Die Legende eines Fußballspielers

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  • Hallo,


    so, jetzt ein neuer Kommentar, in dem ich eh wieder das Gleiche sage.


    Kapitel hat mir wieder mal sehr gut gefallen, schön mit Story und Geschichte ausgeschmückt, fand ich wirklich gut.


    Leider hab ich weder noch viel zu sagen, noch wirklich viel Zeit, darum tut es mir Leid, dass das so kurz wird :I



    Ja, wie gesagt, sry, dass es so kurz ist.
    Naja, trotzdem wieder mal ein tolles Kapitel ;)


    MFG
    Gin Serpiroyal

  • Capitolo Dieci
    Das Orakel
    (Aus der Sicht von Alessandro Pompejii)
    Was wir wissen, ist ein Tropfen; was wir nicht wissen, ein Ozean.
    Isaac Newton


    „Und du bist dir noch immer sicher, dass du das machen willst?“fragte ich Paolo während er, Michele und ich aus dem Bus ausstiegen.
    Wir waren gerade beim Kolosseum angekommen und blieben kurz vor diesem stehen.
    „Ist es jetzt nicht etwas zu spät, um mich das zu fragen?“erwiderte er während er das beleuchtete Kolosseum ansah.
    „Sí, da hast du auch wieder recht. Was meinst du, was das Orakel für eine Zukunft prophezeit? Una bella futuro o una cattivo futuro?“fragte ich ihn, worauf Michele etwas genervt antwortete: „Das werden wir dann sehen. Machen wir uns lieber keine falschen Hoffnungen.“
    Paolo nickte nur abwesend. Ich fragte mich, was er wohl gerade dachte.
    „Alessandro, warum bist du eigentlich an Davides Stelle mitgekommen?“sagte Paolo nach einigen Augenblicken des Schweigens.
    „Ich kann euch zwei doch nicht alleine lassen.“erwiderte ich lächelnd, worauf Paolo sich leise mit einem Lächeln bedankte, Michele sah mich nur misstrauisch an.
    „Was ist, Michele?“fragte ich ihn als er sich ohne Antwort von mir abwandte.
    „Forza, gehen wir zum Forum Romanum.“sprach Paolo als er ging.
    Michele und ich folgten ihm. Wir gingen auf dem Gehsteig neben einer breiten Straße, auf der kein einziges Auto fuhr, auch auf dem Gehsteig war keine Menschenseele.
    „Ich komme mir vor wie in einem Horrorfilm…“sagte ich etwas ängstlich.
    „Heul nicht rum und komm.“meinte Michele, worauf wir drei schneller gingen.
    Als wir beim Eingang vom Forum Romanum angekommen waren, war dort ein schwarz gekleideter Mann, der mit dem Rücken zu uns stand. Michele und ich blieben hinter der Ecke stehen, Paolo ging um die Ecke, als ihn der schwarze Mann bemerkte.
    „Bist du Paolo Passione?“fragte er Paolo, worauf der nickte.
    „Michele und Alessandro, kommt hinter der Ecke hervor.“ sprach der Mann worauf Michele und ich uns überrascht ansahen.
    Nach einigen Augenblicken des Zögerns gingen wir um die Ecke und standen nun neben Paolo und sahen den Mann an. Er hatte eine Kapuze ins Gesicht gezogen und trug eine weiße Montur, die mich an die von Davide erinnerte, als wir ihn zum ersten Mal begegneten.
    „Wer sind sie, und woher kennen sie unsre Namen?“sagte ich während der Mann zu mir sah.
    Er hatte blaue Augen. Als Paolo ebenfalls in das Gesicht des Mannes sah, weiteten sich seine Augen.
    „Du hast es scheinbar kapiert, o Paolo?“sprach der Mann lachend, worauf Paolo wie angewurzelt dastand.
    „N-No…D-Das kann nicht sein…T-Tu sei…“war das einzige, was Paolo rausbekam.
    Der Mann nahm seine Kapuze ab und umarmte Paolo, der darauf zu weinen begann. Der Mann sah Paolo wirklich ähnlich.
    „Könntet ihr uns vielleicht erklären, was hier los ist?“meinte Michele, worauf der Mann zu uns beiden sah.
    „Penso, das ist sein Vater.“sagte ich, worauf der Mann mit einem Lächeln nickte, Michele sah ihn ungläubig an.
    „Aber…wurden sie nicht bei einem Attentat getötet?“fragte Michele, worauf er erzählte: „No, wäre ich tot, wäre ich ja nicht mehr hier, haha. Aber ich werde es dir erklären; Als der Attentatsversuch startete, wusste ich bereits von diesem Bescheid. Paolo und Fortunato waren zu diesem Zeitpunkt auch bei mir im Büro. Als ich dann mit dem Attentäter kämpfte, schoss er mir in den Oberkörper, wichtige Organe wurden dabei nicht verletzt, aber ich war trotzdem in Lebensgefahr. Um meine Söhne zu schützen, sagte ich den Ärzten, sie sollen euch meinen Tod mitteilen. Von da an lebte ich sozusagen nicht mehr, deshalb baute ich mir eine komplett neue Identität auf und lebte im Ausland. Als ich dann erfuhr, dass ihr beide beim Italia Turnier teilnehmt, dann musste ich unbedingt hierher kommen. Außerdem muss ich mich noch bei Mario bedanken, dass er sich um euch alle gekümmert hat.“
    „Tre domande; Wer ist Fortunato und warum müssen sie sich bei Herrn Vedi bedanken, dass er sich um uns gekümmert hat? Und die wichtigste Frage: Wie heißen sie?“fragte ich während ich mir die Geschichte noch einmal durch den Kopf gehen ließ.
    „Mi chiamo Giorgio.“sagte er.
    „Fortunato é mio fratello.“sprach Paolo, der mittlerweile nicht mehr weinte und die Umarmung mit seinem Vater gelöst hatte.
    „Che cosa? Il tuo fratello? Warum hast du uns nie erzählt, dass du einen Bruder hast?“fragte ich währen ich meinen Kopf schräg legte.
    Michele beachtete meine Reaktion nicht und sprach: „Was wollen sie hier? Wissen sie-“
    „Von dem Treffen? Sí, ich weiß davon. Und ich will euch davon abhalten, dorthin zu gehen.“erläuterte er uns.
    „Perché?“fragte ich ihn.
    „Wenn ihr dorthin geht, werdet ihr alle das nicht überleben. Wenn ihr vorhattet, das Orakel etwas zu fragen, dann werdet ihr vorher schon tot sein.“
    Michele und ich sahen ihn geschockt an, nur Paolo blieb ruhig.
    „Ich werde trotzdem dorthin gehen.“sprach Paolo als ihn sein Vater überrascht ansah.
    „Paolo, sie warten nur darauf, dich zu töten. Sie wollen alle, die sich gegen die Göttinnen stellen, umbringen. Niemand bleibt verschont.“meinte sein Vater, doch Paolo zuckte nur mit den Schultern.
    „Wir werden ihn beschützen.“sprach ich während Paolo mich dankbar ansah.
    „Voi? Könnt ihr überhaupt kämpfen?“fragte Giorgio etwas skeptisch.
    ,Jetzt bin ich dran´, hörte ich Doloma in meinem Kopf reden.
    Wiederwillig ließ ich ihn abermals Kontrolle von meinem Körper Besitz ergreifen. Innerlich zuckte ich kurz zusammen, doch äußerlich blieb ich ruhig. Als ich sah, dass Giorgio mich überrascht ansah wusste ich; ich hatte wieder gelbe Augen und hellblaue Haare. Wie ich dieses Aussehen hasste.
    „Alessandro ist Doloma und ich bin ein Caernus.“erklärte Michele.
    „Capisco. Es sieht so aus, als ob ich euch nicht davon abhalten könne…Va bene, geht zum Treffen. Aber ich komme auch mit.“sagte Giorgio während wir ihn konfus ansahen.
    „Bene, gehen wir.“erwiderte Paolo selbstbewusst.
    Sein Vater nickte und neben ihm tauchte plötzlich ein schwarzer Wolf mit feuerroten Augen auf. Der Wolf drehte sich zum Eingang vom Forum Romanum, welcher mit einem Eisengitter versperrt war. Der Wolf atmete tief ein und spie dunkle Flammen, worauf das Gitter sich in Schatten verwandelte und verschwand.
    „Kommt.“sprach Giorgio während der Wolf sich in Rauch auflöste.
    „Sie werden euch bestimmt sehen.“meinte Paolo.
    „Ich kann mich verwandeln, und ihr?“fragte ich Giorgio und Michele frech.
    „Ich habe jahrelange Übung darin, mich zu verstecken und nicht entdeckt zu werden.“erwiderte Giorgio.
    „Ich kann einen Zauber einsetzten.“antwortete Michele knapp.
    ,Nur einen Zauber? Ich dachte, er würde sich wieder in die erste Form versetzen.´, sprach Doloma enttäuscht in meinem Kopf.
    Das kann dir doch egal sein, wie er sich entscheidet!, dachte ich, als ich einen Schmerz in meinem Herzen spürte.
    Da Doloma von meinem Körper Besitz ergriffen hatte, zuckte ich nur innerlich zusammen. Denn mir wurde Schaden zugefügt, nicht ihm.
    ,Pass auf, Kleiner! Ich kann mir eine neue Hülle suchen, du bleibst tot.´, sagte er.
    „Forza, gehen wir los!“meinte Paolo und holte mich so aus meinen Gedanken.
    Schnell verwandelte ich mich in eine Ratte. Giorgio setzte seine Kapuze auf und Michele sagte irgendeinen Zauberspruch auf, den ich nicht verstand. Wir betraten das Forum und gingen zu dem Platz, wo das Orakel war.

    ~-~


    „Du bist also tatsächlich gekommen.“sprach Francesco als Paolo einen großen runden Platz betrat, von dem man auf den Circus Maximus sehen konnte.
    In der Mitte des Platzes war eine runde Vertiefung, in deren Mitte eine Art steinernes Tischchen war, auf dem ebenfalls eine kleine runde Vertiefung war. Es waren geschätzt ein dutzend Mafiosi hier, Valentina und Francesco eingeschlossen. Ich als Ratte war auf einen der unzähligen Bäume rund um den Platz gestiegen und beobachtete das Geschehen von oben. Giorgio versteckte sich hinter einem Baum der etwas weiter von dem Platz weg war und Michele sah ich nicht, da er sich ja durch den Zauber kurzzeitig unsichtbar gemacht hatte. Aber er versteckte sich sicher auch hinter einem Baum, falls der Zauber nachlassen würde.
    „Du weißt bestimmt über das Orakel Bescheid, o?“meinte Francesco mit bösem Grinsen als ein paar Männer in Schwarz Paolo mit Waffen bedrohten.
    Paolo nickte nur und Francesco machte eine winkende Handbewegung, worauf die Mafiosi mit den Waffen Paolo mit diesen anstupsten, damit dieser zu Francesco weiterging, der neben dem Steintischchen stand. Als Paolo bei Francesco und Valentina angekommen war, griff Francesco Paolos rechtes Handgelenk während ein Mann ihm ein Messer gab.
    „Dich zu töten würde nicht viel bringen, deshalb lassen wir es bei einer kleinen Wunde.“sagte Francesco, der noch immer böse grinste.
    Er legte das Messer bei Paolos Unterarmoberseite an und versetzte ihm einen tiefen Schnitt, aus dem viel Blut floss. Paolo kniff die Augen zusammen und formte seine Hände zu Fäusten. Francesco hielt Paolos Arm über der Vertiefung im steinernen Tischchen, in die das Blut von Paolo floss. Als die Blutung nachließ, schubste Francesco Paolo weg, der darauf unsanft auf dem Boden landete und seine linke Hand auf die Wunde hielt.
    „Oh, Orakel…erhöre meinen Wunsch! Ich gab dir das, was du wolltest. Nun beantworte meine Fragen und sage mir die Zukunft voraus!“rief Francesco, worauf der Boden zu beben begann.
    Ich krallte mich mit meinen kleinen Krallen am Baum fest und hoffte inständig, dass ich nicht runterflog. Um das Steintischchen bildete sich ein Lichtkreis, der immer heller wurde. Der Schein nahm, wie das Beben der Erde, immer weiter zu, bis plötzlich alles verstummte. Es kam mir vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Man hörte keine Geräusche, kein Gerede, keinen Wind…Totenstille hüllte den Platz ein, einzig allein das Mondlicht, das allmählich hinter den Wolken hervorkam, vermittelte den Eindruck, dass die Zeit nicht stehen geblieben war. Der Lichtkreis um das Tischchen war verschwunden, stattdessen saß nun eine mädchenähnliche, leuchtende Gestalt auf dem Steintischchen. Sie hatte eine goldene Lyra in der Hand, auf der sie göttlich spielte, und ein golden wallendes Kleid an. Ihre Haare erstrahlten in einem glänzenden Platin und ihre Augen funkelten wie zwei Diamanten.
    „Stellet eure Fragen. Aber wisset; Ich werde sie euch nur beantworten, wenn ihr reinen Herzens seid.“sprach die Gestalt in engelsgleicher Stimme und sah sich um, schließlich blieb ihr Blick bei Paolo hängen.
    „Fühlst du Reue für deine Tat?“fragte sie Paolo, worauf dieser sie zuerst konfus ansah, doch nach einigen Augenblicken betreten zu Boden starrte und nickte.
    „Dann bist du reinen Herzens. Neben dir sind nur zwei weitere reinen Herzens, aber anscheinend wollen sie mich nichts fragen, da sie sich verstecken.“
    Na toll. Jetzt wissen die, dass wir hier sind…Hat das Orakel ja toll gemacht, dachte ich als ich den Baum hinunterlief und nun neben dem Baum stand, als Ratte natürlich. Die Mafiosi sahen sich verwirrt um, Valentina und Francesco sahen in meine Richtung, worauf Valentina aufschrie.
    „Iiiih, eine Ratte!“rief sie ängstlich und zeigte auf mich.
    Ich verwandelte mich wieder in einen Menschen, verschränkte meine Arme und meinte: „Wer ist hier eine Ratte?“
    Sie sah mich irritiert an, doch die anderen Mafiosi zielten prompt mit ihren Waffen auf mich.
    „Du bist doch der Junge von der Kirche!“sagte Francesco wütend und überrascht zugleich.
    Ich lächelte frech und nickte.
    „Tötet ihn!“rief Francesco, worauf die Mafiosi auf mich zielten.
    ,Jetzt werden wir so richtig Spaß haben!´, sprach Doloma erpicht in meinem Kopf.
    ,No…Dieses Mal nicht. Wir wehren nur ihre Schüsse ab, sonst nichts.´, erwiderte ich darauf, doch dies schien ihm nicht sonderlich zu gefallen, da ich abermals einen Schmerz in meinem Herzen fühlte.
    Vor mir tauchte plötzlich wie aus dem nichts eine Schattenwand auf, genau in dem Moment, als die Mafiosi schossen. Die Wand ließ die Schüsse zurückprallen, worauf die Mafiosi, die geschossen hatten, im wahrsten Sinne des Wortes tot umfielen. Die Wand verschwand und Michele trat neben mich, vor uns standen nun nur mehr Valentina und Francesco, die uns beide überrascht ansahen. Giorgio kam nun auch aus seinem Versteck, worauf Francesco ihn wütend ansah.
    „Wir sind in der Überzahl, was wollt ihr jetzt machen?“sagte Giorgio.
    Valentina griff an ihren Gürtel und warf irgendetwas Rundes auf den Boden. Plötzlich umhüllte die zwei Rauch. Als er sich legte, waren die beiden verschwunden.
    „Nun könnt ihr mir in Ruhe eure Fragen stellen.“sprach das Orakel als es aufhörte, auf der Lyra zu spielen.
    „Alessandro, fang du an.“meinte Paolo als Giorgio zu ihm kam und sich seine Wunde ansah.
    „Ich werde nur eine Frage von Alessandro beantworten, nicht von Doloma. Also verwandel dich bitte zurück.“sagte das Orakel.
    Leichter gesagt als getan. Aber zu meinem Überraschen überließ Doloma mir freiwillig die Kontrolle über meinen Körper.
    Nach einigen Augenblicken des ängstlichen Zögerns fragte ich das Orakel: „W-Was kann ich t-tun, damit Doloma meinen K-Körper verlässt?“
    Michele sah mich überrascht an und wollte gerade etwas sagen, aber das Orakel kam ihm zuvor: „Du musst den Mut finden, ihn dich zu wiedersetzen. Ignoriere den Schmerz, den er dir zufügt. Nur so kannst du deinen Körper wieder selbst kontrollieren.“
    Ich sah sie ungläubig an, doch innerlich nahm ich diesen Rat dankbar an. In meinem Inneren wollte Doloma schon wieder meinen Körper an sich reißen, doch dieses Mal wiedersetzte ich mich ihm. Es tat zwar höllisch weh, aber ich überließ ihm nicht meinen Körper.
    „Du schaffst das, Alessandro.“sprach Paolo zu mir und lächelte mich an.
    Irgendwie machte mir das Mut und ich kämpfte mit noch mehr Elan gegen Doloma. Als ich spürte, dass der Schmerz nachließ und schlussendlich komplett verschwand, sah ich Paolo an und grinste schwach.
    „Caernus, nun darfst du mir eine Frage stellen.“sagte das Orakel und sah Michele an.
    „I-Io? Aber…“mehr brachte er nicht heraus.
    „Obwohl du ein Caernus bist, bist du reinen Herzens. Also, wie lautet deine Frage?“meinte das Orakel.
    „Ähm...Wie kann ich mich leicht in meine dritte Form versetzten?“fragte er, worauf ich ihn entsetzt ansah.
    „Wenn du das tust, dann ruinierst du dich komplett! Du könntest dabei sogar sterben!“schrie ich ihn schon fast an.
    „Er hat recht. Soll ich dir wirklich diese Frage beantworten?“sprach das Orakel etwas besorgt.
    Michele nickte selbstsicher und es sagte: „Nun gut. Um dich schneller und leichter in die dritte Form zu versetzten, brauchst du alle elf Seelensteine. Aber wie gesagt; Es ist trotzdem gefährlich, also denk darüber noch einmal nach.“
    „Grazie mille.“bedankte sich Michele, der über die Folgen wahrscheinlich gar nicht nachdachte.
    „Nun kommen wir zu dir. Dein Herz ist nicht schon lange nicht mehr rein, und das weißt du auch.“meinte das Orakel und während es auf Giorgio zeigte.
    Dieser nickte nur und sah sich noch einmal Paolos Wunde an.
    „Nun kommen wir zu dir, Vertreter der Menschen. Was sind deine zwei Fragen?“fragte das Orakel Paolo.
    „Wem kann ich wirklich vertrauen?“sprach Paolo und sah das Orakel hoffnungsvoll an.
    Michele sah Paolo irritiert an, ich tat es ebenso.
    „Diejenigen, die dich respektieren und die dir ebenso vertrauen. Nun deine zweite Frage.“
    Eigentlich hatte ich ja Namen erwartet, aber mit dieser Antwort vom Orakel musste ich mich selbst fragen; Respektierte und vertraute ich Paolo? Ja, auf jeden Fall respektierte ich ihn. Vertrauen kann ich ihm blind. Als ob Paolo meine Gedanken und Gefühle lesen könnte, lächelte er mich dankbar an. Da ich im Moment zu verwirrt war, lächelte ich einfach nur zurück.
    „Meine zweite Frage lautet; Mit wem werde ich die letzten Tage meines Lebens verbringen?“
    Wir drei sahen ihn überrascht an, doch keiner sagte etwas.
    „Die Person, von der du hoffst, dass sie es ist.“sagte das Orakel worauf Paolo lächelte.
    Michele sah Paolo durchbohrend an, aber er schien das nicht zu merken.
    „Und nun werde ich die Zukunft der Welt prophezeihen.“sprach das Orakel, worauf es sich in einen Spiegel verwandelte.
    Wir vier traten vor dem Spiegel und sahen erwartungsvoll hinein. Im Spiegel erschien ein großes Stadion, über dem dunkle Wolken aufzogen und die Stadt, in dem das Stadion war, zerstörten. Übrig blieben nur ein paar Häuserreste. Dann sahen wir eine Insel, um die sechs weitere, kleinere Inseln waren.
    „Auf diesen Inseln wird sich das Schicksal der Welt klären.“erläuterte uns das Orakel, bevor es in dichtem Nebel verschwand.
    „Die zerstörte Stadt war ohne Zweifel Rom.“sprach Michele ernst.
    „Sí, aber was waren das für Inseln?“fragte ich, doch keiner konnte mir darauf eine Antwort geben.
    „Che ore sono?“sagte Paolo gähnend.
    „L’una. Wir sollten schnellstmöglich ins Bett. Morgen spielen wir schließlich gegen I Lupi.“meinte ich worauf wir uns auf den Weg zum Hotel machten.
    Giorgio begleitete uns bis zum Hotel, er meinte so wäre es sicherer, was ich sehr zu schätzen wusste. Vor dem Hotel umarmte er noch Paolo, dann ging er. Wir betraten das Hotel und gingen sofort auf unsere Zimmer. Als ich das Zimmer von mir und Giacomo betrat, hörte ich Giacomo leise schnarchen. Während ich gerade zu meinem Koffer wollte, flog ich über Giacomos Schuhe und machte Bekanntschaft mit dem Boden. Obwohl es einen heftigen Knall gab, wachte Giacomo nicht auf. Schell stand ich auf, holte meinen Pyjama aus dem Koffer, zog ihn an und legte mich ins Bett. Ich sah auf mein Handy; schon fast Zwei Uhr früh, na toll. Während ich mein Handy auf das hölzerne Nachtkästchen legte, flog etwas von meinem Bett. Zuerst erschrak ich kurz, sah dann aber in die Richtung, von wo der Knall kam. Ich hoffte, dass Giacomo nicht dadurch aufwachte. Auf dem Boden lag eine kleine, blaue Schatulle. Ich legte mich auf den Bauch und hob sie auf, dann öffnete ich sie. In ihr tanzten zwei Schmetterlinge im Kreis, ein blauer und ein rosafarbener. Es ertönte die Melodie des Liedes ,River flows in you´ von Yiruma. Es war mein Lieblingslied, und ohne dieses konnte ich einfach nicht einschlafen.
    „Mach dieses blöde Ding aus!“sagte Giacomo und schmiss ein Polster nach mir.
    „Sag jetzt nicht, dass dich DAS aufgeweckt hat!“sprach ich genervt und verwundert zugleich als ich ihm den Polster zurückwarf.
    Als ich sah, dass ich seinen Kopf getroffen hatte, lachte ich und meinte schadenfroh: „Headshot!“
    „Ach, halt die Klappe und schlaf.“
    „Sí sí, buananotte.“meinte ich müde, doch als Antwort bekam ich nur ein dumpfes ,Hm‘.
    Ich schloss die Schatulle, stellte sie auf mein Nachtkästchen und kuschelte mich in meine Decke. Bald darauf schlief ich ein.

    ~-~


    „Such dir etwas aus! Oggí é il tuo compleanno.“sprach meine Mutter lächelnd.
    Sie hatte lange, lockige hellbraune Haare und zartgrüne Augen.
    „Wirklich? Grazie mille!“erwiderte ich und sah mich bei dem Stand um.
    Meine Mutter und ich waren auf einem Markt in Verona, meiner Heimatstadt. Jedes Jahr war dort ein Musikmarkt, wo man verschiedenste Instrumente, CD’s, Spieluhren und vieles mehr kaufen konnte. Fast an jeder Ecke standen Musiker, die die verschiedenste Stücke zu ihrem Besten gaben. Da mein Geburtstag immer zu diesem Markt war, besuchen wir ihn jedes Jahr. Wir blieben vor einem Stand stehen, der die verschiedensten Spieluhren hatte. Mein Blick blieb an einer blauen Schatulle hängen. Sie war mit silbernen Ornamenten geschmückt, wodurch sie wunderschön glänzte. Die Ladenbesitzerin merkte, dass ich meine Aufmerksamkeit vollkommen auf diese Schatulle gerichtet hatte und gab sie mir in die Hand. Neugierig öffnete ich sie. In ihrem Inneren war sie vollkommen verspiegelt, so sah man die zwei tanzenden Schmetterlinge in der ganzen Box. Zuerst hörte ich das Lied von ihr gar nicht, da um mich herum so ein Tumult war, doch dann konzentrierte ich mich nur auf das Lied und stellte alle anderen Geräusche um mich herum ab. Die Melodie war so wunderschön, so harmonisch, einfach wundervoll.
    „Mammá, die will ich haben!“sagte ich, noch immer auf das Lied fixiert.
    Meine Mutter streichelte mir über meine Haare und bezahlte. Dann gingen wir weiter, aber das interessierte mich nicht mehr. Das Einzige, was mein Interesse auf sich zog, war meine Schatulle.
    Doch was ich nicht wusste, war, dass die Schatulle ein Geheimnis barg, was ich nie hätte finden sollen.


    MFG
    KiroUHaFnir

  • Hallo,


    sry, dass es wieder was gedauert hat, aber jetzt gibt es wieder mein Gelaber zu deinem neuesten Kapitel.


    Ich fand es wieder echt gut geschrieben, schön detailliert, eine ziemlich interessante Stelle war auch dabei, hat mir also wirklich gut gefallen.


    Jedoch gibt es eine Stelle, die mir ein Dorn im Auge ist :


    Zitat

    Du schaffst das, Alessandro.“sprach Paolo zu mir und lächelte mich an.
    Irgendwie machte mir das Mut und ich kämpfte mit noch mehr Elan gegen Doloma. Als ich spürte, dass der Schmerz nachließ und schlussendlich komplett verschwand, sah ich Paolo an und grinste schwach.
    „Caernus, nun darfst du mir eine Frage stellen.“sagte das Orakel und sah Michele an.
    „I-Io? Aber…“mehr brachte er nicht heraus.


    Hier endet es einfach mit dem verschwundenen Schmerz und dann geht es zu Michele über. Dabei hätte ich diese Stelle mit dem Ankämpfen gegen Doloma VIEL MEHR in Szene gesetzt. Nach dem verschwundenen Schmerz irgendwie noch so ein kleiner innerer Gedankenaustausch, ob es nun vorbei war oder ob er es nach all der Zeit wirklich allein geschafft hatte. Oder was der verschwundene Schmerz zu bedeuten hatte. Wurde Doloma von ihm besiegt oder ist er immer noch drin und hat Allesandro hat nur keine Kraft mehr, um gegen ihn anzukämpfen? Also die Stelle hätte ich noch etwas mehr ausgeschmückt, so hatte sie für mich leider nur sehr wenig Bedeutung und Substanz.
    Und das sag ich jetzt nicht nur, weil ich so etwas immer bis zum Exzess mache :D


    Ansonsten hab ich jetzt nicht wirklich noch Negatives gefunden. Die Wiedervereinigung von Paolo und seinem Vater fand ich gut; die Geschichte über den vorgetäuschten Tod von Letzterem auch.


    Ein wirklich sehr interessantes Kapitel.



    Ja, wie gesagt, hat mir das Kapitel wieder sehr gefallen, hab deshalb auch nicht mehr viel zu sagen.


    MfG
    Gin Serpiroyal

  • Capitolo Undici
    Einfach=Besser?
    (Aus der Sicht von Alessandro Pompejii)
    Wenn ich die Wahl habe zwischen dem Nichts und dem Schmerz, dann wähle ich den Schmerz.
    William Faulkner


    Dienstag, 17.Juni
    Als die Morgensonne warm durch die Fenster des Zimmers brach, war ich schon lange wach. Mich plagten die ganze Nacht Alpträume, wobei „Nacht“ hier übertrieben ist. Ich bin sicher weniger als drei Stunden geschlafen. Zuerst streckte ich mich ausgiebig, dann sah ich auf mein Handydisplay. Es war erst sieben, aber ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Meine Schatulle hatte mir Giacomo nach dem dritten Mal abgenommen und hatte sie auf sein Nachtkästchen gestellt. Ich stand seufzend auf und ging zum Badezimmer, das neben der Tür war. Während ich mir die Augen rieb, flog ich erneut über Giacomos Schuhe und küsste abermals lautstark den Boden.
    „Ich hab dich ja so sehr vermisst…“murmelte ich, um die Situation für mich selbst etwas lustiger zu gestalten.
    Fehlanzeige, meine Stimmung stieg doch nicht. Mürrisch stand ich auf und bog links ins Bad ein. Es war zwar klein, hatte aber eigentlich für jeden Geschmack etwas. Rechts beim Eingang war das Waschbecken mit dem quadratischen Wandspiegel, einem Handtuchhalter mit unseren eigenen Handtücher und zwei kleinen, steinernen Regalen an der verfliesten Wand, auf denen unsere Waschsachen waren. Links daneben war eine einbetonierte Badewanne, die gleichzeitig als Dusche diente, der Duschvorhang war strahlend weiß. Gegenüber von dieser war die Toilette, die einen hölzernen Toilettendeckel besaß. Ich griff in meine kleine, schwarze Tasche auf dem unteren Steinregal und holte meine Zahnbürste und Zahnpasta heraus. Müde putze ich mir die Zähne während ich im Zimmer herumging-dieses Mal flog ich nicht über Giacomos Schuhe-bis ich vor dem Fenster Halt machte. Als ich zum Horizont sah, lief ich sofort wieder ins Bad, spuckte die Zahnpasta ins Waschbecken und lief sofort wieder zum Fenster. Fast flog ich abermals über Giacomos Schuhe, aber dieses Mal konnte ich es gerade noch verhindern. Schockiert starrte ich gen Himmel auf die drei immer näherkommenden Militärflugzeuge, die mit ihren Kondensationsstreifen die Flaggenfarben Frankreichs hinter sich her zogen. Schnell ging ich zu meinem Handy, suchte nach einer Tageszeitungen-Seite und fand auch schnell eine. Als ich die Schlagzeile las, stockte mir der Atem. Ich las den kleinen Text darunter auch noch;


    Italien nun offiziell nicht mehr Teil der EU
    Schockierende Nachrichten für die Italienische Republik;
    Sie ist nun nicht mehr Teil der Europäischen Union. Die Begründung für den Rauswurf will der Kommissionspräsident José Janker noch nicht preisgeben, aber wird es in den nächsten Tagen tun.
    Der wahrscheinlichste Grund ist der Streit mit Frankreich, so ein Insider, aber ist das
    wirklich wahr? Wir klären sie über die Geschehnisse der letzten Tage auf.


    „NICHT MEHR TEIL DER EU?“fragte ich mich laut, worauf ich Giacomo aus seinem Bett fallen hörte.
    „Musst du so brüllen?“fragte er mich verschlafen als ich hörte, wie er sich am Boden bewegte.
    „Italien ist nicht mehr Teil der EU!“rief ich aufgebracht, worauf Giacomo aufstand und sich auf mein Bett setzte.
    „Das weiß ich schon lang.“
    „UND DU HAST ES MIR NICHT GESAGT?“meinte ich noch immer sehr laut, worauf mir Giacomo den Mund zuhielt.
    „Du hast nie danach gefragt. Außerdem habe ich dich noch nie so wütend gesehen.“sprach er gähnend.
    Er hatte in beiden Sachen recht, doch Letztere verwunderte mich etwas. Normalerweise war ich nicht so ein Mensch, der sich schnell aufregte. Ich regte mich eigentlich nie auf, da ich, wenn mich etwas nervt, einfach auf Durchzug schalte oder mich einfach von der Person oder Sache, die mich stört, abwende. Warum dieses Mal nicht?
    „ALESSANDRO!“sagte Giacomo laut, wodurch er mich aus meinen Gedanken riss.
    Er hatte seine Hand von meinem Mund entfernt und hatte seine Arme abwartend vor der Brust verschränkt. Ich saß mich neben ihn auf mein Bett und entschuldigte mich für mein vorheriges Verhalten.
    „Was hat das Orakel für eine Zukunft vorausgesagt?“fragte mich Giacomo neugierig, während er ins Bad ging.
    „Una cattivo futuro per Roma. Außerdem soll sich das Schicksal der Erde auf irgendwelchen Inseln abspielen. Und räum deine Schuhe vom Eingang weg, sonst grüß ich den Boden ein drittes Mal.“
    „Was heißt eine schlechte Zukunft für Rom und wie sahen die Inseln aus?“
    „Wir sahen im Orakel ein großes Stadion, dann zogen düstere Wolken auf und zerstörten Rom. Und bei den Inseln muss ich nochmal kurz nachdenken, wie sie aussahen … hmm … Ich erinnere mich nur mehr an die größte. Sie war S-förmig. Auf dem oberen Teil der Insel war eine Gebirgskette mit einem Vulkan, auf der unteren war eine riesengroße Stadt. An mehr erinnere ich mich nicht mehr.“sprach ich nachdenklich.
    „Sind das diese Inseln?“fragte mich Giacomo als er mir sein Handy vor meinen Kopf hielt.
    „Sí, das sind die Inseln! Wie heißen sie und wo sind sie?“fragte ich aufgeregt.
    Giacomo saß sich wieder neben mich hin und fing an zu erklären: „Die Inselgruppe ist nach der Hauptinsel Etior benannt. Die sechs kleineren Inseln heißen; Sonit, Aqueus, Harena, Ventosa, Insani und Falsita.“
    „Bene, nur … woher weißt du das eigentlich?“meinte ich etwas verwirrt.
    „Dort soll das dieses Jahr das erste FOT stattfinden.“
    „Das Football Origin Tournament? Dein Ernst?“fragte ich ihn ungläubig.
    Das FOT war vergleichbar mit der Fußball Weltmeisterschaft von Erwachsenen, nur war das FOT eben für Jugendliche von 13-17 Jahren. Das FOT wird diese Jahr das erste Mal abgehalten. Läuft alles glatt, wird es alle vier Jahre stattfinden. In die Nationalmannschaften kommen nur die Besten der Besten der jeweiligen Länder. Die Kader Zusammenstellung erfolgt nach dem Landesturnier, in Italien ist es z. B das Italia Turnier, in Österreich das Österreich Turnier, in Schottland das Scotland Turnier usw.
    „Sí, das ist mein Ernst. Dann wird sich das Schicksal der Erde also auf Etior entscheiden … wahrscheinlich“
    „... wird es während des FOT entschieden.“vollendete ich seinen Satz worauf er nickte.
    „Heißt also, wir müssen alles geben, um das Italia Turnier zu gewinnen!“sprach Giacomo enthusiastisch, worauf ich lächelnd zustimmte.
    Als wir noch eine Weile über Gott und die Welt redeten, klopfte es an die Tür. Giacomo ging zu ihr, stolperte über seine noch immer nicht weggeräumten Schuhe und flog mit lautem Knall, da er ja um einiges größer war als ich, gegen die Tür, worauf ich lauthals lachen musste. Giacomo stand, während er irgendetwas fluchte, auf und öffnete die Tür, vor der Paolo stand.
    „Buongiorno ragazzi! Was war das gerade für ein Knall?“begrüßte er uns und bei der Frage musst ich erneut loslachen.
    Paolo sah mich verwirrt an, Giacomo warf mir einen finsteren Blick zu.
    „Brauchst du was Paolo?“fragte Giacomo schließlich genervt.
    „Ich soll dir ausrichten, dass Michele mit dir reden will.“meinte Paolo, wenn ich mich nicht irrte, etwas enttäuscht, doch Giacomo schien das nicht zu merken.
    „Va bene, ist er in eurem Zimmer?“
    Paolo nickte, Giacomo verabschiedete sich von uns und schloss hinter sich die Tür. Paolo saß sich neben mich hin und lächelte mich an.
    „Wie hast du geschlafen?“wollte ich müde wissen.
    „Geschlafen? Ich hab die ganze Nacht kein Auge zugekriegt.“meinte er, als ich sah, dass er leichte Augenringe hatte.
    „Ich muss dir etwas erzählen.“sprach ich, worauf Paolo mich ernst ansah und ich anfing, ihn über die Geschehnisse des Morgens einzuweihen.


    ~-~


    „Capisco … Also wird sich also alles auf Etior entscheiden …“sagte Paolo während er gen Boden sah.
    „Und wir werden dabei sein! Wir werden das Italia Turnier gewinnen!“meinte ich aufmunternd, worauf Paolo lächelnd bejahte.
    „Wenn du heute nichts zu tun hast, dann kannst du ja zusammen mit Davide, Raffaele und mir den Trainer im Krankenhaus besuchen gehen, wenn du willst.“entgegnete Paolo, worauf ich nickte.
    „Wieso nicht.“erwiderte ich, worauf ich bemerkte, dass ich noch meinen Pyjama anhatte.
    „Gib mir zehn Minuten, dann bin ich fertig!“sagte ich, Paolo antwortete: „Va bene, ich warte dann in der Hotelaula mit Davide und Raffaele.“
    Paolo ging aus dem Zimmer, doch bevor er es tat, schob er mit seinen Füßen noch Giacomos Schuhe zur Seite, sodass man nicht mehr rüber stolpern konnte. Boden, es war schön, deine Bekanntschaft zu machen. Aber nun, auf nimmer wiedersehen!, dachte ich, als ich mich schnell fertig machte. Ich zog kurze, braune Shorts, ein ärmelloses, grünes Top und meine grünen Sneakers an. Schnell lief ich in die Hotelaula. Unten angekommen warteten die drei schon auf mich. Wir begrüßten uns kurz und gingen dann zur nächsten Bushaltestelle. Davide wirkte bedrückt, aber das war auch kein Wunder, wer wäre das nicht nach den Geschehnissen von gestern? Als wir zu einer Bushaltestelle kamen, sahen wir uns den Fahrplan an, warteten dann ein paar Minuten bis der Bus kam und stiegen dann ein, ich saß neben Raffaele. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Bus fast komplett leer war, auch die Straßen, durch die wir fuhren, sahen nicht anders aus. Obwohl es Juni war, war es verdammt kalt draußen, obwohl es in Italien eigentlich selbst in der Früh und bei Regen warm war. Ich verfluchte mich jetzt schon dafür, dass ich ein ärmelloses Top angezogen hatte. Die ganze Busfahrt sprachen wir kein einziges Wort. Alles, was es über die letzte Nacht zu erzählen gab, hatten wir schon erzählt, außerdem würde mir jetzt auch kein anderes Thema einfallen … naja, außer natürlich die Geschehnisse von heut Morgen, aber das hatte Raffaele schon kurz erwähnt, doch die anderen wussten das bereits. Nach einer geschätzten halben Stunde kamen wir beim Krankenhaus an. Ich hasste Krankenhäuser wie die Pest. Alles war gleich, roch nach Desinfektionsmittel und das Essen war auch nicht gerade das Beste … besser gesagt, es war ein Fraß. Wir gingen zur Aufnahme und fragten nach Mario Vedi. Eine Krankenschwester suchte den Namen im Computer, und fand ihn auch prompt. Sie meinte aber, dass nur enge Verwandte ihn besuchen könnten.
    „Dann musst du dann allein gehen. Richte ihm gute Besserung vom Team aus.“sagte Paolo sanft lächelnd, worauf Davide nickte und sich bedankte.
    „Ich melde mich, wenn ich was Neues weiß.“sprach Davide.
    Er sagte der Krankenschwester, dass er sein Sohn sei, was sie dann wieder im Computer suchte. Nach einigen Augenblicken nickte sie und begleitete Davide zum Zimmer.
    „Was machen wir jetzt?“fragte Raffaele.
    „Erkunden wir etwas Rom.“meinte ich, worauf Paolo und Raffaele zustimmend nickten.
    Wir verließen das Krankenhaus und Raffaele holte aus seiner Umhängetasche einen Stadtplan. Wir suchten unseren aktuellen Standpunkt und die Innenstadt. Da diese nicht so weit entfernt waren, entschieden wir, den Weg dorthin zu gehen. Da Raffaele den besten Orientierungssinn von uns dreien hatte, ging er voraus.
    „Aber wenn wir falsch gehen, dann bist du schuld, vergiss das nicht.“meinte ich, worauf er schulterzuckend nickte.
    Nach einer gefühlten Viertelstunde kamen wir bei der Spanischen Treppe an, auf die wir uns setzten.
    „Che ore sono?“fragte ich, worauf Raffaele auf seine blaue Armbanduhr schaute.
    „Es ist erst Neun. Was sollen wir heute machen?“meinte Raffaele, worauf wir beide Paolo ansahen, der zwischen uns saß.
    „Ich hab heute in der Zeitung gelesen, dass im Kolosseum heute irgendetwas stattfinden soll. Ich glaube, es war irgendein Musikstück … Es hieß Carmen. Kennt ihr das?“meinte Paolo, worauf Raffaele nickte, doch ich sah nur gen Boden.
    „Alessandro? Alles in Ordnung?“fragten die beide mich, aber ich antwortete noch immer nicht.
    „Ist es schon wieder Doloma?“meinte Paolo, doch ich schüttelte den Kopf.
    „N-No … Es ist nur … ich hab mich nur an schlechte Erinnerungen erinnert, sonst nichts. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen.“
    „Welche schlechten Erinnerungen?“sprach Raffaele neugierig.
    „O-Oh, d-dass ich d-doch e-egal …“stotterte ich, aber je mehr ich dies tat, desto mehr durchbohrten sie mich mit Fragen.
    „Alessandro, du kannst uns vertrauen.“meinte Paolo, worauf Raffaele nickte.
    „Ich weiß … A-Ach … W-Was solls.“sagte ich und erzählte ihnen über meine Kindheit.


    ~-~


    Ich sah Mammá auf der Bühne, wie sie gerade ihre Rolle der Carmen im gleichnamigen Stück vorspielte. Sie spielten gerade den vierten Akt. Die Kulisse war eine Stierarena in Sevilla, wo Frasquitas gerade vor dem eifersüchtigen José warnte, der sich im Gemenge der Leute befand, doch Carmen ignorierte seine Warnung. Als dann die Leute in die Arena gingen, blieben nur sie und José zurück. José liebte Carmen immer noch, aber sie wollte frei sein und nicht mit ihm ein neues Leben beginnen. Um dieser Aussage noch mehr Aussagekräftigkeit hinzuzufügen, schmiss sie den Ring, den sie von José zuvor geschenkt bekam, vor ihn in den Dreck. Aus Zorn darüber, tötete José Carmen mit einem Messer und bricht verzweifelt über der Leiche zusammen, dann kamen die Leute aus der Arena, vor denen José seine Tat gesteht und fordert, dass sie ihn verhaften sollen. Die Leute klatschten und normalerweise sollten sich jetzt alle Schauspieler verbeugen, aber meine Mutter stand nicht auf. Ich bekam Angst. Plötzlich brachen die Leute auf der Bühne in Panik aus. Sie schrien, machten schnell den Vorhang zu und meinten, wir sollen ruhig und geordnet die Arena verlassen. Ich lief panisch zur Bühne, kämpfte mich durch die drängenden Leute, kletterte auf die Bühne und ging schnell hinter dem roten Vorhang. Meine Mutter lag noch immer am Boden, um sie war Blut. Ein Doktor, ich erkannte ihn an seinem weißen Kittel, und einige andere Personen knieten um ihren leblosen Körper. Ich rannte zu ihr, umarmte sie, schrie wie wild, weinte einen Wasserfall. Die Leute versuchten, mich wegzuzerren, aber ich wehrte mich mit allen Mitteln. Klare Tränen rannen mein Gesicht herunter als die Leute mich immer gewaltsamer wegzuzerren versuchten, sie taten mir weh. Deshalb war ich wütend zum einen Teil, und traurig zum anderen. Als sie mich nun endlich von meiner Mutter weggebracht hatten, saß ich wieder in den Publikumsrängen, meine Schatulle in der Hand. Ich hörte sie mir immer und immer wieder an, doch das machte mich nicht fröhlicher.
    „Sei nicht traurig, ich kann dir helfen!“hörte ich plötzlich eine Stimme und sah in meine Schatulle.
    In den Spiegeln sah ich eine schwarze Gestalt, die eine graue Maske trug. Sie war spitz, hatte große, runde Augen und eine spitze Zunge, die gekrümmt war. Ich erschrak kurz, lauschte der Gestalt dann aber aufmerksam.
    „Gib mir deinen Körper als Hülle, dann werde ich deine Mutter wiederbeleben.“sprach sie in einem verführerischen Ton.
    Ich wollte einwilligen, dachte dann aber noch einmal nach. Außer Mammá hatte ich niemanden, mein Vater hatte mich und sie schon lange zuvor verlassen. Sollte ich das wirklich tun? Aber wichtiger war, konnte diese Gestalt sie wirklich wiederbeleben?
    „B-Bene … D-Du bekommst m-meinen Körper …“stotterte ich ängstlich, worauf plötzlich ein schwarzer Tornado aus der Box kam, der mich regelrecht verschlang.
    Das letzte was ich vernahm, bevor ich bewusstlos wurde, war, wie die Gestalt sagte: „Du bist so leichtgläubig! Niemand kann einen Menschen wiederbeleben! Aber du bist ja noch eine kleine Kröte, du verstehst das noch nicht … Ich bin Doloma, von nun an der neue Herrscher über deinen Verstand und Körper!“


    ~-~


    In diesem Moment rumorte Doloma wieder in meinem Körper. Ich wiedersetzte mich ihm, aber es tat immer mehr weh. Immer mehr unterdrückte ich es, doch Doloma war drauf und dran, meinen Körper wieder zu übernehmen.
    ‚Du wirst nie von mir loskommen!‘, sprach Doloma in meinem Kopf.
    ‚Das werden wir ja noch sehen …‘erwiderte ich, innerlich kämpfte ich mit aller Kraft gegen ihn.
    Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich meine Augen geschlossen hatte. Ich öffnete sie und sah Paolo in die Augen.
    „Bekämpf ihn! Du kannst es schaffen, ich glaube an dich.“sagte er und irgendwie machte er mir Mut.
    Als ich einen stechenden Schmerz in meinem Herzen spürte, zuckte ich zusammen. Paolo verfestigte seinen Griff um meine Schulter, ich weinte aus Verzweiflung.
    Nun spürte ich auf eine Hand auf meinem Fuß, als ich Raffaele hörte, wie er sagte: „Alessandro, du schaffst das.“
    Mir tat alles weh, ich hätte Doloma am liebsten meinen Körper überlassen, so schäbig fühlte ich mich in diesem Augenblick. Körperlich gab ich schon längst auf, aber mein Wille war noch nicht gebrochen. Und so kämpfte ich weiter gegen Doloma.
    ‚GIB GEFÄLLIGST AUF, DU BALG!‘schrie Doloma in meinem Kopf.
    ‚No, lass mich einfach in Ruhe!‘, erwiderte ich zornig.
    Mein ganzer Körper bebte. Mir wurde schlecht, mir war kalt, ich fühlte mich einfach erbärmlich. Aber, ich kämpfte weiter. Ein paar Augenblicke später ließ der Schmerz nach.
    ‚Fürs Erste hast du gewonnen … Aber das wird Folgen haben!‘meinte Doloma, doch das war mir in diesem Moment egal.
    Ich seufzte, öffnete die Augen, starrte gen Boden und lächelte. Paolo und Raffaele lachten und sagten, sie seinen stolz auf mich. Und irgendwie war ich das auch.


    MFG
    KiroUHaFnir

  • Hallo


    So, sorry, dass es wieder so lange dauert, das kommt davon, dass ich nur am Wochenende produktiv bin, aber das ist jetzt nicht wichtig.


    Erst mal, muss ich sagen, dass es wieder ein gut geschriebenes Kapitel war. Hat mir gut gefallen, besonders den Rückblick Alessandros, bzw. die Vorgeschichte von Doloma und besagtem Jungen. Fand ich echt gut, ich bin ja allgemein auch ein Beführworter von teuflischen Wesen, die in den Körpern von unschuldigen Menschen wohnen und ihm da schön das Leben zerstören. So etwas trifft ja sowieso mein Geschmack.


    Auf jeden Fall wieder ein sehr interessantes Kapitel, mehr hab ich jetzt aber auch nicht zu sagen, darum kommen wir mal zu den Fehlern.



    Jau, das war's dann auch schon. Wirklich gut geschrieben und ja, freu mich auf das nächste Kapitel.


    MfG Gin

  • Capitolo Dodici
    Seelen
    (Aus der Sicht von Raffaele Dionsos)
    Es ist unglaublich, wie viel Kraft die Seele dem Körper zu leihen vermag.
    Wilhelm von Humboldt


    „Va bene, was machen wir jetzt?“fragte ich während ich Paolo und Alessandro ansah.
    „Das Spiel ist erst am Abend, also haben wir Zeit. Ein bisschen Sightseeing würd ich vorschlagen.“erwiderte Alessandro lächelnd.
    Ich war froh, dass er wieder lächelte nachdem, was dieser Höllenfürst mit ihm angestellt hat.
    Das mit den Caernus, Höllenfürsten und was es da sonst noch gab machte mir zwar Angst, aber natürlich würde ich das vor den anderen nie zugeben.
    „Bene, wohin gehen wir zuerst? In Rom gibt es ja einiges zu erkunden.“sagte Paolo ebenfalls lächelnd.
    „Vielleicht zum Bocca della veritá?“meinte ich, worauf sie nickten und ich eine Stadtkarte aus meiner Umhängetasche holte.
    Wir suchten auf der Karte nach der Kirche Santa Maria in Cosmedin, denn vor dieser befand sich der Mund der Wahrheit. Der Legende nach verliert man seine Hand, wenn man in den Mund greift und nicht die Wahrheit sagt.
    Als wir die Kirche gefunden hatten, entschieden wir uns, mit dem Bus dorthin zu fahren, da es zum Laufen zu weit war. Ich steckte meine Karte wieder in die Umhängetasche und wir gingen zur nächsten Bushaltestelle.
    „Raffaele, eine Frage“, fing Paolo an, „du bist ja ein normaler Mensch und ohne Übernatürliches groß geworden … wie gehst du eigentlich mit dem Ganzen um?“
    Ich sah ihn überrascht an, antwortete dann aber langsam: „Es ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich komm damit klar.“
    Paolo nickte nur, als der Bus kam. Wir stiegen in den leeren Bus und saßen uns in die letzte Reihe. Alessandro links, ich rechts und Paolo in der Mitte. Heute ist aber nicht viel los, dachte ich, als Alessandro und Paolo sich über alte Bauwerke unterhielten. Desinteressiert sah ich aus dem Fenster und noch immer waren keine Menschen auf der Straße. Es war halb zwölf und es war niemand in der Stadt… ein seltsames Gefühl überkam mich. Wo waren die ganzen Leute? War heute etwa ein besonderer Tag? Vielleicht hat es auch etwas mit dem Konflikt mit Frankreich zu tun. Ich kramte in meiner Tasche herum, bis ich endlich mein Handy fand und las noch einmal den Bericht über Italiens Rauswurf aus der EU durch.
    „Hey, Paolo, sieh dir das einmal an.“sagte etwas abwesend.
    Ich zeigte ihm eine Stelle des Berichtes, die er laut vorlas: „Heute wird der Staatspräsident von Frankreich, Eric Impytioale, bei einem Fußballspiel der Mannschaften I Lupi und Fulmine a catena gastieren und will, nach eigener Aussage ‚somit die Wogen zwischen den beiden konkurrierenden Ländern glätten‘.“
    „Che cosa? E-Er will bei unserem Spiel dabei sein?“meinte Alessandro etwas ängstlich.
    „Anscheinend. Aber ich denke nicht, dass er wirklich den Konflikt beenden möchte.“erwiderte ich nüchtern.
    „Was ist das eigentlich für ein Streit?“fragte Paolo, der anscheinend wie Alessandro keine Ahnung hatte.
    „Ich erkläre es euch; Frankreich und Italien waren einmal geschätzte Handelspartner und sie beide teilten die Leidenschaft für den Fußball. Doch als Italien angeblich jahrelang weniger für die Waren gezahlt hat, als abgemacht, kamen sie in einen Clinch. Es wurde außerdem nie bewiesen, ob diese Aussage stimmt. Wenn ihr mich fragt, ist das also alles erlogen und Frankreich will nur das Schlimmste für unser Land. Aber warum das so ist, können wir nur erahnen.“erläuterte ich, worauf beide nickten.
    „Aber warum ist der Staatspräsident bei unserem Fußballspiel, wenn nicht darum, Italien zu verzeihen?“sagte Alessandro nervös.
    Ich zuckte mit den Schultern, was ihn noch nervöser werden ließ.
    „Davide sagte, dass der Kapitän von I Lupi, Gianluca Correane, ein Mitglied der Mafia sei. Deshalb müssen wir bei diesem Spiel besonders aufpassen.“meinte Paolo, worauf er Alessandro noch mehr aus der Ruhe brachte.
    „Alessandro, beruhige dich! Wir schaffen das schon.“sagte ich und er kam etwas runter.
    Der Bus blieb vor der Santa Maria in Cosmedin stehen und wir stiegen aus. Wir gingen zum Kirchentor, neben dem sich der Mund der Wahrheit befand. Noch immer waren keine Leute zu sehen und es fing an zu regnen. Alessandro meinte schon von vorherein, dass er nicht hineingreifen würde.
    „Ich mach es, wenn du es machst, Raffaele.“meinte Paolo und lächelte mich an.
    „Wenn es sein muss …“erwiderte ich und Paolo sprach: „Du darfst gerne zuerst rein greifen.“
    War ja klar, dachte ich und machte vorsichtig einen Schritt vorwärts. Etwas Angst hatte ich ja, dies musste ich zugeben. Aber, was kann denn schon passieren? Langsam griff ich in die Öffnung hinein, ich bekam sofort eine Gänsehaut. Als mein Hand nun vollkommen in der Öffnung verschwunden war, beruhigte ich mich. Innen war der Stein, im Gegensatz zum Rest, glatt. Das kam wahrscheinlich davon, dass schon sehr viele Menschen hineingegriffen haben. Steter Tropfen höhlt eben den Stein, in diesem Sinne sogar wörtlich.
    „Cosí, dann stellen wir dir also nun ein paar Fragen und sehen, was passiert.“meinte Paolo. (So, …)
    „Es wird nichts passieren.“erwiderte ich einerseits, um Paolo davon zu überzeugen, dass wirklich nichts passiert und andererseits mich zu beruhigen, ob nicht doch etwas geschehen könnte.
    „Bene, erste Frage; Hast du Angst?“fragte mich Paolo, worauf ich selbstbewusst antwortete: „Naturalmente non.“(Natürlich nicht)
    Da ich bei meiner Hand nichts spürte, war doch nichts hinter dem Gerücht. Ich zog meine Hand wieder heraus und zuckte mit den Schultern.
    „Naja, schade.“sagte Paolo etwas enttäuscht.
    „Ich bin froh, dass nichts passiert ist.“sprach Alessandro erleichtert, worauf ich lächeln musste.
    „Natürlich ist das nur ein Ammenmärchen, was habt ihr denn gedacht?“
    Wir drei drehten uns in die Richtung, aus der die Stimme kam und sahen Davide mit einem roten Schirm.
    „Ciao, Davide.“begrüßten wir ihn und er spannte den Schirm ab.
    „Wie geht es dem Trainer?“erkundigte ich mich.
    „Ihm geht es schon etwas besser. Heute Abend wird er aber wahrscheinlich noch nicht fit genug sein.“sagte er etwas bedrückt.
    „Woher wusstest du eigentlich, dass wir hier sind?“fragte ihn Alessandro, worauf er uns erläuterte, dass Paolo es ihm per WhatsApp geschrieben hätte.
    „Ich muss euch noch etwas Wichtiges erzählen. Ihr wisst bereits, dass Gianluca der Anführer einer Mafia-Einheit ist, doch das ist noch nicht alles. Da ich nun nicht mehr für die Mafia arbeite und von dieser noch einige Geheimnisse kenne, verfolgen sie mich. Doch weil ich die Seelen der Menschen erspüren kann, fühle ich auch, wenn Feinde in der Nähe sind und kann so schnell handeln. Und als sich meine Verfolger unterhalten haben, fand ich heraus, dass Eric Impytioale die italienische Mafia unterstützt, um Italien und Frankreich zu verbünden und so an mehr Macht zu kommen. Dadurch würde die Mafia Italien übernehmen und die Göttinnen wären noch stärker, sozusagen unbesiegbar. Das müssen wir unbedingt verhindern!“erklärte Davide ernst und erinnerte mich so etwas an den Trainer.
    „E-Er unterstützt die Mafia?“fragte Alessandro ängstlich.
    „Deshalb ist er wahrscheinlich bei unserem heutigen Spiel dabei.“schlussfolgerte ich und Davide sah mich überrascht an.
    „Bei unserem Spiel? Wenn das wirklich so ist, können wir vom Schlimmsten ausgehen.“ sprach Davide und Alessandro wurde immer ängstlicher.
    „Wir schaffen das. Wir gewinnen das Turnier und werden auch die Mafia aufhalten.“sagte Paolo und machte uns Mut.
    Alessandro beruhigte sich dank ihm auch wieder etwas. Auf einmal hörten wir ein Magenknurren und Davide lief leicht rot an.
    „S-Scusí, ich hab den ganzen Tag noch nichts gegessen.“entschuldigte er sich und wir beschlossen, Essen zu gehen, da es auch schon Mittag war.


    ~-~


    „Davide, kannst du uns mehr über die Caernus erzählen?“fragte ihn Paolo, während wir in einem kleinen Café in der Nähe der Santa Maria in Cosmedin waren.
    Überrascht sah er ihn an und fragte nach dem Grund. Paolo erwiderte nur, dass es uns vielleicht irgendwann einmal nützlich sein könnte.
    „Va bene. Es gab nach der sogenannten ‚Läuterungsschalcht‘ nur mehr eine Hand voll Caernus auf der Welt, da die Göttinnen alle anderen ausgerottet haben, aber ich weiß nicht einmal, ob nicht schon alle anderen außer Michele und mir noch leben. Doch wenn die Caernus aussterben, dann wirft das die Welt aus dem Gleichgewicht und sie wird sich selbst zerstören, doch das wissen die Göttinnen nicht.“
    „Sich selbst zerstören?“fragte ich und sah Davide verwirrt an.
    „Sí. Die Caernus haben die Erde und die Lebewesen darauf erschaffen, sowie auch das Himmlische Volk und die Hölle. Den Himmel erschufen sie damit die Erde auf immer erblühen möge, das heißt, dass die Natur erhalten bliebe. Die Hölle erschufen sie um den Lebewesen Gefühle und Intelligenz zu verleihen. Die Göttinnen sind die Wächter der Natur und die Höllenfürsten und Dämonen wachen über die Menschen und Tiere. Die Caernus herrschen über sie beide, doch das wollten sich die Göttinnen nicht gefallen lassen und den Rest der Geschichte kennt ihr schon.“
    „Bist du von Geburt an ein Caernus oder übernimmt dieser so wie ein Höllenfürst deinen Körper?“meinte Alessandro und sah Davide interessiert an.
    „Ich bin seit meiner Geburt ein Caernus … sowie auch mein Vater.“
    Wir drei sahen Davide überrascht an, der uns darauf erklärte: „Ich bin nur ein Caernus, weil mein Vater, als ich gerade auf die Welt gekommen war, das Vererbungs-Ritual mit mir gemacht hatte. Für das Ritual muss man ein sehr großes Opfer bringen. Man muss nämlich die Kraft von jemandem oder etwas, was man am liebsten hat, in den Körper des Neugeborenen versiegeln … mein Vater wollte dieses Ritual eigentlich gar nicht machen, doch meine Mutter bestand darauf u-und …“Davide brach abrupt ab, sah gen Boden und sagte kein Wort mehr.
    Wir drei konnten uns glaube ich vorstellen, wen Herr Vedi für das Ritual verwendet hatte.
    „Werden Caernus älter als gewöhnliche Menschen?“fragte Paolo und Davide sah auf.
    „No … außer, wenn man in der dritten Form ist und bleibt. Dann ist man unsterblich.“
    „Da fällt mir ein, dass Michele ja beim Orakel wissen wollte, wie man sich leicht in die dritte Form versetzt und das Orakel meinte, dass er dafür die elf Seelensteine benötigt. Weißt du, was das für Steine sind?“sprach Alessandro und Davide sah ihn erschrocken an.
    „Seelensteine? Moment … die Sachen die wir in Rom finden mussten, das waren doch Steine, oder?“sagte Davide und ich begann, in meiner Tasche herum zu kramen.
    Eigentlich hätten wir ja die Sachen Herrn Vedi geben sollen, aber ich wollte den Stein behalten. Warum wusste ich nicht, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich ihn noch gebrauchen könnte und gut, dass ich damit richtig lag.
    „Davide … hier.“
    Ich gab Davide einen dunkelblauen, Handteller großen, flachen Stein und er sah ihn sich genau an. Davide meinte, dass dies ein Seelenstein sei, doch er verstehe nicht, was sein Vater mit ihnen vorhatte.
    „Vielleicht will er sich in seine dritte Form verwandeln?“fragte Paolo und Davide wurde kreidebleich.
    „Gestern nach dem Training hatte er ja die Steine bei sich, vielleicht hat es jemand auf sie abgesehen?“erwiderte ich während Davide seine Augen zusammenkniff und die Hand mit dem Stein zu einer Faust ballte.
    Paolo und Alessandro sahen Davide mitleidig an, doch ich sprach: „Ich weiß, an wen du denkst und das ist auch gar nicht so abwegig. Doch bedenke, dass er während dem, was mit dem Trainer passiert ist, bei uns war.“
    „Wer sollte es denn sonst sein? Außer ihm weiß niemand von den Steinen Bescheid!“sprach Davide aufgebracht.
    „Vielleicht doch. Warum sonst hätte man ihn angegriffen? Und ich denke nicht, dass es die Mafia war, da sie wahrscheinlich wissen, dass er ein Caernus ist und deshalb viel zu gefährlich … wissen sie eigentlich, dass du ein Caernus bist?“sprach ich und Davide nickte etwas bedrückt.
    „Sie haben einige Bluttests gemacht und da ich keine weißen Blutkörperchen, sondern nur Rote, besitze, haben sie herausgefunden, dass ich ein Caernus bin.“
    „Das werden sie dann wahrscheinlich auch bei Herrn Vedi gemacht haben, denke ich.“
    „Wer war es dann? Die Seelensteine nützen nur Caernus etwas, da sie die kristallisierte Form von Menschlichen Seelen sind. Die Caernus sind die Wächter des Seelenreservoirs der Welt, dies ist unsere Aufgabe. Pflanzen und Lebewesen würde es ohne dieses Reservoir gar nicht geben, denn ohne Seele lebt nichts. Wenn man einen Baum fällt, stirbt seine Seele und ein winzig kleiner Teil der Natur zerfällt. Wenn ein Mensch stirbt ist es das Gleiche, doch damit dann nicht die Menschheit ausstirbt, sammeln wir die Seelen in dem Reservoir um dann Neugeborenen die Seelen der verstorbenen Menschen wiederzugeben. Dies ist der Zyklus des Lebens.“
    „Doch wenn die Seelen immer wieder wiederverwertet werden, wie sind dann die Seelensteine entstanden? Sind es besondere Seelen?“fragte Paolo, während ich die Zeit auf meinem Handydisplay ablas, es war halb zwei.
    „Sí, es sind die Seelen von Caernus, die in ihrer menschlichen Form gestorben sind. Sie können, wie andere Seelen, nicht wiederverwertet werden und kristallisieren sich deshalb.“erklärte Davide.
    „Und mit der Stärke der Caernus-Seelen darin kann man sich dann problemlos in die dritte Form verwandeln, oder?“sprach ich und Davide nickte.
    „Du hast doch gesagt, es gibt nur mehr fünf Caernus … Michele, Herr Vedi und du, ihr seid drei, dann noch der, der hinter den Seelensteinen her ist … vielleicht leben doch noch alle fünf?“schlussfolgerte Paolo und Davide zuckte mit den Schultern.
    „Der Fünfte kann mir gestohlen bleiben, ich will nur wissen, wer das meinem Vater angetan hat.“meinte Davide als jemand in das Café gestürzt kam.
    Wir drehten uns in die Richtung des Mannes, welcher aufgebracht brüllte: „Questo é troppo! Come si permette?“ (Das geht zu weit! Was erlauben sie sich?)
    Der Mann sagte, dass der Kellner den Fernseher anschalten sollte, was er auch tat. Im Fernsehen waren gerade die Nachrichten, in denen eine Demonstration gezeigt wurde.
    „Tausende Italiener gehen in ganz Italien auf die Straßen um gegen die Ungerechtigkeit der Franzosen anzukämpfen, denn Frankreichs Staatspräsident Eric Impytioale verlangt eine Rekordsumme von Italien für etwas, was sie nach eigenen Aussagen nie getan hätten.“
    Im Café wurde es immer lauter und man verstand den Rest des Berichtes nicht mehr. Wir beschlossen das Café zu verlassen und in das Hotel zurückzugehen. Im strömenden Regen liefen wir schnell zur nächsten Bushaltestelle und warteten auf den nächsten Bus.


    ~-~


    Platschnass kamen wir im Hotel an und gingen auf unsere jeweiligen Zimmer um uns umzuziehen. Ich betrat das Zimmer und bemerkte, dass Leonardo nicht da war. Wahrscheinlich sieht er sich die Stadt an oder so, dachte ich während ich zu meinem Koffer ging und trockene Sachen herausnahm. Schnell zog ich die nasse, kalte Kleidung aus und die trockenen Sachen, eine lange, braune Hose und ein langärmeliges, blaues T-Shirt, an. Die nassen Sachen hängte ich im Bad bei den Handtuchhaltern auf. Dann saß ich mich auf die Bettkante und ließ mich mit einem Seufzer zurückfallen. Gedankenversunken griff ich nach meiner Umhängetasche, welche rechts neben mir lag. Ich kramte in ihr herum, bis ich endlich den Seelenstein und mein Ringbuch gefunden hatte.
    Die anderen meinten es seie mädchenhaft, dass ich ein Tagebuch besitze, doch dies stört mich nicht, da ich gerne Sachen aufschreibe die mich interessieren. Vor allem finde ich es nützlich, dass ich immer wieder etwas nachschlagen kann, wenn ich etwas vergessen habe. Ich saß mich auf und holte meinen blauen Kugelschreiber aus der Seite meines Ringbuches. Schnell schlug ich es auf und notierte auf der linierten Seite links oben das heutige Datum. Danach schrieb ich alles auf, was ich heute von den Caernus erfahren hatte. Für mich ist es irgendwie schwer zu glauben, dass es eine höhere Macht gibt, vor allem, da ich nicht an Gott oder irgendwelche Göttinnen glaube. Hätte ich nicht mit eigenen Augen gesehen, wie Alessandro sich in Doloma verwandelt hat, dann würde ich es bis heute nicht glauben. Ich nahm den Seelenstein in die Hand und sah ihn genau an. Er sah aus wie ein Saphir und glänzte auch so schön. Wenn ich daran dachte, dass dies die Seele eines verstorbenen Caernus war, dann betrachtete ich den Stein sofort anders. Dann fragte ich mich, wie der Caernus wohl gestorben ist.
    Jäh wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als es heftig an der Tür klopfte. Ich versteckte den Stein schnell unter dem Bett, ging zur Tür und öffnete sie mit einem unguten Gefühl.
    „Ciao, Michele.“begrüßte ich ihn.
    „Ciao, Raffaele. Kann ich mit dir einmal reden?“fragte er und ich ließ ihn ins Zimmer.
    Ich schloss die Tür und saß mich neben ihn auf die Bettkante. Michele wirkte abwesend, so, als würde ihn irgendetwas belasten.
    „Ist alles in Ordnung?“fragte ich ihn, doch er zeigte keine Reaktion.
    „Wie geht es dem Trainer?“entgegnete er und nun wusste ich ganz sicher, dass etwas nicht stimmt.
    „Besser, aber für das Spiel heute Abend wird er noch nicht fit genug sein.“
    „Hat Davide irgendetwas über die Caernus erzählt?“
    Ich sah Michele überrascht an. Sollte ich nun die Wahrheit sagen oder nicht? Wenn ich nicht die Wahrheit sage, tut er mir vielleicht etwas, dachte ich etwas ängstlich.
    „Sí, hat er.“antwortete ich knapp.
    „Was hat er erzählt?“erwiderte Michele in einem neutralen Ton.
    „Über die Aufgaben des Himmels, der Hölle und der Caernus.“
    Und den Seelensteinen, aber das erwähne ich jetzt lieber nicht.
    „Sonst nichts?“
    Michele sah mir in die Augen und hatte einen durchdringenden Blick, der mir Angst einjagte. Aber ich versuchte, ruhig zu bleiben.
    „No, nicht, dass ich wüsste.“sagte ich mit etwas zittriger Stimme.
    „Raffaele, sag die Wahrheit.“sprach Michele und seine Augen färbten sich rot.
    „C-Che cosa?“entgegnete ich erschrocken und stand von der Bettkante auf.
    „Ich tu dir nichts solange du mir die Wahrheit sagst.“meinte Michele und es fühlte sich so an, als würde sein Blick mich geradezu durchbohren.
    „Er hat uns noch von einem Vererbungs-Ritual erzählt.“
    Michele sah mich überrascht an und ich sah auf mein Ringbuch, welches hinter Michele lag. Michele folgte meinem Blick und nahm es in die Hand. Er blätterte auf die Seite des heutigen Tages und ich stand wie elektrisiert da. Ich war zu feige um irgendetwas zu tun.
    „Deshalb wurde er also angegriffen.“sagte Michele und schlug mein Ringbuch zu.
    „Du hast dir also Gedanken darüber gemacht?“fragte ich vorsichtig.
    „Sí, naturalmente. Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen und nun habe ich die Antwort. Raffaele … bitte gib mir deinen Seelenstein.“(…,natürlich)
    „Perché?“(Warum?)erwiderte ich etwas verwirrt.
    „Ich will mich in meine dritte Form versetzen, damit ich verhindern kann, dass die Göttinnen die Welt übernehmen und die Caernus ausrotten.“erklärte er und ich saß mich wieder neben ihn hin.
    Seine Augen waren wieder himmelblau und er sah mir noch immer in die Augen.
    „Warum sollte ich dir das glauben?“fragte ich und Michele wandte betreten den Blick ab.
    „Alles, was ich bisher getan habe, galt nur den Caernus. Ich würde alles tun, um meine Art nicht aussterben zu lassen … wirklich alles.“
    Bevor ich etwas sagen konnte, klopfte es erneut. Ich ging zur Tür und öffnete sie. Davide und Paolo standen vor mir und ich ließ sie ohne Worte ins Zimmer.
    „Was machst du denn hier?“fragte Davide Michele etwas wütend, doch Michele antwortete nicht, er würdigte ihn nicht einmal eines Blickes.
    „Warum plauderst du einfach so Geheimnisse der Caernus aus?“entgegnete Michele und Davide rechtfertigte sich damit, dass dies keine Geheimnisse waren.
    „Achja? Und was ist mit dem Vererbungs-Ritual?“meinte Michele, stand auf und sah Davide an. Die beiden standen einen geschätzten Meter voneinander entfernt.
    Davide wollte etwas erwidern, doch machte schnell wieder den Mund zu und schwieg. Es herrschte eine bedrückende Stille.
    „Michele … wer oder was wurde in dich versiegelt?“fragte ich ihn.
    Michele sah mich überrascht an und gab eine Antwort, welche ich nie erwartet hätte.



    MFG
    AlitoUHaFnir

  • Capitolo Tredici
    Herrscher über allem
    (Aus der Sicht von Raffaele Dionsos)
    Wer das Leben nicht schätzt, der verdient es nicht.
    Leonardo da Vinci


    „Mein Vater, welcher auch ein Caernus war, hat sich selbst in mich versiegelt.“, antwortete Michele und sah bedrückt gen Boden.
    Davide schaute Michele resigniert an, Paolo und ich taten ihm dies nach.
    „Das ist unmöglich!“, entgegnete Davide nach einigen bedrückenden Augenblicke des Schweigens.
    „Soll ich dir jetzt etwa meine Versiegelung zeigen, damit du es mir glaubst?“, erwiderte Michele energisch und Davide wusste nicht recht, was er darauf antworten solle.
    „Was ist eine Versiegelung?“, fragte ich vorsichtig, nicht erwartend, dass ich darauf eine Antwort bekommen würde.
    Als Davide gerade etwas sagen wollte, holte Michele blitzschnell ein Messer aus seiner Hosentasche und bedrohte ihn damit.
    „Sag nur ein Wort darüber und ich garantiere für nichts.“, sprach Michele in einem drohenden Tonfall, während seine Augen wieder ein stechendes Rot annahmen.
    Davides rote Augen wurden auf einen Schlag eisblau und er sah Michele düster an, dieser tat es ihm gleich. Paolo und ich standen wie gelähmt neben ihnen und sahen ängstlich das Szenario an.
    „Eine Versiegelung ist-“, weiter kam Davide nicht, da Michele mit dem Messer auf ihn losging.
    Geschickt wich Davide Michele aus und entwaffnete ihn, indem er ihm das Messer aus der Hand schlug, welches direkt vor meinen Füßen landete. Da die beiden zu sehr mit sich beschäftigt zu sein schienen, hob ich es schnell auf und versteckte es hinter meinem Rücken. Paolo blieb dies aber nicht verborgen und er sah mich entgeistert an.
    „Zur Sicherheit.“, flüsterte ich ihm zu, worauf er sich etwas beruhigte.
    Michele und Davide standen vor uns und schenkten sich Blicke der Verachtung und des puren Hasses.
    „Zwing mich nicht, Zauber anzuwenden.“, warnte ihn Michele, doch Davide zischte nur zurück: „Meinst du, vor dir habe ich Angst?“
    „Crucio Bellum!“, rief Michele und Davide fiel zitternd auf die Knie.
    „Michele, was machst du?“, sagte Paolo schockiert, doch er erwiderte nichts, würdigte ihm nicht einmal eines Blickes.
    „Du haltest dich gut dafür, dass du in keiner deiner Formen bist.“, meinte Michele kalt und lächelte herzlos. Davide kullerten ein paar Tränen die Wange runter und Paolo kniete sich neben ihn hin.
    „Lass ihn doch in Ruhe!“, schrie Paolo und legte einen Arm um den zusammengekauerten Davide.
    Zitternd hielt ich das Messer in der Hand. Sollte ich es wagen? Ich müsste ihn nur ablenken und je mehr ich jetzt nachdenke, desto länger wird Davide gequält. Den Kopf schüttelnd trat ich schnell hinter Michele, schlang einen Arm um seinen Bauch und seine Arme, mit dem anderen bedrohte ich ihn mit dem Messer. Davide hörte auf zu zittern und stand etwas holprig mit Paolo auf. Seine Augen waren noch immer eisblau und bei deren Anblick begann ich innerlich zu frösteln.
    „Normalerweise hättest du nun dasselbe verdient, aber das würde auch nichts bringen … deshalb beende ich es lieber gleich.“
    Bei den letzten Worten lief mir ein kalter Schauer über den Rücken und auch Michele schien zurückgeschreckt zu sein.
    „Na klar, bring noch einen Caernus um, von uns gibt es ja so viel! Zerstöre ruhig die Welt!“, meinte Michele und ich merkte einen Anflug von Angst in seiner Stimme. Davide sah ihn unsicher an.
    „Vollidiot …“, sprach Michele und schlug mit seinem Ellbogen in meinen Bauch, worauf ich kurz zusammenzuckte.
    Michele nutzte diesen Moment um sich aus meinem Griff zu lösen, mir das Messer wegzunehmen und mich so zu bedrohen, wie ich es vorhin tat. Mir wurde heiß und kalt zugleich als ich die scharfe Schneide des Messers an meinem Hals fühlte. Ich konnte schwer atmen und mein ganzer kribbelte so, als ob man mich mit tausend Nadeln auf einmal stechen würde.
    „Crucio Bellum.“, flüsterte Michele mir ins Ohr und ich spürte, wie ein starker Schmerz meinen Körper zum beben brachte.
    Ich wollte schreien, doch aus irgendeinem Grund gelang es mir nicht. Es kam mir so vor, als ob man immer wieder auf mich mit einem Messer einstechen und dann wortwörtlich Salz in die Wunde streuen würde. Mir wurde enorm übel und ich dachte, ich würde jeden Moment erbrechen. Am liebsten wäre ich auf der Stelle gestorben, dachte ich, als ich spürte, wie mir Tränen aus den Augen rannen.
    „Michele! Diesen Zauber auf einen Menschen anzuwenden kann tödlich ausgehen und das weißt du genau!“, meinte Davide und Michele lachte nur.
    „Das kleine Bisschen hier ist doch noch nicht tödlich … aber wenn man es drei Mal erhöht, dann“, sagte Michele und drückte mit der flachen Seite des Messers meinen Kopf zurück, sodass ich ihn ansehen musste, „wird es erst lustig.“
    Als er mein schmerzverzerrtes Gesicht sah, lächelte er eiskalt und sprach erneut den Zauber aus: „Crucio Bellum.“
    Ich zuckte so sehr zusammen, dass ich dachte, jetzt würde ich sterben. Michele ließ mich los und ich landete unsanft am Boden, worauf ich mich zu einer Kugel zusammenkauerte. Ich dachte, ich würde verbrennen, da mein ganzer Körper sich auf einmal so heiß anfühlte. Dieser Schmerz kam zu dem anderen dazu, wodurch ich dachte, ich würde verrückt werden. Noch immer schnürte mir etwas die Kehle zu, sodass ich nicht schreien konnte.
    „Imperato!“, hörte ich und plötzlich ließ der Schmerz nach.
    Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich die Augen geschlossen hatte, als ich sie verwundert öffnete und in Paolos Augen sah.
    „Alles in Ordnung?“, fragte er aufgeregt, worauf ich nur schwach nickte.
    Benommen sahen Paolo und ich zu Michele, der still dastand und Davide böse anfunkelte.
    „Was … ist das für ein Zauber?“, sprach ich mit zittriger Stimme. Mir war noch immer speiübel.
    „Durch Imperato kann man ein anderes Lebewesen kontrollieren und es machen lassen, was man will. Normalerweise zählt es mit Crucio Bellum und Mortate ja zu den Verbotenen Zaubern, doch dieses eine Mal musste ich eine Ausnahme machen.“, erklärte Davide und wandte seinen Blick nicht von Michele ab.
    „Können nur Caernus Zauber einsetzten oder auch Höllenfürsten und Dämonen?“, fragte Paolo und sah Davide sichtlich verstört an.
    „Zaubern können nur die Caernus einsetzen und das eigentlich auch nur, um sich notfalls zu verteidigen. Doch mittlerweile gehören sie zu unserem Alltag. Göttinnen und Höllenfürsten können nur die Metamorphose anwenden um sich in etwas zu verwandeln oder um Teile von sich in etwas zu verwandeln. Crucio Bellum, Mortate und Imperato wurden von den ersten Caernus verboten, da man sie für zu grausam befand. Jeder, der solch einen Fluch einsetzt, außer in einer Notsituation oder um jemanden zu helfen, kommt in den Orcus. Das ist die Unterwelt die noch nie jemand verlassen hat. Doch heutzutage werden den alten Regeln nicht mehr Beachtung geschenkt und jeder macht leider, was er will.“
    „Also kommt Michele jetzt in den Orcus?“, meinte ich noch immer kraftlos, worauf Paolo mich mitleidig ansah.
    „Pah, den Orcus gibt es doch gar nicht! Damit wurde uns doch nur, als wir noch klein waren, Angst eingeflößt!“, entgegnete Michele und sah Davide verachtend an.
    „Achja? Ich war schon bei der Pforte des Orcus und will dort kein zweites Mal hin.“, erwiderte Davide laut, worauf ihn Michele ungläubig ansah.
    „Lüge! Alles Lüge!“, schrie Michele und war den Tränen nahe. Davide sah ihn irritiert an und Michele fiel auf die Knie.
    Er fing heftig an zu weinen. Ich hockte mich langsam auf und kniete mich neben ihn hin.
    Mit der verbliebenen Kraft meiner Stimme sprach ich: „Lasst mich und Michele einmal allein …“
    „Aber was ist, wenn er dir etwas tut?“, fragte Davide, doch ich meinte nur, dass er dies nicht mehr tun würde … dies hoffte ich zumindest inbrünstig.
    Etwas zögerlich gingen sie hinaus und schlossen die Tür.
    „Michele … jemand den du sehr gern mochtest wurde dorthin verbannt, oder?“, sagte ich und mir wurde schwindelig.
    Michele fing noch mehr an zu weinen. Ich legte einen Arm auf seine Schulter und meinte, er solle mir verraten, wer es war.
    „Warum sollte ich es gerade DIR sagen?“, erwiderte Michele wütend und sah mich mit seinen roten Augen wieder durchdringend an.
    „Ich will dir nur helfen.“
    „Das sagen alle! Und dann verraten sie mich, sodass ich sie umbringen muss, weil sie zu viel wissen.“
    Michele sah mich wütend und traurig zugleich an und weinte noch mehr.
    „Prego … erzähl mir, was passiert ist.“, sagte ich und Michele schrie: „Verstehst du es nicht? Ich habe dir nichts sagen!“
    „Wer hat dich verraten? Und wen hast du alles deshalb umgebracht?“, fragte ich weiter, worauf Michele den Kopf hängen ließ.
    „Viele … viel zu viele Menschen.“, erwiderte er und tat mir irgendwie leid.
    Die Menschen, die ihn verraten hatten, wussten anscheinend genauso wenig wie er selbst, dass sie mit dem Feuer spielen. Michele deshalb, weil er in den Orcus kommen könnte und die Menschen, weil sie ihn eiskalt verraten hatten. Aber … anscheinend begriff er erst jetzt, dass er kostbare Leben getötet hatte, welche nicht mehr zurückkamen, so sehr man sich auch danach sehnte.
    „Wer kam dafür, dass er gegen dich einen verbotenen Zauber eingesetzt hatte, in den Orcus?“, sprach ich und musste mich hinlegen, da ich sonst sicher erbrochen hätte.
    Michele sah dies und seine Augen wurden wieder himmelblau.
    „S-Scusa … i-ich habe den Zauber zwar schon öfters verwendet, aber noch nie gegen jemanden, den ich eigentlich gut leiden konnte und der mir auch immer half, wenn ich Probleme hatte. Oh Raffaele, es tut mir so leid!“
    Er schloss seine Augen, ich nahm seine Entschuldigung an und erinnerte mich an ein Ereignis, welches schon lange zurücklag.


    ~-~


    „Warum hast du das getan?“, rief Dante aufgebracht und Michele starrte abwesend Richtung Boden.
    Die beiden waren alleine bei der Mittellinie auf dem verschneiten Fußballplatzt in Fiori. Ich kam gerade aus der Umkleide, meine Sporttasche um meine rechte Schulter gehängt. Etwas verwirrt sah ich die Szene und ging etwas näher.
    „S-Scusa … das wollte ich nicht!“, entschuldigte sich Michele und wollte gerade weglaufen, aber Dante packte ihn an seiner Jacke und zog ihn zu sich zurück.
    Er hatte ihn so heftig zurückgezogen, dass Michele umkippte und auf dem Rücken landete. Bevor Dante auf blöde Gedanken kam, lief ich zu ihnen und Dante sah mich finster an.
    „Lass ihn in Ruhe!“sprach ich ernst, doch Dante lachte nur.
    Michele stand schnell auf und lief zu mir. Als ich fragte, was vorgefallen sei, schwieg Michele betreten.
    „Er hat mich mit einem Schneeball abgeschossen!“, meinte Dante wütend, aber ich erwiderte nur: „Du gehörst auch abgeschossen.“
    Michele sah mich überrascht, aber auch ängstlich an. Dante wollte auf mich losgehen, aber ich hockte mich schnell hin, formte einen Schneeball und schoss ihn ihm in sein Gesicht.
    „Forza, corriamo!“, (Los, rennen wir!)rief ich und wir liefen so schnell es ging Richtung Ortszentrum.
    Als wir nach geschätzten fünf Minuten bei der Kirche am Hauptplatz waren, blieben wir stehen und ließen uns lachend ins schneebedeckte Gras neben der Kirche fallen.
    „Grazie mille, Raffaele.“, bedankte sich Michele und ich antwortete: „Volentieri. Wenn du irgendwann wieder Hilfe brauchst, kannst du gerne mich fragen, versprochen!“(Gerne.)


    ~-~


    „Ich werde dich ganz bestimmt nicht verraten und werde dir immer helfen, das habe ich versprochen. Also, wer hat den Zauber gegen dich eingesetzt?“, sagte ich.
    „La mia sorella, Lucia.“,(Meine Schwester, Lucia.)antwortete er und nun brachen alle Dämme.
    Er stützte sich mit seinen Handflächen auf dem Boden ab und schluchzte kläglich.
    „Welchen Zauber hat sie eingesetzt und warum?“, meinte ich etwas überrascht und sah Michele mitleidig an.
    „M-Mortate, da sie es innerlich fertig gemacht hat, anders zu sein als die anderen. Weil es sie fertig gemacht hat … ein Caernus zu sein. Eigentlich wollte sie diesen Zauber auf sich selbst anwenden, aber ich kam dazwischen und überlebte nur knapp.“
    Ich sprach mein Beileid aus und Michele wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    „Ich muss das alles vergessen … es … es zieht mich zu sehr runter.“, sprach Michele und stand auf.
    Ich versuchte ebenfalls aufzustehen, aber ich drohte umzukippen. Michele fing mich gerade noch auf und ich legte einen Arm um seine Schulter. Er fragte, ob es mir wenigstens ein bisschen besser ging. Als ich bejahte, seufzte er etwas erleichtert und entschuldigte sich noch einmal. Ich saß mich auf mein Bett, mir war extrem schwindelig und schlecht.
    „Ruh‘ dich aus. Du musst schließlich bis zum Match fit sein.“, meinte Michele und lächelte schwach.
    Während ich nickte, verließ er das Zimmer. Langsam rappelte ich mich auf, um die Tür zu zusperren und legte mich auf mein Bett. Ich stellte meinen Handywecker auf 17Uhr, da wir um 18Uhr das Spiel hatten und ich ohnehin immer zu spät kam.


    ~-~


    Als der Wecker losging, erschrak ich kurz, saß mich dann aber langsam auf und schaltete ihn aus. Mir ging es schon viel besser während ich aufstand und meine braune Jacke anzog. Ich ging ins Badezimmer und sah in den Spiegel. Meine Haare standen in alle Richtungen und ich seufzte. Zugegeben, ich bin ein bisschen eitel … va bene, ich bin sehr eitel, aber nur, wenn es um meine Haare geht. Verschlafen nahm ich die Bürste von einem der Steinregale, verließ das Bad und ging zum Fenster. Sieht nach Regen aus, dachte ich, während ich mich kämmte.
    Ich hörte ein Klopfen, ging zur Tür und öffnete sie. Vor mir stand Davide und begrüßte mich freundlich. Er trat ein und ich schloss die Tür hinter mir.
    „Wenn du wissen willst, was ich und Michele gestern geredet haben, dann kannst du davon ausgehen, dass ich dir gar nichts sage.“, meinte ich ernst und Davide sah mich perplex an.
    „No, darum bin ich eigentlich nicht hier … ich wollte von dir wissen, warum du Michele vertraust.“, sprach er und sah mich kalt an.
    „Er kämpft für eine gute Sache. Michele will die Caernus nur retten … doch was ist dein Ziel?“, fragte ich und Davide fing an zu lachen, was mir etwas Angst machte.
    „Das ist auch mein Ziel“, sagte er und seine Augen nahmen wieder ein kaltes eisblau an, „aber bist du dir wirklich zu Hundertprozent sicher, dass er dies ernst meint?“
    „Sí, dafür würde ich mein Leben verwetten. Michele ist kein schlechter Mensch. Das weiß ich und das bestätigt sich immer wieder darin, wie er mit den Menschen umgegangen ist und umgeht.“
    „Pah … er geht ja soo nett mit den anderen um.“meinte Davide verächtlich.
    „Außerdem brauchst du nicht so zu tun. Du hast Michele Paolo weggenommen!“
    „Che cosa? Paolo ist zu mir gekommen, weil Michele kranke Spielchen mit ihm getrieben hat!“, rechtfertigte sich Davide und ich sah ihn verwirrt an.
    „Was meinst du?“ Davide lachte wieder und abermals lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.
    „Michele hat Paolo nur benutzt. Er wollte mit ihm nur einen Caernus-Pakt eingehen und so seine Kraft bekommen um die Göttinnen auszulöschen. Doch würde er dies tun, dann wird die Natur verwelken und wir könnten alle nicht mehr leben, da wir nichts zum Atmen hätten.“
    Seine Augen brachten mich zum frösteln, aber ich erwiderte: „Was ist ein Caernus-Pakt?“
    Er erklärte es mir und erzählte mir auch, dass Michele mit Giacomo einen Pakt gemacht hatte.
    „Wenn er schon nicht den Vertreter der Menschen bekommen kann, nimmt er sich jemanden mit dem Mal der Caernus. Somit kann ihm niemand etwas antun … fast niemand.“, erläuterte Davide und klang zum Schluss etwas traurig.
    „Wer kann ihm etwas antun?“, fragte ich und merkte gerade, wie ich mir Davides Misstrauen erarbeitete, da er antwortete: „Du willst es doch eh nur Michele sagen, damit er ihn auch noch tötet.“
    Als ich dies deutlich beneinte und ihm versprach, überhaupt nichts zu sagen, fing er an zu erzählen: „Die Caernus sind das Urgeschlecht der Erde. Dann kommen die Hölle und der Himmel und dann die Lebewesen auf der Erde. Dies ist die Rangordnung der Arten, doch so wie bei den Menschen gibt es auch bei den Caernus eine Rangordnung. Ganz oben steht Master Ex Omnia, der Meister von allem. Dann kommt Master Deus, der Verwalter von Raum, Zeit, dem Himmel und der Hölle. Zu der dritten und letzten Rangordnung zählen alle anderen Caernus wie zum Beispiel Michele, welcher Master Lux ist, der Herrscher des Lichtes und ich, Master Umbra, Herrscher der Dunkelheit. Die letzten fünf Caernus waren mein Vater, Michele, Micheles Vater, ich und noch jemand, von dem ich nur seinen Caernus Namen kenne, nämlich Master Crépuscule, Herrscher des Zwielichts. Micheles Vater war Master Ex Omnia, doch seit seinem Tod ist es mein Vater, welcher zuvor Master Deus war. Seitdem ist niemand mehr Master Deus, weshalb das ganze Universum, der Raum, die Zeit, einfach alles etwas außer Kontrolle ist. Wir können auch keinen bestimmen, da dies eigentlich Master Ex Omnia machen muss. Doch Vater wartet noch immer darauf, dass jemand Stärke, Weisheit und Tapferkeit vereint, damit er diesem Caernus das Amt des Master Deus geben kann. Bevor das nicht passiert, sieht es schlecht aus. Der Einzige, der Michele also aufhalten kann, ist mein Vater.“
    Erst einmal baff von diesem Vortrag sah ich Davide etwas verwirrt an und entgegnete: „Bene, aber ich denke noch immer nicht, dass Michele etwas Böses im Sinn hat. Vielleicht will er einfach nur Master Deus werden.“
    „NUR Master Deus werden? Wenn man das einmal ist, kann man alles machen, was man will. Man kann die Göttinnen sogar auf einen Schlag auslöschen.“
    Bei seinem letzten Satz erstarrte ich kurz. Würde Michele so etwas tun? Ich schüttelte den Kopf und meinte, wir müssen zum Stadion, worauf Davide nickte und wortlos zur Tür ging. Schnell nahm ich meine Sporttasche, zog meine Schuhe an und wir machten uns auf den Weg zum Stadion.


    ~-~


    Als wir beim Stadion ankamen, war es eine halbe Stunde vor Spielbeginn. Fast alle waren schon da, doch es fehlten noch Michele, Giacomo und Paolo. Wir waren schon in unseren Trikots und wollten uns gerade aufwärmen, als ein jemand auf Davide einen Fußball schoss. Er reagierte mit einem Volley und schoss den Ball zurück zu einem Jungen, welcher zwei verschiedene Augenfarben hatte. Außerdem trug er die Kapitänsbinde. Das muss dieser Gianluca sein, von dem Paolo erzählte, dachte ich, während der Gemeinte den Ball wieder zurückschoss und Davide düster ansah. Dieser schoss den Ball wieder zurück, doch dieses Mal hatte er einen rötlichen Schimmer. Bevor Gianluca die Kugel abermals treffen konnte, fing ein großer, dürrer Junge den Ball ohne Schwierigkeiten. Da er grau-weiße Torwarthandschuhe trug, war dies wohl der Keeper von I Lupi. Seine blonden, strubbligen Haare waren schulterlang und er besaß kalte, graue Augen, mit denen er Davide finster musterte.
    „Was soll das, Battista?“, fragte Gianluca säuerlich, doch dieser gab ihm nur den Ball und antwortete nicht.
    „Auch einer von der Mafia?“, meinte ich, als ich Davides wütenden Gesichtsausdruck sah.
    „Sí, jeder einzelne dieser Mannschaft gehört dazu, aber Giambattista ist einer der Fähigsten. Es wird nicht leicht, ein Tor zu erzielen …“erwiderte Davide und ich bekam etwas Angst.
    Etwas unsicher starrte ich zu den Spielern von I Lupi. Sie trugen alle, bis auf den Torwart, ein graues, kurzärmeliges Trikot mit schwarzen Streifen auf den Schultern und weiße Shorts. Giambattista hatte schwarze Shorts und das gleiche Trikot wie die anderen an, nur dass es graue Streifen besaß, weiß und langärmelig war.
    „Was steht ihr da so rum? Wärmt euch besser auf!“, hörten wir eine uns sehr bekannte Stimme hinter uns sagen.
    Unverzüglich wandten wir uns zu ihr und vor uns stand Herr Vedi.
    „P-Papá? Was machst du denn hier? Du gehörst ins Krankenhaus!“, sprach Davide und sah ihn entsetzt an.
    „Mach dir mal keine Sorgen um mich, sto bene. Und außerdem, was wäre ich für ein Trainer, wäre ich bei einem eurer Spiele nicht anwesend?“ (…, mir geht es gut.)
    „A-Aber …“, fing Davide an, brach dann aber ab und sah ihn besorgt an.
    „Wo sind eigentlich Passione, Divertiani und Cattioso?“, meinte Herr Vedi, doch niemand wusste die Antwort.



    MFG
    AlitoUHaFnir

  • Capitolo Quattordici

    Alte Freunde
    (Aus der Sicht von Mario Vedi)
    If everyone cares, nobody cries.

    Nickelback – If everyone cares

    Wo sind diese Kinder schon wieder?, dachte ich etwas genervt und nahm auf der Ersatzspielerbank platz. Musternd sah ich Davide und den anderen zu, wie sie noch etwas Schüsse und Pässe übten. Das Stadion füllte sich auch allmählich und ich war auf Eric Impytioale gespannt. Schon seit Jahrzehnten ist er ein fester Bestandteil der französischen Mafia, weshalb es mir etwas Sorgen bereitete, dass er heute bei diesem Spiel zusehen wird. Auch ist mir der Grund seiner Anwesenheit schleierhaft. Plötzlich kam Davide auf mich zugerannt und fragte, wie es mir geht. Als ich abermals erwiderte, es ginge mir gut, behielt er trotzdem seine besorgte Mine auf. Er schien auch etwas nervös zu sein.
    „Bist du etwa wegen dem Spiel so nervös?“, fragte ich ihn und er schüttelte langsam den Kopf.
    Er saß sich rechts neben mich hin und starrte etwas ängstlich gen Boden.
    „Dieser Mann da … auf der geschmückten Tribüne … ist das Eric Impytioale?“, sprach er langsam und ich sah zum gemeinten Ort.
    Ein bleicher Mann mit violettem Anzug und aufgestellten, schwarzen Haaren sah auf das Spielfeld. Es schien, als würde er jemanden suchen. Plötzlich fiel mir blitzartig etwas ein.
    „Ist er etwa der Mann, der all diese Experimente mit dir durchgeführt hatte?“, meinte ich etwas entsetzt und Davide bejahte dies fast lautlos.
    Erics Blick blieb auf Davide hängen, er lächelte, drehte sich um und Francesco trat neben ihn. Als dieser mich sah, verwandelte sich seine zuvor ernste Miene in ein hämisches Grinsen.
    Wütend wandte ich meinen Blick ab und sprach ruhig zu Davide: „Keine Sorge, ich werde dich beschützen. Komme, was wolle.“
    Er sah mich etwas unsicher an, doch ich lächelte nur und meinte, er solle sich darüber keine Gedanken machen, ich würde dies schon regeln. Davides Miene hellte sich auf und dieser grinste etwas, dann ging er wieder zu den anderen. Ich würde alles dafür tun, dass meinem Sohn nichts passiert … oder dass ihm nicht noch einmal etwas geschieht und er abermals auf die schiefe Bahn gerät. Noch einmal verlieren wollte ich ihn ganz bestimmt nicht, das würde mir noch einmal das Herz brechen und ich würde mich auf ewig schuldig deswegen fühlen. Im Moment bin ich ausgesprochen glücklich darüber, ihn bei mir und in Sicherheit zu haben. Aber in mir kam auch ein kleiner Schimmer der Angst auf, welcher wegen der Tatsache, dass Eric und Francesco hinter ihm her sind, immer größer wurde. Doch ich musste stark bleiben, so wie ich dies immer tat; meine Gefühle verstecken zum Wohl der Gemeinschaft, oder in diesem Fall des Teams. Schließlich musste ich ihnen helfen, sie alle hatten eine schwere Vergangenheit … das habe ich ihm versprochen. Ob er noch lebte? Dies konnte ich nur inbrünstig hoffen. Aber wie sagt man? Unkraut vergeht nicht, und er stand wirklich jedes Mal, wenn man glaubte, seinen Willen gebrochen zu haben, wieder auf und kämpfte weiter. Er war ein wirklicher Überlebenskünstler, in allen Situationen seines Lebens. All die Dummheiten und Späße, welche wir in der Vergangenheit gemacht hatten, an alle konnte ich mich noch so klar erinnern, als hätte ich sie gestern erlebt.
    „Signore Vedi! Scusi, dass wir zu spät kommen!“, sprach jemand laut neben mir.
    Ich beendete meinen Gedankengang und sah, wie vor mir Paolo, Michele und Giacomo standen und mich etwas ängstlich ansahen.
    „Zieht euch um, dann wärmt euch auf, und beeilt euch gefälligst damit!“erwiderte ich streng, worauf die drei losliefen.
    Seufzend sah ich auf die große Anzeigetafel über der geschmückten Tribüne. Noch eine Viertelstunde zum Spiel. Wir werden siegen … wir müssen siegen. Die Welt muss wieder in ihr Gleichgewicht zurück kommen, doch jetzt kann selbst ich, als Master Ex Omnia, nichts dagegen tun. Eigentlich hätte ich schon längst einen Master Deus bestimmen sollen … aber würde ich dies tun, könnten sie dies körperlich einfach nicht aushalten. Spätestens auf Etior werden sie bereit sein, da bin ich mir ganz sicher. Nun ja, zuerst müssen sie es bis dahin schaffen, und dabei mache ich mir die größten Sorgen.
    „Ragazzi! Kommt einmal her!“, sagte ich laut und stand von der Bank auf.
    Auf der Stelle kamen alle zu mir, mittlerweile waren auch Paolo, Giacomo und Michele zu den anderen dazu gestoßen.
    „Wollt ihr dieses Spiel gewinnen?“, fragte ich und sie bejahten im Chor.
    „Natürlich, oder denken sie, wir sind zum Spaß hier?“meinte Giacomo etwas genervt, doch als ich ihn finster ansah, starrte er ängstlich zu Boden.
    „Bene, doch ich sage euch etwas; Wenn ihr nicht euer Bestes und noch mehr gebt, dann habt ihr keine Chancen, zu gewinnen. Ihr müsst über eure Grenzen gehen, immer und immer wieder. Doch wenn der Siegeswille ausreichend vorhanden ist, verwandelt sich dieses scheinbar unüberwindbare Hindernis in Luft. Euer Ziel ist es, dieses Spiel zu gewinnen, verliert es ja nicht aus den Augen. Habt ihr mich verstanden?“, sprach ich und alle teilten lautstark ihre Zustimmung mit.
    Sie liefen wieder auf das Feld, nur Davide blieb nach ein paar Schritten angespannt vor mir stehen. Bevor ich fragen konnte, weshalb, spürte ich eine Hand auf meiner linken Schulter und hatte eine böse Vorahnung. Ich machte einen schnellen Schritt nach vorne und drehte mich um. Francesco und Eric lächelten mich an, Francesco hatte eine so geschwollene Brust wie ein Rotkehlchen, anscheinend dachte er, dass er mir überlegen sei, doch fürs erste ließ ich ihm dies glauben. Ich liebe es nämlich, wenn man mich unterschätzt. Neben Eric tauchten zwei Polizisten auf und standen stramm neben diesem. Die Kinder hatten das mitbekommen und waren hinter mich gelaufen.
    „Was ist denn los, Herr Vedi?“, fragte mich Paolo besorgt.
    „Gar nichts, trainiert einfach weiter.“, meinte ich und versuchte, gleichgültig zu klingen, obwohl ich innerlich ein Gefühlschaos hatte.
    Angst kam in mir auf. Diese bezog sich darauf, dass sie meinem Team oder Davide etwas antun würden.
    „Mario Vedi, sie sind hiermit wegen kriminellen Handels festgenommen. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was sie sagen kann und wird vor Gericht gegen sie verwendet werden.“, sprach einer der Polizisten. Ich versuchte, ruhig zu bleiben.
    „Welche kriminellen Handlungen soll ich vollzogen haben?“, entgegnete ich und Francesco tat einen Schritt auf mich zu, noch immer aufgebläht wie ein Rotkehlchen.
    „Du warst jahrelanger Boss der Mafia, oder hast du das etwa vergessen? Bei deinem Alter kann Demenz schon einmal vorkommen, hehe.“, erwiderte er und ich antwortete sofort: „Welche Beweise haben sie dafür?“
    „Genug. Außerdem wird Fulmine a catena disqualifiziert da sie nun keinen Trainer mehr haben.“, sprach Eric und ich warf ihm einen finsteren Blick zu.
    Hinter mir kam Unruhe auf, Paolo und Davide versuchten diese zu mindern, was ihnen aber nur teilweise gelang.
    „Einen Moment mal!“, rief eine Stimme hinter Francesco, welche ich schon sehr lange nicht mehr gehört hatte.
    Francesco erstarrte vor Furcht und seiner geschwollenen Brust ging die Luft aus. Eric bemerkte dies und spannte sich auch etwas an, die beiden Polizisten drehten sich zu der Person, welche gerade gesprochen hatte.
    „Hier haben sie alles, was diesen Mann entlastet. Falls sie ihn trotzdem verhaften sollten, werde ich als Trainer fungieren. Somit darf Fulmine a catena heute spielen und ihre Beweise sind nutzlos.“, sprach Giorgio und trat neben mich.
    Wir beide grinsten überlegen und Francescos Gesicht lief so rot an, dass man es mit einer Tomate vergleichen hätte können. Giorgio hielt dem sichtlich verärgerten Eric eine hellbraune Mappe hin, welche er ihm fast aus der Hand riss. Bevor er jedoch die Mappe anschauen konnte, nahm ihm diese ein Polizist ab und meinte, dass dies wichtige Beweise waren, welche der Polizei vorbehalten waren.
    „Trotzdem müssen sie mitkommen, Herr Vedi.“, sagte der Polizist mit den Unterlagen und ich nickte nur.
    Eric und Francesco verabschiedeten sich schnell und ich fragte die Polizisten, ob ich noch etwas allein mit meinem Team reden kann. Diese bejahten und gingen zum Gang, welches aus dem Stadion führte.
    „Dass ich dich noch mal sehe.“, lachte ich und Giorgio lächelte mich an.
    „Die hätten dich fast ins Zuchthaus gesteckt, logisch, dass ich da eingreife. Ich kann doch meinen besten Freund nicht im Stich lassen.“, erwiderte er und wir gaben uns die Hand.
    „Grazie mille, dass du nun als Trainer einspringst.“
    „Das ist doch das Mindeste, was ich für dich tun kann nach all dem, was du für mich getan hast.“
    Ich lächelte, das ganze Team schaute mich irritiert an und es sah so aus, als warteten sie auf eine Antwort.
    „Also, das ist Giorgio Felice. Er ist Paolos Vater und mein bester Freund seit Kindheitstagen. Eure Fragen, warum ich überhaupt verhaftet werde, beantworte ich euch später. Außerdem ist er auch ein guter Trainer und ein noch besserer Fußballspieler.“
    „Das kann ich nur erwidern, wir sind ja schließlich nur wegen dir so weit gekommen und Meister geworden.“
    „Meister? Habt ihr etwa das Italia Turnier gewonnen?“, fragte uns Giacomo und ich musste bei den Gedanken an die Zeit lächeln.
    „Sí, wir hatten das Italia Turnier gewonnen und mehr als das, wir waren sogar in der Nationalmannschaft und … ach, vergesst es.“
    Grausame Gedanken machten sich in meinem Kopf breit und ich wurde mir wieder bewusst, warum wir damals nicht gewonnen hatten.
    „Herr Vedi, wir müssen gehen.“, hörte ich einen der Polizisten sagen und ich verabschiedete mich von meinem Team.
    „Und vergesst nicht; Ihr müsst gewinnen und euer bestes geben. Doch vor allem müsst ihr Spaß haben.“
    Mit diesen Worten wandte ich mich zu den Polizisten und wir verließen das Stadion.


    ~-~


    Mein ganzer Körper zitterte, ich bekam Gänsehaut und meine Gedanken schwirrten wie ein wütender Schwarm von Bienen in meinem Kopf umher. Innerlich fast zusammenbrechend, außen ruhig und beherrscht starrte ich mich in der reflektierenden Fensterscheibe an und versuchte zwanghaft, mir eine ausgeklügelte Strategie für das Finale auszudenken, welche ich in meinen Notizblock schrieb. Bisher war er noch ziemlich leer, das Einzige, was auf dem Blatt von mir geschrieben wurde, waren das Datum und der Name unseres Gegners ‚Crepi‘.
    Wir fuhren jetzt zwar erst eine Stunde, hatten noch mindestens fünf Stunden vor uns, verbrachten noch den ganzen morgigen Tag in Florenz und das Spiel fand erst übermorgen statt, doch es brachte mich jetzt schon aus der Contenance. Das Finale fand in Florenz‘ größten Stadion statt, dem Stadio Artemio Franchi und Heimstadion von Crepi, sie haben also Heimvorteil.
    In unserem Bus herrschte lautes Reden und ab und zu brüllten ein paar von meinen Teamkollegen auch, was mich ziemlich nervte, da ich zum Nachdenken Ruhe brauche, oder zumindest etwas weniger Lärm als welcher hier nun herrscht. Neben mir saß Giorgio, welcher gerade mit irgendjemanden lautstark darüber diskutierte, wer wohl der bessere Stürmer war und die Spitze in der Aufstellung bildet, doch darüber entscheide eigentlich noch immer ich. Der Kapitän muss als Trainerersatz schließlich auf dem Platz sein und Anweisungen zum Angriff, zur Verteidigung und zum Konter geben. Doch damit ich das schaffe, muss ich mir eine bombensichere Aufstellung überlegen, damit ich die Strategien des Trainers und meine vollführen konnte und genau darin bestand die Schwierigkeit.
    Das gegnerische Team schien einfach keine Schwäche zu haben. Wenn ich ein 4-3-3-1 System anwende, dann bringen wir es zu keinem Tor und selbst durch diese Verteidigung würden sie kommen, wenn auch mit ein paar Problemen, doch sie würden es leider schaffen. Wende ich aber ein 3-2-3-2-1 System an, dann sind wir zwar offensiv gut, aber unsere Verteidigung wäre offen und wir würden auch nur mit geringer Wahrscheinlichkeit durch ihre kommen. Um wenigstens etwas Erfolg zu haben, müssten wir die Aufstellungen immer Wechseln, doch das wäre für alle zu anstrengend und man wäre schnell aus der Puste, vor allem die Stürmer und das Mittelfeld.
    Normalerweise hätte ich die Aufstellung schon längst fertig, das fiel anscheinend auch Giorgio neben mir auf, welcher mich leicht an der Schulter berührte und meinen Namen sagte. Langsam wandte ich meinen Kopf zu ihm, sah ihn ruhig an. Innerlich zerberste ich fast an dem Gedanken, dass ich machtlos war, mir eine Aufstellung zu überlegen, geschweige denn eine Strategie.
    Giorgio sah auf mein leeres Notizbuch und fragte so leise, dass ich es kaum vernahm: „Haben wir das Finale etwa jetzt schon verloren?“
    Irritiert sah ich ihn an und schüttelte schnell den Kopf, als ich sprach: „No, bevor wir nicht mindestens eine Halbzeit gegen sie gespielt haben, ist nicht verloren.“
    Giorgio schaute mich durchdringend an, als könnte er erahnen, was ich wirklich darüber dachte. Doch seine Mimik änderte sich schlagartig in ein Lachen, während er sagte: „Ach, du hast Recht.“
    Er war oftmals wirklich viel zu einfach zu überreden und auch sehr leichtgläubig, deshalb wurde er sehr oft von anderen schamlos ausgenutzt. Er sah mich weiter lächelnd an, deshalb zwang ich mich auch zu einem Grinsen, obwohl in meinem Inneren alle meine Gefühle verrücktspielten. Hinter Giorgio saß Luca Cigno, unser Torwart, welcher aufstand und auf uns beide hinabsah. Er besaß dunkelviolette Augen und lange, schwarze Haare, die er nach hinten zusammengebunden hatte. Als er mein Gesicht erblicke, wandte ich meinen Blick schnell ab und sah nervös in mein Notizbuch. Luca wusste nämlich, wann ich etwas spielte und wenn meine Emotionen real waren. Deshalb versuchte ich angestrengt, etwas zu schreiben, doch meine Hand zitterte zu sehr vor Nervosität, als dass ich irgendetwas hätte tun können. Ich kniff meine Augen zusammen und hoffte einfach, dass mich niemand mehr beachtete und ich in Ruhe über die Strategie nachdenken konnte.
    „Ich habe dich noch nie so nervös gesehen. Ist alles in Ordnung?“, fragte mich Giorgio, doch ich ignorierte ihn so gut wie möglich.
    „Ha, dass du einmal Schiss hast, hätte ich wirklich nie gedacht! Wie ängstlich wirst du dann gar beim Spiel sein, wenn du bei der Aufstellung so nervös bist?“, sprach Luca, doch ich zeigte immer noch keine Reaktion.
    Giorgio setzte gerade an, um etwas zu sagen, da stoppte der Bus und unser Trainer meinte, dass wir nun eine 15-minütige Pause einlegen. Schnell öffnete ich meine Augen, stand auf und eilte aus dem Bus, mein Notizbuch fest umklammert in meiner Hand. Schon etwas vom Bus entfernt verlangsamte ich meine Schritte und starrte geistesabwesend auf die Wiese, welche knöchelhoch in einem saftigen Grün wuchs.
    Luca hatte Recht. Wie nervös werde ich gar beim Spiel sein, wenn ich mich jetzt schon überhaupt nicht mehr konzentrieren konnte? Ich seufzte und blieb stehen. Plötzlich spürte ich, wie mich jemand fest an den Schultern packte und mich zu sich drehte. Luca sah mich durchdringend mit seinen Augen an, worauf ich noch nervöser wurde.
    „Schon einmal darüber nachgedacht, dass wir dich brauchen? Wenn der Kapitän jetzt schon so eine Nervenbündel ist, was meinst du, was die Mannschaft denkt? Wir werden dieses verdammte Finale schon gewinnen, mach dir keine Sorgen!“, sagte Luca etwas wütend und ich erstarrte kurz.
    Betreten sah ich zu Boden. Nach einigen Augenblicken hatte ich mich wieder gefangen und sah ihm erneut in die Augen, doch noch immer herrschte die Angst über meinen Gefühlen.
    „Warum hast du eigentlich so eine Angst? Wir haben schon so viele Spiele gemeinsam gespielt. Siege ließen unseren Siegeswillen ansteigen, Niederlagen schweißten uns nur noch fester zusammen. Ich frage dich also; Wovor hast du eigentlich Angst?“
    Beabsichtigt, etwas zu erwidern, öffnete ich meinen Mund, doch meine Stimme versagte, da ich die Antwort nicht wusste. Wovor hatte ich nun wirklich Angst? Luca war im Rechten, mit meinem Team konnte ich alles schaffen.
    Entschlossen nickte ich und sprach selbstbewusst: „Du hast recht. Ich muss keine Angst haben, wir können das schaffen … wir werden es schaffen.“
    Luca grinste und meinte: „Endlich bist du wieder du selbst. Und jetzt sag dem Team, was zu sagen ist … und das so motivierend wie sonst, natürlich.“
    Ich lächelte und wir gingen gemeinsam zum Bus zurück.


    ~-~


    Als wir bei der Polizeistation angekommen waren, gingen wir durch einen langen Gang und stiegen am Ende von diesem in einen Lift ein. Links von mir drückte der Polizist den Knopf für die dritte Etage.
    „Dafür bekommen wir sicher eine Belohnung. Wir haben schließlich einen Mafia-Boss verhaftet.“, sprach der Polizist mit einer jugendlichen Stimme rechts von mir schadenfreudig.
    „Er steht erst mit einem Bein im Gefängnis, denn wenn die Beweise in dieser Mappe gültig sind, ist er ein freier Mann.“, sagte der andere Polizist, worauf der andere hoffnungslos seufzte und ich kurz lachen musste.
    „Was gibt es da zu lachen?“, fragte mich der jugendliche Polizist wütend, doch ich lächelte nur.
    Die Lifttür ging auf und vor mir huschten haufenweise Polizisten vorbei. Es herrschte ein schnelles Treiben und alle musterten mich mit verachtenden Blicken. Innerlich spürte ich, wie ich mich schuldig fühlte, doch dieses Gefühl verdrängte ich wieder. Wir bogen rechts ab und blieben vor einer Tür mit einer Tafel darauf zu sehen. Sie brachten mich so schnell in diesen Raum, dass ich nicht lesen konnte, was auf dieser stand, doch drinnen angekommen wusste ich es sofort: Es war der Verhörraum. Dumpf glimmerte das Licht der Wandlampen, welche sich in einer großen Scheibe auf der gegenüberliegenden Wand spiegelten. Durch diese Glasscheibe sah ich ein ebenso düster belichtetes Zimmer mit grauem Betonboden und Betonwänden. In der Mitte stand ein ebenfalls grauer Tisch, welcher zerkratzt und voller Einkerbungen war, neben ihm standen zwei schwarze Stühle. Die Polizisten brachten mich in diesen Raum und verließen ihn gleich darauf wieder. Ich war schon in vielen Verhörzimmern, doch dieses hier ist bis jetzt das seltsamste von allen. Weshalb ist es hier so dunkel? Nachdenklich schaute ich mir das Zimmer an, als ich am Boden dunkle Punkte erkannte. Während ich mir diese genauer ansah, erschauerte mir. Das waren die Reste von getrocknetem Blut. Was wurden hier für kranke Sachen angestellt?
    Bevor ich weiterüberlegen konnte, trat hinter mir jemand in den Raum. Die Person hatte eine vertraute Aura, doch ich konnte sie nicht zuordnen, weshalb ich mich umdrehte und sie ansah.
    Mir blieb fast das Herz stehen, meinem Gegenüber ging es nicht anders. Wir standen uns beide mit offenem Mund gegenüber und konnten nicht fassen, dass der jeweils andere vor uns stand.Ich kämpfte mit den Tränen als die Person in die Mappe sah, welche Giorgio den Polizisten gab.
    „Ich hätte mit allem gerechnet … aber nicht mit dem.“, sprach Luca und sah mich traurig an.
    Er hatte sich äußerlich kaum verändert, nur sein nun gealtertes Gesicht zierten unheimlich viele Narben. Ich wandte betreten den Blick ab und Luca bat mich, mich hinzusetzen. Nachdem ich das getan hatte und vor ihm saß, zwischen uns der Tisch, wagte ich es wieder, ihm in die Augen zu sehen. Luca wollte etwas sagen, doch bevor er dazu kam, betrat eine weitere Person den Raum. Es war ein junger Polizist mit kurzen, roten Haaren, welche ihm wirr vom Kopf standen, braungebrannter Haut und hellblauen Augen. Er war geschätzt gleich alt wie Davide.
    „Was ist denn das?! Das ist doch nur ein alter Sack! Ich dachte, wir würden hier einen Caernus verhören?“, sagte der Junge und sah Luca etwas wütend an.
    Düster sah ich den Jungen an, welcher mich hämisch angrinste. Luca schaute ihn genervt an und meinte, er solle ruhig sein.
    „Er ist ein Caernus, Banna.“, entgegnete Luca knapp und sah mir wieder in die Augen.
    Banna wirkte überrascht. Luca grinste, worauf ich zu lachen begann. Der rothaarige ging zu mir, bedrohte mich mit seiner Pistole und funkelte mich finster an, doch ich lächelte noch immer.
    Lucas Mine wurde ernst und der sprach mahnend: „Banna! Waffe runter.“
    „Aber … machen wir mit ihm nicht das gleiche wie mit den anderen?“, fragte Banna enttäuscht und ich sah Luca schockiert an.
    Dieser wich meinem Blick aus und schaute schnell Banna an, welcher die Pistole wegsteckte.
    „Er wird freiwillig reden, glaub mir.“, erwiderte Luca und ich sah ihn verachtend an.
    „Was ist, wenn ich nicht aus freiem Willen rede?“, fragte ich Luca, welcher mich zuerst überrascht, dann traurig ansah.
    „Prego, Mario. Ich will dir nichts tun müssen … ich wollte eigentlich nie jemanden wehtun. Das müsstest du am besten verstehen.“
    Er sah mich mit leeren Augen an, meinen Blick schnell gen Boden richtend wandte ich mich von ihm ab.
    „Mario … ich werde dir ein paar Fragen stellen und du wirst sie mir bitte beantworten.“
    Lucas Stimme klang leer und doch war sie voller Leid. Er war nicht der Mensch, der andere verletze, denn er war der friedliebendste Mensch den ich kannte. Selbst bei kleinen Streitereien schritt er sofort ein, da er diese einfach nicht vertrug. Luca glaubte stets an das Gute im Menschen und war auch sehr leichtgläubig.
    Als er mit den Fragen anfing, wurde Banna anscheinend langweilig, da er die ganze Zeit mit einem Messer herumspielte.
    „Va bene, die letzte Frage … bist du wirklich ein Caernus?“, fragte Luca und ich bejahte.
    Banna sah mich misstrauisch an, kam auf mich zu und ich musterte ihn kritisch.
    „Das glaube ich nicht! Beweise es!“, sprach er und ich setzte einen Teil meiner Kräfte ein, indem sich meine Augenfarbe wechselte und ein helles Eisblau annahm.
    Banna schreckte kurz auf, zückte dann aber sein Messer und wollte auf mich einstechen, doch ich packte ihm am Arm und schubste ihn zurück.
    „Banna, was sollte das?“, meinte Luca und fragte mich, ob alles in Ordnung sei, worauf ich nickte.
    „Er hat mich doch bedroht, da musste ich mich doch verteidigen.“, erwiderte Banna und ich entgegnete: „Bedroht? Ich habe dir nur den Beweis geliefert, den du haben wolltest.“
    „Dieser ist auch vollkommen ausreichend. Die Mappe wurde auch schon analysiert, du bist frei und kannst gehen.“, sagte Luca und ich seufzte erleichtert.
    „Willst du mit zum Stadion kommen?“, fragte ich Luca, worauf er mich etwas irritiert ansah.
    „Perché?“, sprach Luca, während wir uns den Weg aus der Polizeistation bahnten.
    „Wenn du mitkommst, siehst du das neue Fulmine-Team.“
    Luca schaute mich an, als ob ich spanisch sprechen würde, schüttelte dann aber den Kopf und antworte grinsend: „Warum nicht?“

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    [tab='Kommentar']
    Nachdem ich anlässlich des Kommentar-Marathons schon einige andere Fanfictions kommentiert habe, ist nun auch dein Werk an der Reihe. Bevor ich auf deine Geschichte eingehe, möchte ich erwähnen, dass ich normalerweise kein großer Fußballfan bin und daher zunächst einmal überhaupt keine Lust hatte, eine Geschichte zu lesen, bei der sich alles um die erwähnte Ballsportart dreht. Aber um den Kommentar schreiben zu können, habe ich mir die Kapitel dann doch vom Computer vorlesen lassen. (Längere Kapitel am Bildschirm zu lesen ist mir zu anstrengend.) Dabei ist mir aufgefallen, dass der Titel und die Aufmachung des Startposts einen komplett falschen Eindruck wiedergeben. Fußball kommt in der Geschichte zwar vor, aber der Hauptaugenmerk scheint mir in dem Konflikt zwischen den Göttinnen, den Caerni (ist das die richtige Mehrzahl von Caernus?) und vielleicht noch ein paar Fraktionen zu liegen - an dieser Stelle muss ich zugeben, dass ich etwas den Überblick verloren habe, weil ich mir die bereits kommentierten Kapitel der Geschichte gestern Abend in einer Gewaltaktion am Stück angehört habe und das dann doch etwas zu schnell ging als dass ich auf die Details achten konnte. Für die drei neuesten Kapitel habe ich mir aber heute deutlich mehr Zeit genommen.


    Im Kapitel 12 und fast dem kompletten Kapitel 13 erfährt der Leser nun etwas mehr über die Caerni. Außerdem gibt es am Ende von Kapitel 12 einen netten Cliffhanger - der aber bei mir seine Wirkung verfehlt hat, weil ich gleich mit dem nächsten Kapitel weiter lesen konnte.


    Bei den letzten beiden Absätzen von Kapitel 13 und im Kapitel 14 bahnt sich zunächst einmal das nächste Fußballspiel an. Bevor das allerdings tatsächlich beginnt, wird der Trainer verhaftet und muss sich einem Verhör stellen. Auf dem Weg zum Verhör gibt es eine Rückblende, die ich zunächst einmal nicht als solche erkannt habe. Statt dessen dachte ich, dass das Fußballspiel schon vorbei wäre und neben einem Zeitsprung auch ein Wechsel des Ich-Erzählers zu dem Kapitän der aktuellen Mannschaft statt gefunden hätte. Dementsprechend war ich auch am Ende der Rückblende überrascht als dann auf einmal ein Zeitsprung zurück statt gefunden hat.



    [tab='Fehler in Kapitel 12']


    [tab='Fehler in Kapitel 13']


    [tab='Fehler in Kapitel 14']