Notwehr und Nothilfe

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Im Zuge der Diskussion um die Todesstrafe kam auch die Frage auf, wie die Tötung eines Menschen im Zuge von Notwehr und Nothilfe zu bewerten sei. Im Folgenden werde ich nur noch von Notwehr sprechen, jedoch sei angemerkt, dass sich sämtliche Aussagen, sofern nicht anders angemerkt, auch auf Nothilfe beziehen.
    Auch wenn es trocken sein mag, ist es natürlich durchaus gut zu wissen, wovon überhaupt geredet wird, da ist die gesetzliche Grundlage schonmal ein Anfang. In Deutschland behandeln §227 des BGB und §32 des StGB das Thema Notwehr, fast wortgleich heißt es dort:

    Zitat von §227 BGB

    Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.


    Ähnliche Paragraphen gibt es in Österreich und der Schweiz, es geht also darum einen Angriff abzuwehren.
    Nun kann man den trockenen Gesetzestext gut auseinanderpflücken: Wieweit zum Beispiel geht "diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen rechtswidrigen Angriff von sich [...] abzuwenden"? Als Faustregel gilt hierbei: Eine Eskalationsstufe höher als der Angreifer. Man darf also den unbewaffneten Angreifer nicht einfach über den Haufen schießen. Auch die Frage, wann denn die Verteidigung nun tatsächlich erforderlich ist, ist durch den Gesetzestext nicht eindeutig geklärt. Reicht die bloße Androhung von Gewalt schon aus? Unt wie sieht es eigentlich aus, wenn Nothilfe unter falschen Annahmen geleistet wird?


    Womit wir schon bei Fragen zu dem Thema angelangt wären:
    Wie weit darf Notwehr gehen?
    Wann darf Notwehr eingesetzt werden?
    Wart ihr vielleicht selbst schon einmal in einer Lage, in der ihr zu Notwehr greifen oder Nothilfe leisten musstet?
    Und die Frage, die diesen Thread quasi begründet: Hat man das Recht in Notwehr zu töten?


    Meine Meinung zu den Fragen:
    Notwehr darf so weit gehen, wie es notwendig ist, um den Angriff zu unterbinden und die Gefahr zu bannen. Klar, eine schwammige Formulierung, aber die Grenze ist nunmal unscharf. Im Grunde könnte man sagen: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Das schließt natürlich die Wahl eines geeigneten Mittels ein, vor allem ist aber wichtig vom Angreifer abzulassen, wenn dieser nicht mehr fähig oder willens ist den Angriff fortzuführen.
    Die Frage ab wann ist dann schon schwieriger zu klären. Spätestens natürlich, wenn der potenzielle Angreifer zum tatsächlichen Angreifer wird, sicher aber auch schon davor. Wann genau lässt sich aber schwer einschätzen.
    Selbst war ich noch nicht zu Notwehr oder Nothilfe gezwungen, da ich nicht grad ein Koloss bin, ist das wohl auch besser so.
    Zuletzt natürlich zur Frage mit der alles begonnen hat: Hat man das Recht in Notwehr zu töten? Hier habe ich für mich eine recht klare Antwort gefunden: Nein, das Recht hat man nicht. Das heißt nicht, dass man keine Maßnahmen ergreifen darf, die höchstwahrscheinlich zum Tod des Angreifers führen, wenn sie erforderlich sein sollten um den Angriff zu beenden. Aber das Recht sollte man nicht haben. Das Ziel von Notwehr muss immer die Unterbindung des Angriffs bleiben. In meinen Augen gibt es keine Situation, in der einzig der Tod des Angreifers die Gefahr abwenden würde.
    Nun bin ich auf weitere Meinungen gespannt.


  • Nun ja, das ist wirklich ziemlich dehnbar, wie eben alles in der Rechtssprechung.


    Aus eigener Erfahrung als Opfer eines Angriffs, kann ich jedoch sagen, das in dem Moment, kein klarer Gedanke mehr möglich ist und man einfach nur noch handelt.
    Angst ist der Hauptantrieb.
    Man schlägt eigentlich nur noch um sich, mit oder ohne Gegenstände, nur um endlich irgendwie dieser schrecklichen Situation zu entrinnen.
    Zumindest ist es bei mir so. Will damit nicht behaupten, das das auf jeden zutrifft.^^
    Andere bleiben eher passiv in solchen Situationen, um mit halbwegs heiler Haut davon zu kommen.
    Und ob die Form der Gegenwehr, so wie ich sie wählen würde und gewählt habe, gesetzlich vertretbar ist, weiß ich auch nicht...ist mir aber auch ziemlich schnurz, wenn ich ehrlich sein soll.
    Ich weiß, das klingt jetzt wie: "Auge um Auge und Zahn um Zahn"
    Tatsache ist aber, mein Peiniger hat ziemlich schnell von mir abgelassen und hat das Weite gesucht.


    Und die Frage, die diesen Thread quasi begründet: Hat man das Recht in Notwehr zu töten?


    Zuletzt natürlich zur Frage mit der alles begonnen hat: Hat man das Recht in Notwehr zu töten? Hier habe ich für mich eine recht klare Antwort gefunden: Nein, das Recht hat man nicht. Das heißt nicht, dass man keine Maßnahmen ergreifen darf, die höchstwahrscheinlich zum Tod des Angreifers führen, wenn sie erforderlich sein sollten um den Angriff zu beenden. Aber das Recht sollte man nicht haben. Das Ziel von Notwehr muss immer die Unterbindung des Angriffs bleiben.


    Grundsätzlich sicher nicht...käme aber wohl auch auf die Situation an, denke ich.
    Wenn man so traktiert wird, das das eigene Leben in Gefahr ist, würde ich persönlich wahrscheinlich auch Notwehr mit Todesfolge in Kauf nehmen.
    Bin nun mal nicht der Mensch, der alles schicksalergeben über sich ergehen lässt.
    Problem nur, das dann der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet ist, wie ich ja bereits erwähnte.
    Da kommt mir jetzt gerade die Erkenntnis, das ich in dem Augenblick keinen Deut besser bin als mein Angreifer... :eeeek:


    :pika: :pika:

  • Wie Pika schon sgte dieser Beriff ist sehr dehnbar.


    Aber grundsätzlich (um aufdie Frage zu kommen), sollte niemand das Recht bekommen bei Notwehr töten zu dürfen.
    Da dies sonst zuleicht ausgenutzt werden könnte.
    Beispiel: Ich treffe einen alten Schüler der mich immer fertig gemacht hat und weiß aha, ich darf bei Notwehr töten, jetzt provoziere ich den Kerl solange bis er auf mich einschlägt.7
    Jetzt habe ich ihn soweit gebracht, dass ich in einer bedrohlichen Situation bin, ich schlag ihm jetzt mit voller Wucht auf den Kehlkopf und töte ihn.
    Das war mal nur ein Beispiel, hier könnten noch viele andere Beispiele gebrauch finden.


    Wenn mich jetzt einer angreifen würde und mein leben wäre in gefahr wäre ich nicht davon abgeneigt, dass die Notwehr für ihn tödlich ausgehen würde.
    Aber das liegt im Auge des Betrachters, ich kann ihn nicht einfach mal so umlegen, weil er mir ein paar Hiebe in den Bauch versetzt, lediglich wenn mit Waffen angegriffen wird oder auf Körperregionen geschlagen wird bei zu hoher Belastung brechen und dies zum Tode führen würde (Brustkorb, Kopf, Luftabdrücken etc.).
    Derjenige der die Notwehr ausüben würde in dem Fall, dürfte aber KEINE Waffen benutzen, denn das ist "Vorsatz" (damit kenne ich mich aus :P , würde ich also keinem empfehlen).


    Aber heutzutage sollte man aber auch weniger skrupel haben dem Angreifer Schaden zuzufügen, den letztendlich steht deine körperliche Unversehrtheit auf dem Spiel.
    Ich finde es Schwachsinn das manche Leute immer noch so ein großes trara darum machen, von wegen guck mal der hat dem Schaden zugefügt und regelrecht dem Opfer noch einreden wollen was er für ein mist abgezogen hat.
    In der Hinsicht muss man sagen der stärke überlebt bzw. gewinnt die oberhand, es kann ja nicht sein, dass nachher das Opfer sich währendessen es ne Abreibung bekommt noch gedanken machen muss, "soll ich ihn jetzt schlagen oder nicht", nur weil manche meinen gleichens mit gleichem zu vergelten ist mist.


    In der heutigen Zeit ist es nunmal so, dass man sich wehren muss auch wenn es übel für den gegenüber aussieht.
    Das gilt z.B. auch für Mobbing oder andere Angriffe auf einen, man muss dem gegenüber den Standpunkt klar machen, wer sich von Leuten belabbern lässt von wegen "vergelte den schlag nicht mit einem weiteren schlag", wird immer in der Opferrolle bleiben.


    Handgreiflichkeiten sind nicht schön, können aber in vielen Fällen klar machen, dass man sich nicht mit dme falschen anlegen sollte.

  • Wie weit darf Notwehr gehen?


    So weit, wie eben nötig ist, um den Angriff abzuwehren.


    Wann darf Notwehr eingesetzt werden?


    Sobald man bedroht wird und der Angreifer trotz mehrmaligen Warnungen keine Anstalten macht, sich zurückzuziehen, sondern eher das Gegenteil der Fall ist.


    Wart ihr vielleicht selbst schon einmal in einer Lage, in der ihr zu Notwehr greifen oder Nothilfe leisten musstet?


    Nur verbal, körperlich noch nicht, nein. Wobei man das ja nicht wirklich zählen kann. ;D


    Und die Frage, die diesen Thread quasi begründet: Hat man das Recht in Notwehr zu töten?


    Wenn es anders nicht möglich ist: ja


    Notwehr darf die Maße annehmen, durch die man sich effizient verteidigen kann. Das Problem dabei ist, dass man dabei häufig in eine Paniksituation gerät und es gewissermaßen übertreibt. Ab einem bestimmten Ausmaß, beispielsweise, wenn man jemanden schwer verletzt, wobei "nur" ein, zwei Schläge gereicht hätten, ist es deshalb auch angebracht, denjenigen der Notwehr geleistet hat zu bestrafen. Das kann man jedoch nicht genauso beurteilen, als wenn die Umstände, nämlich die einer Verteidigung und der Panik nicht vorhanden gewesen wären. Bei "leichteren" Vergehen reichen deshalb meiner Meinung nach Sozialstunden oder ein paar Monate Bewährung, sollte das Maß wirklich stark überschritten worden sein, ist aber auch eine Gefängnisstrafe angebracht.

  • Das Recht dafür, jemanden in Notwehr zu töten, bekommt man ja ohnehin vom Gesetz.


    Bevor mir oder jemandem etwas zustößt, töte ich lieber.


    Außerdem tötet man ja auch nicht immer in Notwehr.


    Und vor allem: darf man jemanden denn vorwerfen, dass er oder sie in so einer Situation getötet hat?


    Deshalb denke ich: ja, das Recht hat man und man bekommt es auch.

  • Wie weit darf Notwehr gehen?
    Man sollte die Gefahr sicher und der Situation entsprechend abwenden können.


    Wann darf Notwehr eingesetzt werden?
    Wenn alle anderen Optionen zur Bewältigung einer Gefahr ausgeschlossen sind. Das sind z.B. Flucht, Verständigen der Polizei, Hilfe anfordern, etc. Tatsächlich kommt eine Situation, in der eine Notwehrhandlung angemessen ist, sehr selten vor.

    Wart ihr vielleicht selbst schon einmal in einer Lage, in der ihr zu Notwehr greifen oder Nothilfe leisten musstet?
    Nein, zum Glück nicht.


    Und die Frage, die diesen Thread quasi begründet: Hat man das Recht in Notwehr zu töten?
    Das Recht sollte man nicht haben. Mal angenommen wir schließen Affekthandlungen nicht mit ein: Zwar ist es unwahrscheinlich, dass man einen Täter in solch einer Handlung tötet, jedoch kann es bei einer wirklichen Bedrohung durchaus passieren. Da stellt sich nach der Handlung die große Frage, wie man herausfindet ob die Tötung beabsichtigt gewesen ist oder nicht. Es ist in dieser Situation schon schwer genug herauszufinden, ob der Täter überhaupt aus Notweher gehandelt hat, weil bei solchen Handlungen häufig Zeugen fehlen. Wenn es dennoch dazu kommen sollte, dass man den Angreifer schwer verletzt hat, sollte man sofort die Polizei bzw. die Rettung anrufen. Das ist halt alles nur theoretisch, weil eine Tötung extrem unwahrscheinlich ist. Die Angreifer haben in den meisten Situationen keine Motivation, bis zum Tode zu kämpfen und eine schnelle Tötung kann relativ sicher ausgeschlossen werden. Selbst beim Gebrauch von gefährlichen Waffen kann man eine Tötung In so gut wie allen Fällen vermeiden. Also denke ich, dass man das Recht nicht haben sollte, jedoch ist die (sehr wahrscheinliche) Notwehrhandlung bei einer Strafe zu berücksichtigen.


    /EDIT: Mir fällt gerade eine Situation ein, wo eine Tötung tatsächlich schnell und unbeabsichtigt erfolgen kann. Nämlich beim Reflextod. Ich denke aber, dass man hier leichter herausfinden kann ob die Tötung absichtlich oder unbeabsichtigt erfolgt ist.

  • Gerade bei der Notwehr und der Nothilfe gibt es in der Regel kein Verhältnismäßigkeitsgebot


    Das ist so einfach nicht richtig. Auch in Notwehr gilt Verhältnismäßigkeit. Du darfst einem Angreifer nicht "die Kugel geben", weil er deinen Kumpel grad mal geschubst hat. Und nichts anderes hieße es, wenn man das Verhältnismäßigkeitsprinzip aussetzen würde. Womöglich wird ein Richter Verhältnismäßigkeit großzügiger auslegen, weil man nicht grad die Erfahrung damit hat. Unverhältnismäßige Maßnahmen wird ein richter trotzdem belangen.
    In der Tat dürfte es aber für einen Durchschnittsbürger schwierig werden, jenseits der Verhältnismäßigkeit zu handeln, da man doch eher selten Waffen mit sich führt.


    und in keinem Fall bei einem Angriff gegen Leib und Leben.


    Selbst dann gilt die Verhältnismäßigkeit. Insbesondere heißt Verhältnismäßigkeit, dass die Maßnahmen zu stoppen sind, wenn die Gefahr beendet ist. Ist der Täter überwältigt, braucht man ihm nicht nochmal ins Gesicht zu treten, weil man glaubt, er habe es verdient.


    In einer Notwehrsituation haben normale Bürger sogar mehr Rechte als die Polizei.


    Ganz so einfach, wie du es darstellst, ist es dann doch nicht. Grundsätzlich hat der Polizist erstmal die gleichen Notwehrrechte, wie jeder andere Bürger auch. Allerdings wird bei Polizisten aufgrund der Erfahrung im Umgang mit Gefahrensituationen ein höherer Maßstab angewendet zur Bewertung der Verhältnismäßigkeit. Letztlich will man dem Verteidiger ja auch keinen Freibrief verpassen.


    PS: Ich hab meine Anwort mal hierher verlegt, passt thematisch besser.

  • Oh ja, Rechtswissenschaften und die Internetmeinung, immer wieder herrlich ^^



    Zunächst einmal finde ich es ein wenig merkwürdig, dass nur der §227 BGB alleine und nicht der gesamte Abschnitt 6 (§§ 226-231 BGB) zusätzlich zu den §§ 32-35 StGB genannt wird. Wenn schon, dann bitte genau.
    Auch wurde nur §227 Absatz II BGB zitiert ohne dies zu kennzeichnen.


    Sorry, aber mein Fell bei sowas ist mittlerweile echt dünn, da hier Hinz und Kunz (im Internet) meint sich mit Recht auszukennen und dann wird da so unsauber was hingeklatscht.



    Zu der Debatte wo die Notwehr ihre Schranken hat: "Blick ins Gesetz verhindert Geschwätz" -jeder Rechtsprof ab dem ersten Semester
    -> einfach mal folgendes Lesen: §33 StGB
    "Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft." [Täter ist hier derjenige, der in Notwehr gehandelt hatte; bei einer Prüfung der Rechtslage fällt dies unter die "Rechtswidrigkeit" bei etwaigen Rechtfertigungsgründen]


    Und ja, man kann durchaus jemanden in einer Notwehrhandlung durch Totschlag oder schwerer Körperverletzung mit Todesfolge töten ohne bestraft zu werden. Bei einem Mord [§211 StGB] geht dies nicht mehr.
    Grundsätzlich wird auch immer das Gebot der Verhältnismäßigkeit geprüft (ist die Tat geeignet, erforderlich und angemessen).
    -Geeignet: war die gegebene Handlung geeignet den rechtswidrigen Eingriff (dieser muss vorher bereits geprüft worden sein) abzuwenden?
    -Erforderlich: war diese Handlung auch erforderlich in Hinblick auf die zu schützenden Rechte des Täters (Leib, Leben, Eigentum etc; Absolute Grundrechte)?
    -Angemessen: War die Handlung in diesem Rahmen auch angemessen oder hat man "mit Kanonen auf Spatzen geschossen"?

    FC: 4055-4415-0670
    IGN: (Variationen von/mit) "Gosgosh"


    Eine Weitertausch-/Klon-/Zuchterlaubnis befindet sich auf meinem Profil unter der Rubrik "Über mich".

  • Ich bin im BGB leider nur in Sachen- und Schuldrecht bewandert und habe von Strafrecht keinen Schimmer. Würde mir ehrlich gesagt auch nicht anmaßen wollen, diese Paragraphen mal spontan "aus der Hüfte" auszulegen oder Notwehr zu prüfen, aber ein bischen was absondern kann man ja mal ;)


    Gosgosh, dass man einen unbestimmten Rechtsbegriff nicht mit sich selbst definiert, das war doch auch Teil des ersten Semesters, oder? Wo wir nur grad bei rechtswissenschaftlicher Korrektheit sind :D



    Natürlich ist die Frage, die der OT gestellt hat, interessant, aber sie rechtlich zu klären, wird hier nicht möglich und wahrscheinlich auch nicht erwünscht sein. Beschränken wir uns lieber auf Meinungsgeblubber :)

  • Nein! Es gibt bei der Notwehr und der Nothilfe grundsätzlich keine Verhältnismäßigkeitsprüfung!


    Die Notwehrhandlung ist grundsätzlich jene Handlung, die notwendig ist, um den Angriff verlässlich abzuwehren. Durch die Notwehrhandlung soll die Gefahr mit Gewissheit sofort und endgültig beseitigt werden können und zwar ohne jedes Risiko für den Angegriffenen. Notwendig ist das gelindeste Mittel das den Angriff verlässlich abwehrt. Man fragt sich: war es notwendig, den Angreifer zu töten, um das geschützte Rechtsgut zu schützen? Wenn man die Frage verneint, liegt Notwehrexzess vor. Diesen Fall regelt z.B. der Paragraph, den @Gosgosh zitiert hat: Notwehrexzess aus asthenischem Affekt (eben aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken). Ist rechtswidrig, der Täter aber entschuldigt, weil man ihm seine Furcht etc. nicht zum Vorwurf machen kann.


    Mit einem Verhältnismäßigkeitgebot hat das alles aber rein gar nichts zu tun. Wenn das gelindeste Mittel die Tötung ist, ist sie auch dann erlaubt, wenn sie krass unverhältnismäßig ist. Wenn einem bspw. die Geldbörse mit 5000€ in bar gestohlen wird, dann darf er den Dieb töten, wenn es kein anderes Mittel gibt, um den Dieb an der Flucht zu hindern. Verhältnismäßig wäre das aber sicher nicht.


    Die Verhältnismäßigkeit ist nur bei der Unfugabwehr (oder Bagatellnotwehr oder wie auch immer man das nennen will) beachtlich, also wenn durch den Angriff nur ein sehr geringfügiger Nachteil droht. Wie gesagt wird das aber bei einem Angriff gegen Leib und Leben nie der Fall sein. Ansonsten gibt es beim rechtfertigenden und entschuldigenden Notstand eine Verhältnismäßigkeitprüfung, aber nicht bei der Notwehr oder der Nothilfe.


    Insbesondere heißt Verhältnismäßigkeit, dass die Maßnahmen zu stoppen sind, wenn die Gefahr beendet ist.


    Nein. Das hat mit Verhältnismäßigkeit nichts zu tun. Ist der Angriff beendet liegt schlicht und ergreifend keine Notwehrsituation mehr vor und man kann daher auch nicht in Notwehr handeln. Verhältnismäßigkeit bedeutet immer irgendeine Art von Güterabwägung. Daher liegt übrigens in deinem Beispiel, wo jemand einen "Kumpel grad mal geschubst hat" gar keine Notwehrsituation vor. Ansonsten wird es von der konkreten Situation abhängen, was erlaubt ist: eben das gelindeste Mittel, das aber nicht verhältnismäßig sein muss.


    Grundsätzlich hat der Polizist erstmal die gleichen Notwehrrechte, wie jeder andere Bürger auch.


    Das natürlich schon. Als Privatperson hat er die gleichen Rechte wie jeder andere auch. Aber eben nicht als Polizist, also in Ausübung seines Berufes (die Polizei darf z.B. nur töten, um Menschenleben zu retten, da gibt es im Prinzip anders als bei der Nothilfe ein Verhältnismäßigkeitsgebot).


  • Zunächst einmal stellt der Notwehrexzess nach § 33 StGB keinen Rechtfertigungsgrund sondern - trotz seiner Stellung im Gesetz zwischen §§ 32 und 34 StGB - einen Entschuldigungsgrund dar und ist daher auf der Ebene der Schuld zu prüfen. Ob die Grenzen der Notwehr überschritten sind, hängt von der Art des Exzess ab. Im Fall des sog. intensiven Notwehrexzess (nur die Grenzen der Erforderlichkeit werden überschritten) ist der Täter unstreitig nach § 33 StGB entschuldigt, während die Behandlung des sog. extensiven Notwehrexzess (Situation, in der ein Angriff nicht, noch nicht oder nicht mehr vorliegt) umstritten ist. Eine Ansicht geht von einer generellen Anwendung des § 33 StGB auch auf extensive Notwehrexzesse aus, die wohl h.M. sieht die Anwendbarkeit nur bei intensiven Exzessen gegeben, da gerade keine Notwehr vorliegt, deren Grenzen überschritten werden könnten und möchte diese Fälle über den Erlaubnistatbestandsirrtum lösen. Eine vermittelnde Ansicht hält den § 33 StGB außer bei intensivem auch bei "nachzeitig-extensiven Notwehrexzess" anwendbar, d.h. in Situationen, in denen eine vorher bestandene Notwehrlage beendet ist, der Angegriffene dies aber aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken nicht zutreffend wahrnimmt. Diese astehnischen Affekte müssen für die Exzesshandlung ausschlaggebend sein. Überschreitet der Täter die Notwehr dagegen aus stehnischen Affekten (z.B. Wut oder Kampfeslust), findet § 33 StGB keine Anwendung. Hier liegt also bspw. eine "Schranke" der Notwehr.


    Ferner schließt z.B. die sog. Absichtsprovokation, bei welcher das Opfer vom Täter zu einem rechtswidrigen Angriff provoziert wird, um dann unter dem Deckmantel der Notwehr zurückschlagen zu dürfen, das Notwehrrecht nach h.M. aus.




    Grundsätzlich wird auch immer das Gebot der Verhältnismäßigkeit geprüft (ist die Tat geeignet, erforderlich und angemessen).
    -Geeignet: war die gegebene Handlung geeignet den rechtswidrigen Eingriff (dieser muss vorher bereits geprüft worden sein) abzuwenden?
    -Erforderlich: war diese Handlung auch erforderlich in Hinblick auf die zu schützenden Rechte des Täters (Leib, Leben, Eigentum etc; Absolute Grundrechte)?
    -Angemessen: War die Handlung in diesem Rahmen auch angemessen oder hat man "mit Kanonen auf Spatzen geschossen"?


    Bei der Erforderlichkeit geht es um die Frage, ob die Abwehrhandlung zur Abwehr geeignet ist und ob sie das mildeste Mittel zur sofortigen und sicheren Abwendung des Angriffs darstellt. Eine Güterabwägung findet hier gerade nicht statt (es wird keine "Güterproportionalität" vorausgesetzt).


    Der letzte Prüfungspunkt ist die Gebotenheit, nicht die Angemessenheit. Grundsätzlich ist eine erforderliche Abwehr auch geboten, jedoch ist dies dann zu verneinen, wenn man in den Bereich "sozialethischer Einschränkungen des Notwehrrechts" kommt. Das ist der Fall bei:


    - völlig geringfügigen Eingriffen
    - extremem Missverhältnis von angegriffenem und verletztem Gut
    - Angriffen von Kindern oder anderen schuldlos Handelnden
    - Angriffen von nahestehenden Personen

  • Mipha

    Hat das Label Allgemeine Diskussionen hinzugefügt.
  • Yuki

    Hat das Label Gesellschaft hinzugefügt.