Reisschalen

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    [Vorwort]

    Nach einem so derben Jahr wie 2013 ist es irgendwo auch meine Pflicht, ein Einzelwerk-Topic hier mein eigen zu nennen. Hier habe ich die Möglichkeit, alle geschriebenen Texte übersichtlich zu verwalten, und anders herum könnt ihr euch hier das durchlesen, was ich so über die Zeit hier gesammelt habe. Ich hoffe, das ein oder andere Werk gefällt euch, deswegen werde ich mir auch Mühe geben, alles so schnell wie möglich auf den neusten Stand zu bringen.


    [Gottgleiche Litschi]

    Da ich noch nicht allzu lange schreibe, profitiere ich von einer geringen Flexibilität was meinen Schreibstil anbelangt. Wenn ich es nicht gerade zwecks einer gewünschten Atmosphäre unterdrücke, ist mein Schreibstil eher oberflächlich gehalten und behandelt mehr die äußere Handlung als die einer einzelnen Person. Dadurch entstehen zwar ganz passable Umgebungsbeschreibungen und ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen den handelnden Figuren, aber leider muss man dann dann die gemeinte Aussage erst mühsam suchen. Ein bisschen wie bei diesem Topic hier.


    Im Schreiben von Gedichten bin ich überhaupt nicht versiert und ich kann nun wirklich nicht von Erfahrung oder Ähnlichem sprechen. Ich bin ein Fan des Kreuzreim und schaffe es leider nie, sonderlich viele Strophen zu entwickeln.


    [Werke]


    [font='Baskerville Old Face']Update No. 1 (4. Januar 2014)


    [*]Die Prinzessin und ihr Rauchzepter
    [*]Oktoberdrang
    [*]Drei Schluchten[/list]


    [size=10]Original des Headers von pra4masoul auf Deviantarthttp://pra4masoul.deviantart.com/art/rice-158570376

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    [size=10]»Poisoned Dream« von AlderOak auf Deviantart


    Zur Eröffnung habe ich eine vollkommen hirnlose Mischung zusammengestellt: meine letzte Kurzgeschichte, mein erstes Gedicht und zuletzt meine erste Kurzgeschichte. Wenn ich schon nichts Neues, Unbekanntes zu bieten habe, will ich wenigsens genügend 'alte' Werke auf einmal schicken.


    Zu »Die Prinzessin und ihr Rauchzepter«


    Ich habe mich während dem Saisonfinale gleich doppelt auf den ersten Wettbewerb gefreut. Zum einen bleiben Fließtexte das, was ich am besten kann und zum anderen habe ich schon lange auf eine Möglichkeit gewartet, diese eine Idee endlich umsetzen zu können.
    Ursprünglich fand das Geschehen auf dem Dach eines Blockhauses statt, aber seit ich einmal mehr Mannheim bei Nacht sehen durfte und ich sprachlos vom Anblick der beleuchteten Bahnlinie war, hab ich mich dann doch zugunsten der stillgelegten Gleisen entschieden.
    Hierzu hätte ich besonders gerne Kritik, da es in diesem Wettbewerb nur teilweise, und auch dann sehr knapp gehaltenes Feedback für die Abgaben gab.


    Zu »Oktoberdrang«


    Hier werden meine Gedanken zu Nebel im Oktober weitergesponnen bis in die Surrealität. Ursprüngich wollte ich nur ausdrücken, wie inspirierend ein Wald im Nebel ist und das Ergebnis war dann letztendlich das. Die Voter des Freies-Gedicht-Wettbewerbs letzte Saison haben darin letztendlich, genau wie ich, eine Art Ausbruch aus den gedanklichen Grenzen gesehen. Wie schon zuvor erwähnt war es mein allererstes freiwilliges und frei erfundenes Gedicht.
    Man beachte die katastrophale zweite Strophe.


    Zu »Drei Schluchten«


    Ich hab mal sprachlich versucht zu retten, was man retten könnte, aber da ich den Satzbau nicht angerührt habe, merkt man noch deutlich dass es ein frühes Werk ist. Sehr früh. Mein erstes, um genau zu sein. Damals hätte ich vermutlich mehr darüber erzählen können als jetzt.
    Mich überrascht heute mehr als je zuvor die akzeptable Platzierung im damaligen Traumszenen-Wettbewerb.


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    Die Prinzessin und ihr Rauchzepter


    [size=11]

    I'll stay awake till I find you,
    I'll walk all night in leather shoes.
    My cigarette still at the store,
    My cowboy hat collecting dust.


    I can make nothing but circles,
    Nothing but circles when I run, when I run.
    I can not stop my own breathing,
    Fingers are bleeding; holding on, holding on.


    I never find what I look for,
    I'll stay the same, Ill start a war.
    When I was young I used to try
    Distracting God with falling stars.


    White Apple Tree - Circles


    Eine letzte Ader des Lichts zog sich mit der schweigenden Bahnlinie durch die Nachtschwärze, die dicht an dicht stehenden Laternen ragten wie dürre Finger zwischen den Gleisen heraus und bestrahlten die seit Ewigkeiten schlafenden Züge. Gelegentlich hörte man Schienen donnern, wenn einige Meter entfernt ein Zug in den Bahnhof einfuhr, manchmal brauste ein Zug wie ein flackernder Lichtblitz an den traurigen Überresten seiner Vorgänger vorbei.
    Das Graffiti an den rostigen Außenseiten war mir zu langweilig geworden, als dass ich mir weiter die Zeit mit dem Betrachten von ihm noch überbrücken könnte und ich hatte mich erneut meinem Smartphone zugewandt, auch wenn ich mir bewusst war, dass das nur noch mickrige sieben Prozent lang brauchbar war. Immer wieder nahm ich es nervös zur Hand, prüfte nach ob sie mir etwas geschrieben hatte, doch jedes Mal war es nur bittere Enttäuschung, die mich mit dem Aufleuchten des Bildschirms erwartete.
    Als sich das Gerät schließlich mit einem gehässigen Brummen verabschiedet hatte, begann ich, die groben roten Sandsteinsplitter vom Boden aufzuheben und sie mit gequältem Gesichtsausdruck auf das grelle Graffiti zu werfen, als würden die kantigen Steinchen meine Langeweile mit unter sich begraben.


    »Na, endlich!«, stöhnte ich als ich hörte, wie der steinige Boden unter ihren Stiefeln knirschte und wand ihr mit einer Mischung aus Empörung und Gleichgültigkeit mein Gesicht zu.
    »Ich hab dir geschrieben, dass es später wird. Verdammt noch mal, check deine Nachrichten!«, kreischte Ayla abwehrend, bekräftigte ihr Aufbrausen mit einem wilden Fuchteln der Arme und ließ die Metallringe unter ihrer makellos sitzenden Lederjacke laut rasseln.
    Ich hielt es für zwecklos, weiter darauf einzugehen.
    »Wo?«
    »Wir sind rumgelaufen. Heute war echt nichts los.«, erwiderte sie etwas gekränkt und stakste auf der Suche nach einem geeigneten Sitzplatz über den Schotter.
    Es versetzte mir einen kleinen Stich, das zu hören. Ayla hatte sonst immer etwas zu erzählen und besonders heute, wo sie so spät war, hatte ich etwas mehr erwartet gehabt. Doch sie machte nicht einmal mehr Anstalten, das karge Gespräch zu nähren und fokussierte sich allein auf ihre Suche nach einem Sitzplatz. Ich selbst hatte mich schon zuvor nach derartigem umgesehen, aber mit der Zeit begannen die noch von der Sonne erwärmten Gleisen, ganz nett auszusehen und so hatte ich es mir einfach gemacht und mich im Schneidersitz auf die Bahnlinie gesetzt.
    Trotzig stöhnte Ayla auf, als sie endgültig kapitulierte. Ihre Hände wanderten in ihre kaum bemerkbaren Hosentaschen und zogen eine verbogene Pappschachtel hervor. Sie nahm sich eilig eine Zigarette heraus und wie aus dem Nichts glänzte auf einmal ein unscheinbares Feuerzeug in ihren Fingern. Fasziniert beobachtete ich, wie das Stäbchen am Ende aufleuchtete, als es auf die mickrige Flamme traf.
    »Glotz’ nicht so dumm, verdammt!«, brummte Ayla, doch gegen Ende wich ihre kräftige Stimme einem einzigen unsicheren Fiepen, dünn wie Glas.
    Und ihre Worte trafen mich härter als ich es vor ihr zugegeben hätte. Noch nie hatte sie sich aufgeregt, wenn er sie dabei beobachtet hatte, wie sie rauchte. Oder sich schminkte. Eigentlich war es sogar immer ein gewisser Stolz, mit dem sie mir zeigte, wie erwachsen sie war und ich war schon immer ein Bewunderer von dem was sie war und tat. Woche für Woche am selben Ort, nur um ihr mit kindlichem Interesse zuzuhören, wie viele Kurze sie in sich gekippt hatte oder wie sorglos ihr Leben überhaupt war.


    Ayla schien die Stille nicht im Geringsten unangenehm zu sein. Die glühende Zigarette wippte unruhig zwischen ihren Fingern, während sie unentwegt mit feucht glänzenden Augen von einer Laterne zur nächsten blickte, den Hals erhoben, als wäre ich ihr Publikum. Und mich zerfraß es, wie ihr umherschweifender Blick mich immer wieder ignorierte, wie sie einfach nur dastand, ohne dass sie mir auch nur einen Wimpernschlag lang Beachtung schenkte.
    »Was…«, nahm Ayla das erbärmliche Gespräch noch mal auf, „Was hast du heute so gemacht?“
    Was war hier los? Noch nie war es ihr wichtig gewesen, was ich erlebt hatte. Mir selbst war es fast schon peinlich, wie mein Jahr bisher nur aus Lernen und Langweilern bestand. Sooft ich Neues ausprobierte, sooft ich neues erreichte: niemals würde es an Aylas tagtäglichen Himmel heranreichen. Alles, worauf ich arbeitete, konnte mir das nicht geben, was Ayla immer wieder durchlebt.
    »Gelernt.«, kam meine Antwort endlich.
    Sie nickte unsicher und nahm einen weiteren Zug.
    »Hast du mal über die Zukunft nachgedacht?«, wimmerte sie und schien mit ihrem unsicher wanderten Blick etwas im Sternenhimmel zu suchen.
    »Hast du?«, erwiderte ich und mir wurde erst jetzt klar, mit was für einem Selbstvertrauen ich sprach. Einem, wie ich es sonst nur von Ayla selbst kannte.
    »Es hört doch sowieso immer gleich auf. Am Ende warten weder Prinzen noch Goldschätze auf mich.«
    »Du hast dein Märchen schon.«, fuhr der Trotz in mir sie an.
    Und jetzt sah ich sie ganz deutlich: dicke Wassertropfen zogen im Laternenlicht glänzende Wasserbahnen über ihr Gesicht, einzig getrübt von der Wimperntusche, die sich als pechschwarze Schlieren in den Tränenpfaden verteilte. Nichts anderes blieb mir übrig, als mit offenem Mund ihren Blick zu erwidern. Verzweiflung überschattete ihre Züge, verengte ihre Augen und entrang ihrer zitternden Kehle ein leises Schluchzen. Ein stummer Hilferuf, doch ich selbst fühlte mich in diesem Moment so hilflos wie selten zuvor.
    »Und am Ende eines Märchens…«, Ayla presste ihre vollen Lippen kurz aufeinander, um das Beben in ihrem Gesicht zu unterdrücken, »…wird alles besser.«
    Ich verstand immer weniger, was mir mein Idol damit sagen wollte. Ayla war viel älter als ich und sie dachte wirklich, ich könnte ihr jetzt helfen, wo ich doch selbst keine Ahnung hatte, was in ihr vorging. Sie selbst war für mich nie mehr als ein Symbol für Glück, wenn man so will. Ich wollte genau das erreichen, was sie erreicht hatte, um nie wieder unglücklich zu sein. Oder mir Sorgen um die Zukunft machen zu müssen.
    Ein weiteres Mal brach die junge Frau die Stille.
    »Hattest du jemals das Gefühl, dich im Kreis zu drehen? Immer und immer wieder dasselbe zu machen, in der Hoffnung, dass sich irgendetwas einmal ändert? Ich hänge fest, ich laufe immer nur dasselbe ab, ohne überhaupt irgendwas zu erreichen.«
    Eine unbehagliche Starre legte sich auf mein Gesicht. Keines der Worte, die ich sagen könnte, fand den Weg aus meinem Inneren heraus. Mein Symbol zerbrach vor meinen Augen und mir war nichts anderes übrig, als weiter zu schweigen. In ihren durchfluteten, braunen Augen sah ich kein Glück mehr, alles schien überschwemmt von Verzweiflung und Realität.
    Die Enttäuschung in Aylas Augen bohrte sich tiefer in mein Fleisch, brannte weiter auf mein Gewissen ein. Ich spürte, wie ihre Ängste auf mich übergingen und immer mehr wurde mir klar, was sie meinte. Meine Lippen lösten sich langsam voneinander, doch es war noch viel zu langsam. Das Wasser auf meinen Augen drängte immer kraftvoller gegen meinen Willen und verschleierte mir meine Sicht. Mit einem geräuschvollen Schlucken wischte mein Ärmel die Flüssigkeit aus meinen Augenhöhlen, während meine Lippen unter dem Drang bebten, etwas zu sagen und ich spürte immer deutlicher, wie sich die Worte gegen meinen gelähmten Hals pressten, doch konnte ich nichts erwidern. Ayla war wie eine Hoheit für mich geworden und ich brachte es nicht über mein schweres Herz, ihr meine lächerliche Hilfe anzubieten. Nicht ihr, meinem Sinnbild für pures Glück. Nicht von mir, ihrem ewigen Bewunderer.


    Es war das letzte Mal, dass ich Ayla sah. Die rostigen Laternen bestrahlten ihre immer kleiner werdende, perfekte Gestalt mit ihrem vergilbten Licht wie hungrige Scheinwerfer und der Bahngleis, über den sie grazil hinweg schritt, schien sie wie ihr eigener roter Teppich weiterzuführen.


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    [font='Lucida Handwriting'][color=#259481]Oktoberdrang


    Zu suchen was nicht existiert,
    Der Blick verschluckt von Dunst und Grau,
    Verschwinden, dass man sich verliert,
    Verborgenes stellt sich zur Schau.


    Und selbst wenn wir, so unsichtbar,
    Uns selbst verlieren, nie mehr finden,
    Bleibt uns der Nebel doch noch nah,
    Unser Irren kühl zu lindern.


    Du kennst, was du gesehen hast
    Und deine Augen führen dich.
    Verstehst, was in die Sinne passt,
    Doch das dahinter kennst du nicht.


    Verstand und Geist den Irrsinn scheuen,
    Brauchst du doch dir bekanntes Land.
    Doch das Verlangen nach dem Neuen
    Setzt deine Werte hell in Brand.


    Des letzten Strahles Glanz versiegt
    Und still verklingt die wahre Welt.
    Auf dass uns niemand dies entzieht,
    Kein Erdboden, kein Himmelszelt.


    Wo Pfad und Feld im Dunst verschwimmen,
    Zu finden, was verborgen liegt.
    Wo Wege enden: Waldes Stimmen
    Und schließlich blanke Neugier siegt.


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    [font='Lucida Handwriting'][color=#259481]Drei Schluchten


    Sanft streichelten die warmen Sonnenstrahlen das zarte Grün der grasbewachsenen Berge und brannten weiter auf das bereits flimmernde Gestein, das immer wieder zwischen den Grünflächen nackt hervortrat, während sich zwischen den kolossalen Felswänden ein grüner Spiegel aus noch immer viel zu kühlem Wasser ausbreitete. Ich fragte mich, ob das Wasser nur das Bild der stolzen Bergen über ihm reflektierte, oder ob es die verborgene Pflanzen- und Algenweltwelt im See war, die dem tiefgrünen Nass seine unwirkliche Färbung gab.


    Ich jedenfalls war ein Staudamm.


    Die Wellen tanzten immer wieder auf meine steinerne Fassade zu, warfen sich verzweifelt gegen den grauen, unzerstörbaren Wall, als wollten sie mich vertreiben, denn ich war das letzte Hindernis, dass ihnen ihre Freiheit raubt, und somit ihr Feind. Ich war ihr Bezwinger, ich war ihr Herrscher, denn ich nahm ihnen noch das allerletzte, das sie noch hatten. Sie hatten das Salz der Ozeane schon vor Jahrhunderten verloren, vielleicht sind sie damit auch nie in Berührung gekommen, ich weiß es nicht. Jedenfalls fand ihre lange Reise hier in einer Sackgasse ihr Ende, denn meine lückenlos perfekte Wand könnte bis in alle Ewigkeit stehen bleiben. Hier, zwischen den kahlen Felswänden, wo die Sonne mich kaum traf.
    Protest erhebend fegten neue Wellen auf mich zu, nur um – genau wie ihre Vorgänger – in mehrere glitzernde Tropfen zu zerschellen. Und so ging es wohl den ganzen Tag weiter, immer wieder unternahmen die Wellen weitere, mehr verzweifelte als waghalsige Angriffe auf mich; es wurde Nacht, es wurde Tag. Ich und das Wasser kämpften wie das Licht mit der Dunkelheit, doch die Lorbeerblätter waren immer mein, denn keine Gewalt der Welt könnte mich niederreißen, kein Gott mich zum Einsturz bringen; einen anderen Zweck als mein ewiges Dastehen hatte ich ja nicht. Ich war erschaffen, um zu beherrschen, auch wenn ich meinen Besitz nicht kannte. War es mein Besitz oder war es nur mein Feind? Bin ich als Gewinner auch der Herrscher? War es denn tatsächlich so einfach, Dinge zu besitzen?
    Ein weiteres Mal triumphierte die Sonne über die Nachtschwärze und holte sich den Oberbefehl über den Horizont zurück, die Wellen krachten erneut auf meinen makellosen Beton. Ein Kreis, aus dem ich nicht fliehen konnte. Einmal Staudamm, immer Staudamm. Die Sonne verschwand an diesem Tag viel zu schnell, als mein Zeitgefühl es gewohnt war, denn eine graue Wolkendecke versteckte sie hinter ihrem dichten Schleier.
    Und mit ihr kam der Nebel. Er verteilte sich gleichmäßig über den ganzen See, eine dichte Brühe aus Luft und Wasser, die allem ringsum Sicht und Gestalt nahm. Ich konnte die kalten Wellen nur noch an meiner steinernen Haut hochkriechen fühlen und wusste nicht einmal mehr, wie mein triefnasser Feind aussah, doch weiterhin war er da und ich siegte auch jetzt moch über die wütende Flut, selbst der schlohweiße Dunst konnte mich daran nicht hindern. Der erstickende graue Mantel hielt viel zu lang, und machte nicht die geringsten Anstalten, sich zu lichten.
    Waren es Minuten? Waren es Stunden? – Ich wusste es nicht.
    Irgendwann hielt sich der Nebel aus der stummen Schlacht zwischen Staudamm und Stausee heraus, wurde zu dem Wasser, das ich die ganze Zeit bekämpfe. Doch es war mir egal, denn ich bezwinge Wellen mühelos, ich gewinne ebenso jeden weiteren Kampf. Ich bleibe der Stärkere. Die Sonne schwebte wieder an das Firmament, und erhellte alles mit ihren gleißenden Lichtzungen. Die Felsen flimmerten und grünten, das Wasser zeigte seine altbekannte, magische Farbe, ich selbst stand dort, im prallen Sonnenschein sengend und versperrte weiterhin den einzigen Fluchtweg aus dem breiten Tal.
    Was haben die Wellen mir getan? War es Instinkt oder Wille, der mir diese unnatürliche Abneigung gegenüber dem tiefen Element verlieh? Was war der Grund unserer Feindschaft? Können wir nicht nebeneinander existieren? Wahrlich mehr Fragen als Antworten waren es, die mir als Staudamm in Gedanken kamen. Doch war ich nicht noch immer der Stärkere? Und auch sonst: Wer war denn nun der Klügere? Meine feste Verankerung reicht tief in das Erdreich; viel weiter als das Wasser vor mir jemals kommen könnte. Es machte mich zum Beherrscher.
    Aber auch zum Gefangenen.
    Das Wasser wird sich in den Jahrhunderten durch die Felswände, die ich schon so lange miteinander verband, fressen können. Seine steten Fänge werden einen Weg hier heraus finden. Doch ich? Was hatte es für einen Preis, der Starke zu sein? Ich werde noch in eintausend Jahren hier stehen, zwischen den vom Wasser durchlöcherten Felswänden, auf etwas wartend, was nie geschehen wird. Ganz allein. Und ich werde noch einige Kämpfe zwischen Tag und Nacht sehen, doch werde keine Wellen mehr an meiner grauen Rückwand mehr spüren, keine Kämpfe mehr gewinnen, und all das, wofür ich gedient habe, wird niemanden mehr interessieren. Ich mag alles und jeden vor einer Flut beschützen, doch wenn das Wasser versiegt, werde ich nur eine graue Wand zwischen zwei Bergen sein und so verharren, bis auch die Sonne ihren letzten Kampf gegen die Schatten der Nacht bestreitet. Und bis dahin warte ich kämpfend für etwas, dass mir niemals helfen wird; als gottgleicher Beherrscher, als ewiger Vogt eines beschränkten Denkens; als Staudamm.
    So schwarz wie meine Gedanken färbte sich der Himmel, ein weiteres Duell ging zugunsten der Nacht aus. Es wird nicht die letzte Machtübergabe sein, die ich miterlebe. Ich lebe für etwas, das nichts als Ausdauer erfordert, und nichts als Knechtschaft bringt, bis ich der letzte Kämpfende bin.
    Über mir flüsterte der Wind bedrohliche Botschaften, während er die dunkelsten Wolken mit brutalem Reißen über die traurige Szene eines verlorenen Damms zog. Die Ballen waren schwarz, schwarz wie die Nacht die es umgab, und schwarz wie das Wasser, das – vom Wind gestärkt – weiter seine bitterkalte Hand ohne Rücksicht gegen meine Seite klatschte. Es war die Hölle. Ich merkte, wie meine unfehlbare Konstruktion in einem donnernden Rhythmus vibrierte. Das Tosen der Wellen hallte wie schadenfrohes Gelächter von den Berghängen, die den Kampf in der Dunkelheit stillschweigend betrachteten – so wie sie schon all meine Kämpfe zuvor betrachtet hatten. Ich tat, was mir mein primitiver Sinn auftrug: ich kämpfte weiter, immer weiter. Die Wolken setzten in das Lachen mit knallendem Regen und noch schlimmeren Klängen eines Gewitters mit ein, und mordeten so den letzten Rest Selbstglaube.
    Die Wellen – ein einziger nasser Rammbock – stießen ein weiteres Mal gegen meine Wand, die sofort ihre Perfektion einbüßte und ein Netz aus Rissen sich wie ein lästiger Tintenklecks auf einem dünnen Briefpapier über den grauen Beton ausbreitete. Der quälende Schmerz der Resignation war schwerer als all die Wassermassen, doch genau dafür war ich geschaffen, dafür war ich da. Ich bin ein Staudamm, und ich beherrsche das Wasser. Es war keinesfalls meine letzte Nacht auf Erden; der Alptraum ging viel länger, als es beide Seiten eigentlich hätten aushalten sollen.
    Waren es Tage? Waren es Wochen? – Ich wusste es nicht.
    Das Wasser pochte mit unaufhörlich hämischer Flut an meine Wand, das dunkle Ende ankündigend, während die schwarzen Wolken über der Szene mit zustimmendem Donner in mein beschlossenes Urteil einfielen. Mein unzerbrechlicher Beton bröselte mit jedem Stoß der triumphierenden Wellen weiter von meiner Fassade, bis schließlich meine perfekt aufgetragene graue Farbe ganz von meiner Wand verschwand, und melancholisch in den reißenden Fluten versank. Meine Aufgabe – Mein Schicksal.
    Wenn das Wasser aufgibt, wird unser ewiger Kampf dennoch weitergehen; sollte ich verlieren, werde ich, und alles wofür ich geschaffen wurde, nicht mehr sein. Der Kampf war von Anfang an ein Spiel, und ich war zum Verlieren verdammt: gewinne ich, bleibe ich allein mit meiner Pflicht; verliere ich, ist es mein endgültiges Ende.
    All die Berghänge, die den Stausee umgaben, weinten neues Wasser in den See – das Wasser, das so eisig an mir nagte. Das nasse Schwert aus Wellen und Böen schlug noch einmal auf mich ein, und plötzlich spürte ich, was mir die ganze Zeit gefehlt hatte: Freiheit.
    Unter einem dramatischen Ächzen zerfiel ich in unzählige Steinklötze, umgeben von Wasser und Wind, und regnete neben meinem ärgsten Feind auf das karge Tiefland, das ich die ganze Zeit hätte beschützen müssen. Ich spürte keine Verankerung mehr, die mich an meinen Dienst erinnert, ich spürte keine Rivalität mehr zwischen Staudamm und Stausee – wobei beides natürlich nicht mehr existierte. Ich war kein Staudamm mehr, ich war kein Beherrscher mehr, ich war kein Gefangner mehr; ich war nur noch mehrere Betonquader, die im heulenden Wind zu Boden rasten. Aber frei.


    Ich spürte den sanften Druck meines Kissens in meinem Nacken und den hellen Weckruf der Morgensonne in meinem Gesicht. Irritiert von meinen Erlebnissen öffnete ich die Augen.
    Waren es Sekunden? Waren es Jahre? – Ich wusste es nicht.

  • Hey Galahad! :)


    Ich finde es schade das noch keinen Kommentar erhalten hast, daher dachte ich mir dir einen kleinen zu hinterlassen. Vorweg wollte ich noch anmerken, das ich alles aus meiner Sicht bewerten werde, was heißt, das sich meine Meinung im Bezug auf den Text, sich grundlegend unterscheiden kann als von denen, die es im Rahmen eines Wettbewerbes bewertet haben. So am Rande angemerkt...

    Startpost

    Viel gibt es hier nicht zu sagen, außer das er oberflächlich zwar sehr kurz und grob gehalten wurde vom geschriebenen, dennoch aber sehr schön gestaltet worden ist bzw. die Farben gut gewählt sind und miteinander harmonieren. Und schließ0lich muss nicht jeder einen halben Roman schreiben, du hast ja zu deinen Texten immer extra eine kleine Information dazugeschrieben, von daher denke ich dass die Information, die du angebracht ausreicht und mit kürzen Worten gehalten, dennoch aber – so denke ich – ausreichend mit Inhalt verseht.


    Vorgenommen habe ich mir, etwas zu deiner Geschichte „Die Prinzessin und ihr Rauchzepter“ zu schreiben, deine andere KG und das Gedicht lasse ich mal außen vor (kann ja eventuell sein, dass noch jemand anderes Interesse hat, dir einen Kommentar zu hinterlassen).
    Der Titel an sich wirkt sehr märchenhaft, was nicht zuletzt sich durch das Wort „Prinzessin“ zurückzuführen lässt. Dennoch aber mag ich es wie du gekonnt deinen Titel von dem Inhalt deiner Geschichte verschleierst, gleichzeitig aber auch mit Prinzessin Ayla assoziierst, die sich in meinen Augen ein wenig wie eine verzogene? Prinzessin aufführt, dennoch aber hinter ihrem scheinbar großen Selbstbewusstsein, doch nur eine verlorene junge Frau steckt, die selbst nicht weiß was die Zukunft bringen kann. Hingegen der Junge bzw. ihr Gegenüber diese immer bewundert hat, geradezu vergöttert wenn man es so bezeichnen kann, hinsichtlich der Tatsache, dass sie für ihn bereits ein Sinnbild des Glückes darstellt. Wobei ich hier wenige Informationen herauslesen konnte, warum dies der Fall ist. Außer eben, dass sie ihn ihrem Leben anscheinend mehr „Abenteuer“ bzw. spannendere Dinge erlebt als er und jener eben hauptsächlich – durch die kleine Erwähnung am Rande – nur lernt und sich langweilt und eben aus diesem Trott, anscheinend nicht wirklich herausfindet. Vielleicht hat er aber auch Angst bzw. nicht den Mut etwas daran zu ändern und stattdessen, bewundert er jemanden anderes, der dies aber in seinen Augen geschafft hat. Die Beziehung zwischen den beiden scheint mir selber auch nicht unbedingt auf Freundschaft basierend zu sein, auch wenn einige Ansätze zu erkennen sind, wie dass sie mehr oder weniger versucht, ein kleines Gespräch aufzubauen, jedoch ihn auch oft barsch angegangen ist, aber vielleicht auch nur zur Überspielung ihrer eigenen Unsicherheit. In dieser Hinsicht muss ich sagen, kam sie mir des öfteren wie eine selbst ernannte Prinzessin vor, wobei sie gegen Ende ja eine andere Seite von sich preisgegeben hat. Zudem eine sehr verletzliche.
    Der Junge bewundert sie auf der einen Seite, wirkt aber selbst dahingehend auch sehr verloren, weswegen er sich geradezu an sein „Symbol“ - wie er sie selbst bezeichnet – klammert, aber auch selbst dann nicht weiß, wie er mit der Situation umgeht, wenn dieses zerbricht bzw. an der Stelle an der sie anfängt zu weinen am besten reagieren kann. Allgemein betrachtet mag ich deine Darstellung einer solchen Situation sehr, auch wenn das Ende kein Happy End war, aber gerade solche Geschichten bringen den Leser, denke ich, mehr zum nachdenken bringt. Gegen Ende hätte mich aber noch eine kleine Beschreibung des Empfindens des Jungen bzw., des Ich-Erzählers interessiert, nicht nur was er augenscheinlich sieht, wobei es auf der anderen Seite dann alles noch etwas offener wirken lässt und auch undurchdringlicher.
    Besonders dein Schreibstil mochte ich sehr, du hast nämlich besonders geschickt solche Handlungen interessant beschrieben, beispielsweise als Ayla anfing zu weinen, beschreibst du jenes nicht nur simpel mit den Worten „sie weinte“, sondern vielmehr tiefgründiger und auch leicht komplexer, wobei du meiner Meinung nach auch sehr diese Tendenz hast, eben diese etwas mehr auszuschmücken, im allgemeinen auch auf deinen Text sich zurückzuführen lässt. Gefällt mir persönlich sehr gut, zwar hättest du die eine oder andere vielleicht auch kürzen können, jedoch gefallen mir immer wieder Beschreibungen, die etwas mehr sich vom Inhalt und dem Eigentlichen distanzieren, denke aber auch dass du dennoch das Geschehen im Auge hattest. Zumindest kann ich nicht derartig groß reden, das ich die Handlung aus den Augen verloren habe, sondern gut mitgekommen bin. Hinzu kommt, das du mit deinen Beschreibungen auch Gefühle mit eingebunden hast, zwar diese vielleicht mehr am Rande, dennoch aber miteinbezogenen hast. Im Großen und Ganzen hat sie mir sehr gut gefallen, du hast eine interessierte Sichtweise die Dinge darzustellen. ^^ Im Übrigen durfte ich auch Mannheim bei Nacht sehen, als ich am Anfang des Jahres eine Freundin dort besucht habe, von daher hat es mich irgendwie umso mehr gefreut, dass du diese Erwähnung in deinem Vorwort miteinbezogen hast.


    Fehler/Anmerkungen
    - Noch nie hatte sie sich aufgeregt, wenn er sie dabei beobachtet hatte, wie sie rauchte.
    - »Gelernt.«, kam meine Antwort endlich. Kein Punkt kommt nach Gelernt.
    - »Du hast dein Märchen schon.«, fuhr der Trotz in mir sie an.Ebenso hier


    Hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen, mit meinem kurzen Feedback. :)


    ~Dunames

  • [tabmenu][tab=Vorwort]

    Huhu, Galahad. ~ (Beziehungsweise Gottgleiche Litschi, aber ich weiß nicht, ob ich mich an den Namen gewöhnen kann, haha.)


    Da ich dir ja versprochen hatte, auch mal in deinem Einzelwerke-Topic vorbeizuschauen, nachdem du bei mir dieses ... Monster von Kommentar geschrieben hattest (nochmals danke dafür x3), und es außerdem schon mehr als eine Woche her ist, seit du in der Feedback-Kette von Onee-chan Feedback gewünscht bekommen hast (lol), habe ich mir für meinen sozusagen Re-Kommentar einfach mal dein Gedicht ›Oktoberdrang‹ geschnappt und versucht, es nach Strich und Faden auseinanderzunehmen. Und die Betonung liegt hierbei auf ›versucht‹, denn inzwischen dürfte es schon mehr als ein Jahr her sein, dass ich mich an eine Gedichtsinterpretation gewagt habe, weswegen es durchaus sein kann, dass ich einige oder sogar viele Dinge übersehen/vergessen habe. Ich hoffe, dass das nicht allzu schlimm ist. :'D


    [tab=Äußere Form]

    Kleine Notiz zur Erklärung: Fettgedruckt sind betonte Silben, unterstrichen sind Rechtschreib-/Zeichensetzungsfehler.


    Zu suchen, was nicht existiert,
    Der Blick verschluckt von Dunst und Grau,
    Verschwinden, dass man sich verliert,
    Verborgenes stellt sich zur Schau.


    In dieser Strophe hast du hinsichtlich des Reimschemas und des Metrums alles richtig gemacht. Insgesamt benutzt du ja einen sehr schönen, zumal häufigen und einfachen Versfuß, nämlich den Jambus, was es für die Leser leichter macht, das Gedicht zu lesen. Im Gegenzug kann es allerdings auch dafür sorgen, dass man schnell Dinge überliest, weil man das ganze halt zu schnell lesen kann, aber das ist weniger eine Kritik an dir als am Jambus selbst, haha. x3
    -_Davon abgesehen habe ich einen kleinen Zeichensetzungsfehler gefunden, den ich dir markiert habe, da müsste nämlich ein Komma hin.


    Und selbst wenn wir, so unsichtbar,
    Uns selbst verlieren, nie mehr finden,
    Bleibt uns der Nebel doch noch nah,
    Unser Irren kühl zu lindern.


    So hart das jetzt auch klingen mag, aber diese Strophe gefällt mir stilistisch gesehen am wenigsten; zum einen wäre da die unschöne Wiederholung des Wortes ›selbst‹ (V. 5+6), aber auch das ›Und‹ (V. 5) im Zusammenhang mit dem ›Uns‹ (V. 6) lässt sich aufgrund der Ähnlichkeit der Wörter nicht sonderlich gut lesen (zumal du letzteres in den beiden verbleibenden Versen noch einmal benutzt). Desweiteren fällt schon beim groben Überfliegen auf, dass hier etwas mit dem Metrum nicht zu stimmen scheint, und tatsächlich bist du sowohl im sechsten als auch im achten Vers in den Trochäus übergewechselt, wobei der sechste Vers hierbei sogar noch einen Auftakt hat. (Und über den unsauberen Reim, der noch hinzukommt, schweige ich einfach mal, haha. x3) Das ist etwas, das sich nicht sonderlich gut macht, aber da es ja dein erstes Gedicht war, ist das ja nicht allzu schlimm. (:


    Du kennst, was du gesehen hast,
    Und deine Augen führen dich.
    Verstehst, was in die Sinne passt,
    Doch das dahinter kennst du nicht.


    Ebenso wie die erste Strophe perfekt, was das Metrum und die Einhaltung des Reimschemas anbelangt. Zwar gibt es mit ›dich‹ (V. 10) und ›nicht‹ (V. 12) einen leicht unsauberen Reim, aber Tatsache ist, dass es einem Gedicht durchaus einen gewissen Reiz verleihen kann, wenn man hin und wieder einen solchen mit einbaut, insbesondere, wenn er in der Kombination zweiter Vers – letzter Vers auftritt, weil er so der Strophe noch das gewisse Etwas verleiht, sozusagen das Gewürz, das den eigentlichen Geschmack noch unterstreicht. (Das ist BTW nur meine eigene Meinung dazu, ob andere das auch so sehen oder es vielleicht sogar bewiesen ist, dass leicht unsaubere Reime ein Gedicht stilistisch gesehen aufwerten können, weiß ich nicht. Und es ist mir auch egal. x3)
    -_Oh, und noch ein Zeichensetzungsfehler, der zweite und letzte in diesem Gedicht, und ebenfalls von mir markiert worden (und wieder ein Komma, das gesetzt werden muss, haha).


    Verstand und Geist den Irrsinn scheuen,
    Brauchst du doch dir bekanntes Land.
    Doch das Verlangen nach dem Neuen
    Setzt deine Werte hell in Brand.


    Stilistisch gesehen nicht schlecht (wenngleich es besser zu lesen wäre, würde man ›scheuen‹ (V. 13) und ›Neuen‹ (V. 15) apostrophieren, ansonsten wäre es nämlich im Grunde wieder der Trochäus mit Auftakt, wenngleich man es nicht so lesen/sprechen würde), aber die letzten beiden Verse mögen mir irgendwie so gar nicht gefallen. Da habe ich leider auch keinerlei Regelwerk, anhand dessen ich dir sagen könnte, was mich daran so stört; ich kann dir nur sagen, dass es wahrscheinlich an der Wortwahl liegt beziehungsweise daran, dass das ›Temperament‹ der Worte nicht zueinander passt. Und bevor du jetzt die Stirn runzelst und dich fragst, was ich da eigentlich rede: Jedes Wort hat, wie ich finde, einen gewissen Klang, den ich selbst gerne als Farbe oder Temperament bezeichne. Für gewöhnlich spielt diese Eigenschaft aber nur in Gedichten eine Rolle, in (Kurz-)Geschichten oder Büchern habe ich sie, zumindest noch nicht bewusst, ausmachen können, und oftmals wissen die Wörter selbst, wie sie sich anzuordnen haben, dass es gut klingt. Wenn es dann dennoch etwas gibt, das störend ist, liegt das meistens in dem Temperament eines Wortes oder gleich mehrerer begründet, und sobald man den ›Fehler‹ gefunden und ausgebessert hat, liest sich meist sofort die ganze Strophe besser.


    Des letzten Strahles Glanz versiegt
    Und still verklingt die wahre Welt.
    Auf dass uns niemand dies entzieht,
    Kein Erdboden, kein Himmelszelt.


    Meiner Meinung nach die beste und am schönsten klingende Strophe von allen, die vor allem durch den letzten Vers besticht, bei dem ich mir extrem unsicher bin, was da eigentlich für ein Metrum vorherrscht, haha. Insbesondere das ›Kein‹ (V. 20) ist meiner Meinung nach zu stark betont, um eine Senkung zu sein, und auch wenn es sich im Grunde genommen auch hier um einen Jambus handeln müsste, tue ich mich doch schwer damit, einfach weil diese Strophe etwas so endgültiges an sich hat, dass das ›Kein‹ (V. 20) so ausgesprochen werden muss. (Ergo würde es sich um zwei Daktylen mit vorgeschobener Hebung handeln, aber ob es so etwas überhaupt gibt? x3)


    Wo Pfad und Feld im Dunst verschwimmen,
    Zu finden, was verborgen liegt.
    Wo Wege enden: Waldes Stimmen
    Und schließlich blanke Neugier siegt.


    Das gleiche Spiel wie in der vierten Strophe: ›verschwimmen‹ (V. 21) und ›Stimmen‹ (V. 23) apostrophieren, wenngleich es hier wahrscheinlich etwas merkwürdig anmuten würde (da sich beide Worte eigentlich nicht apostrophieren lassen, zumindest nicht, ohne dass es unschön aussieht und sich bei letzterem Wort auch ziemlich unschön anhört), was einer von drei Gründen ist, weswegen mir diese Strophe nicht gefällt. Der zweite Grund ist der, dass es die Endgültigkeit der fünften Strophe zunichtemacht, zumal es den Leser rein thematisch gesehen zurück in die erste Strophe reißt und somit in einen Zustand, den das lyrische Ich längst überwunden hat. Nya, und der dritte Grund hängt mit dem ersten zusammen, da nämlich das ›Stimmen‹ (V. 23) das gesamte Metrum zerschießt, indem es eine Silbe zu viel hat, was das ›Und‹ (V. 24) vollkommen überflüssig macht und somit den letzten Vers siebensilbig zurücklässt (sowie mit einem Trochäus mit abschließender männlicher Kadenz).


    [tab=Interpretation]

    Zu suchen, was nicht existiert,
    Der Blick verschluckt von Dunst und Grau,
    Verschwinden, dass man sich verliert,
    Verborgenes stellt sich zur Schau.


    Bereits hier wird der Bezug zur Überschrift und somit zum Thema schon sehr deutlich: Es wird das gesucht, was nicht zu existieren scheint (V. 1), sich aber zeigt (V. 4), sobald man sich dem ›Dunst und Grau‹ (V. 2), also wahrscheinlich dem Nebel, erst einmal hingegeben hat und sich infolgedessen verliert (V. 3). In Verbindung mit dem Titel fällt mir hier als erstes die Thematik des zunehmend nebliger werdenden Wetters ein (lol), aber auch der Tod wird gerne durch den Herbst symbolisiert, was man hier so deuten könnte, dass der Nebel einen die Grenze zum Tod überschreiten lässt, ohne dass man hierfür sterben muss. Man hat also eine Erkenntnis vom »Leben danach«, die hinter den Nebeln des Irdischen verborgen liegt, und tief im Herzen hat man den Wunsch beziehungsweise den Drang, diese zu erreichen. Ergo ›Oktoberdrang‹ (Titel).
    -_Oh, und BTW muss ich hierbei die ganze Zeit an Halloween/Samhain denken, also die Nacht des einunddreißigsten Oktobers auf den ersten November, in der man ja angeblich Kontakt zu der Anderen Welt aufnehmen kann sowie zu Geisterwesen, Elfen etc.


    Und selbst wenn wir, so unsichtbar,
    Uns selbst verlieren, nie mehr finden,
    Bleibt uns der Nebel doch noch nah,
    Unser Irren kühl zu lindern.


    In dieser Strophe wird genauer auf das ›Verschwinden‹ (V. 3) der ersten Strophe eingegangen: Das Lyrische Ich spricht davon, dass, selbst wenn man sich ›verlieren [und] nie mehr finden‹ (V. 6) sollte, der Nebel doch noch um einen bleibt und das eigene ›Irren kühl [...] linder[t]‹ (V. 8), was ich dahingehend interpretieren würde, dass man, sofern man sich auf der Suche nach dem Verborgenen jenseits des Irdischen verirrt und den Weg nicht mehr zurückfindet, dennoch mit dem Nebel verbunden bleibt. Daraus lässt sich entweder lesen, dass ebendieser Nebel einen so lange schützt, bis man wieder auf den richtigen Pfad gefunden hat, oder dass man nach dem eigenen Verirren in einer Art Zwischenwelt lebt, die jedoch keineswegs trostlos zu sein scheint, sondern eher so klingt, als wäre sie eine kühle, nebelverhangene Welt, die einem neue Hoffnung gibt.
    -_Und wieder eine Verbindung zu Halloween/Samhain, haha; sollte es sich nämlich tatsächlich um eine Zwischenwelt handeln, in der man verweilt, nachdem man vom richtigen Pfad im Nebel abgekommen ist, würde das eventuell bedeuten, dass man bis zum nächsten Jahr in dieser bleibt, also bis zu dem Zeitpunkt, da die Grenzen zwischen dieser und der Anderen Welt erneut verschwimmen und der Nebel einem erneut die Möglichkeit bietet, zwischen diesen Welten zu wandeln.


    Du kennst, was du gesehen hast,
    Und deine Augen führen dich.
    Verstehst, was in die Sinne passt,
    Doch das dahinter kennst du nicht.


    Diese Strophe gleicht von der Thematik her eher der ersten Strophe, da sie vor allem auf deren zweiten Vers eingeht, indem hier der Leser direkt darauf angesprochen wird, dass seine ›Augen [ihn] führen‹ (V. 10) und er nur das als wirklich erachtet, das er, wie man so schön sagt, mit eigenen Augen gesehen hat. Dem Leser wird also vorgehalten, dass er sich nur auf seine Sinne verlässt (V. 11) und das, was diese übersteigt, nicht kennt und auch nicht versteht, ja, vielleicht sogar gar nicht verstehen will. Unter Berücksichtigung der ersten Strophe lässt sich hier also eine Art Aufforderung erkennen, sich nicht nur auf das zu verlassen, was sozusagen vor einem liegt, sondern auch das Neue, Unbekannte zu suchen beziehungsweise das Altbekannte zu hinterfragen. Der Leser wird hier also indirekt dazu aufgerufen, sich selbst dem ›Oktoberdrang‹ (Titel) hinzugeben und sich nicht nur auf seine Sinne zu verlassen.


    Verstand und Geist den Irrsinn scheuen,
    Brauchst du doch dir bekanntes Land.
    Doch das Verlangen nach dem Neuen
    Setzt deine Werte hell in Brand.


    Hier wird deutlich ausgesprochen, was in der Strophe zuvor nur als Andeutung vorhanden war: Auf der einen Seite benötigt der Leser, also höchstwahrscheinlich der Mensch, ›bekanntes Land‹ (V. 14), um sich sicher und geborgen zu fühlen. Sein ›Verstand und Geist‹ (V. 13) sind nicht dafür gemacht, sich über das, was die eigenen Grundfeste ausmacht, hinauszuwagen, was sich in vielerlei Mythen und Legenden finden lässt, in denen von übernatürlichen Phänomenen die Rede ist und die in älterer Zeit oftmals Unbehagen in den Menschen ausgelöst haben. Das Unbekannte machte ihnen Angst, und so verblieben sie in ihren alten Gewohnheiten, um nicht Opfer eines Monsters, eines rätselhaften Vorkommnisses oder Ähnlichem zu werden. Andererseits war da aber auch immer das ›Verlangen nach dem Neuen‹ (V. 15), also der Wunsch, auszubrechen, gerade um etwas Neues, Unbekanntes zu entdecken. Ein zweischneidiges Schwert also, denn wo auf der einen Seite Angst und vielleicht auch Gemütlichkeit regieren, ist auf der anderen Seite wirklich das Verlangen, etwas zu ändern, ja, vielleicht sogar herauszufinden, was es mit den Mythen und Legenden auf sich hat, um wieder von früher zu sprechen; und gerade dieses Bestreben, das ein jeder gewiss auch schon im Alltag verspürt hat, wenn es um eine wichtige, vielleicht sogar lebensverändernde Entscheidung ging, zehrt an einem wie Feuer und setzt das, was man bislang geglaubt hat, zuweilen ›hell in Brand‹ (V. 16).
    -_Oh, und desweiteren lässt sich hier eine sehr schöne Verbindung zur zweiten Strophe finden, in der davon die Rede ist, dass der Nebel das eigene ›Irren kühl [...] linder[t]‹ (V. 8), sollte man sich verlaufen haben. Dies könnte bedeuten, dass das brennende ›Verlangen nach dem Neuen‹ (V. 15) dadurch gemildert wird, dass man in einer Zwischenwelt verharrt und dort vielleicht zumindest einen kleinen Blick auf das erhascht, wonach man eigentlich strebt; einen kleinen Blick deshalb, weil der Nebel nur lindert, nicht aber heilt, der Wunsch nach dem Unbekannten also weiterhin bestehen bleibt, nur vorerst besänftigt.


    Des letzten Strahles Glanz versiegt
    Und still verklingt die wahre Welt.
    Auf dass uns niemand dies entzieht,
    Kein Erdboden, kein Himmelszelt.


    In dieser Strophe nun beginnt die Nacht, ja, vielleicht sogar die Nacht von Halloween/Samhain; die Sonne geht unter (V. 17) und die ›wahre Welt‹, also die Welt des Tages, in der alles durch das Sonnenlicht klar erkennbar ist, hört, wenn man so will, auf zu existieren. Die Nacht beginnt, die Zeit eines Tages, in der Schatten und Mysterien regieren und die in den oben schon angesprochenen Mythen und Legenden oftmals Schauplatz der meisten Begebenheiten war, und auf Halloween/Samhain bezogen kommt nun der Augenblick näher, da die Grenzen zwischen dieser und der anderen Welt verschwimmen, man also die Möglichkeit hat, hinter die Schleier des Nebels zu blicken. Desweiteren wird das Ende eines Tages oftmals gleichgesetzt mit dem Tod, also dem Ende des Lebens, was wiederum Rückschlüsse zulässt auf die Bräuche an Halloween/Samhain, in der Nacht vom einunddreißigsten Oktober zum ersten November Kontakt mit den Verschiedenen aufzunehmen.
    -_Die letzten beiden Verse dieser Strophe sind im Übrigen am schwersten zu interpretieren, was das gesamte Gedicht anbelangt, haha. Ich würde sie allerdings dahingehend deuten, dass sie ein stummes Gebet darstellen, vielleicht sogar von den Menschen, die vorhaben, durch den Nebel zu treten, und die hier ihre letzten Worte sprechen, bevor sie ihre Suche beginnen, auf dass weder die Erde (eventuell gleichzusetzen mit Mutter Erde, also der Natur als solches) noch der Himmel (eine höhere Macht, würde ich sagen) ihnen diese Möglichkeit nimmt beziehungsweise das Verlangen danach, diese Möglichkeit, also den ›Oktoberdrang‹ (Titel), die Suche nach der Anderen Welt, wahrzunehmen.


    Wo Pfad und Feld im Dunst verschwimmen,
    Zu finden, was verborgen liegt.
    Wo Wege enden: Waldes Stimmen
    Und schließlich blanke Neugier siegt.


    Diese Strophe schließlich baut eine Verbindung zur ersten und vor allem zur vierten Strophe auf: ›Pfad und Feld‹ (V. 21) verschwimmen im Nebel, der nach dem Ende des Tages in der vorherigen Strophe aufkommt, und es erscheint der Weg in die Andere Welt, vielleicht sogar symbolisiert durch den Pfad, der schon im Tageslicht vorhanden ist und nun als jener Pfad dient, der durch den Nebel und einen zu dem führt, ›was verborgen liegt‹ (V. 22), also die Andere Welt beziehungsweise die Erkenntnis von etwas, das jenseits der menschlichen Sinne liegt. Die Wege von ›Verstand und Geist‹ (V. 13) mögen zwar enden, der Pfad durch den Nebel aber führt weiter, und ›schließlich [siegt die] blanke Neugier‹ (V. 24), eher gesagt das Verlangen nach dem Unbekannten, hier noch gepaart mit den Stimmen des Waldes, also der Natur (V. 23) und somit dem, was nicht unter der Kontrolle des Menschen liegt, über das, was der Verstand einem einbläuen mag.


    [tab=Nachwort]

    Himmel, wie sehr ich Gedichtsinterpretationen liebe, das geht ja gar nicht. o: Aber es ist wirklich so, dass ich es total genossen habe, diesen Kommentar zu schreiben, zumal das Gedicht einfach nur toll ist; vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es dein erstes freiwilliges ist. Dafür definitiv Hut ab! Insbesondere die Metrik hat mir sehr gut gefallen, und auch wenn es diesbezüglich hier und da etwas unschön zu lesen war, bin ich doch erstaunt und erfreut, wie gut du das im Gefühl hast. Und ich bin mir sicher, dass wir alle noch Großes von dir erwarten können, was Gedichte anbelangt. Du hast wirklich Talent. (:


    In diesem Sinne also bis zum nächsten Mal und gerne wieder mit einem Gedicht, haha. ~ (BTW finde ich deinen Startpost einfach nur episch, vor allem diese Schriftart ist genial. x3 Lediglich eine Benachrichtigungsliste fehlt mir noch, sollte es so etwas irgendwann mal geben, würde ich mich da insofern gerne eintragen lassen.)


    Liebe Grüße,
    Alyson ~

    [/tabmenu]

  • [tabmenu][tab='Einleitungen sind nicht meine Stärke']Danke euch beiden für die Kritik und das Lob (Thx Onee-Chan für die Anzeige^^). Finde es echt derbe von euch, dass ihr hier so detaillierte und durchdachte Kommis hier abgebt und war total überrascht, dass ich irgendwie nicht einmal um ein Kommi betteln musste. :D


    Ansonsten. Neues, beziehungsweise altes Zeug für das Topic, um es schnell zu defibrillieren und ein Designexperiment noch dazu. Nächste Woche soll nach meinen Plänen auch noch was kommen, im besten Fall sogar was in Richtung Drama, wenn ich mich nicht so oft wie sonst ablenken lasse. :>[tab=Dunames]

    Hey Galahad! :)

    Himmel, wo kommt dieser geile Name her? D:

    Startpost
    Viel gibt es hier nicht zu sagen, außer das er oberflächlich zwar sehr kurz und grob gehalten wurde vom geschriebenen, dennoch aber sehr schön gestaltet worden ist bzw. die Farben gut gewählt sind und miteinander harmonieren. Und schließlich muss nicht jeder einen halben Roman schreiben, du hast ja zu deinen Texten immer extra eine kleine Information dazugeschrieben, von daher denke ich dass die Information, die du angebracht ausreicht und mit kürzen Worten gehalten, dennoch aber – so denke ich – ausreichend mit Inhalt verseht.

    Haha, eigentlich fand ich den Starpost furchtbar, hab' aber auch den ungünstigsten BB-Stil dafür. :D
    Dass es nur wenige Informationen sind, weiß ich, aber dasselbe Prinzip nutze ich auch auf meinem Profil und meiner Deviantartseite und es hat sich bewährt, finde ich. Zudem lese ich selbst Vorwörter selten und wenn, dann immer zu spät.

    Der Titel an sich wirkt sehr märchenhaft, was nicht zuletzt sich durch das Wort „Prinzessin“ zurückzuführen lässt. Dennoch aber mag ich es wie du gekonnt deinen Titel von dem Inhalt deiner Geschichte verschleierst, gleichzeitig aber auch mit Prinzessin Ayla assoziierst, die sich in meinen Augen ein wenig wie eine verzogene? Prinzessin aufführt, dennoch aber hinter ihrem scheinbar großen Selbstbewusstsein, doch nur eine verlorene junge Frau steckt, die selbst nicht weiß was die Zukunft bringen kann.

    Genau das, wobei jeder der beiden eigentlich den anderen für den Glücklicheren hält. Ayla verleiht dem ganzen nur mehr Nachdruck, deswegen die Perspektive und der Titel.

    Hingegen der Junge bzw. ihr Gegenüber diese immer bewundert hat, geradezu vergöttert wenn man es so bezeichnen kann, hinsichtlich der Tatsache, dass sie für ihn bereits ein Sinnbild des Glückes darstellt. Wobei ich hier wenige Informationen herauslesen konnte, warum dies der Fall ist. Außer eben, dass sie ihn ihrem Leben anscheinend mehr „Abenteuer“ bzw. spannendere Dinge erlebt als er und jener eben hauptsächlich – durch die kleine Erwähnung am Rande – nur lernt und sich langweilt und eben aus diesem Trott, anscheinend nicht wirklich herausfindet. Vielleicht hat er aber auch Angst bzw. nicht den Mut etwas daran zu ändern und stattdessen, bewundert er jemanden anderes, der dies aber in seinen Augen geschafft hat.

    Genau, Ayla ist als Idol des Erzählers konzipiert.

    Die Beziehung zwischen den beiden scheint mir selber auch nicht unbedingt auf Freundschaft basierend zu sein, auch wenn einige Ansätze zu erkennen sind, wie dass sie mehr oder weniger versucht, ein kleines Gespräch aufzubauen, jedoch ihn auch oft barsch angegangen ist, aber vielleicht auch nur zur Überspielung ihrer eigenen Unsicherheit. In dieser Hinsicht muss ich sagen, kam sie mir des öfteren wie eine selbst ernannte Prinzessin vor, wobei sie gegen Ende ja eine andere Seite von sich preisgegeben hat. Zudem eine sehr verletzliche.

    Wie ich mich jetzt total freue, dass alles so aufgefasst wurde wie ich es beabsichtigt hatte. :D
    Das sollte auch wirklich keine Freundschaft sein, nur darüber hätte ich vielleicht noch etwas mehr schreiben können, denke ich.

    Der Junge bewundert sie auf der einen Seite, wirkt aber selbst dahingehend auch sehr verloren, weswegen er sich geradezu an sein „Symbol“ - wie er sie selbst bezeichnet – klammert, aber auch selbst dann nicht weiß, wie er mit der Situation umgeht, wenn dieses zerbricht bzw. an der Stelle an der sie anfängt zu weinen am besten reagieren kann. Allgemein betrachtet mag ich deine Darstellung einer solchen Situation sehr, auch wenn das Ende kein Happy End war, aber gerade solche Geschichten bringen den Leser, denke ich, mehr zum Nachdenken.

    Yay ^o^

    Gegen Ende hätte mich aber noch eine kleine Beschreibung des Empfindens des Jungen bzw., des Ich-Erzählers interessiert, nicht nur was er augenscheinlich sieht, wobei es auf der anderen Seite dann alles noch etwas offener wirken lässt und auch undurchdringlicher.

    Ich hab das Ende mit Samthandschuhen angesfasst, damit ich die Interpretations- und Schlusszugsfreiheit nicht irgendwie einenge, da ist mir leider das abhanden gekommen.

    Besonders dein Schreibstil mochte ich sehr, du hast nämlich besonders geschickt solche Handlungen interessant beschrieben, beispielsweise als Ayla anfing zu weinen, beschreibst du jenes nicht nur simpel mit den Worten „sie weinte“, sondern vielmehr tiefgründiger und auch leicht komplexer, wobei du meiner Meinung nach auch sehr diese Tendenz hast, eben diese etwas mehr auszuschmücken, im allgemeinen auch auf deinen Text sich zurückzuführen lässt.

    Uuh, Danke :)

    Gefällt mir persönlich sehr gut, zwar hättest du die eine oder andere vielleicht auch kürzen können, jedoch gefallen mir immer wieder Beschreibungen, die etwas mehr sich vom Inhalt und dem Eigentlichen distanzieren, denke aber auch dass du dennoch das Geschehen im Auge hattest. Zumindest kann ich nicht derartig groß reden, das ich die Handlung aus den Augen verloren habe, sondern gut mitgekommen bin. Hinzu kommt, das du mit deinen Beschreibungen auch Gefühle mit eingebunden hast, zwar diese vielleicht mehr am Rande, dennoch aber miteinbezogenen hast.

    Ich neige immer stärker zu Übertreibungen, ist mir aufgefallen. Am liebsten würde ich die Gefühle immer so beschreiben, weil ich in Beschreibungen am besten bin und ich Emotionen wirklich am liebsten in diese miteinpacken würde. :D

    Im Großen und Ganzen hat sie mir sehr gut gefallen, du hast eine interessierte Sichtweise die Dinge darzustellen.^^

    Wenn ich ehrlich bin, bedeutet mir auch keine Kurzerzählung aktuell mehr als diese. Die Idee stand zwei Monate lang, dann wollte ich sie im Saisonfinale miteinbringen und hab den Song erst später dazu gefunden. :>

    Im Übrigen durfte ich auch Mannheim bei Nacht sehen, als ich am Anfang des Jahres eine Freundin dort besucht habe, von daher hat es mich irgendwie umso mehr gefreut, dass du diese Erwähnung in deinem Vorwort miteinbezogen hast.

    Einer der schönsten Anblicke, die ich je hatte.^^

    Hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen, mit meinem kurzen Feedback. :)

    Kurz? :o
    Du hast alle meine Ängste gelöscht. :D
    [tab='Alyson']

    Huhu, Galahad. ~ (Beziehungsweise Gottgleiche Litschi, aber ich weiß nicht, ob ich mich an den Namen gewöhnen kann, haha.)

    Es sind noch ungefähr neunzig Tage, da lohnt sich das Umgewöhnen gar nicht. :P

    Zu suchen, was nicht existiert,
    Der Blick verschluckt von Dunst und Grau,
    Verschwinden, dass man sich verliert,
    Verborgenes stellt sich zur Schau.


    In dieser Strophe hast du hinsichtlich des Reimschemas und des Metrums alles richtig gemacht. Insgesamt benutzt du ja einen sehr schönen, zumal häufigen und einfachen Versfuß, nämlich den Jambus, was es für die Leser leichter macht, das Gedicht zu lesen. Im Gegenzug kann es allerdings auch dafür sorgen, dass man schnell Dinge überliest, weil man das ganze halt zu schnell lesen kann, aber das ist weniger eine Kritik an dir als am Jambus selbst, haha. x3

    Irgendwie kann ich machen, was ich will. Es kommt immer ein Jambus oder ein Trochäus raus, aber du hast mich zu recht daran erinnert, dass ich mir mehr Gedanken über die Wirkung durch Betonungen machen sollte.

    Und selbst wenn wir, so unsichtbar,
    Uns selbst verlieren, nie mehr finden,
    Bleibt uns der Nebel doch noch nah,
    Unser Irren kühl zu lindern.


    So hart das jetzt auch klingen mag, aber diese Strophe gefällt mir stilistisch gesehen am wenigsten; zum einen wäre da die unschöne Wiederholung des Wortes ›selbst‹ (V. 5+6), aber auch das ›Und‹ (V. 5) im Zusammenhang mit dem ›Uns‹ (V. 6) lässt sich aufgrund der Ähnlichkeit der Wörter nicht sonderlich gut lesen (zumal du letzteres in den beiden verbleibenden Versen noch einmal benutzt). Desweiteren fällt schon beim groben Überfliegen auf, dass hier etwas mit dem Metrum nicht zu stimmen scheint, und tatsächlich bist du sowohl im sechsten als auch im achten Vers in den Trochäus übergewechselt, wobei der sechste Vers hierbei sogar noch einen Auftakt hat. (Und über den unsauberen Reim, der noch hinzukommt, schweige ich einfach mal, haha. x3) Das ist etwas, das sich nicht sonderlich gut macht, aber da es ja dein erstes Gedicht war, ist das ja nicht allzu schlimm. (:

    Ups .__.

    Du kennst, was du gesehen hast,
    Und deine Augen führen dich.
    Verstehst, was in die Sinne passt,
    Doch das dahinter kennst du nicht.


    Ebenso wie die erste Strophe perfekt, was das Metrum und die Einhaltung des Reimschemas anbelangt. Zwar gibt es mit ›dich‹ (V. 10) und ›nicht‹ (V. 12) einen leicht unsauberen Reim, aber Tatsache ist, dass es einem Gedicht durchaus einen gewissen Reiz verleihen kann, wenn man hin und wieder einen solchen mit einbaut, insbesondere, wenn er in der Kombination zweiter Vers – letzter Vers auftritt, weil er so der Strophe noch das gewisse Etwas verleiht, sozusagen das Gewürz, das den eigentlichen Geschmack noch unterstreicht. (Das ist BTW nur meine eigene Meinung dazu, ob andere das auch so sehen oder es vielleicht sogar bewiesen ist, dass leicht unsaubere Reime ein Gedicht stilistisch gesehen aufwerten können, weiß ich nicht. Und es ist mir auch egal. x3)

    Irgendwie hat es gerade deswegen so ein bisschen was von einem Refrain, finde ich. Soll heißen, es würde einen ganz passablen abgeben. Zumindest den passabelsten in diesem Gedicht. :D

    Verstand und Geist den Irrsinn scheuen,
    Brauchst du doch dir bekanntes Land.
    Doch das Verlangen nach dem Neuen
    Setzt deine Werte hell in Brand.


    Stilistisch gesehen nicht schlecht (wenngleich es besser zu lesen wäre, würde man ›scheuen‹ (V. 13) und ›Neuen‹ (V. 15) apostrophieren, ansonsten wäre es nämlich im Grunde wieder der Trochäus mit Auftakt, wenngleich man es nicht so lesen/sprechen würde), aber die letzten beiden Verse mögen mir irgendwie so gar nicht gefallen. Da habe ich leider auch keinerlei Regelwerk, anhand dessen ich dir sagen könnte, was mich daran so stört; ich kann dir nur sagen, dass es wahrscheinlich an der Wortwahl liegt beziehungsweise daran, dass das ›Temperament‹ der Worte nicht zueinander passt. Und bevor du jetzt die Stirn runzelst und dich fragst, was ich da eigentlich rede: Jedes Wort hat, wie ich finde, einen gewissen Klang, den ich selbst gerne als Farbe oder Temperament bezeichne. Für gewöhnlich spielt diese Eigenschaft aber nur in Gedichten eine Rolle, in (Kurz-)Geschichten oder Büchern habe ich sie, zumindest noch nicht bewusst, ausmachen können, und oftmals wissen die Wörter selbst, wie sie sich anzuordnen haben, dass es gut klingt. Wenn es dann dennoch etwas gibt, das störend ist, liegt das meistens in dem Temperament eines Wortes oder gleich mehrerer begründet, und sobald man den ›Fehler‹ gefunden und ausgebessert hat, liest sich meist sofort die ganze Strophe besser.

    Verstehe, was du meinst, aber auf mich hat das nicht so gravierend gewirkt und eigentlich war es auch Absicht, dass die Strophe durch eine gewisse Kontroverse auffällt. Hab da die Wörter etwas vernachlässigt. c:

    Des letzten Strahles Glanz versiegt
    Und still verklingt die wahre Welt.
    Auf dass uns niemand dies entzieht,
    Kein Erdboden, kein Himmelszelt.


    Meiner Meinung nach die beste und am schönsten klingende Strophe von allen, die vor allem durch den letzten Vers besticht, bei dem ich mir extrem unsicher bin, was da eigentlich für ein Metrum vorherrscht, haha. Insbesondere das ›Kein‹ (V. 20) ist meiner Meinung nach zu stark betont, um eine Senkung zu sein, und auch wenn es sich im Grunde genommen auch hier um einen Jambus handeln müsste, tue ich mich doch schwer damit, einfach weil diese Strophe etwas so endgültiges an sich hat, dass das ›Kein‹ (V. 20) so ausgesprochen werden muss. (Ergo würde es sich um zwei Daktylen mit vorgeschobener Hebung handeln, aber ob es so etwas überhaupt gibt? x3)

    Haha, das wäre mir nie aufgefallen. Aber jetzt sehe ich deutlich, dass im letzten Vers etwas schief gelaufen ist. :V

    Wo Pfad und Feld im Dunst verschwimmen,
    Zu finden, was verborgen liegt.
    Wo Wege enden: Waldes Stimmen
    Und schließlich blanke Neugier siegt.


    Das gleiche Spiel wie in der vierten Strophe: ›verschwimmen‹ (V. 21) und ›Stimmen‹ (V. 23) apostrophieren, wenngleich es hier wahrscheinlich etwas merkwürdig anmuten würde (da sich beide Worte eigentlich nicht apostrophieren lassen, zumindest nicht, ohne dass es unschön aussieht und sich bei letzterem Wort auch ziemlich unschön anhört), was einer von drei Gründen ist, weswegen mir diese Strophe nicht gefällt. Der zweite Grund ist der, dass es die Endgültigkeit der fünften Strophe zunichtemacht, zumal es den Leser rein thematisch gesehen zurück in die erste Strophe reißt und somit in einen Zustand, den das lyrische Ich längst überwunden hat. Nya, und der dritte Grund hängt mit dem ersten zusammen, da nämlich das ›Stimmen‹ (V. 23) das gesamte Metrum zerschießt, indem es eine Silbe zu viel hat, was das ›Und‹ (V. 24) vollkommen überflüssig macht und somit den letzten Vers siebensilbig zurücklässt (sowie mit einem Trochäus mit abschließender männlicher Kadenz).

    Haha, da habe ich es in letzter Sekunde doch noch geschafft, es zu crashen. In den Kommentaren des Wettbewerbs hieß es auch, dass die letzte Strophe überflüssig ist. Irgendwie musste der aber da sein, als eine Art Vertretung einer Zusammenfassung, zumindest Vers eins und vier, aber da wäre er weiter vorne möglicherweise besser aufgehoben.

    Zu suchen, was nicht existiert,
    Der Blick verschluckt von Dunst und Grau,
    Verschwinden, dass man sich verliert,
    Verborgenes stellt sich zur Schau.


    Bereits hier wird der Bezug zur Überschrift und somit zum Thema schon sehr deutlich: Es wird das gesucht, was nicht zu existieren scheint (V. 1), sich aber zeigt (V. 4), sobald man sich dem ›Dunst und Grau‹ (V. 2), also wahrscheinlich dem Nebel, erst einmal hingegeben hat und sich infolgedessen verliert (V. 3). In Verbindung mit dem Titel fällt mir hier als erstes die Thematik des zunehmend nebliger werdenden Wetters ein (lol), aber auch der Tod wird gerne durch den Herbst symbolisiert, was man hier so deuten könnte, dass der Nebel einen die Grenze zum Tod überschreiten lässt, ohne dass man hierfür sterben muss. Man hat also eine Erkenntnis vom »Leben danach«, die hinter den Nebeln des Irdischen verborgen liegt, und tief im Herzen hat man den Wunsch beziehungsweise den Drang, diese zu erreichen. Ergo ›Oktoberdrang‹ (Titel).
    -_Oh, und BTW muss ich hierbei die ganze Zeit an Halloween/Samhain denken, also die Nacht des einunddreißigsten Oktobers auf den ersten November, in der man ja angeblich Kontakt zu der Anderen Welt aufnehmen kann sowie zu Geisterwesen, Elfen etc.

    Gedichte mit Tod und Liebe kann ich mir nicht vorstellen, deswegen kann man das bei meinen Interpretationen eigentlich ausschließen. - Hatte ich gedacht. Die Interpretation mit dem Tod passt nämlich irgendwie auch, gerade mit dem Mythos Samhain und dem Oktober allgemein. Außerdem schließt ja meine eigentliche Absicht, dass man sich auf Neues einlässt, Gedanken über den Tod nicht aus.

    Und selbst wenn wir, so unsichtbar,
    Uns selbst verlieren, nie mehr finden,
    Bleibt uns der Nebel doch noch nah,
    Unser Irren kühl zu lindern.


    In dieser Strophe wird genauer auf das ›Verschwinden‹ (V. 3) der ersten Strophe eingegangen: Das Lyrische Ich spricht davon, dass, selbst wenn man sich ›verlieren [und] nie mehr finden‹ (V. 6) sollte, der Nebel doch noch um einen bleibt und das eigene ›Irren kühl [...] linder[t]‹ (V. 8), was ich dahingehend interpretieren würde, dass man, sofern man sich auf der Suche nach dem Verborgenen jenseits des Irdischen verirrt und den Weg nicht mehr zurückfindet, dennoch mit dem Nebel verbunden bleibt. Daraus lässt sich entweder lesen, dass ebendieser Nebel einen so lange schützt, bis man wieder auf den richtigen Pfad gefunden hat, oder dass man nach dem eigenen Verirren in einer Art Zwischenwelt lebt, die jedoch keineswegs trostlos zu sein scheint, sondern eher so klingt, als wäre sie eine kühle, nebelverhangene Welt, die einem neue Hoffnung gibt.
    -_Und wieder eine Verbindung zu Halloween/Samhain, haha; sollte es sich nämlich tatsächlich um eine Zwischenwelt handeln, in der man verweilt, nachdem man vom richtigen Pfad im Nebel abgekommen ist, würde das eventuell bedeuten, dass man bis zum nächsten Jahr in dieser bleibt, also bis zu dem Zeitpunkt, da die Grenzen zwischen dieser und der Anderen Welt erneut verschwimmen und der Nebel einem erneut die Möglichkeit bietet, zwischen diesen Welten zu wandeln.

    Hier war der Halloween-Zusammenhang sogar absichtlich.^^
    Und ich feier es total, dass deine Interpretationen so weit auseinandergehen, weil genau das meine Absicht war. Es sollte eben in jeder Hinsicht die Ungewissheit im Nebel liegen, das ist auch das, was Nebel für mich bedeutet.

    Du kennst, was du gesehen hast,
    Und deine Augen führen dich.
    Verstehst, was in die Sinne passt,
    Doch das dahinter kennst du nicht.


    Diese Strophe gleicht von der Thematik her eher der ersten Strophe, da sie vor allem auf deren zweiten Vers eingeht, indem hier der Leser direkt darauf angesprochen wird, dass seine ›Augen [ihn] führen‹ (V. 10) und er nur das als wirklich erachtet, das er, wie man so schön sagt, mit eigenen Augen gesehen hat. Dem Leser wird also vorgehalten, dass er sich nur auf seine Sinne verlässt (V. 11) und das, was diese übersteigt, nicht kennt und auch nicht versteht, ja, vielleicht sogar gar nicht verstehen will. Unter Berücksichtigung der ersten Strophe lässt sich hier also eine Art Aufforderung erkennen, sich nicht nur auf das zu verlassen, was sozusagen vor einem liegt, sondern auch das Neue, Unbekannte zu suchen beziehungsweise das Altbekannte zu hinterfragen. Der Leser wird hier also indirekt dazu aufgerufen, sich selbst dem ›Oktoberdrang‹ (Titel) hinzugeben und sich nicht nur auf seine Sinne zu verlassen.

    ^o^

    Verstand und Geist den Irrsinn scheuen,
    Brauchst du doch dir bekanntes Land.
    Doch das Verlangen nach dem Neuen
    Setzt deine Werte hell in Brand.


    Hier wird deutlich ausgesprochen, was in der Strophe zuvor nur als Andeutung vorhanden war: Auf der einen Seite benötigt der Leser, also höchstwahrscheinlich der Mensch, ›bekanntes Land‹ (V. 14), um sich sicher und geborgen zu fühlen. Sein ›Verstand und Geist‹ (V. 13) sind nicht dafür gemacht, sich über das, was die eigenen Grundfeste ausmacht, hinauszuwagen, was sich in vielerlei Mythen und Legenden finden lässt, in denen von übernatürlichen Phänomenen die Rede ist und die in älterer Zeit oftmals Unbehagen in den Menschen ausgelöst haben. Das Unbekannte machte ihnen Angst, und so verblieben sie in ihren alten Gewohnheiten, um nicht Opfer eines Monsters, eines rätselhaften Vorkommnisses oder Ähnlichem zu werden. Andererseits war da aber auch immer das ›Verlangen nach dem Neuen‹ (V. 15), also der Wunsch, auszubrechen, gerade um etwas Neues, Unbekanntes zu entdecken. Ein zweischneidiges Schwert also, denn wo auf der einen Seite Angst und vielleicht auch Gemütlichkeit regieren, ist auf der anderen Seite wirklich das Verlangen, etwas zu ändern, ja, vielleicht sogar herauszufinden, was es mit den Mythen und Legenden auf sich hat, um wieder von früher zu sprechen; und gerade dieses Bestreben, das ein jeder gewiss auch schon im Alltag verspürt hat, wenn es um eine wichtige, vielleicht sogar lebensverändernde Entscheidung ging, zehrt an einem wie Feuer und setzt das, was man bislang geglaubt hat, zuweilen ›hell in Brand‹ (V. 16).
    -_Oh, und desweiteren lässt sich hier eine sehr schöne Verbindung zur zweiten Strophe finden, in der davon die Rede ist, dass der Nebel das eigene ›Irren kühl [...] linder[t]‹ (V. 8), sollte man sich verlaufen haben. Dies könnte bedeuten, dass das brennende ›Verlangen nach dem Neuen‹ (V. 15) dadurch gemildert wird, dass man in einer Zwischenwelt verharrt und dort vielleicht zumindest einen kleinen Blick auf das erhascht, wonach man eigentlich strebt; einen kleinen Blick deshalb, weil der Nebel nur lindert, nicht aber heilt, der Wunsch nach dem Unbekannten also weiterhin bestehen bleibt, nur vorerst besänftigt.

    Wobei das Schwert gar nicht so zweischneidig ist, weil das Gedicht im Gesamten ja dafür plädiert, die geheimnisvolle Route einzuschlagen, fast schon drängt, irgendwie. Bei dem Brand war ich auch ziemlich lange am Rätseln, weil es eben irgendwie im Kontrast zum ganzen Gedicht steht und ich nicht wusste, wie das auf den Leser wirken würde. Da bin ich froh, dass alles so aufgefasst wurde.

    Des letzten Strahles Glanz versiegt
    Und still verklingt die wahre Welt.
    Auf dass uns niemand dies entzieht,
    Kein Erdboden, kein Himmelszelt.


    In dieser Strophe nun beginnt die Nacht, ja, vielleicht sogar die Nacht von Halloween/Samhain; die Sonne geht unter (V. 17) und die ›wahre Welt‹, also die Welt des Tages, in der alles durch das Sonnenlicht klar erkennbar ist, hört, wenn man so will, auf zu existieren. Die Nacht beginnt, die Zeit eines Tages, in der Schatten und Mysterien regieren und die in den oben schon angesprochenen Mythen und Legenden oftmals Schauplatz der meisten Begebenheiten war, und auf Halloween/Samhain bezogen kommt nun der Augenblick näher, da die Grenzen zwischen dieser und der anderen Welt verschwimmen, man also die Möglichkeit hat, hinter die Schleier des Nebels zu blicken. Desweiteren wird das Ende eines Tages oftmals gleichgesetzt mit dem Tod, also dem Ende des Lebens, was wiederum Rückschlüsse zulässt auf die Bräuche an Halloween/Samhain, in der Nacht vom einunddreißigsten Oktober zum ersten November Kontakt mit den Verschiedenen aufzunehmen.
    -_Die letzten beiden Verse dieser Strophe sind im Übrigen am schwersten zu interpretieren, was das gesamte Gedicht anbelangt, haha. Ich würde sie allerdings dahingehend deuten, dass sie ein stummes Gebet darstellen, vielleicht sogar von den Menschen, die vorhaben, durch den Nebel zu treten, und die hier ihre letzten Worte sprechen, bevor sie ihre Suche beginnen, auf dass weder die Erde (eventuell gleichzusetzen mit Mutter Erde, also der Natur als solches) noch der Himmel (eine höhere Macht, würde ich sagen) ihnen diese Möglichkeit nimmt beziehungsweise das Verlangen danach, diese Möglichkeit, also den ›Oktoberdrang‹ (Titel), die Suche nach der Anderen Welt, wahrzunehmen.

    Es muss nicht einmal Nacht sein, mir gefällt aber die Idee. ich wollte einfach damit aussagen, dass sie nun nach langem Zögern und Argumentieren endgültig den Nebel betreten haben und abgeschottet von der eigentlichen Welt sind und nicht mehr länger an irdische Gegebenheiten (Erdboden, Himmelszelt) gebunden sind, sie also gewissermaßen nichts aufhalten kann in diesem Zustand.

    Wo Pfad und Feld im Dunst verschwimmen,
    Zu finden, was verborgen liegt.
    Wo Wege enden: Waldes Stimmen
    Und schließlich blanke Neugier siegt.


    Diese Strophe schließlich baut eine Verbindung zur ersten und vor allem zur vierten Strophe auf: ›Pfad und Feld‹ (V. 21) verschwimmen im Nebel, der nach dem Ende des Tages in der vorherigen Strophe aufkommt, und es erscheint der Weg in die Andere Welt, vielleicht sogar symbolisiert durch den Pfad, der schon im Tageslicht vorhanden ist und nun als jener Pfad dient, der durch den Nebel und einen zu dem führt, ›was verborgen liegt‹ (V. 22), also die Andere Welt beziehungsweise die Erkenntnis von etwas, das jenseits der menschlichen Sinne liegt. Die Wege von ›Verstand und Geist‹ (V. 13) mögen zwar enden, der Pfad durch den Nebel aber führt weiter, und ›schließlich [siegt die] blanke Neugier‹ (V. 24), eher gesagt das Verlangen nach dem Unbekannten, hier noch gepaart mit den Stimmen des Waldes, also der Natur (V. 23) und somit dem, was nicht unter der Kontrolle des Menschen liegt, über das, was der Verstand einem einbläuen mag.

    Exakt.

    Himmel, wie sehr ich Gedichtsinterpretationen liebe, das geht ja gar nicht. o: Aber es ist wirklich so, dass ich es total genossen habe, diesen Kommentar zu schreiben, zumal das Gedicht einfach nur toll ist; vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es dein erstes freiwilliges ist. Dafür definitiv Hut ab!

    Ohje, was soll man da noch sagen? X.x

    Insbesondere die Metrik hat mir sehr gut gefallen, und auch wenn es diesbezüglich hier und da etwas unschön zu lesen war, bin ich doch erstaunt und erfreut, wie gut du das im Gefühl hast.

    Ich bin da einfach zu sehr auf die Wortwahl fixiert, als dass ich mal zugunsten der Betonung einen Vers weniger opulent gestalte und es dann in Schlachtfeld Ungereimtheiten endet. Da hast du auf jeden Fall den Fehler gefunden, der am lautesten nach Besserung schreit. :D

    Und ich bin mir sicher, dass wir alle noch Großes von dir erwarten können, was Gedichte anbelangt. Du hast wirklich Talent. (:

    Danke, das hat mich total gefreut.^^

    In diesem Sinne also bis zum nächsten Mal und gerne wieder mit einem Gedicht, haha. ~ (BTW finde ich deinen Startpost einfach nur episch, vor allem diese Schriftart ist genial. x3 Lediglich eine Benachrichtigungsliste fehlt mir noch, sollte es so etwas irgendwann mal geben, würde ich mich da insofern gerne eintragen lassen.

    Gute Idee mit der Benachrichtigungsliste, vergesse ich irgendwie immer, hehe.
    Schriftart heißt "High Tower Text", falls es dich interessiert. :)
    [/tabmenu] »Die kurzen Affären der Inspiration« hat Spaß gemacht. Ehrlich. War selten so ausgelassen und locker beim Schreiben und ich bin sogar immer noch zufrieden damit.
    Da sollte eigentlich ein Senryū hin, aber ich Genie hab es doch tatsächlich fertiggebracht, mit den Silben durcheinanderzukommen.
    Gut, dann eben mein Märchen aus dem Saisonfinale, das ich mittlerweile gar nicht mehr mag, hoho.
    Collab mit Bastet und ein geiles Projekt. Ich bin wirklich stolz auf »Blauwarm«, weil es genauso geworden ist, wie es sein sollte.^^


    [Blockierte Grafik: http://i272.photobucket.com/albums/jj161/Hoitzil/Random/DiekurzenAffaumlrenderInspiration_zps86e6928d.png]


    »Das, was du mir einst verliehen,
    Rinnt mir durch gekrümmte Hände.
    Niemals sei dir das verziehen,
    Lug und Trug sei hier ein Ende!«


    »Und du bist sicher, dass ich’s bin?
    Kennst du denn nicht mein schelmisch Herz?
    Inspiration ist gar ein wankelmütig Ding,
    Erlaubt sich manchen frechen Scherz.«


    »Schelm hör’ ich da doch nicht sprechen;
    Wahres Satanswerk bist du!
    Du begehst im menschlich Geist Verbrechen,
    Doch entschleichst der Strafe immerzu.«


    »Du denkst, das ist das ganze Lied?
    Meinst du, du kannst mein Tun verfluchen?
    Ich komm’ und gehe wie es liegt
    Verlass’ ich dich, musst du erst suchen.«


    »Scheingeformtes Ekel.«
    »Und doch vermisst du mich.
    Ich bin dein Wind im Segel.«
    »…Der mich ließ im Stich!«


    »Du missverstehst wie ich euch stärk’,
    Bin nicht Fortunas Füllhorn.
    Die Kraft des Einfalls ist mein Werk,
    Ideen selbst – von euch geborn’.«


    »Mieser Vater, der da prahlt,
    Ja, verlässt die Muse uns so schnell?«
    »Bin nur ein Wandrer, der nichts zahlt,
    Und mach’ auch dir den Kopf nicht hell.


    Dir dienen will ich nicht auf ewig.«
    »Doch Visionen braucht’s; ich lechz’ nach ihnen,
    Flehe: Zeig dich meiner gnädig!
    Weiter sollst du mir Gedanken schienen.«


    »Ich habe schon genug zu tun,
    Du bist der einzig nicht, der meiner noch bedarf.
    Ich Kreativität kann niemals ruhn’!
    Dir schmerzt die Tatsache so scharf?«


    »Nein. Ich meine zu verstehen:
    Süß schmeckt es, so inspiriert zu sein,
    Aber als Erfüller musst du weitergehen,
    Lässt den alten Freund allein.«


    »Du bist verwöhnt wie alle Seelen;
    Manchmal lohnt sich Warten schon.
    Keiner kann dir aus dem Geiste stehlen,
    Finde deine eigne Inspiration.«


    [background='#ffffff']

    [color=#151515][font=Berlin sans fb]


    Schlagartig war es kühl geworden und das brennende Mittagslicht hatte sich nur binnen weniger Minuten ganz von den rauen Dächern der Stadt geschält, ruhte nunmehr als rotgelber Schimmer in den wenigen Wolkenfetzen. Menschen ließen sich unbeirrt immer weiter von ihren öden Absichten durch die Straßenfurchen zerren; nur selten streifte ein unbeteiligter Blick, dem nichts Besseres zu tun übrig blieb, die Caféketten, die den Massen die tägliche Route durch den Stadtkern markierten und die Kunden von einem Tisch zum nächsten jonglierten.
    Kellnerinnen in stets zu engen Shirts und peinlichen Schürzen infiltrierten den Stausee an Cafébesuchern, stauchten eilig die weiten Sonnenschirme wieder zu grob umwickelten Säulen und überließen die Menschen dazwischen dem letzten Moment Sonnenschein dieses Tages.


    Ein Papierrascheln ging im Menschenklumpen unter; schweigend legte ein Mann sein Buch aus dem Schoß und schob es vorsichtig in seine Tasche. Mit verzogenen Mundwinkeln fiel ihm die Tasse auf, in der sich die kalten Kaffeereste mittlerweile schon an das Porzellan getrocknet hatten und sein Blick durchforstete das Knäuel an Städtern, suchend nach einer Angestellten, die nicht gerade mehrere dampfende Teller aus der Küche balancierte. Schürze über Schürze dieselbe Hektik, dieselbe Motivation.
    „Guten Tag. Was darf ich Ihnen bringen?“
    Der grinsende Haarfärbunfall hatte ihn überrascht. Er brauchte sie nicht lange zu betrachten, denn ihr Aussehen schien genauso unauffällig und vom Stadtleben zerfressen wie ihr Dasein als mittelmäßige Verdienerin in einem Café, denn auch wenn es hier am Meer noch so schön sein konnte: weit hatte sie es nicht gebracht. Nur der Akzent interessierte ihn ein Minimum. Slovakei, vielleicht Kroatien. Eine Eingereiste, die in der malerischen Küstenstadt eine Treppe zu Wohlstand gesehen hatte, aber letztendlich an diesem Kaffee festklebte wie eine Fliege im Netz. Lebend aber ohne Sinn.
    „Welchen Wein können Sie mir denn empfehlen?“, antwortete er mit dem Versuch eines nicht allzu abschätzenden Lächelns.
    Doch das überforderte das junge Ding schon.
    „Unsere Auswahl ist leider etwas beschränkt…“
    Typisch. Immer wenn die Leute ihn reden hörten, hatten sie Angst, unterbelichtet neben seiner eigenen Sprache zu wirken.
    „Sicher haben Sie zumindest einen Pinot Noir“
    „Ja“, bestätigte die Frau mit einem erleichterten Lächeln und kritzelte die Bestellung umgehend in ihr Notizbuch.
    „Ein lokales Weingut?“, prüfte der junge Mann und strich über seinen blauen Sakko.
    Doch sie deutete nur mit einem verzogenen Gesicht, dass sie keinen blassen Schimmer hatte. Göttlich. Da lebt man schon in der beschränkten Welt eines billigen Straßencafés und kennt nicht einmal das Sortiment. Ein gleichgültiger Wink mit der Hand log dem Mädchen vor, dass ihm das egal war.
    Dann nahm sie die Kaffeetasse und verschwand wieder im Dunst aus Lärm und Menschen.
    Der Mann blickte ihr nicht nach, sondern studierte die anderen Persönlichkeiten, die es an diesem Samstagabend hierher getrieben hat. Eltern, die vollkommen überfordert ihre Bälger beruhigen wollten, junge Pärchen, die sich wild gestikulierend nichts als Vorwürfe zu sagen hatten, und nebeneinander schweigende alte Ehepartner, denen das zu sagen Verbleibende schon lange ausgegangen war. Menschen ohne Sinn, ohne Ziele und ohne ein Gefühl für das Zusammenleben.
    Klirrend stieß das Weinglas auf die Tischplatte, doch er konnte nicht einen weiteren Blick auf die Kellnerin erhaschen, denn die Schürzenträgerin hastete bereits wortlos zum nächsten Tisch, doch das war ihm egal. Das Zollen von Freundlichkeit gilt in diesen niederen Kreisen als überbewertet.
    Er verglich seine glänzend polierte Uhr mit dem noch immer von dunklen Wolken übersähten Abendrot. Es war spät geworden.


    „Mach mich nicht frech an, Miststück.“
    Ein empörtes Gröhlen zog ihn wieder zurück in das bis zum Bersten gefüllte Lokal. Ein Gast hatte sich mit wutgezerrten Mundwinkeln von seinem Platz erhoben und stützte sich mit zitternden Fäusten auf dem billigen Plastiktisch. Seine Ansprache galt einer weiteren Kellnerin, die seinen hasserfüllten Blick bereits detailverliebt kopiert hatte und das Blickduell begann. Der Aufschrei hatte nicht nur bei der brünetten Zicke gefruchtet, sondern hatte das ganze Café gelähmt und in eine befremdliche Stille getaucht. Für das bisschen Spannung und Abwechslung war diesen gelangweilten Wesen alles recht und abwechselnd schielten immer wieder die Augenpaare auf die beiden Kontrahenten.
    „Jetzt hör du mal zu.“
    In keiner Weise bemerkte die Kellnerin das unumgängliche Publikum und schürte das Feuer weiter, indem sie wichtigtuerisch ihre Augen zu Schlitzen zusammenpresste und sich vor ihm aufbaute. Ironischerweise war sie auch noch größer als er.
    „Dieses Miststück, die anderen Schnecken und Kleinen auch, hab‘n es satt, dass du uns andauernd anmachst.“
    Die Blicke lösten sich wieder wie Nasses Papier von einer Wand. Es wurde zwar nicht lauter, doch die Menschen bemerkten, dass der Kellnerin mittlerweile die selbst ausgelöste Stille aufgefallen war und sie ihre eigenen Augen erneut wandern ließ, bevor sie sich darauf vorbereitete, wieder den bierbäuchigen, hilflosen Kunden unter Beschuss zu nehmen.
    Auch der junge Mann überwand sich, seine Aufmerksamkeit noch einmal dem Pöbel zu schenken und umgeben von Plastikstühlen und Schirmen stand dort seine eigene Kellnerin – jenes ebenso schlecht gefärbtes wie auch gebildetes Wesen und schien sich an dem traurigen Streit prächtig zu amüsieren. Akustisch konnte sie das Glucksen unterdrücken, doch ihre krankhafte Schadenfreude war unübersehbar.
    „Verlassen Sie unser Lokal, bitte.“, ergriff die Brünette wieder das Wort und machte mit gespielter Seriosität und noch mehr Hochnäsigkeit in ihrer Stimme klar, dass es das letzte Wort sein sollte. Das Blondchen war kurz davor, Beifall zu klatschen, bei dieser grinsenden Fratze hätte er ihr das durchaus zugetraut.
    Schluss. Weiter ertrug es der junge Mann nicht mehr. Noch nie hatte er an die Menschheit geglaubt, doch was sich an diesem Abend in dem Café zutrug, schaffte es, selbst ihn in die Knie zu zwingen. So unsagbar viel Unmenschlichkeit; noch nie hatten ihn so wenige Menschen an so viele Missstände erinnert.


    Er stand auf, klatschte einen viel zu wertvollen Geldschein neben das noch mit blutrotem Wein gefüllte Glas und drängte sich unauffällig, aber mit nachdrücklich empörten und entgeisterten Gesichtsausdruck, blass wie die Hauswände. Das Wechselspiel der Dämmerung hüllte die Stadt und all ihre Bewohner in dunkelblaue Schattengeflechte, doch es sollte wohl noch viel düsterer und kälter für sie werden.




    Der Himmel färbte sich in dem wunderschönen Rot, das sie an ein Gemälde erinnerte. Helle Wolken und die Strahlen der Sonne durchzogen ihn wie eine Maserung. Wenn sie untergegangen war, dauerte ihre Schicht noch drei Stunden an, bis der frühe Abend hereinzog, die milde Luft ein wenig abkühlte und den Menschen Erfrischung brachte. Der See brachte eine Mischung aus Salz und den Geruch von Lindenblüten heran. Die Straße war erfüllt vom geschäftigen Treiben der Leute und der kleinen Cafés, die jedem eine Erholungsoase boten, die von ihrem Shoppingtrip kamen.
    An ihr Ohr drang das fröhliche Geplapper der Menschen, das sie glücklich machte. Der Job raubte ihr manchmal ihre Energie, abends nach der Uni in die knappe Kellnerinnenuniform zu schlüpfen und sich die Füße wundzulaufen, um die Gäste zu bedienen. Doch er sorgte dafür, dass sie ihr Medizinstudium fortsetzen und ihre Eltern stolz machen konnte. Sie hatten hohe Erwartungen an sie gestellt, als sie ihre Tochter nach Deutschland ziehen ließen, um ihr die Zukunftsperspektive zu bieten, die sie selbst in ihrem kleinen Herkunftsdorf in Serbien nie ergreifen hätte können.


    An Tisch drei saß ein Anzugträger. Um sein Handgelenk trug er eine Rolex. Scheitelfrisur, wie geleckt.
    „Guten Tag. Was darf ich Ihnen bringen?“ Sie lächelte freundlich. Ehrlich. Die Arbeit als Kellnerin bereitete ihr Freude, der tägliche Kontakt mit den Menschen.
    „Welchen Wein können Sie mir denn empfehlen?“ Sein Blick war etwas abweisend, als würde er an ihr vorbeisehen. Solche Menschen gab es, die sie auf diese Art und Weise musterten. Vielleicht lag es an ihren blond gefärbten Haaren, eventuell an der Schminke, womöglich an den Extensions.
    Er sprach, als ob er sich für adelig hielt. Darüber sollte sie sich nicht ärgern, das war schon fast etwas belustigend. Diese Typen waren ihr lieber als ihr Stammgast, das Ekelpaket, der den hübschen Kellnerinnen an den Hintern fasste, sie mit glasigem Blick ansah und anzügliche Sprüche fallen ließ.
    „Unsere Auswahl ist leider etwas beschränkt.“ Wollte er sie etwa testen? Sie lächelte verlegen.
    „Sicher haben Sie zumindest einen Pinot Noir?“ Der Mann legte die Karte zur Seite und seine Stimmte war ebenso abgehoben-arrogant wie seine gesamte Erscheinung.
    Puh, Erleichterung. „Ja“, bestätigte sie.
    „Ein lokales Weingut?“ Um seine Worte zu untermalen, strich er sich über seinen blauen Sakko, als wollte er ihr den edlen Stoff unter die Nase reiben.
    Sie musste sich ein Kichern verkneifen und beteuerte mit süßer Ironie, dass sie dem Gentleman das edle Schlückchen sofort bringen würde.


    Man gönnte ihr eine kleine Pause und sie versuchte sich etwas aus den Satzbrocken der sich angeregt unterhaltenden Freundinnen am Nebentisch zusammenzureimen, stellte aber nur fest, dass eine von ihnen verlassen wurde. In ihrem Kopf spann sich die Geschichte der verlassenen weiter.
    Eben noch den Tag genossen, erschien im nächsten Moment dieser schmierige Idiot. Da er sich bereits zwei Wochen nicht mehr hatte sehen lassen, hatte sie gehofft, dass ihm der Spaß daran vergangen war. Eigentlich beurteilte sie die Menschen nicht nach ihrem äußeren Erscheinungsbild, doch das Ekelpaket war einer dieser klischeehaften Proleten mit ständiger Bierfahne und überzogenem, pöbelhaftem Gehabe. Wenn sie ihn sah, schauderte es ihr.
    Es würde sie Überwindung kosten, an den Tisch des Anzugsträgers zu treten, der nur wenige Meter von dem Idioten entfernt war, und ihm den Pinot Noir zu bringen.


    „Aleksija, Schatz.“ Die sanfte Stimme ihrer Freundin riss sie aus ihren Gedanken. „Heute brauchst du dich nicht mit dem rumschlagen.“ Ihr typisches, schalkhaftes Lächeln, zauberte auch ihr ein Strahlen ins Gesicht.
    Karin, die Süße, die Freundin, auf die immer Verlass war, brachte erstmal den Wein und kam dann an den ekligen Typen heran. In ihren Augen lag der Schelm, doch sie riss sich am Riemen und fragte mit ihrer gelernten Kellnerinnenstimme. „Was darf ich Ihnen bringen, mein Herr?“
    Er rückte an sie heran und sah von der Karte auf. „Na Kleine, willst nicht mit mir…“
    „Kleine?“ Lachen. „Die Kleine ist größer als Sie.“
    „Oho, eine mit Pepp.“ Die arme Karin, wahrscheinlich schlug ihr eben die Fahne entgegen, die er immer mit sich brachte und schon andere Kunden vergrämt hatte.
    Zuerst das Augenbrauenhochziehen, dann ließ sie langsam das Klemmbrett mit dem Stift sinken und zeigte ihm, dass sie bereit war diese Konfrontation zum Schluss durchzuziehen. „So?“
    „Die mit Pepp, die mag ich.“ Er lächelte und zeigte seine ungepflegten, hässlichen Zähne.
    „Auch die ohne sind schwer abzukriegen.“ Ein Augenzwinkern, ein freundlicher, unschuldiger Augenaufschlag, als hätte sie ihm nie einen Seitenhieb verpasst.
    „Du denkst also, dass ich keine abkriege, Schnecke?“
    „Tut mir leid, mein Herr. Ich würde Sie bitten, dass wir uns nicht duzen und für ein Weichtier halte ich mich auch nicht.“ Dann wandte sie sich wieder dem Stift zu. „Darf ich annehmen, dass ich Ihnen ein Bier bringen darf?“
    „Wie kommst da drauf?“
    Aleksija versteckte ihr Lachen in ihrer Faust, als ihre Freundin schlussendlich seine Bestellung aufschrieb, die er nie aufgegeben hatte. „Ich habe ein natürliches Gespür für die kulinarischen Vorlieben der Menschen.“ Dem arroganten Anzugträger ließ Karin einen kurzen Blick zukommen. „Manche Halbstarke am Abend bestellen am Abend mit einem breiten Grinsen einen „Sex On The Beach“, das kann man auch schon vom Weiten riechen.“
    Sie sah wie seine Kiefer knirschten, dann sprang der Mann auf. „Mach mich nicht frech an, Miststück.“
    Zuerst zuckte sie zusammen, trat einen Schritt zurück und fasste sich wieder. „Jetzt hör du mal zu.“ Karin fauchte ihn beinahe an. „Dieses Miststück, die anderen Schnecken und Kleinen auch, hab‘n es satt, dass du uns andauernd anmachst.“ Sie fing sich wieder. „Verlassen Sie unser Lokal, bitte.“
    Auf die Frage ihres Chefs, der an Aleksija herangetreten war, hin, was vorgefallen war, sorgte er selbst dafür, dass der Ekeltyp das Lokal verließ.


    Ihr schönes Lokal am See mit dem Sonnenuntergang im Hintergrund, das nicht nur zeitraubend nach der Uni war, sondern auch ihre persönliche Erholungsinsel, von der aus man mit einem Cocktail in der Hand nach einer langen Schicht und unter Mädchengesprächen das Wunder der Natur bewundern konnte.

  • Hallo :D


    So, ich war schon beim Wettbewerb von deinem Gedicht begeistert und jetzt möchte ich es Mal näher betrachten. Beziehungsweise nicht erst jetzt, ich hab mir "Die kurze Affäre der Inspiration" schon vor ein paar Tagen ausgedruckt und mir Notizen gemacht. Wird Zeit diese auszuschreiben und dein Thema zu pushen.


    Die kurze Affäre der Inspiration
    Fangen wir dann Mal mit dem Titel an. Also ehrlich gesagt, war er für mich zuerst absolut nichtsaussagend, weil ich mir gar nicht vorstellen konnte, was das Gedicht erzählen wird. Gleichzeitig ist der Titel natürlich sehr interessant, weil er es schwierig macht sich was vorzustellen. Die Kombination aus den Begriffen "Affäre" und "Inspiration" ist etwas Neues und weckt Neugierde. Nach dem Lesen des Gedichts wird der Titel auch klar und hat etwas neckisches meiner Meinung nach. Passt außerdem wunderbar, weil eine Affäre ja auch eigentlich etwas unverbindliches ist.


    Ansonsten ja, elf Strophen, jeweils vier Verse und durchgehend ein Kreuzreim, der zwei unreine Reime beinhaltet. Also alles sehr regelmäßig und lässt sich sehr flüssig lesen. Da das Gedicht ein Dialog ist, der Richtung "Schlagabtausch" geht, unterstützt der regelmäßige Aufbau die Geschwindigkeit des ganzen und lässt den Dialog auch etwas hitziger wirken. Der Einstieg ist auch noch sehr leserfreundlich, da die ersten vier Strophen sich im Sprecher abwechseln. Ab der fünften Strophe wird es gemischt, aber da irritiert es nicht mehr, da die Standpunkte beider Gesprächspartner in den vorangegangenen Strophen klar positioniert wurden. Der Dialog ist auch recht gleichmäßig verteilt, wobei die Inspiration gegen Ende etwas mehr Gesprächsanteil abkriegt, was auch nachvollziehbar ist, da sie den "Streit" am Ende dominiert und der Künstler klein beigeben muss.


    »Das, was du mir einst verliehen,
    Rinnt mir durch gekrümmte Hände.
    Niemals sei dir das verziehen,
    Lug und Trug sei hier ein Ende!«

    Der erste Vers lässt den ersten Sprecher (im folgenden nenne ich ihn "den Künstler") sehr passiv wirken, da er gleich davon spricht, dass ihm etwas "verliehen wurde". Und das verliert er auch aktuell, was im zweiten Vers schon klar wird. Die "gekrümmten Hände" deuten an, dass der Künstler sich eingeschränkt fühlt in seiner Handlungsmöglichkeit, womit auch hier die Passivität erhalten bleibt. Er steht einfach da und sieht etwas verloren gehen ohne etwas dagegen zu tun. Das erregt ihn auch extrem, denn die letzten beiden Verse werfen mit starken Wörtern wie "verzeihen" und "Lug und Trug" um sich. Es wird wer anderes für den Verlust verantwortlich gemacht. Das Ausrufezeichen am Ende drückt außerdem nochmal aus, dass der Künstler hier wütend ist. Noch ist hier unklar worum genau es geht, auch wenn jeder Mensch sich wohl schon denken kann, dass der Verlust hier die Inspiration sein könnte.


    »Und du bist sicher, dass ich’s bin?
    Kennst du denn nicht mein schelmisch Herz?
    Inspiration ist gar ein wankelmütig Ding,
    Erlaubt sich manchen frechen Scherz.«

    Der angesprochene Sprecher Numero zwei (im folgenden nur noch als Inspiration betitelt) stellt es gleich in Frage, ob die Verantwortung und Schuld bei ihm liegt. Vers zwei und drei sind auch direkt und ehrlich und die Inspiration macht klar, dass sie niemals von sich behauptet hat beständig zu sein, sondern mit offenen Karten spielt. Hier wird auch klar, dass es sich beim zweiten Sprecher um eine Personifikation der Inspiration handelt, da sie sich selber so anspricht. Zu dem Vorwurf "Lug und Trug" hat die Inspiration den "Scherz" entgegengestellt, was nicht so boßhaft klingt wie der Vorwurf, sondern eher die Leichtigkeit unterstreicht, mit der die Inspiration durch unsere Köpfe streicht.


    »Schelm hör’ ich da doch nicht sprechen;
    Wahres Satanswerk bist du!
    Du begehst im menschlich Geist Verbrechen,
    Doch entschleichst der Strafe immerzu.«

    Der Künstler ist noch immer sehr emotional und lässt sich von der Inspiration nicht wirklich beruhigen, was durch die Ausrufe der ersten beiden Verse deutlich wird. Auch die Wortwahl spricht dafür ("Verbrechen", "entschleichst"), die der Inspiration böse Intention unterstellt. Der Künstler fühlt sich zu unrecht behandelt, sogar betrogen von der Inspiration. Es wird deutlich, dass er es als die Pflicht der Inspiration sieht, bei ihm zu bleiben. Die Unterstellungen in dieser Strophe drücken klar aus, was der Künstler erwartet.


    »Du denkst, das ist das ganze Lied?
    Meinst du, du kannst mein Tun verfluchen?
    Ich komm’ und gehe wie es liegt
    Verlass’ ich dich, musst du erst suchen.«

    Wieder stellt die Inspiration die Erwartungen des Künstlers in Frage. Jetzt allerdings nicht mehr ganz so frech, sondern autoritär auftretend. Der dritte Vers klingt zum Beispiel sehr unabhängig, im vierten wird sogar gesagt, dass der Autor etwas tun muss, also eine Pflicht hat. Die Inspiration dreht hier also die Erwartungen um; nicht sie muss etwas tun, sondern der, der sie will. Die Passivität aus der ersten Strophe wird bemängelt. Hier wird auch der erste Umschwung im Dialog eingeleitet. Die "langen" Reden der beiden sind um, mit der nächsten Strophe folgen eher kurze Einwürfe des Autors und weitere Aussagen der Inspiration. Hier wird der Autor ganz klar zurück in seine Schranken gewiesen, obwohl er noch ebenbürtig gewirkt hat.


    »Scheingeformtes Ekel.«
    »Und doch vermisst du mich.
    Ich bin dein Wind im Segel.«
    »…Der mich ließ im Stich!«

    Noch ist der Autor wütend, jedoch fasst er sich kürzer und wird zudem von der Inspiration bei seiner Beschwerde unterbrochen. Zudem zeigt die Inspiration auf, dass sie am längeren Hebel sitzt, egal was sie tut. Der Umschwung beim Autor wird im vierten Vers aufgezeigt. Zwar wirft er der Inspiration noch immer etwas vor, jedoch nicht mehr als Verbrechen. Jemanden im Stich lassen bedeutet, dass vorher eine gewisse Vertrauensbasis vorhanden war, nicht unbedingt eine "rechtliche" oder verpflichtende. Der Künstler gibt also langsam klein bei und steigt von einer fordernden auf eine emotionale Ebene um.


    »Du missverstehst wie ich euch stärk’,
    Bin nicht Fortunas Füllhorn.
    Die Kraft des Einfalls ist mein Werk,
    Ideen selbst – von euch geborn’.«

    Sehr schöne Strophe, die viele tolle Begriffe aufgreift ♥ Erst einmal fällt auf, dass die Inspiration zwar mit einer Person spricht ("Du"), dennoch über viele redet ("eure"). Sie ist also nicht nur bei einem Gast, kann nicht nur von einem beansprucht werden. Und dann kommen wir auch zu den vielen Begriffen: Fortuna, Kraft, Einfall, Idee. Ich glaube, als Künstler wirft man diese Begriffe in seiner Schaffensphase gerne mal durcheinander. Das passiert dem Künstler auch hier. Er hat keine Idee und wirft das der Inspiration vor, obwohl diese lediglich den Anstoß gibt, also die erste Kraft für ein Werk. Die Gestalt, das Konzept ... also die Idee, ist nicht mehr Teil der Inspiration. Im letzten Vers wird auch das Verb "geboren" verwendet, dass ja eigentlich auch ausdrückt, dass man neuem Leben Gestalt verleiht, dieses vervollständigt. Die Inspiration versucht hier also etwas zu erklären, nicht mehr frech und auch nicht mehr so selbstsicher wie in den Strophen vorher. Jetzt wirkt sie ruhig, vielleicht etwas berührt von dem Künstler, der sich im Stich gelassen fühlt.


    »Mieser Vater, der da prahlt,
    Ja, verlässt die Muse uns so schnell?«
    »Bin nur ein Wandrer, der nichts zahlt,
    Und mach’ auch dir den Kopf nicht hell.

    Die Aufklärung der vorherigen Strophe wirkt ein wenig auf den Künstler ein. Zwar ist er noch immer emotional ("mieser Vater"), wechselt aber von den Ausrufen zu Fragen (zweiter Vers). Hinterfragt also auch seine eigenen Erwartungen hier. Wird dabei in Vers drei und vier nochmal von der Inspiration in seiner Frage bestätigt. In dieser Strophe gefällt mir auch die Metapher des Wanderers, der von Ort zu Ort geht und nirgends lang verweilt. Auch die Aussage "der nichts zahlt" deutet auf diese Unverbundenheit, da hier ausgedrückt wird, dass sie keinen Handel eingeht.


    Dir dienen will ich nicht auf ewig.«
    »Doch Visionen braucht’s; ich lechz’ nach ihnen,
    Flehe: Zeig dich meiner gnädig!
    Weiter sollst du mir Gedanken schienen.«

    Diese Strophe fängt mit einer klaren Ansage an, die die Aussage der letzten Strophe beendet. Ein Umschwung vollzieht sich hier klar beim Künstler. Man liest Formulierungen wie "ich lechz", "flehe" und "gnädig", die fast schon etwas religiöses haben, aber zumindest zeigen, dass der Künstler sich vor der Inspiration auf die Knie wirft. Die Wut am Anfang ist der Verzweiflung gewichen.
    "Gedanken schienen" ist auch eine sehr schöne Metapher, die hier das Bild unterstützt, dass der Künstler nicht nur einen Anstoß möchte, sondern die Richtung vorgegeben.


    »Ich habe schon genug zu tun,
    Du bist der einzig nicht, der meiner noch bedarf.
    Ich Kreativität kann niemals ruhn’!
    Dir schmerzt die Tatsache so scharf?«

    Die Inspiration bleibt weiterhin selbstsicher und gibt dem Künstler hier nochmal einen Korb, lol. Allerdings wird hier das erste Mal ein wirklicher Dialog gesucht, nachdem das davor mehr ein Streit war. Die Inspiration geht auf den Künstler ein und stellt ihm eine Frage am Ende der Strophe.


    »Nein. Ich meine zu verstehen:
    Süß schmeckt es, so inspiriert zu sein,
    Aber als Erfüller musst du weitergehen,
    Lässt den alten Freund allein.«

    Diese Frage und die Suche nach einem ruhigen Dialog wirkt auch beim Künstler. Das erste Mal wird hier wirklich Einsicht gezeigt und der Künstler gibt seine Erwartungen auf. Dennoch empfinde ich es persönlich als kleinen Seitenhieb, dass hier die Inspiration als jemand betitelt wird, der seinen alten Freund verlässt. Das schlägt nochmal einen Bogen zu der Aussage, dass der Künstler sich im Stich gelassen fühlt.


    »Du bist verwöhnt wie alle Seelen;
    Manchmal lohnt sich Warten schon.
    Keiner kann dir aus dem Geiste stehlen,
    Finde deine eigne Inspiration.«

    Auf diese Aussage geht die Inspiration auch ein, zeigt klar, dass hier solche Erwartungen in jedem Fall nicht passen. Vor allem wird hier aber als Schlusswort klar gemacht, dass der Künstler Eigenleistung bringen muss, die dann auch nicht mehr so flüchtig ist, wie der Anstoß dazu. Der letzte Vers widerspricht imo etwas der Definition, die die Inspiration selber in Strophe sechs gegeben hat, hat aber eine ironische Verbundenheit zum Titel. Da von einer Affäre gesprochen wurde, fordert die Inspiration jetzt auf, sich etwas eigenes zu erarbeiten, was auch metaphorisch eine eigene Beziehung sein kann. Weg von der temporären Affäre, hin zu etwas Festem.


    Ein sehr schönes Gedicht. Ich fand das gleich toll, wie mit dem Problem eines jeden Künstlers gespielt wurde. Der Dialog wirkt leichtfüßig, entwickelt sich zu einer richtigen Diskussion und am Ende gibt es sogar einen nachvollziehbaren Gewinner. Wie es sich für eine richtige Argumentation gehört, hat der Gewinner auch die besseren und nachvollziehbaren Argumente. Das wurde wirklich als Idee und auch in der Umsetzung super in Lyrik-Form verpackt. Die Reime sind sehr schön, nicht erzwungen, die Wortwahl abwechslungsreich und auch einige schöne Metaphern wurden eingebaut. Tolle Arbeit :3



    .: Cassandra :.