Kaum ein mythologisches Wesen hat mehr Eindruck bei den Menschen hinterlassen, als der Vampir, der seit nun über einem Jahrhundert seine eigene Sparte der Fantasy- und Horrorliteratur beherrscht.
Der Vampir als mythologisches Wesen kam schon – wenngleich mit anderen Namen – in frühesten Mythen und Sagen vor. Untote Wesen, die zwischen den Lebenden wandeln und ihnen in irgendeiner Form die Lebensenergie entziehen, um so selbst weiterzuleben, gab es in beinahe jeder Hochkultur in Mythologie und Religion.
Zu etwas anderem entwickelte sich der Vampir aber im 18. Jahrhundert, als die damalige Literatur diese Wesen das erste Mal für sich entdeckte und ihnen damit auch den modernen Namen „Vampir“ gab. Doch auch wenn es damals in Großbritannien und auch Deutschland die ersten Vampirgeschichten gab, dauerte es noch einmal beinahe 100 Jahre, bis der Vampir seinen Platz in der modernen Kultur fand.
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Aus heutiger Sicht ist es schwer zu sagen, welche Geschichte es war, die den Vampir so fest in unserer Kultur verankert hat und natürlich würden viele ohne zu Zögern „Dracula“ sagen, doch tatsächlich ist es viel eher so, dass der große Einfluss des Vampires mit Lord Byron begann, der zusammen mit seinen Freunden Percy Bysshe Shelley und Mary Shelley gerne Zeit damit verbrachte, sich Horrorgeschichten auszudenken.
Und so erschufen sie zusammen die Variante des Vampirs, die haften blieb: Ein verfluchter Mensch, der das Blut von Frauen trinkt. Man braucht keinen Abschluss in Literatur, um zu verstehen, wofür dies symbolisch stand.
Jedenfalls erfanden die drei, beruhend auf einem Gesicht Byrons, eine Geschichte, welche dann später von John William Polidori, dem Arzt Byrons, aufgeschrieben und unter dem Titel „The Vampyre“ veröffentlicht.
Die Geschichte kam so gut an, dass sie direkt in mehrere Sprachen übersetzt wurde und es eine ganze Reihe unauthorisierter Sequels und Spin-Offs (also praktisch Fanfics der frühen Moderne) gab.
Während diesem ersten „Vampire“... Entschuldigt „Vampyre-Craze“ kamen auch einige andere einflussreiche Werke, wie zum Beispiel Sheridan le Fanus „Carmilla“ heraus, und der Vampir oder eben Vampyr wurde recht bald auch in die erotische/romantische Ecke gedrängt.
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Kurz vor Ende des 19ten Jahrhunderts kam jedoch das Werk heraus, dass am stärksten Beeinflussen sollte, wie man Vampire für viele weitere Jahre definieren würde: Bram Stoker‘s Dracula. Dieses Werk stellte Dracula gleichzeitig als einen Verführer der Unschuldigen, aber auch als etwas monströses dar, was gejagt werden sollte.
Die Fähigkeiten Draculas, sowie auch die Darstellung eines Vampirjägers als seinen Gegner, war etwas das hängen blieb – wozu vielleicht auch die Tatsache, dass bald schon Nosferatu als erster Vampirfilm herauskam. Ein Stummfilm, der eigentlich einmal eine Umsetzung von Dracula sein sollte, aber dies aus rechtlichen Gründen nicht sein konnte.
Viele der kommenden Werke, sowohl in Literatur, als auch im Film, gingen letzten Endes von dieser Grundlage aus: Der Vampir als dämonischer Verführer und die Helden, die gegen ihn kämpften.
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Eine der literarischen Ausnahmen, die genannt werden sollte, sind Science Fiction Romane, die Vampire beinhalteten und oftmals als eine Form von Außerirdischen und später – nach den Weltkriegen und Hiroshima – auch zunehmend als von einer menschlich hergestellten Krankheit darstellten. Das einflussreichste Werk in dieser Richtung ist fraglos „I am Legend“, das die Rollen von „gut“ und „böse“ stark hinterfragte.
Dennoch lief es meistens auf ein „Menschen gegen Vampire“ hinaus, selbst wenn die Vampire nicht immer die Bösen waren und ein guter Anteil der Vampirfilme aus der Zeit waren entweder Dracula-Verfilmungen oder borgten zumindest einige Charaktere oder das generelle Konzept aus Stokers Roman.
Stokers Darstellung beherrschte die damalige Vampirdarstellung so sehr, dass es auch mehr als eine Parodie gab, von denen aber wahrscheinlich Roman Polanskis „Der Tanz der Vampire“ die bekannteste ist.
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Doch wie kam es dazu, dass Vampire auf einmal zurück zu ihren eher erotisch geprägten „Wurzeln“ zurückkamen?
Nun, dies hatte zwei große Einflüsse: Die frühe US-Fernsehserie aus den 1060er Jahren „Dark Shadows“ und die ersten Büchern von Anne Rices „Vampire Chronicles“, die in den späten 1970ern erschienen.
Beide Vampirdarstellungen hatten eins gemeinsam: Die Vampire waren hier Hauptcharaktere, waren sympathische und mehr oder minder vielschichtige Charaktere, die teilweise unter ihrem „Fluch“ litten, teilweise ihr untotes Dasein mit Vergnügen auskosteten. Dabei spielte auch Romantik in ihrem Leben eine Rolle.
In dieselbe Richtung ging auch Yarbros Saint-Germain Serie, die bis heute weiterhin fortgesetzt wird.
Und diese romantische Vampirdarstellung hinterließ ihre Spuren (nicht zuletzt in der Gothic Subkultur, die damals noch in den Kinderschuhen steckte) und brachte einige weitere Romane und auch Filme hervor, die in dieselbe Richtung schlugen.
Doch nicht nur das: Diese Darstellung hinterließ auch seine Spur bei Dracula, denn auf einmal war Dracula als blutgierendes Monster nicht mehr cool genug, so dass auch Dracula zum gepeinigten Wesen wurde, das auch nach Jahrhunderten seiner verstorbenen Frau nachtrauerte.
Irgendjemand kam in diesem Sinne auch auf die Idee, dass Mina die Wiedergeburt von seiner Frau ist – eine Darstellung, die wahrscheinlich durch Francis Ford Coppolas Verfilmung „Bram Stoker‘s Dracula“ weiter verbreitet wurde, so dass sie in beinahe allen folgenden Filmumsetzungen in irgendeiner Form eingebracht wurde, wie auch in dem 2001 uraufgeführten Musical „Dracula“ von Frank Wildhorn, das stark aus Coppolas Verfilmung anborgt.
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In den 90er Jahren gab es jedoch einen weiteren Einfluss, der Vampire stark prägen sollte: Nachdem die Vampire langsam einmal wieder auf dem eher absteigenden Ast zu sein schienen, trat eine blonde Cheerleaderin auf den Plan, die auserwählt war, Vampire zu jagen. Die Rede ist natürlich von „Buffy“, speziell Joss Whedons Serieninterpretation, die von 1997 bis 2003 in den USA lief und die Vampire noch einmal richtig trendig machte.
Buffy beeinflusste den modernen Vampir auch auf eine andere Art, denn während romantische Vampirliteratur vor Buffy sich vor allem auf dem Blickwinkel des Vampirs konzentrierte, folgten auf Buffy eine Reihe von Romanen, in der sich eine toughe junge Dame mit Vampiren herumschlagen musste.
Besonders nennenswert sind dahingehend wohl Charlaine Harris „Vampires in Louisiana“, Laurel K. Hamiltons „Anita Blake Series“ (gut, diese ist eigentlich aus den 90ern, aber wurde erst dank Buffy berühmt) und Kim Harrisons „The Hollows“.
In den frühen Jahren der 2000er fanden die Vampire dann ein Gleichgewicht zwischen Horrorgestalt und Erotik, mit beiden Bereichen, die sich das Gleichgewicht hielten... Doch dann kam Twilight.
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Twilight war nicht der erste Vampirroman, der junge Erwachsene ansprechen sollte – bereits fünf Jahre vorher schlug Darran Shan mit seinem Buch „Cirque du Freak“ in diese Richtung, doch anders als Twilight waren die Darran Shan Bücher nicht vorrangig an ein weibliches Publikum gerichtet.
Doch Twilight war an ein vorrangig weibliches Publikum gerichtet und kam dort unglaublich gut an. So gut, dass sich daraus eine Buchserie mit vier Teilen und fünf Filmen entwickelte, die nicht nur den Begriff „Abstinence Porn“ hervorbrachte, sondern auch wieder Vampire als ausgesprochen romantisch darstellte und damit den Weg für massig weitere Romane und Filme ebnete, die bald schon einen eigenen Genrebegriff bekamen: „Paranormal Romance“.
Und das ist in etwa der Punkt, wo wir aktuell sind: Die Vampire verlieren gerade vielleicht ihren Reiz als Love Intrests und weichen anderen fantastischen Rassen, doch haben sie zumindest auch keine andere Richtung, in die sie sich entwickelt haben.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass die obige Aufzählung nicht vollständig ist und es noch einige Werke gibt, die vielleicht eine Erwähnung verdienen würden. Dazu gehören fraglos zum Beispiel die „Underworld“ Filme, aber zum Beispiel auch die „World of Darkness“ Rollenspielsysteme. Allerdings gibt es zu den Vampiren so viel, dass es praktisch unmöglich ist, alles zu erwähnen ;)
Demnach beende ich diesen kleinen Aufsatz an dieser Stelle und lasse euch noch ein paar Fragen zum Diskutieren hier:
- Was macht für euch einen richtigen Vampir aus?
- Lest ihr gerne Vampirbücher, bzw. schaut ihr gerne Vampirfilme?
- Habt ihr einen Lieblingsvampir?
- Und habt ihr Lieblingsbücher/Filme mit Vampiren?
- Was für Vampirdarstellungen bevorzugt ihr: Romantische oder eher Horrordarstellungen?