Lichtspiel

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Armins Fallnotizen:
    Lichtspiel


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    Die Neugier steht immer an erster Stelle des Problems, das gelöst werden will. - Galileo Galilei




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    Kapitelübersicht
    Prolog
    Kapitel 1: Nur für den Fall
    Kapitel 2: Ein neues Team
    Kapitel 3: Geschichte und Geschichten
    Kapitel 4: Erste Verdächtige
    Kapitel 5: Verschwunden
    Kapitel 6: Nach unten

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    ■ Vorwort


    Herzlich willkommen zu meiner Fanfiction Lichtspiel!


    Vor einem halben Jahr sah ich in einem Traum einen Charakter, den ihr in einem etwas späteren Kapitel kennenlernen werdet, und seine Geschichte. Zu dieser Geschichte gesellten sich zwei alte, nie umgesetzte, Ideen hinzu, die perfekt dazu passten. Die Grundidee zu Lichtspiel war geboren.


    Eine wichtige Inspiration waren die Spiele der Ace-Attorney-Reihe, die mich erst so richtig auf den Geschmack von Krimirätseln gebracht haben.
    Die Ankündigung von Omega Rubin und Alpha Saphir war eine zusätzliche Motivation, wieder tiefer in die Welt der Pokémon einzutauchen.
    Ohne Pokémon Colosseum wäre ich vielleicht nie so verrückt nach Pokémon-Fanfictions geworden.
    Der Soundtrack von Pokémon X und Y baut die richtige Atmosphäre auf, die ich zum Schreiben brauche.
    Die neuen legendären Pokémon basieren auf Themen aus dem besten Gebiet des zweitbesten Studienfachs <3 (wer erkennt, worauf Yurenka basiert, bekommt einen Keks so groß wie die Enigmainsel).
    Außerdem werden Ideen aus den Pokémon-Editionen und besonders dem strategischem Kämpfen einfließen, sowie Ideen aus den Pokémon-Filmen.


    Ich wünsche allen viel Spaß beim Lesen!



    ■ Genre


    Lichtspiel ist eine Detektivgeschichte mit einem Schuss Abenteuer und Mystery.



    ■ Klappentext


    Privatdetektiv Armin Erl reist in die ferne Triko-Region,
    um dem Fall des Legendenjägers Ray nachzugehen,
    der bereits drei legendäre Pokémon gefangen hat.
    Dabei trifft er auf ein Netz aus den Absichten eines Verbrecherteams,
    der Geschichte eines verschwundenen Pokémon
    und den Fängen des Jägers, das es zu entwirren gilt ...



    ■ Charaktere


    Aus Spoilergründen wird die aktuelle Charakterübersicht am Anfang jedes neuen Kapitels erscheinen (z.B. werden die neuen Charaktere aus dem Prolog am Anfang von Kapitel 1 in der Übersicht auftauchen.)



    ■ Setting


    Schauplatz von Lichtspiel ist die Triko-Region, eine Nachbarregion von Kalos, die gerade wegen der Pokémon-Weltmeisterschaft in den Fokus der Medien gerät. Diese Region hat ihre eigenen Mythen und Sagen, die jedoch mit denen der anderen Regionen verwoben sind. Somit gibt es auch drei neue legendäre Pokémon. Oder sind es vier...?


    Meine Pokémon-Welt orientiert sich weitgehend an den Spielen, und auch Aspekte aus dem strategischen Kämpfen werden umgesetzt. Unterschiede sind jedoch beispielsweise:

    • Legendäre Pokémon sind, wie der Name schon sagt, legendär und wachen über die Pokémon-Welt - der durchschnittliche Zehnjährige, der mit einem Pokédex auf Reisen geht, wird sie niemals zu Gesicht bekommen, geschweige denn seiner Sammlung hinzufügen.
    • Zusätzlich zu den üblichen Arenen gibt es zahlreiche Stadien für Turniere für den beliebtesten Sport der Pokémon-Welt: Pokémon-Kämpfe.

    Diese Liste wird möglicherweise erweitert.



    Ein Überblick über die Triko-Region:
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    [tab=X]
    [tab=Nordwest]
    Dämmerhain
    Tief im Wald ruhen die Geister.
    ... Meistens. In Vollmondnächten, so sagt man, finden die Geister der auf dem Friedhof liegenden Menschen und Pokémon keine Ruhe und ziehen durch das abgelegene Dorf mitten im Wald.
    Sowohl wegen der Schauergeschichten als auch wegen der Lage am äußersten Rand der Region trauen sich außer den Anwohnern nur wenige Menschen nach Dämmerhain. So ist die Unlicht-Arena nicht gut besucht ...


    Zelthausen
    Ein Rastplatz für Reisende.
    Wem Tourlauben zu laut und Bad Küstheim zu nass ist, der kann sich auch südlich von Dämmerhain in Zelthausen niederlassen, dem Ort, der mehr ein Campingplatz mit eigenem Pokémon-Center als ein echtes Dorf ist.


    Tourlauben
    Die Stadt, in der die Sonne immer scheint.
    Die Bademetropole der Triko-Region. Urlauber aus aller Welt zieht es im Sommer an den Badestrand von Tourlauben, der gleich auf beiden Seiten der Stadt liegt. Neben dem Strand ist auch der nahegelegene Turm der Sonne eine Sehenswürdigkeit - der steinerne Turm soll einst von einem legendären Pokémon erbaut worden sein. Bei Sonnenuntergängen bietet sich auf seiner Spitze ein ganz besonderes Schauspiel.
    [tab=Nord]
    Titaneon City
    Die Stadt der Lichter, die immer leuchten.
    An der Nordküste der Triko-Region liegt deren zweitgrößte Hafenstadt - Titaneon City, Heimat der Hochhäuser und Neonlichter. Über das Wasser werden Waren in die ganze Welt verschifft, über die Luft reisen Menschen zwischen den Regionen. Trainer können sich in der Stahl-Arena versuchen.


    Brückhaven City
    Eine Rundfahrt durch den Kanal ist ein Muss.
    Im Westen der großen Bucht liegt die Hauptstadt und größte Stadt von Triko: Die riesige Hafenstadt Brückhaven, die von zahlreichen Kanälen durchzogen ist. In einer Stadt, die so eng mit dem Wasser verbunden ist, gibt es natürlich auch eine Wasser-Arena.


    Die Pokémon-Liga
    Der letzte Schritt zum Ruhm.
    Westlich von Titaneon City führt ein langer Weg zur Pokémon-Liga, vorbei an der Düsterhöhle und durch die Siegesstraße. Hier entscheidet sich, wer den Titel des Champs der Triko-Region tragen darf.
    [tab=Nordost]
    Bad Küstheim
    Der erfrischende Duft der Seeluft.
    Bad Küstheim auf der kleinen Insel im Norden der Region gilt als beliebter Kurort. Hier kann man das ganze Jahr entspannt durch Dünen wandern und die Wellen beobachten.


    Ostdeich
    Der Ort an der Schwelle.
    ... Der Schwelle zwischen dem ländlichen Südost-Gebiet und den Großstädten Titaneon und Brückhaven City. Hier selbst gibt es nicht viel zu sehen, doch die Schiffe führen in die Welt hinaus.


    Die Kampfzone
    Wo sich die besten der besten messen.
    Mit dem Schiff kommt man von den Hafenstädten zur Kampfzone von Triko. Verschiedene Attraktionen warten auf Trainer, die alle acht Orden vorzeigen können.
    [tab=Südwest]
    Klangbach City
    Das Plätschern des Wassers ist eine Melodie.
    An einem Fluss, der im Westen in die große Bucht mündet, liegt Klangbach City, die Stadt der Musik. Zahlreiche Musiker lassen sich hier nieder und spielen ihre Stücke vor Bewohnern und Reisenden.


    Glimmburg City
    Wir brennen für Pokémon.
    Südwestlich von Klangbach City beherrschen Bergwerke und Steinbrüche die Landschaft. Glimmburg City ist die Industriestadt, die den Rest der Region mit Rohstoffen versorgt. Mitten in einer der zahlreichen Fabriken liegt die Feuer-Arena.


    Forderstadt
    Eine neue Herausforderung.
    Ganz im Südwesten liebt man jegliche Herausforderung. Wer nach Forderstadt reist, darf sich auf alle möglichen Aufgaben gefasst machen - seien es anspruchsvolle Kämpfe, Rätsel oder das Beschaffen seltener Items. Auch Pokémon-Wettbewerbe werden hier ausgetragen.


    Brisental City
    Frischer Wind und tobender Sturm.
    Verlässt man Glimmburg City nach Osten, kommt man in ein Tal, in dem sich sanfte Brisen und Orkane abwechseln. Während die Bewohner der Stadt allerlei Maßnahmen gegen die Stürme getroffen haben, sollten Reisende, die die Flug-Arena besuchen wollen, die aktuellen Unwetterwarnungen im Auge behalten.
    [tab=Süd]
    Klammberg City
    Auf dem Gipfel des höchsten Bergs der Region.
    ... Was nicht so hoch ist, wie es klingt, denn außer dem Berg im Süden von Brückhaven City, auf dem Klammberg City liegt, ist die Triko-Region weitgehend flach. Dennoch wird es hier kalt genug, dass Reisende zum Skifahren hierher kommen - und, um in der Eis-Arena anzutreten.


    Sagenau City
    Eine Stadt mit Geschichte.
    In der ältesten Stadt der Region fühlt man sich mit den legendären Pokémon besonders verbunden. Die Sagen und Mythen der Triko-Region kennt hier jeder, und kaum jemand zweifelt an ihrer Richtigkeit. Die Bewohner von Sagenau sind überzeugt, dass auf der Route im Osten ihrer Stadt zwei legendäre Pokémon hausen.
    [tab=Südost]
    Lehmbroich City
    Die bodenständige Stadt.
    ... Steht auf feuchtem Sumpfboden. So dicht an der großen Bucht und so knapp über dem Meeresspiegel wird es niemals trocken. Wer die Boden-Arena sucht, sollte aufpassen, dass er nicht vorher im Sumpf versinkt. Außerdem sollten Reisende stets einen Regenschirm bereithalten.


    Mühlfeld City
    Wo sich die Flügel immer drehen.
    Die Mühlen von Mühlfeld City entwässern den Sumpf der Nachbarstadt Lehmbroich oder mahlen das Getreide, das auf den Feldern der Stadt angebaut wird. In einer der Mühlen befindet sich eine Pflanzen-Arena.


    Blütenbrunn
    Tulpen, so weit das Auge reicht.
    Trainer, die in Knospingen ihre Reise starten, halten oft in Blütenbrunn an, um die riesigen Tulpenfelder zu bestaunen.


    Knospingen
    Der Spross des Abenteuers.
    Knospingen, ganz im Südosten, ist das kleinste Dorf der Region und doch für viele Trainer von Bedeutung: Hier steht das Labor von Professor Ulm, der neue Trainer beim Start ihrer Reise unterstützt.[/tabmenu]



    ■ Altersempfehlung


    Wie das Genre schon sagt, wird nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen herrschen. Meine Altersempfehlung liegt vorerst bei ab 14 Jahren, wird aber möglicherweise noch angepasst, sobald bestimmte Szenen geschrieben sind.



    ■ Widmung & Dank


    Ich widme diese Geschichte allen, die sie gerne lesen.


    Danke an Furanty und Vulnonchen fürs Betalesen!



    ■ Copyright


    Das Copyright an Pokémon gehört natürlich Nintendo/Gamefreak/The Pokémon Company.
    Sollten Bilder nicht selbstgemacht sein, wird das unter dem Bild vermerkt.





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    ■ Prolog


    Abseits des Festlands, fernab des Trubels um den bevorstehenden Wettkampf, waren nur das Brechen kleiner Wellen am Fels und die stetigen Flügelschläge eines Pokémon zu hören. In dieses Gebiet verirrte sich nur selten ein Mensch. Die kleine Insel am Horizont war unbewohnt, selbst Pokémon beachteten das Gebilde aus kahlem Fels nicht, das sich über die Wasseroberfläche erhob. Für sie gab es dort nichts zu sehen. Den Menschen jedoch gab die Insel Rätsel auf. Das runde Felsplateau war von Gräben durchzogen, die konzentrische Kreise um den weit abgesenkten Kern bildeten. War diese geometrische Konstruktion ein unbekanntes Naturphänomen oder das Werk eines legendären Pokémon?


    Jemand hatte das Rätsel gelöst. Eine Gestalt setzte Fuß auf die Enigmainsel, öffnete das Visier ihres Helms und grinste.


    Yurenka wurde abrupt aus seinem Schlaf gerissen. Es spürte, wie etwas an ihm zog, hinaus aus der kleinen Paralleldimension, die es Bett nannte, hinaus aus dem Kern der Insel. Noch bevor es sie öffnete, stach Licht in seine Augen.
    Yurenka kämpfte gegen das blendende Licht und die schweren Augenlider und versuchte, die Nervensäge auszumachen, die es mitten am Tag geweckt hatte. Hoffentlich war es ein Mensch. Die ließen sich am besten erschrecken.
    Tatsächlich erkannte es hinter dem Kern eine zweibeinige Gestalt, ganz in weiß, mit einem dieser seltsamen runden Dinger auf dem Kopf, die Menschen manchmal trugen.
    Endlich mal wieder Spaß. Yurenka grinste über sein ganzes Gesicht und tanzte kichernd durch die Luft. Es machte Saltos, schwebte im Zick-Zack, drehte ein paar Kreise um den Menschen und verharrte für einen Moment vor ihm, ihre Gesichter nur eine Handbreit voneinander entfernt, und starrte ihn mit noch breiterem Grinsen an.
    „Ein Mensch auf meiner Insel? Das wird ein Spaß … kekekeke…“, ließ es den Menschen telepathisch an seiner Freude teilhaben.
    Der Mensch rannte nicht weg. Er verzog nicht einmal sein Gesicht. Kein Zurückschrecken. Er sah nicht ein kleines Bisschen verängstigt aus.
    Yurenka stellte seine Haare auf und fauchte.
    Keine Reaktion.
    Dieser Mensch war ziemlich langweilig. Wieder ins Bett, dachte es, gähnte und entfernte sich von ihm.
    „Los, Kangama!“, rief der Mensch. Yurenka stellte die Ohren auf, wandte sich um und sah, wie der Mensch eines der runden Pokémon-Gefängnisse mitten in den Krater warf. In rotes Licht gehüllt befreite sich ein Kangama.
    Yurenka war schlagartig wach. „Oh! Ein Kämpfchen für mich? Das wird ja doch noch lustig!“
    Dafür brauchte es aber zuerst eine gute Strategie, wie es diesen Menschen mit besonders viel Spaß fertigmachen konnte. Es schloss seine Augen, rollte sich zusammen und konzentrierte sich auf seine nächste Form, bis es spürte, wie sein ganzer Körper wuchs, seine kurzen Beine länger wurden, bis es die Statur eines kleineren Suicune erreicht hatte. Schließlich rollte sich sein langer Schwanz auseinander und machte am Ende einen Knick.


    Yurenka erwachte und blickte um sich.
    Die tiefliegende Sonne tauchte den umgebenden Fels in einen orangefarbenen Schein. Dazu schien der Fels jedoch auch von innen heraus zu leuchten. Das sonst fahle Grau unter Yurenka umgab ein bläulicher Schimmer. Auf den anderen Kreisen hingegen hatte der Stein jeweils verschiedene Farben, die einen Regenbogen bildeten.
    Dieses Phänomen hatte Yurenka erst einmal gesehen. An diesem Tag vor etwa einem Jahrhundert war es auf dieselbe Weise wie heute von einer seltsamen Kraft aus dem Inselkern gezogen worden. Es hatte damals vermutet, dass Serions Anwesenheit den Effekt ausgelöst hatte.
    Doch Serion war heute nicht hier. Nur ein Mensch und ein Kangama standen Yurenka gegenüber.
    „Das verspricht interessant zu werden“, sagte es zu dem Menschen. Wer ohne mit der Wimper zu zucken ein legendäres Pokémon zum Kampf herausforderte, war entweder äußerst naiv oder ein beinahe würdiger Gegner.


    Kangama ging in die Knie und setzte zum Sprung an.
    Yurenka hob seinen Arm in Abwehrhaltung.
    Mit einem einzelnen Satz befreite sich Kangama aus dem doppelt so hohen Krater, landete direkt vor Yurenka und schlug mit einem lauten Knall seine Pranken vor dessen Augen zusammen.
    Yurenka schreckte zurück.
    Kangama verpasste seinem Kinn einen Schlag.
    Yurenka wirbelte durch die Luft. Als es seine Position mittels Psychokinese stabilisiert hatte, fand es sich einen Ring weiter außen wieder.
    Mogelhieb. Ein cleverer Trick für einen Menschen, besonders kombiniert mit der Tatsache, dass Kangama offenbar die Rauflust besaß, ein Geist-Pokémon anzugreifen, während die meisten von Yurenkas Angriffen auf es keine Wirkung hatten. Doch ein paar clevere Tricks würden nicht ausreichen, um eine Chance gegen ein legendäres Pokémon zu haben.
    Yurenka steckte die Arme nach vorn und konzentrierte sich auf seinen größten Fehler. Die Ereignisse vor einem Jahrhundert. Die Zerstörung, die Trümmer. Das Ende aller Universen, das ein einzelnes Pokémon beinahe bedeutet hätte.
    Diese Gedanken lenkte es in seine Hände, bis sie eine finstere Aura umgab. Ein dunkler Ring begann sich schemenhaft zu formen.
    Kangama übersprang den Graben, der sie trennte, holte noch in der Luft aus und schlug seine violett glühende Pranke gegen Yurenkas ungeschützten Kopf.
    Die Wucht des Aufpralls riss Yurenka mit sich. Es schoss durch die Luft, an Ring über Ring, an Graben über Graben vorbei, bis über den Rand der Insel hinaus.
    Erst eine Mew-Länge über dem Wasser konnte es sich fangen.
    Viele sehr effektive Tiefschläge würde es nicht aushalten, selbst von einem einfachen Kangama. Es war Zeit für sein Ass im Ärmel. Es rollte sich ein und rief seine dritte Form. Sein Körper wuchs bis auf Xerneasgröße, alles wurde breiter und kräftiger und schließlich wich der Knick in seinem Schwanz einer Gabelung.


    Yurenka war rasend vor Wut.
    Jemand hatte es angegriffen. Das stärkste legendäre Pokémon ließ sich nicht einfach angreifen. Das sollte sein Gegner bereuen.
    Yurenka brüllte mit ganzer Kraft.
    Sein Gegner wich zurück.
    Yurenka schwebte zum Rand der Insel, bis seine Pfoten den Fels berührten, ging in die Knie, drücke sich ab, übersprang die Gräben, schoss auf seinen Gegner zu und rammte seine Fangzähne in dessen Schulter.
    Sein Gegner taumelte und kippte rückwärts über die Kante.
    Yurenka ließ ihn gerade rechtzeitig los, um nicht in den Graben gerissen zu werden.
    Während der Gegner seine Schulter hielt, bereitete Yurenka seinen Trumpf vor. Es schloss die Augen und stellte sich vor, es würde gegen Serion und Futoran kämpfen, sie mit einer gezielten Dunkelklaue treffen, einen Knirscher hinterher, alle Attacken, die es kannte, bis sie aufgaben. Sie sollten sehen, wer das stärkste Pokémon der Region war.
    Es spürte einen leichten Stoß.
    Sein Gegner wollte es wohl noch einmal angreifen. Zwecklos. Lächerlich. In dieser Form war Yurenkas Defensive zu stark.
    Yurenka dachte an den Kampf gegen diesen Gegner. Wie es ihn mit einem einzigen Schlag besiegen würde. Seine erste Form war fragil, aber ihre speziellen Angriffe waren mächtig. Mit einem Ränkeschmied waren sie unaufhaltsam.
    Yurenka spürte, wie die Gedanken ihm Kraft gaben. Und mehr Kraft. Die verzweifelten Angriffe seines Gegners fügten ihm kaum Schaden zu, doch es war Zeit, diese Form zu verlassen. Es gab seine besondere Kraft auf und kehrte zurück zu dem kleinen, zerbrechlichen Körper mit den kurzen Beinen.


    Yurenka schwebte fröhlich hin und her, während es nebenbei ein paar Finsterauren und Spukbälle abfeuerte. So lustig war ein Kampf schon lange nicht mehr gewesen.
    Mit jedem besiegten Pokémon klappte der Mund des Menschen weiter auf. Der hatte sich wohl zu früh gefreut.
    Das letzte Pokémon war ein bisschen hartnäckiger, doch auch es wurde am Ende von Yurenkas Spukball umgerissen und stürzte ab.
    Während es fiel, leuchtete sein Körper orange auf. Gerade bevor es den Boden berührte, schoss eine leuchtende Kugel von ihm in den Himmel, wo sie in hunderte Stücke zersprang.
    Yurenka zuckte zusammen. Ein Kälteschauer ging durch seinen ganzen Körper. Sein Grinsen wich einem entsetzten Starren. So hatte es sich seit hundert Jahren nicht mehr gefühlt.
    Hektisch raste es durch die Luft.
    Meteore schossen an ihm vorbei.
    Staub hüllte alles ein.
    Yurenka konnte nichts mehr sehen, doch es musste weiter ausweichen.
    Ein Meteor verfehlte knapp seine Wange.
    Der Hagel ließ nicht nach.
    Yurenka schnappte nach Luft.
    Ein stechender Schmerz in seinem Schwanz. Ein Meteor hatte es gestreift.
    Yurenka musste weiter.
    Langsam wurde es leiser. Die Meteore wurden weniger.
    Gleich war es geschafft. Yurenka atmete langsamer.


    Dann traf es seinen Kopf.


    Das besiegte Pokémon lag auf dem kalten Fels, vor sich eine Wand aus Stein. Die Grabenwand hatte ihr altes Grau wieder, das Leuchten hatte nachgelassen. Der Grund daneben war von Kratern durchzogen.
    Yurenka kämpfte gegen den Schmerz in seinem Kopf und drehte ihn langsam nach oben. Durch die dünner gewordene Staubwolke konnte es eine kleine runde Silhouette sehen, die sich ihm näherte.
    Yurenka schrie.


    “Fehlt nur noch eins”, war das letzte, was es hörte, bevor es in das runde Gefängnis gezogen wurde.

  • Hallo Evolina,


    da dein Topic schon längere Zeit oben aufleuchtet, bekam ich Interesse darauf, einmal reinzulesen und dir etwas Feedback zu hinterlassen. Dabei sei gesagt, dass man dir schon im Startpost ankennt, wie viel Mühe du dir mit der Erstellung gegeben hast, auch wenn mir bunte Titel weniger zusagen, allerdings passt es, wie auch die folgenden gut zueinander passenden Überschriften, wunderbar zum Titel. Alles ist ausreichend und angemessen erklärt, selbst um eine eigene Region hast du dich gekümmert sowie die großen Städte vorgestellt, wenngleich du hier durchaus auch noch klimatische oder geologische Bedingungen aufzählen kannst, wenn du möchtest. Dahingehend hast du aber saubere Arbeit geleistet.


    Und dabei fängst du schon einmal sehr spannend und allgemein aus der Sicht eines der neuen Legendären Pokémon an, eine Kampfszene zu beschreiben. Etwas schwer fällt hierbei die Vorstellung, wie Yurenka tatsächlich aussieht, da du dich beim Äußeren noch recht bedeckt hältst und eher auf Größenvergleiche setzt. Zumindest erfährt man, dass es wohl ein Geist-Typ ist und zu Transformationen fähig ist, wobei ich anfangs das Gefühl hatte, als würde es sich dabei um Wandler handeln, was wohl nicht der Fall ist. Nichtsdestotrotz kennt man dem Kleinen die Freude an, nach langer Zeit auf einen Menschen zu treffen und hier zeigst du seine uneingeschränkte arrogante Art sehr deutlich, was es recht individuell erscheinen lässt. Erwähnenswert ist vor Beginn das Farbenspiel, das während des Sonnenuntergangs eintraf; ob es wohl von diesem Menschen herbeigerufen wurde oder natürlichen Ursprungs ist? Auch hier bleibt ein kleines Geheimnis noch offen stehen, was die Spannung steigert, zumal du auch ein Ereignis von vor hundert Jahren ansprichst und damit ebenfalls noch etwas in petto hast.
    Der Kampf an sich ist auch sehr anschaulich designt von dem, was du anbietest. Auch wenn es im ersten Moment eher merkwürdig aussieht, wie Kangama trotz seines massigen Körpers so agil sein kann, dass es Yurenka oftmals recht schnell zuvorkommt und auch noch so gezielt springen kann. Dafür zeigen sich die Schlagabtausche recht abwechslungsreich, wobei hier insgesamt die Dynamik gefehlt hat und schon zu stark nur beschrieben wurde, aber generell kein Gedanke mehr von Yurenka zu hören war, um die Sache aufzulockern. Auch der Trainer hätte den einen oder anderen Befehl einwerfen können, falls ihm danach gewesen wäre oder eine Strategie verfolgt hätte. Schließlich scheint er etwas gezielt zu verfolgen. Besonders toll fand ich noch, wie ausgerechnet kurz vor Yurenkas Sieg das letzte Pokémon noch einen Draco-Meteor starten konnte, um es zu verletzen und man konnte den Hagel regelrecht mitverfolgen.


    Alles in allem ist der Start durchaus gelungen und man darf gespannt sein, wie es weitergehen wird. Vielleicht liest man sich ja irgendwann einmal wieder!


    ~Rusalka

  • ■ Kapitel 1: Nur für den Fall


    [tabmenu]
    [tab=@Rusalka]Vielen Dank für deinen Kommentar!
    Was den Kampf angeht, hast du völlig Recht - ich hatte auch schon Bedenken, es sei zu "distanziert" beschrieben. Auf den Trainer näher einzugehen, wird schwierig, um nicht zu viel zu verraten, aber von Yurenka sollte ich wirklich noch mehr zeigen. Werd da am Wochenende nochmal drübergehen.
    Wieso Kangama so wendig ist, wird im Lauf der Geschichte noch erklärt (abgesehen davon, dass es auf einem Känguru basiert).
    Ich war am Anfang nicht sicher, aus welcher Sicht ich den Prolog schreiben soll, und eine Sache, die für mich gegen Yurenkas Sicht sprach, war, dass man so Yurenka nicht von außen beschreiben kann. Aber es sprach auch eine Menge dafür, und was sein Aussehen angeht, erfährt man hoffentlich im nächsten Kapitel etwas mehr.
    [tab=Charaktere]
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    Quelle des Fingerabdrucks: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fingerprint_Whorl.jpg
    Hintergrund: Vorinstalliertes Muster in Gimp

    [tab=Kapitel 1]“Ray fängt Yurenka”, lautete die Schlagzeile.
    Armin versuchte das Dröhnen der Flugzeugturbinen und das Geplauder der Kinder auszublenden, doch seine Konzentration wurde immer wieder unterbrochen. Er las den Zeitungsartikel mehrmals, um sicherzugehen, dass ihm kein Hinweis entging.
    Der selbsternannte “Legendenjäger Ray” hatte ein Foto an die Zeitung geschickt, das ihn mit dem legendären Pokémon Yurenka zeigte. Das veröffentlichte Foto deutete darauf hin, dass Rays Motiv, oder zumindest ein Teil davon, eine Botschaft an die Öffentlichkeit war, sei es “seht, ich bin toll”, irgendeine Ansicht wie “legendäre Pokémon sind auch nur Pokémon” oder Erpressung - wobei in diesem Fall eine Forderung folgen müsste.
    Ray war offenbar Serientäter - anscheinend hatte er solche Fotos schon mit zwei anderen legendären Pokémon namens Serion und Futoran geschossen. Eine Formulierung im Artikel ließ Armin stutzen: “alle drei legendären Pokémon der Region”. Es wäre etwas ungewöhnlich, würde die Triko-Region nur drei legendäre Pokémon haben, doch wenn das stimmte, waren wohl keine weiteren gleichen Taten von Ray zu erwarten.
    “Guck mal! Guck mal!”, brüllte ein Kind. Armin drehte sich um und sah, wie ein Junge mit einem dieser komischen Stickeralben vor der Nase seiner Mutter herumwedelte. “Guck, Mama, das ist Taiki!” Er war etwa zehn Jahre alt, etwas jünger als Lisa; Armin war froh, dass seine jüngste Schwester kein Fan von Pokémonkämpfen war.
    Genervt wandte sich Armin ab und dem Fall zu. Besonders interessant war das verschickte Foto, das in der Zeitung abgedruckt war. Es zeigte Ray in weißer Uniform wie aus einem Science-Fiction-Film mit passendem Helm, der sein Gesicht verbarg. Offenbar wollte Ray nicht erkannt werden, was ihm gelang - unter dem Kostüm konnte Armin gerade abschätzen, dass Ray wohl eine schlankere Figur hatte als er selbst. Denkbar war aber auch eine Verbindung zu einer kriminellen Organisation - der seltsame Aufzug erinnerte ihn an die Uniformen von Team Crypto.
    Im Hintergrund war nur eine weiße Wand zu sehen, was ein weiterer Hinweis darauf war, dass Ray seine Identität geheimhalten wollte. Seltsam, wo er doch ein Foto von sich an die Presse geschickt hatte. Ging es nur darum, dass viele etwas dagegen hätten, dass legendäre Pokémon gefangen wurden - Armin dachte an seine Schwester - oder ging es hier um kriminelle Aktivitäten? Letzteres hielt Armin für wahrscheinlicher. Es passte besser zum Gesamtbild.
    Das Pokémon neben ihm --


    “Was liest du da eigentlich?”, riss ihn Esthers Stimme aus seinen Gedanken. Seine Schwester hatte den Kopfhörer abgenommen und starrte ausnahmsweise nicht auf ihren Computer, sondern auf die Zeitung in seinen Händen.
    “Das ist mein neuer Fall!”, antwortete er.
    “Triko-Journal…? Du bist doch nicht etwa nur mitgekommen, um irgendeinem Fall nachzugehen?”, fragte Esther und schüttelte ablehnend den Kopf.
    “Ist doch eine sinnvolle Beschäftigung, oder?”
    “Das ist die Pokémon-Weltmeisterschaft! Das größte Sportereignis der Welt und du kommst hierher, um einen Fall zu lösen!? Pff. Banause.” Ihre Entrüstung war schnell verschwunden. “Zeig mal her. Worum geht’s?”
    Armin hielt seiner Schwester die Zeitung hin, aber nicht, ohne das Bild weiter zu betrachten.


    Dass Ray das Pokémon tatsächlich gefangen hatte, war beinahe sicher - ein rotes Leuchten umgab es und führte zu einem Pokéball in Rays Hand. Armin fragte sich, wie Ray es geschafft hatte, ein Foto genau in diesem Moment zu schießen, dass man das rote Licht sah und doch die Züge des Pokémon noch erkennen konnte. Sehr gutes Timing mit einem Selbstauslöser oder ein Komplize.
    Der Pokéball in seiner Hand war kein gewöhnlicher Pokéball sondern ganz weiß, Armin meinte jedoch, eine gelbe Stelle zu entdecken. Diese Art von Pokéball kannte er nicht. Er griff in seine Manteltasche und holte den Notizblock heraus. “MRKT, Sortiment, w. Ball?”, schrieb er. Die Funktion des Balls und woher man ihn bekam könnte etwas über Ray verraten.


    “Legendäre Pokémon fangen? Wer macht denn so was!?”, sagte Esther entsetzt.
    “Um das herauszufinden bin ich hier.”
    “Sag mal, wie bist du darauf gekommen? Bekommst du neuerdings Aufträge aus Triko?”
    “Auftrag kann man es nicht nennen. Ich habe diesen Artikel in meinem Briefkasten gefunden und dachte, ‘Das sieht aus wie ein Fall, und ein Fall will gelöst werden!’”
    Wenn auch kein offizieller Auftrag, dieser Fall war eine willkommene Abwechslung zu den üblichen eifersüchtigen Eheleuten und Erbschaftsfragen, mit denen er in seiner Detektei zu tun hatte. Ein guter Grund, doch noch im Sommerurlaub seine Familie in die Triko-Region zu begleiten.
    “Gefunden…? Anonym, oder wie?” Esther verzog skeptisch die Augenbrauen.
    “Das ist wirklich seltsam, da gebe ich dir Recht. Aber nicht so seltsam wie die Tatsache, dass jemand legendäre Pokémon fängt.”
    “Das ist nicht seltsam, das ist verrückt! Legendäre Pokémon gehören nicht in einen Pokéball.”
    “Warum, weil sie dafür sorgen, dass die Welt nicht untergeht, oder so? Komisch, dass es die Welt noch gibt, wo sie doch gefangen wurden.” Armin hielt nichts davon, die legendären Pokémon so auf einen Thron zu stellen. Sie waren doch auch nur Pokémon. “Schlecht wird es natürlich, wenn dieser Ray die Pokémon für kriminelle Zwecke verwenden will, was ich bei dieser … Präsentation nicht für ausgeschlossen halte.”
    “Wie auch immer, dieser Typ gehört gestoppt. Ich schlage vor, wir versuchen, diesen Fall zu lösen.”
    “Abgemacht”, stimmte Armin zu. Das war fast wie früher, als sie zusammen allen möglichen Rätseln in Seegrasulb City nachgegangen waren.
    “Hmm. Aber wie könnte man da anfangen? Zeugen fragen wird schwierig, wenn man nicht weiß, wie dieser Ray an die Pokémon gekommen ist. Und wo man ihn gesehen haben könnte“, überlegte sie.
    Das brachte Armin auf eine Idee. „Wir sollten uns zuerst über die legendären Pokémon informieren.“
    „Stimmt. Aber wer könnte uns etwas über sie erzählen?“
    „Ich nehme mal an, so ziemlich jeder in dieser Region. Sie sind nicht umsonst legendär“, merkte Armin an. Jemanden auf die legendären Pokémon anzusprechen, konnte einen guten Ausgangspunkt liefern. Der Pokémon-Professor, den er bald treffen würde, bot sich besonders an. „Prof. U. fragen: Leg. PKMN“, notierte er.
    Wenn er erst einmal wusste, wo sich die Tatorte befanden, würde er dort Zeugen befragen können und endlich auch einmal eine richtige Tatortuntersuchung durchführen können. Ein legendäres Pokémon zu fangen hatte ohne Zweifel Spuren hinterlassen. Das Schwierige dabei war herauszufinden, wo sich die Pokémon vor ihrem Fang versteckt hatten. In seiner Heimatregion hatte Armin als Kind einmal nach Kyogre gesucht und sich in die Urzeithöhle geschlichen, doch er hatte es nicht gefunden. Allerdings hatte der Legendenjäger die legendären Pokémon der Triko-Region offensichtlich auch irgendwie aufgespürt. Es musste möglich sein. Die Frage war, wie.


    Esther deutete auf das Bild in der Zeitung und sagte irgendetwas, aber es konnte den Streit der Kinder im Hintergrund nicht übertönen. “Also, dieses Pokémon auf dem Bild, Yurenka, sieht aus wie ein Geist- oder Unlicht-Pokémon”, verstand er schließlich, als sie es ihm direkt ins Ohr sagte.
    “Wirklich? Es ist dunkel-violett und grinst über wörtlich das ganze Gesicht mit Zähnen wie ein Tohaido, da dachte ich jetzt eher an den Fee-Typ.”
    “Fee? Nein, nein, das muss ein süßes kleines Normal-Pokémon sein. Sieht doch fast aus wie ein Eneco!” Esther lachte.
    Ähnlichkeiten mit einem Eneco hatte es tatsächlich, zwar weniger im Bezug auf den Charakter, doch in Kopf- und Körperform gab es Gemeinsamkeiten, wobei Yurenka sogar kleiner war.
    “Hey, ist das ein ‘e’ auf seiner Stirn?”, meinte Esther.
    Armin betrachtete das Bild genauer, und tatsächlich, auf der Stirn des Pokémon zeichnete sich ein hellerer Fleck ab, der in seiner Form dem Buchstaben ‘e’ ähnelte. Auch sein Schwanz rollte sich am Ende in dieser Form.
    “Stimmt. Sieht aus, als könnte das eine Bedeutung haben.”
    “Schade, dass in diesem Artikel nicht mehr über Yurenka steht. Man hätte dir mal mehr schicken sollen als so einen winzigen Ausschnitt-- Oh! Ich hab eine Idee. Hm, ob das funktioniert…?”
    “Schieß los.”
    “Also, ich dachte gerade, vielleicht könnten wir uns die ganze Zeitung besorgen. Und die anderen Zeitungen aus diesem Zeitraum. Die haben da doch bestimmt noch mehr darüber berichtet. Wie lang ist das schon her? Oh, zwei Monate? Hm …”
    “Gute Idee.” Armin machte sich eine Notiz.


    “Zeig mal her!” - “Nein, das gehört mir!” - “Bitte, wenigstens Kitty!”
    Armin steckte den Zeitungsartikel und das Notizbuch weg und sah aus dem Fenster. Während des Flugs konnte er sich bei dieser Lautstärke nicht lang genug konzentrieren.
    Zwischen den Wolken sah er nur das Meer. Er lehnte seinen Kopf gegen die Scheibe, um möglichst weit in Flugrichtung blicken zu können, doch er konnte den Klammberg, den höchsten Berg der Triko-Region, nicht mehr sehen. Stattdessen befand sich nun die Sonne in seinem Blickfeld. Er sah nach Westen, also flogen sie nach Süden, in die Richtung des Bergs. Das passte zu dem Knick in der Flugroute, den sie laut Plan erst kurz vor der Ankunft machten. Es war nicht mehr weit.
    In etwa einer halben Stunde würde er den Professor treffen. Wie konnte er ihn am besten nach den legendären Pokémon fragen? Wenngleich er als Pokémon-Professor sich sicherlich auch damit auskannte, war es nicht sein Fachgebiet - ihn einfach so darauf anzusprechen würde auffallen. Er suchte gedanklich nach Sätzen, die funktionieren konnten.


    „Aua, meine Ohren!“ Diesmal war es wirklich seine Schwester Lisa, die ihn ablenkte. Wenn sie bereits den Druckunterschied spürte, kam die Landung noch früher als erwartet.
    Armin durchsuchte seine Manteltaschen nach einer Packung Kaugummi und gab sie dann Esther, die, als sie den Blick endlich von ihrem Handy abwenden konnte, den Kaugummi über ihren gemeinsamen Vater an Lisa weiterreichte.
    „Esther, mach dein Handy aus, wir landen“, ermahnte Armin seine Schwester.
    „Das ist ein PokéNav und er ist im Flugmodus. Ist auf diesem Flug erlaubt“, murmelte sie.
    „Was machst du da eigentlich?“
    „Ich verschaffe mir einen Überblick.“ Esther hielt ihm das Handy hin. Auf dem Bildschirm war eine Karte zu sehen. Auf dem zweiten Blick identifizierte sie Armin als eine Karte ihres Urlaubsorts Triko. Ganz im Norden an der Küste entdeckte er ihr Ziel.
    Als er ihr das Gerät zurückgegeben hatte, bemerkte er, dass er diesen Ort nun auch durch das Fenster sehen konnte. Sie hatten die Wolkendecke bereits durchbrochen und er hatte freie Sicht auf das Meer und die Küstenlinie, die sich in der Ferne abzeichnete. Er konnte die beiden Meeresarme erkennen, östlich derer sich Titaneon City befand.
    Das Land kam näher, er konnte den gut besuchten Strand erkennen, Schiffe in einem riesigen Hafen und schließlich eine Landschaft aus Hochhäusern und Wolkenkratzern in den verschiedensten Formen. Dann sah er große Wiesen mit Straßen dazwischen, ein langes, flaches Gebäude, andere Flugzeuge. Er spürte einen Ruck unter sich, als das Flugzeug auf der Landebahn aufsetzte.
    Armin kämpfte sich durch das Gedränge im Gang, wobei er viel zu lang brauchte, um seinen Koffer zu finden und der gestolperten Lisa aufzuhelfen, wodurch er am Ende des an die Flugzeugtür angeschlossenen Fingers seinen Vater und Esther erst einmal suchen musste.


    Mit seinem Koffer hinter sich ging Armin durch das Tor, dass den Innenraum des Flughafens von dem öffentlichen Außenbereich trennte. Aus der Menge der wartenden Personen traten zwei auf sie zu.
    Professor Ulm erkannte er gleich an seinem extra langen Laborkittel, den er auch außerhalb der Arbeit trug, als wäre er angewachsen. Ansonsten hatte er sich verändert - seine Haare waren weiß geworden, länger und unordentlicher, und es deutete sich eine Glatze an. Nicht nur die Brille ließ sein Gesicht älter wirken. Die achtzehn Jahre mehr seit dem letzten Treffen waren ihm deutlich anzumerken.
    Was seine Tochter anging, hatten die Bilder im Fernsehen nicht gelogen. Sie trug das gleiche weiße Kleid, mit dem man sie schon oft gesehen hatte, und ihre sanften Gesichtszüge und die hüftlangen lockigen blonden Haare verliehen ihr die gleiche Ausstrahlung einer Prinzessin. Die Tonnen an Make-Up trugen wohl einen Teil dazu bei.
    „Na, gute Reise?“, fragte Professor Ulm mit einem breiten Grinsen. „Darf ich euch meine Tochter Angelina vorstellen, den aktuellen Champ der Triko-Region, Kandidatin bei der Pokémon Weltmeisterschaft?“ Das Mädchen neben ihm lächelte.
    „Die kennen wir doch wohl alle…“, brummte Armin, zu leise, dass jemand es neben den lauten Unterhaltungen in der Menge hören könnte. Das letzte Mal im echten Leben hatte er Angelina zwar als Baby gesehen, aber in den Medien konnte man der Weltmeisterschaft und ihren Kandidaten nicht entgehen. Und sonst überall. Eigentlich nirgendwo. Es interessierte ihn viel mehr, was aus ihrer älteren Schwester Emilia geworden war. Laut Armins Vater war sie nach Orre gegangen und Zauberin geworden, aber mehr hatte auch er nicht sagen können - Professor Ulms Wortschwälle hatten selten ein anderes Thema als seine Forschungsarbeit und Angelina.
    Nach der üblichen Begrüßungs- und Vorstellungsrunde, wobei nur Armin nicht höflicher war als nötig, musste Lisa Professor Ulms Bemerkungen wie „wie groß deine Kleine schon geworden ist“, die eher zu einem Großvater passen würden, über sich ergehen lassen, während Esther Angelina aufgeregt um ein Autogramm bat. Angelina unterschrieb auf Esthers Stickeralbum, was eine Gruppe kreischender Teenager auf sie aufmerksam machte, die das gleiche Anliegen hatten.
    „Großartige Idee, Regentanz im Bizarroraum zu spielen. Regen kennt man doch sonst eher in Kombination mit Geschwindigkeit, zum Beispiel mit der Fähigkeit Wassertempo…“ Armin hörte dem Schwärmen seiner Schwester nicht weiter zu. Ihn interessierte das Wissen des Professors wesentlich mehr als die „großartigen“ strategischen Fähigkeiten seiner Tochter.
    Leider war gerade genau das das Gesprächsthema, in das Armins Vater und der Professor verwickelt waren. Professor Ulm wollte seinen ehemaligen Forschungskollegen anscheinend davon überzeugen, dass Angelina in ihrem Kampf gegen Oliver leichtes Spiel haben würde.


    Während sie den Flughafen verließen, ging Armin etwas abseits der Fans neben seiner jüngeren Schwester Lisa her. Ihrem genervten Gesichtsausdruck nach zu urteilen war sie ebenso wenig begeistert wie er.
    “Die spinnen doch alle. Mit ihrer WM”, sagte sie.
    “Oh ja. Oh ja. Ich würde ja gerne mal Professor Ulm etwas fragen, aber WM hier, Angelina da.” Er verstand nicht, wie es monatelang um nichts anderes gehen konnte als irgendwelche Pokémon-Kämpfe und die Champs der Regionen verehrt wurden wie legendäre Pokémon.
    “Professor? Professor!”, rief Lisa, bis Professor Ulm seinen Redeschwall unterbrach und sich zu ihnen umdrehte. “Armin möchte Sie was fragen.”
    “Oh! Ja, was gibt es denn?”
    „Beschäftigen Sie sich auch mit legendären Pokémon? Das Thema finde ich sehr interessant.“
    “Oh mein Arceus, Armin, du bist Ray!? Das hätte ich dir nie zugetraut!”, warf Angelina scherzhaft ein.
    Professor Ulm ignorierte ihren Kommentar und erklärte: „Dieses Gebiet ist mit meinem Fachgebiet eng verknüpft, du kannst mir selbstverständlich Fragen stellen. Ansonsten kann ich dir die Arbeit ‚Die legendären Pokémon der Triko-Region‘ von Kaylee Lovison nur empfehlen.“
    „Also, die drei legendären Pokémon von Triko heißen Serion, Futoran und Yurenka, richtig?“
    „Das kommt darauf an, ob du an die Existenz des vierten Pokémon glaubst.“
    „Vier?“ Im Zeitungsartikel hatte man eindeutig gesagt, Ray hätte mit Yurenka das dritte und letzte Pokémon gefangen.
    „Kohrin, das Austausch-Pokémon, das das Licht verkörpert. Seine Existenz ist umstritten, da die letzte Sichtung über einhundert Jahre zurückliegt und man bisher keinen eindeutigen Nachweis finden konnte. Allerdings sind die Zeugenberichte durchaus glaubwürdig. Aus meiner Sicht gibt es keinen Zweifel, dass es bis vor einhundert Jahren noch existierte. Seitdem scheint es allerdings ohne jede Spur verschwunden zu sein.“


    Wahrscheinlich war seine Existenz nur deshalb umstritten, weil es sich um ein Gerücht handelte. Dass jemand Begegnungen mit legendären Pokémon erfand und das als “glaubwürdigen Zeugenbericht” verkaufte, war schon oft genug vorgekommen.
    Aber was, wenn es nicht so war? Wenn wirklich ein legendäres Pokémon verschwunden war? Das klang noch deutlich interessanter als die Vermisstenfälle, die er ab und zu lösen durfte. Dass es sich versteckte, war eine Option, aber für hundert Jahre ohne jeglichen Hinweis auf seine Existenz, während sicher viele danach suchten? Und warum würde es das tun, und wie? War ihm etwas zugestoßen, ein Verbrechen etwa? Selbst dann, warum hatte man nie Hinweise gefunden? Und wie sollte einem mächtigen legendären Pokémon so etwas passieren?
    Nein, das ergab keinen Sinn. Wahrscheinlich existierte es einfach nicht, das war die einfachste Lösung.
    Allerdings hatte jemand drei legendäre Pokémon gefangen, wenn auch nicht gerade geheim. Auch in seinem Fall war eines der Rätsel, wie man ein Pokémon von dieser Stärke fangen konnte. Ob vor hundert Jahren jemand Kohrin gefangen hatte und es versteckt hatte, ein irrer Sammler vielleicht?
    Es klang seltsam, unglaubwürdig, dass ein Pokémon einfach so verschwunden sein sollte, aber Armin hatte bereits Fälle aufgeklärt, die beinahe unmöglich erschienen waren. Es war nicht auszuschließen, dass Kohrin doch existierte. Und dann würde es sich der irre Sammler namens Ray sicher auch nicht entgehen lassen.
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  • Hallo Evolina,


    anhand des neuen Kapitels verstehe ich jetzt, warum du nicht näher auf den Trainer eingegangen bist und dahingehend macht es auch Sinn. Auch wenn es natürlich schade war, keine Reaktionen aufgrund der vielen besiegten Pokémon zu erleben, aber das will ich jetzt eigentlich nicht weiter kritisieren. Das Hauptmerkmal war eben, ihn mysteriös erscheinen zu lassen, was dir im Laufe des ersten Kapitels gut gelingt und anhand der Sprites kann man sich die beiden nun auch vorstellen - Yurenka erinnert dabei interessanterweise an die Cheshire Cat aus Disney-Alice.
    Nun aber zum Text. Eigentlich passiert gar nicht so viel, da du hauptsächlich die Charaktere vorstellst und den eigentlichen Fall erläuterst. Es ist auf jeden Fall ein interessanter Ansatz, dass der Hauptcharakter Armin vorwiegend als Detekiv arbeitet und offenbar auch schon eine sehr erfolgreiche Karriere hinter sich gebracht hat. Wenngleich man davon nicht viel erfährt, aber was nicht ist, kann ja in der Zukunft noch werden. Da bietet es sich natürlich an, ihn eher als Realist darzustellen, der nicht viel von Pokémon-Kämpfen hält - zumindest für den Moment. Anhand des heiklen Falls könnte es sich durchaus auch herausstellen, dass er ebenfalls einmal auf das Wissen zurückgreifen müsste, um die Legendären Pokémon der Region zu finden.
    Zur Spannung trägt zum Einen der Zeitungsartikel bei. Schließlich kündigt sich der Meisterdieb Ray als gekonnter Fänger an und macht auch keinen Hehl daraus, seine Beute zu präsentieren, was ungewöhnlich ist. Offenbar scheint er nämlich zu einer feindlichen Bande zu gehören, auch wenn selbst das noch in den Sternen steht; und selbst wenn nicht, erweist sich allein durch sein Können als guter Gegenspieler. Zum Anderen erwähnst du auch noch ein viertes, bisher unbekanntes Legendäres Pokémon - Kohrin -, das durch seine noch nicht vollständig bestätigte Art an Mew erinnert. Man darf gespannt sein, was es mit ihm auf sich haben wird.
    Die Charaktere können sich durchaus sehen lassen. Armin und Esther standen dabei deutlich im Vordergrund und sie wurden ausreichend beleuchtet, sodass man sich mit ihnen anfreunden kann. Aber auch abseits der beiden weißt du Supporter zu präsentieren, so nämlich den Champ Angelina, auch wenn sie abseits einer kleinen Bemerkung noch nicht viel Screentime bekam. Dass du ausführlich schreibst und beschreibst, weißt du ja schon; dahingehend bin ich absolut zufrieden.


    Mir fällt gerade auf, dass ich hauptsächlich Vermutungen zum folgenden Verlauf aufgestellt habe. Ob das ein Nebeneffekt deiner Geschichte ist, wenn sie doch auf Krimis ausgelegt ist? Wer weiß. Auf jeden Fall hoffe ich, dass dir der Kommentar so weit hilft und man liest sich sicher wieder einmal. Bis dedenne!


    ~Rusalka

  • ■ Kapitel 2: Ein neues Team


    [tabmenu]
    [tab=@Rusalka]Vielen Dank!
    Freut mich, dass die Charaktere bisher gut ankommen. Da bin ich immer besonders unsicher.
    Gegen Spekulationen über den folgenden Verlauf habe ich gar nichts einzuwenden - im Gegenteil :) Das finde ich immer sehr interessant.
    Die Cheshire Cat war tatsächlich eine der Inspirationen für Yurenka.
    [tab=Zusammenfassung]
    Wegen der langen Wartezeit (keine Angst, die nächsten Kapitel kommen wöchentlich - Semesterferien und so) gibt es ausnahmsweise eine kleine Zusammenfassung der bisherigen Kapitel:


    Auf der Enigmainsel in der Triko-Region wurde das legendäre Pokémon Yurenka auf ihm selbst unbekannte Art aus dem Schlaf gerissen. Der Legendenjäger Ray versuchte es zu fangen. Yurenka nutzte seine drei Formen im Kampf und besiegte Rays Kangama und seine anderen Pokémon, bis sein letztes Pokémon es mit einem Draco Meteor mit sich riss und Yurenka schließlich von Ray gefangen wurde.
    Privatdetektiv Armin aus Hoenn fand einen Zeitungsartikel über diesen Vorfall - offenbar hatte Ray vor Yurenka bereits die beiden anderen legendären Pokémon der Triko-Region, Serion und Futoran, gefangen und nach jedem Fang ein Foto, das ihn mit dem jeweiligen Pokémon zeigte, veröffentlicht. Armin schloss sich der Reise seiner Familie zur Pokémon-Weltmeisterschaft in Triko an, um dem Fall nachzugehen. Im Flugzeug erfuhr seine Schwester Esther von seinem Fall und beschloss, mit ihm gemeinsam zu ermitteln. Am Flughafen begegneten sie einem alten Kollegen von Armins Vater, Professor Ulm, und seiner Tochter Angelina, die als Champ von Triko bei der Weltmeisterschaft antritt. Armin erfuhr von Professor Ulm, dass es in der Triko-Region ein weiteres legendäres Pokémon namens Kohrin gibt, dessen Existenz jedoch umstritten ist.
    [tab=Charaktere]
    Zu Charakteren, über die man noch nicht viel erfahren hat, steht auch noch nicht viel auf den Karten. Die Beschreibungen werden später erweitert - ich will nur nichts vorwegnehmen.
    Ab jetzt sind übrigens bei Trainern auch die Icons ihrer Pokémon dabei, sobald sie diese eingesetzt haben.


    [Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…fil-armin_zps2ejyqflv.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…il-esther_zpscchqfbop.png] [Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…rofil-ray_zpsngnmvsdi.png] [Blockierte Grafik: http://i.imgur.com/0TWUW3a.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…utoran-v1_zpsdonujczw.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…serion-v1_zpsh9gmfngv.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…-angelina_zpsbqienelx.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…l-lisa-v1_zps5jk7b4lw.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…markus-v1_zpsunvu8ezm.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…robert-v1_zpsnqaustlh.png][Blockierte Grafik: http://i1013.photobucket.com/a…emilia-v1_zpse2evbgel.png]
    Quelle des Fingerabdrucks: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fingerprint_Whorl.jpg
    Hintergrund: Vorinstalliertes Muster in Gimp

    [tab=Kapitel 2]Als Armin sich die neuesten Erkenntnisse und den Titel des empfohlenen Buchs über die legendären Pokémon notiert hatte - er musste sich unbedingt nach einer Bibliothek umsehen - hatte Professor Ulm seine Unterhaltung mit Armins Vater offenbar schon wieder fortgesetzt. Zumindest bezweifelte er, dass “Wer den Tann-Effekt nutzt, um seine Pokémon zu trainieren, ist den anderen Teilnehmern um Klassen voraus” etwas mit legendären Pokémon zu tun hatte. Ihn jetzt gerade nach etwas Anderem als dem Kampf in zwei Tagen zu fragen, hatte wohl wenig Sinn. Armin setzte schweigend den Gang durch den Flughafen fort.


    Aus der Nähe war Titaneon City noch beeindruckender als aus der Luft. Rund um den Flughafen hatten die Häuser „nur“ etwa fünf Stockwerke, doch sie waren ebenso futuristisch gebaut wie die Wolkenkratzer, die sich am Horizont abzeichneten. In den Glasfassaden spiegelte sich die Sonne. Armin legte seinen Kopf in den Nacken, um die Architektur des Hauses zu betrachten, an dem sie gerade vorbeigingen. Das Gebäude setzte sich aus zahlreichen Quadern in verschiedenen Formen zusammen, die so gestapelt waren, dass sie mehrere Stockwerke bildeten, wobei auf machen Stockwerken mehrere Quader durch Brücken mit Glaswänden verbunden waren.
    Plötzlich traf sein Bauch auf etwas Hartes. Als er seinen Blick wieder nach vorn wandte, sah er nur dunkelblaue Haare. Er entschuldigte sich bei Esther. Ihr „Ich finde Stafette-Teams unsportlich, ich hoffe, dass das bei der WM nicht zu viele bringen werden“ schien allerdings nicht ihm zu gelten.
    Die spektakulären Bauten wurden weniger und auf eine Siedlung aus würfelförmigen Reihenhäusern folgten älter aussehende braune Häuser mit schrägen Ziegeldächern, die eng nebeneinander standen.
    „Hier sieht es erstaunlich … normal aus“, meinte Armin.
    „Unglaublich, aber wahr: Titaneon City besteht nicht nur aus freakigen Hochhäusern!“, rief Angelina so überzogen, dass Armin Ironie vermutete.
    „Wie weit noch?“, fragte Lisa, als ihr Vater und sein alter Kollege für eine Sekunde schwiegen.
    „Es ist gleich da hinten um die Ecke“, antwortete Professor Ulm zu Armins Verwunderung. Von dem Champ und dessen Vater hatte er etwas weniger Bescheidenes erwartet.


    Tatsächlich war hinter der Ecke ein kleines Restaurant. Sie gingen in den von Büschen umzäunten Garten, der mit vielen Bäumen, einer Wiese und sogar einem kleinen Teich eine willkommene Abwechslung zu der Hochhauslandschaft von Titaneon City darstellte. Als der Kellner sein Autogramm bekommen hatte, führte er sie zu einem der vielen freien Tische. Sie saßen nicht lange, da sprangen die ersten Gäste auf.
    Als sich die Fans etwas beruhigt hatten, war es plötzlich Angelina selbst, die kreischend aufsprang. “Karpi!”, rief sie, rannte zum Nachbartisch und umarmte den dort sitzenden jungen Mann so fest, dass Armin befürchtete, sie würde ihn noch ersticken.
    “Das ist ja ein Volltreffer, Karpi!”
    “Karpi” brauchte offenbar einen Moment, um zu verstehen, was passiert war. “Lange nicht gesehen, Anna”, sagte er schließlich.
    "Eine Million Jahre! Wo warst du, Karpi!?" — "Eigentlich sind es drei."
    "Oh, hallo, Lukas! War für eine Überraschung! Angelina, bitte benimm dich. Wir sind hier in einem Restaurant", ermahnte sie ihr Vater.
    "Entschuldigung, Papa. Also, Kar-- Lukas, willst du Dich nicht zu uns setzen?", sagte sie mit dem gleichen höflichen Lächeln, mit dem sie schon Armin begrüßt hatte, und stellte die Restaurantgäste einander vor. "Karpi" hieß offenbar Lukas Neumann und war ein alter Schulfreund von Angelina.
    "Lukas, was machst du jetzt nach der Schule?"
    "Ich mache ein Praktikum im Knospingen-Labor. Was du jetzt machst, muss ich wohl nicht fragen."
    "Was, bei Papa? Warum hast du mir das nicht gesagt? Hm, also, du in einem Labor, das ist ja schon eine seltsame Vorstellung."
    "Ach, ich verteile nur Pokémon an Zehnjährige und so."
    Angelina und Lukas unterbrachen ihre Unterhaltung nur für einen Moment, als ein anderer Kellner vorbei kam und natürlich Angelina um ein Autogramm bat. Armin bestellte die üblichen Waffeln mit Amrenabeeren, die es zum Glück auch in Triko gab.


    Als Armin fertig gegessen hatte, bemerkte er, dass es schon viertel vor Neun war. Die Sonne tauchte den Garten in ein warmes Rot.
    Er holte seinen Block heraus und machte sich weitere Gedanken zum Fall. Wenn er Ray wäre, was würde er tun, um an die legendären Pokémon zu kommen? Was würde er brauchen?
    Es gab zwei Teile: die legendären Pokémon zu finden und sie zu fangen. Damals, mit Kyogre, war Armin schon am ersten Teil gescheitert. Sichtungen von legendären Pokémon waren selten, offenbar hielten sie sich meistens versteckt und wollten nicht gefunden werden. Wer nicht gefunden werden wollte, war auch schwer zu finden, das wusste Armin von seinen Vermisstenfällen. Wäre er Ray, würde er es erst einmal wie einen Fall angehen: recherchieren, alle Bibliotheken der Region abklappern, so viele Informationen sammeln wie möglich. Ob Ray das gleiche getan hatte, war fraglich, aber er musste ein Experte auf dem Gebiet der legendären Pokémon sein.
    Je stärker ein Pokémon, desto schwerer war es zu fangen – Armin dachte an Absol und den stundenlangen Kampf, den er nur knapp gewonnen hatte – ein legendäres Pokémon hatte bisher noch niemand gefangen, aber es konnte nicht einfach sein. Auch wenn sie nur Pokémon waren wie alle anderen, waren sie doch besonders stark, und um sie überhaupt zu schwächen, musste man wohl ein Champ sein – befand sich Ray etwa unter den Teilnehmern der Weltmeisterschaft? Nein, die Champs hatten ein Alibi, schließlich hatten sie sich bis vor kurzer Zeit in weit entfernten Regionen aufgehalten. Und selbst wenn man ein Champ war, Armin bezweifelte, dass ein normaler Pokéball oder Hyperball stabil genug war, ein legendäres Pokémon einzufangen. War dieser seltsame weiße Ball etwa ein Meisterball? Nein, solche Bälle gab es nicht, das widersprach jeder Logik. Dennoch musste er eine Bedeutung haben, aber welche?


    Armin kam nicht weiter und ließ sich von Lisa zu einer heimlichen Runde Galgenmännchen überreden. Lisa erriet “Lokomotive” und schlug Armin mit “Phosphophyllit” – was auch immer das wieder für ein seltsamer Stein war.
    „Spielt ihr da Galgenmännchen unterm Tisch?“, bemerkte Esther nach einigen Runden.
    „Hast du dein Handy unterm Tisch?“, entgegnete Armin.
    „Das ist ein PokéNav!“
    „Hey, wollten wir uns hier nicht unterhalten?“, fragte ihr Vater.
    „Multitasking“, sagte Esther, jetzt mit ihrem Handy auf dem Tisch.
    „Vielleicht sollten wir für heute aufhören, bevor sich deine Kinder noch langweilen“, schlug Professor Ulm vor. Armin verkniff sich den Kommentar, dass er mit 25 Jahren darauf verzichten konnte, als Kind bezeichnet zu werden, und stimmte ihm zu.


    Als die Unterhaltung endlich beendet war, war die Sonne bereits untergegangen. Im Blau der Dämmerung und dem gelblichen Licht der Straßenlaternen gefiel der Garten Armin noch besser. Er fand es fast schade, dass sie das Restaurant verließen und er die Spiegelung der Laterne im Teich nicht noch länger betrachten konnte. Er warf noch einen letzten Blick auf die goldenen Muster auf der Wasseroberfläche, bevor er dem Garten den Rücken zukehrte.
    “Ab nach Hause, oder?”, fragte Armins Vater.
    Armin schlug das Notizbuch auf, um sicherzugehen, dass er nichts vergessen hatte, und stellte fest: Er hatte natürlich etwas vergessen.
    “Gibt es in Titaneon City eigentlich eine Bibliothek?”
    “Nö, da müsst ihr schon in eine größere Stadt fahren, hier im Dorf gibt’s so was nicht”, sagte Angelina.
    “Wie Anna sagte, wir sind in Titaneon City. Die Stadtbibliothek hat heute sogar bis Mitternacht auf. Soll ich euch den Weg zeigen?”, fragte Lukas.
    “Karpi der Fremdenführer? Bin dabei!”
    “Heute Abend noch?” So lang waren die Läden selbst in Graphitport City zur Tourismus-Hochsaison nicht geöffnet, aber Armin wollte sich nicht beklagen. “Klingt wie eine gute Idee.”
    Neben Esther wollte auch Lisa unbedingt mitkommen und überredete ihren Vater, noch aufbleiben zu dürfen. So trennte sich die Gruppe in einer wieder belebteren Gegend von Titaneon City und die beiden Väter bogen in eine Seitenstraße ein, während Armin den anderen in Richtung der Wolkenkratzer folgte, bis sie auf eine große Straße kamen.


    Menschenmassen strömten Armin entgegen. Grelle Neonlichter blendeten ihn.
    Lärm. Menschen. Licht.
    Sprachen sie mit ihm? Er wusste es nicht. Er verstand nichts.
    Einfach geradeaus. Ein heller Haarschopf vor ihm, Angelina, ihr musste er folgen, sie kannte den Weg.
    Sein Koffer zog an seinem Arm, jemand drängte sich vor ihn, Angelina war nur in einer Lücke zu sehen.
    Kreischen – Lisa? Nein, Lisa hinter ihm schien in Ordnung zu sein, sie hing mit einer Hand an seinem Rucksack, gut, so wurde sie nicht abgedrängt. Vielleicht nur Fans von Angelina.
    Angelina, wo war sie? Menschen, überall Menschen, jemand rempelte ihn an, wo war der blonde Haarschopf?
    Er drehte sich um, auch keine Spur von Esther, Lisa war nicht mehr hinter ihm, er blieb stehen, sah sich um, er war allein.
    Vor ihm tauchte eine kleine Gestalt auf, ein grell-orangefarbener Rucksack, pinke Zöpfe, ein Koffer mit Edelsteinmuster – Lisa!
    Lisa kämpfte sich durch die Menge vor Armin, sie wurde langsamer, er konnte Angelina wieder sehen, Angelina, Esther, Lukas, Lisa kamen ihm entgegen, Angelina deutete nach rechts, raus aus der Menge, hinunter von der Straße.


    In einer kleinen Gasse, die Menschenströme hinter ihm, atmete Armin erleichtert durch.
    “Das war die größte Einkaufsmeile von Titaneon City. Ist am Power-Shopping-Freitag wohl nicht für jeden was”, meinte Angelina. “Wir müssen später wieder drauf, aber ‘n Umweg hat noch keinen umgebracht. Naja, auuußer wenn man von ‘ner wütenden Puppe mit Nadel und Faden verfolgt wird, dann sollte man Umwege durch kleine Gassen vermeiden!”
    “Ooh, du hast Banettes Rache geschaut?”, rief Esther erfreut.
    “Oh mein Arceus, ja! Der Film des Jahres! Des Jahrtausends!”
    Während Angelina und Esther von schauderhaften Horrorfilmen schwärmten, bedankte sich Armin bei Lisa, dass sie ihn von der schauderhaften Horrorstraße befreit hatte.
    Sie gingen weiter, schlängelten sich durch dünne Seitenstraßen. Je weiter sie sich von der Einkaufsmeile entfernten, desto weiter entfernten sich auch die Neonlichter. Es wurde dunkler, bis man nur dank der vereinzelten Straßenlaternen noch erkennen konnte, wie der Weg verlief. Daneben war alles finster, keine Umrisse, jemand könnte in diesem Moment in der Gasse stehen und Armin würde es nicht bemerken, er könnte sich anschleichen, unter den vielen Schritten der Gruppe würde das nicht auffallen, und wenn es ein Verbrecher wäre, könnte er tun was er wollte, und niemand könnte ihnen helfen, niemand würde sie finden, jemand konnte überall hier lauern --


    “Hey, Armin?”
    Armin zuckte zusammen.
    Das war es. Das war ein …
    “Armin, du Angsthaspiror! Das ist Karpi, der tut nix. Er ist doch ‘n Karpador!”
    “O-Oh. Natürlich. Ja, Lukas?”
    “Was suchst du eigentlich in der Bibliothek?”, war Lukas’ Frage.
    “Oh, oh! Ich weiß!”, warf Angelina ein. “Er will irgendwas über die legendären Pokémon lesen. Wahrscheinlich ist er Ray und plant seinen nächsten Coup! Nach Serion, Futoran und Yurenka jetzt das nächste legendäre Pokémon … Xeo-Xeo!”
    “Angelina?”, fragte Lisa. “Wer ist Ray?”
    “So ein Webarak, das zu viel ‘Schnapp’ sie dir alle!’ gespielt hat und meint, legendäre Pokémon zu fangen ist im Real Life auch voll cool.”
    “Jemand fängt legendäre Pokémon!? Das ist ja furchtbar!” Lisa klang ebenso entsetzt wie Esther im Flugzeug.
    “Du hast Recht. Diesem Schurken sollte man das Handwerk legen”, meinte Lukas.
    Armin war anscheinend der einzige, der beim Gedanken, legendäre Pokémon könnten sich in einem Pokéball befinden, nicht gleich panisch wurde.
    “Was ist daran denn so furchtbar? Noch ist die Welt nicht untergegangen, oder? Sieht so aus, als wären die legendären Pokémon doch nicht so legendär. Solange dieser Ray keine kriminellen Zwecke verfolgt, was nicht auszuschließen ist, genauer gesagt ist es wohl die wahrscheinlichste Erklärung für sein Verhalten, aber …”
    “Dass die legendären Pokémon ihre Aufgaben in einem Pokéball offenbar auch ausführen können, heißt nicht, dass sie in die falschen Hände geraten sollten”, sagte Lukas.
    “Hm, wenn ihr auch etwas gegen Ray habt, vielleicht könntet ihr dann auch mitkommen, in die Bibliothek? Ray das Handwerk zu legen ist unser Plan. Naja, zumindest meiner, Armin ist einfach Armin. Auf jeden Fall suchen wir Ray. Dafür wollten wir uns erstmal über die legendären Pokémon informieren.”
    “Hey, Esther, du kannst doch nicht einfach alles ver--”
    “Dabei! Dabei, dabei, dabei! Karpi, komm mit! Wir schnappen uns den Typ, der sie alle schnappt!”
    “Darf ich auch helfen?”, fragte Lisa.
    “Hey, das geht mir alles etwas zu--”
    “Moment”, unterbrach Lukas Armin. “Armin, wenn du kein Problem damit hast, was dieser Ray anstellt, warum gehst du dem Fall dann nach? Als Detektiv?”
    “Weil er Armin ist”, antwortete Esther.
    “Warum nicht? Es ist interessant.”
    “Interessant? Das ist einfach nur gefährlich, was dieser Ray da macht. Und deshalb bin ich dabei”, sagte Lukas.
    “Jaaa! Wir sind ein Team! Team coole Detektive und Karpador, los geht’s!”


    Innerhalb weniger Minuten hatte Armin wohl gerade so etwas wie ein Ermittlungsteam bekommen, sei es auch nur für einen Ausflug in die Bibliothek. Er hätte lieber selbst ein Mitspracherecht bei dieser Entscheidung gehabt, aber auch wenn er Angelina und Lukas kaum kannte, in einer Gruppe zu recherchieren war fast wie früher. Er erinnerte sich an seinen ersten großen Fall, damals, als Kind, als er mit seinen Freunden das Fiffyen von Emilia gesucht hatte …


    Ein neues Ermittlungsteam. War das der Beginn eines neuen großen Falls?[/tabmenu]

  • Hallo Evolina,


    bei einigen deiner Charakterbilder bekommt man das Gefühl, dass sie direkt aus einem der Spiele stammen könnten, so detailliert sind sie. Und falls du es nicht schon getan hast, solltest du vielleicht überlegen, bei den Spriting-Wettbewerben mitzumachen, da du wirklich talentiert bist. Aber ich schweife ab.


    Dass Armin noch keine neuen Erkenntnisse haben wird, war abzusehen und dazu ist es auch noch etwas früh. Schließlich will das Geheimnis um die Pokémon und diesen mysteriösen Ray lange gewahrt bleiben und da kommt dir das zu Gute, dass du dich auf den Alltag beschränkst und die Region vorstellst. Man bekommt tatsächlich ein ziemlich gutes Bild von Titaneon City und seinem krassen Gegensatz zwischen Hochhäusern und normalen Reihenhäusern. Da darf es natürlich auch nicht fehlen, dass ein neuer Charakter vorgestellt wird - Lukas, oder auch Karpi. ich hoffe, dass da noch geklärt wird, warum Angelina ihn eigentlich so nennt. Vielleicht basiert es ja auf einer witzigen Erinnerung und alle können einmal herzhaft darüber lachen? Das weißt aber nur du.
    Die Gedanken kreisen hauptsächlich um die Legenden und das Ziel ist die Stadtbibliothek, um mehr zu erfahren. Sehr zum Leidwesen von Armin, aber zusammen findet sich womöglich mehr als alleine. Erwähnenswert ist dabei besonders der Weg dorthin. In der Menschenmenge hast du klugerweise kurze Sätze verwendet, um die Bedrängnis und die Spannung zu zeigen, die hier herrschen. Schleßlich ist so eine Meute kein Zuckerschlecken. Auf der anderen Seite erwähnenswert sind auch einige Anspielungen auf Filme, diverse Mythen und allgemein das Pokémonspielen. Es handelt sich um simple Dinge, aber sie bringen Humor in die Geschichte und das gelingt einwandfrei.


    Ich hoffe, dass dir das Feedback hilft, wieder Motivation zum Schreiben zu bekommen und ich denke, man liest sich sicher wieder einmal. Bis dahin!


    ~Rusalka

  • ■ Kapitel 3: Geschichte und Geschichten


    [tabmenu]
    [tab=@Rusalka]Vielen Dank für deinen Kommentar!
    Einen kleinen Schub habe ich gerade gebraucht, um wieder weiterzuschreiben und mehr Sprites zu machen. Jetzt läuft es mal wieder wie geschmiert =D
    Ich dachte, ich hätte schon angedeutet, warum Angelina Lukas Karpi nennt. Offenbar habe ich das aber doch vergesse. Sollte ich wohl bei Gelegenheit mal nachholen. (Eine besondere Anekdote steckt dahinter zwar nicht, aber etwas, das ich sehr gerne mag: Foreshadowing =D)
    Dass ich kurze Sätze als Stilmittel mag, wird man wohl noch oft merken.
    Kapitel 2 war wirklich noch viel Alltag und Einführung - jetzt geht es los mit der Ermittlung!
    [tab=Charaktere]
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    Quelle des Fingerabdrucks: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fingerprint_Whorl.jpg
    Hintergrund: Vorinstalliertes Muster in Gimp

    [tab=Kapitel 3]Nur ein paar Meter vor ihnen in der dunklen Gasse sah Armin plötzlich eine Bewegung. Ein kleiner Schemen huschte von einer Hauswand zur anderen Seite, bis unter eine Laterne. Vielleicht dreißig Zentimeter groß, violettes Fell, ein Vierbeiner, große Ohren, ein dünner Schwanz, zwei riesige Zähne. Armin atmete erleichtert aus. Es war nur ein Rattfratz.
    Halt. Es war nicht nur ein Rattfratz. Es war ein wildes Pokémon, und das bedeutete--
    Lisa schrie.
    Armin lief zu ihr, stellte sich zwischen sie und das Pokémon. "Es ist gleich wieder weg. Es kommt nicht hierher", sagte er, er versuchte ruhig zu klingen, aber es gelang ihm nicht. Er hörte, wie sich jemand neben ihn stellte, wahrscheinlich war es Esther.
    Lisa antwortete nicht, sie sah ihn nur an. Selbst in der Dunkelheit konnte er sehen, wie sie zitterte.
    "Oh mein Arceus, was habt ihr? Das ist nur ein Rattfratz! Das tut nix, das will nur spielen. Das Wie-tief-krieg-ich-meine-Zähne-in-dein-Bein-Spiel, natürlich."
    "Angelina, halt die--" Das war nicht der richtige Zeitpunkt für schlechte Witze.
    "Es ist schon wieder weg", sagte Lukas.
    Langsam setzte Armin mit Lisa seinen Weg fort.
    "Klar ist es weg. Bei dem Geschrei wär ich auch weggelaufen", sagte Angelina.
    "'T-Tschuldigung. H-Hab mich erschreckt."
    "Rattfratz sind echte Angsthaspiror. Wenn die 'nen Menschen angreifen, bin ich Rayquaza."
    "Angelina, vielleicht wäre es besser, damit aufzuhören, ich glaube nicht, dass es hilft, sie damit aufzuziehen…", sagte Esther. Bis auf "vielleicht" und "ich glaube" hätte Armin das so unterschrieben.
    "Okay", sagte Angelina, aber sie schien das Problem nicht verstanden zu haben.


    Nach einigen Abzweigungen wurde es lauter, Armin hörte Schritte und Stimmen, alle wild durcheinander, und es wurde heller am Ende der Gasse. Das musste die Horrorstraße sein.
    "Wie müssen gleich nur die Straße überqueren. Die Bibliothek ist das buchförmige Gebäude gleich gegenüber", sagte Lukas. Armin stellte sich ein Gebäude in Buchform vor, breit aber flach wie sein aufgeschlagenes Notizbuch, mit gewölbtem Dach, zwei Teile, die durch Ringe zusammengehalten wurden. Armin lachte. Lukas hatte einen seltsamen Humor, aber die Vorstellung war amüsant.
    Während Armin sich durch die Menschenmenge kämpfte, sah er, dass es kein Witz gewesen war. Das Hochhaus auf der anderen Seite der Horrorstraße hatte die Form eines stehenden, etwas aufgeschlagenen Buches. Wie üblich für Titaneon City und seine seltsame Architektur waren die riesigen Glasfenster von Neonlichtern in verschiedensten Farben beleuchtet.
    "Willkommen in der freakigsten Bibliothek der Region!", rief Angelina, als sie die Massen hinter sich gelassen hatten und in die Eingangshalle traten.
    Im Inneren der Bibliothek sah es so kahl aus wie in einem Krankenhaus oder Esthers Wohnung. Der Informationsschalter war leer bis auf die Menschen hinter ihm und einige Regale mit Ordnern. Es gab keine Zimmerpflanzen, und im Empfangsraum auch keine Bücher. Der Boden war weiß, die Wände ebenfalls - zumindest an den wenigen Stellen, wo keine Fenster waren. Nur der bunte Schein der Lichter um die Fenster brachte etwas Farbe in die Bibliothek.
    "So, wo wollen wir hin?", flüsterte Lukas.
    "Hm, das ist eigentlich eine gute Frage, hattest du dir da nicht irgendwas notiert, Armin, vielleicht könnte das ja ein Anhaltspunkt sein?", fragte Esther.
    Um das zu beantworten, musste Armin sein Notizbuch nicht aufschlagen. "Wir suchen das Buch 'Die legendären Pokémon der Triko-Region' von Kaylee Lovison. Oh, und gibt es hier alte Zeitungen?"
    "Zeitungen haben sie im Keller", sagte Lukas.
    "Was wollt ihr denn mit alten Zeitungen? Ihr seid ja schlimmere Streber als Karpi."
    "Hey, Zeitungen sind eine wahre Fundgrube an Informationen. Dieser Ray hat legendäre Pokémon gefangen, dabei muss irgendjemand irgendetwas bemerkt haben."
    "Okay, wo könnten wir das Buch finden… Gehört das vielleicht in die Abteilung Geschichte?"
    “Das hat Papa empfohlen, das kann nur Pokémonologie sein. Alles andere würde ihn so sehr interessieren wie mich das Wetter in Kalos. Oder dieses komische Zeug, was Karpi da immer liest."
    Pokémonologie fand Armin auf der Infotafel unter den Themen, die sich im zwölften Stock befinden sollten.
    "Die Legenden von Triko sollten uns auch einiges über die legendären Pokémon verraten. Sie heißen ja nicht umsonst legendär", sagte Lukas.
    "Fiktion verrät natürlich unheimlich viel über die Realität. Warum schauen wir nicht einen Krimi, um rauszufinden, wer Ray ist?", sagte Armin.
    "Also, ich denke, schaden wird es wahrscheinlich nicht, oder? Vielleicht könnte sich ja Lukas in die Legenden einlesen, wenn du das nicht machen möchtest", schlug Esther vor.
    "Ich komm mit! Los geht's!" Angelina zog Lukas in Richtung Aufzug.
    "O-Okay. Wir kommen dann in den Keller, wenn wir fertig sind!", war das letzte, das Armin verstehen konnte, bevor Lukas im Aufzug verschwand.
    "Sieht aus, als wäre das geklärt. Ich werde dann das Buch von Lovison lesen", sagte Armin. "Esther, kümmerst du dich um die Zeitungen?"
    "Okay, ich denke, das könnte funktionieren."
    "Ich helf dir, Armin!", sagte Lisa.
    Lisa bot an, Armins Koffer mitzunehmen und ging mit Esther zum Aufzug. Armin freute sich nicht darauf, die Treppe bis in den zwölften Stock zu steigen, aber es war noch deutlich angenehmer als Aufzug zu fahren.


    Als Armin endlich im zwölften Stock angekommen war, musste er sich zuerst auf den Boden setzen, da er befürchtete, sonst umzufallen. Schwindel. Zu wenig Luft. Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Fast so schlimm wie … Aufzug fahren.
    Als er nach einigen Minuten wieder stehen konnte, nahm er seinen Koffer entgegen und suchte die Regale ab. "Lind, Lindner…"
    "Lovison!", sagte Lisa.
    Armin nahm das Buch, worauf sie zeigte. Auf dem Einband war eine Zeichnung, die den Proportionen, den wenigen Farben und der "Leinwand" – wörtlich eine Wand – nach mindestens ein paar Jahrtausende alt war. Zu sehen waren ein weißes Drachen-Pokémon, das sich um ein rotes Pluszeichen schlängelte, und ein arkaniähnliches Pokémon mit schwarzen und blauen Streifen, das auf einem blauen Rechteck stand – ein Minuszeichen?
    "Sind das die legendären Pokémon? Gruselig", meinte Lisa.
    Armin schlug das Inhaltsverzeichnis auf. Jedes Pokémon hatte seinen eigenen Teil – auch Kohrin. Zu den ersten drei gab es ähnliche Überschriften wie in einem Pokédex-Eintrag: Körperbau, Verhalten, bekannte Attacken, … Die Überschrift "Fundorte" weckte sein Interesse am meisten.
    Der Abschnitt zu Serion wurde von einem Foto eingeleitet, das das Drachen-Pokémon vom Einband zeigte. In Schwarz-Weiß und mit der schlechten Auflösung – der Bildunterschrift nach war es fast hundert Jahre alt – war nicht viel zu erkennen, aber das Pluszeichen auf dem Einband war offenbar von dem Muster auf seinem Bauch inspiriert. Im Hintergrund war hauptsächlich der Himmel zu sehen, am unteren Rand jedoch sah Armin ein Stück Fels. Er tippte darauf, dass das Foto auf einem Berggipfel geschossen wurde. Er machte sich eine Notiz, nach Bergen zu fragen – allzu viele konnte es in der für ihre Flachheit bekannten Triko-Region nicht geben.
    Armin überflog den Rest – anscheinend hatte das Positiv-Pokémon Serion die Typen Elektro und Drache, zeichnete sich durch starke Fernangriffe aus und war stets ruhig und gelassen – und sprang zum Abschnitt "Fundorte". Für nur ein einzelnes Pokémon gab es natürlich keinen natürlichen Lebensraum der Art; aufgelistet waren nur Orte, an denen Serion gesichtet worden war. Es konzentrierte sich auf eine Stadt namens Sagenau City – mal war es direkt in der Stadt, mal auf einer Nachbarroute, … fast alle Orte hingen mit Sagenau zusammen. Das war eine besonders große Notiz wert.
    Futoran, das Negativ-Pokémon, schien das genaue Gegenteil von Serion zu sein: Neben dem Elektro-Typ hatte es den Kampf-Typ, war laut und aggressiv und hatte starke physische Angriffe. Im Hintergrund des Fotos waren Stalaktiten. Neben "Höhle" notierte sich Armin auch den Namen der Urheberin der Fotos – "Amalie Winter" hatte es immerhin geschafft, zwei legendäre Pokémon zu fotografieren; möglicherweise hatte Ray die Pokémon auf dem gleichen Weg gefunden wie sie. Allerdings war sie dem Alter nach höchstwahrscheinlich nicht mehr am Leben, Informationen von ihr zu bekommen würde also schwierig sein.
    Auch Futoran wurde stets in der Nähe von Sagenau City gesehen. Diese Stadt war einen Besuch wert – Ray musste dort gewesen sein.
    Zu Yurenka, dem Neutral-Pokémon, gab es gleich drei Fotografien und jeden Abschnitt in drei Ausführungen. Anscheinend besaß es drei Formen, die sich auf viele Arten unterschieden: Die flinke, aber fragile E-Form aus der Zeitung, die Spaß daran hatte, Menschen zu erschrecken, die mittlere My-Form mit der Statur eines größeren Absol, die ausgeglichene Stärken hatte und alles analysierte – sympathisch, fand Armin – und die riesige, kräftige Tau-Form, die eher Ähnlichkeit mit Futoran hatte.
    In der E-Form maß Yurenka 45 Zentimeter. Armin maß Yurenka und Ray auf dem Foto in der Zeitung, indem er das karierte Papier seines Notizblocks als Lineal benutzte, und berechnete damit die Größe von Ray. Er war etwa einen Meter siebzig groß, vielleicht fünf Zentimeter mehr oder weniger.
    Weder aus Winters Fotos noch aus den Sichtungsorten konnte Armin viel schließen. Alle Fotos zeigten Yurenka an anderen Orten und die Sichtungsorte waren über die ganze Region verstreut. Anscheinend erschreckte Yurenka Menschen und kämpfte gegen Pokémon in der ganzen Region, um seiner ständigen Langeweile entgegenzuwirken. Seinen eigentlichen Lebensraum hatte noch niemand gefunden – außer Ray, wenn er nicht Yurenka bei seinen Ausflügen abgefangen hatte. Beides stellte sich Armin schwieriger vor als Sagenau City nach den anderen beiden Pokémon abzusuchen. Wollte er Yurenka finden, gäbe es nur einen Ansatz: Wie die Autorin beschrieb, gab es Spekulationen, Yurenka würde sich auf einer Insel namens Enigmainsel in der Nähe von "Ostdeich" verstecken – eine Notiz wert. Zahlreiche Forschungsteams hatten es dort allerdings nicht gefunden, also war diese Theorie wohl nicht sehr vertrauenswürdig.
    Zu Kohrin gab es so gut wie nichts. Anscheinend wurde es zum ersten Mal vor etwa tausend Jahren und zum letzten Mal vor ziemlich genau einem Jahrhundert gesehen, aber keine der Quellen konnte eindeutig verifiziert werden. Wenn es denn existierte, handelte es sich bei ihm den wenigen Informationen nach um ein Pokémon der Typen Elektro und Psycho. Es hatte einen listigen Charakter und ähnelte einem zweibeinigen Vulnona oder einem weiß-gelben Zoroark. Es war schneller als jedes andere Pokémon. In den Sagen wurde es mit dem Licht assoziiert und das Austausch-Pokémon genannt. Sagen, so klang das alles, als hätte sich ein gelangweilter Mensch vor tausend Jahren ein Pokémon ausgedacht. Wahrscheinlich war es genauso real wie Xeo-Xeo. Aber wenn in einem Fachbuch der Pokémonologie über es berichtet wurde, wenn auch mit der Bemerkung, dass alles mit Vorsicht zu genießen war, musste es doch gute Gründe geben, an es zu glauben …
    "Armin? Wir sollten langsam wieder runter, Esther und die Anderen warten sicher schon."
    "Oh? Oh, stimmt. Schon eine Stunde … Lisa, was hältst du von diesem Kohrin?"
    "Ich glaube, es versteckt sich. Es bleibt gern geheim, sonst hätte man bestimmt vor hundert Jahren schon mehr rausgefunden. Vielleicht plant es irgendwas böses, seit hundert Jahren, oder es mag keine Menschen", flüsterte sie, bevor sie sich wieder am Eingang zum Treppenhaus trennten.


    Zum Glück war der Weg in den Keller nur halb so anstrengend wie der Weg nach oben, sodass Armin sich diesmal nur fünf Minuten ausruhen musste, bevor er am Austausch der Ergebnisse teilnehmen konnte.
    "Wir fangen an!", beschloss Angelina. "Also, Karpi hat sich dieses Buch ausgesucht." Sie hielt ein Buch mit dem Titel "Legenden der Triko-Region: Die Wächter der Welt" hoch. "Die Autorin ist anscheinend in der Streberwelt total wichtig und bekannt wie ein buntes Yorkleff, also, Armin, renn nicht gleich weg, nur weil da "Legenden" draufsteht, es könnte Spuren von Infos enthalten."
    "Amalie Winter?", las Armin über dem Titel. "Den Namen hab ich schon mal gehört. Wer ist das?"
    "Die erste Pokémonologin aus der Triko-Region, die den Palm-Preis bekommen hat. Sie hat sich auch viel mit den Legenden beschäftigt, wie man an diesem Buch sieht", erklärte Lukas.
    "Aaalso. Zusammenfassung. Am Anfang war Arceus und hat die Welt erschaffen und Dialga und Palkia und Giratina und so weiter und das kennt ihr in Hoenn bestimmt auch alle. Dann hat Giratina böse Sachen gemacht und Arceus sagte 'Oh nein. Das ist ja gefährlich, das muss in den Pokémon-Knast.' Also hat es die Welt aufgeteilt in normales Zeug und Anti-Zeug, und das Anti-Zeug hieß dann Zerrwelt, und da kam Giratina rein. Aber dann gab es immer noch Ärger und Dialga und Palkia sagten 'Oh nein, irgendwann fällt die Zerrwelt mit unserer Welt zusammen und das normale Zeug trifft auf das Anti-Zeug und dann macht es 'Kaboom!' und alle Universen sind weg!' Und weil das doof ist, haben sie Futoran erschaffen, das steht für das normale Zeug und Serion für das Anti-Zeug und die sollen dann dafür sorgen, dass alles im Gleichgewicht bleibt und es nicht 'Kaboom!' macht. Aber Serion und Futoran haben sich gezofft und wenn die sich kloppen macht es wieder 'Kaboom!', also haben Palkia und Dialga noch Yurenka erschaffen, das Streitschlichter spielen soll. Yurenka hat dann die Welt gerettet und dann haben Serion und Futoran noch ein paar Mal die Welt gerettet. Okay, hab ich was vergessen, Karpi?"
    Ähnlich wie die Geschichten über Kyogre und Groudon höchstens Stoff für einen Film, dachte Armin.
    "Nein, das dürfte es gewesen sein, wobei es im Original natürlich mehr nach dem ernsthaften Glauben einiger Vorfahren und weniger nach einem Actionfilm klingt. Leider wird Kohrin darin mit keinem Wort erwähnt. Deshalb habe ich hier noch 'Geschichten aus Tourlauben'."
    Lukas reichte ein Buch durch. Als es bei Armin ankam, überflog er nur das Inhaltsverzeichnis, dann hatte er genug. Antike Pokébälle, die ihre Pokémon nicht mehr freigaben, böse Geister im "Turm der Sonne", die Menschen anlockten, die Geschichte, wie Yurenka aus Langeweile Kohrin erschuf, … was für ein Unsinn.
    "Kannst du bitte den sinnvollen Teil zusammenfassen, wenn es einen gibt?", fragte Armin.
    "Der Turm der Sonne bei Tourlauben steht wahrscheinlich mit Kohrin in Verbindung. Dort gibt es viel mehr Geschichten zu Kohrin als im Rest der Region."
    "Oh, stimmt! Tourlauben und der Turm der Sonne waren zugekleistert mit diesem Pokémon, das aussieht wie ein Zoroark, das in einen Farbtopf gefallen ist. Weißt du noch, Karpi?"
    "Das stimmt. Was ich auch noch interessant fand, war, dass vor hundert Jahren ein Kristall im Turm der Sonne aufgehört haben soll zu leuchten. Genau als Kohrin verschwunden ist, das kann kein Zufall sein."
    "Kristalle, die wegen eines Pokémon leuchten oder aufhören zu leuchten? Dann noch eher ein Zufall", meinte Armin.


    Armin fasste zusammen, was er in Lovisons Buch gelesen hatte und ging seine Notizen durch.
    "Welche Berge gibt es in Triko?"
    "Der Größte ist der Klammberg, dann kommt der Plusberg, und dann … der Rotomurfhügel in meinem Garten? Der Großteil von Triko ist so flach wie ein Flunschlik."
    "Liegt einer von denen zufällig in der Nähe von Sagenau City?"
    "Ja, der Plusberg."
    "Gibt es in diesem Plusberg eine Höhle?"
    "Die Minushöhle, warum? Oh. Ooh! Da gibt es bestimmt die legendären … Plusle und Minun!", sagte Angelina.
    "Genau. Der Berg und die Höhle, wo die Fotos von Serion und Futoran entstanden sind, sind höchstwahrscheinlich der Plusberg und die Minushöhle. Sieht aus, als wäre Sagenau wirklich einen Besuch wert." Armin unterstrich seine Notiz zu Sagenau noch einmal und bat dann Esther, die Erkenntnisse aus den Zeitungen vorzustellen.


    "Also, es gab noch ein paar Artikel zu Ray, Interviews mit Experten zu legendären Pokémon, wie gefährlich das ist, dass sie gefangen wurden – wenn ich das jetzt zusammenfassen müsste, würde ich sagen, sehr gefährlich, da waren sich eigentlich alle einig, anscheinend hat jemand schon mal versucht, die legendären Flug-Pokémon aus Kanto zu fangen, und das wäre fast sehr böse geendet, wenn Lugia nicht eingegriffen hätte, weil es die Natur aus dem Gleichgewicht gebracht hätte, und außerdem sind legendäre Pokémon ja auch vergleichsweise stark und könnten als eine Art Waffe eingesetzt werden, wenn dieser Ray das will, und ich hab vergessen, wo mein Satz angefangen hat.
    "Dann fand ich noch ganz interessant, also, ich dachte, das könnte vielleicht irgendwas mit Ray zu tun haben, wie hieß nochmal diese Insel, wo sie vermuteten, da könnte Yurenka sein?"
    Armin blätterte in seinen Notizen. "Enigmainsel."
    "Genau! Am 15. Juni, also zwei Tage bevor sie das Foto von Yurenka gezeigt haben, war die Enigmainsel plötzlich verschwunden. Ein Fischer war in der Nähe unterwegs, er hat am Abend des Vortags die Insel noch gesehen, und am nächsten Morgen war sie nicht mehr da, einfach weg. Außerdem hat er am Abend ein Staraptor am Himmel gesehen, obwohl es in dieser Region eigentlich keine wilden Staraptor gibt, das ist vielleicht nur Zufall, aber es ist so seltsam, da könnte es doch auch eine Verbindung geben, vielleicht war es Rays Staraptor."
    "Meinst du, dass die Insel verschwunden ist, als Yurenka gefangen wurde? Aber warum sollte sie das tun?", fragte Armin.
    “Wenn das Yurenkas Insel ist, vielleicht kann sie ohne es nicht existieren, es ist ja legendär", sagte Lisa. “Oder sie haben heftig gekämpft und dann ist die Insel kaputtgegangen.”
    “Das klingt sogar plausibel. Hm … das Staraptor gehörte offensichtlich zu einem Trainer. Wenn das kein Zufall ist, könnte es Ray genutzt haben, um zur Insel zu gelangen, immerhin hätte er so keinen Bootskapitän als Zeugen. Das sieht aus wie ein Hinweis! Und ein guter – wenn es hier keine Staraptor gibt, haben nur wenige Trainer eins.” Armin schrieb groß “Wer hat Staraptor??” in sein Notizbuch.


    “Oh, und dann war da noch was Komisches in der Zeitung vom 19. Juni, vier Tage später”, fuhr Esther fort. “Jemand hat anscheinend in einer Höhle die Stimme eines legendären Pokémon gehört, ich dachte mir, das könnte vielleicht etwas mit dem Fall zu tun haben, vielleicht ist es aber auch nur Zufall oder erfunden.”
    “Wahrscheinlich letzteres”, meinte Armin. “So was denkt sich immer wieder mal jemand aus. Gibt es noch etwas Interessanteres?”
    “Moment, am 19. Juni? Da waren Yurenka, Serion und Futoran doch schon gefangen. Wenn es nicht erfunden ist, haben wir es da vielleicht mit Kohrin zu tun. Welche Höhle ist das?”, fragte Lukas.
    “Hier steht ‘Düsterhöhle bei Titaneon City’. Also, das dachte ich auch, oder vielleicht war dieser Ray an dem Tag in der Höhle, immerhin hatte er da ja anscheinend die anderen Pokémon schon gefangen, also hatte er sie vielleicht bei sich, und dann könnte man sie auch hören, denke ich.”
    “Hey, das hab ich schon gehört. Das Phantom der Düsterhöhle! In dieser Höhle spukt es wie auf einem Spukball”, sagte Angelina.
    “Ist das nicht ein Film? Zumindest kommt mir der Name bekannt vor”, meinte Esther.
    “Klar ist das ein Film! Ein Hammerfilm! Aber er basiert auf einer wahren Begebenheit.”
    “Sollen wir uns die Düsterhöhle mal anschauen? Da gibt es bestimmt Hinweise”, meinte Lisa, aber Armin hielt nichts davon. Seine Liste der Dinge, denen er noch nachgehen musste, wurde länger und länger, für seltsame Gerüchte war da keine Zeit.
    “Was steht denn auf der Liste?”, fragte Esther.
    “MRK… ach ja, in einem Supermarkt nachfragen, ob sie weiße Pokébälle im Sortiment haben. Verdächtige finden – wer hat ein Motiv und die Möglichkeiten, legendäre Pokémon zu fangen? Die Tatorte in Sagenau City aufsuchen. Herausfinden, wie Amalie Winter die Fotos von den Pokémon geschossen hat. Ersteres ist simpel, der Rest wird etwas aufwändiger. Aber zuerst”, Armin gähnte, “sollten wir schlafen.”


    Mit den ausgeliehenen Büchern im Koffer gingen sie zurück auf die Horrorstraße, die zum Glück inzwischen deutlich leerer geworden war, sodass Armin zumindest einen Quadratmeter für sich allein hatte. So ließ er sich überreden, diesmal den direkten Weg über die Einkaufsmeile zu nehmen. Das Hotel, in dem seine Familie übernachtete, lag laut Angelina nur einen halben Kilometer entfernt in einer Seitenstraße. Sie und Lukas dagegen mussten in eine andere Richtung und so trennten sie sich.
    “Oh, hier ist die Ketchumstraße”, bemerkte Esther. “… Wo soll das Hotel jetzt sein? Was ist denn die Hausnummer, die könnte vielleicht hilfreich sein …“
    “Wir könnten mal dort hingehen, wo ‘Hotel Zwirrlicht’ steht.” Armin deutete auf die riesigen Neonbuchstaben auf dem Dach eines der Hochhäuser. “Da steht sicher auch die Hausnummer.”
    “Armin?”
    Jemand tippte Armin an. Er schreckte auf, bis er bemerkte, dass es nur Lisa war.
    “Armin? Esther? Dieser Mensch ist gruselig. Der mit dem Helm”, sagte sie.
    “Wahrscheinlich ein Motorradfah--” Er sah ein futuristisches weißes Outfit mit gelben Streifen. “Ray!?”
    Nein, einige Details passten nicht. Die Person war etwa einen Meter neunzig groß, viel zu groß, um dieselbe Person zu sein wie auf dem Foto. Auch das gelbe Muster auf der Uniform war ein Anderes und der hohe Kragen fehlte; stattdessen trug sie Handschuhe, die fast bis zur Schulter reichten.
    Selbst wenn das nicht Ray war, die Ähnlichkeit war zu groß, um ein Zufall zu sein. Armin ging auf die seltsame Person zu und sprach sie darauf an.
    “Das ist ja auch ‘n Ray-Kostüm, Mann!”, antwortete der Doppelgänger.
    “Sie verkleiden sich als Ray? Warum--”
    “Weil er der Größte ist!”, sagte er und verschwand in einem Hochhaus.
    Das war etwa so glaubwürdig wie die Geschichten in dem Buch von Lukas – manche Leute liefen vielleicht kostümiert durch die Stadt, aber dann würden sie doch dafür sorgen, dass die Details mit ihrem Vorbild übereinstimmen, und außerdem nicht bei der kleinsten Nachfrage die Flucht ergreifen. Leider war Armin zu müde, um weitere Schlussfolgerungen anzustellen. Er machte sich eine Notiz zu der seltsamen Begegnung und zeichnete das Symbol auf der Kleidung des Doppelgängers nach – war das ein “Y” mit einer Schleife oder ein nach unten schwimmendes Karpador? – dann betrat er mit seinen Geschwistern das Hotel.
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  • ■ Kapitel 4: Erste Verdächtige


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    [tab=Vorwort]Ich komme leider in der Vorlesungszeit kaum dazu, die Sprites zu erstellen ... Diese werden bei Gelegenheit nachgetragen, sonst komme ich hier mit dem Posten nie auf den aktuellen Stand :(


    Eine kleine Andeutung, wieso Angelina Lukas Karpi nennt, hat in Kapitel 8 Platz gefunden.
    [tab=Kapitel 4]An nächsten Morgen saß Armin im Hotelzimmer, sein Notizbuch vor sich auf dem Schreibtisch, und dachte nach.
    Er hatte jetzt einen Tatort, den er untersuchen konnte: Sagenau City. Sollte die Enigmainsel bei Yurenkas Fang verschwunden sein, kannte er auch eine Tatzeit. Er hatte einige Anhaltspunkte, wie den weißen Pokéball, die Fotos in den Büchern und Rays Doppelgänger. Aber etwas Wichtiges fehlte: Verdächtige. Es gab einige Hinweise zu Rays Identität: Ein starker Trainer, wahrscheinlich aus Triko, einen Meter siebzig groß, mit Kenntnissen über legendäre Pokémon, hatte vielleicht ein Staraptor. Es war an der Zeit, diese in Namen umzusetzen. Als Champ konnte Angelina ihm sicher die stärksten Trainer der Triko-Region aufzählen; möglicherweise wusste sie auch, auf wen von ihnen die anderen Hinweise zutrafen.


    Es klopfte an der Tür.
    "Wasislos", hörte Armin Esther verschlafen murmeln. Er wünschte ihr einen guten Morgen.
    "Wir gehen jetzt frühstücken, kommt ihr mit?", fragte ihr Vater hinter der Tür.
    "Ich ja, Esther wahrscheinlich nicht", sagte Armin, packte sein Notizbuch weg und öffnete die Tür.
    "Neun Uhr aufstehen ... geht doch nich ... hol mir nachher was ...", murmelte sie. "Oh. Nachricht."
    Das war wieder typisch Esther: ihr Handy benutzen konnte sie auch im Halbschlaf.
    "Gehen wir nach'm Essen ... Route 13? Mit Angelina trainieren", sagte Esther, bevor sie wieder einschlief.
    "Wenn du bis dahin wach bist...", sagte Armin und verließ das Zimmer. Pokémon-Training interessierte ihn wenig, aber seine Pokémon konnten nach dem langen Flug am Vortag Auslauf gebrauchen. Vielleicht gab es auch eine Gelegenheit mit Angelina über den Fall zu sprechen.


    Armin trank gerade den letzten Schluck seines Kaffees, als sich jemand zu ihnen an den Tisch setzte.
    "Morgen..." Esther gähnte mitten im Wort.
    "Schon wach? Sieht so aus, als müssten wir diesen Tag rot im Kalender anstreichen. 20. August, der Tag an dem Esther Erl freiwillig um halb Zehn zum Frühstück kam."
    "Freiwillig würde ich eher nicht sagen, Angelina will schon um Zehn vorbeikommen, und ich vermute, dass es sehr schwierig ist, Angelina zu etwas zu überreden, sei es auch nur, einem etwas Schlaf zu lassen."
    "Nun, sie ist der Champ und tritt bei der Weltmeisterschaft an, da hat sie wohl nicht genug freie Zeit, um zu warten", meinte ihr Vater.
    "Geht ihr wieder ermitteln?", fragte Lisa, aber ihr Blick sagte: "Kann ich mitkommen?"
    "Wir gehen auf die Route 13, Angelina muss für den Kampf gegen Oliver morgen trainieren."
    "Ach so." Lisa wandte sich ab und sah die Tischdecke an.
    "Geh doch mit. Ich bin sicher, deinem Eneco würde ein Spaziergang gut tun", sagte ihr Vater.
    "Angelina wird die wilden Pokémon schon von dir fernhalten, vermute ich, immerhin trainiert sie ihre starken Pokémon, da ist es schon wahrscheinlich, dass alle wilden Pokémon im Umkreis schnell besiegt sind, denke ich."
    "War auf der Route 13 nicht eine Höhle?" Armin erinnerte sich an etwas, aber in seinem Notizbuch fand er nichts dazu — wahrscheinlich hatte es nichts mit dem Fall zu tun. "Das heißt, es handelt sich wohl um bergiges Gelände. Da gibt es bestimmt seltene Steine."
    "Okay", sagte Lisa fröhlich, und so verließen sie eine halbe Stunde später zu dritt das Hotel.


    Vor dem Hotel erkannte er Angelina nur an Lukas, der neben ihr stand. Ohne Make-Up, mit Sonnenbrille, einem grünen Trainingsanzug und den Haaren in einem Pferdeschwanz hatte sie eine völlig andere Ausstrahlung als im Fernsehen und bei ihrem Treffen am Vortag.
    "Morgeeen! Hey, Rattfratz, du bist auch dabei? Achtung, auf der Route könnte es wilde Pokémon geben. Aber keine Angst, die wilden Rattfratz wurden alle schon von den wilden Brutalanda gefressen."
    "Ich weiß. Das geht schon … Ich heiße Lisa."
    "Spitznamen sind viel cooler! Oder, Karpi?"
    "'Karpador' oder 'Rattfratz' strahlt vielleicht nicht gerade Coolness aus", antwortete Lukas.


    "Sag mal, Angelina", fragte Armin auf dem Weg zur Route, "wer sind die stärksten Trainer der Triko-Region?"
    "'Wer ist der Stärkste im ganzen Land'? Seit wann bin ich ein Spiegel? Aaalso, da gibt es die Vorschüler von Blütenbrunn, die Angler von der Route 4, Karpi, ... Also, bestimmt nicht der Champ oder die Top 4 oder so."
    "Du, die Top 4, wer noch?"
    "Die Kampfkoryphäen, ein paar Arenaleiter ... oh, und Leon. Der alte Champ. Warum?"
    "Sie sind Verdächtige. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ray zu den stärksten Trainern von Triko gehört. Es könnte zwar auch jemand aus einer anderen Region sein, aber dann müsste er oder sie vor zwei Monaten hier gewesen sein. Hat einer von den Trainern, die du genannt hast, ein Staraptor?"
    "Hier gibt's keine Staraptor, da müsste man schon rüber nach Kalos oder so. Naja, Nora hat ein paar fremde Pokémon und Staraptor wäre der richtige Typ ... Aber sie hat nur ein Kangama und ein-- ... Milan. Milan hat ein Staraptor. Kein Wunder, so wie er auf Raubflugpokémon abfährt. ... Der Flug-Leiter von Brisental City."
    Armin machte sich eine Notiz zu Milan.
    "Wie groß ist Milan?"
    "Ziemlich klein. Hm ... 'nen halben Kopf kleiner als ich oder so, geschätzt."
    Angelina war etwas größer als Armin, also knapp über einem Meter achtzig.
    "Das passt zu meiner Schätzung. Interessiert er sich für legendäre Pokémon?"
    "Kann ich hellsehen? Also, auf jeden Fall hat er mich nicht mit irgendwelchen Mythen zugequasselt, als ich auf meiner Reise war, im Gegensatz zu einem gewissen Champ."
    "Leon?"
    "Genau. Ich hab ihn mal in Sagenau getroffen und da hat er mir gleich 'nen Vortrag gehalten: 'Bindung zwischen Menschen und Pokémon, die legendären Pokémon sind toll, blablabla, und so weiter.' Werd ich auch so, wenn ich so alt bin?"
    "Ich bezweifle es", meinte Lukas.
    Ein starker Trainer, der sich für legendäre Pokémon interessierte: genau, was Armin gesucht hatte.
    "Wie groß ist dieser Leon, und hat er ein Staraptor?"
    "Auch ziemlich klein. Etwas größer als Karpi vielleicht? So 1,75? Er war mal Champ, er hat 'nen Haufen Pokémon, aber von Staraptor wüsste ich jetzt nicht."
    "Vielleicht sollten wir die anderen Champs, also die bei der WM, auch nicht ausschließen, die sind ja auch stark und haben wahrscheinlich Pokémon aus anderen Regionen und dass jemand vor zwei Monaten schon einmal hierher gereist ist wäre ja auch nicht unmöglich, denke ich, wobei es natürlich fraglich ist, warum sie die legendären Pokémon einer fremden Region fangen würden statt ihrer eigenen", sagte Esther.
    Armin stimmte ihr zu und bat sie, ihm ihr Stickeralbum auszuleihen. Darin stand alles zu den Teilnehmern der WM: Größe, Pokémon, Hobbys, ...
    Cynthia aus Sinnoh kam aus der richtigen Region, um ein Staraptor zu haben. Es war zwar unter ihren Pokémon keins aufgelistet, aber sie hatte die passende Größe und unter ihren Interessen waren die Mythen der Sinnoh-Region. Taiki, der Champ einer Region namens Rinoa, passte ebenfalls gut, er hatte sogar ein Staraptor. Armin suchte im Album nach der Kalos-Region, die Angelina als einen Fundort von Staraptor erwähnt hatte, aber ihr Champ hatte sich anscheinend nicht qualifiziert.
    Armin machte sich eine Notiz zu den verdächtigen Champs. Leon, Cynthia, Taiki. Er musste irgendwie mit ihnen und Milan sprechen. Vielleicht konnte Angelina--


    "Armin? Da ist ein Markt, willst du da hin?"
    "Was? Wie? ... Markt...? Oh, stimmt, genau, die Pokébälle. Danke, Lisa."
    "Wieso suchst du nach weißen Pokébällen?", fragte Lukas.
    "Premierbälle? So ein Unratütox. Das sind doch bloß Loserbälle mit anderer Farbe. Wie ein schillerndes Karpador oder so. Hm, wenn Karpi gelb statt rot tragen würde, dann wäre er..."
    "Nein, keine Premierbälle. Hier." Armin zeigte Lukas, Angelina und Lisa das Foto von Ray aus der Zeitung und deutete auf den Pokéball in seiner Hand. "Wenn wir herausfinden, was das für ein Ball ist, gibt uns das vielleicht einen Hinweis zu Ray."
    "Hm. Da ist doch irgendein gelbes Zeichen drauf. Komisch. Weiß mit gelb hab ich noch nie gesehen, und ich kauf meine Bälle immer im Volto-Ball. Da gibt's alles. Mehr Ballsorten als Pokémon im Triko-Dex. Großbälle, Gruselbälle, Sinnlosbälle, Schneebälle, Golfbälle, ...", sagte Angelina.
    "Für mich sieht das aus wie ein Premierball", meinte Lukas. "Das Foto ist nicht gerade gut, das Gelb könnte nur eine Reflexion sein, und der rote Ring wird durch die Hand verdeckt. Wenn es im Volto-Ball keine weiß-gelben Bälle gibt, gibt es wohl keine."
    "Nun, es könnte immer noch eine Spezialanfertigung sein. Aber es sieht so aus, als könnten wir uns den Besuch im Markt sparen", sagte Armin erleichtert.


    Auf der Route 13 erkannte Armin erst wirklich, wie flach dieser Teil der Triko-Region war – und hier sollte es eine Höhle geben? Nichts außer Bäumen ragte über den Horizont hervor, außer im Westen, wo sich die Hochhäuser von Titaneon abzeichneten, und im Osten, wo zwischen den Bäumen in weiter Ferne ein einzelner Hügel zu sehen war. Viele Menschen waren auf der Route, einige durchstreiften das hohe Gras abseits des Fahrradwegs, andere schwammen im kleinen Fluss, dem der Weg folgte.
    “Da hinten auf dem Hügel liegt die Pokémon-Liga”, sagte Angelina. “Diese Route ist der letzte Schritt vor der Siegesstraße.”
    Wingull flogen über sie hinweg, ein Teenager im hohen Gras kämpfte mit seinem Luxio gegen ein Bojelin. Die letzte Route vor der Pokémon-Liga hätte sich Armin imposanter vorgestellt.
    “Ich weiß, ich weiß, sieht ziemlich langweilig aus. Aber diese Route hat es in sich! Seht ihr den Zaun hinter dem Fluss? Der ist da nicht umsonst. Wenn ihr in das Loch dahinter fallt, dann holt euch das Phantom der Düsterhöhle!”
    “Die Düsterhöhle ist ein Loch im Boden, mitten im Flachland…?”, fragte Armin skeptisch.
    “Das ist sie. Sie ist offensichtlich nicht natürlich entstanden, aber ich nehme mal an, dass dich die Geschichten um ihre Entstehung nicht interessieren”, sagte Lukas.
    “Nur, wenn sie wahr sind”, meinte Armin.
    “Und da hinten, seht ihr das Tor? Da lassen sie dich nur durch, wenn du alle acht Orden hast. Eigentlich macht man das ja erst bei der Siegesstraße, aber sie mussten die Kontrolle hierhin verlegen. Mit den wilden Brutalanda dahinter ist … nicht zu spaßen.” Bei den letzten Worten wurde Angelina plötzlich leise, sie sprach langsam und ihr üblicher fröhlicher Gesichtsausdruck verschwand, als hätte sie genau in diesem Moment an etwas sehr Unangenehmes gedacht. “Lasst uns erst mal hier bleiben, in meiner Begleitung lassen sie euch zwar auch auf den Killer-Teil, aber eure Pokémon wollen sicher auch ‘ne Runde Auslauf. Hey, da hat jemand ein Durengard! Das schreit nach einem Kampf!” Angelina rannte zu der Trainerin am Fluss.
    “Ich geh dann auch mal etwas mit Eneco spazieren”, sagte Lisa und verließ ebenfalls den Weg.
    Armin holte seine Pokémon aus ihren Pokébällen. Wablu drehte mit einem fröhlichen Zwitschern Kreise durch die Luft und folgte kurz darauf einem Schwarm Wingull. Kirlia drehte eine Pirouette und verschwand – so, wie Armin es einschätzte, hatte es sich wahrscheinlich an einen ruhigeren Ort teleportiert. Absol machte nicht einen Schritt, es legte sich direkt neben dem Fahrradweg auf den Boden und schloss die Augen. Vulnona nahm irgendeine Geruchsfährte auf und stolzierte in das hohe Gras. Zobiris blieb vor seinem Trainer stehen und grinste ihn mit seinem besten “Lass und kämpfen”-Gesicht an.
    Armin sah nach Esther und Lukas. Von Esthers Pokémon konnte er nur Magneton sehen, die anderen tobten sich offenbar ebenfalls auf der Route aus. Lukas’ Zigzachs und Bidiza rannten gerade zum Fluss, sein Yorkleff blieb bei ihm zurück.
    “Mein Magneton hat glaube ich auch Lust zu kämpfen, wie dein Zobiris, wenn ich das richtig sehe, natürlich ist das schwer einzuschätzen, ich verstehe ja keine Pokémon-Sprache, aber es könnte vielleicht eine gute Idee sein, wenn wir zusammen ins hohe Gras gehen und kämpfen, oder?”, fragte Esther Armin, der ihr zustimmte. Lukas schloss sich ihnen ebenfalls an.


    Während dem Training hörte Armin den vertrauten Ruf seines Vulnona und sah, wie es abseits der Grasfläche, weit von den meisten Trainern entfernt, mit Kirlia fangen spielte. Das war offenbar die Fährte gewesen, die es verfolgt hatte. Wie ein Knall ertönte plötzlich ein mächtiges Brüllen, dass Armin zusammenfahren ließ und alle Pokémon im Umkreis, Kirlia und Vulnona eingeschlossen, vertrieb. Als Armin sich von dem lauten Geräusch erholt hatte, erkannte er den Urheber als Angelinas Knackrack.
    “Schon fertig mit dem Kampf?”, fragte er Angelina.
    “Einer? Drei. Champ sein ist manchmal ganz schön langweilig.”
    Etwas hinter Angelina sah Armin eine Gestalt, die ihm ins Auge fiel. Die Neonfarben Orange, Gelb und Grün ihrer Kleidung waren nicht das auffälligste an ihr: In ihrer Hand trug sie ein Gerät, an dem ein zweites hing, das Armin durch das hohe Gras nur schwach sehen konnte. Er meinte neben dem Summen der Käfer-Pokémon ein Piepen aus ihrer Richtung zu hören. Was tat sie dort? Ein Gerät in der Hand zu haben war erst einmal nichts Ungewöhnliches, es konnte ein Pokédex oder ein Pokénav zu sein, aber dass ein zweites Gerät an einer Art Faden daran hing war bereits seltsam genug, und es sah außerdem so aus, als würde sie irgendetwas suchen. Armin beschloss, die Frau darauf anzusprechen, wobei ihm die anderen folgten.


    “Ich suche das Phantom der Düsterhöhle!” Die Frau hielt das elektronische Gerät in ihrer Hand hoch. Es war weiß-rot, breit und flach, mit einer Antenne und einem Bildschirm, auf dem eine Art Radar abgebildet war. An der Seite gingen Kabel aus dem Gerät heraus, an dem ein zweites Gerät baumelte, das aussah wie eine Mischung aus Schutzbrille und Stirnlampe. “Keine Angst, das ist kein außerirdisches Gedankenlesegerät. Das ist nur ein Silph-Radar. Das Signal sagt, dass der Geist ganz in der Nähe ist! Gleich hab ich dich, Phantom!”
    Lukas hob die Augenbrauen. “Silph-Radar?”
    “Eine Mischung aus Silph-Scope und Pokéradar. Das Scope empfängt die typische Strahlung von Geistern und der Radar ortet sie. Je höher die Frequenz, desto näher sind sie!”
    “Seltsam, ich sehe hier gar keine Geist-Pokémon”, sagte Armin in bissigem Ton.
    “Nicht Geist-Pokémon, Geister! Sie wissen schon, Wesen aus der Geisterwelt! Tote, wenn Sie so wollen.”
    “Es gibt keine Geister”, sagte Armin. “Warum sollte ein Toter in einer Höhle herum fliegen? Wer tot ist, ist tot und lebt nicht.”
    “Woher wissen Sie das? Waren Sie schon mal tot? Dann sollten Sie ja eigentlich wissen, dass es Geister gibt, wenn Sie selbst einer sind. Hmm.” Sie richtete ihr “Silph-Radar” auf Armin. Er wich zurück, um dem Piepton zu entgehen, der allerdings zum Glück nicht höher wurde. “Schade, ich mochte diese Theorie.”
    “Und woher wissen Sie, dass es Geister gibt? Haben Sie schon einmal einen gesehen?”
    “Ich selbst nicht, aber ein verlässlicher Zeuge hat gesagt – naja, gesagt ist der falsche Ausdruck – dass er mit so einem Silph-Scope schon den Geist eines Knogga gesehen hat. Und wie Sie sehen, findet das Scope jetzt auch etwas. Es muss ja auch einen Grund geben für die seltsamen Erscheinungen in der Höhle. Jeder Fall hat eine Lösung, man muss sie nur finden.”
    “Diese Lösung ist aber kein Geist.” Armin wandte sich ab. “Gehen wir.”


    “Moment!” Angelina hielt ihn zurück. “Fall? Bist du Ermittlerin?”
    “Ja! Darf ich mich vorstellen? Stefanie van der Toom, paranormale Ermittlerin. Moment … Angelina Ulm, Champ. Richtig?”
    “Eine beeindruckende Schlussfolgerung”, sagte Angelina und stellte Stefanie ein Autogramm aus. “Interessierst du dich auch für den Fall Ray?”
    “Klar doch! Das ist das coolste Rätsel des Jahrhunderts!”
    “Wir auch! Wir sind das Ermittlungsteam 'Coole Detektive und Karpador'. Sollen wir uns zusammentun?”
    “Angelina, du kannst sich nicht einfach--”
    Armin wurde von Stefanie unterbrochen. “Klingt gut. Also, ich habe zwei Theorien. Erstens, Ray ist ein Mitglied von Team Gamma und sie wollen die legendären Pokémon für ihre finsteren Pläne nutzen. Zweitens, Ray kommt vom Planeten der Megalon und will mit den legendären Pokémon eine Invasion starten. Hey, Moment, das könnte man doch kombinieren, oder...? Ray ist ein Alien und Ray ist bei Team Gamma ... das heißt, alle Mitglieder von Team Gamma sind ... Heureka! Das ist es!” Stefanie rannte davon und verlor dabei fast ihr “Silph-Radar”.
    “So viel zum Thema zusammentun”, brummte Angelina.
    “Ich fürchte, so viel hätte die Zusammenarbeit nicht gebracht”, meinte Armin. “Ein gewisses Grundverständnis von Logik sollte man als Detektiv schon haben.”
    “Also, auch wenn sie keine Beweise hatte, dass dieser Ray zu einer Verbrecherorganisation gehört, das konnte ich mir eigentlich schon irgendwie vorstellen, Team Aqua und Team Magma hatten es ja auch auf die legendären Pokémon abgesehen, und er sieht auch irgendwie so aus, als würde er so eine Uniform tragen, weißt du noch, wie der Mann gestern, der sah auch so ähnlich aus, vielleicht ist das wirklich eine Uniform”, sagte Esther.
    Der Mann am Vortag, ein Mitglied einer Verbrecherorganisation? Er hatte jedenfalls das passende verdächtige Verhalten und die seltsame Kleidung mit ebenso seltsamen Symbol gehabt, wie Armin es aus den Berichten über besiegte Teams wie Team Magma und Team Aqua kannte. Armin klappte die entsprechende Seite in seinem Notizbuch auf.
    “Die örtliche Verbrecherorganisation heißt Team Gamma, richtig? Dieses ‘Y’ mit Schleife, ist das ein …”
    “Das ist ein Gamma”, antwortete Lukas. “Wo hast du das gesehen?”
    Armin drehte der Route 13 den Rücken zu. Er musste so schnell wie möglich zurück nach Titaneon City. Das Gebäude, das das Mitglied von Team Gamma betreten hatte, hatte höchstwahrscheinlich eine Verbindung zu diesem Team. Das versprach interessant zu werden.
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  • Hallo @Evolina X


    Habe mir mal die Zeit genommen deine Fanfiction zu lesen und muss zu allererst betonen, dass du einen sehr interessanten Schreibstil besitzt, der Details einschließt, im Gesamtbild aber nicht zu überladen wirkt. Das macht beim Lesen Spaß und motiviert zum Weiterschmökern. Details auch als Metaphern wiederzuspiegeln haben einen ganz eigenen Reiz und ich konnte an einigen Stellen schöne sprachliche Ausdrucksweisen entdecken, die einen schönen Beiklang bilden und den Text lebendig machen.


    An sich muss ich sagen, dass mir deine Geschichte wirklich wie ein waschechter Krimi-Roman vorkommt, so wie du es auch wolltest. Die Umsetzung passt und auch die Rückschlüssen und die Handlungen der Charaktere gehen flüssig in die Handlung über und offenbaren immer neuere Details zum Plot. Dazu passt auch ungemein die Gestaltung der Ermittler "Coole Detektive und Karpador", aber auch die der "Opfer" und Täter. Gerade Letztere springen vom Design her extrem von "Pokémon Colosseum" ab, aber das macht nichts, hast du dich ja immerhin von den Elementen andere Franchises inspirieren lassen. Du weißt, was du schreiben möchtest und bedienst dich kleinerer Hilfen, die aber eine große, positive Wirkung auf die Geschichte übertragen.


    Gerade die Hauptcharaktere Armin und dessen Schwester Esther finde ich überaus sympathisch und gerade er ist vom Typ her sehr motiviert, anderen gegenüber aber ein wenig distanziert. Zumindest interpretiere ich es so, dass er andere Menschen selbst bei kleinsten Gesprächen analysiert und sie in eine Art eigens angefertigtes Schemata ein- und aussortiert.
    Seine Schwester dagegen scheint offenherziger zu sein und im Gegensatz zu ihrem Bruder anderen Menschen gegenüber schneller warm zu werden. Zwar mögen beide ein gutes detektivischen Gespür haben und sind sich in ihrer Kombinationsgabe gleichberechtigt, aber charakterlich eben durchaus verschieden.


    Mir hat das Lesen wirklich Spaß gemacht und ich freue mich auf das nächste Kapitel. Zwar ist mein Kommentar nicht wirklich lang geworden, aber ich hoffe trotzdem, dass du dich darüber freust und er dich zum Weiterschreiben motivieren kann.


    Zum Schluss noch eine Anmerkung: Ich weiß nicht warum, aber Yurenka hat eine extreme Ähnlichkeit zur Grinsekatze aus "Alice". Ich nehme aber mal an, das ist gewollt ^^


    Mfg Miss Fox

    "Wie beim Kartenspiel kommt es auch im wirklichen Leben darauf an,
    das Beste aus dem zu machen, was einem gegeben wurde,
    anstatt sich über ein ungünstiges Blatt zu beschweren und mit dem Schicksal zu hadern."


    [Astor, Pokémon - Schwarze Edition]

    Nur noch sporadisch im BisaBoard.

  • ■ Kapitel 5: Verschwunden


    [tabmenu]
    [tab=Vorwort]Gute Nachrichten: Bald ist vorlesungsfreie Zeit! Dann kann ich endlich weiterschreiben und die Sprites nachholen.
    [tab=@Foxhound]Vielen Dank!
    Es freut mich, dass du Spaß hattest beim Lesen.
    Dass die Gamma-Uniformen Ähnlichkeiten mit Team Crypto aus Pokémon XD haben ist Absicht, dass Yurenkas E-Form der Grinsekatze ähnelt auch. Wobei die legendären Pokémon hauptsächlich auf Themen aus der Physik basieren, aber die Grinsekatze hat da gut reingepasst.
    Bei den Charakteren bin ich mir immer besonders unsicher, umso mehr freut mich, dass du Armin und Esther sympathisch findest.
    [tab=Kapitel 5]“Hey, Armin, warte!” Esther hielt ihn zurück. “Ich nehme mal an, du willst zu dem Haus, wo wir den Mann mit dem Gamma gesehen haben, das ist auch eine gute Idee, denke ich, aber vielleicht solltest du deine Pokémon mitnehmen.”
    “Oh. Ja. Natürlich.” Über Team Gamma hatte er seine Pokémon ganz vergessen.
    “Mann mit dem Gamma?”, fragte Lukas und Armin erzählte ihm, was er in der Nähe des Hotels gesehen hatte. “Das klingt wirklich seltsam. Ich denke, das werde ich mir auch ansehen”, meinte Lukas dazu.
    “Ooh, wir gehen in das geheime Geheimversteck des geheimen Team Gamma? Das klingt nach Action! Leider muss ich dich wohl mit den Bösewichten allein lassen, Karpi. Das Training ruft.” Angelina klang merklich enttäuscht.
    Armin rief Zobiris zurück, Absol lag immer noch am selben Platz, Wablu musste er nur rufen und Vulnona und Kirlia fand er schließlich noch weiter abseits des Weges, schon kurz vor dem Deich. Seine Schwester Lisa fand er allerdings nirgendwo – er hoffte, dass nichts passiert war, denn mit ihrer Angst vor wilden Pokémon waren Routen nicht der beste Ort für sie. Auch Esther und Lukas hatten sie beim Einsammeln ihrer Pokémon nicht gesehen.
    “Naja, wir lassen sie ja nicht allein, Angelina ist noch hier, also sollte das okay sein, glaube ich, ich denke, ich werde sie bitten, dass sie weitersucht und uns Bescheid sagt, wenn sie Lisa sieht”, sagte Esther als sie in Richtung Hotel aufbrachen.


    Nach etwa einer halben Stunde erkannte Armin auf einem Straßenschild den Namen “Ketchumstraße” und wenig später sah er auch die ausnahmsweise ausgeschalteten Neonbuchstaben auf dem Dach des Hotel Zwirrlicht. Er versuchte sich zu erinnern, welches Haus der Gamma-Rüpel betreten hatte. Es war auf jeden Fall auf der linken Straßenseite gewesen, ein paar Häuser vor dem Hotel. Armin schlug sein Notizbuch auf und fand neben dem Gamma die Zahl 224, was zu der Hausnummer eines der Hochhäuser an eben dieser Stelle passte. Er deutete auf das besagte Haus.
    “Bist du sicher, dass es da war? Die Pokémon-Pension wirkt auf mich nicht wie ein Versteck von Verbrechern”, meinte Lukas skeptisch.
    “Wenn niemand seit gestern die Hausnummern verschoben hat, dann ja. Hey, das habe ich sogar mal in einem Fall erlebt, allerdings mit Zimmernummern.”
    “Na gut, vielleicht wohnt der Rüpel über der Pension.”
    Gerade in diesem Moment trat ein Mann aus dem verdächtigen Gebäude, das anscheinend die örtliche Pokémon-Pension beinhaltete, und näherte sich der Gruppe. Eine Gamma-Uniform trug er nicht, aber er hatte eine unheimliche Ausstrahlung und war ganz in weiß gekleidet, selbst seine langen Haare waren weiß.
    “Hallo, Arthur!”, begrüßte Lukas ihn. “Das ist Dr. Arthur Feig, Professor Ulms Assistent. Er ist sozusagen mein Chef. Arthur, das sind Armin und Esther Erl.”
    “Es freut mich, Sie kennenzulernen. Sind Sie zufällig verwandt mit Markus Erl?” Dr. Feigs kühle, langsame Sprechweise verstärkte seine unheimliche Ausstrahlung nur noch.
    “Ja, er ist unser Vater”, antwortete Esther.
    “Ich verstehe. Nun, Lukas, bist du auf dem Weg zur Pension?”
    “Ja, genau, ich wollte ein paar Pokémon dort lassen, während ich in Titaneon bin. Einen schönen Tag noch, Arthur!”
    Armin war erleichtert, als sie ohne Dr. Feig das Pensionsgebäude betraten.


    Hinter dem Eingang des Hochhauses befand sich ein Treppenhaus mit einer riesigen Tafel von Klingeln und Briefkästen und einer Tür im Erdgeschoss, über der ein Schild mit rosa Herzen, verniedlichten Pikachu-Gesichtern und der Aufschrift “Pokémon-Pension” hing. Neben der Tür stand eine Restauranttafel, deren Kreideschrift Armin aus der Entfernung nicht lesen konnte.
    “Vielleicht sollten wir uns mal ansehen, wer hier wohnt, der Mann von gestern könnte ja dabei sein, aber das sind etwas viele, das könnte lange dauern”, sagte Esther und ging zur Sprechanlage.
    Armin wollte zuerst wissen, was auf dem Schild bei der Pension stand. “Mega-Angebot: Pokémon mit guten DVs! Supergünstig!” las er schließlich aus der Nähe. Diesen Begriff hatte er noch nie gehört, also beschloss er, die Studentin des Pokémonkampfs danach zu fragen.
    “Tut mir Leid, das habe ich noch nie gehört, glaube ich, vielleicht machen wir das erst in einem späteren Semester.”
    “DVs sind Werte, die die Veranlagung eines Pokémon in Bezug auf bestimmte Eigenschaften wie Angriffskraft angeben sollen. Dr. Feig hat dieses System kürzlich entwickelt. Gerade sind Pokémon mit guten DVs hier ziemlich begehrt”, erklärte Lukas.
    “‘Supergünstig’ klingt für mich so, als wollten sie solche Pokémon verkaufen. Das sieht nicht gerade so aus wie die vertrauenswürdigste Pension aller Zeiten. Ich schlage vor, wir sehen uns dort mal um”, meinte Armin.
    “Hey, wollten wir nicht nach Team Gamma schauen? Dachte ich?”, rief Esther hinterher, aber kurz darauf hörte er, wie sie ihm folgte.


    Im Inneren der Pension fühlte sich Armin von den bunten Farben, den rosa Herzen und den comichaften Pokémongesichtern geradezu erschlagen. Wie ein Versteck von Team Gamma sah es wirklich nicht aus, aber auch nicht wie eine Pokémon-Pension, eher wie ein besonders kitschiger Kindergarten.
    Während Esther und Lukas auf bunten Stühlen Platz nahmen und über den Nutzen von DVs in Pokémonkämpfen sprachen, stellte sich Armin in die Schlange am Schalter und versuchte, mit seinem Blick den lachenden Eneco, Pikachu und Evoli an den Wänden auszuweichen, aber es gelang ihm nicht.
    Schließlich war nur noch einer vor ihm in der Reihe, der im Gegensatz zu den meisten anderen kein Geld gegen einen Pokéball eintauschte sondern nur sagte, er hätte ein Paket. Seine Stimme kam Armin bekannt vor, sie erinnerte ihn an Rays Doppelgänger, und auch die Größe passte, ebenso wie seine Angewohnheit, am Ende fast jedes Satzes “Mann” zu sagen. Das musste er sein. Der Verdächtige sagte “Bis später, Mann” zu der Mitarbeiterin am Schalter und verschwand hinter einer Tür gegenüber dem Eingang.
    Armin wollte ihm gerade folgen, da sprach ihn die Mitarbeiterin an: “Sie sind das erste Mal hier, oder? Ich vergesse nie ein Gesicht. Herzlich willkommen in der Pokémon-Pension von Titaneon City! Um welchen kleinen Schatz dürfen wir uns kümmern?”
    “Also, eigentlich hätte ich mehr Interesse an einem Pokémon mit guten DVs.”
    “Oh, natürlich, natürlich!”, rief sie in ihrer geradezu übertrieben hohen Stimme und hüpfte so schwungvoll zum Regal, dass ihre weißen Locken umherwirbelten. Als sie zurückkam, hatte sie eine Schachtel voller Pokébälle dabei. “Was für ein Poki soll es denn sein? Vielleicht haben wir ja gerade Ihr Lieblingspoki!”
    “Das … ist mir eigentlich egal. Irgendetwas Starkes.”
    “Oh, da hätte ich einen Geheimtipp. Ein niedliches kleines Froxychen mit Wandlungskunst! Es kann sich in den Typ jeder Attacke verwandeln, die es einsetzt. Das erwischt sogar die Profis bei der WM kalt. Die DVs sind natürlich alle über 25.”
    “Das klingt gut. Wie viel kostet das Froxy?”
    “Aaalso, gute DVs, versteckte Fähigkeit, untrainiert … da wären wir bei 100.000 Pokédollar. Zahlen Sie bar?”
    “Das ist mir etwas zu teuer, ich glaube, das muss ich mir nochmal überlegen. Ich komme später wieder”, sagte Armin, verließ die Schlange und berichtete den anderen von den neuen Erkenntnissen.


    “Die verkaufen hier einfach Pokémon für einen Haufen Geld!? Das ist doch ... “, entrüstete sich Esther.
    “Wo ist das Problem?”, fragte Lukas. “Auch Züchter müssen Geld verdienen.”
    “Naja, erstens dachte ich, das hier wäre eine Pension, und zweitens wirkt dieser Laden für mich nicht gerade wie ein seriöser Züchter oder so, finde ich. Ich würde auch gerne mal sehen, vielleicht wäre das eine gute Idee, wo sie so viele Pokémon zum Züchten überhaupt halten, der Garten draußen sah ja ziemlich klein aus.”
    “Dann tu das. Ich werde währenddessen noch mal ein Wort mit dem Doppelgänger wechseln”, sagte Armin und ging in Richtung Tür.
    “Was das angeht … sehr seltsam. Ich bin mir ziemlich sicher, dass niemand ins Nebenzimmer gegangen ist, solange wir hier waren”, meinte Lukas hinter ihm, aber Armin erinnerte sich genau, dass der Verdächtige durch diese Tür gegangen war.
    Im Nebenzimmer war kein Mensch zu sehen. Armin sah ein Dutzend mit rosa Herzen beklebte Glaskästen mit Eiern darin, und eine Art Laufstall, in dem zwei junge Evoli miteinander spielten, beide mit bunten Schleifen dekoriert. Das Bücherregal störte die kitschige Optik etwas, besonders sprang ihm jedoch ein Gemälde ins Auge, das neben dem Regal hing. Die Unterwasserszene war nicht grellbunt, sondern dunkelblau, und das Pokémon, das im Zentrum stand, war bis auf die leuchtend gelben Umrisse realistisch gemalt. Dieses Pokémon hatte Armin noch nie gesehen, es ähnelte einem Karpador oder Barschwa, hatte aber eine riesige Schwanzflosse, die über die Hälfte seiner Länge ausmachte.
    Von Rays Doppelgänger fehlte jede Spur. Wo war er? Armin war sich sicher, dass er das Zimmer betreten und nicht wieder verlassen hatte, bevor Armin ihm gefolgt war. Dass er ihn übersehen hatte, war ausgeschlossen, immerhin gehörten Beobachtungen zu seinem Beruf. Der Verdächtige musste das Zimmer auf einem anderen Weg verlassen haben als die einzige Tür. Armin ignorierte die Kommentare von Lukas, er würde hier nur Zeit verschwenden, und untersuchte die beiden Fenster, aber die Fensterbänke sahen unberührt aus: neben den zahlreichen Blumentöpfen war wenig Platz und es war eine leichte Staubschicht zu erkennen, trotzdem sah er keine Hand- oder Fußabdrücke. Es blieb nur noch ein Geheimgang. Das seltsame Porträt war zu klein, um dahinter eine Geheimtür zu verstecken, die Rückwand des Bücherregals jedoch war groß genug und tatsächlich sah er Kratzer im Holzboden, die neben dem Regal verliefen, als sei es zur Seite verschoben worden. Er klopfte gegen die Wand und auch das Geräusch passte zu einem Hohlraum dahinter. Allerdings war das Bücherregal zu schwer, um es allein zu verschieben.
    “Lukas, hilfst du mir mal? Es sieht ganz so aus, als wäre das hier ein Geheimgang!”
    “Wenn du sonst nicht ruhig schlafen kannst…” Lukas griff das Regal an der anderen Seite und Armin hob und schob weiter, aber es bewegte sich keinen Millimeter. “Wahrscheinlich ist es an der Wand festgeschraubt”, meinte Lukas. Ob es festgeschraubt war oder nicht, einen Geheimgang versteckte man nicht hinter einem Regal, das zwei Menschen gemeinsam nicht verschieben konnten. Aber wenn es keinen Geheimgang gab, woher kamen dann die Kratzer und wie war der Mann verschwunden? Hatte Lukas Recht und Armins Erinnerung hatte ihn getäuscht? Die Kratzer konnten ein Zufall sein, vielleicht stammten sie von einem der Pokémon in der Pension.


    Was auch immer der Grund für die Kratzer war, hier gab es nichts mehr zu sehen. Armin machte sich eine Notiz zum Verschwinden des Verdächtigen, dann ging er zurück in den Hauptraum, um sich mit Esther zu treffen und ihr davon zu erzählen.
    “Also, ich habe den Mann auch nicht gesehen, das muss aber auch nichts heißen, denke ich, ich habe auch nicht so genau aufgepasst, ich könnte ihn schon übersehen haben. Vielleicht ist er auch sehr unauffällig reingegangen und dann genauso unauffällig wieder raus, oder so. Was ich auch sehr komisch finde, draußen im Garten sind nur vier Pokémon, ich frage mich, wo die die ganzen Eier herbekommen, die sie verkaufen, das sieht auch irgendwie so aus, als müssten sie einen Geheimraum haben.”
    “Die Pension ist wirklich etwas seltsam, aber ich denke, Ray oder Team Gamma werden wir hier nicht finden. Hat sich Angelina schon wegen eurer Schwester gemeldet?”, fragte Lukas.
    “Noch nicht, aber ich glaube, sie ist gerade auch etwas abgelenkt, immerhin hat sie mir vorhin geschrieben, dass Taiki jetzt auch auf der Route trainiert, und ich könnte mir vorstellen, dass sie auch zu seinen Fans gehört, zumindest ist er ja ziemlich beliebt.”
    “Taiki?” Dieser Name kam Armin bekannt vor. Er schlug sein Notizbuch auf und fand ihn in der Liste der Verdächtigen. “Der Champ von Rinoa?”
    “Ja, genau der. Ich weiß auch nicht, was alle an ihm finden, er ist jetzt nicht gerade der große Favorit auf den Titel, immerhin scheint er einige Pokémon nur im Kampf zu benutzen, weil er sie cool findet, und sein strategisches Wissen scheint auch nicht das beste zu sein, manchmal frage ich mich, wie er Champ geworden ist, in einem Kampf hat er--”
    “Ich denke, wir sollten diese Gelegenheit nutzen, mit einem der Verdächtigen zu sprechen”, meinte Armin und machte sich auf den Rückweg zur Route 13.


    Taikis Fangemeinde, die hauptsächlich aus Teenagern ein paar Jahre unter seinem Alter bestand, übertraf Angelinas noch in der Lautstärke des Kreischens. Nur mit Angelinas Hilfe fand Armin einen Platz ganz vorne.
    Taiki passte in Größe und Figur auf das Foto von Ray und schien ebenfalls ein Interesse an der Öffentlichkeit zu haben, zumindest drückte er Armin ungefragt eine Autogrammkarte in die Hand. Armin bedankte sich so freundlich wie möglich. Er musste sich als Fan ausgeben, um einen Grund für seine Fragen zu haben.
    "Ich bin ein großer Fan Ihres Staraptor. Kann ich es bitte einmal aus der Nähe sehen?"
    "Natürlich!" Taiki zog einen Hyperball aus seinem Gürtel und holte ein Staraptor heraus, das neben seinem Flunkifer Platz nahm. Armin konnte keine Auffälligkeiten sehen. Es war ein ganz normales Staraptor, dem kleinen Fleck auf der Stirn nach weiblich.
    "Wie lange haben Sie es schon?"
    "Drei Jahre ungefähr? Ich erinnere mich noch gut daran, als ich damals bei meinem Urlaub in Kalos gegen eine Himmelstrainerin gekämpft habe, und sie dieses starke Staravia hatte ... 'Das muss ich auch haben!', dachte ich, also habe ich mir auch eins gefangen", erzählte Taiki.
    "Das war doch vor fünf Jahren!", korrigierte ihn ein Fan aus der Menge.
    "Können Sie auf Staraptor auch fliegen?", fragte Armin.
    "Wie soll das denn gehen?" Taiki packte sein Staraptor und zog mit verzerrtem Gesicht daran, bis er das zappelnde und schreiende Pokémon tatsächlich auf Augenhöhe angehoben hatte. "Sie wiegt ja nicht mal halb so viel wie ich. Wie soll sie mich tragen?" Als er Staraptor wieder abgesetzt hatte, sah Armin zahlreiche Kratzer an seinen Armen.
    "Ich glaube, man sollte als Champ vielleicht wissen, wie man ein Flug-Pokémon tragen muss", flüsterte Esther. Armin wusste es bei einem so großen Pokémon zwar selbst nicht, aber er hatte auch kein größeres Flug-Pokémon als Wablu.
    "Flug-Pokémon sollen Menschen tragen? Das ist ja völlig unmöglich! Man müsste mal eine Attacke erfinden, mit der starke Flug-Pokémon genug Auftrieb entwickeln, dass sie Gewichte in die Luft heben können! Moment, das kommt mir bekannt vor. Wie wäre es mit der Attacke ... Fliegen? Neiiin, so was gibt's doch nicht", rief Angelina.
    "Das geht wirklich?", fragte Taiki mit aufgerissenen Augen und offen stehendem Mund.
    "Also, ein Flug-Pokémon, das stark genug für die WM ist, sollte einen Menschen eigentlich packen", antwortete Angelina.
    "Cool, das muss ich mal ausprobieren."
    Wenn Taikis Unkenntnis nicht gespielt war, konnte er auf seinem Staraptor nicht zur Enigmainsel geflogen sein. Für einen Champ wirkte es allerdings etwas unrealistisch, dass er nicht einmal wusste, ob sein Pokémon ihn tragen konnte. Aber wieso sollte er das vortäuschen und sich vor seinen Fans blamieren? Wenn er wirklich Ray war, vielleicht, um von sich abzulenken. Aber war Armin mit seinen Fragen so auffällig gewesen, dass Taiki ihn durchschaut hatte? Er musste noch unauffälliger herausfinden, ob Taiki sich für legendäre Pokémon interessierte. Aber wie konnte er das angehen?
    "Was halten Sie vom Phantom der Düsterhöhle?", fragte Lukas.
    "Ist das nicht ein Film?"
    "Der Film beruht auf der Tatsache, dass Erkunder der Düsterhöhle auf dieser Route darin immer wieder Stimmen gehört und Erscheinungen gesehen haben, die meist auf einen Geist zurückgeführt wurden. Ich habe eben erst aber von der interessanten Theorie gehört, es würde sich dabei um ein verstecktes legendäres Pokémon handeln", fuhr Lukas fort. Armin erkannte, worauf er hinaus wollte. An Taikis gelangweitem Gesichtsausdruck konnte Armin ablesen, dass sein Interesse an diesem Thema gering war.
    "Aber das sind doch nur Geschichten, oder? Warum soll mir das Angst machen?"
    "Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein legendäres Pokémon in eine Höhle zurückzieht. So unwahrscheinlich finde ich das nicht."
    "Ach, das ist doch auch nur ein Pokémon. Flunkifer wird damit schon fertig, oder, Flunkifer?" Er bewegte seine Hand in Richtung Flunkifers Kopf und konnte sie gerade noch rechtzeitig zurückziehen, als es sich umdrehte und mit seinen riesigen Kiefern nach ihr schnappte. "He, aufhören! Meine Hand ist kein Spielzeug! … Ich glaube, Flunkifer hat für heute noch nicht genug gekämpft. Angelina, wir sehen uns dann im Viertelfinale, wenn ich richtig gerechnet habe. Oder war es das Achtelfinale?" Taiki ging von Flunkifer und Staraptor gefolgt zum Tor am Ende des Weges.
    "Also, laut meinem Turnierplan müsstet ihr eigentlich eher im Halbfinale aufeinander treffen, denke ich, vorausgesetzt natürlich, dass ihr beide so weit kommt", sagte Esther.
    "Wenn der ins Halbfinale kommt, wird Karpi Weltmeister!"
    "Du solltest Taiki nicht unterschätzen. Er ist immerhin Champ von Rinoa", meinte Lukas.
    "Also, ich glaube, dass er legendäre Pokémon fängt, ist trotzdem eher unwahrscheinlich, ich dachte eigentlich, dass man dafür etwas mehr Wissen braucht, oder was meinst du dazu, Armin?"
    Armin stimmte Esther zu, aber ohne handfeste Beweise schloss er keinen Verdächtigen aus.


    "Hey, das ist doch Rattfratz!", unterbrach Angelina ihr Gespräch.
    Armin sah in die Richtung, in die sie zeigte, und sah auf der anderen Seite des Flusses kein Rattfratz sondern seine Schwester Lisa. Endlich war sie wieder da und es schien ihr gut zu gehen - er meinte, aus ihrer Richtung ein Lachen zu hören. Aber worüber lachte sie? Sie sah nur geradeaus, ohne ihren Blick zu bewegen. Dort, entlang des Flusses, war nichts zu sehen bis auf weiteres hohes Gras, Bäume und schließlich die Hochhäuser von Titaneon City. Armin sah Lisa nicken und auch wenn er aus dieser Entfernung nichts verstehen konnte, war er sich sicher, dass sie sprach. Mit wem? Eneco stand hinter ihr. Sie sprach ihr Pokémon manchmal an, aber niemals so lange, immerhin konnte es ihr nicht antworten, und selbst wenn sie das tun würde, würde sie es dabei ansehen. Dachte sie nur laut? Sie war manchmal verträumt, aber so sehr, dass es aussah, als würde sie ein Gespräch führen? Nein, das passte nicht zu ihr.
    Armin überquerte eine Brücke und ging auf Lisa zu. Als sie sich zu ihm drehte, sah er rote Stellen an ihren Armen und Beinen, die er aus der Nähe als Schrammen und Schürfwunden erkannte.
    "Was ist passiert? Wo warst du?"
    Lisa drehte ihren Kopf und sah nach oben. "Ähm ... ich war Steine sammeln. Dann bin ich hingefallen. Ist nicht schlimm, tut schon nicht mehr weh", sagte sie wieder zu Armin gewandt, wobei sie Blickkontakt mied.
    Armin kannte seine Schwester gut genug, um zu erkennen, dass sie etwas verschwieg. "Was für Steine hast du denn gefunden?"
    Zu seiner Überraschung holte sie tatsächlich ihre Sammelbox aus dem Rucksack, die bei ihrer Anreise noch leer gewesen war, und zeigte Armin einen runden gelben Stein. Zumindest was die Steine anging hatte sie offenbar doch die Wahrheit gesagt.
    Auf Esthers Vorschlag ging Armin mit seinen beiden Schwestern zurück ins Hotel um Lisa zu verarzten, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass etwas mit Lisa nicht stimmte.
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  • Hallo Evolina,


    nun ist ja schon einige Zeit vergangen und mir gefällt die Art und Weise, wie du immer wieder neue Details einfügst. Angefangen von der Suche in der Bibliothek, die sich ganz typisch dem Suchen nach neuen Erkenntnissen widmet und an klassische Detektivgeschichten anlehnt, bekommt man hier als Leser nur kleine, aber durchaus interessante Hinweise, die wohl später auch einmal zur Lösung des Falls führen. Hier wäre tatsächlich eine Erinnerungsfunktion praktisch, um sich an die ganzen Notizen wieder zu erinnern, aber du greifst wenn nötig immer auf diese Informationen zurück, sodass man auf dem aktuellen Stand bleibt. Besonders interessant ist hier das plötzliche Auftauchen von Team Gamma, wobei deren Hintergründe noch nicht vollständig erforscht sind und auch die Pokémon-Pension wirkt merkwürdig durch ihre Dienste. Interessant finde ich hier, wie du das DV-System aufgegriffen und umgesetzt hast, wobei es wohl eher schwierig ist, das praktisch auch in die Tat umzusetzen. Darum soll es aber im Moment weniger gehen. Dass der Doppelgänger wohl durch eine Geheimtür verschwunden ist, scheint ob der Kratzer auf dem Boden offensichtlich und hier wundert mich, dass Armin so schnell die Suche aufgegeben hat. Zumindest scheint es nicht ganz abwegig zu sein, dass sich in der Nähe ein Schalter befindet; oder aber ein Teleport-Pokémon hat geholfen, jedoch würde das die genannten Hinweise nicht erklären. Das soll aber ohnehin später geklärt werden.
    Auch das Interview mit Taiki hat einige neue Erkenntnisse gebracht. Eigentlich wirkt er sogar relativ unerfahren, was seine eigenen Pokémon angeht und das, obwohl er Champ der Region ist. Staraptor behandelt er eher so, als hätte er noch nie mit Flug-Pokémon zu tun gehabt, Flunkifer scheint ihm gegenüber auch nicht allzu viel Vertrauen entgegen zu bringen. Alles schon recht merkwürdig; ob er einfach nur verpeilt ist? Entweder verstellt er sich gut oder er weiß wirklich nichts von den Vorkommnissen.
    Auch Lisa scheint wohl ein kleines Geheimnis zu haben, wobei nicht abzusehen ist, was ihr widerfahren ist. Die bunten Steine erinnern an Entwicklungssteine, wobei die natürlich auch einfach kosmetischer Natur sein können.


    Das Lesen macht nach wie vor wirklich Spaß und sich über die Geschehnisse Gedanken zu machen, ist durchaus eine witzige Sache. Ich hoffe, dass du bald wieder zum Schreiben und Spriten kommst und wir lesen uns sicher wieder!


    ~Rusalka

  • ■ Kapitel 6: Nach unten


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    [tab=@Rusalka]Das war wohl Gedankenübertragung, ich wollte gerade das neue Kapitel posten als du gepostet hast xD
    Vielen Dank für deinen Kommentar!
    Eine Erinnerungsfunktion ist eine coole Idee - wie wäre es mit Ausschnitten aus Armins Notizbuch zusätzlich zu den Sprites (sobald sie nachgeholt werden)?
    Armin wäre bei seiner Suche nach einem Geheimgang vielleicht etwas ausdauernder gewesen, hätten seine Begleiter ebenfalls an dessen Existenz geglaubt ...
    Theorien lese ich immer sehr gerne - vielen Dank dafür!
    [tab=Kapitel 6]Auch am nächsten Tag, als sie wieder zur Route 13 gingen, hatte Armin das Gefühl, dass etwas mit Lisa nicht stimmte. Dass sie sich wie Armin nicht an Esthers und Angelinas Unterhaltung darüber, wer ihre härteste Konkurrenz bei der Weltmeisterschaft sein würde, beteiligte, war für sie normal. Allerdings schien sie so abwesend und unkonzentriert zu sein, dass sie auch nichts anderes mitbekam. Als Armin sie fragte, welche Art von Stein sie auf der Route 13 gefunden hatte und wo, musste er dreimal fragen, bevor sie knapp antwortete: "Hab ich noch nicht identifiziert." Danach setzte sie ihr Schweigen fort.
    Etwas gemildert wurde Armins Sorge dadurch, dass Lisa nicht bedrückt oder besorgt wirkte, oft lächelte sie sogar. Wegen ihres größtenteils fröhlichen Eindrucks und der Abwesenheit hatte Esther schon vorgeschlagen, Lisa habe auf der Route 13 vielleicht jemand nettes kennengelernt, immerhin sei sie so langsam im richtigen Alter. Armin konnte sich nicht vorstellen, dass sie daraus ein großes Geheimnis machen würde, und es erklärte weder ihr Gespräch mit sich selbst noch die Verletzungen am Vortag.


    Ein kurzer Schrei riss Armin aus seinen Gedanken. Es war Lisas Stimme. Er sah sie an, folgte ihrem Blick, sah etwas Weißes, klein, ein Vierbeiner, spitze Ohren, eine Münze auf der Stirn.
    "Oh nein, ein Monster-Mauzi, es wird uns alle fressen!", rief Angelina. "Im Ernst, es interessiert sich nicht mal für dich, außer du bist eine Münze. Oder ein Rattfratz. Oh, stimmt, es wird dich doch fressen."
    Armin wollte sie gerade bitten, Lisa nicht noch weiter zu beunruhigen, da sah er, wie Lisa mit noch immer zitternden Knien in die Hocke ging und etwas auf den Boden legte. Mauzi stürzte sich sofort auf den kleinen, runden, silbrigen Gegenstand. Lisa kraulte es vorsichtig am Kopf, während es mit dem Pokédollar spielte.
    "Wer bist du und was hast du mit Lisa gemacht?", fragte Angelina ironisch. Ausnahmsweise musste ihr Armin Recht geben - dass sich Lisa freiwillig einem wilden Pokémon näherte und sogar berührte, war völlig unmöglich. Dennoch hatte sie es gerade getan. Was war während ihres Verschwindens nur passiert?
    Armin beschloss, am Abend mit seinem Vater darüber zu sprechen. Er kannte Lisa am besten.


    Als Armin auf der Route 13 gerade seine Pokémon herauslassen wollte, hielt ihn Angelina zurück. "Am Kampftag kann ich nicht auf diesem Kinderspielplatz trainieren, und im Killer-Teil hinter dem Tor solltest du deine Pokémon lieber drin behalten. Brutalanda fressen so einiges, aber zum Glück keine Pokébälle."
    Hätte sie das nicht vorher sagen können? "Dann bleibe ich hier. Meine Pokémon brauchen Auslauf, und an wilden Brutalanda habe ich wenig Interesse."
    "Dem schließe ich mich an", sagte Lukas.
    "Ich bleib auch hier", sagte Lisa, dann wandte sie ihren Blick zur Seite, weg von der Gruppe. "Moment, nein, vielleicht sollte ich lieber mitkommen", fügte sie nach einer Pause hinzu.
    "Sicher? Mit den Brutalanda ist nicht gut Amrenabeeren essen. So ein Rattfratz ist bestimmt--"
    "Ja, ich glaube, ich will eigentlich lieber ... nein, okay, stimmt, ich sollte ..." Lisa sah zwischen Angelina und der Leere hin und her, dann hielt sie sich die Ohren zu. "Sei doch mal still!", rief sie mit verzerrtem Gesicht.
    "Hä? Aber ich hab doch gar nichts mehr gesagt", meinte Angelina. Armin war ebenfalls irritiert von Lisas Reaktion, aber er wies Angelina an, sie in Ruhe zu lassen.
    "Okay, ich komme mit", sagte Lisa schließlich deutlich ruhiger.
    Ein wildes Mauzi zu kraulen war schon seltsam genug, aber wenn es eins gab, das Lisa vor ihrem Verschwinden nie getan hätte, dann war es, freiwillig auf eine Route mit wilden Brutalanda zu gehen. Aber nun--
    "Na los! Auf geht's!" Angelina griff Esthers Arm mit der einen Hand, Lisas Arm mit der anderen und zog beide in Richtung Tor.


    "Moment! Warte!", rief Armin. Angelina hielt an und Lisa befreite sich aus ihrem Griff. "Angelina, weißt du, wie wir die anderen Verdächtigen erreichen?" Armin schlug sein Notizbuch auf. "Milan, Leon und Cynthia."
    "Milan ist Arenaleiter, um ihn zu erreichen braucht man ein seltenes Zaubergerät namens Telefon. Soll ich das für dich übernehmen?" Angelina zückte ein Gerät, das eher so aussah wie ein kleiner Projektor.
    "Ist das ein Holo-Log!?" Esther starrte das Gerät begeistert an.
    "Jap, Original aus Kalos." Angelina drückte ein paar Knöpfe, bis das Hologramm eines Mannes erschien.
    "Ah, hallo, Angelina! Hast du mal wieder Lust auf einen spannenden Rückkampf?"
    "Ich glaub ich hab grad genug spannende Kämpfe."
    "Man kann nie genug spannende Kämpfe haben! Der aufregende Nervenkitzel mag anstrengend sein ... aber ermüdend? Niemals!"
    "Okay, das stimmt. Aber grad haben wir eigentlich nur ne Frage." Angelina sah Armin an und drehte den Holo-Log in seine Richtung.
    "Oh... Guten Tag. Ich habe gehört, Sie haben ein Staraptor. Können Sie mir--"
    "Hat das Fernsehen diese schreckliche Nachricht verschwiegen? Es gibt bösartige Diebe hier in Triko! Entsetzliche Bösewichte, die es wagen, jemandem sein geliebtes Pokémon zu entreißen!"
    "Meinen Sie, es wurde--"
    "Gestohlen!"
    "Was!? Wer macht denn so was?", rief Angelina und drehte das Gerät wieder in ihre Richtung.
    "Entsetzliche Bösewichte, wie ich schon sagte."
    "Dann bist du bei uns an der richtigen Adresse! Wir sind--"
    "Warte, Angelina, er sollte nicht--"
    "Das Team coole Detektive und Karpador! Wir haben noch keinen Fall ungelöst gelassen!"
    "Wir hatten ja auch schon so viele", murmelte Lukas.
    Armin machte sich eine Notiz, Angelina zu erklären, warum Verdächtige nicht sofort wissen sollten, dass sie mit einem Detektiv sprachen.
    "Du bist unter die cleveren Spürnasen gegangen? Warst du nicht vor einem kurzen Augenblick noch bei der Weltmeisterschaft kandidierender Pokémon-Champ?"
    "Okay, es ist nur ‘n Hobby. Aber mein Boss ist ein echter Original-Profi-Detektiv! Erzähl uns, was passiert ist, und wir haben dein Staraptor im Handumdrehen! Oder, Armin?" Angelina wandte ihm wieder den Holo-Log zu.


    Wenn Milans Staraptor vor der Tat gestohlen worden war, machte ihn das deutlich weniger verdächtig. Aber konnte Armin seiner Aussage vertrauen? War das nicht ein zu großer Zufall?
    Wenn Milan Ray war und wusste, dass sein Staraptor gesehen worden war, war es sinnvoll für ihn, zu behaupten, sein Staraptor sei gestohlen worden. Es war so ähnlich, als sei ein am Tatort zurückgelassenes Objekt als seines identifiziert worden, und in einer solchen Situation war "es wurde gestohlen" eine sehr häufige Ausrede.
    Wenn Milan log, würde er sich bei den Details vielleicht verraten. Und wenn er die Wahrheit sagte, war das ein Fall, der gelöst werden wollte. In jedem Fall war es sinnvoll, seine Aussage zu hören.


    "Hey, Armin, du Bummelz! Nicht einpennen!"
    "Ich hab nicht geschla-- Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Also, ein Handumdrehen ist vielleicht etwas zu wenig Zeit. Aber wo und wann wurde das Pokémon denn gestohlen?"
    "Vor sechs langen Monaten in Titaneon City."
    "Haben Sie den Diebstahl gesehen oder ist Ihnen nur irgendwann aufgefallen, dass das Pokémon fehlte?"
    "Ich habe den hinterhältigen Dieb gesehen! Diese böse Frau hat mich angerempelt und dann war meine Tasche offen und Staraptors Pokéball spurlos verschwunden. Sie muss es gewesen sein!"
    "Können Sie diese 'böse Frau' beschreiben?"
    "Ihre auffällige Frisur hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Schulterlange weiße Locken und dieser gelb-orange gefärbte Zopf wie eine Flamme..."
    Armins Zeichnung in seinem Notizbuch kam ihm plötzlich bekannt vor.
    "Die Frau aus der Pension?"
    "Jetzt wo du es sagst", meinte Esther, " ich glaube, die Frau hinter der Theke hatte eine ähnliche Frisur, das könnte natürlich auch ein Zufall sein, aber wahrscheinlich ist diese Frisur relativ selten, immerhin ist sie mehrfarbig und so? "
    "Die Besitzerin der Pension? Chiara? Eher ist Karpi Ray, als dass die Pokémon klaut."
    Lukas lachte. "Chiara als Diebin kann ich mir auch nicht vorstellen."
    "Woher kennst du Chiara?", fragte Angelina.
    "Hm? Sie ist doch die Schwester von Lucie. Von Arthurs Freundin."
    "Das weiß ich auch, aber woher kennst du Dr. Fei-- Oh. Richtig. Das Labor. Das kann ich mir immer noch nicht vorstellen, dass du da arbeitest."
    "Eine Frisur ist natürlich kein Fingerabdruck", sagte Armin, "aber das ist schon sehr auffällig. Wir sollten uns diese Pension noch einmal ansehen."
    "Wann wart ihr überhaupt schon mal in der Pension?", fragte Angelina.
    Erst jetzt bemerkte Armin, dass er über Lisas seltsamem Verhalten ganz vergessen hatte, Angelina und Lisa von den Erkenntnissen des Vortags zu berichten. Er sah, dass Angelina das Telefonat inzwischen beendet hatte und so konnte er sie auf den neuesten Stand bringen, ohne dass ein Verdächtiger zuhörte. Er erzählte ihnen, dass es sich bei dem Gebäude, wo sie Rays Doppelgänger gesehen hatten, um die Pension handelte, dass sie ihn wieder gesehen hatten, bis er plötzlich verschwunden war. Esther fügte hinzu, dass in der Pension kaum erwachsene Pokémon waren, sie aber Unmengen an besonderen gezüchteten Pokémon verkauften.
    "Die armen Pokémon!", meinte Lisa.
    "Plötzlich verschwunden? Huh. Creepy. Das klingt wie 'Banettes Rache' im Real Life! Gebt dem Typen bloß keine Nadel!"
    "Nun, wie auch immer, wir haben die Pension gestern auf den Kopf gestellt und keine Hinweise gefunden. Ich denke nicht, dass sich noch ein Besuch lohnt", sagte Lukas.
    "Also, ich finde schon, dass es eigentlich nicht schaden kann, aber jetzt gerade wollten wir doch trainieren, dachte ich, vielleicht sollten wir das lieber zuerst tun, immerhin ist ja heute der große Kampf und so."
    Angelina und Lisa stimmten Esther zu und so ging Armin allein zurück zur Pension.


    Luft. Er brauchte Luft.
    Armin setzte sich ins Wartezimmer und versuchte, seine Atmung zu beruhigen.
    "Alles klar, Mann?", hörte er jemanden fragen.
    "Bin ... nur ... gerannt..."
    Erst jetzt bemerkt Armin, dass er diese Stimme kannte. Er sah auf und erkannte Rays Doppelgänger anstelle der weißhaarigen Frau, die offenbar Chiara hieß, hinter der Theke. Er hatte sich also doch nicht eingebildet, ihn gesehen zu haben. Und plötzlich war der verdächtige Mann ein Mitarbeiter? Hier konnte etwas nicht stimmen.
    Als er wieder stehen konnte, ging Armin erneut ins Nebenzimmer, wo Rays Doppelgänger damals verschwunden war. Wieder war es menschenleer.


    Was hatte er übersehen? Armin schlug seine Notizen zur Pension vom Vortag auf, fügte "Star. Diebstahl? Chiara??" hinzu und versuchte, das Puzzle zusammenzusetzen.
    Eine mögliche Erklärung für das Verschwinden des Mannes war ein Geheimgang. Die Spuren am Regal passten dazu. Er verband "Kratzer Regal" und "R. Doppelg. verschwunden???" mit einer Linie. Aber ein großes Problem war, dass sich das Regal nicht per Hand verschieben ließ. Dafür hatte er noch keine Lösung.
    Zu wenig Pokémon. Irgendwo mussten sie Pokémon haben. Aber sie hatten keine gesehen. Waren diese vielleicht versteckt? In einem geheimen Raum? Armin verband "Wo PKMN?" mit den anderen beiden Hinweisen zum Geheimgang und bildete ein Dreieck.
    Warum sollten sie Pokémon verstecken? Hatten sie etwas zu verbergen? Kriminelle Aktivitäten etwa? Armin bildete ein weiteres Dreieck mit den fehlenden Pokémon, dem Diebstahl und dem Gamma-Symbol. Diebstahl würde ebenfalls erklären, wie sie an mehr Pokémon kommen konnten als eigentlich möglich und ein Handel mit gestohlenen Pokémon war einer Verbrecherorganisation zuzutrauen.
    Neben den beiden Dreiecken war ein Symbol übrig geblieben. Ein zweites Gamma in einem Rechteck? Was hatte er sich dabei gedacht? Er sah sich im Zimmer um, in der Hoffnung, sich zu erinnern.
    Beim Anblick des Porträts erkannte er, dass er nur das Buch falsch gedreht hatte. Kein Gamma in einem Rechteck, sondern die Umrisse eines karpadorähnlichen Pokémon auf einer Leinwand. Vielleicht hatte Esther Recht und er sollte sich abgewöhnen, seine Notizen in alle Richtungen zu schreiben.
    Wie hing das Bild mit allem zusammen? Es passte so schlecht in diese Pension, es musste einfach eine Bedeutung haben.
    Verschwinden? Nein, es war viel zu klein, um dahinter einen Geheimgang zu verstecken.
    Kratzspuren? Es sah nicht so aus, als könnte es solche Spuren verursachen.
    Zu wenig Pokémon? Zur Zucht brauchte man reale Pokémon, keine Gemälde.
    Diebstahl? Gestohlen war es vielleicht. Aber ein einzelnes gestohlenes Bild mitten in der Pension aufhängen?
    Team Gamma? Abgesehen davon, dass seine Zeichnung des Pokémon aussah wie ein gedrehtes Gamma--


    Gedrehtes Gamma.
    Armin ging zur Wand und griff das Porträt.
    Er konnte es nicht abnehmen, doch es ließ sich schwerfällig um den Mittelpunkt drehen.
    Er drehte es gegen den Uhrzeigersinn, bis das Pokémon nach unten schwamm und die gelb leuchtenden Umrisse ein Gamma bildeten.
    Etwas rastete ein.
    Er hörte ein Kratzen.
    Armin drehte sich um und sah, wie sich das Bücherregal mitsamt einem Stück der Wand zur Seite schob.
    Dahinter lag ein Hohlraum. Es war dunkel, doch er konnte eine Treppe erkennen, die nach unten führte.
    Er hatte den Geheimgang gefunden.


    Die Treppe führte in einen langen Flur. Sowohl Wände als auch Decke und Boden waren in reinem Weiß gehalten. Ohne Fenster wirkte der Flur noch kahler als die Bibliothek. Trotz der hellen Farbe ließ ihn die schwache, bläuliche, manchmal flackernde Deckenbeleuchtung düster erscheinen.
    Armin folgte dem Gang nach links, bis er an die ersten Türen kam. Auf der rechten Seite, mit "Zucht" beschriftet, drang Licht durch den Türspalt. Der linke Raum, "Lager", schien hingegen nicht beleuchtet zu sein.
    "Bitte, Vorstand Candela!", hörte Armin jemanden am Ende des Flurs rufen. Jemand kam um die Ecke.
    Armin griff die Türklinke links neben sich. Die Tür gab nach.
    Erleichtert betrat er das Lager und drückte die Tür wieder zu.
    Es wurde dunkel.


    Er hatte die Tür doch nicht ins Schloss fallen lassen?
    Sie hatte sich von außen ganz einfach öffnen lassen, das musste doch auch von innen gehen?
    Wie kam er hier wieder heraus?
    Kann er hier wieder heraus?
    Er griff vor sich.
    Oben, unten, Mitte, wo war die Türklinke?
    Links, rechts, wo war die Tür?
    Gab es überhaupt eine Türklinke?
    War er hier gefangen, in der Falle, als Eindringling?
    Raus.
    Er musste hier raus.


    Er sah sich gegen die Tür hämmern.
    Er sah sich treten, doch es half nichts.
    Das Schloss klemmte zu fest, er war nur ein Kind, er hatte keine Kraft.
    Er hörte sich schreien, doch niemand hörte ihn.


    Hier würde ihn jemand hören.
    Aber wollte er, dass diese Leute ihn hörten?
    War das Team Gamma?
    Was, wenn einer von ihnen hier war? In diesem Zimmer?
    Er drehte sich um.
    Er konnte nichts erkennen, nicht einen Umriss.
    Hatten sie schon auf ihn gewartet, dass er hier hinein geht, dass er ihnen in die Falle läuft?
    Licht.
    Lichtschalter.
    Wo war der Lichtschalter?
    Er drehte sich, griff vor sich.
    Rau, flach. Wand.
    Weiter nach rechts. Nichts.
    Weiter nach links. Eine Erhöhung.
    Er drückte den Schalter.
    Nichts geschah.
    Es war genau wie damals. Doch diesmal konnte ihn Esther nicht retten. Er war auf sich allein gestellt.
    Er musste hier raus.


    Ein Blitzen, ein Flackern.
    Es wurde hell.
    Niemand außer Armin war im Zimmer. Die Tür war gleich links von ihm und hatte eine Türklinke. Aber würde sie sich öffnen?
    Armin sah durch das Schlüsselloch in den Flur. Sobald die Luft rein war, konnte er sich Gewissheit verschaffen, nicht eingesperrt zu sein.
    Zwei Personen gingen direkt am Eingang zum Lager vorbei. Die eine trug die gleiche Uniform wie Rays Doppelgänger, die der anderen unterschied sich in Details, trug aber ebenfalls das Gamma-Logo. Das musste Team Gamma sein.
    "Warum muss sich dieser M denn immer einmischen?", klagte die Doppelgängerin des Doppelgängers. "Kann Photon das nicht mehr allein?"
    "Als Rüpel solltest du dich erst recht nicht einmischen. Sprich nicht so von einem unserer wichtigsten Mitglieder", antwortete die andere, vermutlich 'Vorstand Candela'. Sie öffnete die Tür mit der Aufschrift 'Zucht'.
    "Hast du diesen M denn schon mal gesehen?", sagte der Rüpel und folgte Candela in den Raum gegenüber.
    "Nein, aber ich kenne Photon. Er weiß ..."
    Sie schloss die Tür und er konnte nichts mehr hören.


    Armin drückte die Türklinke nach unten. Sie bewegte sich. Die Tür öffnete sich einen Spalt. Er war nicht eingesperrt.
    Erst jetzt bemerkte Armin das Zittern in seinen Beinen. Er ließ die Tür angelehnt und setzte sich auf den Boden, bis er sich erholt hatte. Er notierte "vor Verstecken denken. Licht!", dann sah er sich im Lager um.
    Das Lager war voller Pappkartons. Kartons am Boden, Regale mit Kartons, Kartons überall. Auf einem der Kartons am Boden lagen zwei Ordner. An der Wand hingen Plakate mit kleinen Bildern.
    Armin ging näher an die Plakate heran und erkannte, dass alle Plakate in Tabellenform gehalten waren. Jede Zeile enthielt das Bild eines Menschen links und das Bild eines voll entwickelten Pokémon in der Mitte. Manche Zeilen waren auf der rechten Seite in Handschrift abgehakt.
    Die rechte obere Ecke jedes Plakats trug eine Art Logo, doch es war kein Gamma, sondern der Buchstabe 'M'. Dieser befand sich nie exakt an der gleichen Stelle, war jedoch zu gerade, um handschriftlich zu sein. Armin holte eine Lupe aus seiner Manteltasche. An den Unregelmäßigkeiten aus der Nähe erkannte er, dass es sich um einen Stempel handeln musste. Warum waren die Plakate mit einem 'M' abgestempelt? Gab es eine Verbindung zu der Person, die die beiden von Team Gamma erwähnt hatten?
    Armin überflog die Tabellen mit den Augen. Nur einer der Menschen kam ihm bekannt vor: Milan. Neben ihm war ein Staraptor abgebildet, daneben war ein Haken.
    Armin machte sich Notizen zu der Liste, dann wandte er sich den beiden Ordnern zu.


    Die Ordner waren mit "Ein" und "Aus" beschriftet. Beide enthielten Tabellen mit Daten, Zahlenkombinationen, Pokémon und Namen. Im Ordner "Aus" waren zusätzlich Geldwerte gelistet.
    Es gab zwei interessante Daten: Den Februar vor sechs Monaten, als Staraptor gestohlen wurden war und den 17. Juli, als das Bild von Yurenka in der Zeitung erschienen war.
    Armin blätterte im Ordner "Ein" sechs Monate zurück und durchsuchte die Liste nach einem Staraptor. Tatsächlich fand er die Zeile "13.2. - 31415 - Staraptor - Candela".
    Im Juni fand er im selben Ordner die Zeilen "17.6. - 31415 - Staraptor - R", " 17.6. - 00000 - S - R" und "17.6. - 00000 - Y - R".
    'R'? Armin blätterte wieder zurück und fand dieselbe verdächtige Abkürzung noch einmal am 3. Januar mit dem Pokémon "F" und am 28. Februar mit dem Pokémon "S", beide mit der Zahl "00000".
    Armin notierte die verdächtigen Zeilen aus "Ein", legte den Ordner weg und wandte sich dem nächsten zu. Die Pokémon "F" und "S" waren wenige Tage nach den Daten aus "Ein" ohne Preis mit dem Namen "Lab" gelistet. Zahlreiche andere Pokémon, alle voll entwickelt und die meisten vom Typ Normal, waren ebenfalls ohne Preis "R" zugeordnet – darunter auch Staraptor mit der Zahl "31415" und "S" mit "00000", beide am 10. Juni. Am 18. Juni wurde " Y" an "Lab" --


    "Wen haben wir denn da? Ein neues Mitglied, das ich noch nicht kenne?"[/tabmenu]

  • Hallo @Evolina X,


    Deine Geschichte geht in die nächste Runde und ich habe mit Spannung dein letztes Kapitel verschlungen. Und ich muss betonen, dass es langsam wirklich in die heiße Phase übergeht.


    Die Geschichte nimmt eine interessante Wendung und geht in ein recht schnelles Tempo über. Gerade noch auf der Route 13 und schon im Kellergewölbe. Aber nochmals kurz zu den Charakteren, die wie immer sehr gut miteinander agieren und Konversation treiben. So nimmt auch der Fall eine interessante Wendung, denn Milan gibt einen für Armin und Co. entscheidenden Hinweis, den sie eigentlich längst hätten haben müssen, um einen Schritt weiter in ihren Ermittlungen zu kommen. Dabei wird die Charakterentwicklung, die zu Anfang für Fragezeichen gesorgt hat, mal ganz vergesssen und Armin ist Feuer und Flamme.


    Aber um mal bei den Charakteren zu bleiben. Lisas Verhalten wird wirklich immer seltsamer, wobei ich das Gefühl habe, dass dieses "in sich gekehrt sein" ihre Form ist, diesen Zwang, der sie gefangen hält, zu überwinden. Mich beschleicht nämlich das ungute Gefühl, als hätte man versucht, sie von ihrer Abneigung und Angst wilde Pokémon- oder einfach Pokémon allgemein - in irgendeiner Form berühren zu wollen, zwangstherapiert zu haben. Dies entnehme ich aus dem Zittern und dem steifen in die Hocke gehen, als das Mauzi angerannt kam und mit dem PokéDollar spielte. Sie kraulte das Pokémon wie an unsichtbaren Fäden gehalten, doch ihr Zittern bestätigt mir, dass sie sich eigentlich dagegen zu wehren versucht.
    Ich will echt wissen, was mit ihr geschehen ist. So ein extremer Charakterwandel kommt nicht von Jetzt auf Gleich.


    Aber auch Armin ist diesmal zur Höchstform aufgelaufen. Dank der Hinweise, die er sich in Kleinstarbeit zusammengefügt hat, steht ihm nun die Entlüftung des Geheimnisses bevor, wie der Ray Doppelgänger verschwunden ist, oder was die Dame von der Pension mit der Sache zu tun haben könnte.
    In meinen Augen ein wirklich schneller Schritt, der meiner Meinung nach aber noch überdauert hätte werden können. Nicht falsch verstehen, ich finde diesen Teil des Kapitels überaus spannend, aber mir geht es zu schnell. Vielloeicht hätte er sich nochmals mit seinen Freunden treffen sollen, anstatt gleich auf eigene Faust dort hinabzusteigen. Denn er findet dort viele großartige Hinweise, scheint aber nun in ernster Gefahr zu sein. Ich will hoffen, dass seine Freunde ihm schnell zu Hilfe eilen, sobald sie merken, dass er nicht mehr zurückkommt.


    An sich aber muss ich sagen, dass du die ganze Informationsflut sehr gut und vor allem recht ausgeklügelt miteinander verwebst. Sowas sehe ich gerne und verleiht deinem Text viel mehr Fülle, als tatsächlich drin steckt. Aber Vorsicht, dass du dich nicht verzettelst, denn sonst können zu viele Verwinkelungen und Hinweise schnell zu einem Problem werden, sodass der Informationsfluss und/oder der Überblick verloren geht.
    Zum Ende hin schwirrte mir aufgrund der ganzen Namen und Zahlen ein wenig der Kopf und ich musste mir diese Stelle tatsächlich nochmals durchlesen, weil ich durcheinander gekommen bin.


    Aber ansonsten wieder eine solide Arbeit. Ich freue mich auf das nächste Kapitel.


    Mfg Miss Fox


    "Wie beim Kartenspiel kommt es auch im wirklichen Leben darauf an,
    das Beste aus dem zu machen, was einem gegeben wurde,
    anstatt sich über ein ungünstiges Blatt zu beschweren und mit dem Schicksal zu hadern."


    [Astor, Pokémon - Schwarze Edition]

    Nur noch sporadisch im BisaBoard.

    Einmal editiert, zuletzt von Foxhound ()