Verdutzt schaute Garm zu dem Gebäude auf, vor dem er nun stand. Er hatte so sehr darüber gegrübelt, was sie wohl auf ihrem kleinen Auftrag erwarten würde, dass er gar nicht gemerkt hatte, wo ihn seine Füße hintrugen. Jedenfalls sah es nicht nach dem Stadttor von Mischira aus, definitiv nicht. Auch waren weit weniger Bäume zu sehen, als er gewohnt war. Bloß ein langer Pfad aus einer Art Stein, auf der sehr merkwürdige Kutschen ohne Pferde und mit sehr hoher Geschwindigkeit verkehrten.
Auch die Gerüche hatten sich verändert. Statt jede Menge Bäume, Gras und überhaupt jede Menge Natur zu wittern, nahm er nun bloß den durchdringenden Gestank der „Kutschen“, jeder Menge Menschen und - zu seiner Überraschung - gebratenes Fleisch, Fett und Zwiebeln wahr.
Wie auf Kommando begann der Bauch des Lupusari lauter zu knurren, als Garm selber es wohl jemals selber in seinem Leben getan hatte. Garm seufzte und begann dem Geruch des Essens zu folgen, ohne weiter auf die verwunderten Blicke der Menschen um ihn herum zu achten. Er war es gewöhnt angestarrt zu werden, seit er seine Reise angetreten hatte, nichts also was ihn aus der Bahn werfen konnte.
Das Starren der Menschen kam daher, dass er grob beschrieben als Mensch mit ordentlich Haar- und Nagelwuchs-Problemen hätte beschrieben werden können, denn mit Ausnahme von Füßen, Händen, Bauchmuskeln, den Großteil der Brust , Hals und Gesicht, die eine dunklere, bronzeartige Hautfarbe haben, war sein gesamter Körper mit einem dunkelgrauen, fast schwarzen Pelz bedeckt und statt Finger- und Zehennägel trug er Krallen an Händen und Füßen. Und das war nicht einmal das verwunderlichste. Das waren seine Wolfsrute, die spitzen pelzbedeckten drehbaren Ohren und die gelben Augen, die ihm wohl das merkwürdigste an seinem Aussehn verliehen. Lediglich sein schwarzes Haar, welches unordentlich nach oben und zur Seite absteht, wirkt annähernd normal, insbesondere die geflochtenen Zöpfe, die sein Gesicht einrahmen.
Ansonsten konnte man über Garm nur sagen, dass er beinahe zwei Meter groß war - und dabei sogar noch im Wachstum - und sehr muskulös, wenn auch bei weitem nicht so massig, wie andere Vertreter seiner Art. Auch trug er nur spärliche Kleidung, welche aus einer kurzen zerfransten braunen Hose mit Gürtel, an der mehrere kleine Taschen, Beutel und seine Machete hingen, und braun-grünen Lederarm- und Beinschienen bestand.
Garm war ein Lupusari, ein Mitglied einer Menschen-Wolf-Rasse, von der man, wie bei fast jeder anderen Hybrid-Rasse, nicht wirklich sagen konnte, wie sie entstanden war. Bekannt waren sie jedoch für ihre Körpergröße, Muskelmasse, scharfen Sinne und nicht zuletzt für ihr sprunghaftes Gemüt. Denn der fröhlichste Lupusari konnte im nächsten Moment grundlos zu einem Häuflein Elend zusammensinken oder der schläfrigste wurde hyperaktiv. Garm schwankte stets zwischen ausgelassen fröhlich und brutal aggressiv, einer Kombination, die schon so manchem unaufmerksamen Gegenüber schlecht bekommen war.
So betrat der Wolfmensch nun das Gebäude, welches mit dieser merkwürdigen stilisierten gelben Möwe gekennzeichnet war, immer seiner Nase folgend, obwohl er erst vor kurzem beim Fürsten schon was gegessen hatte. Aber bei ihm stand nun einmal sein Magen an erster Stelle. Immer.
Ein kurzer Rundblick verriet ihm, dass dieser Ort recht beliebt zu sein schien, denn er war rappelvoll, wobei das größte Gedränge an einer Theke war, an der Wohl die Speisen ausgegeben wurden. Also stellte er sich genau dort an, woraufhin die Schlange an der er stand auffällig schnell kürzer wurde.
Als er an der Reihe war, beschaute er sich erstmal die Bilder die hinter der Theke waren und anscheinend das Essen darstellten. „Hallo.“, begrüßte ihn eine kleine ältere Dame mit Brille, die ihn misstrauisch beäugte, aber trotzdem fest entschlossen schien, professionell zu bleiben. „Das da.“, entgegnete Garm nur und zeigte auf das größte „Brot mit Fleisch“, was er an der Tafel entdecken konnte. Die Frau begann etwas in einen Block aus Metall einzutippen und fragte: „Einzelnd oder als Menü?“, worauf nur „Ein Dutzend“ wie aus der Pistole geschossen kam. Der Bedienung fiel für einen Moment das Gesicht herunter, ehe sie mit Mühe weiter ihrer Arbeit nachging. „Zum hier essen oder zum mitnehmen?“
Jetzt musste Garm überlegen. Solange er nicht wusste, wo er hier eigentlich gelandet war, sollte er wohl nicht zu weit herumstreunen. Zumindest solange er hier nichts besonderes in Erfahrung bringen konnte, aber wo so viele Menschen waren, sollten auch Information zu holen sein. „Hier“, meinte er schließlich.
Die Bedienung tippte weiter auf ihrem Kasten herum und sprach dann weiter: „73,94 bitte.“ „Goldstücke?!“, entfuhr es Garm verdutzt. „Euro“, entgegnete die Frau bissig. anscheinend hielt sie das Ganze für einen Scherz, der sie aber ganz sicher nicht davon abhalten würde, dafür zu sorgen, dass der Kunde sein Essen auch bezahlte. Der Lupusari kannte diese merkwürdige Währung jedoch nicht, da er aber hungrig war, war er auch bereit weit mehr zu bezahlen, als das ganze eigentlich wert war. Würde ihm nur Ärger ersparen.
Also kramte er in seinen Taschen und knallte drei Goldmünzen auf die Theke, woraufhin die Dame nur eine Augenbraue hochzog. Doch diesen Wettbewerb würde er ganz sicher nicht verlieren und starrte zurück, wobei seine Wolfsaugen mehr als nur ein wenig halfen. Die Bedienung hielt jedoch erheblich länger stand, als er erwartet hatte. Vielleicht hielt sie ihn auch nur für jemanden, der sich verkleidet hatte und eine Show abzog.
OT: Und Auftritt Fusselvieh Nr. 2. Und sogleich mit den zu erwartenden Geldproblemen. 'ne Idee irgendwer?