"Im Anfang war das Wort" - Wenn Worte Einfluss nehmen

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  • Um mal wieder etwas zum eigentlichen Thema zu lotsen. Diese Aussage trifft wohl das Grundproblem im Gebrauch von "tabuisierten" Worten zum Vorschein. Abhängig davon wie wir aufgewachsen sind, was wir für Worte verwenden und täglich hören, reagieren wir natürlich völlig anders drauf. Ich habe mich selber dabei beobachtet, dass ich russische Schimpfwörter weniger empfindlich wahr nehme als deutsche, selbst bei harmloseren deutschen Begriffe. Einfach wohl deswegen, weil ich das Hören der einen Sprache mehr gewohnt bin und manche Schimpfwörter auch in den täglichen Sprachgebrauch reinrutschen.

    Das merke ich aktuell selbst recht deutlich durch meinen Hochschulwechsel zum Master. Es war schlicht und ergreifend so, dass meine Bachelorhochschule weit mehr auf Absolventen aus klassischen "Arbeiterfamilien" ausgerichtet war. Also weniger klassische Akademikerkinder mit Gymnasialabschluss, sondern viel eher junge Leute, die von Realschule in Ausbildung mit Fachabi gegangen sind. Und ja, das mag wie ein Vorurteil klingen, aber man merkte es arg am Vokabular. Es wurde einfach mehr geflucht und das dann auch von den Profs übernommen. "Scheiße" war recht üblich und wenn der Stundenplan mal wieder suboptimal aufgeteilt war, war er "beschissen". Nicht zu vergessen, dass es auch diese Vorlesungen gab, wo einfach "keine Sau da" war. Das waren ganz normale Ausdrucksweisen.
    Dazu kommt, dass ich recht deutlich aufs Englische getrimmt bin, wo "Fuck" auch einfach ein sehr gewöhnliches Wort im Sprachgebrauch ist. Und - wie ich anmerken möchte - ein Wort, dass ich mit großer Liebe gebrauche. Am besten einmal in jedem dritten Satz *hüstel* Don't judge me!


    Sache ist, dass ich nun auf eine Hochschule gewechselt bin, wo de facto mit einer Ausnahme nur Akademikerkinder sind und jedes Mal, wenn ich etwas als "beschissen" bezeichne, werde ich immer leicht ungläubig angesehen. Die Sache ist nur, dass ich es nicht einmal als ungewöhnlich ansehe, diese Wörter zu benutzen, so dass ich erst geschnallt habe, weshalb ich so angesehen werde, als mir jemand sagte: "Musst du das immer als 'beschissen' bezeichnen? Könntest du nicht nicht einfach 'schlecht' sagen?" Nun, seither bin ich dazu übergegangen, die Dinge nur noch als "suboptimal" zu bezeichnen. Einfach als Parodie darauf.


    Persönlich finde ich es einfach sehr komisch, wenn Leute nicht richtig fluchen können und sich so gekünstelt ausdrücken, wenn sie in einem normalen Gespräch sind.
    Natürlich, ich bin jemand, der im schriftlichen Verkehr sich gerne Eloquent ausdrückt - denn es ist ja nicht so, als hätte ich den entsprechenden Wortschatz nicht. Nur erscheint es mir im alltäglichen gebrauch, doch ziemlich albern... Bis auf ein Wort natürlich: Redundant. Tolles Wort. Ich liebe es! :P

  • Ist das legitim oder unerwünschte Manipulation, wenn die Macht der Worte genutzt wird?

    Also ich finde, es steht jedem zu, die Worte zu nutzen, wie sie im passen. Sprache hat ein sehr manipulatives Element. Es steht mir nicht zu, darüber zu richten, ob es legitim ist oder nicht. Es kann manchmal natürlich gemein sein, aber zeugt auch von Genialität.


    Mal ein Beispiel: Nehmen wir einfach mal das Wort "Drogen".
    Darunter denkt man in erster Linie mal an Heroin, Kokain, Exatsy, Marihuana, LSD, ... .
    Aber da zeigt sich gleich, wie unser Denken schon falsch ist. Denn genauso sind Nikotin, Alkohol oder Koffein Drogen. An diese Stoffe denkt man aber erst in zweiter Linie, wenn man den Begriff "Drogen" hört.


    Und ich glaube, dass hier schon ein Kernelement der Legailiserungsdebatte gefunden ist (da es hier auch ein Legaliserungs-Thema gibt, bin ich halt darauf gekommen.^^).
    Fragt man jemanden, ob er Drogen nimmt und dieser antwortet, dass er gelegentlich kifft, passt alles. Würde er aber sagen, dass er gelegentlich Alkohol trinkt, würde diese Antwort an der erwarteten Antwort weit vorbeigehen.


    So, und nun sagt man, dass Marihuana eine Droge ist. Und alleine durch diese Aussage hat man die ganze Debatte schon im Vornherein manipuliert. Deswegen verweisen viele Befürworter auch darauf, dass Alkohol eine Droge sei, um diesem Kommunikationsmedium entgegenzuwirken. Der Begriff "Droge" ist in unserem Sprachgebrach negativ konnotiert und deswegen alleine hat er schon etwas abschreckendes. Daraus resultiert dann, dass Mariuhana etwas negatives sein muss, da es ja eine Droge ist. Würde man jetzt entgegenmanipulieren, wie auch immer man das zu tun vermag, zum Beispiel, wenn man es legalisieren würde und man sich daran gewöhnt, dass Kiffen zum Alltag gehört (Würde man einfach mal 100 Jahre nach der Legalisierung verstreichen lassen) und dann die Leute fragen, was sie unter Drogen verstehen, würde Mariuhana sicherlicher aus der obigen Liste rausfallen und sich in die List mit Alkohol und Tabak einreihen. Damit würde sich auch gleichzeitig die Einstellung zum Tatbestand ändern (natürlich ist das nur ein Faktor, aber ich glaube, dass dieser mehr Einfluss ausübt, als man im ersten Moment glaubt).
    Das Problem ist halt, dass wir uns viel zu sehr auf die Worte fixieren und welche Assoziationen wir damit haben, anstatt wir sie trocken in ihrem alleinigen Sinngehalt verstehen.
    Wer so etwas versteht und beherrschen kann, hat definitiv einen Vorteil.



    Habt ihr schon alltägliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht? Zum Beispiel bei der Kommunikation mit Menschen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben oder beim Erlernen von Fremdsprachen. Oder auch in völlig anderen Situationen.

    Ich war mal in den Niederlanden zu Gast (haha, ja eigentlich erzähle ich davon lieber andere Geschichten^^) und wir haben auf einem Hausboot gewohnt. Die Vermieterin konnte kaum Deutsch und hat dann gesagt, als ein Fehler mit dem Ofen war, dass das "fremd" sei. Ich habe erst überlegen müssen, bis ich darauf kam, warum sie diesen Defekt am Ofen mit "fremd" beschrieben hat. Und zwar war es (wahrscheinlich) so, dass die das englische Wort "strange" kannte, was natürlich auch mit "seltsam" übersetzt werden kann und dieses somit wahrscheinlich auch gedacht hatte, dass die deutsche Übersetzung für "strange", also "fremd", alle Facetten des englischen Wortes "strange" abdeckt.


    Seitdem bin ich mir vielmehr bewusst, dass man nie einfach Wörter übersetzt, wenn man eine Fremdsprache lernt, sondern nur das, was das Wort in der Fremdsprache ausdrückt, mit der eigenen Sprache ausdrückt. Also das war für mich einfach mal eine interessante Beobachtung, auch wenn es jetzt natürlich keine krasse Geschichte ist.^^


    Ein weiterer Fall für unvollständige Übersetzung stellt das englische Wort "gay" dar. Es ist stellenweise ja schon eingedeutscht und man versteht es als (negativ besetztes) Synonym für männliche Homosexualität, also für schwul oder den Schwulen.
    Tatsächlich kann "gay" auch einfach mit "bunt" oder "farbenfroh" übersetzt werden, was aber gerne ausgeblendet wird oder man überhaupt nicht weiß, was eigentlich schade für das Wort ist, da es so verunglimpft wird. Somit werden Bedeutungen des Wortes einfach ignoriert. Das ist natürlich dann vor allem wichtig, wenn man einen englischen Text ließt, in dem "gay" dann tatsächlich als "bunt" gemeint ist, was dann zu Missverständnissen führen kann.



    Wie nutzt ihr die Sprache und Worte für euch? Überdenkt ihr eure Aussagen? Wählt ihr eure Worte gewissenhaft oder spontan? Versucht ihr mit den richtig gewählten Worten andere zu verletzten oder eure Zuneigung zu zeigen? Und wie funktioniert das?

    Ich versuche mich eigentlich schon, gewählt auszudrücken. Meiner Meinung nach hat zum Beispiel eine Unüberlegtheit zugrunde liegen, wenn man etwas mit "behindert" beschreibt, da man so die eigentliche Bedeutung und die wirklichen Auswirkungen einer Behinderung verkennt. Auch wenn ich jetzt niemanden damit angreifen will, wenn er "behindert" als alltägliches Adjektiv nutzt; kann natürlich auch sein, dass manche hier einfach anders denken.
    Grundsätzlich ist es ja so, dass wir durch unsere Sprache determiniert sind. Wir kommunizieren über die Sprache. Wie soll man also über etwas reden, wozu man die Worte nicht hat? Aber zu Georg Orwell, der diesen Gedanken über das "Newspeak" angewendet hat, ist ja schon einiges gesagt worden. Vor allem sind hier aber Fremdsprachen besonders wichtig, da sie helfen, eine ganz andere Art der Beschreibung der Realität zu ermöglichen. Das zeigt sich dadurch, dass man vieles nicht wortwörtlich übersetzen kann und bei manchen Phrasen finde ich es sehr interessant, wie diese in anderen Sprachen lauten (z.B. "Daumen drücken" und "to cross ones fingers for somebody"). Aber deshalb freue ich mich eigentlich immer, wenn ich mal Fremdwörter höre, da ich finde, ein großer Wortschatz ist eine feine Sache. Im Alltag finde ich dennoch, dass man sich zum Beispiel gegenüber Freunden nicht zwingend gehoben ausdrücken muss, nur weil man es kann. Das tut der Konversation nicht gut (gewisse Sprachniveaus anzuwenden erzeugt auch immer eine Athmosphäre, weswegen Dialekte genauso ihre Berechtigung haben wie die gehobene Ausdrucksweise). Vielmehr ist ein größerer Wortschats dann gut, wenn man Dinge präziser beschreiben muss / möchte und ist zum Beispiel in Diskussionen wie diesen hier brauchbar.

  • Ich finde, dass es zu kurz greift, wenn man sagt, dass einem die Bezeichnung als "Hurensohn" egal ist. Natürlich ist mir das egal, wenn mein Bruder mir das sagt oder irgendein verwirrter Betrunkener. Die Frage ist viel eher: Wer sagt es und wie macht er es? Dadurch dass wir ständig Ausdrücke hören, die früher tabuisiert waren, haben diese ihre Wirkung verloren. Ein Tabu lebt von seiner Einhaltung.
    Dennoch haben Worte dadurch nicht ihre Macht verloren. Wenn du jemanden im 17. Jh. als "Mohren" bezeichnet hast, war das bestimmt ein Ding. Heute eher ein anachronistischer Joke. Dennoch kann man noch rassistisch beleidigen.
    Meinen Großeltern würde das Wort "Opfer" z.B. nie verdächtig vorkommen, klingt für sie nach einem Verbrechen, bei dem jemand zu Schaden gekommen ist.
    Nur weil an jemandem das Wort Hurensohn abprallt, ist derselbe noch nicht immun gegen die Macht der Worte. Würde ich Bezug auf das jeweilige Privatleben nehmen oder auf das Aussehen etc. würden auch noch andere einfache Schimpfwörter richtig übel wirken.


    Zur Frage, ob ich meine Sprache überdenke: WÜrde schon sagen. Manche Worte habe ich mir wirklich abgewöhnt, weil sie einfach nicht gehen. Außerdem neige ich stark zu dem Wort "behindert" für dumm oder kacke. Geht meiner Meinung nach eigentlich gar nicht und ich sollte mir das schleunigst abgewöhnen. Geht mir generell bei Worten so, die eine bestimmte Gruppe angreifen. Leider funktionieren Flüche oft so. Hm.

  • Wenn man etwas tolleriert, heißt das noch lange nicht, dass man es auch gut heißen muss.
    Wenn man etwas akzeptiert, heißt das, dass man es auch mögen muss.
    Tollerieren heißt nur, dass man es erträgt.
    Man tolleriert neben sich ein schreiendes Kind im Flugzeug, oder man tolleriert eine üble Erkältung - aber sowas kann einen doch trotzdem ankotzen!


    Ich führe die Diskussion mal hier weiter, weil sie nicht zum Thema Glaube an Gott passt, ich das jedoch trotzdem klarstellen will. Ich hoffe, das Thema ist passend, hab nichts besseres gefunden.


    Nein, wenn man etwas toleriert, heißt es nicht, dass man das auch gut finden muss. Habe ich auch nie behauptet. Es heißt jedoch, dass ich andere Ansichten gelten lasse. Wenn ich andere Ansichten jedoch als falsch oder dumm bezeichne und Menschen, die diese Ansichten haben, vorwerfe, sie seien weniger intelligent, dann toleriere ich ihre Ansichten auch nicht. Ich werte sie ab und mache mich über sie lustig.
    Nein, wenn man etwas akzeptiert, muss man es auch nicht unbedingt mögen. Man kann akzeptieren in diesem Sinne benutzen, es kann jedoch auch bedeuten, dass man etwas hinnimmt oder etwas billigt. Du, der du so begeistert vom Duden bist, solltest vielleicht einfach bei der Definition nachlesen, da steht nämlich genau das!
    Nein, tolerieren heißt nicht in jedem Fall, dass man etwas nur erträgt. Es bedeutet vor allem "gelten lassen (obwohl es nicht den eigenen Vorstellungen o. Ä. entspricht)" (vgl. Duden). Gelten lassen bedeutet nicht, dass ich sage, alle, die meine Ansicht nicht teilen, sind automatisch weniger intelligent. Das ist keine Toleranz.

  • Ich bringe Gedanken ungern sonderlich konzentriert zu Papier (oder Beitrag, in diesem Fall), darum hier einfach verschiedenste Gedankengänge, die mal mehr, mal weniger mit dem Thema zu tun haben.


    Beleidigungen oder Flüche erhöhen den Stresspegel


    Finde allgemein die Wissenschaft hinter dem Fluchen recht interessant. Die Wirkung bestimmter, negativ assoziierter Worte ist das eine. Die Frage, warum wir eigentlich genau fluchen ist aber ebenso untersuchenswert. So könnte sich das Fluchen einerseits aus primitiven Reflexen entwickelt haben und dadurch in ähnlichem Ausmasse auch in anderen Tieren auftreten. Die Sprache an sich nuanciere das Gefluche nur. Oder wie es Steven Pinker beschreibt: "But I think the same parts of the brain are involved when you bump your head and yell, ‘Oh fuck!' as when you step on a dog's tail and get a very sudden howl." (Quelle) Darüberhinaus scheint Fluchen eine positive Auswirkung auf unser Schmerzempfinden zu haben. (Quelle, Quelle)


    Erfüllt Politische Korrektheit ihr Ziel und ab wann wird es nur noch eine Farce?


    Ich gebe zu: Ich bin jemand, der oft und gerne flucht. Ebenso bin ich jemand, der - in der passenden Gesellschaft - auch mal politisch inkorrekte Begriffe benutzt. Ob das moralisch vertretbar ist, ist eine Sache, über die man gerne mit mir im privaten diskutieren darf. Ich persönlich vertrete die Ansicht, dass meine Intention bei Benutzung bestimmter Worte weniger wichtig ist, als wie sie vom Gegenüber aufgenommen wird. Insofern sehe ich politische Korrektheit nicht als etwas Starres, sondern dem Kontext, Gesprächspartner, Thema etc. Anpassbares. Während ich beispielsweise im privaten Gespräch mit einem dunkelhäutigen Freund, von dem ich explizit weiss, dass er über Begriffe wie "Nigga" lacht, kaum an solche Konzeptionen gebunden bin, ändert sich dies, je öffentlicher besagte Begriffe verwendet werden. Politische Korrektheit greift meiner Meinung nach theoretisch ab dem Zeitpunkt, wo ich nicht mehr "garantieren" kann, dass sich niemand durch die reine Verwendung dieser (ohne verletzenden Kontext) angegriffen fühlt. Und genau das ist der Grund, wieso dieser Begriff so schwer zu fassen und ein "zu weit", ab welchem der Begriff nur noch eine Farce ist, kaum abzugrenzen ist. Prinzipiell könnte jeder denkbare Begriff jemanden, sei es aufgrund seiner Erfahrungen, Eigenschaften oder anderem, auf irgendeine Weise angreifen. Eventuell könnte man die Frage mit "sobald der Aufwand den Nutzen übersteigt" beantworten, aber auch das ist nicht wirklich zufriedenstellend und führt eher zu mehr Fragen als Antworten.




    Kann man ein ganzes Volk manipulieren, wenn man Redewendungen ändert (z. B. entstanden Redewendungen wie "Glänzen wie ein Judenei" in der nationalsozialistischen Zeit und sollten das Volk feindselig gegenüber Juden stimmen) oder Begriffe aus der Sprache verbannt (wie Worte aus dem Buchstabier-Alphabet)?


    Worte haben Macht - vermutlich mehr, als einem in den meisten, alltäglichen Situationen bewusst ist. Gerade viele aktuelle politische Gegebenheiten zeigen eindrücklich, dass in unserer Gesellschaft Schlagwörter oftmals deutlich effektiver sind als die Argumentation mit Fakten. Wie oft haben sich beide Lager der vergangenen US-Präsidentschaftswahl an Begriffen, Aussagen und Beleidigungen aufgehängt, statt über tatsächliche Themen zu sprechen? Alleine bei einem Blick auf Donald J. Trumps Twitter springt einem nach kürzester Zeit "FAKE NEWS" aber und abermal entgegen. (Quelle) Worte können erzeugte Feindbilder festigen - und müssen dafür interessanterweise in sich nicht mal herabwürdigend sein. Meist sind es deskriptive Begriffe (der Jude, der Schwarze etc.), die erst durch ihre Verwendung in einem bestimmten Kontext ihre Wirkung entfalten. Gerade die Dämonisierung des Juden im Nationalsozialismus zeigt, welche Auswirkungen dies haben. Dieses Gefühl von "wir und die" ist ein sehr unterbewusstes, welches durch solche Begriffe noch weiter angefeuert wird und bewusst zur Entmenschlichung bestimmter Gruppen führen kann.




    Ist das legitim oder unerwünschte Manipulation, wenn die Macht der Worte genutzt wird?

    Gegenfrage: Geschieht denn diese "Manipulation" immer nur bewusst bzw. ist sie überhaupt abzuschalten? Wenn von der Macht der Worte die Rede ist, sprechen wir ja nicht unbedingt von gezielt gesetzten Schlagworten - die "Macht" kann auch etwas unbewusst von uns Genutztes sein. So gesehen hält jedes Wort, jede Formulierung, jeder Satz eine gewisse Macht, die bewusst oder unbewusst genutzt wird, um etwas auszudrücken, zu bewegen oder zu erreichen. Insofern halte ich persönlich eine Diskussion über Legitimität hier für überdrüssig, weil jeder seine Worte nutzt, um einen bestimmten Effekt beim Gegenüber zu erzeugen. Die Frage, welche Art der Benutzung moralisch vertretbar ist und welche nicht, ist dann wieder eine andere.



    Glaube ich belass es mal bei den drei Fragen und beantworte den Rest später, damit das Ganze nicht vortragscharakter annimmt ):

  • Wo ist dann das Problem?

    Kontext für andere: Es geht um die Nutzung der Begriffe Sommer- und Winterzeit.


    Also das Problem, das man hier sehen könnte ist, dass diese Begriffe vor allem bei Umfragen und politischen Reden dafür genutzt werden können, Menschen in die gewünschte Richtung zu lenken. Wir verbinden durch unsere lebenslange Prägung dieser Begriffe mehr Positives mit "Sommer" und mehr Negatives mit "Winter". Zum Beispiel klingt eine permanente Winterzeit nach Kälte, Dunkelheit und Schwere. Eine permanente Sommerzeit klingt nach Reichtum, Freude und Aktivitäten. Das ist aber natürlich beides Blödsinn, da die negativen und positiven Merkmale der Jahreszeiten bestehen bleiben, egal ob wir nun Winter- oder Sommerzeit haben. Deswegen ist es insgesamt sachlicher, wenn man die "richtigen" Begriffe nutzt. Also Standardzeit und die Standardzeit um eine Stunde verstellt. Das sind Begriffe, die wir emotional im Gehirn weniger mit etwas verbinden und wir entscheiden dann insgesamt rationaler. Das gilt natürlich wie immer nicht für jeden Einzelnen. Ich zum Beispiel verbinde Winterzeit positiver. Aber für die durchschnittliche Mehrheit trifft das halt zu und deswegen sind die neutralen Begriffe gerade in Diskussionen, Umfragen und für Politiker die bessere Variante.

    https://www.presseportal.de/pm/69369/4163078

    https://www.marktforschung.de/…heit-fuer-die-sommerzeit/


    Ich finde es an sich sehr spannend zu sehen, wie so ein simples Wort, das uns unwichtig erscheint, in politische Entscheidungen mit reinspielt. Alleine wenn man dann europäische Umfragen macht, kann das ein entscheidendes Kriterium werden, ohne dass es die Wähler "böse" meinen.

  • Normalzeit mit Vorstellung um eine Stunde klingt blöd an und damit können viele nichts anfangen.


    Man muss die Unterschiede mehr in Deutung bringen.


    Vielleicht etwas so:

    Normalzeit, die eine Stunde früher beginnt und aufhört.

    oder

    Normalzeit, die eine Stunde später anfängt und aufhört.

  • Ich verstehe die Bedenken dahinter und will auch den subtilen Einfluss solcher Bezeichnungen nicht wegreden, aber schlussendlich würde zumindest auf mich auch die "Fachsprache" Einfluss nehmen. Mir ist bewusst, dass das eher ein personal problem ist, aber ich glaube, ich könnte einen Diskussionspartner deutlich weniger ernst nehmen, wenn er auf Begrifflichkeiten wie "Standardzeit um eine Stunde verstellt" bestehen würde. Ich meine sorry, aber wer redet so.

  • Ich meine sorry, aber wer redet so.

    Hm.


    Wollte auch gar nicht darauf hinaus, dass man es nutzen muss. Ich sehe beim Ottonormalverbraucher (oder den Usern hier) keine Agenda hinter diesen Begriffen, weil ich mir vorstellen kann, dass sie geläufiger sind und wahrscheinlich schöner klingen mit Jahreszeiten im Wort. Die Begrifflichkeiten in der Umfrage, die Edex kritisiert, finde ich auch ziemlich unhandlich. Wahrscheinlich kann man hier argumentieren, dass manch einer eher den Begriff wählt, der angenehmer zu lesen ist, und das ist Normalzeit/Standardzeit (zumal das ebenfalls positiv konnotiert ist). Ich persönlich nutze, wenn ich mit Personen rede, die das auch sofort verstehen, "abweichende Standardzeit" für Sommerzeit und das geht eigentlich immer klar. Habe mir zumindest noch nie Gedanken drum gemacht. Dennoch finde ich es nun mal relevant bei Entscheidungen, die direkt vom Volk ausgehen sollen und uns europaweit betreffen, wichtig, dass man sich über Fragestellungen Gedanken macht. Wie halt bei jeder Umfrage und jedem Fragebogen darauf geachtet werden sollte, dass Formulierungen nicht suggestiv sind. Die bisherigen Alternativen müssen dabei nicht die Lösung sein. Für mich zeigen die Quellen im Grunde nur, dass man mehrmals das Gleiche fragen kann und je nach Begriff signifikant unterschiedliche Ergebnisse bekommt. Dem sollte man eben auf den Grund gehen und eine so rationale Entscheidung wie möglich anstreben.


    Eine Möglichkeit wäre es vielleicht, dass man einfach kurz und sachlich erklärt, was das eine und was das andere ist und dann beide Zeiten als "Option A" und "Option B" betitelt, sodass sich mehr auf die inhaltliche Erklärung konzentriert wird. Aber Begriffe sind nun mal wichtig, weil wir vieles mit Worten verbinden, ob bewusst oder unbewusst.

  • Mipha

    Hat das Label Sonstiges hinzugefügt.