Nymphengesang

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  • Hey @Rusalka


    Ich danke dir nochmals für deinen Kommentar und möchte nun im Gegenzug nun auch eines deiner Werke kommentieren. Irgendwie muss man sich als Autoren gegenseitig unterstützen, wenn sonst das Feedback ausbleibt. Aber genug dazu. ^^
    Ich habe mich für das Werk "Ein Sommernachtswunschtraum" entschieden, welches du zusammen mit @Molnija geschaffen hast, welches ich aber nicht ganz zerpflücken mag, sondern als Gesamtbild betrachten möchte.


    Ich finde diesen Text wirklich wunderschön und ich beneide euch um diesen tollen sprachlichen Ausdruck, der die Umgebungen gut beschreibt und gleichzeitig positive Gefühle im Leser weckt, wodurch man selbst den Eindruck bekommt selbst dort zu sein, selbst den goldenen Himmel zu betrachten, der sich allmählich dunkelblau einfärbt, den Wind im Gesicht und im Haar zu spüren und das Leben selbst zu genießen, wie es dort geschildert wird. Es wird mit einem einfachen, aber dennoch teils komplex aufgebauten Satzbau die Alltäglichkeit geschildert, wodurch eine recht angenehme Atmosphäre erschaffen wird, die keine Fremdartigkeit aufweist und in welcher man sich sofort wohlfühlt. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, das Geschehene mitzuerleben, auch wenn es teilweise durch die lyrischen Briefe von Claire und Robin unterbrochen wird.


    Ich finde sogar, dass diese Form der Konversation sehr gut umgesetzt wurde und ihr für beide jeweils eine andere Gedichts- bzw. Reim-/Versform genommen habt. Dies macht es nicht nur authentischer, sondern veleiht dem Text und den Charakteren, um die es geht, mehr Fülle und Leben. Claire wird dadurch vielschichtiger, und man spürt ihre Sehnsucht nach ihrem Freund. Anders herum erhält auch Robin so eine gewisse Menge Charakter, die ihm ja aufgrund des eher inaktiven Parts kaum gegeben wird. So aber kann man sich ein Bild von ihm machen und man erkennt ganz klar, wie viel Persönlichkeit er eigentlich besitzt und wie viel ihm Claire bedeutet. Man wünscht sich während des Lesens einfach, dass Claire am Ende der letzten Sätze wieder mit ihm zusammen ist... und so kommt es dann ja auch. Finde ich toll. :)


    Ansonsten muss ich euch für die tollen Reime und die fast schon perfekten Versmaße loben. Ich bin in sowas ja recht schlecht und ein Versmaß noch so ziemlich undenkbar... von diesen geschichteten Reimen ganz zu schweigen, und bin daher von euren Gedichteten Briefen sehr angetan.


    Jetzt gab es mehr Lob und kaum Kritik,... ach was, null Kritik. Aber ich habe auch nichts gefunden, was ihr besser machen könntet. Macht einfach so weiter. :)


    Mfg Miss Fox

    "Wie beim Kartenspiel kommt es auch im wirklichen Leben darauf an,
    das Beste aus dem zu machen, was einem gegeben wurde,
    anstatt sich über ein ungünstiges Blatt zu beschweren und mit dem Schicksal zu hadern."


    [Astor, Pokémon - Schwarze Edition]

    Nur noch sporadisch im BisaBoard.

  • Rise like a Phoenix

    geschrieben am 01.08.2015


    Unruhe erfüllte den Gerichtssaal, als der Rechtsanwalt eintrat. Für ihn war das ein gewohntes Bild vor einer Verhandlung und entschlossen, mit erhobenem Haupt ging er zu seinem Platz seitlich des Richters. Dieser grübelte unterdessen über einem Blatt Papier, das er wohl zu entziffern versuchte. Ein Wunder, dass es ihm wohl gelang; während eines Kreuzverhörs wirkte er nicht so, als würde er seinen Beruf allzu ernst nehmen.
    Der Rechtsanwalt sah zu seinem Gegenüber. Ein Mann im purpurroten Anzug mit einem Ausdruck im Gesicht, als könnte er keinen Spaß verstehen. Plötzlich lächelte er süffisant, als würde er den Sieg schon in seiner Hand erkennen.
    Das Gemurmel wurde in der Zwischenzeit immer lauter, bis ein paar Schläge eines bekannten Holzhammers zu vernehmen waren. Augenblicklich wurde es ruhig und sämtliche Augenpaare ruhten auf dem Richter, der auf sich aufmerksam gemacht hatte.
    „Das Gericht ist nun bereit für den Fall von Sylvie Beryl. Mr. Edgeworth?“
    „Die Staatsanwaltschaft ist bereit, Euer Ehren“, sagte der Mann im purpurroten Anzug, ohne eine Miene zu verziehen. Edgeworth bewahrte die Ruhe und deutete beinahe unauffällig zu seinem Gegner in diesem Fall. „Ich hoffe, du bist es auch, Phoenix.“
    Phoenix Wright, seines Zeichens Rechtsanwalt und Meister im Darlegen der Wahrheit, schluckte. Er wusste, dass jeder Fall neue Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Doch sprach er sich Mut zu. Die Suche nach Beweisen gegen die Hauptverdächtige am Vortag - eine Plastikpflanze, die mit dem Blut des Opfers benetzt war und ein Taschentuch mit den Initialen J.P., die sich beide am Tatort befanden - hatte sich als ertragreich erwiesen und so war er zuversichtlich, dass die Verhandlung gut verlaufen würde.
    Er fuhr sich mit einer Hand kurz durch die Stachelfrisur und erwiderte mit erhobenem Haupt: „Die Verteidigung ist bereit, Euer Ehren!“
    Phoenix‘ Enthusiasmus schien für den Staatsanwalt kaum überhörbar zu sein, erhob er doch den Finger und winkte mit diesem sachte hin und her. Er kannte diese Geste gut und wusste, dass es nicht leicht werden würde, wenn sein Kindheitsfreund Miles Edgeworth auf diese Weise reagierte.
    Der Richter nickte daraufhin und ließ die Staatsanwaltschaft die Fakten vorlegen. Sylvie Beryl, eine Schauspielerin, die erst vor Kurzem angefangen hatte, war die Hauptverdächtige in diesem Fall. Laut einigen Zeugen und von der Polizei gesicherten Beweisen bestand kein Zweifel, dass sie den Mord ihres Kollegen Richard Cox begangen hatte - bis auf eine Person. Durch einige Gespräche mit Sylvie vor der Verhandlung war sich Phoenix sicher, dass sie keine Schuld traf und dies versuchte er nun zu beweisen.
    „Bitte rufen Sie nun Ihren ersten Zeugen auf, Mr. Edgeworth“, sagte der Richter formell und erhielt, nach einer Verbeugung des Staatsanwaltes, sogleich eine Antwort.
    „Die Staatsanwaltschaft ruft als Erstes den vor Ort anwesenden Detektiv Dick Gumshoe in den Zeugenstand.“


    Wenige Minuten vergingen, in denen das Personal einen Mann mittleren Alters vorladen ließ. Einer der Männer berührte ihn dabei unabsichtlich am langen, olivgrünen Mantel, wodurch er aufgebracht etwas lauter wurde.
    „Hey, berühren verboten, Junge! Was bildest du dir ein, dass ...“
    „Gumshoe!“ Ein kräftiges Bellen von Edgeworth ließ ihn zusammenfahren. „Soll ich dir wieder dein Gehalt kürzen?“
    „Is‘ schon gut“, nuschelte Gumshoe daraufhin mit angezogenen Schultern und ließ von seinem Vorhaben, dem Personal einen Vortrag über seinen Mantel zu halten, ab. Phoenix seufzte und ging in sich. Das nahm schon mal keinen guten Anfang.
    „Schon besser.“ Edgeworth verschränkte die Arme und fuhr nach Form fort. „Bringen Sie Ihren Namen und Ihre Tätigkeit vor.“
    Gumshoe richtete sich wieder auf. „Mein Name ist Dick Gumshoe und ich bin der verantwortliche Detektiv der Mordkommision.“
    „Erzählen Sie uns nun vom Tathergang und der Mordwaffe. Und“, Edgeworth schlug mit seiner flachen Hand sachte auf den Tisch, „achten Sie darauf, alle Details zu nennen.“
    „Ja, klar.“ Der Detektiv kratzte sich kurz mit der Hand am Hinterkopf und ließ Phoenix stutzig werden.
    Na, hoffentlich hat er dieses Mal alle Details im Kopf. Sonst könnte das böse für ihn enden.
    „Es geschah Mittwoch Nachmittag, als Richard Cox und sein Team noch beim Dreh ihres neuen Films im Studio waren. Sie nahmen sich gerade eine Auszeit, um wieder zu Kräften zu kommen. Richard nutzte dabei die Gelegenheit, um sich am Automaten einen Kaffee zu drücken. Gerade, als er den Becher an sich nehmen wollte, wurde er von hinten brutal mit der Mordwaffe erschlagen.“ Er setzte ab und kramte ein Bild hervor. „Eine Requisite in Form einer länglichen Skulptur von etwa 40 Zentimetern, die sich wohl in der Nähe des Sets befunden hatte und die Fingerabdrücke der Täterin aufweist. Interessanterweise befinden sich nur ihre Abdrücke darauf. Ein Treffer auf den Hinterkopf verursachte dabei ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Die Verdächtige Sylvie Beryl war laut einigen Kollegen mit ihm zu dieser Zeit unterwegs, weswegen sie als Hauptverdächtige in Frage kommt.“
    Phoenix blickte zu ihr. Sie saß in der vordersten Reihe der Menge, unfähig etwas zu sagen, aber sichtlich nervös, da sie einen guten Ton bewahren wollte. Das hatte er ihr im Vorhinein auch erklärt; Ausraster würden nicht viel bezwecken. Umso besser, dass sie sich angesichts der Anklage auch daran hielt.
    Er richtete seine Augen wieder auf Gumshoe. „War sie die einzige Person am Set, die dazu imstande war?“
    Der Detektiv wurde aufgebracht und atmete schwerer. „Junge, ich hab doch alle Details erwähnt! Die Beweise sprechen nun mal eine klare Sprache und mir wird nicht genug gezahlt, dass ich noch mehr in die We...“
    „Gumshoe.“
    Der Angesprochene verstummte wieder und zog seinen Kopf ein. „A-auf jeden Fall ist das alles, was wir in Erfahrung bringen konnten. Die anderen Schauspieler haben hieb- und stichfeste Alibis.“
    Edgeworth, die Arme wieder verschränkt, schien wohl über die Aussage nachzudenken, ging aber nicht näher darauf ein. „Die Staatsanwaltschaft ruft nun den ersten Zeugen in den Zeugenstand. Mr. John Patiro.“
    Gumshoe verließ den ihm zugewiesenen Platz wieder und ließ stattdessen einen klein gewachsenen Mann von etwa 25 Jahren an seine Stelle treten.
    „Bitte tragen Sie Ihren Namen und ihre Tätigkeit vor.“
    Der Man zögerte erst und war wohl nicht imstande, etwas zu sagen. Einige schmerzvolle und ruhige Sekunden vergingen, bevor die ersten Anwesenden zu tuscheln begannen. Der Richter schlug mit seinem Hammer auf den Tisch.
    „Ruhe im Gerichtssaal! Mr. Patiro, gibt es ein Problem?“
    Erschrocken sah Patiro zu ihm auf. „Nein, gibt es nicht“, antwortete er dabei etwas unruhig, wobei dadurch bekannt wurde, dass er eine recht hohe, fast schon piepsige Stimme hatte. Der Richter verdeckte seinen Mund mit einer Hand, wohl um ein Lachen zu unterdrücken. Phoenix seufzte.
    Und diese Kompetenz führt den Prozess an. Na, das kann was werden ...
    „Also, mein Name ist John Patiro und ich bin von Beruf Stuntman. Am besagten Tag war ich vor Ort auf dem Filmset und habe mit dem Regisseur einige Szenen besprochen, die es zu bewältigen galt.“
    „Stuntman?“, fragte der Richter nun ungläubig. „Heißt das, Sie springen für die Schauspieler in bestimmten Szenen ein?“
    „Ja, das ist richtig. Wenn Sie wollen, kann ich für Sie auch gerne einspringen.“
    Der Richter winkte beschämt ab. „Oh, das wäre wirklich nicht nötig. Aber Sie wissen, wo Sie sich melden können.“
    Selbst Edgeworth verlor aufgrund dieser Aussage seine Haltung und schüttelte den Kopf. Phoenix belustigte dies, jedoch fuhr er schnell fort, um den Fall voranzubringen.
    „Ich möchte nun mit dem Kreuzverhör beginnen. Fangen Sie bitte mit Ihrer Aussage an.“
    „Gut. Es war am Mittwoch, als wir alle vom Filmteam wieder zusammenkamen und einige Szenen durchsprachen und abschließen wollten. Die Arbeiten dauerten schon relativ lange und teils war die Situation auch etwas angespannt. Auf jeden Fall machten wir nach einigen Stunden eine kleine Pause, um wieder zu Kräften zu kommen. Ich ging mit Pachira und Ray raus, um frische Luft zu schnappen. Wir waren zu diesem Zeitpunkt immer zusammen, weswegen von uns auch niemand die Tat hätte begehen können.“
    Phoenix überlegte kurz. Patiros Aussage schien plausibel, aber durchaus verbesserungswürdig. Es musste Details geben, die er in der Eile vergessen hatte!
    „Was meinen Sie damit, dass die ‚Situation angespannt war‘?“
    Patiro schreckte zurück. „D-das hatte ich zumindest so im Gefühl. Wissen Sie, die Arbeiten an dem Film dauerten schon länger als geplant und so war es für alle besonders anstrengend, über die Zeit Ruhe zu bewahren. Aber Genaueres müssten Sie von den entsprechenden Leuten beantragen.“
    Diese Aussage brachte Phoenix nicht weiter, obwohl sie ihm zumindest ein weiteres Detail verriet. Innerhalb des Teams herrschte Unruhe, sodass potenziell jeder dazu imstande gewesen wäre, die Tat zu begehen.
    Er ging in sich. Wo befand sich eine Schwachstelle in der Aussage? Patiro war mit zwei Kollegen die ganze Zeit zusammen. Er konnte also nicht weg, um die Tat zu begehen.
    John Patiro ...
    ...
    Das ist es!
    Phoenix schloss die Augen und setzte ein Lächeln auf. Die Initialen des Taschentuchs! Dass er darauf nicht eher gekommen war!
    In bester Manier holte er mit seiner Hand aus, den Zeigefinger ausgestreckt und rief laut: „Einspruch!“
    Der Fall hatte gerade erst begonnen!




  • Na? <3
    Ich hab gerade zwei Freistunden, bin aber irgendwie ziemlich alleine in der Bibliothek weil irgendwie alle meine Freunde gerade Unterricht haben und nachdem ich nun mit meinen Hausaufgaben bereits fertig bin, dachte ich, ich hinterlasse dir einen kleinen (Betonung liegt auf wirklich klein; so viel Zeit habe ich nämlich nicht ^^’) Kommentar zu deinem letzten Werk.


    Rise like a Phoenix
    Das erste, woran ich denke ist selbstverständlich (leider …) das Lied von Conchita Wurst, welches den ESC vor einem (?) Jahr gewann. Beim gestrigen Überfliegen der Kurzgeschichte habe ich bereits erkannt, worum es in der Kurzgeschichte geht und deshalb bin ich da nicht mehr ganz unvoreingenommen, allerdings kann ich natürlich trotzdem was zum Titel sagen. An sich gefällt er mir ganz gut, wobei ich alternativ auch ganz einfach „Phoenix“ schön gefunden hätte, das liegt allerdings wahrscheinlich an meiner Vorliebe für Ein-Wort-Titel, haha. In Verbindung mit Jura, bzw. einem Gericht hätte ich den Titel jetzt nicht wirklich gebracht, im Anbetracht der Tatsache, dass es jedoch um eine Gerichtsverhandlung geht, kann ich natürlich etwas hinein interpretieren. Ein Phoenix steht aus der Asche auf und so wäre der erste, und ziemlich simple Gedanke, der mir kommt, dass eine der beiden Seiten eigentlich in einer misslichen Lage ist und den Prozess wohl verliert, dann aber eine Art Geistesblitz hat, einen wichtigen Zeugen findet/etwas aus jemandem herausquetscht oder einen bestimmten Zusammenhang plötzlich versteht/erkennt und deshalb den Prozess am Ende noch gewinnt. Mein Vater ist Anwalt und ich war schon ein paar Mal bei öffentlichen Prozessen dabei, es ist meistens relativ interessant und einer der Gründe, warum ich die Geschichte unbedingt lesen will. ^-^


    Sehr interessante Geschichte. Dass es eine Fanfiction ist, hat sich schon bei dem ungewöhnlichen Namen Phoenix angedeutet, dass es aber Ace Attorney ist habe ich nicht erkannt, da ich den Anime noch nie gesehen habe. Dementsprechend möchte ich zu einigen Dingen eigentlich nur ganz kurz Stellung nehmen: Vor dem echten Gericht muss wird man eigentlich vom Richter und nicht vom Staatsanwalt um Angaben wie Name, Beruf usw. gebeten, außerdem wird jeder Zeuge dazu verpflichtet die Wahrheit zu sagen (allerdings keinen Eid abzulegen). Da es sich hier allerdings um eine Kurzgeschichte basierend auf einem Fandom handelt und ich mir nicht sicher bin, wie es in diesem Anime gehandhabt wird, möchte ich nur kurz darauf hinweisen und lasse das mal so stehen, wirklich gestört hat dieses kleine Detail natürlich nicht. Inhaltlich eine sehr interessante Geschichte, ich würde gerne wissen, ob es denn nun wirklich die vertretene Frau oder der geladene Zeuge am Ende war (tut mir Leid, dass ich die Namen nicht weiß, aber ich hab hier nur beschränkten Zugriff auf das Internet ^^’). Der Fall wurde sehr gut dargestellt und wirkt ziemlich dreidimensional, obwohl du doch eigentlich kaum Möglichkeiten hattest, ihn ausführlich zu beschreiben, da es ja eine Kurzgeschichte ist und ihn dort auch nur der erste Zeuge, der Detektiv, wirklich schildern konnte. Trotz dessen ist es dir also gut gelungen, mir als Leser den Fall direkt näher zu bringen, sodass ich ihn verstehe und mir auch meine Gedanken dazu machen kann. Ein bisschen seltsam, finde ich die Beziehung zwischen den beiden Anwälten (ich habe übrigens erst in der Mitte des Textes verstanden, dass die Staatsanwältin weiblich ist; war das beabsichtigt oder habe ich vielleicht etwas überlesen?), denn sie scheinen sich wohl schon sehr lange zu kennen. Von so was rührt meistens eine Rivalität und das ist vor Gericht natürlich tückisch, da es einem Anwalt i.d.R. nicht darum gehen sollte zu gewinnen, sondern unter dem Aspekt der Wahrheit den bestmöglichen Ausgang eines Prozesses für seinen Klienten zu ermöglichen. Anyway, ich kenne die Serie nicht, auch hier gibt es bestimmt eine Hintergrundgeschichte. Sehr interessant fand ich übrigens den Richter beschrieben, seine Autorität aber auch seine leichte Inkompetenz hast du beides sehr gut konträr rübergebracht und somit ein ganz seltsames Bild von diesem Charakter erschaffen, dieser Gegensatz gefällt mir ziemlich gut. Stilistisch war das ein sehr schönes Werk, dein Stil liest sich unglaublich flüssig. Mir gefällt insbesondere sehr gut, dass du zwar sehr gehoben formulierst, allerdings trotzdem so schreibst, dass man jeden Satz auf Anhieb versteht. Ich denke das liegt v.a. an der guten Länge deiner Sätze, das ist etwas was du unbedingt beibehalten solltest. Allerdings fand ich die Örtlichkeiten und Charaktere selbst für eine Kurzgeschichte etwas zu knapp beschrieben. Allen voran die Mimik hättest du noch etwas mehr beschreiben können, insbesondere bei Phoenix; seine Reaktionen auf die Aussagen der Zeugen wären wohl mit die interessantesten, leider kamen diese etwas kurz (wohingegen ich die Staatsanwältin und auch die beiden Zeugen sehr lebendig beschrieben fand!). Fehler habe ich auf die Schnelle gefunden, ich muss aber gestehen, dass ich auch nicht wirklich nach welchen gesucht habe. Insgesamt also eine sehr schöne Kurzgeschichte, das Thema Kriminologie bzw. Gerichtsverhandlungen ist eh ein sehr Interessantes, welches mich noch dazu brennend reizt (ich bin ja auch ein riesiger Detektiv Conan Fan!). Wie immer wenn ich etwas von dir lese, war es also sehr angenehm und ich bin erneut sehr begeistert. Dass du an deiner PMD-Fanfiction wohl nicht mehr schreibst, finde ich schade, aber poste dann doch wenigstens weiterhin Kurzgeschichten, okay? ♥


    Liebe Grüße von Atlas

  • Seelenjäger

    geschrieben am 12.09.2015


    Kühle Nachtluft umgab mich, als ich meinen Blick über die Häuserreihen schweifen ließ. Der Gedanke an mein warmes Zuhause ließ mich inmitten dieser bewölkten Novembernacht frösteln.
    Die Menschen dort unten interessierten sich nicht für mich. Zu hoch stand ich für sie, zu sehr waren sie mit ihren eigenen Belangen beschäftigt. Wer sollte sich auch um ein siebzehnjähriges Mädchen kümmern, das sich zufällig auf dem Dach eines Hochhauses befand und die Stadt überblickte?
    Natürlich niemand.
    Ich stand am Rand des Daches und ließ die Eindrücke meiner Umgebung auf mich wirken. Der Lärm der Autos drang an meine Ohren, die grellen Neonleuchten vernebelten meine Sicht und ich vernahm auf merkwürdige Art und Weise den Geruch des Wassers im Hafen. Ob ich mir das womöglich nur einbildete?
    Nur unwesentlich später spürte ich Kälte auf meinem Gesicht. Ich wischte mit meinem Finger über die Wange und erhaschte die erste Schneeflocke dieser Jahreszeit. In den nächsten Sekunden breitete sich die weiße Pracht immer weiter aus; von fern bis nah erschienen nun Schneeflocken vom Himmel und sie tänzelten anmutig und vom Wind getragen bis zum Boden.
    Endlich war der Moment da!
    Darauf bedacht, die Welt unter mir zu betrachten, trat ich an die Kante. Noch immer vermischten sich die Lichter der Stadt und boten ein wahres Schauspiel der Gefühle.
    Ich schloss meine Augen; meine Sinne nahmen die Umgebung noch immer wahr.
    Und ich ließ mich nach vorne fallen.
    Der Fall in die Tiefe dauerte. Erst langsam, dann immer schneller. Der Wind blies um meine Ohren, das Adrenalin breitete sich in meinem Körper aus. Wie in einem Rausch gefangen ließ ich den Moment auf mich wirken und wartete. Ich öffnete die Augen wieder, breitete dabei meine Arme aus. Keiner sah mich hier, keiner sollte wissen, was ich zu tun gedachte. Nur ich und meine Umwelt existierten gerade.
    Und mit einem Mal stoppte ich in der Luft.
    Mit einer natürlichen Bewegung drehte ich mich normal hin und sah zu der Menschenmenge, die sich weiter unten gebildet hatte. Ein Jugendlicher von etwa fünfzehn Jahren befand sich inmitten des Kreises, einsam und verlassen. Er weinte bitterlich.
    Eine Hand vor den Mund haltend stieß ich meinen Atem aus. Um den Betroffenen hatte sich ein feiner, schwarzer Nebel gebildet, der sich zunehmend verdichtete.
    „Das wird wohl schwierig werden“, murmelte ich mir dabei selbst zu und seufzte.
    Ich richtete meinen linken Arm senkrecht nach oben, wartete einen kleinen Moment und hieb schließlich schnell nach unten. Ein metallisch anmutendes Klirren folgte, bevor ich das Ergebnis klar und deutlich vor mir sah. Ein Riss im Raum, der langsam an Größe gewann und ebenfalls den merkwürdigen schwarzen Nebel absonderte. Mein Zutritt zu einer neuen Welt.
    Ich schlüpfte hindurch, so lange die Verbindung aufrecht stand und ließ die von Schnee bedeckte Stadt hinter mir. Mich erwarteten Regentropfen, die unaufhörlich vom Himmel prasselten und jeden zu verscheuchen versuchten, der sich nach draußen wagte. Die Menschenmenge war verschwunden, als wäre sie nie hier gewesen.
    Mein Blick schweifte umher. Die Umgebung fühlte sich gänzlich anders an, bildeten doch wenige zerstörte Häuser einen anderen Eindruck der Atmosphäre. Die Stadt war jedoch dieselbe. Das bestätigten mir meine Sinne und auch einige ähnliche Bauten, die ich wieder erkannte.
    Plötzlich vernahm ich in einiger Entfernung ein Kreischen. Ich sah nach rechts, wo ich tatsächlich zwei verzerrte Schatten sah, die sich gegen einen Jungen stellten. Dieser sackte jedoch gleich zu Boden, als würde er den anderen klein beigeben.
    Eile ist gefragt!
    Ich stieß mich in der Luft ab und begab mich zum Ort des Geschehens. Hochkonzentriert schlage ich die Hände zusammen. Als ich sie wieder auseinanderziehe, materialisiert sich ein länglicher Gegenstand zwischen meinen Handflächen. Als er zu seiner vollen Größe herangewachsen war, nahm ich ihn schließlich in die Hand und er flammte bläulich auf.
    Mein treues Schwert, „Seelenjäger“. Auch wenn der Name nicht wörtlich zu verstehen war, so war er doch ein Teil von mir und meiner Aufgabe in dieser Welt. Die blauen Flammen, die das Schwert aussandte, waren meine Zeugen für meine Taten.
    Die Schatten hatten mich noch nicht bemerkt. Ein Wunder; die letzten waren bei ihrer Sache wesentlich aufmerksamer als diese beiden Exemplare. Aber das sollte mir nur recht sein.
    Mit einem gekonnten Schwerthieb teilte ich den mir nächsten Schatten in zwei. Erfolgreich, wie ich gleich danach feststellen durfte, da er laut aufschrie, während die Flammen an seiner Gestalt empor züngelten. Der zerschlissene und zerfetzte mantelähnliche Umhang wies keinerlei Gegenwehr auf und so war es dem Wesen nicht möglich, in dieser Situation noch etwas zu unternehmen. Nicht einmal der Regen konnte etwas gegen das alles zerfressende Feuer unternehmen. Mein Augenmerk sollte jedoch dem anderen gelten.
    Dieser hatte mich in der Zwischenzeit natürlich ausgemacht und bereitete sich selbst mit einem beschworenen, finsteren Schwert auf ein Duell vor. Mit hohem Tempo schnellte der Schatten nun nach vorne und wollte mir sein Schwert in die Seite rammen. Jedoch konnte ich noch rechtzeitig parieren und ihn aufhalten. Verdammt, das hatte ich nicht kommen sehen.
    Mit einigem Kraftaufwand stieß ich seine Klinge nach unten und machte einen Satz rückwärts. Ich musste ihn beobachten, um zu gewinnen. Scheinbar hatte er diese Aktion aber auch nicht kommen sehen, da er träge dazu überging, das Schwert wieder in die Höhe zu hieven.
    Ich schluckte. Wenn ich ganz ehrlich war, machten mir diese Dinger selbst als Traumwanderin noch immer Angst. Es handelte sich hier nicht um irgendwelche Wesen, die die Träume der Menschen heimsuchten. Man nannte sie „Seelenlose“; stets auf der Suche nach einem geeigneten Gefäß für ihre verlorenen Gedanken. Je größer der Wunsch danach, desto stärker waren sie auch und genau das machte sie so unberechenbar. Ihr Äußeres gab keinen Aufschluss über ihre wahre Stärke. Der wallende, zerfetzte schwarze Mantel; dazu schwebten sie über dem Erdboden. Ganz so, als wollten sie nicht einmal verbergen, dass sie nicht an diese Welt gebunden waren.
    Der Seelenlose startete einen neuen Angriff. Wieder hatte ich mit seinem Tempo zu kämpfen und konnte dem Stoß nur knapp ausweichen. Ich hingegen ließ mein Schwert auf ihn niedersausen, wobei er diesen auch rechtzeitig parierte und wieder eine Patt-Situation erzwang. Zähneknirschend erinnerte ich mich, wie träge er vorhin seine Waffe emporheben musste und wusste, dass dies wohl meine einzige Möglichkeit war. Keuchend hieb ich das dunkle Schwert erneut nach unten, machte einen Satz nach vorne und stieß meinen Seelenjäger durch ihn hindurch. Keinen Augenblick später stand mein Feind ebenfalls in Flammen und schrie verzweifelt in die Welt hinein. Nicht lange und auch seine Gestalt war vom Antlitz der Welt gebannt.
    Mission erfolgreich.
    Mit schnellem Atem ließ ich meinen Seelenjäger zwischen meinen Händen verschwinden und drehte mich sogleich zu dem Jungen um, der von den beiden Schatten attackiert wurde. Dieser hatte sich in der Zwischenzeit aufgerichtet und kratzte sich nachdenklich am Kopf.
    „Was ist passiert ...?“, murmelte dieser leise, jedoch gerade so laut, dass ich ihn verstehen konnte. Der Regen hatte inzwischen aufgehört. Ob er hier wohl durch die Seelenlosen hervorgerufen wurde?
    Ich schritt auf ihn zu, wohl darauf bedacht, ihn nicht zu lange aufzuhalten.
    „Du hattest einen Alptraum, aber jetzt solltest du wieder in Ordnung sein“, sagte ich.
    „Ein Alptraum? Aber warum und wer bist du ei...?“
    „Das“, ich schnitt ihn im Wort abrupt ab, „ist im Moment nicht wichtig. Aber wir werden uns wieder sehen.“
    Der Junge wollte gerade wieder zu einem Wort ansetzen, kam jedoch nicht dazu, da ich ihm mit der flachen Hand an die Stirn stupste.
    „Schlaf nun wieder ein und träum deinen wahren Traum.“


    Immer diese vollen Menschenmengen! Gott, ey, wie soll man da denn endlich mal vorankommen?
    Entnervt steige ich aus der U-Bahn. Dass allein zwei Stationen schon so anstrengend sein können, ist doch echt die Höhe! Mein Weg führt mich zur Rolltreppe, die sich in einiger Entfernung befinden und deren Zugang vollständig überfüllt ist.
    Mein Smartphone vibriert. Mit geschickten Fingern hole ich es aus der Tasche, nur um gleich von jemandem angerempelt zu werden, sodass es zu Boden fällt. Na wunderbar!
    Bevor ich mich jedoch danach bücken kann, hat dieses bereits ein Mädchen aufgehoben und mir wieder in die Hand gedrückt. Verdattert nehme ich das Smartphone an. Ich habe sie nicht einmal kommen sehen. Wo ist sie überhaupt so schnell hergekommen und warum ...
    Auf einmal erinnere ich mich. Diese schwarzen, wallenden Haare; die markante Brille auf der Nase. Und nicht zu vergessen dieses merkwürdige Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben ...
    Aber natürlich!
    „I-ich habe dich im Traum gesehen!“, rufe ich ungewollt laut, was sie zu einem Kichern zwingt.
    „Du erinnerst dich also? Das ist schön!“, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht und streckt mir die Hand entgegen. „Du bist tatsächlich der Erste, dem das gelungen ist. Ich heiße Chantal, und du?“



  • Blumenmeer

    geschrieben am 26.09.2015


    Fern und doch ganz nah umschlingt sie die Kälte der Nacht. Eisigen Blüten gleich verbreiten sie sich, um den irdischen Wesen als Ziel zu dienen und den Weg zu erleuchten. Ein strahlendes Silber, das seinesgleichen sucht und das weite Firmament erleuchtet.
    Stille.
    Geborgenheit.
    Der Schein wird heller, breitet sich aus. Ein neues Licht flackert in der Dunkelheit auf! Zuerst noch unscheinbar, doch immer prächtiger werdend; seine Schönheit der wunderbaren Natur entsprungen. Eine Blume unter vielen, doch gänzlich anders. Zusammen schaffen sie das Unmögliche; einen Garten in den Himmel zu zaubern. Kein Anblick ist schöner als dieses Meer voller Sterne.


  • <3
    Sehr kreative Umsetzung! Ich hab die anderen Abgaben des Wettbewerbs damals nicht gelesen, aber ich bin mir sicher, dass deine Abgabe eine der Kreativsten ist, da du die vorgegebenen Wörter auf eine andere Weise umgesetzt hast. Natürlich sind es drei Wörter, aber "Blume" ist doch das ausschlaggebendste und deshalb ging es wohl in vielen Texten um Blumen bzw. Pflanzen. Du allerdings hast das Wort Blume metaphorisch für Sterne benutzt und besonders die Phrase "ein Garten am Himmel" gefällt mir unglaublich gut! Das Drabble ist gut geschrieben, dass du einen schönen Schreibstil hast weißt du, aber in so kurzen Texten ist es nochmal um einiges schwerer, wirklich einen guten Stil an den Tag zu legen. Von daher bin ich echt begeistert, die Sätze sind allesamt wahrscheinlich gut durchdacht und sehr schön ausformuliert, nicht zu hochgestochen, gerade genug, um Mystik auszudrücken. Eine Passage, bzw. zwei simple Ellipsen, die mir besonders gut gefallen hat: Die beiden Absätze "Stille" und "Geborgenheit". In Stille interpretiere ich zunächst etwas dunkles, nicht unbedingt negatives, aber auch nicht angenehmes. Mit dem nächsten Wort schaffst du meiner Meinung nach einen Gegensatz, andererseits erklärst du damit aber auch die Art der Stille. Sich geborgen fühlen in einem riesigen Universum, bzw. Weltall, ist gar nicht so einfach und gerade, wenn in einem so kurzen Text ein so riesiger Baustein unseres Alls, nämlich seine Sterne, beschrieben werden, stelle ich es mir schwer vor, sich geborgen zu fühlen. Das aber gerade diese Sterne, die ich somit als Wegweiser verstehe, eigentlich für Geborgenheit sorgen ist meiner Meinung nach ein sehr schön herausgearbeiteter Gegensatz. Einzig das Wort "Silber" finde ich ein bisschen unpassend unterbracht, denn eigentlich leuchten Sterne doch, zumindest für mich *smiles*, eher in einem gelb- oder goldenen Ton und nicht silber. Licht an sich ist finde ich schwer zu beschreiben, gelb, gold, silber, das trifft alles ein Wenig zu. Aber gut, im Endeffekt ist das nur eine ganz kleine, ziemlich subjektive Ungereimtheit die nicht ins Gewicht fällt. Wie du im ganzen Text das Wort Sterne nicht verwendest und es bis auf den letzten Satz herauszögerst es zu benutzen gefällt mir ebenfalls sehr und lässt das ganze Drabble noch etwas spannender und geheimnisvoller wirken.


    Freue mich wie immer auf mehr. ~Adri

  • Fragile

    geschrieben am 19.05.2012


    „Aonar!“
    Das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren hinter mir rief aufgeregt meinen Namen, weswegen ich mich zu ihr umdrehte und sehen wollte, was sie bedrückte.
    „Was ist denn, Saol?“
    Auf dem Boden kniend bedachte sie mir mit einem Fingerzeig, auf eine bestimme Stelle zu schauen. Ich ging ebenfalls in die Hocke und besah mir die kleine Wasserpfütze, die sich hier unerklärlicherweise gebildet hatte.
    „Da, Wasser!“, rief sie stürmisch und bekam beinahe wieder das Problem, sich zu verhaspeln. Sie formte ihre Hände zu einer Schale und hob damit einen Teil des kühlen Nasses hoch. „Wir haben schon so lange keines mehr gesehen.“
    „Ja, da hast du recht, aber dieses hier können wir nicht trinken“, antwortete ich schnell. Als sie mich mit einem fragenden Blick ansah, bedeutete ich ihr, sich die Konsistenz genauer anzusehen. „Siehst du es, in deiner Hand? Das Wasser hat eine schwarze Farbe angenommen. Wenn wir das trinken, würden wir krank werden, da unsere Körper das nicht vertragen.“
    „Oh, verstehe.“ Mit Enttäuschung in der Stimme ließ Saol das verschmutzte Wasser auf den Boden prasseln und benetzte dabei leicht ihre simple Kleidung, das lediglich aus einem blauen, etwa knielangen Kleid bestand. Es schmerzte mich selbst auch zu sehen, wie sehr diese Welt schon verkommen war und doch wusste ich nicht mehr so genau, was eigentlich geschehen war.
    Vor einiger Zeit - mir war entfallen, ob es Tage oder Wochen waren -, als ich mitten auf der Straße aufgewacht war, lag diese Stadt bereits in Trümmern; einem Inferno gleich waren Gebäude eingestürzt und hatten das Landschaftsbild drastisch verändert. Mir fielen dazu die Nachwirkungen eines Erdbebens ein, da dieses eine ähnliche Zerstörung mit sich brachte, aber ich hatte keine Erinnerung daran, was wirklich passierte.
    Eine Sache jedoch war noch schlimmer und ich wäre fast daran vergangen - neben mir schien kein Mensch dieses Ereignis überlebt zu haben. Solange ich schon hier umherirrte, so sehr ich mir auch Gesellschaft gewünscht hatte; ich traf auf meiner bisherigen Suche niemanden. Einsam und verlassen wirkte diese Stadt. Einst so blühend, nun verwelkend. So auch ich.
    Bis ich vor drei Tagen Saol traf.
    „Komm, wir müssen weiter.“ Ich erhob mich in eine stehende Position und hielt dem Mädchen die rechte Hand als Hilfe entgegen.
    „Mh“, war ihre knappe Antwort und sie griff nach meinem Handgelenk, woraufhin ich verschmitzt lächelte. Sie nahm mir dieses beständige Vorantreiben nie übel und war eher glücklich darüber, dass sie mit jemandem unterwegs sein konnte. Schließlich war auch ihre Existenz sehr speziell.
    Unter hohen Steingebilden gingen wir hindurch, die wohl die Überreste eines Hochhauses bildeten. Beim Einsturz wurden sie wohl zufällig so angeordnet, dass sie eine Art Tunnel ergaben. Nach einigen Schritten auf der mit Rissen übersehenen Hauptstraße trauten wir unseren Augen kaum, als wir ein intaktes Gebäude einige Meter vor uns erblickten. Zu unseren Füßen hingegen lag ein Schild - vermutlich hing es einmal über dem Eingang und wurde hierher geschleudert - mit der Aufschrift „Bahnhof“. Nach einem kurzen Blickwechsel entschlossen wir uns, dort hineinzugehen und uns umzusehen. Unser Vorteil war, dass wir uns keine Worte mehr zusprechen mussten und trotzdem verstanden. Ob auch sie das gleiche Interesse in dieser Unterkunft sah, wusste ich jedoch nicht. Zumindest hoffte ich persönlich, dort jemand Lebendes anzutreffen.
    „Aonar?“ Mit zarter Stimme riss Saol das Wort an sich. Nach einem kurzen Deuten in ihre Richtung fuhr sie auch gleich fort. „Meinst du, wir finden bald wieder etwas zu essen?“
    „Keine Sorge“, bedachte ich ihr mit sanftem Ton, „wir haben noch etwas Proviant übrig und ich halte das schon durch. Du zumindest musst dir ja keine Sorgen darum machen.“
    „Doch, das mach ich aber!“
    Ihre leicht aufbrausende Art überraschte mich immer wieder und gab mir für einen kurzen Moment einen kleinen Trost. Dieses Mal konnte ich außerdem nicht anders, als darüber zu lachen.
    „W-was ist denn so witzig?“ Offenbar gefiel es Saol nicht, dass ich mich über sie lustig machte. Es dauerte jedoch, bis ich unter meinem Kichern die richtigen Worte fand und aussprach.
    „Nein, weißt du: Ich war einfach so lange allein und ich bin froh, dass du da bist.“
    „Oh.“ Offenbar wusste sie darauf keine Antwort, weswegen eine längere Stille eintrat. „Das ... ist für mich etwas schwierig zu verstehen, aber ich bin auch froh, dass ich mit dir reisen kann.“
    „Ich weiß, ich gehe auch nicht näher darauf ein.“
    Insgeheim wussten wir nämlich beide um ihre Identität, denn sie war ...
    „Tut mir leid ... dass es nicht länger dauern wird“ Plötzlich brach sie unter vermeintlicher Kraftanstrengung zusammen. Reflexartig drehte ich mich um und wollte ihr schon helfen, sah jedoch nur mehr ihren zarten Körper auf dem Boden liegen und wusste, dass etwas nicht stimmte.
    „Saol, was ist los?“, rief ich unter plötzlicher Furcht vor dem, was sie sagen könnte. Ihre Antwort glaubte ich allerdings schon zu wissen.
    „Ich glaube, meine Energie geht zur Neige. Das haben Androiden leider an sich.“
    Meine Beine verließ die Kraft und ich ließ mich nach vorne fallen. Im letzten Moment stützte ich mich mit den Armen ab, um nicht hart aufzuprallen, aber das wäre mir ehrlich gesagt lieber gewesen, als diesen Anblick zu erleben. Langsam und so gut ich es konnte krabbelte ich vorwärts, um zu Saol zu gelangen. Schlussendlich saß ich kniend neben ihr und nahm sie in den Arm, um besser mit ihr reden zu können.
    „Nein, sag das nicht! H-hörst du mich? Lass mich nicht zurück!“ Die Trauer beherrschte meine Worte und so sprach ich auf sie ein, doch sie schüttelte sachte ihren Kopf.
    „Du weißt, dass es nicht geht. Es ist allein schon ein Wunder, dass ich bis jetzt noch stehen konnte. Normalerweise wäre nämlich schon lange Schluss gewesen, da die Leistung begrenzt ist. Vielleicht hat mich auch der Gedanke weitergetrieben, dich nicht allein zu lassen ...“
    „Ja, das wird es sein; und wir werden noch viel weiter reisen, nicht wahr?“
    Sie schüttelte abermals den Kopf. „Nein. Du musst es wohl ohne mich tun.“
    Mit panischem Gesichtsausdruck wollte ich ihr ein weiteres Mal erwidern, doch mir versagte die Stimme. Ich wusste nämlich, dass sie recht hatte.
    „Aonar.“ Bestimmt sprach sie meinen Namen aus und legte mir ihre Hand auf die linke Wange, sodass ich sie spüren konnte. „Selbst, wenn ich vergehe, darfst du nicht aufgeben. Irgendwo da draußen wirst du weiteres Leben finden, da bin ich sicher und deswegen darfst und musst du weitergehen.“ Nach einer kurzen Atempause fügte sie noch hinzu: „Ich wäre gerne weiter bei dir geblieben, aber unsere Wege trennen sich wohl.“
    „Nein, Saol, lass mich nicht zurück!“ Ich kämpfte bereits mit den Tränen und wollte sie aufhalten, aber sie fingen unweigerlich zu fließen an. Eine nach der anderen suchte ihren Weg zum Erdboden und versickerte dort im Grund. „Ich kann einfach nicht, ich war so lange allein, bis ich dich getroffen habe. Warum muss es enden? Wir ... wir sind doch Freunde, oder?“
    Diese eine Frage lag mir unweigerlich auf der Zunge und ich musste sie noch stellen. Warum ich das tat, wusste ich nicht. Eine Erwiderung würde mich ohnehin nur noch trauriger machen.
    „Ja. Ja, das sind wir.“ Die schwache Stimme des Mädchens drang bis zu mir durch und regte einen kleinen Schimmer der Hoffnung in meinem Herzen.
    Eine nicht definierbare Zeit verging, in der niemand von uns etwas sagte, als sich das Mädchen doch noch einmal aufraffte.
    „Mach’s gut; und pass auf dich auf“, in diesem Moment rutschte ihre Hand von meiner Wange ab und fiel auf den Untergrund, „Aonar.“
    Mit einem verzweifelten Aufschrei beglich ich diese Geste und brach in Tränen aus. Unkontrolliert sog ich Luft ein und stieß sie ebenso unregelmäßig wieder aus, während ich ihren nicht mehr funktionierenden Körper in den Händen hielt.
    Nein; das stimmte nicht.
    „Sie ... war am Leben ...“
    Mehrmals hintereinander sagte ich schluchzend dieselben Worte. Wieder und wieder, als ob ich mir etwas beweisen müsste. Irgendwann stoppte ich allerdings und widmete mich allein meinen verbleibenden Tränen.
    Unfähig, mich noch weiter zu bewegen, legte ich sie behutsam auf den harten Boden und ich mich neben sie; meine Hand in ihrer Hand. Weitere Schluchzer entkamen meiner Kehle und ich trauerte um diesen Verlust, der mir in diesem Moment erst richtig bewusst wurde. Wie zerbrechlich doch eine Freundschaft war, vermochte niemand zu erkennen, bis es so weit war. Selbst eine AI, eine künstliche Intelligenz, glich doch so sehr einem menschlichen Leben; das erkannte ich schnell.
    Saol ...
    Nun war ich wieder allein. Allein auf dieser Welt, in dieser Stadt, in dieser Minute und ohne jemanden an meiner Seite. Mein fragiler Traum, mit jemandem zusammen zu sein, zerbrach wieder in endlos viele Scherben.


  • Guten Tag Rusalka!
    Endlich komme ich auch einmal dazu, dir einen Kommentar zu schreiben. Das hatte ich schon länger vor und siehe da – ein Update! Dann wollen wir mal. ^-^


    Fragile
    Ein sehr passender Titel für diese Erzählung, der schon zu Beginn eine leicht zerbrechliche Atmosphäre schafft und nichts Gutes verheißt. Relativ schnell wird klar, dass die Geschichte in einer Art apokalyptischen Welt spielt. Geschickt lässt du immer wieder Informationen über die Situation der beiden Hauptpersonen, Aonar und Saol, in die Handlung mit einfließen. Besonders die Kommentare über Saol haben mich neugierig gemacht. Gegen Ende hatte ich dann schon die Vermutung, dass Saol kein Mensch ist, da das Geschehen in der Zukunft stattfindet und künstliche Intelligenz so gut wie das erste ist, was ich mit etwas Futuristischem verbinde, jedoch hat es mich dann doch wirklich betroffen gemacht. Die Vorstellung, allein auf einer Welt zu sein, die vollkommen zerstört zu sein scheint, ist schrecklich genug, und dann erfährt die Hauptperson einen derartigen Verlust, der umso schlimmer ist, da du die Freundschaft und die Verbindung der beiden Personen besonders deutlich machst. In einer Welt, wie du sie mit deinen Worten malst (:3), scheint es ein Leichtes zu sein, die Tatsache zu verdrängen, dass das Mädchen keine echte Intelligenz besitzt. Ich weiß nicht, ob ich das so einfach könnte, allerdings ist es verständlich, dass Aonar sich auf diese Freundschaft einlässt, da er abgesehen von Saol allein ist. Übrigens finde ich die Ableitung der Namen vom Irischen toll, ich habe wirklich eine Schwäche für Namensbedeutungen. Insgesamt zauberst du eine authentische Atmosphäre und schaffst hier eine ganz besondere Art von Abschied. Die gesamte Idee sowie deine Umsetzung in dieser Geschichte spricht mich wirklich an, besonders der letzte Absatz gefällt mir sehr! Ein trauriges Ende, das mir auf jeden Fall noch länger in Erinnerung bleiben wird.
    Ich hoffe, du freust dich über diesen doch recht kurzen Kommentar. Ich schaue hier sicher noch öfter vorbei, also bis dahin. :) Viele Grüße!



    Gracidea

  • Guten Abend @Rusalka


    Ich möchte etwas zu deinem Werk "Seelenjäger" sagen, denn mit diesem hast du eine ganz feine Geschichte gezaubert, die sich nicht nur flüssig lesen lässt, sondern auch eine interessante Thematik aufweist, nämlich des Träumens.


    Als ich den Anfang gelesen habe und das Mädchen völlig alleine auf dem Dach stand, dachte ich erstmal, da steht jemand, der sein Leben beenden möchte. Und als sie fiel, fühlte ich mich eigentlich bestätigt, bis zu dem Moment, wo sie eine Schneise in der Luft zieht und darin eintaucht. Das war der Moment, wo ich dachte, ich sei dir auf dem Leim gegangen und du hast mich gut ausgetrickst :D


    Dennoch war dieser Wendepunkt wirklich toll beschrieben und auch die Eindrücke des Mädchens im Bezug zu der Stadt und den Menschen, die in ihr leben und überleben, wirklich eindrucksvoll geschildert. Man fühlt sich direkt eingebunden und kann sich in die Szenerie sehr gut einfühlen. Vor allem die Schneeflocke, die auf ihr Gesicht fiel, löste ganz bestimmte Emotionen aus - Vergänglichkeit, Einsamkeit, Anmut und Schönheit - und gerade als der weiße Teppich sich ins Gänzliche bildete, bleiben diese Eindrücke verstärkt zurück.


    Ich finde, dass du mit der Thematik des Träumens und dem Krieg zwischen "Licht" und "Schatten" ein wirklich rundes Paket geschnürt hast, denn es ist viel Spannung da und die Protagonistin zeigt viel Persönlichkeit. Sie hat zudem in meinen Augen eine wichtige Aufgabe, denn sie vernichtet die böse Brut, die für Alpträume sorgt und entsendet daraufhin die Reize für den wahren Traum der Person. Eine schwere Aufgaben, vor allem, weil sie auch Angst vor den Wesen hat und sie damit zu einem gewissen Grad Respekt zollt. Ich nehme mal an, dass sie genauso sterblich ist, wie die Schatten, und dass diese Art des Berufs kein Zuckerschlecken ist. Vor allem nicht bei der Masse an Träumen jeden Tag und jede Nacht.


    Der Kampf war dynamisch und temporeich geschrieben und man konnte da durchaus mitfiebern. Dennoch muss ich hier betonen, dass der Ausgang des Kampfes vorhersehbar war, was aber der Qualität deines Werkes nichts anhaben kann. Du hast dich dabei voll uns ganz auf die Situation konzentriert und bist nicht in Nebensächliches abgedriftet und hast auch keine unnötigen Erläuterungen niedergeschrieben. Sehr gut, denn so blieb auch die Spannung erhalten. Alles andere hätte, so glaube ich, dem Text nicht wirklich gut getan.


    Auch das Ende fand ich überraschend, denn der Junge hat sie erstaunlicherweise wiedererkannt. Ich selbst wäre froh, wenn meine Träume auch so deutlich wären, dass ich Gesichter erkennen und mir merken könnte. Nun ja.


    Fazit: Fand die Geschichte wirklich gut erzählt und auch die Atmosphäre hat mir zugesagt.


    Bis dahin.


    Mfg Miss Fox

    "Wie beim Kartenspiel kommt es auch im wirklichen Leben darauf an,
    das Beste aus dem zu machen, was einem gegeben wurde,
    anstatt sich über ein ungünstiges Blatt zu beschweren und mit dem Schicksal zu hadern."


    [Astor, Pokémon - Schwarze Edition]

    Nur noch sporadisch im BisaBoard.

  • Schwindler
    geschrieben am 18.11.2015, fertiggestellt am 27.12.2015


    Vorsichtig blickte ich mich um und tastete mich nervös an den Steinen voran. Was war nur dieses merkwürdige Gefühl, das mich in diesem Moment beschlich?
    Ich vernahm entfernte Flügelschläge und stockte.
    Plötzlich schwirrte ein Golbat im Dunkeln umher und baute sich vor mir auf, sein Maul weit geöffnet. Eile war gefragt!
    Mit unschuldiger Miene versuchte ich ihm zu schmeicheln. Seine starken Attacken, das anmutige Aussehen, ja, auch seine ausdrucksstarke Präsenz! Die Fledermaus fühlte sich davon eingenommen; und ich lachte mit finsterem Blick. Golbat gab mir eine Chance, die ich ausnutzen konnte!
    Ich drehte mich schnell herum und schnappte zu.




    Anmutstanz
    geschrieben am 29.12.2015


    Feinfühlige, gar grazile Bewegungen vollführte sie während ihrer Vorstellung. Ihr Feind konnte sich dem Hauch der Feenwelt kaum widersetzen und wich zurück. Die Miko wusste, dass der erste Schritt getan war. Der zweite sollte ihn einschüchtern. Niemals würde er es erneut wagen, sie zu unterschätzen!
    Ein unvorhergesehener Hieb traf ihn in der Magengrube. Diese Agilität war unvergleichlich! Sogleich spürte er den harten Stahl in der Seite und wusste nicht, wie ihm geschah. Im nächsten Moment sah er sie wieder; tänzelnd im Licht des hellen Mondscheins. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht.
    Er hatte gerade erst begonnen; dieser unvergleichliche, makabere Tanz.




    Die, die mit dem Flunkifer tanzt
    geschrieben von @Musicmelon am 09.10.2015



    Anmutig tanzend, mit gefletschten Zähnen
    Glanzvolles Lächeln, hinten keine Mähnen
    Zweischneidig ist ihre kühne Statur
    Schön und bedrohlich war ihre Natur



  • Reminiszenz
    geschrieben am 31.12.2015


    „Und nun zu den Nachrichten: Laut einer aktuellen Studie ist die Tilde eines der am meisten genutzten Sonderzeichen. Igelavar, das sich mit dieser interessanten These beschäftigt hat, konnte allerdings noch keine Gründe für diese Häufigkeit nennen und meinte daraufhin nur, dass es schließlich an jedes Satzende gut passen würde.“
    Ich blätterte durch den BisaBoard-Kurier, während ich dem leicht überdreht wirkenden Sabbaione im Fernsehen nur halbherzig zuhörte. Diese Studien waren schließlich auch nicht mehr das, was sie mal waren und mittlerweile behauptete doch sowieso jeder etwas anderes.
    Ein Artikel in der Zeitung weckte mein Interesse, allerdings auch nur aufgrund der viel zu großen Schlagzeile.
    „Herrschaft der de Pies nach sechs Monaten vorbei! Jubelschreie aufgrund dieses Machtwechsels!“
    Ich stutzte. Herrschaft konnte man dieses eine Diskussionsgebäude wirklich nicht nennen, aber umso besser. Schließlich war davon auch Sheinux betroffen, mit dem ich mich heute treffen wollte.
    Nach den Schlagzeilen des Monats, die unter anderem auch die Änderungen in der Führungsposition der Stadt betrafen, faltete ich das Papier zusammen und beendete den Bericht des Nachrichtensprechers, der soeben die Olympiade in diesem Jahr Revue passieren ließ. Ein Schauer lief über meinen Rücken und ich drehte den Fernseher ab. Nur gut, dass so ein Event nicht jedes Jahr statt fand.
    Ich ging zur nahegelegenen Kommode, nahm die Spange mit dem angemachten Edelstein und hängte mir diese ins Haar. Schon oft wurde ich darauf angesprochen, dass diese Spange seltsam an mir aussähe, allerdings gefiel mir das wesentlich besser als eine simple Halskette. Und nebenbei konnte ich andere so auch auf den Edelstein hinweisen; einen Mega-Stein, den ich vor drei Monden aufgrund meiner Leistungen erhalten habe. Eigentlich hatte es mich überrascht, so geehrt zu werden, aber auf gewisse Art und Weise erfüllt mich diese Geste selbst heute noch mit Stolz.
    Schließlich bewaffnete ich mich noch mit einigen Akten und machte mich auf den Weg in die Stadt. Ein neuer Tag und viel Arbeit warteten vermutlich auf mich, obwohl ich mich nur mit einigen Freunden treffen wollte. Aber das gehörte wohl zur Verantwortung dazu.
    Kaum war ich aus dem Haus, sah ich auch schon Bisasam freudig lächelnd in meinem Garten. Wie jeden Morgen überraschte mich seine Anwesenheit nicht; mal sehen, welche Gerüchte er schon aufgeschnappt hatte.
    „Guten Morgen, Flunkifer!“, grüßte er mich herzlich und neigte dabei kurz seinen Kopf nach unten.
    „Morgen“, erwiderte ich etwas halbherzig. Der Schlaf war noch etwas zu spüren, weswegen ich einmal gähnte. „Gibt es schon was Neues zu Volcanion?“
    Bisasam wirkte enttäuscht und ließ den Kopf hängen. „Nein, leider nicht. Aber Zygarde-sama wird mich bis dahin schon genug ablenken!“
    Ich kicherte und schüttelte dabei den Kopf. „Dono wohl eher. Übrigens, es ist schon stark, dass du Sabbaione die ganze Arbeit in den Nachrichten lässt.“
    „Darauf wollte ich gerade zurückkommen! Ich muss nämlich weiter. Man hört sich bestimmt später wieder!“
    Ohne ein weiteres Wort läuft Bisasam in Richtung des Informationsviertels und ließ mich zurück. Ich seufzte einmal kurz und fragte mich insgeheim, wo er so viel Energie her nahm. Aber das sollte mir einerlei sein.
    Mein Weg führte mich in das Musikviertel. Nicht etwa, um mir das singende, auf Alpakas reitende Reshiram oder das meisterlich Piano spielende Gengar zu Gemüte zu führen, sondern um Sheinux zu treffen. Heute wollte er mit Blitza noch ein Gruppencover mit vielen anderen Pokémon veröffentlichen. Ich war mir sicher, dass diese Single ein Riesenerfolg werden würde.
    Kaum war ich durch das große Eingangstor gegangen, hörte ich auf dem großen Platz bereits einige Stimmen, die zu einem Lied trällerten. Zusätzlich hatte sich bereits eine große Schar Interessierter um die Singenden gesammelt und jubelten über deren Erfolg. Allen voran sah ich besagtes Reshiram, das seinem Gesang wieder einmal gerecht wurde und alle verzauberte. Mir blieb leider nicht viel Zeit zu staunen, da sie in den nächsten Sekunden schon endeten und tosender Applaus ertönte. Ich lächelte. Hier herrschte so eine angenehme Atmosphäre und alle unterstützten sich gegenseitig; wirklich beneidenswert.
    Im nächsten Moment lief mir Sheinux entgegen, begleitet von einem stürmischen Endivie und einem Blitza. In diesem Fall nicht seine Kollegin hier im Musikviertel, sondern eine RPG-Begeisterte. Mit letzteren beiden hatte ich heute aber nicht gerechnet.
    „Na, wie geht’s euch?“, grüßte ich die drei und erntete dafür einige aufgeregte Worte von Endivie.
    „Hast du uns zugehört?! Blitza und ich haben mitgesungen und das Cover ist so toll geworden!!“, meinte sie mit einem beständigen Lächeln im Gesicht. Blitza tat es ihr gleich und meinte nur, dass sie wieder einmal ihren besonderen Tag habe und beide aber schon weiter müssten. Sie verabschiedeten sich formgemäß und ließen Sheinux und mich zurück. Ich wandte mich ihm zu.
    „Schon ist ein Jahr vorbei“, meinte dieser daraufhin gefasst, woraufhin ich abwinkte, als die Menge noch einmal loskreischte.
    „Wollen wir uns nicht lieber auf dem Weg unterhalten? Wenn sich Reshiram und Iscalar ein Stelldichein geben, ist hier die Hölle los.“
    Sheinux willigte ein und wir begaben uns auf den Weg durch den Künstlersektor.
    Diese Stadt hatte einen sehr geordneten Aufbau; zumindest wirkte es von außerhalb so. Tatsächlich war es immer schwierig, sich zu merken, wer gerade wo unterwegs war und selbst ich hatte mich etwas außerhalb der Geschichtsabteilung einquartiert. Diese gehörte ebenfalls wie das Musikviertel zum großen Künstlersektor und dazu zählten noch viele weitere Viertel, die sich um die Kunst und die Kultur in dieser Stadt kümmerten.
    „Wie fühlst du dich eigentlich?“, begann Sheinux erneut zu sprechen. Ich grübelte, weil ich nicht sofort eine Antwort wusste.
    „Es ist seltsam“, begann ich, rang dabei nach Worten. „Weißt du, dieses eine Jahr hat mir so viel geboten. Ich habe so viele neue Pokémon kennengelernt und hätte niemals damit gerechnet, so weit zu kommen wie jetzt.“
    „Weil du es dir verdient hast“, meinte Sheinux daraufhin ruhig und ich griff nach dem Stein in meinem Haar. „Ja, das auch. Aber du weißt, was es bedeutet.“
    „Vermutlich nicht so sehr wie du.“ Ich lachte daraufhin und konnte nicht umhin, einmal den riesigen Kiefer herum zu schwingen, natürlich darauf bedacht, ihn nicht zu treffen. Er schüttelte daraufhin nur den Kopf, konnte sich aber ein Grinsen auch nicht verkneifen.
    Unser Weg führte uns an einer Wiese nahe des Malerviertels vorbei, auf der sich gerade einige Pokémon tummelten und auf Leinwänden malten. Ein Frosdedje schwebte zwischen den Reihen durch und begutachtete akribisch jedes der einzelnen Bilder; als müssten diese nahezu perfekt werden. Als sie Sheinux und mich erblickte, kam sie freudig auf uns zu und begrüßte uns herzlich.
    „Na, ihr beiden!“ Ihre Stimme war wie der sanfte Windhauch in einer Winterlandschaft und wirkte sehr zerbrechlich; obwohl sie es sonst faustdick hinter den Ohren hatte, wie ich mir habe sagen lassen. „Habt ihr euch mit Kramurx und Zwirrklop hier verabredet?“
    Sheinux wurde hellhörig „Sind die beiden etwa hier?“
    „Ja, sie sind gerade weiter hinten bei Yveltal und Luxtra. Die beiden ...“ Frosdedje stockte kurz. „Ach, ich führ einfach zu ihnen.“
    Es entpuppte sich als sehr kleiner Fußmarsch, bei dem ich mehrere Male zu dem Geist-Pokémon aufblickte. Manchmal fragte ich mich schon, wie es sich wohl anfühlte, einfach schweben zu können. Auf der anderen Seite, ich wurde auch schon oft gefragt, wie ich mit diesem Gewicht am Hinterkopf leben könnte. Die Antwort: Weil es so ist.
    Schließlich erblickte ich Luxtra und Yveltal, die sich beide über ihre Leinwände beugten und dabei einen recht ulkigen Eindruck machten. Beide hatten ihre Pinsel im Maul und für mich sah es so aus, als würden sie nun erfolglos versuchen, überhaupt etwas zu malen. Tatsächlich hatten sie von allen Anwesenden die wohl interessantesten Werke, abgesehen von Yorkleff und Eneco, die in einem Collab ein tolles Motiv gewählt hatten: Einige als Zubat verkleidete Pokémon. Warum fühlte ich mich nur wieder an die Olympiade erinnert?
    In einiger Entfernung sah ich auch schon Zwirrklop bedächtig stehen und sich mit Kramurx unterhalten, die auf seinem Kopf saß und kurz krächzte. Manchmal war sie schon etwas eigen, aber das machte sie schließlich auch zur besten Kollegin, die ich mir vorstellen konnte. Ich lächelte und winkte ihnen zu, worauf Kramurx ihre Flügel streckte und zu uns flog.
    „Krah, stört die beiden mal besser nicht. Zobiris war vorhin da und hat von Yveltal verlangt, ein Bild eines Digimons zu zeichnen, was ihr gar nicht gefallen hat.“ Sie merkte, wie der Finstervogel aus dem Augenwinkel zu uns blickte. „Auf jeden Fall wollten wir uns auch gerade auf den Weg machen.“
    Zwirrklop stapfte zu uns und wir sahen ihn an. „Die Trolle heute im Diskussionssaal waren mal lästig, aber irgendwie ist das um den Jahreswechsel immer so. Aber das soll uns nicht von unserem freien Tag abhalten.“
    Ja klar. Am Ende mussten wir sowieso wieder bereitstehen, wenn es brannte. Ich wollte diese Aussage aber nicht weiter kommentieren, da ich noch etwas abzuliefern hatte.
    Sheinux und Kramurx unterhielten sich ausgiebig über die neuesten Begebenheiten, während wir zu viert bei der Geschichtsabteilung ankamen. Anders als die meisten anderen Bereiche hier war diese fast vollständig überdacht und nur ein großes Atrium schaffte hierbei zugleich einen Ruheort und die Aussicht auf den Himmel. Apropos, gerade flog ein Altaria im großen Hof umher und verbreitete seine frohen Gesänge. Auf einer Seite waren zudem mehrere Regale aufgereiht; verschiedene Bücher von den besten Autoren dieser Gegend. Auch ich hatte mich hier schon mit einigen Werken verewigt und möchte mich in Zukunft noch gerne weiterbilden.
    Ich bedeutete den anderen dreien, dass sie schon mal vorgehen konnten und machte mich auf die Suche nach meinen beiden Schützlingen, die ich mit Arbeit betreuen wollte. Banette hatte heute die ehrenvolle Aufgabe, ein Turnier zu betreuen und gerade eben rollte Seemops vorbei, das von Zorua gejagt wurde. Im Vorbeikommen grüßten mich beide herzlich, woraufhin auch andere auf mich aufmerksam wurden und mir zuwinkten. Ich hob kurz die Hand und bedeutete ihnen, dass alles in Ordnung sei. Nicht selten wurde ich nach möglichen Problemen gefragt; aber in meiner Amtszeit gab es hier noch kaum Schwierigkeiten.
    Plötzlich sah ich hinter dem nächsten Bücherregal auf der rechten Seite ein Caesurio verschwinden. Nicht einfach irgendeines, sondern ein schillerndes. Das heißt, die anderen konnten nicht weit sein!
    Ich tapste langsam voran und sah gerade noch, wie ein blauer Schatten hinter dem Regal empor sprang. Ich folgte diesem, nur um daraufhin einen wuchtigen Hieb von hinten zu spüren. Glücklicherweise wurden nur die Kiefer getroffen, sodass ich selbst nicht viel vom Aufprall spürte.
    „Hallo Caesurio“, meinte ich nur trocken, während sich der Schatten von vorhin als Quajutsu entpuppte. Einen kurzen Moment später bückte sich dieser zu mir herab und zwinkerte mir kurz zu.
    „Argh, warum musst du mir die Eisenschädeltour vermasseln, du Frosch!“, rief Caesurio daraufhin wütend und deutete schuldig mit einem Arm zu Quajutsu. Dieser legte nur den Kopf schief.
    „Ich weiß nicht, was du meinst. Vielleicht solltest du aber nicht so viel trinken, so blau wie du bist.“
    Betretene Stille. Quajutsu seufzte.
    „Okay, der war schlecht.“
    Ich seufzte ebenfalls. Ob er wohl irgendwann mit seinen Wortspielen Erfolg haben würde? Nicht weiter darauf eingehend nahm ich schließlich meine Akten und überreichte sie Quajutsu mit einem ernsten Blick.
    „Könntest du das heute noch gemeinsam mit Mewtu erledigen? Das wäre wirklich sehr nett!“
    Quajutsu nahm die Papiere entgegen, betrachtete sie ausgiebig und nickte daraufhin.
    „Kann ich machen. Allerdings ist Mewtu heute mit ihrem Basar beschäftigt und kann daher vermutlich nicht helfen.“
    „Okay, das macht nichts. Dann hilft dir Caesurio.“
    „W-was?!“ Empört richtete sich diese auf, als ihr Name fiel und wollte schon protestieren, bis sie ihr Temperament verließ. „Fein. Aber lass uns später mal etwas Quatsch schreiben und eisenschädeln. Dann nehm ich auch die Erdbeersoße mit.“
    Ich bejahte den Deal mit herausgestreckter Zunge und einem Handschlag und kehrte wieder um. So weit konnten Sheinux, Kramurx und Zwirrklop ja noch nicht gekommen sein. Wie sich herausstellte, hatten sie es sich im Atrium neben einem männlichen Psiaugon und einem Evoli gemütlich gemacht und auf mich gewartet. Letztere beide waren gerade aus der Nachbarstadt zu Besuch, um zu shoppen und das Angebot durchzusehen.
    Schließlich erhob ich meinen Blick in den Himmel. Wenn ich so darüber nachdachte, hatte das letzte Jahr einige Überraschungen für mich bereit gehalten. Ich hatte eigentlich nie vor, es so weit kommen zu lassen und doch achtete ich nun seit zwölf Monden mit Kramurx auf die Geschichtsabteilung. Seit drei Monden sogar über alle Viertel dieser Stadt. Das alles brachte viel Verantwortung mit sich und heute bin ich froh, ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein. Es gehörte zu meinem Leben dazu und ich hatte viele wundervolle Bekanntschaften gemacht. Pokémon, von denen ich mir nie hätte träumen lassen, einmal mit ihnen zu reden. Und ganz egal, wie kurz diese Begegnungen waren, so werde ich sie in meinem Herzen verwahren. Bis zum nächsten Wiedersehen.
    Psiaugon riss mich nach einiger Zeit aus meinen Gedanken.
    „Hey Dude, ich hab gehört, du kannst die Mega-Entwicklung?“
    „Ja, mach mal“, sagte Sheinux daraufhin und hob die linke Vorderpfote. „Sonst machst du das immer im Geheimen.“
    Nacheinander sah ich in die auf mich gerichteten Gesichter, schloss mit einem Lächeln die Augen und setzte einen ernsten Blick auf.
    „Gut, das könnt ihr haben!“, rief ich und tauchte die Umgebung in ein grelles Licht, als ich den Mega-Stein an der Spange berührte.


  • Winters Erwachen
    geschrieben am 08. und 09.12.2015
    vorgelesen von @Dusk


    Es war einmal ein Mädchen, das den Winter über alles liebte. Jahr für Jahr wartete es im späten Herbst darauf, bis die Temperaturen außerhalb des kleinen Häuschens sanken und sich langsam nicht nur die Kälte, sondern auch der Schnee über das Land erstreckten. Allein der Anblick der weißen Pracht löste in ihm immer wieder Faszination aus.
    Eines Tages erwartete das Mädchen erneut den Winter. Es war bereits Ende November, doch noch war der sonst übliche Frost nicht zu spüren. Stunden und Tage vergingen, in denen es weiterhin auf die kalte Jahreszeit ausharrte, doch außer dem beständigen Regen des Herbstes bestand keine Hoffnung.
    Das Mädchen fragte seine Mama: „Warum kommt dieses Jahr kein Schnee? Hat er uns verlassen?“
    „Nein, bestimmt nicht“, tröstete sie das Mädchen, welches fast schon den Tränen nah war. „Vielleicht hat er sich dieses Jahr einfach auf seiner Reise verirrt.“
    Danach verging ein weiterer Tag und noch immer hatte der Schnee seine feinen Spuren nicht hinterlassen. Schließlich entschloss sich das Mädchen dazu, selbstständig nach der Ursache zu suchen.
    Noch im Morgengrauen machte es sich bereit und schrieb einen Brief an seine Mama, um ihr keine Sorgen zu bereiten. Danach ging das es los, hinein in die Welt. Wehmütig blickte das Mädchen noch einmal zurück zu seinem Zuhause. Es wusste nicht, wie lange es unterwegs sein würde, doch wollte es unbedingt herausfinden, warum der Schnee aus blieb.
    So wanderte das Mädchen los. Über Stock und Stein führte sein Weg bis in den nahegelegenen Ort, in dem es die Bewohner ebenfalls nach der verloren gegangenen Kälte fragte. Jedoch wusste darauf niemand eine Antwort und es blieb ratlos zurück. Um dem Mädchen zu helfen, schenkte ihm eine alte Dame einen Apfel, damit es auf dem Weg nicht verhungere. Dieses bedankte sich daraufhin freundlich und machte sich wieder auf den Weg.
    Es war bereits später Nachmittag und die erst begonnene Reise fühlte sich für das Mädchen an wie ein tagelanger Fußmarsch. Immer schwerer wurden seine Beine, immer müder seine Augen, aber der stetige Wille trieb es voran. Der Wille, den Schnee wiederzufinden und die Welt damit zu einem schöneren Ort zu machen. Dies allein sorgte dafür, dass es sich verbissen weiter kämpfte, bis in einen nahegelegenen Wald.
    Nun drang das schützende Licht des Tages nur mehr vereinzelt durch die Baumkronen hindurch und es wurde schwieriger voranzukommen. Der Hunger zehrte immer mehr am Wahrnehmungsvermögen und machte es dem Mädchen schwer, seine Umgebung im Blick zu behalten. Immer wieder glaubte es, im Schatten der Bäume eine Gestalt zu erkennen, die sich später jedoch als Hirngespinst erwies.
    Für eine kurze Zeit blieb es stehen und atmete tief durch. In diesem Moment erinnerte es sich an seine Mama. Was sie wohl dachte, als sie den Brief gelesen hatte? Ob sie sich wohl Sorgen um ihre Tochter machte? Das Mädchen konnte das alles nur erahnen und unwillkürlich brach es in Tränen aus. Wie sehr es sich doch jetzt wünschte, bei seiner Mama zu sein; die liebevolle Zuneigung zu spüren und sich Zuhause zu fühlen!
    Doch die Vorstellung hielt nicht lange an. Kurz darauf fand es sich im tiefen Wald wieder. Verloren. Verlassen.
    Das Mädchen holte den Apfel aus seiner Tasche hervor, nachdem seine Tränen getrocknet waren. Sein stetes Bestreben hatte es hier hergeführt und doch wusste es, dass es nicht mehr lange durchhalten würde. Oh, möge doch ein Wunder geschehen!
    Plötzlich hörte es durch die Baumreihen hindurch ein merkwürdiges Jaulen. Mit gespitzten Ohren lauschte das Mädchen den Klagegesängen und wusste, dass kein Wolf solche Töne von sich geben würde. Den Geräuschen nach zu urteilen könnte das Tier sogar verletzt sein!
    Ohne darüber nachzudenken machte es sich auf den Weg und folgte dem Jaulen durch das unnachgiebige Dickicht. Auf dem Boden liegende Äste behinderten seinen Weg ebenso wie das heruntergefallene Laub, auf dem es einmal fast ausgerutscht und hingefallen wäre. Mit jedem weiteren Schritt wurde der Singsang lauter und ließ die Sorge in dem Mädchen weiter steigen. So dauerte es auch nicht lange, bis es auf einer kleinen Lichtung angekommen war.
    Ein letztes Mal erklang ein Wimmern, bis es den Ursprung erblickte: Ein Fuchs, gefangen in einer Seilfalle auf dem Boden. Das Besondere an ihm war, dass er vollkommen weiß war, so rein und kraftvoll wie der Schnee, den das Mädchen so sehr vermisste.
    In einem Impuls lief es zu dem wilden Tier hin, in der Hoffnung, ihm helfen zu können. Dieses war in der Zwischenzeit verstummt und beobachtete den Neuankömmling aufmerksam.
    Auf die Knie fallend begutachtete das Mädchen das Seil, welches um das hintere rechte Bein des Fuchses angemacht war und es am nächstgelegenen Baum fest hielt. Dieses versuchte es nun behutsam zu lösen, ohne das Tier zu verletzen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, da der Knoten äußerst fest war.
    Schließlich hatte es den Fuchs befreit und freute sich über die gute Tat. Auch wenn es von seinem eigentlichen Vorhaben abgekommen war, so konnte das Tier wieder in die Wildnis zurückkehren, was in diesem Moment wesentlich wichtiger war.
    Zu guter Letzt gab ihm das Mädchen noch seinen Apfel. Es wusste nicht genau, ob Füchse auch Früchte fraßen, doch wollte es ihm zumindest den Anfang etwas erleichtern. Das Tier schnüffelte kurz daran und machte sich sogleich über das Essen her.
    Nach einiger Zeit schüttelte sich der weiße Fuchs durch und blickte das Mädchen an.
    „Danke, dass du mich gerettet hast“, sagte dieser daraufhin, was für das Mädchen sehr verwunderlich war. Es wollte wissen, warum er sprechen konnte, doch schüttelte er daraufhin nur den Kopf. „Ich war lange hier gefangen und hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Du bist aber ein liebes Kind. Dafür werde ich dir deinen Herzenswunsch erfüllen. Schließ bitte kurz deine Augen.“
    Das Mädchen tat, wie ihm geheißen und als es seine Augen wieder öffnete, fand es sich direkt vor seinem Zuhause wieder. Verwirrt blickte es sich um, nur um kurz danach etwas Kaltes auf seiner Haut zu spüren. Es sah nach oben und bemerkte eine im Wind tänzelnde Schneeflocke, die langsam ihren Weg gen Erden sucht. Diese wurde sogleich von weiteren begleitet, bis die Luft vollständig von dem weißen Zauber erfüllt war.
    Voller Freude streckte das Mädchen beide Arme in den Himmel. Endlich! Der Winter ist da!
    Sogleich lief es zu seiner Mutter, um ihr von der tollen Neuigkeit zu erzählen. Dabei überlegte es natürlich auch, ob dieses Erlebnis womöglich nur ein Traum gewesen sei. Doch der Fuchs und die Reinheit seines weißen Fells waren so einvernehmend, dass es fest daran glaubte, dies wirklich erlebt zu haben. Ob er womöglich selbst der Bote des Winters war und in diesem Wald auf Rettung gehofft hatte? Das alles würde das Mädchen nie erfahren, doch war ihm das einerlei. Der Fuchs hatte sein Versprechen gehalten und diese Geste würde es nie vergessen.


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  • Stimme des Herzens
    geschrieben am 17.01.2016



    aufgewühlt
    freilebend
    verschlossen
    still


    liebende Natur
    abgelehnter Streit
    Hilfe suchend
    Ruhe findend


    Freiheit und Käfig
    Vertrauen und Zweifel
    auch in dir
    hörst du sie?


    beständig auf der Suche
    vor dem Auge verborgen
    Gesang aus dem Inneren
    die Seele der Komponist


    lass sie frei und lachen
    sich erfreuen an dem Leben
    sie wird es dir danken
    die Stimme deines träumenden Herzens


  • Möcht mal sagen wie gut mir Nymphengesang gefällt.
    Bin jetzt mit ALL deinen Kurzgeschichten durch.
    Weiß gar nicht welche ich am besten fand aber ich dekne ich tendiere stark zu Schattensucher.
    Von anfang an hat mich diese Geschichte in den Bann gezogen. Wie du diese Stahl / Gestein Höhle / Umgebung beschreibst fand ich klasse.
    Auch wie sie über das rätselhafte Pokemon rätseln und das sie es am Ende nicht sehen find ich irgendwie cool
    Schreibsteil ist auch genau meins :D bin wie gesagt sofort reingekommen und hab mir das bildlich vorgesetellt.
    Diese ganze düstere Stimmung hatte genau das was mich interessiert und ich frag mich ehrlich welches Stahl Pokemon sie da suchen :D
    Dachte ja zuerst ZOBIRIS! Aber es wird ja behauptet es sei ein Stahl pokemon also war ich mir nimmer sicher.
    Mir gefällt dieser Geschichte wirklich so gut das ich dazu sogar was skizziert hatte zu der Summer vacation chall.
    Die Charaktere rund um diese Schüler und den Lehrer fand ich auch sehr gelungen :)

  • Kasalla!


    Ich habe irgendwie zu viel Thorsten Legat gesehen in letzter Zeit. Jedenfalls habe ich bei dir mal nach Pokemongeschichten gesucht und "Götter im Schnee" gefunden. Keine Ahnung ob das gut ist. Seh ich ja. Und, ich werde so kommentieren, wie ich auf Filb kommentiere, da ich deinen Stil ja schon woanders gelobt habe. Das muss man ja nicht 56-mal lesen. Alors! On y va!





    Zitat

    Götter im Schnee


    Eine kühle Brise umfing mich und ich musste niesen.

    Kagayaku: Pouaaaaaaaah! <_< Es gibt nichts schlimmeres! Vor allem für jemanden, die nicht nur Frigophobie, also die Angst vor Kälte, sondern sogar Kryophobie, Angst vor extremer Kälte, hat!
    Sheila: Was dich nicht daran hindert, im Winter Minirock zu tragen ...
    Kagayaku: Dich doch auch nicht!
    Sheila: ich heule aber nicht bei 8 Grad plus herum! In Nordengland ist man sowas gewohnt!
    Kagayaku: Tja, meine liebe Sheila, du kannst nicht alles haben, entweder eine Kagayaku, die ihre Reize nicht komplett ausspielen darf oder eine sich beschwerende Kagayaku! ò.ó
    Sheila: Was glaubst du, wie egal MIR das ist?! <_________<" ^ò.ó^




    Zitat

    Begierig nach meinem Ziel strebend wagte ich mich weiter durch den Wald voran. Allerdings durfte man sich wohl zurecht fragen, warum ich, ein Farbeagle, ausgerechnet bei dieser Kälte durch den Schnee stapfte.

    Yomi: Un artiste! x3 Que beau! :3 Ich mag Farbeagle, es ist so talentiert, aber viele vergessen, dass es ihn überhaupt gibt. ;v; Ich nenne ihn Leonardo, weil Léonard de Vinci auch mal an der Loire gelebt hat! ò.ó



    Zitat

    Dort war ein weißes, vierbeiniges Wesen, das ich noch nie zuvor gesehen hatte, mit merkwürdigen roten Mustern auf seinem Körper. Auf dem Rücken trug es einen runden Schild, der von züngelnden Flammen umgeben war.

    Touka: Ist das ein wunderschönes Shiny-Vulnona wie mein Inari? :3


    Aber was tat sie hier?


    Zitat

    Nicht eines, es war jenes Feelinara, das über dieses Land herrschte.

    Setsuna: Wie kann denn so ein Mädchen eine Herrscherin sein? Wie will sie denn bitte eine generische Armee im Alleingang zerstören? <_<
    Sheila: Nur weil du das kannst und jeder vor dir deswegen Angst hat, heißt es nicht, dass sie nicht auch Königin sein kann! Oder hättest du dir vorstellen können, dass deine kleine Bara mal ...
    Setsuna: SCHWEIG! Zehn Jahre später wäre sie genauso majetstätisch und elegant geworden wie Kagayaku und ich!
    Sheila: Das glaube ich dir, aber bestimmt nicht so fies und bösartig. <.<"


    (Ach Okami-Crossover mit Pokemon, ist ja noch besser =D)




    Zitat

    Vergib mir, Meister! Ich bin eben doch ein Taugenichts!

    Yomi: Mon Dieu, das denken wirklich viele Farbeagle ... dabei ist ihre Kraft ja wirklich nicht so hoch, aber auch für solche Pokemon gibt es Platz in unserer Welt! Nämlich auf dem Montmartre ... zumindest noch vor 90 Jahren. ;v;




    Zitat

    „Gestatten, ich bin der große Issun, beauftragt, die Heiligen Geschichten Amaterasus niederzuschreiben. Bevor du fragst“, er deutete in Richtung der beiden Kämpfenden, „das da drüben ist Amaterasu, oder auch kurz Ammy. Sie hat dich gerettet. Wenn das hier vorbei ist, wirst du uns einige Dinge erklären müssen.“

    Pudox: Und ich bin Pudox, Issuns Bruder! Z.Z

    Zitat

    Mir wurde eben erst bewusst, dass der flammende Schild einem leuchtend blauen Schwert gewichen war. Zudem bewegte er sich wie von Geisterhand; Amaterasu schien dabei aber immer wieder auszuholen, um anzugreifen. Was für merkwürdige Kräfte mochten hier wohl am Werk sein?

    MonoklesGramokles: Und das ist mein Bruder! Wir bewegen uns alle von selbst!
    Setsuna: Als die Sphinxen von Mu flüchten mussten und in Japan landeten, zumindest die meisten, nahmen sie den Glauben an Buddha und Amaterasu an. Nur die Königsfamilie glaubte nicht an Amaterasu, da ich selbst, die nach dem Tod meiner Mutter neue rechtmäßige Königin von Mu, die ranghöchste Frau dieses Universums bin! °.° Aber ja, ich habe mich zum Glück für Andere etwas geändert. Finde ich ^^". Aber rein äußerlich betrachtet ist die Wolfs-Amaterasu ein unfassbar schönes Tier! x3


    Ich war erstaunt über diese Begebenheiten. Was konnte das nur sein?


    Zitat

    ihr im Rücken lag ein günstiger Wind, der ihr wohl helfen wollte.

    Min: Susaaaanoo, Susaaaaaaano! Und ich krieg jetzt ne Eins mit Sternchen!
    Satsuki: Du merkst dir etwas über Religion, Unnie? ich bin begeistert! °.°
    Min: Der hat richtig Havoc, so total krass Rambazamba mit ganz viel Kasalla gemacht, den vergess ich doch nicht, Sazzy-chan! xP


    Für diesen Moment musste sie jedoch zurücktreten, um nicht noch weiter in Bedrängnis zu geraten.


    Zitat

    „Das sollst du mir büßen!“, rief sie aufgebracht und machte sich von dannen, sehr zur Scham ihrer selbst, da sie Niederlagen verabscheute.

    Thorsten Legat&Sailor Moon fusioniert xDDDDD

    Zitat

    Ich nahm meinen Schweif in die Hand und hielt ihn vor mich, als würde ich ein Kunstwerk schaffen. Instinktiv malte ich dabei ein Muster in die Luft; einen Kreis mit einem herausragenden Strich.


    Plötzlich befand sich zwischen uns dreien eine kleine Bombe! Issun schreckte auf und flüchtete zu Amaterasu, jedoch ging die Bombe nicht hoch. Wir atmeten alle erleichtert auf und der kleine Schreiber war dabei der Erste, der wieder zu Worten fand.
    „Wie hast du das gemacht? Nur Ammy kann die Göttlichen Pinseltechniken anwenden!“
    Meine Augen weiteten sich. Hatte ich das Unmögliche vollbracht und mein Ziel erreicht? War das etwa eine dieser göttlichen Pinseltechniken?
    Meister, ich habe es geschafft!

    Oha was, Farbeagle ist also derjenige, der die heimlich auf die Abenteuer begleitet und die göttliche Pinseltechnik anwendet? xD Was für ein interessantes Konzept! (: Ein süßes kleines Crossöverchen, mit einem tollen, viel zu wenig beachteten Pokemon als Protagonisten und einem Kuschelwölfchen! :3


    Ok habe fertig

  • Malen
    geschrieben am 24.10.2015



    Laufend über Stock und Stein,
    Pinselstriche in der Welt,
    führt mein Weg mich querfeldein
    unter diesem Himmelszelt.


    Die Sonne oben am Zenit
    vernebelt mir sogleich die Sicht.
    Mit Wolken, grau wie aus Granit,
    die Dunkelheit den Tag zerbricht.


    Weiße Pracht die Luft erfüllt,
    im Winde tanzend Muster malt.
    Kälte mich nun bald umhüllt;
    ich suche den verlor’nen Halt.


    Ein Wunderbrunnen voll Magie;
    Ideen entspringen aus dem Meer.
    Die Bilder aus der Fantasie,
    mit Worten malen ist nicht schwer.



  • Guten Morgen Rusalka,



    danke für die Benachrichtigung! Leider bin ich nicht sonderlich gut im Gedichte interpretieren und dann dazu einen Kommi zu schreiben. ^^’
    Was ich aber zum »Malen« sagen kann, natürlich ein Thema, was mir ausgesprochen gut gefällt. Die Überschrift hatte ich trotzdem überlesen, was vermutlich an der frühen Stunde lag, als ich es gelesen habe. Nichtsdestotrotz macht das gar nichts, denn in der ersten Strophe war mir schon klar, dass es irgendetwas mit Malerei zu tun hat.



    Die erste Zeile sagt mir, dass da irgendjemand unterwegs ist, was in der zweiten Zeile durch de Pinselstriche darauf hinweist, dass es sich um einen Künstler handelt, der froh und munter durch die Welt reist, auch mal abseits der Pfade, nämlich querfeldein. Wie die dritte und dann auch vierte Zeile zeigen. Ein Künstler, der viel sieht und das gesehene in seiner Kunst umsetzt.



    Dann schaut er in der zweiten Strophe in die helle Sonne, die bekanntlich blendend kann, so dass ihm kurze Zeit die Sicht genommen wird. Die Farben der Wolken werden mit Granit verglichen, was für mich ein Zeichen ist, das das Wetter umschwingt und schlechter wird. Keine weiße Wattewölkchen, wie an einem wunderschönen blauen Himmel an einem Sommertag. Wobei mir auffällt, das die anbrechende Dunkelheit, wohl eher die Nacht ankündigt.



    In der dritten Strophe wird nicht der Künstler, auch nicht mehr das Wetter, sondern ein Blick auf die Jahreszeit geworfen. Die weiße Pracht dürfte der Schnee sein, der vom Himmel fällt und durch seine Flocken im Wind Muster erscheinen lässt. Man weiß ja, wie es aussieht, wenn der Schnee fällt, dann eine kleine Windböe aufkommt und dadurch die Flocken noch mehr tanzen. Besser kann man es wohl kaum beschreiben. Schnee hat auch immer etwas mit Kälte zu tun, also ist es nur logisch, dass der Künstler von dieser Kälte eingehüllt wird und frieren muss und zu allem Überfluss scheint da auch noch der Boden gefroren zu sein, weswegen er sein Gleichgewicht verliert und nach Halt sucht.



    Die letzte Strophe offenbart für mich, dass die ersten drei Strophen nicht wirklich passiert sind, sondern ein Ausdrucksmittel der sprachlichen Kunst darstellen sollte. Es werden Situationen beschrieben, hübsch beschrieben, so dass man sie versteht und sich bildlich auch vorstellen kann. Dafür braucht es keine wirklichen Pinselstriche, denn mit einfachen Worten ist es auch möglich. Diese Worte werden verdeutlich, dass es nicht um das Malen mit Pinsel an sich geht, sondern tatsächlich um das Malen mit Worten. Das zeigen die letzten beiden Verszeilen.
    Das Dichten und Schreiben ist eben auch eine Kunst, die man nicht vergessen sollte. :)
    Diese Art von Kunst wirkt auch manchmal wie eine Art Magie, in diesem Fall wie Magie aus einem wundersamen Brunnen (erste Zeile vierte Strophe), was für manch einen unbegreiflich scheint. So mit Worten umzugehen, ist nicht jedem vergönnt. Aber dass Worte auch Bilder erschaffen können; dafür braucht es eben die Phantasie und die hast du auf jeden Fall, Rusalka. :]



    Sehr schön geschrieben, mir gefallen die Reime und das Gedicht liest sich flüssig und angenehm. Wie oben schon gezeigt, lässt es auch Bilder erscheinen, weil es leicht verständlich war. Das ist sehr gut. Es gibt auch Gedichte, wo man teilweise extrem um die Ecke denken muss, das gefällt mir persönlich weniger.



    Weiter so!



    Lieben Gruß
    Alexia

  • Undine
    geschrieben am 29.08.15



    Jung,
    voller Anmut.
    Ein ferner Traum;
    was erwartet mich dort?
    Neugier


    Erzählungen
    von oben.
    So viele Wunderdinge;
    ich freue mich darauf!
    Sehnsucht


    Plötzlich,
    ein Sturm,
    ein besonderer Mensch;
    er sieht nur sie.
    Traurigkeit


    Stille,
    ein Pakt.
    Meine letzte Möglichkeit;
    er beachtet mich nicht.
    Eifersucht


    Schaum
    ohne Seele.
    Eine neue Chance;
    ich will sie nutzen!
    Warmherzigkeit



  • Schmetterlingsflügel
    geschrieben am 23.01.16


    Pünktlich zur Mittagsstunde endete die Vorlesung und ich atmete erleichtert auf. Normalerweise fielen mir Vorträge zur Biologie doch recht leicht, aber heute konnte ich einfach keine Konzentration dafür aufbringen.
    Lustlos schlurfte ich hinter den anderen Studenten her und wartete bereits darauf, draußen von der heißen Juni-Sonne begrüßt zu werden. Welch Ironie, dass sie meine Erwartungshaltung nicht widerspiegeln konnte, aber war das nicht der Standard schlechthin? Fast schon fühlte ich mich, als wäre ich selbst Protagonist einer Geschichte. Wie paradox.
    Mein Weg bis nach Hause war nicht besonders weit und eigentlich wartete Manuela sonst immer beim Eingang auf mich. Heute war sie jedoch etwas später dran und hastete an mir vorbei, drehte sich jedoch noch rechtzeitig um.
    „Sorry, Kerstin, es hat heute etwas länger gedauert“, schnaufte sie und versuchte mit ihrer neu gelernten Atemtechnik Luft zu holen. Irgendwie beneidete ich sie, da sie nebenher auch noch in einer Theatergruppe beteiligt war und sie ihr Talent regelmäßig in den Vorlesungen von Herrn Tremo unter Beweis stellte. Er spielte dabei natürlich mit, sehr zur Belustigung des ganzen Kurses.
    „Schon okay. Ich will sowieso nicht wirklich nach Hause gehen“, meinte ich daraufhin nur schulterzuckend. Manuela zog die Augenbrauen hoch.
    „Ist was passiert, weil du heute so demotiviert bist?“
    Ja, ihre direkte Art fühlte sich manchmal doch einengend an, wie ich eben wieder feststellen musste. Ich schlug vor, dass wir das auf dem Weg besprechen sollten, da es uns an der Uni nicht viel brachte.
    „Weißt du, ich habe Zuhause ja dieses Terrarium aufgebaut. Mit dem einen Schmetterling.“ Sie nickte wissend. „Er ist jetzt schon ziemlich lange in seiner Puppe, länger als es für die Art eigentlich vorgesehen sein sollte und ich mache mir Sorgen, dass er womöglich gar nicht mehr schlüpfen wird. Gegen ein paar Tage ist ja nichts einzuwenden, aber zwei Wochen sind doch viel.“
    „Und das ist alles?“, meinte Manuela daraufhin. Meine Augen weiteten sich und ich versuchte, wutentbrannte Tränen zurückzuhalten.
    „Ist das nicht schon genug? Ich hatte mich drauf gefreut, einen Schmetterling heranzuzüchten, aber ...“ Ich hielt inne und versuchte mich zu sammeln. „Okay, es ist noch was. Ich weiß nämlich nicht mehr, was ich wegen der Ferienarbeit machen soll. Jede Bewerbung wird abgelehnt und langsam gebe ich die Hoffnung auf, dass mich überhaupt jemand nehmen will.“
    Ich ballte meine Hände zu Fäusten, wohl um Manuela davon zu überzeugen, wie ernst mir die Sache war. Sie nickte erneut, nachdem sie zu Ende gelauscht hatte und grinste.
    „Okay, dann spielen wir jetzt ‚Gute Fee‘!“
    Ich stutzte. Zwar mochte ich übernatürliche Dinge schon gerne, aber warum fing sie jetzt mit so einem Kinderkram an?
    „Das ist kein Kinderkram“, fuhr sie unbeirrt fort und machte einen ernsten Eindruck, als sie im Gehen in ihrer Tasche zu wühlen anfing.
    Konnte sie jetzt etwa auch noch Gedanken lesen?
    „Nein, kann ich noch immer nicht. Und das solltest du eigentlich wissen.“
    Mist.
    Mit einem Mal jubilierte Manuela und zog einen kleinen Holzstab hervor. Diesen fuchtelte sie mehrere Male durch die Luft und stoppte schließlich, als ich meinen Kopf fragend zur Seite legte.
    „Das ist mein Zauberstab“, war ihre trockene Antwort.
    „Sieht ziemlich billig aus.“
    „Wenn ich zuschlage, tut er trotzdem weh!“, bellte sie daraufhin und ich zuckte zurück. Manchmal war ihre Art von Humor schon seltsam.
    „Also, wo waren wir ... Ach, stimmt.“ Sie räusperte sich und hob die Hand mit dem Holzstab. „Oh Kind, das sich in der Dunkelheit verirrt hat, schau mich an. Schau mich ganz fest an!“
    Ich verdrehte die Augen. Mit diesen Worten klang sie eher wie ein Hypnotiseur und nicht wie eine Fee!
    „Du wirst mir nun deinen Herzenswunsch verraten. Denke allerdings gut nach, welcher dein innigster Wunsch ist, denn nur dieser kann erfüllt werden!“
    Mit offenem Mund dastehend wusste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte. Zwar hatte ich schon gehört, dass Manuela in der Theatergruppe wohl in all ihren Rollen bis zum Äußersten ging, um sie überzeugend zu spielen, aber selbst außerhalb schaffte sie das auf eine Art und Weise, die mir Respekt einflößte.
    Einen Finger auf die Lippen legend blickte ich kurz zur Straße und wusste nach kurzem Nachdenken auch schon schon, was ich antworten sollte.
    „Ich wünsche mir einfach nur etwas Glück im Leben. Dass ich die Dinge schaffe, die ich möchte und dass sich auch einmal etwas für mich zum Guten wendet.“
    „So sei es!“ Sie fuchtelte erneut mit dem Holzstab, murmelte eine Beschwörung, die in sich vermutlich keinen Sinn ergab und gab mir schließlich den Segen. „Dein Wunsch wurde erfüllt.“
    Ich seufzte. „Und was hat das jetzt gebracht?“
    Manuela ließ von ihrer angespannten Haltung ab, legte einen Arm auf meine Schulter und suchte wohl nach den richtigen Worten.
    „Weißt du, Kerstin, Wünsche sind vorrangig für Dinge reserviert, die in deinem Leben machbar sind. Etwa eine Arbeit finden oder meinetwegen auch anderen etwas Gutes tun. Glück ist etwas, das du nicht so einfach finden und dir schon gar nicht durch einen Wunsch erfüllen lassen kannst. Du musst es schon selbst suchen, um Glück erhalten zu können und daher bist du auch selbst darauf angewiesen, das Beste aus deiner Situation zu machen.“
    „Also hast du mich auf den Arm genommen?“
    Sie schluckte. „Ja.“ Wusste ich es doch. „Allerdings will ich dir auch von ganzem Herzen sagen, dass ich dir das Glück, um eine gute Arbeit zu finden, gerne geben möchte. Und gegen ein bisschen Magie ist doch nie was einzuwenden, oder?“
    Mittlerweile waren wir vor meinem Haus angekommen und ich überlegte kurz. Eigentlich war die Prozedur ja umsonst gewesen, wenn sie es so schnell zugab. Aber wie konnte ich ihr das übel nehmen? Unweigerlich musste ich schmunzeln, da sie doch Mühe in diesen Versuch gesteckt hatte.
    „Stimmt. Und du weißt ja, wie sehr ich eigentlich diese übernatürlichen Dinge mag“, antwortete ich mit einem in diesem Fall doch recht gestellten Lächeln. „Danke, dass du mir das so gesagt hast. Ich hab dich lieb.“
    Sie lachte daraufhin und umarmte mich zur Versöhnung. „Aber gerne doch! Ist ja nicht das erste Mal, dass ich dich aufheitern musste.“ Sie ließ von mir ab und schien sich plötzlich an etwas zu erinnern. „Sag mal, kannst du mir nachher über Skype vielleicht dabei helfen, ein paar Fotos für eine Präsentation rauszusuchen? Ich muss demnächst etwas über Schmetterlinge vorhalten und kann mich dann sicher nicht entscheiden, welche es sein sollen.“
    Meine Stimmung ließ wieder etwas nach, da ich mich an meinen Schützling erinnert fühlte.
    „Ja, klar. Natürlich. Hab ja sonst auch nicht wirklich was zu tun.“
    „Sieh’s mal so“, meinte sie daraufhin, klopfte mir auf die Schulter und zwinkerte mir zu. „Immerhin kannst du so heute mindestens einen Schmetterling sehen. Ganz egal, ob er nun seine Flügel entfaltet oder nicht. Ich bin mir sicher, dass er einfach nur auf den richtigen Moment wartet, um dich zu überraschen und dann freust du dich umso mehr.“
    Wortlos nickte ich und verabschiedete mich schließlich von ihr an Ort und Stelle. Mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch ging ich zur Haustür und merkte erst hier, wie angenehm kühl es im Vorraum eigentlich war.
    „Schatz, du hast einen Brief erhalten“, rief meine Mutter, die gerade aus dem Wohnzimmer lugte und wedelte dabei mit einem Umschlag.
    Ich riss ihr denselben aus der Hand, nahm den kürzesten Weg die Treppe hoch und trat in mein Zimmer ein. Ohne noch den Brief angesehen zu haben, blickte ich zu meinem kleinen Terrarium und glaubte, dass sich dort etwas sichtlich bewegt hatte. Neugierig begab ich mich auf die Knie, um auf einer Höhe mit dem Schaukästchen zu sein und sah, dass die Puppe aufgebrochen wurde. An ihrer Stelle flatterte nun ein Schmetterling durch das Terrarium: Ein Blauschwarzer Eisvogel, der besonders durch seine dunkelblauen Flügel und das weiße Muster auffiel.
    Meine Augen weiteten sich. Sofort riss ich den Umschlag auf, überflog geschwind die Zeilen und musste plötzlich zu lachen anfangen. Ich legte das Papier behutsam auf den Schreibtisch, ließ die Finger knacken und startete den Laptop, der auf meinem Bett lag, um Manuela anzuschreiben.
    Scheint so, als hätte heute nicht nur die Raupe ihre Schmetterlingsflügel entfaltet.


  • Lieber Rusalka, aufgrund dessen, dass ich in meinem Vote deine Geschichte nicht kommentiert habe, hole ich das hier direkt nach, he he. Kann ich schließlich nicht so einfach auf mir sitzen lassen.



    Schmetterlingsflügel
    Allein den Titel finde ich persönlich schon ansprechend. Auch wenn ich gerade alle Schmetterlings-Pokémon im Kopf hab (Pinnwand *hust*), so stelle ich mir auch leuchtende, traumhafte bzw. magische Schmetterlinge vor … Sie verkörpern für mich Träume und Wünsche und deren Symbol hatte ich selbst schon einmal verwendet. Aber das nur nebenbei.


    Wir haben hier eine Ich-Form und irgendwo erwähnte ich mal in einem anderem Kommentar zu wem anderen, dass ich die Ich-Form sehr gern mag, weil man damit so viel darstellen kann.
    Der erste Witz in der Geschichte ist, dass eben dieses Ich sich selbst (als scheinbaren) Protagonisten ansieht bzw. eben nicht … er will’s wohl nicht direkt. Aber dieses Paradox ist der springende Punkt. Man muss einfach grinsen. Zumindest tue ich das.
    Das zieht sich auch bei mir weiter, dieses Schmunzeln. Ich kann nichts dafür, es ist einfach so. Kerstin (Ich) trifft ihre Studentinfreundin Manuela, der sie ihre Probleme aufzählt. Ein Schmetterling, der noch nicht schlüpfen will und mit den Bewerbungen für die Ferienarbeit will es auch nicht recht klappen. Das Problem mit den Bewerbungen kenne ich leider nur zu gut, deswegen kann ich mich gut in Kerstin hinein versetzen. Es ist frustrierend, wenn man nur Absagen bekommt oder noch schlimmer: Wenn gar nicht erst reagiert wird. Da kommt man sich schon blöd vor. Aber was das Schmunzeln angeht … Es wirkt tatsächlich so als könne Manuela Kerstins Gedanken lesen, aber ich vermute mal, es liegt mehr daran, dass die beiden sich einfach zu gut kennen. Da kommt so etwas schon mal vor. Trotzdem erheiternd.


    Unterm Strich wirkt zwar Manuela etwas kindlich durch ihren Aufheiterungsversuch (Faibel für Schauspielerei verschuldet) und ihr Stöckchen als Zauberstab und das allem, aber das hat auch was Sympathisches an sich. Und wenn man die Geschichte bis zum Ende liest, dann fragt man sich doch insgeheim, ob Manuela nicht doch ein wenig zaubern kann und ihrer Freundin dadurch geholfen hatte? Wer weiß. Als Leser kann man da ein wenig Magie rein interpretieren oder es schlicht als Zufall ansehen.
    Die Frage bestand auch von Anfang an, ob der kleine Schmetterling noch schlüpfen würde und ja, am Ende wird man als Leser auch damit belohnt, dass es ein Happy-End gibt. Nicht nur das, meine Vermutung liegt auch nahe, dass der Brief, den Kerstin erhalten hatte, eine Zusage für eine ihrer Bewerbungen war.
    Ein schönes Ende, was ein gutes Gefühl hinterlässt und wo man als Leser glücklich und mit einem Lächeln zufrieden ist.


    Aber was haben wir gelernt? Manuela, trotz ihrer kindlichen Art, besitzt einiges an Weisheit. Sie gibt nicht nur Kerstin einen guten Ratschlag mit, sondern auch dem Leser. Man sollte sich nicht nur etwas wünschen, weil man es gerne möchte, sondern auch versuchen diesen Wunsch umzusetzen. Denn unmöglich ist es nicht, auch wenn es manchmal so scheint. Sich Glück zu wünschen bringt am Ende nicht viel, denn schlussendlich ist man für sein eigenes Glück verantwortlich. Man muss etwas tun, damit der Wunsch in Erfüllung geht, denn von allein kommt da nichts.


    Vielleicht sollte ich auf meiner langen »Alexia will Bilder malen«-To-Do-Liste noch einen eisblauen Schmetterling drauf kleben, denn irgendwie gefiel mir das entstandene Bild. ö_ö


    Feurige Grüße von mir harhar!
    :saint: