wir würden hier nicht mehr herkommen, wenn Chris es nicht ausdrücklich wollte.
    Ich verstand, warum sie geflohen war.
    Ich hätte es auch nicht ausgehalten.
    Lucia und ich schliefen im Gästezimmer. Wir teilten uns das riesige Himmelbett, auch, wenn sie ein eigenes bekommen hätte. Sie wollte hier nicht alleine sein.
    Und ich wollte es auch nicht.
    Ich hielt sie in den Armen, wie ein kleines Kind, als wir erschöpft in einen mehr oder weniger ruhigen Schlaf fielen.


    ~Chris~


    Nachdem ich die anderen beiden zum Gästezimmer gebracht und sichergestellt hatte, dass sie alles hatten, was sie brauchen könnten, kehrte ich in mein Zimmer zurück. Ich machte das Licht nicht an, als ich in meinem völlig übergroßen Kleiderschrank nach einem halbwegs akzeptablen Nachthemd suchte, welches nicht viel zu klein geworden war. Die T-Shirts und Shorts, die ich zu diesem Zweck gehabt hatte, hatte meine Mutter sicher schon vor Jahren weggeworfen. Schließlich entschied ich mich für ein knielanges, weißes Nachthemd mit zu vielen Rüschen an Saum und Ausschnitt als das kleinste Übel.
    Im Mondlicht sah ich damit ein bisschen aus, wie ein Gespenst. Der Gedanke gefiel mir. Er klang nach Freiheit. Ich ließ mein Kirlia aus seinem Pokéball und ging zum Fenster. Ich setzte mich auf die Fensterbank und beobachtete, wie meine Partnerin sich verwundert umschaute.
    Natürlich erkannte sie das Zimmer. So viel protzige Verzierungen und rosa Plüsch gab es an keinem anderen Ort. Wie hatte ich es hier nur ausgehalten?
    „Kirlia?“, fragte es.
    „Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich einfach zu weich geworden, mich so einfach von Carolina mitziehen zu lassen.“ Kirlia sah mich aus seinen großen, roten Augen an.
    Es war tröstlich, meine älteste Freundin hier zu haben.
    Sie würde mich unterstützen. Sie wusste genau so gut wie ich, was passieren würde.
    Es kam zum Fenster und setzte sich zu mir. Dann legte es eine Hand auf meine.
    Ich hatte nicht gemerkt, dass ich angefangen hatte, zu Zittern.
    „Danke Kirlia. Es tut mir leid, aber es ist alles so… unwirklich. Sie so zu sehen…“
    Kirlia nickte. Es stimmte mir zu. Wie immer. Es sah zum Mond hinauf.
    „Ki-kirlia.“, murmelte es.
    „Stimmt, das ist wirklich schön.“, gab ich ihm recht.
    „Aber du darfst nicht vergessen, dass nichts von all dem echt ist. Und ich darf es auch nicht.“

  • Wow :heart:
    Megatolles Kapi :D
    Immer wenn ich ein Kapi von dir lese, bin ich nachher immer noch gespannter als vorher, wie es weitergeht. Wie machst du das bloß?! ;)
    Auf jeden Fall finde ich es cool, dass du so schnell geupdatet hast :D
    Lg Palomino


    PS: Schön, dass ich dich motivieren konnte :)

    FC: 2723-8395-6602
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    Würde mich freuen wenn ihr mich addet, falls ihr eines dieser Pokemon habt: LuxioBisaknospIgastarnishRutenaIgnivor