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Quelle
Vorwort
-bis auf weiteres entfernt-
Widmung
Ich widme sämtliche Schriftstücke in dieser Sammlung, die nicht eine eigene Widmung haben, dem Leben und dem Tod, dem Universum und dem Anderen. Der Freiheit und den Fesseln, den Drachen und den Menschen, den Freigeistern, Querdenkern, Regelsetzern und den Langweilern, den ewigen Fragen der Welt und der Unendlichkeit sowie der Endlichkeit. Ich widme es allem und jedem, was dieses Leben interessant und langweilig macht.
»Innerer Monolog eines Schneemanns«
»Schrei« »Ignoranz«
»Egozentrik«
»Veränderung«
»Ende«
»kreisel«
»Dunkelheit«
Für die FF-Challenge:
Innerer Monolog eines Schneemanns
Es ist so dunkel hier. Ich fühle mich so allein am Straßenrand, neben dem Lichtkegel der Laterne, bei der ich gebaut wurde. Dabei weiß ich, dass ich nicht alleine bin. Ich spüre die Anderen, ich höre ihre Gedanken fast wie meine eigenen. Die hunderttausend gleichen Stimmen, die die immer gleichen Sachen durch meinen Körper schreien. Welche der Schneeflocken ich war, bevor wir zusammengepresst wurden, weiß ich nicht mehr. Es spielt aber auch keine Rolle mehr. Meine Ideen, meine Wünsche und Fantasien haben sich bereits lange mit denen der Anderen verbunden und sind mit ihnen verschmolzen. Wir sind eins, aber trotzdem fühle ich mich alleine. Es scheint ihnen zu gefallen, immer wieder die gleichen Gedanken zu haben, ein Wort umzustellen und es dan als neue Idee auszugeben. Es scheint ihnen zu gefallen, ihrem Nachbar das in die Ohren zu schreien, was sie gerade eben erst von ihm erfahren haben. Im ganzen Körper drehen sich die Gedanken im Kreis. Warum fühle ich diese Freude an dem Chaos nicht? Diese unerhörte Lautstärke, die Einigkeit, die sie alle verbindet, sie sind alle gleich, so gleich, dass sie sogar dasselbe denken! Warum bin ich so anders?
Ich bin doch nicht der Einzige, der anders ist. Die Knöpfe zum Beispiel, sie sind anders als die Schneeflocken. Sie reden in einer tiefen Stimme langsam, sehr langsam, aber kommen dennoch schneller mit ihren Gedanken voran als die Schneeflocken. Sie diskutieren über Leben und Tod, über Gott und die Welt, über das Universum und Quantenmechanik, alles aufgebaut nur aus Worten, die sie von den vorübergehenden Leuten aufgeschnappt haben. Sie haben sie mit Sinn gefüllt, Stück für Stück, haben die Sprache der Menschen verstanden, die Sprache der Füchse, der Tauben und so viele mehr. Sie hören alles von außen und verknüpfen es. Sie sind ein Gehirn, und wie die Schneeflocken denken sie alle in einer großen Einheit. Doch warum bin ich die einzige Schneeflocke, die ihnen zuhört? Warum kratzen die anderen Schneeflocken nur an der Oberfläche des Offensichtlichen, während ich den Knöpfen oder dem Hut zuhöre?
Der Hut ist wieder eine Klasse für sich. Man muss sich richtig antrengen, ihn zu bemerken, denn er flüstert so leise, dass er im lauten Kreischen der Schneeflocken untergeht. Nur ab und zu kann man einige Worte vernehmen. Er spricht von Gott, von einer höhergestellten Ordnung. Einer Welt, in der wir viel mehr sind als ein Schneemann, wo ein Hut und ein Knopf und eine Schneeflocke gleich und gleich viel wert sind. Eine Welt ohne Granzen und Regeln. Eine Welt, in der wir uns bewegen könnten? Doch die Schneeflocken können ihn nicht hören und die Knöpfe wollen ihn nicht hören, sie lehnen ihn ab, wie er sie ablehnt, und so geht er unter. Doch warum höre ich ihm zu? Warum rufe ich nicht einfach durchgehend Gedanken wie "Schneeflocken sind um Fliegen da!" oder "Wir werden alle schmelzen!" in den Raum und verbrate meine Zeit bis zum Ende des Schneemanns mit dem Zerstören meines zarten Gehörs?
Vielleicht sollte ich die Arme fragen. Aus drei verschiedenen Bäumen ausgerissene Äste, die sich auf die Namen Anarchie, Monarchie und Demokratie getauft haben, nachdem ich ihnen von einem der Gedankengänge der Knöpfe erzählt hatte. Sie hatten tagelang darüber diskutiert, welche dieser Herrschaftsformen die ideale für diese oder jene Spezies sei. Und als die Diskussion bei den Knöpfen endlich auf ein anderes Thema umschwenkte, ging es bei den Armen erst richtig los, die sich jedoch im Gegensatz zu den Knöpfen nie einig waren. Deshalb hatten sie sich auch unterschiedliche Namen gegeben.
Also, was würden die Arme wohl sagen? Monarchie würde vermutlich sagen, dass ich etwas besonderes wäre. Über die Anderen Schneeflocken erhaben, ihr designierter Herrscher. Ich besitze Fähigkeiten, die sie nicht besitzen, ich kann schweigen, zuhören, denken, also muss ich mehr wert sein. Anarchie würde sagen, dass es reiner Zufall sei. Einige schreien lieber, andere hören lieber zu und wieder andere meiden den Kontakt völlig, wie Schal. Ich sei halt, wie ich bin, das ist so und ich solle mir darüber keine Gedanken machen. Demokratie würde mir nicht weiterhelfen können. Demokratie entscheidet nichts, Demokratie kann nichts entscheiden. Demokratie kann nur Vorschläge ablehnen oder Vorschlägen zustimmen. Auf etwas Anderes als eine Frage mit Auswahlmöglichkeiten kann Demokratie nicht antworten.
Sollte ich Schal fragen? Schal ist immer ruhig. Schal antwortet nur auf Fragen, die direkt an ihn gestellt werden und da Fragen innerhalb des Schneemanns normalerweise in den jeweiligen Gruppen beantwortet werden, wird Schal fast nie gefragt. Was würde Schal wohl sagen, wenn ich ihn fragen würde, warum ich keine Freude am Chaos der Schneeflocken empfinde? Warum ich anders bin? Warum nur ich den Knöpfen und dem Hut zuöre? Warum nur ich mit den Armen spreche? Warum nur ich Schal etwas frage? Er würde wohl sagen:
'Die Knöpfe denken, weil sie Knöpfe sind. Der Hut hört, weil er der Hut ist. Die Schneeflocken sind laut, weil sie Schneeflocken sind. Die Arme streiten, weil sie Arme sind. Der Schal antwortet, weil er der Schal ist. Und du, du erkennst sie alle, du kommunizierst und du träumst, weil du die Nase bist.'
Ja, das würde wohl geschehen, wenn ich vergessen würde, dass ich die Nase bin.