[Kalos] Feurige Leidenschaft

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  • Hallo Alexia,


    nach dem Arenakampf ist so ein ausklingendes Kapitel durchaus ganz angenehm, wobei die Spannungen dieses Mal an einer etwas anderen Stelle stehen. Soul und Dash scheinen sich wirklich nicht besonders riechen zu können, wobei ich doch annehme, dass diese Vergangenheit irgendwann einmal geklärt wird und die beiden auch gezwungenermaßen zusammenarbeiten müssen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Das wird sich zeigen. Auf jeden Fall löst du die Situation recht bald auf, sodass sie sich nicht ständig anstarren müssen - wobei so ein Starrduell am Ende eines Kapitels immer ganz witzig ist - und schwenkst schließlich zu dem Fiffyen. Dass es ein Shiny ist, macht es gleich noch etwas besonderer, wobei mich hier doch Souls Gutherzigkeit überrascht hat. Sonst wirkte er immer recht bestimmt, kühl und ironisch. Schön zu sehen auf jeden Fall, dass auch er seine guten Seiten hat und sich um das Pokémon kümmern möchte. Als Unlicht-Pokémon passt es auch zu Dael und ich hoffe, dass es einmal ein starkes Magnayen wird!


    Die Szene mit dem Wachmann war schon beinahe komödienhaft, wie oft er die Pyroleos betonte und ihnen hinterher rief, als wäre sonst niemand auf der Straße. Ob er wohl selbst Angst vor den Pokémon hatte und deswegen niemanden einfach so passieren lassen wollte? Für den Teil der Region ist es auf jeden Fall interessant, sie dort vorzufinden, aber Kalos ist schließlich groß.
    Schließlich sollte auch der erste große Kampf gegen ein wildes Pokémon folgen. Wobei es weniger ein Kampf war, an dem sich Louna beteiligt hatte, sondern bei dem sie einfach einmal das Gefühl bekam, einen Pokéball zu werfen. Auch das will gelernt sein und ich kann mir vorstellen, dass es sie viel Überwindung gekostet hat. Genauso mit den nachfolgenden Ereignissen, wie etwa, dass Dartiri einfach so im Ball verschwand. Ich denke, wenn man das das erste Mal sieht, ist es umso beeindruckender. Davon abgesehen fand ich diese Auseinandersetzung spannend und lebhaft beschrieben und unterhält ziemlich gut!


    Da du noch einen Namen für das Fiffyen suchst, möchte ich dir gerne "Kiba" vorschlagen, das japanische Wort für den Fangzahn. Würde anhand der Umstände zu ihm passen und ich bin gespannt, welcher es am Ende wird. Den Namen darf ein beliebiger Charakter vergeben, je nachdem, wen du gerade im Kapitel hast.


    In diesem Sinne: Man liest sich!

  • 15. Kapitel – Herzklopfen


    Knarrend und ächzend streckten sich die zahlreichen Arme in die Luft. An ihren Spitzen hingen Blätter im satten grün und es würde noch einige Monate dauern, bis sie sich verfärbten. An und für sich ein gar nicht so schrecklicher Anblick, wenn nicht vor allem das Blätterdach des Waldes Schuld daran wäre, dass der Wald viel dunkler wirkte, als er eigentlich sein sollte. Die Arme der Bäume, auch Äste genannt, hielten mit ihren Blättern das meiste Licht ab. Dadurch waren manche Stellen des Waldes weniger bewachsen, als andere, die mehr Licht abbekamen. Büsche und Sträucher waren vor allem am Rande des Waldes zahlreich vorzufinden. Farne und sogar hohes Gras drängten sich dicht an dicht aneinander. Louna wusste leider nur zu gut, dass dieser beinahe idyllische Anblick schon bald ein Ende nehmen würde. Vor allem wenn die Sonne untergehen würde und gar kein Licht mehr in den Wald schien.
    Sie schluckte. Nervös war sie, weshalb sie kurzum Arcus wieder aus seinem Pokéball gelassen hatte. Seitdem sie sich von Dash verabschiedet und Nouvaria City hinter sich gelassen hatte, war Arcus im Ball geblieben. Jetzt jedoch war es ihr mehr als recht, wenn ihr bester Freund neben ihr war.
    »Wo bleibst du denn? Oder willst du vielleicht Wurzeln schlagen?« Fast schon genervt klang Soul, der voraus gegangen war, weil Louna einfach stehen geblieben war. Noch einmal schluckte sie.
    »I-ich komme ja schon!«, rief sie und setzte sich endlich in Bewegung. Wälder waren ihr gewissermaßen unheimlich. Vielleicht lag es daran, dass sie in der Großstadt aufgewachsen war, vielleicht aber auch einfach nur daran, dass sie sich noch nie mit der Dunkelheit hatte anfreunden können. Denn gerade die war ihr sehr suspekt und ja, sie hatte Angst davor, was ihr aus der Dunkelheit entgegen springen könnte.
    Mit missmutigen Schritten folgte sie Soul, der sehr gelassen war. Anders als sie fürchtete er sich nicht vor der Dunkelheit und noch weniger vor diesem Wald. Louna kniff die Augen leicht zusammen und betrachtete seine Rückfront. Er war ein Kerl, die hatten bekanntlich eh vor nichts Angst. Zumindest taten die meisten immer so, um bloß keine Schwäche zu zeigen. Aber wenn sie sich daran erinnerte, dass er sowohl Dael, als auch das kleine Fiffyen in seinem Team hatte, würde sie es allgemein nicht wundern, wenn die Dunkelheit ihm keine Angst einjagte. Wie könnte man auch Angst haben, wenn man Unlicht-Pokémon an seiner Seite hatte? Soul drehte sich zu ihr herum.
    »Was denn los? Bist du echt so ein großer Schisser?«, provozierte er sie. Louna zog eine Schnute.
    »Nenn mich nicht so. Ich mag nunmal keine Dunkelheit!« Gerade so konnte sie sein Augenrollen noch sehen, als er sich wieder nach vorn drehte.
    »Dunkel ist es nun wirklich nicht … «
    Es nervte sie, dass er sich über sie lustig machte, aber viel ändern konnte sie daran nicht. Es wurde auch nicht wirklich besser, als sie beide immer mehr den Weg und das freie Feld hinter sich ließen und tiefer in den Wald gingen. Allein die Vorstellung, dass sie in diesem Wald übernachten musste, erschreckte sie schon innerlich. Sie wollte nicht! Aber die ganze Nacht durchlaufen wollte sie auch nicht. Außerdem würde Soul sie vermutlich erst recht auslachen und dann einfach das tun, was er für richtig hielt. Was darauf hinaus laufen würde, dass Louna allein weiter gehen müsste, wenn sie nicht im Wald schlafen wollte.
    Mist! Mist! Mist!
    Innerlich fluchte sie so sehr, dass sie ihre Umgebung nur noch halb wahrnahm. Daher bekam sie auch nicht mit, wie sich etwas kleines Grünes von einem Baumast hinab seilte. Erst, als es direkt vor ihrem Gesicht und damit in ihrem Sichtfeld auftauchte, begann Louna wie am Spieß zu brüllen. Sie erschreckte sich so sehr, dass sie nach hinten stolperte und den Halt verlor. Ihr Hintern landete unsanft auf dem Boden, aber das Schreien ließ erst einige Augenblicke später nach, als Soul sich umdrehte, zu ihr kam und wissen wollte, was los war. Eine Antwort brauchte sie nicht zu geben. Das Raupy hing an seinem seidenen Faden vom Ast hinab und hatte Louna erschreckt. Soul konnte sich nur schwer wieder ein Augenrollen verkneifen und sah Louna mit einer Mischung aus Skepsis und Vorwurf an. Darauf ging sie gar nicht ein. Ihr Herz hämmerte wie verrückt und sie rückte instinktiv noch ein paar Schritte von dem herab hängenden Raupy weg. Nicht, dass sie wirklich Angst vor Käfern hatte. Sie ekelte sich vor manchen und möchte nicht in deren Nähe sein. Aber eine richtige Angst hatte sie vor ihnen nicht. Doch wenn so ein Käfer einfach so vom Himmel herab fiel und direkt vor ihrem Gesucht umher baumelte, dann durfte man sich ja wohl erschrecken!
    »Sei froh, dass es nur ein Raupy war und nicht ein Hornliu. Die sind nämlich giftig«, meinte Soul und trat zu ihr heran.
    »A-ach und das soll mich jetzt beruhigen?« Ob Hornliu oder Raupy, beides war nicht sonderlich besser für ihr armes schreckhaftes Herz! Soul hielt ihr die Hand entgegen, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Louna konnte nicht anders, als erst misstrauisch zu gucken, immerhin machte er sich die ganze Zeit über ihre Schreckhaftigkeit lustig! Aber sie nahm die Geste an und ließ sich aufhelfen. Danach klopfte sie sich ein paar Erdkrümel von den Sachen.
    »In diesem Wald gibt’s nichts, was dich ernsthaft verletzen könnte, wenn du dich ruhig verhältst. Also bleib entspannt, ja?«, sagte Soul zu ihr.
    »Das ist einfacher gesagt als getan«, murrte Louna, die sich schönere Orte vorstellen konnte.
    »Falls es dich tröstet: Ich passe auf dich auf.« Sollte das Louna trösten? Soul war nicht Dash, aber das bedeutete nicht, dass er deshalb schlechter als Dash war. Richtig? Auch wenn Soul weit weniger ein Lächeln sehen ließ und für sich eher ein zurückgezogener Typ war. Im Prinzip das Gegenteil von Dash, wenn man so will.
    »Was?«, wollte Soul wissen, weil er sich von Louna angestarrt fühlte, da sie gar nichts mehr sagte. Diese hatte gar nicht mitbekommen, dass sie ins Starren vertieft war und löste sich daraus, um mit Soul weiter zu gehen.


    Nach einer Weile der Wanderung durch den Wald wollte Louna die aufgekommene Stille wieder unterbrechen. Käfer und andere Pokémon waren ihnen zwischendurch nicht mehr begegnet, was Louna nur recht war.
    »Woher kommst du eigentlich?«, wollte Louna von Soul wissen.
    »Mhm?«
    »Aus Illumina? Wir haben uns dort das erste Mal getroffen. Oder bist du auch ein reisender Trainer?«
    »Ganz schön neugierig.«
    »Äh, was?«
    »Das geht dich nichts an«, bekam Louna eine abwehrende Antwort.
    »Was? Aber … !«, begann sie zu protestieren.
    »Ich sagte, es geht dich nichts an, also frag nicht, okay?« Diese Ablehnung verschlug Louna die Sprache. Auch wenn Soul auf seine Weise hilfsbereit sein konnte, war er trotzdem in sich gekehrt und abweisend. Woran lag das? Oder war Louna für ihn einfach nur nervig?
    »Ähm … wenn ich dir auf die Nerven gehe oder so, dann hättest du das gleich sagen können.« Es gab eigentlich nichts schlimmeres, als wenn jemand sich aus Pflichtgefühl oder so etwas ähnlich sich mit einem abgab. Das mochte Louna nicht. Wenn sie ihm so lästig war, könnten sie auch getrennte Wege gehen. Auch wenn ihr dieser Gedanke weniger behagte.
    »Red keinen Unsinn«, meinte Soul nur.
    »Aber du hast gerade gesagt … «
    »Dass es dich nichts angeht, genau. Dabei bleibt es auch. Akzeptiere einfach, dass ich keine Lust habe über mich zu reden und gut ist.« Louna schielte Soul von der Seite an, der seine Hände in die Hosentaschen gesteckt hatte.
    »Oh wow, bist du eigentlich immer so nett zu anderen?«
    »Nein.« Louna glaubte sich zu verhören. Also hatte er doch was gegen sie?
    »Zu anderen bin ich unausstehlich.« Bei dieser Antwort blieb Louna einfach stehen.
    »Bitte?« Er veräppelte sie doch nur, oder? Das musste es sein! Er nahm sie einfach nur auf den Arm! Arcus neben ihren Beinen gab ein kurzes Winseln von sich, aber nicht, weil er die Unterhaltung zwischen ihr und Soul kommentieren wollte, sondern wegen des Raschelns im nahegelegenen Buschwerk. Louna sah nur kurz zur Seite und bekam schon wieder einen Schreck, dass sie mehrere Schritt weit weg sprang und sich lieber bei Soul versteckte. Sein Aufstöhnen sagte alles.
    »Also echt jetzt! Das ist kein Käfer und du zuckst trotzdem zusammen?«
    »Na ja, es war … «, versuchte Louna sich heraus zu reden, die sich schon wieder ihm gegenüber blamiert hatte. Ihr Blick wanderte hinüber zu dem kleinen Pokémon, was unter dem Busch hervor gehuscht gekommen war. Sein kurzes Fell war in einem auffälligen Blond mit dunklen Streifen besetzt. Das Pikachu blieb nicht lange und verschwand schon unter dem nächsten Farngewächs und damit aus ihrer Sicht. Ihr Herz klopfte immer noch wild. Wenn das so weiter ging und sie sich wegen jedem kleinen Rascheln und jedem Pokémon, was auftauchte, erschreckte, dann würde sie womöglich diesen Wald nicht mehr lebend verlassen. Irgendwann würde ihr Herz einfach aus ihrer Brust springen.


    »Es wird immer dunkler«, meinte Louna, als sie versuchte zwischen dem Blätterdach noch etwas Helligkeit zu entdecken. Doch die Sonne stand bereits so tief, dass es hier im Wald immer schwieriger wurde sich zu orientieren, wenn man nicht gerade eine Nachtsicht besaß. Leider war Louna nicht sehr gut darin im Dunklen zu sehen, weshalb es ihr nichts ausmachen würde, wenn sie eine Rast und damit die Nachtruhe einlegen würden. Auch wenn ihr der Wald nach wie vor nicht behagte. Drumherum kam sie sowieso nicht. Zwar hatte sie eine Taschenlampe in ihrem Rucksack, aber eine Nachtwanderung wollte sie trotzdem nicht unternehmen. Nicht durch diesen Wald. Trotzdem bräuchten sie eine passende Stelle, um sich auszuruhen. Ein Platz, der ein wenig geschützter war, das wäre ideal.
    »Aclasur!« Die Stimme hallte so überraschend durch den Wald, dass nicht nur Louna, sondern auch Soul stehen blieb, um zu lauschen.
    »Was war das denn?«, wollte Louna wissen, hörte aber nichts weiter. Oder doch?
    »Turmkick!« Wieder rief dort jemand, aber es war eine andere Stimme, als zuvor.
    »Woher kam das?«, fragte Louna Soul, der tatsächlich in eine Richtung zeigte, die schräg von ihnen war.
    »Ich glaube von dort.« Sie setzten sich beide wieder in Bewegung und brauchten nicht lange, um die Ursache des größer werdenden Lärms ausfindig zu machen.
    »Eisenabwehr, schnell Aclasur!« Die weibliche Stimme wies ihrem Pokémon die Abwehrattacke an, damit die Attacke des gegnerischen Pokémons nicht so viel Schaden anrichtete, wie es eigentlich könnte. Louna konnte aufgrund der zunehmenden Dunkelheit im ersten Moment nur Umrisse und Silhouetten sehen und mal ehrlich: Wer solch ein Pokémon nicht sofort erkannte, der konnte sich auch schnell davor gruseln. Der mächtige Kiefer des Pokémon von dem weiblichen Trainer schindete extrem viel Eindruck und sah besonders im Halbdunklen noch furchteinflößender als sonst aus. Wo das zweite Pokémon war, wusste Louna nicht, aber das war nicht weiter schlimm. Denn die Bewegung nicht unweit vom ersten verriet ihr, dass jenes Pokémon zu Boden gegangen war.
    »Ach verdammt!«, fluchte der andere Trainer, der eine männliche Stimme besaß. Louna schob sich zwischen den Bäumen hervor und versuchte mehr zu erkennen. Arcus neben ihr, war unruhig. Die zwei kämpfenden Pokémon auf der Lichtung vor ihnen machte ihn nervös. Louna musste sich erst hinknien und ihm beruhigend über das Fell streicheln, ehe er sich ein wenig entspannte.
    »Was sind das für Pokémon?« Leider erkannte sie die beiden nicht, was daran lag, dass sie zu unerfahren und unwissend war und diese beiden zuvor noch nicht gesehen hatte.
    »Los geht’s Acalasur, mach es mit deinem Eisenschädel fertig!« Die Trainerin klang sehr selbstsicher und wies nun ihr Pokémon mit dem großen Kiefer an, sich auf den Gegner zu stürzen. Das Seltsame daran war, das der Kiefer nach hinten gedreht war, was Louna irritierte. Lief es etwa rückwärts? Das konnte doch nicht sein.
    »Das ist ein Flunkifer«, gab Soul neben Louna die Antwort.
    »Ein was … ?« Nein, davon hatte sie noch nicht gehört. Soul, der mit verschränkten Armen vor der Brust neben ihr stand, sah sie an. Louna stand wieder auf.
    »Wie gut kennst du dich mit Pokémon aus?«
    »Ehm, nicht besonders … «, gestand sie.
    »Merk ich.« Irgendwie fühlte sich Louna bei dieser Aussage schlecht. Hey, es konnte doch nicht jeder ein Pokémon-Narr sein, der alles über diese wundersamen Wesen wusste, oder?!
    »Flunkifer ist ein seltenes Stahl-Fee-Pokémon. Es kämpft gegen ein Meditalis. Mhm, sehr ausgeglichen, wenn du mich fragst«, erklärte Soul, ohne das Louna ihn darum bitten musste.
    »Ach was?« Louna staunte und kniff die Augen zusammen. Nicht, dass es wirklich dabei helfen würde mehr zu erkennen.
    »Scanner!«, brüllte der Trainer des Meditalis, so dass die Attacke von Flunkifer abgewehrt wurde. Eine ähnliche Vorgehensweise, als das Flunkifer die Attacke des Meditalis abgewehrt hatte.
    »Wir können die ganze Nacht so weiter machen«, meinte die Trainerin und lächelte, auch wenn das kaum einer sehen dürfte.
    »Ja, da hast du wohl Recht.«
    »Also schön, wie wäre es mit einem unentschieden?« Wer wusste schon wie lange die beiden miteinander kämpften? Die Trainerin bot daher einen akzeptablen Ausgang an, der beiden vorerst genügen könnte. Tatsächlich stimmte der andere Trainer zu, womit der Kampf vorerst beendet wurde.
    »Aclasur, komm zu mir«, rief die Trainerin ihr Pokémon. Nicht etwa, um es zurück in den Pokéball zu befördern, sondern um über den stählernen Kiefer zu streicheln und es damit zu loben. Das Flunkifer genoss die Zuwendung und wirkte sehr glücklich darüber. Der Trainer mit dem Meditalis wollte zu ihr kommen, doch ihm fiel als Erstes auf, dass sie nicht mehr allein waren.
    »Hey, wer seid ihr?«, wollte er sofort wissen. War seine Anspannung gerechtfertigt oder wer waren diese Typen dort drüben? Louna löste sich von ihrer Position. Sie hatte ganz sicher nicht vor hier einen Streit vom Zaun zu brechen.
    »Hallo, ich bin Louna. Wir haben euch nur zufällig gehört und sind deshalb näher gekommen«, erklärte sie und trat soweit zu dem anderen Trainer heran, bis sie nicht nur knapp zwei Meter von ihm entfernt stand, sondern auch um ihn besser zu erkennen. Er war ein paar Zentimeter größer als sie und besaß dunkelbraunes, durchzaustes Haar. Seine Augenfarbe konnte sie in der Dunkelheit nicht mehr richtig erkennen. Auf seinem Rücken trug er einen Rucksack, der kaum auffiel und seine Sachen waren dunkel gehalten. Soweit Louna das überhaupt erkennen konnte. Irgendwie wirkte alles in einer Farbe. Auch wenn auf dieser Lichtung ein bisschen Licht vorhanden war, so reichte es nicht aus, um es genug zu erkennen. Allein schon, weil der Großteil des Himmels von Wolken bedeckt war und man den Mond dadurch auch nicht sehen konnte. Sein Licht hätte am meisten geholfen.
    »Oh, ach so! Ich bin Xelif und das ist mein Partner Xen!« Der Trainer stellte sich mit einem Lächeln vor, ebenso sein Pokémon, das an seiner Seite stand.
    »Ich habe noch nie ein Meditalis gesehen und ähm … auch kein Flunkifer, wenn ich ehrlich bin«, sagte Louna und sah auch hinüber zu der Trainerin, die langsam näher kam. Xelif stützte die Hände in die Hüfte und fing an zu lachen.
    »Das wundert mich gar nicht, denn wir kommen aus Hoenn!«, sagte Xelif, wodurch Louna gleich auch noch erfuhr, woher er kam.
    »Meditie gibt es aber auch in Kalos«, mischte sich die andere Trainerin ein, was Xelif überrascht zu ihr sehen ließ.
    »Ach was? Echt?«
    »Ja, in der Geolinkhöhle. Ich habe dort schon welche gesehen.«
    »Oh, das ist ja cool!« Durch die Begeisterung, die aus Xelifs Stimme heraus zu hören war, mutmaßte Louna, dass Xelif diese Pokémon-Art sehr gerne mochte.
    »Hi, ich bin May Chikara, freut mich«, stellte sich die Trainerin vor und reichte Louna die Hand, die jene annahm.
    »Freut mich ebenfalls.« May Chikara besaß sehr langes Haar, welches sie in einem Zopf am hinteren Kopf gebunden hatte. Trotzdem reichten ihre Haare bis zum unteren Ende des Rückens. Diese waren hellbraun mit blonden Strähnen, was nur schwer zu erkennen war. Auch ihre Augenfarbe blieb vorerst ein Rätsel, aber wer wollte das schon wissen?
    »Und wer ist dein Freund?«, wollte May wissen, die hinter Louna sah. Soul war nicht großartig näher gekommen.
    »Oh, das ist Soul. Er ist … etwas schüchtern«, antwortete Louna frei heraus und blickte zu ihm zurück. Selbst Schuld, wenn er sich so ausgrenzte!
    »Sagt mal, seid ihr auf den Weg nach Aquarellia?«, fragte Louna, natürlich mit einem Hintergedanken!
    »Ich nicht. May hat mir gesagt, dass auf Route Vier Traslas leben. Ich muss mir uuuunbedingt eins fangen!«, antwortete Xelif und schien schon wieder ganz begeistert zu sein.
    »Oh, ein Trasla? Warum das?«, fragte Louna nach.
    »Weil ich in meinem Team unbedingt ein Guardevoir haben möchte. Zwar gibt’s in Hoenn auch Traslas, aber ich hab es nie geschafft dort eins zu fangen, also will ich es hier versuchen.« Xelif schien ein recht offener Typ zu sein, was mal eine willkommene Abwechslung zum geheimnistuerischen Soul war. Louna lächelte deshalb, was auch May tat.
    »Verstehe, dann wünsche ich dir viel Glück dabei!« Louna meinte das ernst. Wenn Xelif unbedingt dieses Pokémon haben wollte, dann wünschte sie ihm Glück beim Fangversuch. Fragend sah Louna zu May.
    »Was ist mit dir? Begleitest du ihn?«
    »Nein. Ich habe Xelif nur zufällig hier im Wald getroffen.«
    »Ja, und das nicht zum letzten Mal«, unterbrach er sie kurzeitig.
    »Ja, vermutlich.« May lachte über Xelif unverbesserlichen Optimismus. Sie wusste schon jetzt, dass er früher oder später eine Revanche haben wollte, also würde sie ihn irgendwann wiedersehen.
    »Trotzdem möchte ich zuerst nach Aquarellia. Wie sieht es mit dir aus, Louna? Bist du auch auf den Weg dorthin?«
    »Ja, gemeinsam mit Soul.«
    »Gut, dann werde ich euch begleiten, falls ihr nichts einzuwenden habt«, schlug May direkt vor.
    »Kein Problem! Ich hab nichts dagegen!« Louna freute sich sogar darüber. Trotzdem wollte sie Soul deswegen fragte. Er würde doch nichts dagegen haben, oder? Wenn man eh schon den gleichen Weg hatte.
    »Soul?« Louna sah wieder zu ihm zurück.
    »Ja, ja, von mir aus.« Offenbar hatte er das Gespräch mitbekommen, so dass für ihn auch alles geklärt war. Gesprächig war er nicht gerade. Das schien sich auch May zu denken, deren Augenbrauen nach oben gewandert waren. Louna zuckte nur mit den Schultern. Was sollte sie auch sagen?
    »Schade, dann werde ich eben weiter allein mit meinen Pokémon ziehen. Aber erst morgen früh. Oder wollt ihr jetzt noch weiter gehen?«, wollte Xelif nun wissen.
    Schlussendlich einigte man sich, dass man zusammen ein Nachtlager aufschlug. Außerdem entzündeten sie ein Lagerfeuer. Auch wenn die Nacht nicht sonderlich kalt war, war Louna doch ein wenig froh über das Licht im Dunkeln. Um sie herum zirpten Käfer, riefen nächtliche Vogel-Pokémon oder es raschelte im Gebüsch, ohne dass man wusste, ob es sich dabei nur um den Wind oder um ein wildes Pokémon handelte. Die restliche Zeit, bevor man schlafen ging, nicht nur allein mit Soul, sondern mit den beiden Trainern May und Xelif zu verbringen, fand Louna ausgesprochen erfreulich. Soul hätte sich vermutlich einfach nur in seinen Schlafsack gelegt, ohne sich groß mit ihr zu unterhalten. Denn das tat er auch jetzt, während Louna sich noch ein wenig von den beiden Trainern erzählen ließ. Xelif war tatsächlich ein sehr optimistischer Typ und obwohl er in seiner Heimat – in Hoenn – versuchte hatte Champ zu werden und es nicht geschafft hatte, so gab er nicht auf eines Tages genau das zu werden. Er wollte stärker und besser werden, gemeinsam mit seinem Pokémon-Team. Louna erfuhr dadurch auch, dass Xen, sein Meditalis, sein erstes Pokémon gewesen war. Bisher kannte er selbst nur die Hoenn-Region und war erst vor wenigen Wochen nach Kalos gekommen, um hier sein Glück in den Arenen und vielleicht später auch in der Liga zu versuchen.
    May hingegen stammte direkt aus Kalos und war nur ein Jahr älter als Louna und auch Xelif. Sie reiste ebenfalls umher, um eine bessere Trainerin zu werden, wusste aber noch nicht genau, ob sie später wirklich in der Liga teilnehmen wollte. Sie sagte, dass sie es davon abhängig machen wollte, wie ihre Erfahrungen ausfielen, wie gut sie in den Arenen war und ob sie sich am Ende auch selbst als gut genug einschätzte, um eine solche große Herausforderung anzunehmen. Louna war von beiden Trainern beeindruckt, denn sie wussten trotz allem, was für ein Ziel sie vor Augen hatten und verfolgten diese mit großem Engagement.
    »War Aclasur dein erstes Pokémon?«, wollte Louna von May wissen, die daraufhin nickte.
    »Ja, meine Kleine war noch sehr jung, als ich sie erhalten hatte.« Als wollte ihr Pokémon zeigen, wie groß das Vertrauen und die Zuneigung zu ihrer Trainerin war, schmiegte es sich an May und ließ sich über den eindrucksvollen Kiefer streicheln.
    »Ich muss schon sagen, auf den ersten Blick kann es ganz schön furchteinflößend wirken, aber eigentlich hat es auch eine sehr niedliche Seite«, gab Louna zu und lächelte wieder. May stimmte ihr da voll und ganz zu. Sie wusste noch wie klein der Kiefer ihres Flunkifer am Anfang an. Jetzt, wo es so gut wie ausgewachsen war, konnte es ein sehr gefährlicher Gegner für andere sein.
    Alle drei unterhielten sich noch eine ganze Weile, bis sie sich dazu entschlossen lieber doch zu schlafen, damit sie am nächsten Morgen nicht verschliefen. Trotzdem lag Louna noch eine ganze Weile wach und dachte über die Erzählungen von May und Xelif nach. Die beiden waren so glücklich darüber mit ihren Pokémon durch die Welt zu reisen, Abenteuer zu erleben und auch zu kämpfen, dass man glatt neidisch werden konnte. Aber am meisten dachte Louna auch über deren Ziele nach. Denn welches Ziel hatte sie schon, wenn man jetzt mal ihren Auftrag vom Professor weg ließ? Bevor sie Illumina City verlassen hatte, wusste sie nicht, was sie in Zukunft tun wollte. Auch jetzt wusste sie das noch nicht. Umso mehr dachte sie daher über die beiden Trainer nach und auch über Soul. Welches Ziel hatte er wohl? Warum wollte er nach Aquarellia oder vielleicht auch Escissa? Wenn sie ihn fragen würde, wollte er bestimmt wieder keine Antwort geben und wehrte sie ab. Dieser Gedanke frustrierte und beschäftigte sie solange bis sie selbst einschlief.





  • 16. Kapitel – Namenstaufe


    Nur dürftig kam die morgendliche Sonne durch das Blätterdach, um den Wald zu belichten. Trotzdem erwachte Louna aus ihrem Schlaf. Es lag weniger an der Sonne, als viel mehr an den Geräuschen um sie herum. Die anderen drei Trainer waren bereits wach und während May noch dabei war ihre Kleidung zurecht zu zupfen und dann den Schlafsack zusammen zu rollen, war Xelif schon längst auf den Beinen.
    »Und fünf, und sechs, und sieben … « Wer zum weltbesten Trainer aufsteigen wollte, musste hart dafür trainieren. Das tat Xelif jeden Tag. Direkt nach dem Aufstehen begann er mit Xen zu trainieren. Da sein Meditalis nun mal vom Typ Kampf war, war es für Xelif nur logisch mit ihm jeden Tag zu trainieren, damit die Muskeln stärker wurden. Auch wenn Xen den Zweittypen Psycho hatte, so war es Xelif wichtig, dass sein Pokémon nicht nur geistig, sondern auch körperlich topfit war. Um das zu gewährleisten, machte er zusammen mit seinem Partner Liegestütze, Kniebeuge, lief einige Runden, wenn es die Möglichkeit dazu gab und führte noch andere Übungen aus, bis ihre Trainingsstunde vorbei war. Dafür stand Xelif jeden Tag früh auf. Spätestens wenn die Sonne aufging. Nur mit eiserner Disziplin konnte man sein Ziel erreichen! Das war sein Motto.
    May ging es da lieber entspannter an. Sie war eine Trainerin und ja, sie versuchte stärker zu werden, aber sie schätzte einen ruhigen Morgen. Allerdings hielt sie Xelif nicht davon ab sein Training durchzuziehen. Sollte er nur machen. Derweil kümmerte sie sich erst einmal um ihre eigenen Sachen und sah, wie Louna langsam erwachte. Nicht nur das. Ein Ungeheuer schien es auf sie abgesehen zu haben, doch May kam nicht mehr rechtzeitig, um Louna zu warnen oder davor zu befreien. Dafür hörte man schon in der nächsten Sekunde einen lauten Schrei, als Louna begann wie am Spieß zu brüllen. Xelif und Xen wurden aus ihrem Training gerissen. Sie rannten sofort herbei, um zu sehen, was los war. Sogar Soul, der einige Meter weit vom Lager entfernt war, um sich um seine eigenen Pokémon zu kümmern, kam heran, um zu prüfen, was los war.
    Alle drei Trainer sahen Louna, die weit weg von ihrem Schlafplatz gekrabbelt war und mit Schreckensmiene auf das Ungetüm starrte. Es war schon wieder ein Käfer-Pokémon gewesen, was ihr Herz wild zum Schlagen gebracht hatte. Nicht vor Freude, sondern wirklich vor Schrecken. Warum mussten diese sich auch ständig ihr nähern? Roch sie so gut oder was war der Grund? Das kleine schwarze Purmel hatte die Ruhe weg und kroch langsam und bedächtig weiter über den Boden bis es einen Baum erreichte und dort hinauf kletterte.
    »Nur ein Käfer«, sagte Soul. Er hatte schon angenommen, dass wer weiß was passiert war. Aber Louna hatte sich nur vor einem Käfer erschreckt.
    »Nur? NUR? Das Ding krabbelte auf mir herum! Das finde ich nicht lustig!«
    »Es wollte wohl von dir kosten?!«, scherzte Xelif, die Arme hinter den Kopf gelegt und ein Grinsen auf dem Gesicht. Lounas Mimik zeigte, dass sie das gar nicht lustig fand. May fühlte mit ihr. Leider hatte sie zu spät das Purmel mitbekommen und hatte Louna nicht davor bewahren können. Aber nun war es wieder weg und der Morgen konnte starten. Louna würde froh sein, wenn sie endlich diesen verdammten Wald hinter sich gelassen hatte.


    Nach Frühstück war Louna nicht zumute, aber das bedeutete nicht, dass ihre Pokémon nichts zum Fressen bekommen würden. Sie entließ Arcus und Chiari und wollte auch ihr neu gefangenes Dartiri entlassen, als ihr wieder die Worte von Soul einfielen. Es war keine gute Idee das Vogel-Pokémon aus dem Ball zu lassen, solange es nicht gezähmt war und Louna sich nicht in einem abgeschlossenen Raum befand. Es würde ihr sonst weg fliegen oder was noch wahrscheinlicher war, es würde wie wild herum flattern und vielleicht sogar wieder angreifen. Das Dartiri hatte sich ziemlich wild aufgeführt und wenn Louna ehrlich war, hatte sie an diesem Morgen schon genug Aufregung gehabt. Sie würde sich später um das Pokémon kümmern, wenn sie Aquarellia erreicht hatte. Arcus und Chiari waren froh darüber aus den Bällen zu sein. Die Notdurft konnte verrichtet werden und natürlich gab es was zum Futtern! Welches Pokémon machte das nicht glücklich? Doch Chiari schien gar nicht so hungrig zu sein. Ihre Neugier war sehr groß, weswegen sie nicht nur die fremden Trainer beäugte, sondern auch deren Pokémon. Da war zum einen Xelif mit Xen. Das Meditalis war gegenüber dem kleinen Evoli natürlich weitaus größer, weswegen sich Chiari nicht so recht heran traute. Erst nachdem sie sicher war, dass dieses Meditalis weiterhin ruhig stehen blieb und ihr nichts tat, kam Chiari näher heran und beschnüffelte es. Das Interesse verlor sie aber schnell wieder und Chiari hüpfte bereits zum nächsten weiter.
    Aclasur saß neben ihrer Trainerin und war dabei einige Beeren zu vernaschen, die sie von May erhalten hatte. Das Flunkifer schien darüber sehr glücklich zu sein und ignorierte Chiari vollkommen. Das gab dem kleinen Evoli genug Zeit, um das Flunkifer zu umrunden und das seltsam anmutende Pokémon genauer zu betrachten. Was war das hinter ihm? Der Kiefer war im Gegensatz zum restlichen Körper Flunkifers ziemlich groß. Er stand leicht offen da, aber als Chiari sich diesem näherte und auch einen Blick auf die scharfen Zähne darin warf, schloss sich der Kiefer ruckartig und erschreckte Chiari. Das kleine Evoli ergriff die Flucht und versteckte sich hinter Arcus, der noch dabei war seine Mahlzeit hinunter zu schlingen. Er hatte die Ruhe weg oder er war einfach zu hungrig, um sich der Neugier hinzugeben. Kurz schien das Evoli darüber nachzudenken, ob es jetzt nicht auch fressen sollte, doch die Stimme von Louna lenkte es zu sehr ab. Chiari ließ das Futter immer noch links liegen und näherte sich Louna, die bei Soul stand. Auch Louna war neugierig. Das lag an Souls Pokémon. Dael hatte sie bereits gestern kennen gelernt. Das Hunduster leckte den letzten Rest seines Futters auf und wirkte danach sehr zufrieden, vielleicht sogar ein wenig schläfrig. Es leckte sich das Maul sauber, gähnte ein wenig und legte sich hin. Doch der Kopf blieb aufgerichtet, so dass es seinen Trainer beobachten konnte wie auch die Umgebung. Dael zeigte sehr wenig Interesse gegenüber den anderen Trainern oder Pokémon. Anders als das kleine Fiffyen, welches erst seit kurzem zu Souls Team gehörte. Es blickte hinüber zu den anderen, auch zu Arcus, der noch mit seinem Fressen beschäftigt war. Doch das Fiffyen schien sich nicht recht zu trauen. Es war noch jung und so blieb es lieber dort, wo es sich am sichersten fühlte. Das war einerseits bei Dael, der das Fiffyen vollkommen akzeptiert hatte, zum anderen aber auch bei Soul, zu dem das Fiffyen mehr und mehr eine Bindung aufbaute. Fiffyen war noch ein Welpe und daher orientierte es sich lieber an diejenigen, mit denen es am meisten zu tun hatte. Zwar war es noch nicht lange bei Soul, aber die kurze Zeit, war für ihn auch recht intensiv gewesen. Soul hatte sich um das Fiffyen gekümmert und das hatte ausgereicht, dass Fiffyen Soul zumindest als Bezugspunkt ansah. Nichtsdestotrotz ließ es sich ohne Widerspruch von Lounas Fingern kraulen. Das Fiffyen spürte, dass von Louna keinerlei Gefahr ausging und da Soul als auch Dael in ihrer Nähe ganz ruhig blieben, war auch Fiffyen beruhigt. Es genoss die Zuwendung, die es bekam und Louna war glücklich darüber.
    »Es ist so niedlich. Hast du dir schon einen Namen überlegt?«, wollte Louna wissen. Damit sie an Fiffyen heran kam, hockte sie am Boden und musste daher nun zu Soul aufsehen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Der jedoch schien von der Frage schon wieder genervt zu sein. Er hatte noch keinen Namen und so wichtig war es ihm nicht, dass das Fiffyen sofort einen erhielt. Louna wandte sich dem kleinen Fratz wieder zu, der sich gegen ihre Hand lehnte, damit sie ihn auch ja weiter kraulte. Süß war er auf alle Fälle!
    Arcus, Lounas Fukano, hatte sein Futter vollkommen verschlungen und kam nun hinüber zu seiner Trainerin. Chiari war gerade dabei sich Dael vorsichtig zu nähern, damit sie ihn beschnuppern konnte, doch sie wich zurück. Das Hunduster war ihr nicht so geheuer. Arcus hingegen hatte weniger Hemmungen, lief einmal um Dael herum und schnupperte dann an ihm. Von Dael kam ein Schnauben. Mochte er nicht, dass die anderen sich ihm näherten? Arcus hatte nicht vor länger als nötig seine Aufmerksamkeit dem Hunduster zu widmen. Das lag vor allem daran, dass er das Rascheln von Blättern hörte und in diese Richtung sah. Dadurch wurde auch Chiari darauf aufmerksam, die sich neben Arcus stellte und interessiert hinüber zum Busch sah. War da etwas? Ein anderes Pokémon?
    Louna fiel es ebenfalls auf und blickte in die Richtung, nur um kurz darauf ein schwarz aussehendes Pokémon zu erkennen. Es hatte eine sehr schlanke Gestalt, lange Ohren und auf seinem sonstig schwarzen Fell gab es ein helles Muster. Sie blinzelte kurz verwirrt und sah dann Soul an, der einen kleinen Pfiff ausstieß und dann in die Hocke ging.
    Das Pokémon, was hinter dem Busch hervor kam, hatte es nicht besonders eilig. Noch ehe es richtig zum Vorschein kam, streckte und räkelte es sich, als wäre es gerade erst aufgestanden. Es gähnte sogar einmal herzhaft, ehe es gemächlich zu seinem Trainer ging. Kaum berührten Souls Finger das schwarze samtene Fell des Pokémons, da konnte Louna auch schon ein leises Schnurren vernehmen.
    »Es gehört dir?« Das war eigentlich gar keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Mhm«, brummte Soul trotzdem als Zustimmung, dessen Augen auf seinem Pokémon lagen. Chiari tippelte neugierig herbei, streckte den Kopf in Richtung des anderen Pokémons und schnupperte. Dieses war ein wenig größer als sie, tat es ihr aber gleich und schnupperte, um ihren Geruch aufzunehmen. Das war ein gutes Zeichen. Weniger das Fauchen, was kurz danach aus der Kehle des schwarzen Pokémons kam, als sich Arcus näherte. Das mochte das Nachtara überhaupt nicht. Es löste sich von seinem Trainer und Chiari und ging ein paar Schritte von der kleinen Gruppe weg. Demonstrativ setzte es sich auf seine Hinterbeine und begann damit sich ausführlich zu putzen.
    »Nero ist etwas eigen«, erklärte Soul, ohne dass Louna erst nachfragen musste.
    »Ich sehe schon. Es ist ein Nachtara, also auch ein Unlicht-Pokémon, richtig?«, wollte Louna von ihm wissen und stand wie Soul auf.
    »Ja.«
    »Ist das Absicht?«
    »Vielleicht.« Soul wollte wohl diesbezüglich nicht viel sagen. Sollte er nur. May und Xelif, die das Treiben beobachtet hatten, kamen nun näher heran. Xelif war mit seinem Training längst fertig und May hatte alle Sachen zusammen gepackt und war ebenfalls aufbruchsbereit.
    »Du bist also ein Unlicht-Pokémon-Trainer?«, wollte auch Xelif wissen, aber Soul antwortete nicht wirklich darauf. Xelif ignorierte das und fuhr einfach fort.
    »Hey, wie heißen sie denn?« Ob er darauf eher eine Antwort bekam? Arcus und Chiari hatte Louna vorhin schon vorgestellt gehabt, doch Soul hatte sich, wie immer, ziemlich zurückhaltend gegeben.
    »Das ist Dael, da drüben ist Nero und der kleine Fratz hier hat noch keinen Namen.« Statt das Soul antwortete, tat es einfach Louna für ihn. Sie ahnte sowieso, dass er nicht viel sagen würde, also übernahm sie das einfach für ihn. Seinen genervten Gesichtsausdruck ignorierte sie genauso wie vorhin.
    »Oh, also braucht das Fiffyen noch einen Namen?«, fragte May und begann zu überlegen.
    »Moment mal, Fiffyens sind doch normalerweise grau-schwarz! In meiner Heimat sind die Pokémon weit verbreitet, aber ich habe noch nie ein andersfarbiges gesehen. Ist ja cool!« Xelif war begeistert.
    »Wie wäre es mit … Kiba«, kam es von May.
    »Kin!«, sagte Xelif gleichzeitig. Die beiden Trainer sahen sich verdutzt an und lächelten. Soul stöhnte auf.
    »Warum um alles in der Welt seid ihr alle so scharf darauf ihm einen Namen zu geben?« May und Xelif lachten, was nicht gerade zu Souls Freude beitrug.
    »Weil er einen braucht, darum!«, sagte Louna und grinste den Miesepeter an.
    »Na fein, dann nehmen wir doch einfach Kinba! Das klingt gut, oder nicht?«, schlug Louna vor und sah Xelif und May fragend an. Soul wurde einfach bei der Benennung ausgeschlossen. Sowohl May und Xelif waren mit dem Vorschlag von Louna einverstanden und lächelten glücklich.
    »Sehr guter Name«, meinte May und Xelif stimmte ihr zu.
    »Also abgemacht. Ab heute heißt dein Fiffyen Kinba«, legte Louna für Soul fest.
    »Ihr habt sie doch nicht mehr alle … «, war alles, was Soul dazu zu sagen hatte. Die anderen lachten wieder.


    Da Xelif in eine andere Richtung wollte, als die anderen drei, hatte er sich kurze Zeit später von ihnen verabschiedet und versprochen, dass sie sich irgendwann wieder treffen würden. Denn das nächste Mal wollte Xelif auch Soul herausfordern und sehen, wie gut er war. Nicht, dass Soul das ernsthaft interessierten würde. Mehr als ein Schnauben auf die Aufforderung hatte er dazu nicht zu sagen gehabt. Xelif ließ sich von diesem Verhalten nicht beirren, wünschte den anderen noch viel Spaß und ging dann seines Weges. Er wollte schließlich unbedingt ein Trasla fangen und das gab es angeblich auf Route Vier! Er konnte es kaum erwarten endlich eines zu besitzen.
    Louna würde auch froh sein, diesen Wald verlassen zu können, doch sie hatten noch ein paar Stunden Fußmarsch vor sich. Hoffentlich würde nicht wieder einer der Käfer sie attackieren. Langsam reichte es ihr! Daher blickte sie sich auch immer wieder verstohlen um, ob sie nicht irgendwo eines dieser Pokémon entdeckte, dass dabei war sich auf sie fallen zu lassen. Wundern würde es sie nicht. Aber heute sollte das Glück ihr dann doch hold sein und kein einziger Käfer ließ sich blicken. Und wenn doch, dann mit genügend Abstand, so dass sie keinen Schreikrampf bekommen musste.
    »Was hast du in Aquarellia vor, May?«, fragte Louna die Trainerin, als sie sich davon überzeugt hatte, das wirklich nichts auf sie zu gesprungen kam.
    »Ich möchte meinen kleinen Cousin besuchen. Er soll demnächst sein erstes Pokémon erhalten, da möchte ich dabei sein«, erzählte May. Soul ging hinter ihnen her und achtete ein wenig auf die Rasselbande an Pokémon, die mit ihnen kam. Chiari war wieder zurück im Ball, aber Arcus durfte weiterhin draußen bleiben, der Louna prinzipiell überall hin folgte, wären da nicht noch die anderen Pokémon. Soul hatte Dael als auch Kinba draußen gelassen. Dael war sowieso sein ständiger Begleiter und das Fiffyen durfte weiterhin draußen bleiben, damit es nicht nur die Umgebung ein wenig kennen lernte, sondern auch das Miteinander. Arcus wurde daher von dem kleinen Fiffyen immer wieder ein bisschen abgelenkt. Die beiden verstanden sich recht gut. Das lag daran, dass Fiffyen einfach unter Welpenschutz stand.
    »Verstehe. Sein erstes Pokémon zu bekommen, ist immer aufregend«, sagte Louna.
    »Ja, das stimmt. Mein Cousin freut sich schon wie verrückt. Er möchte selbst auch Trainer werden. Sobald er sein erstes Pokémon hat, geht es für ihn in die Trainer-Schule, damit er seinen Pass erhält. Danach will er durch die Welt reisen.«
    »Da hat er sich aber was vorgenommen. Wie alt ist er denn?«
    »Zwölf.«
    »Äh? Und da will er schon durch die Welt reisen?« Für Louna klang das nicht besonders vielversprechend. Klar, für all diejenigen, die gerne Trainer sein wollten, war das eine tolle Sache durch die Weltgeschichte zu bummeln, zu trainieren und Abenteuer zu erleben. Aber das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen! Die wilden Pokémon konnten gefährlich werden und als Zwölfjähriger sollte man definitiv nicht allein umher streunen. Noch dazu als Anfänger!
    »Keine Sorge. Wie erwähnt besucht er dann erst die Schule und das für mehrere Jahre. Dort lernt er nicht nur die Grundlagen für das Trainer-Leben, sondern belegt auch allgemeine Kurse, um seinen Abschluss zu machen. Wenn er diesen in Sack und Tüten hat, geht es auf in die weite Welt«, erklärte May.
    »Ah, ach so! Also ist die Trainer-Schule gar nicht nur für Trainer als solche, die ihren Pass haben wollen?«
    »Richtig. Es gibt verschiedene Wege, die man einschlagen kann. Gerade für Kinder ist es wichtig erst einmal einen Abschluss zu haben. Daher auch die allgemeinen Kurse.« Dann würden sie sich genauso mit Mathe, ihrer Muttersprache, Biologie und anderen Fächern quälen wie jeder andere Schüler auch. Das fand Louna sehr vernünftig und konnte das auf alle Fälle gutheißen. Da sie selbst nie auf einer Trainer-Schule gewesen war, hatte sie nicht gewusst, wie sich das dort abspielte. Aber es ist gut zu wissen, dass das System durchdacht war.
    »Apropos Trainer-Schule, ich muss auch noch lernen für die Trainer-Pass-Prüfung.« Louna stöhnte auf. Allein der Gedanke wieder lernen zu müssen, förderte nicht gerade ihre Motivation. Sie war froh gewesen endlich ihren Abschluss gut absolviert zu haben und nun nicht mehr büffeln zu müssen. Tja, Fehlanzeige, da würde sie durch müssen, wenn sie wirklich den Pass wollte.
    »Was? Du besitzt noch keinen Pass?« Ausgerechnet Soul mischte sich in das Gespräch von hinten ein. Louna drehte sich während des Gehens zu ihm um.
    »Ja, was dagegen? Ich hatte nie vorgehabt mich als Trainerin auszuweisen.« Wollte er sie etwa schon wieder schikanieren?
    »Und wie kommt es, dass du dich umentschieden hast?«, wollte er von ihr wissen.
    »Wie kommt es, dass du so viele Fragen stellst? Redselig bist du doch sonst nicht.« Natürlich löste Louna durch ihre Worte ein ungehaltenes Aufschnauben aus. Zusätzlich schob Soul seine Hände in die Hosentaschen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Wald zu. May sah zwischen beiden hin und her, wurde aber aus ihnen nicht sonderlich schlau.
    »Wann ist die Prüfung?«, nahm May wieder das Thema auf und Louna wandte sich ihr erneut zu.
    »Wenn ich mich richtig erinnere, findet die Prüfung immer am Ende des Monats statt. Ich habe also noch ein bisschen Zeit.« Louna würde das Buch durchnehmen, was sie in der Schule von Nouvaria City erhalten hatte. Und sie würde Arcus noch ein bisschen trainieren wollen, obgleich ihr der Gedanke etwas Sorgen bereitet gegen andere Trainer kämpfen zu müssen. Andererseits erinnerte sie sich auch an den Kampf in der Arena zurück. Der Kampf gegen Matze. Das war schon sehr aufregend gewesen.
    »Ich bin mir sicher, dass du das schaffst«, wollte May Louna Mut machen, die das Unbehagen der anderen wahrnahm.
    »Ach ja?« Louna war sich da nicht so sicher. Sie hatte keine Ahnung, was einen richtig guten Trainer ausmachte.
    »Natürlich! Schau dir nur deinen Arcus an.« Die Augen der beiden jungen Frauen wanderten zu dem Fukano, welches an der Seite von dem Fiffyen entlang trottete.
    »Er ist gut trainiert. Er folgt dir und hört auf dich. Das macht schon einen guten Eindruck.«
    »Schon, aber ich habe noch nie richtig gekämpft. Na ja, abgesehen von dem einen Kampf in der Arena … «
    »In der Arena? Gegen einen Leiter?« May bekam gleich große Augen. Gleich gegen einen Arenaleiter am Anfang zu kämpfen, war schon sehr …
    »Nein, natürlich nicht! Um Himmels Willen, das könnte ich doch gar nicht. Ich habe in der Nouvaria Arena gegen einen Trainer gekämpft, der zur Arena gehört. Es war ein Übungskampf. Na ja und mein erster … «
    »Ah! Verstehe, so war das. Ich dachte schon … Am Ende hättest du mir gesagt, dass du noch gegen einen Leiter gewonnen hast, dann hätte ich mir aber Sorgen gemacht.« May lachte auf bei der Vorstellung und kicherte noch ein wenig danach.
    »Wieso das?« Louna verwirrte das eher.
    »Na ja, wenn du einen Leiter auf Anhieb schlägst, dann muss ich mir schon Sorgen darum machen, ob ich nicht eine schlechte Trainerin bin. Oder anerkennen, dass du ein herausragendes Talent hast!«
    »Oh, so meintest du das. Aber du machst mir keinen Eindruck, als wärest du eine schlechte Trainerin. Aclasur macht auf mich einen starken Eindruck und sie scheint auch gut auf dich zu hören!«
    »Ja, das stimmt. Aber das liegt auch daran, dass sie schon seit mehreren Jahren zu mir gehört und ich sie trainieren konnte.« Das ließ in Louna eine weitere Frage aufkommen, während sie May zuhörte. Allerdings war das eine Frage, die sie an Soul richten wollte, weswegen sie sich wieder zu ihm umdrehte.
    »Wann hast du dein erstes Pokémon erhalten?« Ach, wieso fragte sie überhaupt? Vermutlich würde er sowieso nicht darauf antworten.
    »Mit Zwölf.« Soul überraschte Louna, indem er ihr tatsächlich eine Antwort gab. Sie sah etwas perplex drein, sah aber schon kurz danach hinab zu Dael.
    »Richtig«, antwortete Soul erneut, obwohl Louna die Frage nicht ausgesprochen hatte. Das Hunduster war also sein erstes Pokémon gewesen?
    »Wie hast du es erhalten?«, stellte Louna eine weitere Frage, doch der Blick in Souls Gesicht zeigte ihr die Antwort.
    »Okay, du willst nicht drüber reden?!«, mutmaßte sie, was sie gleichsam auch frustrierte.
    »Nicht heute.« Obwohl die Antwort nicht besonders zufriedenstellend war, hörte Louna einen versöhnlichen Ton aus Souls Stimme. Eine indirekte Bitte an sie darüber nicht sauer zu sein? Irgendwie konnte sie es auch gar nicht. Sie verstand, dass er selbst entschied, wann er etwas von sich oder seinen Pokémon erzählen wollte und wann nicht. Auch wenn seine Angewohnheit, nur Krümelweise etwas preis zu geben, nerven konnte, akzeptierte sie es, wie es war. Etwas anderes blieb ihr sowieso nicht übrig.
    »Oh schaut. Der Wald lichtet sich langsam. Wir haben es fast geschafft«, wies May auf ihre Umgebung hin.
    »Dem Himmel sei Dank!«, kam es unendlich erleichtert von Louna. May musste daraufhin wieder lachen.
    »Du magst den Wald wirklich nicht besonders, was?«
    »Nein. Hat man ja gesehen. Die Käfer … « May lachte noch mehr und Louna war froh, als sie endlich die letzten Bäume hinter sich ließen. Aquarellia lag direkt vor ihnen und als wäre das nicht genug, kam die Sonne hinter den Wolken hervor und ließ die Welt in sanftem Licht erstrahlen. Wundervoll!


  • Hallo Alexia,


    wird ja mal wieder Zeit, hier ein paar Worte zu verlieren, hm? Zuerst aber einmal ein Dankeschön für die Überraschung im letzten Kapitel; Fiffyens Namen kannte ich ja noch gar nicht und dass sich unsere Vorschläge so stark ähneln würden, hätte ich echt nicht erwartet. Kinba erinnert mich außerdem an die Serie "Kimba, der weiße Löwe". Zumindest vom Namen her, was aber nun doch sehr ähnlich ist. Auf jeden Fall gefällt mir der Name für den Kleinen und ich möchte hier einfach nochmal betonen, wie gut dir die Bilder gelungen sind. Danke. ♥


    Übrigens auch Danke für die Widmung. Im ersten Moment ist mir die Ähnlichkeit mit dem Namen ja gar nicht aufgefallen, dachte bei den Pokémon aber, dass das vielleicht mit den Lesern zu tun hat und zwei so unterschiedliche Pokémon gleich am Anfang der Reise zu sehen ist für Louna sicher auch eine ganz neue Erfahrung. Bisher hatte sie ja eher mit Hunden und Katzen, teils auch Füchsen, zu tun und human wirkende Pokémon sind daher etwas Neues fürs Auge. Die Darstellung der beiden ist im Übrigen auch gelungen: Meditalis als Kampf-Typ natürlich immer am Trainieren, wobei das ja vorwiegend sein Trainer vorgibt, und Flunkifer scheint sehr loyal und freundlich zu sein. Besonders das Anschmiegen am Ende von Kapitel 15 hatte etwas Inniges an sich, das nicht zu vernachlässigen ist, wenn man sich um Pokémon kümmert.
    Weiters bin ich auch froh, dass Soul nun endlich etwas mehr über sich bekanntgegeben hat und auch mal dazu bereit ist zu reden. Wobei er bei Louna noch recht neugierig war; scheint er sich wohl insgeheim doch für sie zu interessieren, obwohl er recht abweisend wirkt? Wer weiß. Die Namenssuche für das Fiffyen fand ich gut gelöst, dass May und Xelif beide einen Namen vorschlagen und ihn dann einfach kombinieren. Das hatte etwas Witziges an sich und ich denke mal, dass das nicht die einzige Motivation war, einen Namen zu finden. Das kann in Zukunft je nach Team-Mitglied noch recht schwierig werden, hm?
    Dass du das Trainerwerden erneut ansprichst, macht nur Sinn. Louna hat noch immer keinen Trainerpass und so ist es auch ganz interessant zu erfahren, welche Wege man dafür eigentlich einschlagen kann. Schließlich geht auch nicht jeder mit jungen Jahren auf Reise oder traut sich das schon zu, sondern muss erst lernen. Mal sehen, was die drei in Aquarellia erwartet. Vielleicht ja ein erneuter Besuch in einem Hutladen?


    Wir lesen uns!

  • 17. Kapitel – Dieb?


    Bei diesem Anblick konnte einem nur der Atem stocken. Lounas Augen waren weit aufgerissen und von einem Glanz erfüllt, der von Begeisterung sprach.
    »Wow!« Neben ihr hörte sie May kichern, die nicht ganz so fasziniert war wie Louna selbst, denn Mays Familie kam aus dieser Gegend, weswegen sie immer mal wieder hier gewesen war. Louna dagegen konnte sich kaum erinnern, wann sie das letzte Mal in Aquarellia, geschweige denn in Escissia gewesen sein musste. Zu lange, wie sie feststellte, denn sie hatte die Schönheit dieses Ortes gar nicht mehr in Erinnerung. Welch Schande, wenn man sich dieses Bild vor Augen führte.
    Der Nouvaria Wald lag einige Kilometer hinter ihnen, denn die Route Zwei, auch als Progrès-Weg bekannt, war nicht sehr lang und ziemlich ereignislos gewesen. Jetzt stand Louna mit May und Soul vor der Stadt Aquarellia und bestaunte die Landschaft. Nun, Aquarellia war keine richtige Stadt, es glich mehr einem Dörfchen, aber es war ein sehr malerisches! Die Häuser standen verteilt in der Gegend und besaßen zahlreiche Verzierungen aus alter Zeit. Verspielte Stuckbilder wiesen noch bis heute die Künstler von damals aus, bei denen man nur neidisch werden konnte. Heutzutage wurde auf so eine verspielte Architektur nicht mehr viel Wert gelegt. Die Bauwerke sollten modern sein und glichen oftmals diversen geometrischen Formen. Da wollte kein Architekt Stuck oder ähnliches an den Wänden, über den Türen und unter den Fenstern haben. Eigentlich sehr schade, denn als Louna mit den anderen beiden über die Brücke ging, die über den Rhonaré Fluss gebaut worden war, konnte sie diese Verspieltheit auch an der Brüstung der Brücke erkennen.
    »Hier ist es so idyllisch und ruhig, ganz anders als in Illumina City«, stellte Louna noch einmal fest.
    »Ja, das stimmt. Ich komme sehr gern hier her«, antwortete ihr May. Soul hielt sich wie immer aus allem raus. Er ging hinter ihnen her, wie auch schon vorhin.
    »Arcus gefällt es auch hier, was?«, stellte May fest, die hinab sah und das Fukano betrachtete. Arcus sah in verschiedene Richtungen und schnüffelte immer mal hier und dort. Er kannte bisher nur das geschäftige Großstadtleben. Hier draußen auf dem Land bekam man einen ganz anderen Eindruck! Im Hintergrund plätscherte noch immer der Rhonaré und als Louna kurz zu diesem zurückblickte, konnte sie ein kleines Boot darauf erkennen. Daraufhin erfuhr sie von May, dass das Boot stetig zwischen Escissia und Aquarellia hin und her fuhr. Natürlich gab es auch einen begehbaren Weg nach Escissia, aber die Fahrt über den Fluss vereinfachte den Transport von Gütern, weswegen er gern genutzt wurde. Auch Besucher, die nach Escissia wollten, nutzten manchmal die Möglichkeit in einem Boot zu fahren. Bei Pärchen war es besonders beliebt, weil man sich auch Kanus leihen und damit paddeln konnte. Louna hätte selbst Lust dazu solch eine Gelegenheit zu nutzen, aber sie war nicht nach Aquarellia gekommen, um hier ihren Urlaub zu verbringen. Sie hatte eine Aufgabe zu erfüllen, besser gesagt eine Lieferung abzugeben. Wobei sie dafür eigentlich nach Escissia musste, also würde sich das möglicherweise doch anbieten? Als Louna sich vom Anblick des Flusses löste und wieder auf den Weg vor sich sah, konnte sie erkennen, dass Soul bereits weiter ging.
    »Hey, warte doch!« Hatte er es so eilig? Mit der Sonnenbrille auf der Nase, da heute ein wunderschöner sonniger Tag war, und den Händen in den Hosentaschen verstaut blieb Soul stehen und sah zu ihr zurück. Louna und May beeilten sich wieder aufzuholen.
    »Was denn noch?«, wollte er wissen und blickte einen kurzen Augenblick zurück. Man konnte nicht erkennen, was er dachte, da die Sonnenbrille sein halbes Gesicht verdeckte und die Sonne selbst auch noch Louna und May blendeten.
    »Wie was denn noch? Wo willst du denn hin?«, hakte Louna nach und starrte in Souls Rücken.
    »Weiter.« Knapper hätte die Antwort gar nicht ausfallen können. Er war drauf und dran sich umzudrehen, damit er weiter gehen konnte.
    »Ähm, also ich muss eine Lieferung abgeben. Schließlich wollen ein paar junge Trainer ihr erstes Pokémon erhalten«, sagte Louna und erinnerte sich an die Worte von Professor Platan.
    »Oh? Du bist hier, um jungen Trainern ihr ersstes Pokémon zu bringen?« May war darüber erstaunt. Warum hat denn Louna das nicht gleich gesagt?
    »Na dann mach mal«, war alles, was Soul dazu zu sagen hatte und neigte dazu weiter zu gehen. Er wirkte nicht so, als würde ihn das alles interessieren oder als würde er sich aufhalten lassen wollen.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte Louna noch einmal, bevor er verschwunden war.
    »Na weiter.« Seine Antwort klang genervt. Louna verwirrte das nur wieder. Konnte er sich nicht einmal ausführlicher ausdrücken?
    »Das heißt, du willst uns verlassen?« May schien eher zu begreifen, was das alles bedeutete und traf mit ihrer Frage direkt ins Schwarze. Angesichts dessen, dass er nicht den Eindruck hinterließ auf die beiden jungen Frauen warten zu wollen, war das aber auch vorhersehbar gewesen.
    »Dann könntest du aber wenigstens noch Tschüss sagen!«, warf sie ihm hinterher. Was war denn das für eine Art sich nicht wenigstens zu verabschieden? Wenn er schon gehen wollte …
    »Tschüss!«, kam es prompt von Soul, der den beiden jungen Frauen keine Beachtung mehr schenkte. May war ganz verstört darüber. Sie starrte ihm nach.
    »Wir könnten doch Nummern austauschen? Hey, hörst du mir zu?«, rief Louna Soul nach, der nur die Hand hob, als ein Grußzeichen, aber auch um sie wohl abzuwimmeln. Er ließ sich wirklich nicht aufhalten, was Louna ärgerte. Warum war er so abweisend? Dabei konnte er, wenn er wollte auch freundlich sein. Manchmal. Hin und wieder. Okay, eher seltener, aber er hatte auch eine freundliche Art! Wenn er denn wollte, was leider nicht oft zu sehen war.
    »Wozu?« Da er nicht stehen blieb, ahnte Louna, dass er kein Interesse daran hatte weder die Nummern wirklich auszutauschen, noch eine Antwort auf seine kleine Frage zu hören. So viel Desinteresse sollte Louna eigentlich zeigen, dass sie diesem Typen völlig schnuppe war. Es könnte ihr egal sein. Sie musste sich nicht mit ihm abgeben, wenn es nicht nötig war. Trotzdem ärgerte sie sich darüber.
    »Was für ein blöder Tauros!«, murrte sie vor sich hin. May nahm es gelassener hin.
    »Er scheint wirklich nicht besonders … gesprächig und kontaktfreudig zu sein. Was läuft da zwischen euch beiden eigentlich?«, wollte May wissen. Sie sah Louna sehr fragend an, die wiederum verdattert drein blickte.
    »Was da la… ? Nichts! Überhaupt nichts!«, kam es schnell aus Lounas Mund. Wie kam May darauf? Und wieso mussten sich Lounas Wangen röten, wenn da doch nichts wahr? Das lag sicher nur daran, dass sie sich über diesen Kerl immer noch ärgerte!
    »Oh? Okay. Woher kennt ihr euch?« Offenbar war Mays Neugier gerade besonders groß. Louna seufzte und erinnerte sich zurück, als sie Soul unter Illumina City in dem Tunnel getroffen hatte.
    »Das war ein bisschen seltsam. Ich habe in Illumina einen Dieb verfolgt, der aus dem Pokémon-Labor von Professor Platan ein paar Pokémon gestohlen hatte. Ich wollte ihn aufhalten und bin dabei Soul über den Weg gelaufen, der auch dort war.«
    »Was? Er ist ein Dieb?«, fragte May schockiert. Louna wusste erst gar nicht, was May da fragte, ehe sie richtig verstand und sich beeilte es richtig zu stellen.
    »Nein, nein! Er ist kein Dieb, er schien nur den Dieben ebenfalls auf der Schliche zu sein, weswegen ich ihn getroffen habe, als ich den Dieb ausfindig gemacht habe.«
    »Ach wirklich? Woher weißt du, dass er nicht dazu gehört hatte?«
    »Ähm, das hat er mir gesagt.«
    »Und du glaubst ihm das einfach so?«
    »Was soll denn das jetzt? Willst du ihm etwa unterstellen, er sei ein Dieb?« Louna verstand gar nicht, was auf einmal in May gefahren war.
    »Nein, das nicht direkt. Aber das klingt gerade alles sehr dubios. So wie er sich benimmt, könnte man schon das Falsche denken«, erklärte May. Sie wollte keinesfalls jemanden verurteilen und sie war auch nicht dabei gewesen, als Louna den Dieb verfolgt hatte. Aber komisch kam es ihr dennoch vor.
    »Ich glaube ihm!«, sagte Louna entschieden. Das tat sie wirklich, sie glaubte ihm, auch wenn das andere nicht taten. Sie konnte es leider nicht wirklich begründen, aber es war einfach so. Es war einfach ihr Bauchgefühl und diesem vertraute sie in dieser Sache vollkommen.
    »Deine Gutmütigkeit hat er gar nicht verdient«, meinte May noch nebenbei, ehe sie dazu ansetzte weiter zu gehen. Louna war etwas verdattert und sah ihr nach, ehe sie sich selbst in Bewegung setzte und ihr folgte.
    Soul ein Dieb? Nein, das wollte sie nicht glauben. Am Anfang hatte sie das zwar auch gedacht, aber er war genauso besorgt über das Fiffyen gewesen wie sie und er hatte nicht den Eindruck gemacht, als wollte er mit den Dieben über einen Kamm geschert werden. Nein, er war kein Dieb, ganz sicher nicht!


    »Oh Arceus, sind die süß!« Louna kam aus ihrer Verzückung gar nicht mehr heraus. Da May ihr erzählt hatte, dass ihr kleiner Cousin ein Pokémon erhalten sollte und es vermutlich auch Lounas Ziel war, eben ihm jenes zu geben, wollten die beiden zusammen bleiben, um Mays Familie aufzusuchen. Denn die Lieferung musste Louna an eine Frau Kitana abgeben und das war Mays Tante. Passte also ziemlich perfekt zusammen, nicht wahr?
    Doch bevor sie auch nur in die Nähe von Mays Familie kamen, entdeckte Louna die abgezäunte Weide, die hinter den Häusern stand. Zahlreiche kleine und größere flauschige hellgelbe, fast weiße Pokémon befanden sich darauf. Es war eine Herde von Voltilamms und Waatys, die hier grasten, mähten und sich des Lebens freuten. Louna freute sich auch, denn sie fand diese Pokémon unglaublich süß und war ganz verzückt über die flauschig aussehenden Geschöpfe.
    »Oh, die sind so niedlich. Ich wusste gar nicht, dass es die hier gibt. Kann mich gar nicht mehr daran erinnern.« May, die neben Louna stand, lachte über ihre kindliche Freude.
    »Man sagt, von hier kommt die beste Wolle von ganz Kalos. Nirgendwo sonst ist die Wolle flauschiger und schöner als von den Voltilamms und Waatys aus Aquarellia!« Da May des Öfteren in dieser Gegend war, kannte sie sich besser mit den Lokalitäten aus. Das war sehr praktisch für Louna, die dadurch an mehr Hintergrundwissen gelangte. Langsam streckte Louna den Arm zwischen den Latten des Zaunes durch und wartete gespannt. Zu ihrer Freude sah ein Voltilamm nicht nur zu ihr, sondern war auch so neugierig und kam auf sie zu. Erst schnupperte es an ihren Finger, doch recht schnell konnte Louna über den Kopf und die flauschige Wolle des Pokémons streicheln.
    »Es ist so weich!« Louna kam gar nicht mehr aus ihrer Begeisterung heraus.
    »Da hast du Glück, dass du zu dieser Zeit gekommen bist. Jetzt gibt es viele Lämmchen«, sagte May und streckte ebenfalls den Arm über den Zaun aus, um eines der Voltilamms zu streicheln. May hatte Recht mit ihrer Aussage. Als Louna über die Weide hinweg sah, konnte sie viele kleine Voltilamms zwischen den größeren Waatys erkennen, die noch sehr jung wirkten. Erneut hörte sie neben sich May kichern, weshalb Louna zur Seite sah.
    Das Kichern wurde daher ausgelöst, weil das kleine Voltilamm schwachen Strom abgab, der an Mays Fingern kitzelte. Es war ungefährlich, daher brauchte man sich darüber keine Sorgen zu machen.
    »Voltilamms sind Elektro-Pokémon. Das hätte Dash gefallen«, merkte Louna an. May betrachtete sie fragend.
    »Dash?«
    »Er ist ein Freund von mir aus Illumina City. Ich bin mit ihm bis nach Nouvaria City gereist, wo er in der Arena gekämpft hat. Deswegen ist er zurückgeblieben, um sich um seine verletzten Pokémon zu kümmern«, erklärte Louna.
    »Ach ja, du hattest berichtet, dass du dort selbst auch einen Kampf hattest.«
    »Genau.« Louna sah wieder über die Weide, seufzte aber leicht auf.
    »Ich hätte schon viel früher mal hier her kommen sollen. Hier ist es so schön. Richtig paradiesisch!«
    »Ja, das stimmt, aber es kann auch schnell langweilig werden, wenn man es lieber aufregend mag«, entgegnete ihr May. Aclasur saß auf dem Holzzaun. Da der Kiefer des Flunkifers schwer war, achtete May die ganze Zeit darauf, dass es nicht hinunter fiel. Aber Aci besaß einen guten Gleichgewichtssinn und wusste, wie sie auf dem Zaun hocken musste, um nicht hinab zu stürzen.
    »Wollen wir weiter? Ich wette, mein Cousin kann es kaum erwarten endlich sein erstes Pokémon zu bekommen.« May und Louna grinsten sich an und gingen weiter. Einen Blick warf Louna trotzdem noch zurück zur Herde und dann auch hinab zu Arcus. Auch ihr Fukano schien extrem beeindruckt von den Woll-Pokémon zu sein. Er konnte sich gar nicht von dem Anblick lösen und fast sah es so aus, als wollte Arcus jeden Moment hinter den Zaun springen. Springen tat er nicht, dafür aber Aci vom Zaun, damit sie May folgen konnte.
    »Arcus, na komm schon!«, rief Louna ihr Pokémon. Nur mit einem Zögern löste sich Arcus von den Voltilamms und folgte seiner Trainerin. Dennoch sah er immer wieder zurück. Ob er sie wohl am liebsten jagen wollte? Oder behüten? Das würde Louna nicht erfahren, denn so weit würde sie es nicht kommen lassen. Brav lief Arcus neben ihr weiter her durch die Straßen des Dorfes. Noch immer bestaunte Louna die Architektur des Ortes und fand selbst den Brunnen in der Mitte auf dem Dorfplatz sehr anmutig. In der Mitte spritzte das Wasser in die Höhe und fiel plätschernd hinab. Je näher sie dem Brunnen kam, desto unruhiger wurde Arcus, der eine geduckte Haltung einnahm. Man konnte ihm ansehen, was er von dem Brunnen hielt. Nicht viel!
    Louna wollte sich eigentlich an den Rand des Brunnens stellen, um mit den Händen Wasser zu schöpfen, aber sie bemerkte, dass Arcus sich unwohl fühlte und kurz davor war die Flucht zu ergreifen. Er gab sogar ein verzweifeltes Winseln von sich. Auf der einen Seite wollte er seiner Trainerin folgen, auf der anderen jedoch wollte er dem Brunnen nicht näher kommen. Das gefiel ihm überhaupt nicht.
    »Ach Arcus, du brauchst keine Angst zu haben.« Louna nahm ihren kleinen Freund auf die Arme. Solange er diese Größe noch hatte, war das kein Problem. Problematischer wurde es allerdings, als sie sich dem Wasser näherte. Arcus’ Winseln wurde lauter und er zappelte heftiger in ihren Armen.
    »Sieht nicht so aus, als könntest du ihm einfach die Angst nehmen«, meinte May dazu.
    »Ja leider, dabei würde ich ihm gerne begreiflich machen, dass ihm nichts passiert, solange wir nur am Brunnen stehen.«
    »Feuer-Pokémon hassen das Wasser. Kein Wunder, es schadet ihnen.«
    »Mhm.« Louna musste sich geschlagen geben, denn sie wollte Arcus auch nicht unnötig quälen. Bevor sein Winseln noch jämmerlicher wurde und er voller Panik durchdrehte, entfernte sie sich lieber wieder von dem Objekt der Angst. Sie ließ Arcus erst wieder von ihren Armen, als er ruhiger war, damit er nicht dazu neigte plötzlich auf und davon zu rennen.
    »Na siehst du, alles in Ordnung.« Liebevoll tätschelte sie ihm über den Kopf, was ihn noch mehr entspannte. Er war schon sehr süß, aber mit Wasser würde er sich nicht anfreunden können.
    »Kleiner Schisser, du«, sagte sie spitzbübisch und entschied sich dann mit May weiter zu gehen und endlich deren Familie aufzusuchen. Da diese in Aquarellia wohnte, brauchte Louna nicht einmal nach Escissia zu gehen, was die Bootsfahrt damit hinfällig machte. Vielleicht war das auch besser so, wenn sie bedachte wie angsterfüllt Arcus allein wegen des Brunnens war. Über die Brücke war er mühelos gekommen, aber da hatte er vermutlich das Wasser gar nicht so wahrgenommen, weil es weit genug entfernt und die Brücke stabil war. Der Brunnen hingegen mit seinem Plätschern … das war ein ganz anderes Kaliber.
    »May!« Eine schreiende Stimme lenkte Louna ab. Es war ein Junge, der wild mit den Armen wedelte und dadurch die Aufmerksamkeit von May erhaschte.
    »Oh schau Louna, da ist auch schon mein kleiner Cousin!« Dieser konnte es offenbar gar nicht mehr abwarten und lief auf die beiden zu. Seine braunen Locken wippten dabei auf und ab und Louna befürchtete, je näher er kam, dass er gleich über seinen offenen Schnürsenkel fallen würde. Er trug kurze Hosen, weil das Wetter heute so schön angenehm war, und dazu ein kurzärmeliges Shirt.
    »Hallo Takaru«, begrüßte May den Jungen. Er war, wie May nebenbei mal erwähnt hatte, zwölf Jahre alt und daher noch etwas kleiner als die beiden Damen. Dennoch stellte May fest, dass er seit dem letzten Mal ordentlich gewachsen war.
    »Wenn das so weiter geht, bist du wirklich bald größer als ich.«
    »Na klar, du bist ja auch ein Mädchen!«, meinte er und grinste seine ältere Cousine an.
    »Oho!« Louna lachte bei der Aussage. »Da will einer hoch hinaus!«
    »Wolltest du nicht schon gestern ankommen?«, fragte Takaru May und sah sie vorwurfsvoll an. May hatte ein gutes Verhältnis zu ihrer Familie hier in Aquarellia, deswegen war sie auch sehr gern hier.
    »Stimmt schon, aber ich wurde aufgehalten. Musste zwischendurch gegen einen Trainer kämpfen.« Das sagte sie nur, weil sie wusste, wie scharf Takaru war, selbst ein Trainer zu sein. Sie piesackte ihn dadurch ein wenig.
    »Oh man, das hätte ich gerne gesehen!« Man sah ihm seinen Wunsch an, aber Takaru wandte sich schnell anderen Dingen zu: Pokémon. Nämlich jenen, die anwesend waren. Zuerst begrüßte er Aclasur, schließlich kannte er das Flunkifer schon. Dann jedoch war er sehr neugierig zu erfahren, was das andere Pokémon für eines war. Louna erklärte ihm, dass Arcus ein Fukano war und ihr gehörte. Eben dieser schnüffelte interessiert an Takaru und ließ sich von ihm streicheln.
    »Das ist ja so cool, ich hätte auch gerne eins«, meinte er und bedauerte es, dass er noch kein eigenes Pokémon besaß. Ja klar, ein Familien-Pokémon hatten sie, aber er wollte eben sein ganz eigenes haben!
    »Na hast du ein Glück, dass ich Louna mitgebracht habe, denn die überbringt die Pokémon für die neuen, jungen und aufsteigenden Trainer von Aquarellia!«, verkündete May feierlich und grinste über das ganze Gesicht, als sie das überraschte »Wirklich?« von Takaru vernahm.
    »So sieht’s aus. Professor Platan hat mich darum gebeten«, sagte Louna.
    »Oh man, oh man, zeig doch mal, welche sind es? Zeig, zeig, zeig!« Takaru konnte es kaum erwarten, was die beiden Mädels zum Lachen brachte.
    »Nicht so voreilig!« Es war die Stimme von Mays Tante, Takarus Mutter, die sich einmischte. Ihr Jungspund war so übereifrig, dass sie ihn fast aus den Augen verloren hatte. Manchmal wunderte sie sich schon, woher er immer diese Energie nahm.
    »Hallo Tante Hikari!«, begrüßte May die ältere Dame und ging auf sie zu, um sie zu umarmen.
    »Schön, dass du hier bist, May«, sagte Hikari Kitana. Sie besaß dunkles Haar wie ihr Sohn, nur dass man bei ihr schon die ersten grauen Härchen erkennen konnte. Sie trug eine eckige Brille und außerdem ein sommerliches Kleid. Bei den warmen Temperaturen konnte man sich das auch leisten.
    »Ich will die Pokémon sehen!«, nörgelte Takaru, der immer noch mit seiner Ungeduld kämpfte.
    »Lasst uns lieber erst einmal nach Hause gehen«, schlug Tante Hikari vor, was zu einem genervten Aufstöhnen von Takaru führte. Die machten es aber auch alle verdammt spannend!


    *Anmerkung: Flussnamen Rhonaré selbst vergeben





  • Felix damals hatte ihn vermisst, als er eine Weile nicht dabei war. Jetzt frage ich mich, ob jemand anderes Dash vermisst, weil der fehlt, ha ha?

    Ich muss auch irgendwie zugeben, dass ich Soul plötzlich sehr überraschend fand, weil ich mich nach der langen Zeit nicht an ihn erinnern konnte. Nachdem das aber die Anfänge waren, hoffe ich einfach mal, dass das in Ordnung geht. Ob Dash fehlt, ist eine andere Frage; wann werden denn Xelif und May anfangen zu fehlen? Oder die anderen Charaktere, die bisher aufgetaucht sind? Dadurch, dass sie sich auch kurzzeitig von der Gruppe trennen, macht es das Wiedersehen umso spannender, weil Louna und auch ich als Leser nicht wissen, wie es ihnen ergangen ist und was sie erlebt haben. Das ist dann auch meist die Zeit eines Übungskampfes für zwischendurch, um zu sehen, was die andere Gruppe gelernt hat.


    Auf jeden Fall, ich mag den Dialog mit Soul am Anfang des Kapitels, wie er den beiden mit dieser Egal-Haltung begegnet. Dadurch, dass er im Wald noch recht interessiert und gesprächig - oder auch nicht - wirkte, war das überraschend und sein Abschied auch plötzlich. Ich denke aber mal, dass er bald wieder auftaucht und bei einer Ermittlung helfen könnte. Oder einfach mit Dash aneinandergerät. Wer weiß. Hast du eigentlich auch einen Trip nach Escissia geplant oder soll es bei Aquarellia bleiben? Die Stadt hast du übrigens wunderschön dargestellt mit ihren Booten, den Wasserwegen und dem eher klassisch angehauchten Baustil. Oder was auch immer du dir darunter vorgestellt hast. So bewandert bin ich darin nämlich nicht, haha.
    Niedlich war auch die Szene mit Arcus beim Brunnen. Manchmal frage ich mich ja doch, wie so ein Feuer-Pokémon dann überhaupt Wasser lecken kann, wenn es von ein paar Wasserspritzern schon so eingeschüchtert ist. Vielleicht hätte ihm Flunkifer etwas nachhelfen oder zeigen sollen, wie man sich ins Wasser stellt. Ihr dürfte das ja eher bekommen.


    Generell mochte ich das Kapitel als kleinen Übergang zur nächsten Handlung und zur Vorstellung des neuen Schauplatzes. So ist ja außer der Trennung und der Begegnung mit ein paar neuen Charakteren nicht allzu viel passiert. Mal sehen, wie sich das mit den Starter-Pokémon ändern wird.
    In diesem Sinne: Bis dahin!

  • 18. Kapitel Entscheidungsfrage

    Gemeinsam war Louna mit May und ihrer Familie zu dem Haus gegangen, was ganz südlich in Aquarellia stand. Es war, wie die meisten anderen Gebäude, ein Einfamilienhaus mit einem großen Grundstück und dazugehörigem Garten. Sehr beeindruckend, so etwas gab es in Illumina City nicht. Bevor sie das Haus aber erreichten, hatte Louna die kleinen Geschäfte an der Hauptstraße begutachten können. Sie war an einem Tante-Emma-Laden vorbei gekommen (deren Besitzerin hieß tatsächlich Emma), in dem es allerlei Dinge zu kaufen gab. Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Futter für Pokémon und einiges an Zubehör. Aber May hatte Louna auch auf das unscheinbare Gebäude hingewiesen, in dem der Dorfarzt arbeitete, der nicht nur Ahnung von der menschlichen Medizin, sondern auch von Pokémon hatte.
    »Aquarellia ist einfach zu klein, als dass sich ein einzelnes Pokémon-Center hier lohnen würde. Doktor Martin* hat in seinen jungen Jahren Medizin studiert und sich hier in Aquarellia niedergelassen«, plauderte Tante Hikari drauf los.
    »Da es hier aber auch viele Pokémon auf dem Land gibt, hat er nebenbei auch kranke oder verletzte Pokémon behandelt und sich dadurch zu einem unersetzlichen Arzt gemausert. Wir wüssten nicht, was wir ohne ihn machen würden. Wenn jemand krank oder verletzt ist, dann wird immer Doktor Martin gerufen.«
    »Das klingt, als wäre er wirklich sehr kompetent«, ging Louna auf die Erzählung ein.
    »Oh ja, das ist er! Aber er ist auch nicht mehr der Jüngste, weshalb er bereits nach einem Nachfolger sucht. Zwar hat er noch einige Jahre vor sich, aber besser vorsorgen, als zu lange warten, nicht wahr?«
    »Das stimmt«, bestätigte Louna.
    »So, das ist unser Zuhause.« Mit einer einladenden Geste hieß Tante Hikari Louna und ihre Nichte willkommen und ließ sie durch das Gartentor eintreten. Allein der Garten war größer, als Louna es erwartet hätte. Es gab mehrere Obstbäume, eine große Wiese und in einer Ecke des Gartens konnte sie Beete erkennen. Dort wurde Gemüse angebaut. Außerdem konnte Louna einen Kiroyabeerenbusch entdecken, der ein paar unreife Beeren trug. Dass die Beeren unreif waren, erkannte Louna daran, dass sie noch nicht die kräftige blaue Farbe besaßen wie in ihrer reifen Form. Da jede Beere auch ihr ganz typisches Aussehen besaß, konnte man diese in der Regel auch recht einfach auseinander halten. Sofern man sich merken konnte, welcher Name zu welcher Beere gehörte. Das war dann doch nicht so einfach.
    »Hallooo!« Die Stimme einer weiteren fremden Person ließ Louna inne halten. Nicht nur sie, auch die anderen drehten sich um.
    »Mimi! Du kommst gerade recht, unsere Pokémon sind da!«, brüllte Takaru sofort los und machte Mimi umso neugieriger.
    »Was? Echt? Oh, ich will sie auch sehen!« Mimi war wie Takaru zwölf Jahre alt, wohnte allerdings in Escissia. Trotzdem war sie oft in Aquarellia, weil sie mit Takaru sehr gut befreundet war. Hinzu kam, dass die beiden gemeinsam die Trainer-Schule besuchen würden. Das Mädchen trug einen kurzen Rock, darunter eine Leggins, so dass man ihre freien Knöchel sah, weil sie nur einfache Sandalen trug, und dazu ein kurzärmeliges Top. Ihre blonden Haare hatte sie jeweils in einem Zopf zu beiden Kopfseiten gebunden. Eilig kam sie heran gelaufen und betrat ebenfalls den Garten.
    »Hallo Aci!« Natürlich kannte auch sie das Flunkifer von May und streichelte diesem über den stählernen Kiefer. Am Anfang hatte das Mädchen ein wenig Angst vor diesem Pokémon gehabt, doch nachdem May ihr erklärt hatte, dass Aci ganz lieb war und ihr nichts tun würde, hatte sich Mimi mit diesem anfreunden können.
    »Hallo Mimi, schön dich zu sehen«, begrüßte May sie ebenso wie Louna.
    »Hallo! Und wer ist das?« Die Frage von Mimi bezog sich auf Arcus, der wie bei Takaru zuvor nun auch Mimi neugierig beschnupperte. Louna stellte ihn vor, wie auch sich selbst.
    »Der ist aber toll! Und so flauschig! So einen hätte ich auch gerne!« Mimi war hin und weg von Arcus. Das Fukano ließ sich die Zuneigung nur allzu gerne gefallen und brummte gutmütig auf.
    »Tut mir leid, aber ihn gebe ich nicht her!«, lachte Louna.
    »Schade, aber gut. Welche Pokémon bekommen wir denn dann?«, wollte Mimi wissen und auch Takaru sah wieder ganz neugierig drein.
    »Ich würde vorschlagen, wir bleiben hier im Garten, oder? Die frische Luft tut uns allen gut. Wollt ihr Limonade? Ich habe Selbstgemachte im Haus und kann sie bringen«, schlug Tante Hikari erst einmal vor. Mimi und Takaru mussten sich noch länger gedulden.
    »Oh, das wäre super! Ich habe echt Durst«, antwortete Louna.
    »Gut. Takaru, hol doch mal eine Schale mit frischem Wasser für die Pokémon!« Auch diese sollten nicht vergessen werden. Tante Hikari und Takaru verschwanden im Inneren des Hauses. Louna konnte immer noch staunen. Wie wäre es wohl gewesen in so einem Haus aufzuwachsen? Die Fassade davon war in einem mittleren grau-blau gestrichen, aber an manchen Stellen konnte man bereits das Alter erkennen. Farbe war abgeblättert und hier und da war auch der Dreck vorzufinden, den vor allem Vogel-Pokémon hinterließen, wenn sie gedachten unter dem Dach ein Nest zu bauen. In den Ästen der Bäume saßen ein paar Dartiris, weswegen Louna an ihr eigenes denken musste.
    Herrje, das muss ich auch mal aus dem Pokéball lassen.
    Nur nicht hier. Irgendwo in einem abgeschlossenen Raum. Erstaunlich wie sehr sie sich die Worte von Soul zu Herzen nahm, nur um es hoffentlich richtig zu machen.
    »Da sind wir auch schon wieder«, kündigte Tante Hikari an, die ein Tablett trug, auf dem sowohl frische Gläser als auch eine Kanne mit gekühlter, selbst gemachter Limonade drauf stand. Takaru stellte derweil die Schale mit Wasser ab, damit die Pokémon, wenn sie wollten, etwas trinken konnten.
    »Mhm, die schmeckt super!« Louna war begeistert, als sie ein Glas Limonade aufgefüllt bekam und trinken konnte. Tante Hikari freute sich über das Lob, doch danach wurde Louna von zwei Augenpaaren durchbohrt.
    »Nun mach schon! Wie lange willst du uns noch auf die Folter spannen?«, wollte Takaru wissen. Warum ließ sie sich auch so viel Zeit die Pokémon zu zeigen? Bevor Takaru sie noch ansprang, stellte Louna lieber das Glas bei Seite und begann dann in ihrem Rucksack zu wühlen. Den hatte sie bereits vorhin abgestellt gehabt. Die Pokébälle, die ihr Professor Platan gegeben hatte, waren nach unten gerutscht, daher musste sie diese erst heraus wühlen. Ganz hibbelig warteten die beiden jungen Trainer, dass Louna ihnen diese Pokébälle zeigte. Auf den ersten Blick war an denen nichts ungewöhnliches zu erkennen. Sie sahen wie alle anderen Pokébälle aus mit ihrer rot-weißen Färbung.
    »Also gut, dann kommt mal heraus«, rief Louna die drei Pokémon aus ihren Bällen. Drei sollten es sein und mit dem typischen Leuchten, das man vom Fangen und Entlassen der Pokémon aus den Bällen kannte, tauchten drei kleine Pokémon auf. Mimis und Takarus Augen glitzerten und funkelten voller Begeisterung. Auch Louna war neugierig, denn eigentlich hatte sie die drei Pokémon noch gar nicht gesehen.
    Das erste Pokémon besaß einen hellblauen leuchtenden Körper, mit einem weißen Kranz um den Hals. Die Augen waren groß und gelb und beobachteten ziemlich interessiert die Umgebung.
    »Das ist ein Froxy, oh ja, ich wollte schon immer eins haben!« Noch bevor Takaru überhaupt die anderen beiden richtig in Augenschein genommen hatte, hockte er bereits vor dem Froxy und war hellauf begeistert.
    »Ein Wasser-Pokémon, das ist so cool, das nehme ich!«, sagte er und schien sich nicht mal annähernd für die anderen beiden zu interessieren.
    »Äh okay?« Louna fand das etwas zu übereilt. Man sollte doch eigentlich genau überlegen, welches man wählte, schließlich würde man es viele Jahre als Partner bei sich haben. Darauf lief es hinaus, wenn man ein Trainer wurde!
    »Was ist mit den anderen beiden Pokémon? Willst du sie nicht wenigstens in Erwägung ziehen?«, fragte seine Mutter, so dass sich Takaru umdrehte, um die beiden anderen anzuschauen. Das zweite Pokémon hatte braunes weiches Fell, wobei der Rücken grün war und scheinbar aus einer härteren Schale bestand. Das bot diesem Pokémon einigen Schutz, was sehr praktisch im Kampf werden konnte. Seine Schneidezähne, die man sah, als es herzhaft gähnte, wirkten so, als könnten sie einige Dinge durchnagen, aber May erklärte, dass Igamaro ein Pflanzenfresser war und daher eher Nüsse und Beeren damit knackte. Mimi war von diesem Pokémon schon eher beeindruckt. Takaru hingegen ließ verkünden, dass er immer noch Froxy cooler fand und es deshalb lieber mochte. Dabei war Igamaro ein recht niedliches Pokémon. Das fand zumindest Mimi. Allerdings war sie vom Anblick des dritten Pokémons ebenfalls sehr fasziniert und auch ein wenig irritiert. May erging es da nicht anders. Da diese als Pokémon-Trainer wie Louna einen Pokédex besaß – ein absolutes Muss für jeden echten Pokémon-Trainer – holte sie diesen hervor. Es dauerte nicht lange, da hatte sie im Lexikon den passenden Eintrag gefunden.
    »Wusst ich's doch, dass mich irgendwas stört«, sagte May und hielt Louna den Dex hin, die sie fragend ansah.
    »Was denn?« Erst als Louna den Dexeintrag und vor allem das dazugehörige Abbild sehen konnte, verstand sie, worauf May hinaus wollte. Das Fynx, welches vor ihnen auf dem Boden hockte und recht ängstlich und überfordert wirkte, besaß nicht die typische helle Farbgebung des Fells, wie man es eigentlich gewohnt war. Stattdessen wies es eine Graufäbrung auf, als hätte man sein blondes Fell mit dunkler Wäsche zusammen gewachsen und es hätte sich dunkler verfärbt. Das war ein blödes Beispiel, aber so in etwa stellte es sich gerade auch Louna vor. Sie war erstaunt darüber. Nach dem, was sie von Soul erfahren hatte, handelte es sich hier offenbar auch um eine besondere Fellfärbung, die unter manchen Menschen sehr beliebt war.
    »Fynx sehen sonst anders aus, richtig?«, wollte Mimi von May wissen, die auch ihr den Dexeintrag noch einmal zeigte.
    »Mhm.« Anders als so manch begeisterter Sammler solch seltener Farben wirkte Mimi weniger davon angetan. Sie mochte die Pokémon-Art Fynx schon sehr gern, hatte aber selbst auch immer ein blondes Exemplar vor Augen gehabt und nicht so ein … graues. Irgendwie gefiel ihr das nicht. Aber vielleicht könnte sie sich daran gewöhnen? Voraussetzung war dabei natürlich, dass sie dieses Pokémon wählte. Im Augenblick sah das aber nicht danach aus. Dem Feuer-Pokémon schien das alles hier zu viel zu sein. Zu viele Menschen, die es nicht kannte und auch zu viele Pokémon, die ihm fremd waren. Bevor man noch reagieren konnte, suchte es das Weite. In diesem Fall war es gut, dass sie sich hier im Garten befanden. Fynx konnte aufgrund des Zaunes und der Hecke an mancher Seite nicht entkommen. Allerdings lief es rasch über die Wiese, direkt auf den Holzscheithaufen zu, auf der anderen Seite des Gartens. Zwischen den Holzstücken fand es eine Lücke, wo es sich förmlich hinein quetschte, um sich zu verstecken.
    »Ach je … « Louna ahnte nichts Gutes.
    »Wo will es denn hin?«, wollte Mimi wissen. Anders als Fynx saß Froxy ganz gelassen da und ließ sich ohne Probleme von Takaru auf den Arm nehmen, für den immer noch die Entscheidung feststand. Warum sollte er ein Pflanzen- oder Feuer-Pokémon wählen, wenn er dieses coole Wasser-Pokémon haben konnte? Er wollte von seiner Entscheidung nicht abrücken. Mimi hatte sich noch nicht entschieden, lief aber auch gerade Louna hinterher, die zum Holzhaufen gelaufen war, um nach dem Fynx zu sehen.
    »Hey Kleines, jetzt hab doch keine Angst.« Louna versucht es hervor zu locken, mit wenig Erfolg.
    »Wieso versteckt es sich denn?« Mimi klang enttäuscht darüber, was nicht gerade förderlich für ihre Entscheidung für Fynx war.
    »Ich glaube, es ist ein wenig überfordert«, mutmaßte Louna frei heraus.
    »Aber es soll sich nicht verstecken! Es soll doch zutraulich sein!« Mimi schien darauf zu bestehen. Wenn sie schon ihr erstes Pokémon bekam, dann sollte es nicht einfach weg rennen. So sah das aus!
    »Ähm, es hat wohl eine etwas scheue Natur.« Louna konnte nicht viel ausrichten. Weder wollte Fynx hervor kommen, noch konnte sie Mimi eine zufriedenstellende Antwort geben. Das Mädchen verzog eine Schmollschnute und stapfte davon. Offenbar hatte sie nicht besonders viel Geduld, was scheue Pokémon anging.
    »Oh je.« Louna sah dem Mädchen nach und kurz auch dabei zu, wie diese sich dem Igamaro widmete. Trotz allem, dass dieses Pflanzen-Pokémon sehr süß war, wollte sich Mimi noch nicht komplett entscheiden, so wie es bereits Takaru getan hatte. Louna gab vorerst auf Fynx unter dem Holz hervorzulocken. Sie würde es später noch einmal versuchen, hoffentlich mit mehr Erfolg.
    »Du musst dich nicht sofort entscheiden, Mimi«, hörte Louna May gerade sagen.
    »Nicht?«, fragte Mimi nach.
    »Nein, musst du nicht. Ich bleibe auch gerne bis morgen da. Muss ich wohl eh, da der dritte junge Trainer nicht hier ist, hm?«, sagte Louna und sah dann fragend Tante Hikari an.
    »Oh, es gibt keinen dritten Trainer.«
    »Was?«
    »Nur Mimi und Takaru sollen ihre ersten Pokémon bekommen«, erklärte Tanta Hikari, was Louna erstaunte. Sie war davon ausgegangen, dass es drei Trainer geben würde.
    »Das bedeutet, dass ein Pokémon übrig bleibt. Was wird denn aus dem Letzten?«
    »Solltest du es nicht Professor Platan zurückbringen?«, fragte May nach.
    »Ehm, das weiß ich nicht. Vielleicht sollte ich ihn einfach mal fragen«, antwortete Louna und wollte schon ihr Mobiltelefon heraus holen.
    »Kann ich also bis morgen mich entscheiden, welches Pokémon ich nehmen will?«, meldete sich Mimi wieder. Louna nickte ihr zu.
    »Ja, natürlich. Ich glaube nicht, dass Professor Platan was dagegen hast, wenn du deine Entscheidung gut überlegst«, versicherte Louna dem Mädchen.
    »Gut, dann komme ich morgen wieder!«, sagte Mimi und sah aus, als wollte sie schon wieder gehen.
    »Mimi, bleib doch noch. Du könntest die Pokémon erst einmal richtig kennenlernen. Vielleicht hilft dir das bei deiner Entscheidung?«, schlug Tante Hikari vor, was eine wirklich ausgezeichnete Idee war. May stimmte nämlich dem auch zu. Das ließ sich Mimi nicht zweimal sagen. Wenn das möglich war, würde sie noch eine Weile bleiben und mit den Pokémon spielen. Na ja, wobei das bei Fynx schwierig wurde, da dieses sich immer noch versteckt hielt. Igamaro hingegen war etwas aufgeschlossener. Oder einfach nur hungrig, denn es tippelte über den Rasen hinweg, auf der Suche nach etwas Fressbarem. Um dem Abhilfe zu schaffen, holte Tante Hikari ein wenig was zum Futtern, dann konnte Mimi das Igamaro auch gleich füttern. Ebenso würde es Takaru bei Froxy tun können.


    Es dauerte ziemlich lange bis Louna es schaffte Fynx doch noch unter dem Holz hervorzulocken. Die scheue Art verlor es deshalb aber nicht. Nur wegen des Hungers war es hervor gekommen, so dass Louna es auf den Arm nehmen konnte, um es ins Haus zu tragen. Tante Hikari hatte ihr angeboten hier zu übernachten, was Louna mehr als entgegen kam. So musste sie sich kein Zimmer in einer Pension suchen, sofern so etwas überhaupt in Aquarellia gab.
    »Vielen Dank, dass ich hier übernachten darf«, bedankte sie sich trotzdem noch einmal.
    »Aber nicht doch. Das ist selbstverständlich, schließlich hast du uns die Pokémon gebracht«, winkte Tante Hikari ab. Das kleine Fynx, welches Louna mit in das Wohnzimmer gebracht hatte, weil die anderen auch hier waren, hatte sich unter der Sitzbank des Esstisches versteckt. Es war zu ängstlich und schien vorerst nicht viel davon zu halten mit den anderen direkten Kontakt aufzunehmen. Mimi war bereits nach Hause gegangen, da der Nachmittag mittlerweile eingekehrt war und es nicht mehr lange dauern würde bis der Abend begann. Keine gute Zeit, bei denen Kinder draußen noch herum tollen sollten. Wenn es dunkel war, sollte Mimi auf jeden Fall Zuhause sein. Daher war sie schon weg. Igamaro und Froxy waren allerdings noch hier und Takarus Begeisterung ebbte auch jetzt noch nicht ab. Louna sah von dem Jungen weg und widmete sich wieder Tante Hikari.
    »Wäre es in Ordnung, wenn ich vielleicht mein Pokémon raus lassen würde?«, wollte sie wissen. Arcus war die ganze Zeit über draußen geblieben und lag nun ebenfalls mit im Wohnzimmer. Er wirkte ein wenig schläfrig. Anders als Chiari. Nachdem Louna ihr Evoli vor einigen Stunden aus dem Ball gelassen hatte, war es mit im Garten herum getollt, doch auch jetzt wirkte es noch sehr munter. Auf jeden Fall hatte sie viel Energie.
    »Natürich, lass es raus. Wieso hast du das denn nicht schon vorhin getan?«, fragte Tante Hikari selbst.
    »Na ja, es ist ein wild gefangenes Dartiri, das ziemlich viel Temperament besitzt. Das würde ich lieber erst raus lassen, wenn ich allein in einem Zimmer bin. Nur für den Fall der Fälle.« Damit niemand zu Schaden kam oder sich das Dartiri nicht noch mehr aufregte, wenn zu viele fremden Personen dabei waren. Man sah ja allein an dem scheuen Fynx wie sensibel manche Pokémon sein konnten.
    »Ach so, na dann geh ruhig ins Gästezimmer.« Louna dankte Tante Hikari noch einmal, ehe sie sich aufmachte. Sie wusste, dass ihre beiden anderen Pokémon in guten Händen waren und sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Sorgen machte sie sich eher um sich selbst. Wer wusste schon, wie das Dartiri reagieren würde? Aber Louna würde versuchen nicht zu nervös zu werden, das half niemandem. Sie betrat das Gästezimmer. Es war schlicht eingerichtet mit ein paar Schränken, um Dinge und Sachen zu verstauen und ein Bett, in dem sich ein Gast wohlfühlen konnte. Eine Persönlichkeitsnote hatte es dennoch nicht. Keine besonderen Bilder, nicht von der Familie, nur ein Landschaftsbild. Einfache Gardinen vor dem Fenster, ein paar Pflanzen hier und dort, aber nichts Auffälliges, was zu einem gehören könnte. Dieses Gästezimmer wurde vermutlich tatsächlich nur dafür verwendet, Gäste hier übernachten zu lassen und nicht für mehr. Nun, das hatte auch was Positives für sich! Immerhin musste sich Louna darüber keine Gedanken machen, ob etwas kaputt gehen könnte. Das Zimmer war praktisch eingerichtet, wirkliche Dekogegenstände gab es nicht. Das kam ihr also zu Gute. Sie hoffte trotzdem, dass Dartiri sich benehmen würde und nicht wie im Wald außer Rand und Band war. Nervosität schlich sich nun doch in sie, aber es nützte alles nichts. Sie konnte das Pokémon nicht ewig im Ball behalten und so entließ sie ihr neu gefangenes Pokémon.


    * Doktor Martin, französische Aussprache



  • 19. KapitelTornado


    Wie sie es erwartet hatte. Mit hektisch schlagenden Flügeln flatterte das Dartiri aufgebracht im Zimmer herum. Immer wieder kreischte es auf und tat somit seinen Unmut kund. Louna konnte vorerst nichts anderes tun, als dabei zuzusehen wie Dartiri Runde für Runde im Raum flog, bis es erschöpft war und sich auf der Gardinenstange niederließ. Dennoch war es nicht zur Ruhe gekommen. Louna erkannte den heftigen Herzschlag, weil Dartiris kleiner Brustkorb sich wegen der schnellen Atmung heftig bewegte. Es tat ihr leid, dass Dartiri dermaßen unter Stress stand, aber was sollte sie tun? Ihr blieb nicht anderes übrig, als vorerst abzuwarten, bis es sich selbst wieder beruhigte. Statt auf das noch wilde Pokémon zuzugehen und auf es einzureden, ließ sich Louna lieber erst einmal auf dem Bett nieder und beobachtete das Pokémon. Gleichsam tat es auch Dartiri, welches lieber oben auf der Gardinenstange am Fenster sitzen blieb und immer wieder den Kopf drehte und alles beobachtete, vor allem sie. Es überprüfte die Lage, wie sicher es hier war und was es als nächstes tun sollte. Wohl fühlte es sich nicht, das ahnte Louna. Aber früher oder später würden sie beide zueinander Vertrauen aufbauen müssen, vorausgesetzt Louna wollte Dartiri wirklich behalten. Genau darüber dachte sie auch nach während sie dem Pokémon dabei zusah, wie es manchmal auf der Stange hin und her hüpfte ohne davon runter zu kommen.
    Sie besaß Chiari, ihr Evoli, welches sie von ihrer Nachbarin erhalten hatte und sie hatte Arcus, welches sie von ihrem Onkel vor einem halben Jahr bekommen hatte, weil er das Fukano mitgebracht hatte. Es hatte eine Familie gebraucht, die sich um Arcus kümmerte. Damit war Louna mehr als einverstanden gewesen. Dartiri hatte sie erhalten, weil Soul sie irgendwie dazu gebracht hatte. Dabei war das gar nicht ihr Plan gewesen. Nun besaß sie drei Pokémon, was ihr schon recht viel vorkam. Andere Trainer würden es nicht so sehen. Die offiziellen Regeln für Trainer besagten, dass sie maximal sechs Pokémon in einem Kampf einsetzen durften. Daher trugen die meisten auch nur maximal sechs Pokémon bei sich. Mehr wären auch möglich, dann hätte man alle beisammen, aber mal ehrlich? Sich allein schon um sechs Pokémon zu kümmern, konnte eine große Herausforderung sein. Sie brauchten Auslauf, Training und natürlich Fressen sowie Zuwendung vom Trainer. War Louna bereit dazu sich drei Pokémon anzunehmen? Sie dachte daran, dass sie den Trainer-Pass machen wollte, aber warum eigentlich? Damit sie ganz offiziell eine Trainerin war und Kämpfe ausfechten durfte?
    »Mhm«, brummte sie und vergaß bei ihren Überlegungen das Dartiri auf der Gardinenstange. Kämpfe waren nicht das, was sie gerne tat, andererseits erinnerte sie sich an den Kampf gegen Malte in der Nouvaria City Arena. Das war schon aufregend gewesen und sie würde sagen, auf eine gewisse Art und Weise hatte es ihr auch gefallen. Auch wenn sie natürlich im Hinterkopf immer die Angst um ihr Pokémon hatte, dass es schlimm verletzt werden konnte. Aber sie verstand zumindest ansatzweise, warum es so viele Trainer gab, die so erpicht auf Kämpfe waren. Dabei war es nichts anderes als eine Gewaltverherrlichung. Irgendwie erschreckend, nicht?
    Als sie Dartiri wieder piepsen hörte, sah Louna aus ihren Gedanken auf und zu dem Vogel-Pokémon. Jetzt wo sie es hatte, könnte sie doch trotz allem versuchen es zu zähmen und vielleicht auch zu trainieren, oder? Immerhin versuchte sie bereits Arcus zu trainieren und dabei sollte sie besser Chiari nicht vergessen. Die Kleine könnte auch ein wenig mehr Übung gebrauchen und wenn es nur darum ging auf ihren Namen zu hören, damit Louna sie einfacher zu sich rufen konnte.
    Langsam stand sie von dem Bett wieder auf, was dazu führte, dass Dartiri sich schrecklich aufregte und wieder durch den Raum flog, immer so weit von ihr weg, um die Distanz zu wahren. Louna achtete gar nicht auf das Pokémon und ging hinüber zu der Kommode, die im Zimmer stand und begann damit ein paar Körner darauf zu streuen. Diese hatte sie zuvor noch von Tante Hikari besorgt. Schließlich brauchte Dartiri auch was zum Fressen. Louna war sich sicher, dass es sehr hungrig sein musste. Es waren nicht viele Körner, die sie bereit legte. Nur ein paar, was auch einen Grund hatte. Als sie damit fertig war, setzte sie sich zurück auf das Bett. Dartiri hatte sich wieder seinen Platz auf der Gardinenstange gesucht und musterte sie sehr misstrauisch. Allerdings fielen ihm auch die Körner auf der Kommode auf. Wie lange Louna darauf warten musste, bis Dartiri sich endlich traute, wusste sie nicht. Sie sah nicht auf die Uhr, sondern beobachtete die ganze Zeit das Pokémon, bis es zur Kommode flog, sich ein oder zwei Körner schnappte und dann zurück auf seine Erhöhung flog. Dort blieb es wieder einige Zeit sitzen ehe es erneut sich was zum Fressen holte. Die ganze Prozedur dauerte eine ganze Weile, bis Dartiri sich so sicher fühlte und länger auf der Kommode sitzen blieb, um mehr zu fressen. Doch die Körner waren schon bald aufgebraucht und sobald sich Louna bewegte, schreckte das Pokémon zusammen, schimpfte laut seinen Unmut heraus und blieb meistens auf der Stange über ihr sitzen. Bloß nicht zu nahe kommen, war die Devise. Die junge Trainerin nahm den Behälter mit den Körnern, rüttelte ihn ein wenig im Sichtbereich des Dartiris, damit es sowohl sehen als auch hören konnte, dass die Körner sich darin befanden. Dann streute Louna wieder ein paar der Körner auf den Tisch und setzte sich erneut auf das Bett. Die Schachtel mit dem Fressen behielt sie bei sich, stellte sie aber mit etwas Abstand vor sich auf das Bett. Sichtbar für das Pokémon. Natürlich entschied sich Dartiri dazu lieber das Futter von der Kommode zu fressen, aber da dort nicht viel zu holen war, war es schnell aufgebraucht. Wie viel Hunger würde das Pokémon haben? Louna wollte es von sich aus anlocken und nicht sich selbst dem Dartiri aufdrängeln. Das war ihrer Meinung nach die bessere Methode, um langsam Vertrauen aufzubauen. So überließ sie dem Pokémon die Wahl und die Zeit, ob und wann es näher kommen wollte. Das war besser, als wenn Louna auf es zugehen würde und dadurch nur noch mehr in Stress versetzte.
    Als Dartiri wieder begann lauthals rumzuschreien, um sich über irgendetwas zu beschweren, schüttelte Louna nur den Kopf.
    »Ja, ja, schon gut. Jetzt meckere nicht immer nur herum«, redete sie mit ihm. An den verschiedenen Rufen von Dartiris konnte man die Stimmung erkennen. So viel wusste Louna von dieser Vogel-Art. Schließlich waren Dartiris in Kalos weit verbreitet. Bisher hatte es sich immer nur aufgeregt, dabei besaß es auch eine schöne Singstimme. Louna griff nach der Körnerschachtel, rüttelte sie wieder, damit sie Dartiris Aufmerksamkeit bekam, die sie sowieso die ganze Zeit hatte und legte ein paar Körner am Ende des Bettes hin. Die Schachtel stellte sie näher zu sich heran. Mit angezogenen Knien wartete Louna still darauf, ob Dartiri sich irgendwann bewegte und wenn ja, ob es sich darauf einließ näher zu kommen. Ob es nun der Hunger oder vielleicht doch auch ein wenig Neugierde war, das Vogel-Pokémon entschied sich dazu bis zum Rand des Bettes zu fliegen. Allerdings war es immer noch sehr misstrauisch und beäugte Louna sehr argwöhnisch bis es so nah an die Körner heran kam, um sich einen zu schnappen und weg zu fliegen. Auch das tat es mehrere Male bis sein Mut immer größer wurde und es sich sogar bis zur Schachtel heran traute. Louna lächelte darüber. So schwer war es gar nicht Dartiri anzulocken. Klar, sie brauchte einiges an Geduld, denn als sie auf die Uhr sah, waren mindestens schon zwei Stunden vergangen. Aber es funktionierte ganz gut. Sie hätte erwartet, dass es länger dauern würde. Vielleicht war das Dartiri auch nur ein kleiner Vielfraß, der den Schnabel nicht voll genug bekam? Trotzdem schaffte es Louna an diesem Abend nicht ihrem neuen Pokémon so nahe zu kommen, um es auch zu berühren oder es auf der Hand zu halten. Dafür fehlte noch zu viel Vertrauen. Aber sie würde zukünftig diese Methode weiterhin anwenden bis Dartiri soweit ihr Vertrauen schenkte, dass es sich auch auf ihren Finger setzte.


    Am nächsten Morgen war Louna früh wach. Sie hatte über Nacht Dartiri zurück in den Pokéball gerufen. Solange es noch nicht zahm war, wollte sie es nicht so ohne Weiteres herum fliegen lassen. Wer wusste schon, was dann passierte? Trotzdem holte sie Dartiri aus dem Ball, nachdem sie sich selbst gewaschen und angezogen hatte. Sie wollte noch einmal eine kleine Trainingseinheit absolvieren, um Dartiri langsam an sie zu gewöhnen. An diesem Morgen dauerte es nicht so lange bis das Vogel-Pokémon an die Körner heran ging, aber auch da war noch nicht genug Vertrauen vorhanden, um es auf dem Finger zu halten. Es würde Zeit brauchen, bis Dartiri zahm genug war. Bis dahin würde Louna einfach eine Menge Geduld haben müssen.
    »Das klingt doch schon nach einem guten Erfolg«, meinte May am Frühstückstisch, als Louna von dem Dartiri erzählte.
    »Ja, aber es wird ein Weilchen dauern. Wenn es sich zwischendurch wenigstens nicht immer so sehr aufregen würde, dann stünde es selbst auch nicht so unter Stress«, erzählte Louna und machte sich Sorgen.
    »Das wird sich ganz gewiss legen, sobald es mehr Vertrauen zu dir gefasst hat«, sagte May mit einem Lächeln und schlürfte an ihrem Kaffee. Ihre Tante Hikari hatte das Frühstück vorbereitet und die beiden Damen saßen allein am Tisch. Takaru war auch schon wach, hatte aber früher gefrühstückt, weil er unbedingt mit seinem Pokémon zusammen sein wollte. Daher war er bereits draußen im Garten mit seinem Froxy.
    »Das hoffe ich«, ging Louna auf Mays Worte ein. »Es ist wie ein kleiner Tornado, der durch das ganze Zimmer saust und alles verwüstet. Na ja, so kommt es mir jedenfalls vor.« Bei diesem Vergleich begann May zu lachen und hätte sich fast an ihrem Kaffee verschluckt.
    »Ist doch wahr!«, beharrte Louna und May lachte noch lauter.
    »Dann weißt du ja schon mal, wie du es nennen möchtest, nicht wahr?«, wollte May grinsend wissen.
    »Wie ich es … ? Oh! Du hast Recht. Dartiri, der kleine Tornado!« Jetzt wo Louna so darüber nachdachte, passte es sogar ganz gut zu diesem. Wenn sie zurückdachte wie er angeschossen kam, als sie mit Soul am Waldrand gewesen war. Dartiri hatte sie wüst angegriffen und nicht locker gelassen. Auch im Zimmer hatte es sich teilweise wie ein kleiner Tornado aufgeführt, war Hunderte Male im Kreis geflogen und hat sich aufgeregt, als gäbe es keinen Morgen mehr.
    »Gut, wollen wir dann mal raus gehen? Ich glaube, Mimi wollte auch zu dieser Stunde kommen«, sagte May und stellte ihre leere Kaffeetasse zur Seite. Louna nickte ihr zu.
    »Gute Idee. Die Pokébälle von Igamaro und Fynx sind noch im Wohnzimmer, richtig?«, fragte Louna nach. Kaum hatten sich die beiden Trainerinnen abgesprochen, da gingen sie auch schon in das besagte Zimmer. Der Frühstückstisch würde später abgeräumt werden, so eilig hatte es niemand damit. Tante Hikari war bereits draußen bei ihrem Sohn und dem Froxy. Louna und May gingen ebenfalls in den Garten und entließen Igamaro und Fynx aus ihren Bällen, damit sie Auslauf bekamen. Auch heute war das Fynx sehr ängstlich und zog sich lieber etwas zurück. Die Lücke im Holzhaufen konnte es allerdings nicht wieder benutzen, um sich zu verstecken, da die anderen extra dafür gesorgt hatten. So würde es nicht so schwierig werden das Fynx wieder einzufangen. Trotzdem konnte man erkennen, dass dieses Pokémon immer noch sehr scheu war und sich lieber am Rand des Gartens aufhielt mit genügend Abstand zu den anderen.
    »Guten Morgen!«, rief eine junge Stimme. Mimi tauchte in dem Moment auf, als Takaru ganz stolz verkündete, dass er sein Froxy Federic nennen wollte.
    »Guten Morgen, Mimi«, begrüßten die anderen das Mädchen, welches wieder ihre Haare in zwei Zöpfe gebunden hatte. Sie war voller Eifer und kam schnell näher, als sie den Garten betreten hatte. Dem Fynx schenkte sie nicht einmal ein bisschen Aufmerksamkeit, sondern ging direkt auf Igamaro zu.
    »Ich habe mich entschieden!«, verkündete die Kleine ganz stolz. »Ich möchte das Igamaro haben, darf ich?«, fragte sie nach, als gäbe es auch nur einen, der etwas dagegen haben könnte. Natürlich durfte sie Igamaro wählen, denn schließlich hatte sie die Wahl zwischen den Pokémon. Hätte sie ebenfalls Froxy als ihr Pokémon ausgewählt, wäre es kompliziert geworden, weil Takaru bereits Anspruch darauf erhob. Aber so hatten sich die jungen Trainer geeinigt und waren alle zufrieden.
    »Und wie möchtest du es nennen, Mimi?«, fragte May neugierig. »Weißt du schon einen Namen?«
    »Ja, weiß ich!«, antwortete Mimi sofort. »Ich nenne es Tehira!«
    »Ein schöner Name! Dann kümmere dich ab sofort gut um Tehira und falls du Mal Hilfe brauchst, dann kannst du dich jederzeit an mich wenden«, bot May ihr an, was Mimi zum Lächeln brachte.
    »Vielen Dank!« Somit waren die jungen Trainer zufrieden und Louna hatte ihre Aufgabe erfüllt. Das Fynx, das übrig blieb, würde sie zurück zu Professor Platan bringen, da es keinen dritten jungen Trainer gab, der es nehmen könnte.
    »Mhm, wo ist eigentlich Fynx hin?«, wollte Louna wissen, als sie sich im Garten umsah. Auch heute war wieder ein wunderschöner Tag. Warm und angenehm und daher auch zu dieser frühen Stunde schon sehr hell. Louna trug deshalb ihren schwarz-rot karierten Rock mit der schwarzen Bluse, dafür aber keine Strumpfhosen. Es war zu warm, so dass sie darauf verzichten konnte. Ihren Hut hatte sie momentan auch nicht auf.Trotz des schönen Wetters konnte sie Fynx nirgendwo entdecken.
    »Oh nein, seht mal da!«, rief Mimi und deutete auf einen Mann in schwarz, der gerade sich weiter entfernte. Unter seinem Arm hielt er das zappelnde Fynx fest.
    »Bei Arceus, klaut er etwa Fynx?«, wollte May wissen, die es gar nicht glauben konnte. Auch die anderen trauten ihren Augen nicht. Es war Tag und irgendwer war tatsächlich so dreist vor ihren Augen ein Pokémon mitzunehmen, was ihm nicht gehörte?
    »Stehengeblieben!«, brüllte Louna sofort los und erinnerte sich leicht an das Ereignis aus Illumina City erinnert. Sie hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Arcus, der natürlich auch frei im Garten herum getollt war, war sofort zur Stelle und bellte los. Er hätte sicher vorher schon Alarm geschlagen, hätte er den Mann bemerkt, aber das Fukano war zu sehr damit beschäftigt gewesen mit Chiari und Aclasur zu spielen, dass auch dem sonst so wachsamen Fukano dieser Diebstahl nicht aufgefallen war. Als der Dieb bemerkte, dass man ihn erwischt hatte, nahm er förmlich die Beine in die Hand und stürmte noch schneller davon. Louna riss das Gartentor auf, das zum Glück nicht verschlossen war und rannte hinterher. Auch May folgte mit Aclasur, um den Dieb aufzuhalten.
    »Hey du verdammter Dieb!«, brüllte Louna noch einmal. Arcus, der schneller als sie war, war dem Dieb dicht auf den Fersen. Daher musste sie auch dabei zusehen, wie er um die nächste Häuserecke bog, da auch dort der Dieb verschwand. Es war unglaublich wie dreist manche Menschen sein konnten! Wenn sie ihn erwischte, dann …
    »Au!« Ehe sie stoppen konnte, rannte sie direkt in jemanden hinein und legte sich selbst auf die Bretter. Mit einem dumpfen Aufprall landete nämlich Louna auf dem Hosenboden und zischte schmerzerfüllt auf. Sie war wie Arcus und der Dieb um die Ecke gelaufen, hatte aber nicht mehr rechtzeitig anhalten können, weil dort jemand gestanden hatte. Oder auch entlang gelaufen war? Sie wusste es nicht und hörte das haltlose Fluchen einer ihr bekannten Person. Überrascht sah Louna auf.
    »Soul?«, wollte sie wissen und traute schon wieder ihren Augen nicht. Was machte er denn hier?
    »Verdammt noch mal, wird das vielleicht zur Gewohnheit?«, maulte er sie ungehalten an, dass Louna erst einmal nach Luft schnappen musste.
    »Wie bitte?« War das etwa wirklich sein Ernst gewesen? Eine Antwort bekam sie nicht, dafür stand er zu schnell auf, denn durch den Zusammenprall war er selbst zu Boden gegangen, weil er das Gleichgewicht verloren hatte.
    »Verflucht noch eins!«, gab er schon wieder von sich, achtete nicht weiter auf Louna und rannte davon. Diese saß noch immer verdattert da, als May ebenfalls um die Ecke bog und fast über sie stolperte.
    »Wah Louna, warum sitzt du denn hier im Weg?«, wollte sie wissen und half ihr dann beim Aufstehen.
    »Ich äh … « Weder vom Dieb noch von Arcus war etwas zu sehen. »Ich bin gegen Soul gerannt und … Woher zum Noctuh ist er denn bitte aufgetaucht?«, wollte Louna wissen, ohne von May eine ernsthafte Antwort zu bekommen.
    »Soul?«, fragte May verwirrt nach.
    »Ja, Soul. Schwarz wie eh und je und wie aus heiterem Himmel stand er vor mir«, bestätigte Louna.
    »Ist er der Dieb?«, fragte May wieder und gab damit Louna einen Denkanstoß, auf den sie noch gar nicht gekommen war.
    »Das … das glaube ich nicht.« Sie war verunsichert. War sie gegen ihn gerannt, weil er der Dieb war? Das konnte doch nicht wirklich sein, oder? Allerdings hatte sie weder Arcus noch das Fynx bei ihm gesehen …
    »Verdammt, so schnell kann doch niemand auftauchen oder verschwinden, argh« Sie raufte sich die Haare. So viel Verwirrung am frühen Morgen war zu viel für sie.
    »Wer auch immer der Dieb ist, wir müssen ihn finden und dingfest machen!«, meinte May.
    »Ja, du hast Recht. Ich suche weiter nach ihm!«, meinte Louna.
    »Gut und ich werde die Polizei schon mal verständigen«, sagte May und lief zu ihrer Tante zurück, um alles in die Wege zu leiten. Aclasur, das Flunkifer, folgte natürlich ihrer Trainerin. Louna vergeudete auch keine Zeit mehr und lief wieder los. Die Frage war leider nur, wohin sie laufen sollte. Sie sah niemanden mehr. Obwohl die Häuser in diesem Dörfchen gar nicht so nah beieinander standen und man relativ freie Sicht besaß, gab es trotzdem so manche Schlupfwinkel oder Abbiegungen, wohin der Dieb mit den Pokémon verschwunden sein konnte. Wie hatte das nur passieren können?


    »Arcus!«, rief Louna das x-te Mal. Sie ärgerte sich darüber, dass sie so schnell abgehängt worden war. Noch schlimmer waren aber die Gedanken um Soul. Warum nahm sie ihn in Schutz? Warum wollte sie nicht glauben, dass er der Dieb sein könnte? Hatte May am Ende Recht und er war doch dafür verantwortlich?
    »Mist. Arcus!« Erneutes Rufen ihrerseits sollte sie von diesen negativen Gedanken weg bringen. Wenn sie nicht bald den Dieb fand oder ihr eigenes Pokémon, ging nicht nur Arcus verloren, sondern auch das Fynx! Der Professor würde bestimmt wahnsinnig sauer auf sie werden, wenn sie es so einfach zuließ, dass man ihr ein Pokémon klaute.
    »Verd-!«, wollte sie schon wieder fluchen, als sie auf einmal das Aufbellen ihres Fukanos hörte.
    »Arcus?« Genau der kam hinter einem blau angestrichenen Haus hervor und lief auf sie zu.
    »Oh Himmel! Arcus, da bist du ja!« Ihr bester Freund war schnell bei ihr und freute sich sie zu sehen. Louna hingegen hatte sich auf die Knie sinken lassen und streichelte über sein dichtes Fell, glücklich darüber ihn gefunden zu haben.
    »Wo warst du denn, mh?«, wollte sie von ihm wissen. »Jag mir nicht so einen Schrecken ein!« Auch wenn er vermutlich nicht verstehen konnte, was sie ihm sagte, sprach sie so mit ihm, als wüsste er genau, was sie sagte. Als wollte Arcus ihr sogar eine Erklärung bieten, lief er ein paar Schritte weg und wartete darauf, dass sie ihm folgte. Als sie genau das tat, führte er sie um die Ecke, von wo aus er gerade gekommen war. Genau dort konnte sie auch schon den Übeltäter erkennen.
    »Soul?« Nein, nicht Soul war der Dieb. Zumindest ging sie nicht davon aus, auch wenn »Schwarz gekleideter Mann« als Beschreibung auf ihn verdammt gut passte. Ob er auch noch etwas anderes besaß, außer schwarze Klamotten? Vermutlich nicht. Das war Louna allerdings auch egal, denn sie kam schnell näher heran. Die Szene vor ihr war ein wenig verstörend. Soul hockte auf einen anderen Mann, der ebenfalls schwarz angezogen war, aber nicht halb so cool aussah wie Soul selbst.
    Cool? Bitte was … ?
    Louna schüttelte den Kopf über ihre eigenen Gedanken. Seit wann war denn Soul cool? Obwohl »kühl« wirklich zu ihm passte. Mit seiner unnahbaren Art konnte er schon sehr cool wirken, allerdings einen auch ganz schön aufregen, wenn er so abweisend wurde.
    Erde an Louna, hör auf dir den Kopf über Soul zu zerbrechen! Du bist doch kein kleines Schulmädchen mehr!
    Bevor sie noch länger über Soul, den ach so coolen, schwarz gekleideten und abweisenden Typen nachdenken konnte, der sie regelmäßig aufregte wie auch verwirrte, entschied sie sich lieber diese Situation aufzuklären.
    »Äh Soul? Kannst du mir erklären, was hier vor sich geht?« Arcus bellte neben ihr auf, als sie den Genannten ansprach. Erst da schien er sie zu bemerken und sah von dem Mann unter sich weg und sie an. Trotzdem achtete er darauf, dass der Typ ihn nicht abschütteln konnte und hielt ihn eisern fest.
    »Der Typ hier hat Pokémon gestohlen!«, kam es prompt von Soul grimmig.
    »Also ist er der Dieb!«, platzte es aus Louna heraus, die den Dieb genauer in Augenschein nahm. Sie konnte an ihm nichts Besonderes erkennen. Weder sah er wie ein ach so böser Krimineller aus noch hatte er andere Merkmale an sich, die einschüchternd wirken könnten. Er war halt nur schwarz gekleidet, besaß braunes kurzes Haar und fluchte vor sich hin, dass man ihn frei lassen möge und er gar kein Dieb sei.
    »Ach? Und was hast du dann mit den Pokémon vorgehabt?«, wollte Soul grimmig wissen. So wütend hatte Louna ihn noch nie erlebt. Ein bisschen beängstigend war das schon. Aber Soul redete hier in der Mehrzahl, das bekam Louna mit. Hatte der Dieb etwa mehr als ein Pokémon gestohlen? Erst jetzt sah sie sich weiter um und entdeckte Fynx, was unter einem nahestehenden Busch hockte. Sie sah es eigentlich nur, weil Arcus zu dem Busch gegangen war und offensichtlich darauf wartete, dass das Fynx wieder hervor kroch. Wenige Schritte weiter weg stand Dael, das Hunduster von Soul und ebenfalls Kinba, das andersfarbige Fiffyen. Louna konnte auch den Pokéball erkennen, der offen neben dem Fiffyen dalag. Könnte es sein, dass der Dieb Kinba gestohlen hatte? Erklärbar wäre es wegen der anderen Farbe. Schließlich besaß auch Fynx eine andere Farbe, als es sonst üblich war! Wie war das gewesen? Was hatte Soul mal gemeint? Solche Pokémon waren beliebt bei einigen Menschen, die dafür viel bezahlen würden … oder sogar stahlen. Langsam dämmerte Louna so einiges. Sie griff nach ihrem Telefon und rief May an, um ihr mitzuteilen, dass sie den Dieb gefunden hatte und wo sie gerade war, damit sie die Polizei direkt zu ihnen schicken konnte. Dadurch konnte der Dieb festgenommen werden, weil Soul ihn nicht davon kommen ließ.
    »So viel Aufregung am Morgen«, seufzte Louna und war froh darüber, dass den Pokémon nichts passiert war. Denn keines von ihnen war verletzt worden.

  • 20. KapitelWasserzauber


    Mit einem tiefen Seufzen ließ sich Louna auf die Bank im Garten von Tante Hikari nieder. Die ganze Aufregung um die andersfarbigen Pokémon war ermüdend gewesen und das, wo der Tag doch erst so richtig begann. Die Sonne war mittlerweile weit oben am Firmament zu sehen und strahlte ihre Wärme aus. Man spürte deutlich, dass der Sommer immer näher rückte, weswegen viele der Menschen bereits kurzärmelig angezogen waren.
    »Gib mir deine Nummer«, hörte sie Soul neben sich sagen. Er saß ganz lässig auf der Bank, die Beine nach vorn ausgestreckt, aber die Füße überkreuzt. Sein linker Arm lag über der Banklehne und auf der Nase trug er seine Sonnenbrille, wodurch er sich vor der Helligkeit wenigstens ein bisschen schützte. Louna sah ihn überrascht an. Hatte sie sich gerade verhört?
    »Du willst meine Nummer?«, fragte sie lieber nach, um ganz sicher zu gehen.
    »Du kannst es auch sein lassen«, meinte er nur. Er sah sie nicht direkt an und betrachtete eher das Treiben weiter weg im Garten. Nachdem sie den Dieb gefasst hatten und Louna May angerufen und Bescheid gegeben hatte, hatte diese die Ranger zu ihnen geschickt. Eigentlich hatte Louna mit der Polizei gerechnet, aber da der Ort hier so klein war, gab es keine direkte Polizeistation, allerdings Ranger, die in diesem Gebiet zuständig waren. Sie befassten sich normalerweise nicht mit Verbrechen aus der Gegend, sondern waren darauf bedacht die umliegende Natur zu schützen, zu beobachten, Probleme zu erkennen und zu lösen und natürlich sich für Pokémon einzusetzen. Genau da war auch die Verbindung. Da die Polizei nicht so schnell vor Ort sein konnte, waren die Ranger eingesprungen und hatten sich um alles Weitere gekümmert. Diebstahl von Pokémon war auch nicht unter den Rangern gern gesehen und nachdem diese sich ausgewiesen hatten, hatten Louna und Soul den Dieb den Rangern übergeben, damit sie diesen abführen konnten. Sie würden sich mit der Polizei auseinandersetzen. Louna hatte ihnen auch ihre Kontaktdaten überlassen, sofern es Rückfragen gab. Doch das Allerwichtigste war, dass es den Pokémon gut ging und das tat es auch. Fiffyen spielte ausgelassen mit Arcus und Dael, während Fynx auf Lounas Schoß hockte und noch immer recht verängstigt wirkte. Allerdings versuchte es nicht vor ihr zu flüchten, als wüsste es instinktiv, dass Louna auf es Acht geben würde. Ihre Finger strichen durch das samtene Fell des Feuer-Pokémon, was dieses wohl ein bisschen beruhigte. Von Soul hatte Louna vorhin erfahren, dass der Dieb es auch auf sein Pokémon abgesehen hatte. In Escissia hatte er es geschafft Soul Kinba zu stehlen, weswegen Soul diesem nachgerannt war. Offensichtlich hatte das Eine zum Anderen geführt und so war er wieder in Aquarellia gelandet und Louna hatte ihn mit dem Dieb gefunden. Soul drehte nun seinen Kopf etwas zur Seite, um sie anzusehen.
    »Was denn nun?«, wollte er von ihr wissen. Louna wurde aus Soul einfach nicht schlau, aber vielleicht hätte er sie angerufen, als sein Pokémon gestohlen worden war, um sie zu warnen. Wer weiß, ob die ganze Situation nicht anders verlaufen wäre. Wollte er deswegen ihre Nummer? Sie sagte sie ihm an, damit er sie abspeichern konnte. Gerade als sie ihn noch etwas fragen wollte, kam Tante Hikari in den Garten. Die ganze Zeit war sie mit May zusammen im Haus gewesen.
    »Das Mittagessen ist fertig, kommt rein!«, rief sie Louna und Soul. Tatsächlich hatte Louna Hunger bekommen, es war aber auch schon einiges an Zeit vergangen. Soul war vorhin schon von Tante Hikari dazu eingeladen worden zu bleiben und mit ihnen zu essen, weswegen er auch hier im Garten mit Louna gesessen hatte.
    »Wir kommen«, ließ Louna Tante Hikari wissen und stand von der Bank auf. Das Fynx hielt sie immer noch auf den Armen, doch zusätzlich rief sie nach »Arcus!«, damit sie mit ihm in das Haus gehen konnte. Auch Soul erhob sich von der Bank und rief seine Rasselbande zusammen. Es war toll zu sehen, wie sie auf ihr Rufen alle hörten und angerannt kamen. Dennoch waren sie noch ein wenig in Spiellaune und tobten um ihre Beine herum. Louna gefiel der Anblick von den spielenden Pokémon sehr. Auch, dass Arcus sich so gut mit Kinba und Dael verstand. Das tat ihm gut mit anderen Pokémon zu spielen.


    Chiari ging es nicht anders. Noch während die anderen am Mittagstisch saßen und ihr Mittagessen verspachtelten, stromerte sie bereits wieder durch das Haus, auf der Suche nach Nero. Das junge Evoli fand das Nachtara von Soul äußerst interessant. Da sie der selben Art angehörten, wunderte sich Louna nicht darüber. Sie fand es sogar sehr amüsant, weil Nero selbst ziemlich verschlafen wirkte und einfach nur seine Ruhe haben wollte. Er lag im Wohnzimmer in der Nähe des Esstisches, hatte sich eingerollt und döste vor sich hin. Nach der interessierten Frage von Louna hatte Soul ihr gesagt, dass Nero lieber in der Nacht aktiv war und die meiste Zeit am Tag verschlief.
    »Was ist mit deinen anderen Unlicht-Pokémon?«, wollte Louna von ihm wissen, da diese anders als Nero recht aktiv wirkten.
    »Dael ist es gewohnt wach zu sein, wenn ich es bin und Kinba kennt es bisher nicht anders«, erklärte er und schob sich seine Gabel in den Mund. Tante Hikari hatte einen vorzüglichen Auflauf gemacht von dem Louna kaum genug bekommen konnte. Wenn sich da nicht schon langsam ihr Magen füllte und sie daher auch kaum noch was rein bekam …
    »Unlicht-Pokémon, mhm?«, merkte May an, obwohl nicht genau klar war, was sie damit ausdrücken wollte. Souls Augen begegneten ihren und für einen kurzen Augenblick glaubte Louna eine unangenehme Spannung im Raum zu spüren.
    »Tja, sie sind ja auch schon ganz putzig, nicht wahr?«, versuchte sie die Stimmung zu bessern. Es war ihre ehrliche Meinung. Sie mochte sowohl Dael als auch Kinba und auch wenn Nero verschlafen wirkte, so war das Nachtara trotzdem auf seine Weise beeindruckend. Soul hatte da eine interessante Auswahl an Pokémon, die Louna faszinierte. Natürlich nicht nur er. Auch Dash mit seinen Elektro-Pokémon und May mit der süßen Aclasur, die selbst gerade dabei war ihre Portion aus ihrem Napf zu fressen. Deswegen saß sie auch neben dem Tisch bei ihrem Futter und war akribisch damit beschäftigt alles zu verputzen. Obwohl Louna zugeben musste, dass sie dieses Pokémon auf den ersten Blick wegen des großen Kiefers auf der Rückseite unheimlich gefunden hatte, so besaß Aci eine sehr liebenswerte Art, was sie umso sympathischer machte. Louna hatte das Stahl- und Fee-Pokémon nun mittlerweile schon ein paar Mal beobachten können und jedes Mal, wenn dieses mit anderen spielte oder zusammen war, achtete es stets darauf niemanden zu verletzen. Ja, es wirkte manchmal so, als würde Aci ganz bewusst sogar auf die jüngeren Pokémon aufpassen. Das war unheimlich niedlich.
    »Na ich weiß nicht, etwas zwielichtig wirkt das ja schon, nicht wahr?«, hörte Louna May sagen und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Tischgespräch. Takaru war nicht hier, weil er mit Mimi unterwegs war. Die beiden wollten sich eben mit ihren neuen Pokémon-Freunden beschäftigen. Daher saßen hier nur Tante Hikari und die drei Trainer. Doch Louna wirkte gerade etwas verwirrt, denn sie wusste nicht genau, wie May und Soul auf ihr aktuelles Gespräch gekommen waren. Oder ging es immer noch um Unlicht-Pokémon?
    »Sags doch gleich, dass du meinst, ich wirke zwielichtig. Nur zu, bloß keine Scheu«, sagte Soul und Louna konnte die aufgekommene gereizte Stimmung nur allzu deutlich spüren. Das gefiel ihr nicht.
    »Gut, na fein, ich finde dich sehr zwielichtig, aber das kannst du mir kaum vorwerfen, so wie du dich benimmst«, polterte May auch schon los. Tante Hikari hielt sich vornehm zurück, was für Louna keine große Hilfe war, die es gar nicht mit ansehen wollte, wie die beiden möglicherweise in einen Streit ausarteten.
    »Ich meine, so wie du dich aufführst und dann auch noch der Dieb … «, gab May zu bedenken. Bevor Soul darauf antworten konnte, mischte sich lieber schnell Louna ein.
    »Soul ist kein Dieb, im Gegenteil! Er hat zweimal dabei geholfen ein gestohlenes Pokémon zurückzubekommen. Das macht ihn quasi äh … zu einem Held. Irgendwie. Glaube ich.« Ein bisschen unsicher war sich Louna, wie sie es genau ausdrücken sollte, aber trotz das Soul vielleicht auf den ersten Blick keinen so vertrauensvollen Eindruck machte, hatte er ihr mehr als einmal bereits geholfen. Auf seine Art und Weise, die für andere etwas unangemessen wirkt, aber das spielte für Louna keine Rolle.
    »Und wieso bist du dir da so sicher, dass er nicht am Ende mit den Dieben unter einer Decke steckt?«, wollte May nun von Louna wissen, die den Mund auf und zu machte, ohne eine passende Antwort darauf parat zu haben. Weil sie Soul vertraute? Aber das würde doch May nicht akzeptieren, nicht wahr? Außerdem musste sich Louna selbst die Frage stellen, warum sie ihm vertraute. Gut, er hatte ihr geholfen und er wirkte auf sie nicht wie ein ungeholbelter Bastard, der mit Pokémon sein reiches Näschen verdienen wollte. Aber sie musste zugeben, dass er nicht immer den besten Eindruck hinterließ. Was nicht bedeutete, dass er deswegen schlecht war! Rechtfertigte sie ihn nun auch schon gedanklich vor sich selbst? Wo sollte das noch hinführen … ?
    »Das tut er nicht«, antwortete Louna bestimmt. Das war sicher keine Antwort, die eine Erklärung abliefert, aber sie war sich da einfach sicher. Es war ein Bauchgefühl von ihr und diesem vertraute sie. Nicht erst seit heute. Bisher hatte ihr Bauchgefühl sich noch nie getäuscht gehabt. Auch wenn May sie nun streng ansah, als wollte sie sie ermahnen nicht so blöd und naiv zu sein. Louna konnte und wollte einfach nicht glauben, dass Soul irgendetwas im Schilde führen könnte. Er war ein guter Kerl. Auf seine Weise und das sollte ausreichen. Schließlich konnte nicht jeder ein Musterschüler sein.
    »Schon gut«, hörte Louna Soul leise sagen. Sie drehte sich zu ihm um, da sie neben ihm saß und deswegen erst den Kopf drehen musste, um ihn direkt ansehen zu können. Er war dabei sich zu erheben, bedankte sich bei Tante Hikari, die der Unterhaltung bislang schweigend und nachdenklich gefolgt war, verabschiedete sich und ging.
    Soul ging? Louna starrte ihm hinterher, wie er den Raum verließ, dabei kurz pfeifte, so dass er die Aufmerksamkeit seiner Pokémon bekam, die zu ihm kommen sollten. Dael horchte sofort auf und lief auch sogleich zu ihm. Kinba wirkte unsicherer, aber auch er folgte, wohl mehr Dael als dem Pfeifen. Nero, der bislang ruhig dagelegen hatte und sogar die Kletterkünste von Chiari geduldig hingenommen hatte, die auf ihm herum turnen wollte, hob den Kopf, stand auf und schüttelte dadurch das junge Evoli ab. Chiari fiepste beschwerend auf und tapste Nero augenblicklich nach, als dieser zu seinem Trainer ging. Soul rief Kinba in seinen Ball zurück und verließ sodann mit Dael und Nero das Haus, dabei darauf achtend, dass Chiari nicht mitkam. Louna war baff. Dass Soul sich so schnell in die Flucht schlagen ließ, hätte sie nicht erwartet, doch gerade das führte dazu, dass sie mit einem vorwurfsvollen Blick May bedachte.
    »Das war unhöflich und unangemessen von dir. Soul ist kein Dieb und er hat auch nichts Schlechtes verbrochen«, sagte sie noch einmal mit Nachdruck und stand dann selbst auf. Louna war sauer, vor allem auf May, die so versessen darauf schien Soul etwas Schlechtes anzuhängen. Gleichzeitig war sie aber auch sauer auf Soul, weil dieser einfach nicht genug von sich preis gab, als das man sich absolut seiner sicher sein konnte. Was, wenn May am Ende wirklich Recht hatte und er nur ein falsches Spiel abzog? Louna schüttelte den Kopf über diesen dummen Gedanken und lief zur Eingangstür, wo sie ihre Schuhe schnell anzog. Arcus, der sie beobachtet hatte, folgte sofort und Chiari, die sowieso noch vor der Tür hockte, fiepste kurz auf, ehe sie Louna auch schon folgte, als diese die Tür aufriss und nach draußen lief. Sie wollte Soul nicht einfach so gehen lassen.


    »Soul, warte bitte!«, rief sie ihm hinterher, als sie ihn langsam erreichte. Dass er so schnell war, hätte sie gar nicht gedacht, doch Louna erkannte ihn und rannte ihm nach. Tatsächlich blieb er sogar stehen, als er sie hörte und drehte sich zu ihr um. Chiari hatte nichts anderes im Kopf, als Nero wieder anzufallen. Das Nachtara wirkte erneut etwas überfordert mit dem kleinen Jungspund und wies es von sich aus zurecht. So kam Chiari ein wenig runter, nicht jedoch um erneut eine spielerische Attacke auf Nero auszuüben.
    »Soul, es tut mir leid«, sagte Louna, als sie ihn erreicht hatte. Demütig sah sie drein, denn sie meinte die Entschuldigung aufrichtig. Es tat ihr leid darum, dass May so harsch zu ihm gewesen war und ihm vorwarf ein Dieb zu sein oder zumindest in der Richtung irgendwie Dreck am Stecken zu haben.
    »Warum entschuldigst du dich?« Statt das Soul wütend auf sie wirkte oder sie anblaffte, schien er viel mehr verwirrt über ihre Entschuldigung zu sein. Das führte dazu, dass auch Louna verwirrt war.
    »Na weil … « Ihr fiel vor Schreck nichts ein, was sie sagen wollte und strich sich eine braune Strähne aus dem Gesicht und hinter das Ohr.
    »Ich bin es gewohnt auf Abneigung zu stoßen, also zerbrich dir nicht den Kopf darüber.« Als hätte Soul geahnt oder gewusst, was in Louna vor sich ging, sprach er auch schon weiter. Trotzdem wirkte Louna nicht glücklich darüber.
    »Du hast mir geholfen Fynx wieder zurückzubekommen. Dafür bin ich dir wirklich dankbar. Ehrlich! Ich hätte bestimmt Ärger vom Professor bekommen, wenn der Dieb mit Fynx auf und davon gerannt wäre«, sagte sie. Soul zuckte mit den Schultern.
    »Das war nur Zufall. Er hatte schließlich Kinba geklaut.« Auch wenn es Soul als Kleinigkeit abtun wollte, lächelte Louna dankbar.
    »Schon klar«, sagte sie und begann zu grinsen.
    »Was denn?«, wollte er wissen, weil er nicht richtig verstand, was es jetzt zu grinsen gab.
    »Ach, es ist nur … Du benutzt den Namen, den May und Xelif für Fiffyen ausgewählt haben. Das ist schön«, erklärte sie. Dass Soul tatsächlich bei dem Namen blieb, hätte sie nicht gedacht.
    »Eigentlich ist es die Kombi, die du vorgeschlagen hast und außerdem ist es so einfacher für mich, weil ich dann mir nichts selbst ausdenken muss.« So wie es Soul sagte, klang es mehr nach einer Rechtfertigung, als müsste er sich gegen einen Vorwurf verteidigen. Doch Louna grinste immer noch und nahm es so hin.
    »Louna! Soul!« Als sie beide gerufen wurden, drehte sich Louna um und Soul sah über sie hinweg. Tante Hikari kam zu ihnen gelaufen und wirkte etwas außer Atem. War sie ihnen wirklich gefolgt? Damit hätten sie beide nicht gerechnet.
    »Es tut mir wirklich leid, dass ihr euch gestritten habt. Ich mache niemandem einen Vorwurf«, legte die ältere Dame auch schon los und entschuldigte sich auch im Namen von May für deren Verhalten.
    »Das ist etwas unglücklich gelaufen, ich hoffe, ihr seid nich böse darüber?!«, wollte Tante Hikari wissen.
    »Passt schon«, sagte Soul nur und wirkte wieder wie auf dem Sprung.
    »Gut, das beruhigt mich. Wollt ihr beiden eigentlich auch auf das Dorffest gehen?«, wollte Hikari dann noch von ihnen wissen, weswegen Louna neugierig auflauschte.
    »Dorffest? Was denn für ein Dorffest?« Louna wusste von keinem Dorffest. Hatte sie etwa was verpasst?
    »In Escissia findet es statt. Es ist wie eine Art Begrüßung für den Frühling, dass zur gleichen Zeit jedes Jahr stattfindet«, erklärte Hikari und Louna interessierte sich erst recht dafür.
    »Das klingt wundervoll, da möchte ich hin«, gab sie kund und sah fragend Soul an.
    »Äääh, nein«, kam es prompt von ihm, so dass Louna ihre Augen zusammenkniff.
    »Komm schon, das wird bestimmt lustig!«, versuchte sie ihn zu überzeugen.
    »Lustig? Sehe ich vielleicht aus, als … ?«, begann er und wurde dreist von Tante Hikari unterbrochen, als würde er gar nichts sagen.
    »Ihr könnt auch mit einem Boot über den Fluss direkt nach Escissia fahren. Da hättet ihr noch einmal eine schöne Aussicht«, schlug sie vor und setzte Louna damit noch mehr Flöhe ins Ohr. Louna war begeistert und drängte Soul dazu mit ihr auf das Dorffest zu gehen.
    »Bitte, bitte!« Sie wollte sich das unbedingt ansehen, aber alleine wäre das blöd und ob May mitkommen wollte, wusste Louna nicht. Im Augenblick wusste sie noch nicht einmal, ob sie so entspannt bei May sein konnte, um das Fest zu genießen. Nach dem, was vorhin los gewesen war …
    »So, ich muss dann wieder zurück. Wir sehen uns später, ja? Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spaß auf dem Fest«, sagte Tante Hikari und verabschiedete sich von den beiden. Louna winkte ihr noch kurz hinterher, ehe sie auch schon wieder bittend und fragend Soul ansah.
    »Du bist eine echte Nervensäge«, meinte er und seufzte tief. Louna sah das als Triumph an, denn offenbar hatte er aufgegeben.
    »Sehr schön! Dann fahren wir auch mit einem Boot, ja?« Als sie das vorschlug, wirkte er schon wieder weit davon entfernt auch nur ansatzweise begeistert zu sein. Sie würde ihn einfach zu seinem Glück zwingen müssen, wie es aussah! Da der Fluss nicht weit entfernt war und sie auch gleich auf Anhieb die kleine Anlegestelle für die Boote fanden, gingen sie auch direkt an das Ufer. Zumindest tat es Louna. Soul hingegen sah nicht so aus, als wollte er wirklich in eines der Boote steigen. Das Tolle daran war, dass man sogar kostenfrei fahren konnte, weil das heute ein extra Angebot war wegen dem Fest in Escissia.
    »Na los, jetzt hab dich doch nicht so«, forderte sie ihn auf. Zusätzlich stemmte Louna die Hände in die Hüften und sah Soul auffordernd an. Wollte er wirklich nicht mit dem Boot fahren? Hatte er vielleicht sogar Angst davor? Das würde sie allerdings sehr wundern! Chiari, die besonders neugierig war, betrachtete bereits eines der Boote näher. Dael, der nicht unweit von dem jungen Evoli stand und selbst neugierig heran gekommen war, sprang in eines der Boote. Es sah aus, als wäre ihm so ein Gefährt nicht ganz unbekannt. Womöglich war Soul doch schon mal mit einem Boot gefahren. Vielleicht sogar auch auf diesen Fluss? Da Chiari keine Scheu hatte die Welt zu entdecken, tat sie es Dael gleich und sprang ebenfalls in das Boot hinein. Ein bisschen schwankte es hin und her, aber Chiari besaß ihre Krallen mit denen sie sich festhalten konnte. Besonders beunruhigt wirkte sie dennoch nicht. Viel mehr fiepste sie fragend auf und krabbelte unter den Sitzbänken durch, jede Ritze des Ruderbootes auskundschaftend. Louna begann zu grinsen, als sie das beobachtete und sah wieder zu Soul, was einer Aufforderung gleichkam.
    »Siehst du? Dael hat auch schon entschieden, dass wir mit dem Boot fahren!«, sagte sie und grinste noch immer. Soul verdrehte die Augen hinter seiner Sonnenbrille, sah allerdings an seinen Beinen hinab und deutete auf Arcus, der noch bei ihm stand. Auch Nero war noch bei ihm, aber das lag daran, dass Nero sich weniger für die Boote interessierte. Arcus war hier mehr das Problem.
    »Dein Freund sieht aber nicht so aus, als würde er sich darüber freuen«, lenkte Soul ein, wohl in der Hoffnung, dass Louna von ihrem Plan abließ. Erst da bemerkte Louna die ängstliche Haltung von ihrem Fukano. Er hatte sich geduckt, die Ohren angelegt und war im Zwiespalt, ob er zu seiner Trainerin an das Ufer gehen sollte oder ob er nicht zurück blieb, weil seine Angst ihn zu sehr lähmte.
    »Ach mein kleiner Schatz.« Natürlich war Louna etwas besorgt, aber sie wollte Arcus gerne begreiflich machen, dass er keine Angst haben musste.
    »Komm her Arcus!«, rief sie ihn deshalb. Sie ging auch extra in die Hocke und streckte ihre Hand lockend in seine Richtung aus. Arcus gab einen jämmerlichen Laut von sich, hin und her gerissen, ob er zu ihr gehen sollte oder nicht. Denn er wollte es, aber der Fluss hinter Louna machte ihm Angst.
    »Na komm, Arcus, komm«, rief sie ihn weiter. Soul setzte sich langsam in Bewegung, Nero folgte ihm auf Schritt und Tritt, doch statt sich seinem eigenen Pokémon zu widmen, forderte auch er Arcus auf mitzukommen. Das Fukano war verunsichert und wollte den lockenden Rufen der Trainer folgen. Außerdem ging Nero ohne Angst zum Fluss und dann war da noch Dael, das Hunduster, dass vom Boot aus aufs Land sah und ein Bellen ausstieß. Es schien, als wollten alle Arcus dazu verleiten mitzukommen, damit er nicht zurückbleiben musste. Dadurch, dass keiner Angst zeigte und alle selbstbewusst wirkten, traute sich Arcus langsam dem Ufer zu nähern. Begeistert war er immer noch nicht, wodurch in Louna mehr denn je die Vermutung aufkam, dass Arcus schlechte Erfahrungen mit dem Wasser gemacht haben musste. Vielleicht, als ihr Onkel ihn auf der Zinnoberinsel gefunden hatte? Denn die Insel lag mitten im Meer, wer wusste schon, was genau dort vorgefallen war. Dadurch, dass Arcus ein Feuer-Pokémon war, wurde die Situation nicht gerade vereinfacht. Dennoch lobte Louna ihren kleinen Freund, als er es bis zu ihr geschafft hatte.
    »Das hast du sehr gut gemacht, mein Lieber«, sagte sie im zärtlichen Tonfall und strich ihm durch das Fell. Fragend sah er sie an, als wüsste er nicht so recht, was er nun tun sollte. Da das Boot nahe genug am Ufer war, um hinein zu springen, wollte Louna Arcus dazu bringen genau das zu tun. Aber das war gar nicht so einfach. Erst nachdem Nero ins Boot geklettert war und auch Louna sich hinein gestellt hatte, versuchte es Arcus, wenn auch mit deutlicher Zurückhaltung. Immer wieder überprüfte er sowohl das Boot als solches, als auch die Stabilität, inwiefern er sich daran abstützen konnte, um hinein zu klettern. Außerdem waren ihm die leichten Wellen des Flusswassers nicht ganz geheuer und er wich immer wieder ein Stück zurück. Soul blieb vorerst noch außerhalb des Bootes und wartete sehr geduldig, dass Arcus seine Scheu überwand. Das tat er dann, auch wenn der ganze Vorgang fast eine halbe Stunde gedauert hatte, bis sie Arcus im Boot hatten. Das war jedoch nötig gewesen, damit Arcus einen Lernprozess durchlaufen konnte, um seine positive Erfahrung zu machen. Hätte Louna ihn einfach in das Boot gesetzt, wäre es gegen seinen Willen geschehen und das wäre für Arcus dann negativ ausgefallen. So jedoch hatte er es aus eigenem Antrieb getan, weswegen er noch einmal liebevoll von Louna gelobt und gekrault wurde. Sie gab ihm auch einen Kuss auf die feuchte Nase, was ihrem Pokémon gefiel. Für eine kurze Dauer vergaß er wohl das Wasser um sich herum und freute sich einfach nur.
    »Du sitzt auf der falschen Seite«, ermahnte Soul auf einmal Louna, denn er hatte sich noch nicht hingesetzt und wartete offenbar darauf, dass Louna ihren Hintern bewegte und sich auf die andere Seite des Bootes setzte. Sie wusste nicht, warum er damit ein Problem hatte, aber bevor er vielleicht noch auf die Idee kam sie einfach über Bord zu werfen, überließ sie Soul ihren Platz und setzte sich ihm gegenüber. Bevor sie fragen konnte, warum er ausgerechnet dort sitzen wollte, griff er auch schon nach den Paddeln, die im Boot lagen und setzte sie in die Halterung ein. Arcus gab wieder ein ängstliches Geräusch von sich, aber Louna ignorierte es mit Absicht, um ihm nicht dafür am Ende noch mit Zuwendung zu belohnen. Er wirkte nicht begeistert und sah sich vorsichtig um, aber er würde schon begreifen, dass ihm keine Gefahr drohte. Auch nicht, als Soul dabei war das Boot vom Anlegesteg weg zu manövrieren, damit er freien Platz hatte, um mit den Paddeln los zu legen. Denn genau deswegen saß er auf der Seite, wo vorhin noch Louna gesessen hatte.
    »Das hätte ich auch machen können«, meinte sie zu ihm, bereit dazu ebenfalls Paddel in die Hand zu nehmen wie er.
    »Sicher doch«, antwortete er ihr und sie wusste sofort, dass er sie nicht für voll nahm, woraufhin sie eine Schnute zog.
    »Glaubst du mir nicht?«
    »Ich glaube dir alles, nur weiß ich es besser«, sagte er und Louna sah empört drein.
    »Du bist ganz schön frech!«, warf sie ihm an den Kopf.
    »Du bist ganz nervig«, entgegnete er ihr. Sie kniff die Augen leicht zusammen und wägte ab, wie weit er das ernst meinte oder ob er das nicht nur sagte, um sie zu ärgern oder ob er sie nicht wirklich total nervig fand und es besser wäre, wenn sie sich von ihm fern hielt. Andererseits glaubte sie nicht, dass Soul nicht in der Lage wäre sich zu wehren. Wenn er die Bootsfahrt partout nicht hätte machen wollen, dann hätte er das nicht getan. Und wenn er ihre Gesellschaft absolut nicht ertragen könnte, dann würde er auch einfach gehen, anstatt ihr doch die Möglichkeit zu bieten bei ihm zu sein. Er hätte sich niemals zu etwas nötigen lassen, womit er überhaupt nicht einverstanden wäre. Da war sie sich absolut sicher. Zwar kannte sie ihn nicht gut genug, aber das war etwas, was ihr recht schnell klar geworden war.
    »Was ist?«, wollte er von ihr wissen, weil sie ihn nur anstarrte und in Gedanken versunken war.
    »Ach nichts«, meinte sie leichthin und zuckte die Schultern. Souls Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen, aber er fragte nicht weiter nach. Louna begann zu lächeln und sah auf den Fluss hinaus. Er lag ruhig da und trotzdem besaß er seine Fließrichtung mit der sie mittrieben, wobei Soul die Paddel nutzte, damit sie nicht ganz so langsam waren. Er wirkte nicht so, als würde er es das erste Mal machen.
    »Was meintest du eigentlich vorhin damit, dass du es gewohnt bist auf Abneigung zu treffen?«, nahm Louna das Gespräch wieder auf. Natürlich mit einer Frage an ihn.
    »Schlechter Zeitpunkt, um danach zu fragen«, antwortete er ihr prompt. Sie hätte damit rechnen müssen, war aber trotzdem darüber enttäuscht.
    »Gibt es jemals einen guten Zeitpunkt dich etwas zu fragen?« Auf diese Frage zuckte er nur die Schultern. Louna brummte unzufrieden vor sich hin, bis sie Souls Blick nach unten wahrnahm. Als sie diesem folgte, sah auch sie Chiari, die sich gerade weit über das Boot hinaus lehnte, weil das Wasser sie spiegelte und sie einfach zu neugierig war.
    »Chiari!«, rief Louna und schnappte sich ihr Evoli, um es davor zu bewahren ins Wasser zu fallen. Die Kleine wusste gar nicht, wo das Problem lag. Arcus heulte wieder ängstlich auf, weil die kleine Rettungsaktion dazu geführt hatte, dass das Boot schwankte. Auf Souls Lippen entstand ein kesses Grinsen, was Louna kurz darauf entdeckte. Sie wusste nicht, ob sie es charmant finden oder nicht doch eher beleidigt sein sollte, weil sie befürchten musste, dass er sich lustig über sie machte.
    »Hör auf zu grinsen!«, sagte sie einfach und streckte ihm die Zunge raus.
    »Hör lieber auf das Boot ins Schwanken zu bringen, sonst gehen wir noch alle unter. Das willst du doch nicht?«, zog er sie auf.
    »Ist der Fluss so tief?«, wollte sie überrascht und ehrlich wissen, sah sogar über den Bootsrand ins Wasser. Ihr Spiegelbild blickte ihr entgegen, so dass es schwer war den Grund zu entdecken.
    »Willst du es herausfinden?«, fragte Soul sie. Es klang fast so, als wollte er sie dazu auffordern einfach ins Wasser zu springen. Louna lehnte sich wieder zurück.
    »Lieber nicht«, sagte sie kleinlaut und sorgte dafür, dass sich schon wieder ein Lächeln auf Souls Lippen abzeichnete. Äußerst mysteriös, wenn man sie fragen würde. Der Tag hatte sehr ereignisreich begonnen und irgendwie ahnte Louna, dass dieser Tag auch nicht so schnell vorbei gehen würde. Was sie wohl noch erleben würde? Ausgerechnet mit Soul allein in einem Boot auf einem Fluss, wie gut konnte das schon sein? May würde bestimmt wieder den Teufel an die Wand malen, aber Louna wollte nicht an May denken. Nicht jetzt. Und als wollte man sie unbedingt davon ablenken, sprang ein ziemlich großes Goldini rechts von ihr aus dem Wasser direkt über das Boot, um auf der linken Seite wieder einzutauchen. Dael, Chiari und selbst Nero sprangen voller Neugier an den Bootsrand, um das Wasser nach dem Pokémon abzusuchen, doch sie sahen es nicht noch einmal. Louna konnte nicht anders, als anzufangen mit lachen.
    Sie freute sich und war in diesem ruhigen Moment einfach glücklich.


  • Hallo Lexi,


    wie schnell doch die Zeit vergeht; bald feierst du mit der Geschichte dein Einjähriges und eigentlich ist noch kein Ende in Sicht trotz der vielen Kapitel. Ich schätze das mal als gutes Zeichen und hoffe, dass du auch weiterhin viel Motivation mitbringst! So oder so, auf zu den nächsten Kapiteln.


    Es wurde ja auch mal Zeit, dass Louna endlich mal bei ihrem Ziel ankommt und die Starter-Pokémon vorstellen kann. Ich wüsste gar nicht, wer aufgeweckter ist: Die angehenden neuen Trainer oder die Pokémon. Ersteres wäre vermutlich sinnvoller und sieht man ja auch an Fynx, das sich eher versteckt. Zeitweise hatte ich das Gefühl, dass mit ihm etwas vorgefallen ist, was noch gar nicht bekannt ist. Wird wohl irgendwann einmal Zeit, den Professor deswegen zu löchern, ob er etwas weiß. Oder es liegt in seiner Natur, weil Füchse ja generell eher scheu sind. Auf der anderen Seite sind Evoli so schnell zutraulich wie sonst eigentlich kein Pokémon und sein Vorbild hat auch etwas Fuchsähnliches. Nun ja.
    Viel spannender fand ich in der Hinsicht die erste Begegnung mit Dartiri, oder Tornado, wie du es genannt hast. Nah der Begegnung im Wald war gar nicht abzuschätzen, wie es reagieren würde und selbst nach einer kleinen Eingewöhnungsphase ist es noch immer schwierig, es unter Kontrolle zu halten, geschweige denn ihm Befehle zu geben. Aber das war zu erwarten. Ich weiß nun nicht, ob es schwieriger ist, einen Vogel oder einen Drachen zu trainieren - selbst mit Arcus war das ja schwierig -, aber das gibt dem Ganzen viel Abwechslung, eben weil die Pokémon nicht von Anfang an aufs Kämpfen ausgelegt sind und das gibt dem Ganzen einen frischen Eindruck. Mal sehen, wie lange es im Endeffekt dauern wird.
    Übrigens find ich es gut, wie du Soul und Louna wieder zusammenkommen lässt. Noch besser, du zwingst sie auch noch in dasselbe Boot, sodass sie gar nicht auskommen. Es sind diese Momente, in denen Soul seinen Charakter zeigen und sich entwickeln kann und genau das finde ich echt toll. Eben weil er von Anfang an eher verschlossen und abweisend wirkt, merke ich hier als Leser erst, wie er auf sich und andere achtet. So etwas macht einen guten Trainer aus und dass er auf seine Pokémon achtet, merkt man auch durchgehend. In allen anderen Situationen wirkt er mehr wie ein Einzelgänger, aber solange er alles freundschaftlich meint, bleibt es eben auch abwechslungsreich und passt zu ihm als Charakter. Insofern: Gute Entwicklung und das letzte Kapitel war auch eher ruhiger, hat dafür aber wieder einige Probleme mit dem Wasser aufgezeigt. Hoffen wir mal, dass Arcus nicht zu viele Ängste ausstehen muss, aber mit Dael und Chiari an der Seite sollte das schonin Ordnung gehen.


    In diesem Sinn: Bis dahin!

  • 21. Kapitel Ungewollter Badespaß


    Es war so friedlich auf dem Fluss, ganz anders als im sehr belebten Illumina. Louna kannte solch eine Ruhe gar nicht. Selbst in der Nacht schlief die Hauptstadt niemals und man konnte immer Menschen auf der Straße sehen. Hier jedoch auf dem Rhonaré, der leise vor sich hin plätscherte, sah sie keine anderen Menschen. Abgesehen von Soul, der mit ihr gemeinsam im Boot saß und die Paddel bediente, damit sie von der Stelle kamen, gab es derzeit keine anderen Boote auf dem Fluss. Auch am Ufer ging niemand entlang, so dass sie ziemlich ungestört waren. Daher sah Louna wieder direkt zu Soul. Er hatte wie immer seine Sonnenbrille auf, aber bei diesem sonnigen Wetter war das auch verständlich. Sie hätte selbst gerne eine, damit sie nicht ganz so sehr geblendet wurde. Allerdings waren schwarze Sachen nicht ganz so vorteilhaft, weswegen schon vorhin Soul seine Jacke abgelegt hatte, die neben ihm auf dem Sitz dalag. Jetzt saß er nur in seinem kurzärmeligen Shirt und seiner langen Hose da, beides natürlich schwarz. Das Knie seiner Hose wies ein aufgerissenes Loch auf, was Louna erst jetzt so richtig wahrnahm. War das schon die ganze Zeit darin gewesen? Irgendwie konnte sie sich nicht daran erinnern und je länger sie darüber nachdachte, desto mehr glaubte sie, dass es wirklich neu war.
    »Was ist?«, fragte er sie, weil er sich angestarrt fühlte. Das war gar nicht mal so abwegig, denn Louna betrachtete ihn bestimmt schon länger als fünf Minuten.
    »Ist das vorhin passiert?«, fragte sie und deutete mit der Hand kurz auf sein aufgerissenes Knie. Soul sah selbst darauf, ehe er sie wieder durch seine Sonnenbrille ansah und brummte. Louna nahm das als Zustimmung, doch auch das sorgenvolle Gefühl kam in ihr hoch. Sie hatte Soul vorgefunden, als er den Dieb bereits zu Boden gedrückt hatte, aber was davor sich alles abgespielt hatte, wusste sie nicht. Mal von der Kurzfassung, die Soul ihr gegeben hatte, abgesehen.
    »Bist du verletzt worden?«, wollte sie deshalb wissen, denn genau das hatte sie bisher nicht gefragt. Was ist, wenn Soul etwas abbekommen hatte? Das wäre nicht schön. Dass ihr das erst jetzt auffiel, darüber ärgerte sie sich ein wenig. Nur weil er unverletzt wirkte, bedeutete das nicht, dass in der Rangelei mit dem Dieb nichts passiert war.
    »Machst du dir etwa Sorgen?«, wollte Soul wissen und klang dabei für Louna sogar etwas ungläubig.
    »V-vielleicht«, gab sie zu, obwohl ihr das auf einmal unangenehm, ja eigentlich schon peinlich war. Soul machte nie den Eindruck, als würde er auf die Hilfe anderer angewiesen sein geschweige denn es auch wollen. Er schien seinen eigenen Weg zu gehen, was auch immer das für einer war. Er war so unergründlich, dass sich Louna erneut fragte, wer er eigentlich war und warum bei allen heiligen Pokémon sie sich den Kopf darüber zerbrach. Über ihn.
    Arcus riss sie aus ihren Überlegungen heraus. Soul hatte nicht weiter auf ihre Antwort reagiert, es sei denn, man wollte sein Stirnrunzeln als Reaktion darauf werten. Was er wohl dachte? Louna wandte sich von ihm ab und Arcus zu, der noch immer verunsichert unter ihrem Sitz hockte und nicht so recht wusste, ob er sich freuen oder verängstigt sein sollte.
    »Na Kleiner«, sprach sie beruhigend zu ihm und strich ihm über den Kopf, was ihm ein wenig ablenkte und gefiel. Arcus kam sogar ein paar wenige Schritte unter dem Sitz hervor, um sich ihr zu widmen. Louna wartete gar nicht lange und hob ihn auf ihren Schoß. Dadurch hatte das Fukano einen erhöhten Sitz und er war ihr nahe, so dass er sich vielleicht ein bisschen besser beruhigen konnte. Wenigstens sah sich Arcus neugierig um. Er war zwar immer noch angespannt, aber er winselte nicht die ganze Zeit und versuchte ruhig zu bleiben. Louna nutzte die Gelegenheit, um mit ihrem Pokémon einfach zu kuscheln. Sie liebte ihren Arcus und je länger sie mit ihm zusammen war, desto größer wurde diese Zuneigung. Sie könnte sich gar nicht mehr ein Leben ohne ihren treuen Freund vorstellen.
    »Siehst du, alles ist in Ordnung«, sagte sie zu ihm. Dael, das Hunduster von Soul, war selber neugierig und hatte seine Vorderpfoten auf eine freie Stelle von Lounas Sitz gestellt, um sich so mehr aufzurichten. Er schnüffelte neugierig in Arcus Richtung, der wiederum seinerseits zu Dael hinab sah und schnüffelte.
    »Die beiden verstehen sich echt gut«, sagte Louna darauf und lächelte fröhlich. Sie hatte schon im Garten von Familie Kitana gesehen, wie gut Arcus mit Dael zurecht kam. Die beiden hatten zusammen gespielt und sich angefreundet und das war doch wirklich sehr schön! Louna streckte deswegen eine Hand nach Dael aus, ließ ihn daran schnuppern, ehe sie über seinen Kopf kraulte, wobei sie dadurch auch die festen Knochenplatten berührte. Dael schien das wenig zu stören und die Zuneigung ebenso zu genießen, wie es Arcus immer tat.
    »Dael war dein erstes Pokémon. Ich behaupte einfach mal, dass er nicht unbedingt das typische erste Pokémon ist«, begann Louna von Neuem und sprach damit Soul an. Er hatte bereits gemeint, dass er mit zwölf sein Pokémon erhalten hatte. Dael wirkte gar nicht so alt, weil er auch eine verspielte Seite an sich hatte, aber er hatte auch einen kräftigen Körperbau, der davon sprach, dass Soul ihn gut trainiert hatte.
    »Nein«, antwortete Soul auf ihre Frage, der Louna mit den Pokémon nur beobachtete und weiter dafür sorgte, dass das Boot nicht stehen blieb. Immer schön den Fluss entlang, bis sie Escissia erreichten. Dabei war das gar nicht sein Ziel gewesen. Wie hatte es Louna geschafft, dass er mit ins Boot gestiegen war?
    »Ich habe ihn gefunden«, sprach Soul weiter und überraschte damit Louna. Normalerweise musste sie ihm fast alles aus der Nase ziehen. Dass er von sich aus ein bisschen mehr sagte, kam ziemlich selten vor. Solange kannte sie ihn zwar noch nicht, aber zumindest das hatte sie von ihm kennengelernt. Er brauchte wohl einfach ein bisschen länger warm zu werden.
    »Ich habe ihn verletzt in einer stürmischen Nacht auf Route Zehn gefunden«, erzählte Soul weiter, dass Louna sich innerlich nur noch mehr wunderte.
    »Route Zehn? Das ist im Westen, oder?«, fragte sie nach und überlegte angestrengt. Sie hatte nicht die Karte von Kalos im Kopf und drüben im Westen war sie bisher noch nicht gewesen. Aber so weit sie sich zu erinnern glaubte, war die Route Zehn irgendwo dort drüben.
    »Ja, sie ist nördlich von Relievera City«, bestätigte ihr Soul.
    »Kommst du von dort? Aus Relievera City?«, wagte Louna weiter zu fragen, wenn schon Soul gerade einen Moment hatte, in dem er etwas über sich und seine Pokémon erzählte. Einen kurzen Augenblick befürchtete sie, dass er ihr nun nicht mehr antworten würde, weil er so nachdenklich auf sie wirkte. So schweigsam. Aber dann antwortete er ihr doch.
    »Ich habe eine Zeit lang dort gelebt. Eigentlich … komme ich ursprünglich aus Escissia«, sagte er und Louna bekam große Augen.
    »Wirklich? Aus Escissia? Dann ist das hier deine Heimat?« Was für ein Zufall! Dann war das wohl der Grund gewesen, weswegen sich Soul nach Escissia begeben hatte. Er hatte nur in seine Heimat gewollt …
    »Eigentlich nicht«, unterbrach Soul ihre Gedanken.
    »Bitte?«
    »Escissia ist nicht meine Heimat. Nicht für mich. Ich bin hier geboren, aber mehr auch nicht … « Souls Stimme hatte einen bitteren Beiklang, den Louna weder richtig einordnen noch verstehen konnte. Irgendwie ahnte sie, dass Soul schlechte Erinnerungen an Escissia hatte, die er vermutlich jetzt nicht mit ihr teilen würde.
    »Warum bist du dann hier her gekommen?«, fragte sie ihn dennoch. Er zuckte mit den Schultern und das nicht, weil er ihr keine Antwort geben wollte, sondern weil er es offenbar selbst nicht so richtig wusste.
    »Gute Frage, nächste?« Na, wenn er das schon so fragte, musste Louna gleich grinsen und ließ sich auch nicht lange darum bitten.
    »Du hast also Dael in einer stürmischen Nacht gefunden, aufgeklaubt und seitdem seid ihr zusammen?«, nahm sie wieder das Thema auf.
    »Ja. Er lässt sich einfach nicht abschütteln.« Als Soul das so trocken sagte, musste Louna einfach lachen. Als wenn es Daels Schuld wäre, dass Soul ihn nun als Pokémon an seiner Seite hatte! Er hätte das Hunduster damals auch in Ruhe lassen oder es weggeben können. Pokémon-Center kümmerten sich eine Zeit lang darum und versuchten heimatlose oder wieder genesene Pokémon zu vermitteln, falls sie keine Besitzer hatten. Und wenn das alles doch nicht half, dann gab es noch die Pokémon-Heime, wobei Louna auch von der Pension auf Route Sieben wusste, die ebenfalls manchmal verloren gegangene Pokémon vermittelte, weil keine Besitzer aufzufinden waren.
    »Offenbar bist du von Anfang an ein Pokémon-Retter, oder? Immer hilfst du Pokémon in Not, sei es in einer stürmischen Nacht oder weil Diebe sie stehlen«, stellte Louna fest. Ihr gefiel dieser Gedanke besser, als sie erwartet hätte. Das rückte Soul in ein ganz anderes Licht, auch wenn er das vielleicht gar nicht so wollte, weil Licht scheinbar nicht so seins war. Immerhin trug er hauptsächlich schwarze Klamotten und sein Team bestand wohl auch hauptsächlich aus Unlicht-Pokémon, auch wenn Louna es noch nicht komplett kannte. Oder besaß er nur drei Pokémon?
    »Versuchst du mich gerade als Helden darzustellen?«, fragte er und zog skeptisch eine Augenbraue nach oben. Louna grinste ihn direkt an.
    »Vielleicht!« Daraufhin schnaufte er nur, weil er sie nicht ernst nahm, aber sie konnte sich trotzdem das Grinsen nicht verkneifen.
    »Du versuchst doch nur den Bösen zu mimen, damit man nicht sieht, was für ein guter Kerl du bist, gib's zu!« Ausnahmsweise neckte sie ihn mal statt andersherum und es funktionierte sogar. Er begehrte auf und beharrte darauf, dass dem nicht so war. Schon wieder lachte Louna, wobei ihr Lachen recht schnell verging, als das Boot ins Wanken geriet. Nicht wegen ihr, sondern weil irgendwas unter ihnen im Fluss das Boot berührt hatte. Ein Wasser-Pokémon?
    »Was war das?«, wollte sie erschrocken wissen und sah auf die Wasseroberfläche. Sie konnte ein paar Wellen entdecken, die nicht durch die Paddel von Soul ausgelöst worden waren und auch nicht vom Boot selbst stammten. Da war wirklich etwas im Wasser und das beunruhigte Louna nun doch. Sie behielt den Fluss aufmerksam im Auge, um etwas zu entdecken, doch der Angriff kam so unerwartet, dass sie erschrocken aufschrie und sich am Bootsrand festhielt. Arcus auf ihrem Schoß duckte sich und krallte sich an ihr wiederum fest. Chiari fiel von ihrer erhöhten Position ins Wasser. Nero schaffte es nicht nach ihr zu schnappen, um den Sturz aufzuhalten. Kinba, das andersfarbige Fiffyen, purzelte von einer Seite zur anderen im Boot und blieb benommen liegen.
    »Chiari!«, brüllte Louna auf, musste sich aber immer noch festhalten, weil das Boot wankte. Aufstehen war jetzt keine so gute Option, aber auch Soul kam nicht an die Stelle, wo das kleine Evoli ins Wasser gefallen war. Hinzu kam, dass Lounas Pokémon weiter abdriftete und dadurch unerreichbar für die Hände wurde. Hilflos paddelte Chiari im Wasser, versuchte sich über der Oberfläche zu halten und winselte wie am Spieß vor Angst. Diese Angst schien auch berechtigt, denn das Wasser hob sich etwas ab, ohne dass man erkennen konnte, was sich darunter befand. Eine Welle visierte direkt Chiari an, die in Panik noch immer mit allen Gliedmaßen strampelte und das Wasser um sich herum in Bewegung brachte.
    »Verdammt«, hörte Louna Soul fluchen und sah zwischen ihrem Pokémon und ihm hin und her. Das Boot lag wieder ein wenig ruhiger da, weswegen Soul aufstand und dadurch wieder etwas mehr Bewegung in das Gefährt kam. Arcus war mittlerweile von Lounas Schoß gesprungen und duckte sich so tief wie möglich auf den Boden des Bootes, da ihm die Bewegungen um ihn herum nicht gefielen. Man könnte den Eindruck bekommen, er würde seekrank werden.
    »Alice!«, rief Soul, denn er hatte einen Pokéball von seinem Gürtel genommen und hielt ihn nach oben. Nein, er warf ihn nicht. Das würde nur bedeuten, dass er den Ball im Fluss versenken würde und das wollte er tunlichst vermeiden. Der Ruf des Namens reichte aus, um das Pokémon aus dem Ball zu locken, nebst den Ball natürlich auch zu öffnen. Louna stellte fest, dass Soul doch mehr als drei Pokémon besaß und darunter befand sich auch ein Fliegendes, welches genau jetzt erschien.
    »Flieg zum Evoli, schnell!«, wies Soul sein fliegendes Pokémon an. Louna sah nichts anderes als schwarze Federn und eine elegante Gestalt, die durch die Luft sauste, direkt auf ihr Evoli zu. Sie kannte dieses Pokémon nicht und war sehr erstaunt, allerdings auch besorgt um Chiari und dem, was da unter der Wasseroberfläche auf sie zu schwamm. Genau in dem Moment, als Alice Chiari erreichte, brach unter dem Wasser ein Ungetüm hervor, das Maul weit aufgesperrt. Louna brüllte auf, weil sie ahnte, dass dieses Wasser-Pokémon ihre kleine Chiari verschlucken wollte. Mit einem Haps wäre sie auch sehr schnell weg.
    »Spukball!«, rief Soul in dem ganzen Durcheinander und sein Pokémon reagierte sofort auf den Befehl. Es riss weit den Schnabel auf, aus dem schon kurz darauf eine lila leuchtende, nebelhafte Kugel schoss, die direkt auf das Ungetüm zuflog. Es traf das Wasser-Pokémon und hielt es damit ab Chiari einfach zu verschlingen. Mit einem lauten Platschen tauchte das Pokémon wieder unter und war für kurze Zeit nicht mehr zu sehen. Genug Zeit, um Chiari aus der Gefahrenzone zu retten?
    »Alice, bring das Evoli zu mir!«, rief Soul. Sein Pokémon wies viel Verständnis und Disziplin auf, wie Louna feststellte. Soul musste nicht viele Anweisungen geben, damit das schwarz gefiederte Pokémon wusste, was er von ihm wollte. Das war sehr beeindruckend und Louna wünschte sich, dass sie auch mal an so einem Punkt mit ihren Pokémon ankommen würde. Doch jetzt wollte sie einfach nur Chiari in Sicherheit wissen und beobachtete, wie Alice einen kleinen Bogen über den Fluss flog, ehe sie sich hinab gleiten ließ und zielsicher das Evoli mit den Krallen ihrer Füße aus dem Wasser heraus fing und in die Luft hob. Alice flog scheinbar nicht ohne Grund so weit in die Höhe wie sie konnte, denn nur wenige Sekunden später schoss erneut das Wasser-Pokémon aus dem Fluss hervor. Lounas Augen wurden riesig. Erst jetzt wurde ihr die Größe des Ungetümes richtig bewusst, denn es sprang so hoch, dass es beinahe Alice und Chiari noch erreicht hätte und sie verschlungen hätte, wenn Alice nicht ein paar Sekunden schneller gewesen wäre, um aus der Gefahr zu entkommen. Das Pokémon war massig, dessen obere Seite von einem dunklen Blau war, weswegen man es auch unmöglich erkennen konnte, wenn man in das Wasser hinein blickte. Es war dadurch einfach zu gut getarnt, während der Bauch von einem hellen Braun war. An den Seiten hatte es jeweils einen langen Fühler und das Maul konnte es so weit aufsperren, dass es vermutlich auch einen Menschen verschlingen könnte, wenn es wollte.
    »Was für ein Pokémon ist das?«, fragte Louna entsetzt, die mit ihren schnell klopfenden Herzen zu kämpfen hatte, weil sie Angst um ihr und Souls Pokémon hatte.
    »Ein Welsar und dazu noch ein verdammt Großes!«, antwortete ihr Soul, der aber sein Pokémon genau im Auge behielt. Alice kam direkt auf ihn zu geflogen und ließ Chiari in seine Arme fallen, als sie über ihn hinweg flog. Soul behielt die nasse Chiari noch in seinen Händen, kümmerte sich aber nicht um sie, sondern um den Kampf, der noch nicht vorbei war. Das Welsar war noch längst nicht abgewehrt und das wusste auch sein Kramshef. Alice flog bereits wieder über den Fluss entlang, direkt auf das Welsar zu, das sich noch an der Wasseroberfläche befand.
    »Tiefschlag!«, befahl Soul und Alice attackierte daraufhin das Welsar mit seiner Unlicht-Attacke. Der Gegner wollte sich wehren und spritzte mit Wasser nach Alice, die aber unerwartet sehr flink und wendig war und den Wasserattacken immer wieder auswich, bis sie ihre Chance ergriff, um erneut auf Welsar los zu gehen. Eine Abfolge von Spukball und Tiefschlag prasselte auf Welsar ein, das zwar am Ende nicht besiegt wurde, jedoch vertrieben, da es mit so viel Gegenwehr wohl nicht gerechnet hatte. Das Wasser-Pokémon tauchte schon bald wieder ab und ließ sich auch dann nicht mehr so schnell blicken. Die ganze Aufregung und der Kampf hatten gar nicht solange gedauert, obwohl es Louna wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen war.
    Alice flog noch ein paar Runden über den Rhonaré hinweg, hielt Ausschau nach dem potenziellen Feind, bis Soul sie zu sich rief. Er hatte mittlerweile Chiari an Louna weiter gereicht, die die Kleine auf den Boden absetzte, wo sich Chiari kräftig schüttelte. Arcus gefiel das ganz und gar nicht von den Wassertropfen getroffen zu werden und zog sich so weit von Chiari zurück, wie es ihm möglich war. Dael und Kinba hatten aufgehört zu bellen seitdem das Welsar verschwunden war. Die ganze Zeit über hatten sie aufgeregt gekläfft und wären am liebsten ins Wasser gesprungen, um sich dem Gegner zu stellen. Wobei Kinba sich vermutlich nur ein Beispiel an Dael genommen hatte und es ihm einfach gleich getan hatte. Jetzt kehrte wieder langsam Ruhe auf dem Boot und dem Fluss ein. Chiari fiepste etwas unzufrieden auf, nieste einmal und schüttelte sich noch einmal, um das ganze Wasser aus dem Fell zu bekommen. Nero, das Nachtara von Soul, war an ihrer Seite und begann sehr liebevoll über Chiaris Fell zu lecken. Er kümmerte sich so zärtlich um das kleine Evoli, dass es Louna ganz warm ums Herz wurde. Es war ein zauberhafter Anblick, der auch sie gleichzeitig beruhigte. Chiari ging es gut, abgesehen von dem Schreck, den sie erlitten hatte. Sie war ein tapferes Mädchen und wirkte schon nach kurzer Zeit wieder viel munterer. Das lag bestimmt auch daran, dass man sich so gut um sie kümmerte. Sie ließ es sich gefallen von Nero umsorgt zu werden.
    Louna atmete tief durch und entspannte sich endlich selbst wieder. Auch sie hatte einen gehörigen Schrecken bekommen und hätte nicht gewusst, was sie ganz allein hier hätte machen sollen. Dank Soul, der so schnell reagiert hatte, war alles noch glimpflich ausgegangen.
    »Wow, du bist wirklich ein Pokémon-Retter. Machst du das zufällig beruflich?«, wollte sie von Soul wissen, der etwas verdutzt drein sah. Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte und richtete seine Augen auf Alice, die sich auf den Bootsrand gesetzt hatte und dort nun aufmerksam das Wasser beobachtete. Dem Kramshef schien diese Ruhe nicht ganz geheuer zu sein. Soul streckte die Hand nach seinem flugfähigen Pokémon aus und kraulte Alice neben dem Schnabel, was sie ganz besonders mochte. Dadurch ließ sich Alice ablenken und gurrte mehr als angetan auf.
    »Was genau für ein Pokémon ist deine Alice? Ich habe so eines noch nicht gesehen.« Wenn Louna ehrlich war, hatte sie noch so viele Pokémon nicht gesehen. Sollte ihr das peinlich sein? Sie war sehr fasziniert, denn jetzt konnte sie Alice von Nahem bewundern. Das Sonnenlicht gab ihrem Gefieder einen schwarz-blauen Schimmer, der wunderschön wirkte. Ihr Gefieder glänzte geradezu! Außerdem sah sie so oder so sehr interessant aus. Der kräftige Schnabel, die paar roten Federn, die im sonst dunklen Gefieder Akzente setzten, wenn man von dem weißen Brustfedern mal absah.
    »Sie ist sehr hübsch!«, sagte Louna, weil sie gar nicht anders konnte. Jetzt hatte sie einen weiteren Grund, warum sie Soul beneiden konnte. Er hatte so tolle Pokémon in seinem Team und wusste so gut mit ihnen umzugehen, das war mehr als nur beeindruckend!
    »Alice ist ein Kramshef, die Weiterentwicklung von Kramurx«, erklärte Soul ihr und ließ von dem Kraulen ab.
    »Und sie ist ein Unlicht-Pokémon, nicht wahr?«, fragte Louna nach.
    »Ja.« Bei dieser Antwort lächelte Soul sogar!
    »Wie kommt es nur, dass du Unlicht-Pokémon so sehr magst?« Wäre dem nicht so, würde sein Team nicht aus diesen bestehen, da war sie sich sicher.
    »Mhm, ich mag die Nacht lieber als den Tag. Die Zeit, in der ich sie finden kann. Oder … sie mich.« Soul wirkte bei seinem letzten Satz etwas nachdenklich und Louna fragte sich, wie er zu all seinen Pokémon gekommen war. Sie war sich sicher, dass sie es früher oder später erfahren würde, denn von Dael wusste sie es bereits.
    Alice drehte sich auf der Stelle um, so dass sie dem Wasser den Rücken kehrte und ins Boot selbst blicken konnte. Chiari, die zwischen Soul und Louna hockte, wie auch Dael, Kinba und Nero, kam näher zu Alice heran. Sie streckte den Kopf zu ihr, um mit der kleinen Nase an Alice zu schnuppern und sie genauer kennenzulernen. Alice beugte sich ins Boot hinab, weil auch sie offenbar sehr neugierig war. Doch das schüchterte Chiari etwas ein, auch wenn dieses Kramshef sie gerettet hatte. Sie sprang zurück und suchte den Schutz bei Nero, der wieder die Ruhe selbst war. Auch Arcus Neugier war geweckt, nach all dem Trubel, der stattgefunden hatte. Er kroch unter dem Sitz von Louna näher zu Alice und wollte auch an ihr schnüffeln. Anders als Chiari rückte er nicht ab und ließ sich auch nicht einschüchtern. Dafür gab es auch gar keinen Grund, denn Alice war sehr ruhig, einfach nur neugierig und tat sonst nichts, was man als beunruhigend erachten müsste.
    »Du, Soul?«, sprach Louna wieder den Unlicht-Trainer an.
    »Mhm?«
    »Ähm, könntest du mir vielleicht … beibringen, wie man ein Flug-Pokémon trainieren kann?« Louna war verunsichert, aber sie hatte mehr als einmal gesehen, wie Soul mit seinen Pokémon umging. Das weckte nicht nur die Neugier in ihr, sondern auch das Bedürfnis es genauso gut hinzubekommen, wie er es kann. Doch allein wüsste sie nicht, ob sie das schaffen konnte und da Soul auch ein Flug-Pokémon durch Alice besaß, könnte er ihr vielleicht ein paar Tipps geben. Vorausgesetzt er wollte das überhaupt tun?
    »Du willst Dartiri behalten?«, fragte er sie, anstatt auf ihre Frage eine Antwort zu geben.
    »Ja, ich denke schon«, bestätigte sie, war aber ein wenig verunsichert. »Er hat immerhin schon einen Namen.«
    »Ach?« Das war Soul neu und er wollte wohl gerne wissen, wie sie Dartiri benannt hatte.
    »Ja, Tornado!« Bei der Antwort grinste Soul sogar, was wiederum Louna zum Lächeln brachte.
    »Der Name passt zu diesem aufgeregten Dartiri«, meinte er und paddelte weiter, damit sie heute doch noch Escissia erreichten. Sonst würden sie noch den ganzen Tag auf dem Fluss verbringen müssen und sie wussten alle, wer am meisten Probleme damit haben würde.
    »Genau. Ich finde es echt beeindruckend, wie gut du mit deinen Pokémon umgehen kannst. Das würde ich auch gerne, aber ich weiß beispielsweise bei Tornado überhaupt nicht, wie ich ihn trainieren könnte«, gestand Louna und wurde wieder ein wenig ernster.
    »Verstehe. Dann schauen wir demnächst, ob wir den Wirbelwind zur Ruhe bringen können«, sagte Soul und ließ in Louna ein Glücksgefühl aufkommen.
    »Wirklich? Das ist toll, danke!« Sie war sehr dankbar dafür, mehr als er ahnen dürfte.


    Kaum legte das Boot an dem Steg an, war Arcus der Erste, der aus diesem sprang, um wieder festen Boden unter den Pfoten zu spüren. Die anderen Pokémon folgten ihm nach und nach. Soul hatte Alice wieder zurück in ihren Pokéball gerufen und das tat er auch jetzt mit Kinba und Nero. Somit blieb nur noch Dael außerhalb des Balls und damit an seiner unmittelbaren Seite. Louna tat es ihm gleich, nachdem sie das Boot verlassen hatte, weil sie die Anlegestelle nahe von Escissia erreicht hatten. Sie rief Chiari in ihren Ball und ließ nur Arcus draußen, weil er das immer war. Oder ziemlich oft.
    »Oh man, ich habe jetzt echt Hunger bekommen … «, meinte sie, als sie sich streckte und räkelte und dabei ihr Bauchgrummeln mitbekam. Das Frühstück war schon eine ganze Weile her und nach all der Aufregung, die heute bereits stattgefunden hatte, wunderte es sie auch nicht. Doch da in Escissia ein Fest stattfinden sollte, dürfte es bestimmt hier auch ein paar leckere Sachen zum Essen geben.
    »Hey, du kennst dich doch in Escissia aus, richtig? Dann kannst du mir doch bestimmt zeigen, wo es was zum Futtern gibt?«, forderte sie Soul geradewegs auf.
    »Vielfraß!«, kam als Antwort von ihm.
    »Wie bitte?« Louna war leicht empört, folgte ihm allerdings, als er sich in Bewegung setzte und den Steg hinter sich ließ. Ähnlich wie um Aquarellia, war die Natur auch hier üppig, friedlich und geradezu zauberhaft. Wenn man es mit den Worten von Louna ausdrücken würde. Sie mochte den Anblick von so viel freier Natur. Vereinzelte Bäume standen hier und da, es gab Wiesen, auf denen die Blumen blühten und überall hörte sie den Gesang von Vogel-Pokémon und die idyllische Stille des Landes. Ganz anders als in einer Großstadt! Sie lernte hier so richtig den ländlichen Zauber kennen. Das gefiel Louna sehr gut und sie nahm sich vor öfters mal hier vorbei zu kommen. Als sie neben Soul entlang ging und zu ihm aufsah, kamen ihr wieder einige Gedanken, die sie aussprechen wollte.
    »Wieso bist du aus Escissia weggezogen?«, wollte sie von ihm wissen und erntete daraufhin ein genervtes Stöhnen. Wollte er nicht mehr antworten?
    »Oh was? Bist du etwa nur auf dem Boot gesprächig? Dann müssen wir gleich wieder … «
    »Vergiss es!«, unterbrach er sie und Louna verzog eine Schnute.
    »Blödmann!«
    »Nervensäge«, kommentierte er nur und dabei beließen es die beiden. Weder der eine noch der andere meinte es wirklich böse und das wusste der jeweils andere auch. Was das zwischen ihnen war, konnte Louna nicht benennen, aber beschweren wollte sie sich nicht darüber. Außerdem wurde ihre Aufmerksamkeit von anderen Dingen angezogen. Überall standen Laternen, die vor allem nachts genug Licht boten, damit man nicht ganz im Dunklen umher irren musste. Doch alle Laternen, an denen sie vorbei kamen, waren mit etlichen Blumenkränzen und Bändern geschmückt und je näher sie Escissia kamen, das nicht weit entfernt lag, sondern ziemlich nahe war, desto mehr solchen Blumenbänderschmuck konnte Louna entdecken. Häuser, Bänke, einfach alles war frühlingshaft dekoriert wurden. Das Dorf mochte recht klein sein, aber es war sehr liebevoll hergerichtet wurden, um dem Frühlingsfest, welches hier stattfinden sollte, alle Ehre zu machen. Viele Menschen waren auf der Straße, viele Stände waren errichtet worden, überall liefen Kinder umher, manchmal auch mit ihren Pokémon. Je weiter sie in das Dorf gingen, desto voller wurde es und desto mehr leuchteten Lounas Augen auf.
    »Wow, das ist so schön hier!«, sagte sie und konnte sich gar nicht satt sehen. Sie musste Fotos machen! Doch dummerweise fiel ihr erst jetzt auf, dass sie durch die hektische Flucht aus dem Haus von Tante Hikari ihre Sachen vergessen hatte.
    »Verdammt!«, war sie es nun, die fluchte und sich ärgerte. Einen Moment später bekam sie allerdings mit, wie Soul sein Telefon gezückt hatte und ein Foto von dem Gesamtbild des Dorfes machte. Na wenigstens einer, der Fotos machen konnte …



  • 22. KapitelGewinnverlust


    Es fiel gar nicht so sehr auf, dass Escissia nur ein kleines Dorf war. An diesem Ort hatten sich so viele Menschen versammelt, dass er schon fast überfüllt wirkte. Die Stände, die aufgebaut waren, wurden reichlich besucht. Es gab süße und herzhafte Leckereien für jedermann, worüber sich aber in erster Linie die Kinder freuten. Man konnte an großen und kleinen Spielen teilnehmen und eine Tombola gab es auch. Louna wusste nicht, wohin sie zuerst wollte und beschränkte sich darauf vorerst alles nur anzusehen. Es gab ein Kinderkarussell, was von diesen mit Freude angenommen wurde und es spielte eine kleine Musikantengruppe auf dem Dorfplatz, wo es auch genügend Platz gab, um zur Musik zu tanzen, wenn man wollte. Louna kannte nur die großen Feste in Illumina, aber auch wenn dieses Frühlingsfest mit der Größe der Hauptstadt nicht mithalten konnte, war es trotzdem sehr schön. Das konnte sie behaupten, obwohl sie noch gar nicht solange hier war. Das Lachen der Kinder sagte viel aus, die Stimmung im Allgemeinen war sehr ausgeglichen, auch unter den Erwachsenen.
    »Gibt es hier öfters solche Feste?«, fragte Louna und wandte sich an Soul, der neben ihr her ging. Er lächelte nicht, wirkte eher angespannt, aber das war wohl seine Art, so glaubte sie.
    »Vielleicht«, war alles, was er ihr antwortete, was nicht sehr hilfreich war. Andererseits konnte sie es ihm nicht zum Vorwurf machen. Hatte er nicht gesagt, dass er nicht besonders lange in Escissia gelebt hatte, weil er umgezogen war? Louna richtete ihr Augenmerk wieder auf das Fest und vor allem auch auf die Pokémon, die sie hier entdecken konnte. Einige davon kannte sie nicht, konnte aber anderseits auch hier und da ein Coiffwaff entdecken oder ein Eneco, was von seiner Besitzerin getragen wurde. Auch zwei kleine Yorkleffs erkannte sie, die aufgeregt kläfften und um ihre Besitzer herum sprangen und sich auf die fallen gelassenen Essensreste stürzten. Louna musste grinsen bei dem Anblick. Da hatte jemand seine Pokémon nicht ganz so gut trainiert. Aber was sollte sie da schon sagen? Sie selbst stand noch ganz am Anfang, auch wenn sie Arcus immerhin Grundkommandos beigebracht hatte, damit er auf sie hörte, zu ihr kam oder sich einfach auch mal hinsetzte, wenn sie es wünschte.
    Ein Paar Vivillons flog über den Köpfen der Menschen hinweg. Louna kam nicht umhin sie zu bewundern. Das Linke hatte die Farben von Aquamarinblau und das Rechte strahlte in den Farben des Sonnenmusters mit Gelb, Orange und Rot. Die beiden waren wunderschön, so dass Louna sich fast schon wünschte ebenfalls ein Vivillon in ihrem Team zu haben. Zusätzlich erinnerte sie sich daran, dass Viola, die Arenaleiterin von Nouvaria City, ein Vivillon in den Kampf geschickt hatte. Es war pink gewesen, weil es das Blumenmuster besessen hatte. Vivillons waren wirklich faszinierend, besonders weil sie in so vielen unterschiedlichen Farbgebungen vorkamen.
    »Wolltest du nicht etwas essen?«, fragte eine Stimme neben ihr und sie riss sich vom Anblick der fliegenden Käfer-Pokémon los, um Soul anzusehen. Dieser deutete auf einen Stand, der allerlei Snacks im Angebot hatte. Von süßen Sachen wie Crêpes und Galetten bis hin zu belegten Baguettes oder ganz einfachen Croissants. Auch wenn sich die Mittagszeit langsam ihrem Ende zuneigte, so hatte sie immer noch Hunger und wollte sehr gern etwas essen. Allerdings kein Gängemenü. Louna würde sich auch mit etwas Kleinerem zufrieden geben und wenn es wirklich nur ein belegtes Baguette war. Dankbar lächelte sie Soul an, ehe sie sich dem Stand näherte und überlegte, was genau sie essen wollte. Die Preise waren weit günstiger, als sie es aus ihrer Heimatstadt kannte. Das überraschte sie ein wenig. Da noch zwei andere Kunden vor ihr dran waren, konnte sie sich einen guten Überblick über das Angebot beschaffen, war sich aber nicht sicher, was sie nehmen sollte. Auf jeden Fall brauchte sie ein Baguette, das ordentlich belegt war, damit sie ihren Hunger stillen konnte, aber die Crêpes sahen auch so verdammt lecker aus.
    »Willst du auch was essen?«, fragte sie Soul, der zwar neben ihr stand und darauf wartete, dass sie dran kamen, aber in eine ganz andere Richtung sah. Seine Stirn zeigte Falten, was wiederum Louna bedeutete, dass er nachdenklich war. Sie sah in die Richtung, in die er blickte, aber da so viele Menschen hier auf dem Fest umher gingen, war es eher schwer herauszufinden, wen er anstarrte. Sofern er überhaupt einen der Menschen ansah und nicht am Ende einfach nur Gedanken versunken war.
    »Soul?« Als sie ihn noch einmal ansprach, reagierte er auf sie und am Ende einigten sie sich beide, was sie essen wollten. Auch er hatte Hunger. Louna hatte sich neben dem Baguette tatsächlich auch für das süße Crêpes mit Schokoladencreme entschieden und genoss jeden Bissen davon.
    »Daff iff so leffger«, sagte sie und Soul sah sie fragend an, kniff gar die Augen zusammen.
    »Mit vollem Mund spricht man nicht«, meinte er und Louna kaute und schluckte, ehe sie wieder sprach.
    »Ich hätte nicht erwartet, dass du auf so viel Etikette Wert legst«, stellte sie erstaunt fest und verschlang den Rest ihres Baguettes. Sie hatten sich beide extra etwas weiter abseits hingestellt, damit sie niemandem im Weg standen.


    Später, als sie mit dem Essen fertig waren, gingen sie weiter durch das Dorf. Louna blieb sehr oft an den Ständen stehen und überlegte nicht nur einmal, ob sie sich kleine Souvenirs kaufen sollte oder einfach an den Spielständen mitmachen wollte. Gerade auch bei der Losbude hätte sie zu gern ihr Glück versucht, hatte aber trotzdem einen Rückzieher gemacht, da die Gewinnchancen nicht so hoch waren. Außerdem hatte Soul es geschafft, ihr mit seinem Pessimismus den Spaß daran zu verderben.
    »Sei nicht so ein grummeliges Pandagro. Das macht dich unsympathisch«, meinte sie, als sie die Losbude hinter sich ließen. Er schnaubte auf.
    »Und welchen Grund sollte ich dafür haben sympathisch sein zu wollen?« Sie tauschten beide einen langen Blick aus, ohne etwas zu sagen, bis sich Louna von ihm abwandte. Sie wollte nichts darauf erwidern, auch wenn ihr Kopf schon wieder heftig zu rattern anfing. Sich jetzt den Kopf über Soul zu zerbrechen, wollte sie nicht, also schob sie dieses Thema von sich und entdeckte dafür einen anderen Stand. Bei dem würde sie mitmachen! Daher beschleunigte sie auch ihre Schritte, bis sie den Stand erreicht hatte. Gerade versuchte dort ein Junge die Zielscheibe mit den Dartpfeilen zu treffen, aber das war schwieriger als es aussah. Er traf nur die äußeren Kreise der Zielscheibe oder gar nicht, was weniger Punkte einbrachte. Daher gab es für ihn am Ende auch nur eine Kleinigkeit, die er gewonnen hatte. Louna überflog mit einem kurzen Blick das Angebot. Schlüsselanhänger, kleine Figuren oder auch Plüschtiere, Plastikblumen, die hübsch anzusehen waren oder auch kleine Fanartikel zu Arenaleitern und Stars. Am allermeisten gefiel ihr der kleine plüschige Schlüsselanhänger, der einem Floink gleich kam.
    »Das ist so süß!«, sagte sie und war begeistert. Soul hob skeptisch eine Augenbraue an.
    »Ernsthaft jetzt?«, fragte er nach, weil er es offensichtlich überhaupt nicht süß und flauschig fand, so wie Louna. Diese warf ihm einen bösen Blick zu.
    »Ja!«, bestätigte sie selbstbewusst und wollte auch gleich los legen. Sie bekam vom Standbesitzer fünf Dartpfeile. Das wäre doch gelacht, wenn sie nicht die nötigen Punkte zusammen bekam, um sich das kleine Floink zu schnappen! Doch der erste Wurf ging schon mal weit daneben. Beinahe hätte sie damit den Standbesitzer getroffen, der nun extra noch mehr Abstand nahm, um sicher zu gehen nicht von der jungen Dame abgeschossen zu werden. Ein bisschen peinlich war das Louna schon, aber sie wollte sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und warf den zweiten Pfeil. Auch dieser ging daneben, zwar knapp, aber daneben war daneben. Soul räusperte sich und als sie kurz zu ihm sah, schien es ihr, als würde er versuchen ein Lachen zu unterdrücken.
    Dieser verdammte … ! Gedanklich ärgerte sie sich über ihn, aber nur ganz kurz. Sie konzentrierte sich wieder auf die Zielscheibe und traf mit dem dritten Pfeil. Leider nur den Randbereich, aber es gab trotzdem Punkte dafür. Beim vorletzten Pfeil versuchte Louna ganz genau zu zielen. Ihre Zunge schob sich zwischen die Lippen hervor und sie kniff ein Auge zu, aber ein wirklich besseres Ergebnis erzielte sie dennoch nicht. Zwar traf sie die Zielscheibe, aber der Pfeil war zu weit von der Mitte entfernt. Auch der letzte Pfeil war kein besonders guter Wurf und so kam sie auf gerade mal 15 Punkte. Soul neben ihr lachte, wenn auch hinter vorgehaltener Hand und Louna schnitt daraufhin eine Fratze. Sollte er es doch besser machen!
    Leider tat er das dann auch. Louna konnte gar nicht so schnell gucken, wie er sich die nächsten fünf Pfeile schnappte und einen nach dem anderen warf. Während sie lange damit gebraucht hatte zu zielen, zielte Soul nur kurz, ehe er seine Pfeile warf. Keiner ging daneben und auch wenn zwei eher am Randbereich einschlugen, so trafen die restlichen drei Pfeile entweder die Mitte oder bohrten sich nur knapp daneben in die Zielscheibe hinein. Selbstgefällig sah Soul sie danach an, so dass sie sich geschlagen geben musste. Besonders gut werfen und vor allem zielen konnte sie nicht. Wer weiß, wie oft er das schon gemacht hatte! Am Ende war er ein heimlich leidenschaftlicher Dartspieler, wer wusste das schon?
    Soul hatte genug Punkte gesammelt und durfte sich seinen Preis auswählen, nachdem er für den Wurf der Pfeile bezahlt hatte.
    »Ich nehme das kleine Vieh hier«, sagte er und griff nach dem Floink-Schlüsselanhänger. Louna war verzückt darüber. Sie mochte den wirklich gern und freute sich daher, dass er ihn wählte. Allerdings nur kurz. Die stille Hoffnung, er hätte es womöglich für sie getan, verflog augenblicklich, als er es kurz nach oben warf, wieder auffing und sich dann umdrehte, um weiter zu gehen. Sie starrte ihm perplex hinterher.
    Das macht er doch nur, um mich zu ärgern! Das Problem daran war, dass es ihm auch so gut gelang. Grummelnd folgte sie ihm, nachdem sie einen Trostpreis bekommen hatte. Das war so gemein, sie hätte sich sehr über diesen Schlüsselanhänger gefreut, aber selbst wenn sie noch mehr Pfeile verschießen würde, war es fraglich, ob sie traf. So schlecht wie sie war … Sie holte Soul wieder ein und ging weiter neben ihm her. Von der Seite betrachtete sie ihn eine Weile, bis er es bemerkte.
    »Denk nicht einmal daran«, meinte er nebenbei und Louna schnaubte auf.
    »Woher willst du denn wissen, was ich denke?«, empörte sie sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Arcus und Dael waren immer noch bei ihnen, das überprüfte sie mit einem Blick. Die beiden waren ihnen so treu, dass man keine Angst zu haben brauchte, dass sie verloren gehen könnten. Soul hingegen zeigte ein verschmitztes Lächeln, ehe es wieder verschwand und gab keinerlei Antwort darauf. Das ärgerte Louna nur noch mehr. Er zog sie einfach mit seiner Art und Weise auf!


    Ein Dedenne lief plötzlich an ihr vorbei, gefolgt von einer Schar an Kindern und Jugendlichen. Louna sah auf und fragte sich, was diese Aufregung zu bedeuten hatte. Die Antwort bekam sie sehr schnell, als sie ein paar Sätze aufschnappen konnte.
    »Der Frühlingstanz beginnt gleich, schnell!«, hörte sie von einem der Jugendlichen und wurde sehr neugierig. Frühlingstanz?
    »Dieses Jahr ist sogar ein Florges dabei! Ein echtes Florges!«, sagte ein Mädchen aufgeregt und rannte ihren Freunden nach. Da war es auch schon um Louna geschehen. Neugierig wie sie war und interessiert alles zu sehen, was es zu sehen gab, wandte sie sich gleich an Soul.
    »Den Tanz müssen wir uns ansehen!« Begeisterung stand in ihrem Gesicht geschrieben. Der Ärger von eben war vergessen und fort. Sie wusste zwar nicht, was genau das für ein Tanz war, wie man sich diesen vorstellen konnte, aber das spielte auch keine Rolle, denn sie wollte genau das herausfinden.
    »Wir?«, fragte Soul nach, kam aber gar nicht mehr dazu Widerworte von sich zu geben. Ehe er sich versah, hatte Louna seine Hand ergriffen und zog unerwartet euphorisch daran, so dass er ihr hinterher stolpern musste. Arcus und Dael folgten ihnen durch das Gewühl der Menschen. Sie huschten einfach zwischen den Beinen entlang, was von Vorteil war. Dabei kamen sie an einem Karpador-Fang-Stand vorbei. Mit einem Papierkescher versuchten die Leute die winzigen Karpadore aus dem Becken zu fangen. Wem das gelang, bekam einen Preis und durfte sogar das gefangene Karpador behalten, wenn man das wollte. Allerdings war das ziemlich schwer, weil die Papierkercher sehr schnell rissen. Würde Louna sich nicht so sehr für den Frühlingstanz interessieren, hätte sie das womöglich auch versucht … und dabei hoffnungslos verloren, während Soul vermutlich dabei wieder abgeräumt hätte.
    Sie erreichten den Dorfplatz, auf dem der Frühlingstanz stattfinden sollte. Viele Menschen hatten sich versammelt und drängten sich zu den besten Plätzen und Stellen, wo man den Tanz gut beobachten konnte. Da mittlerweile langsam die Sonne unterging, leuchteten bereits die ersten Laternen und gaben diesem Ort etwas Emotionales und Traumhaftes. Louna wollte gar nicht an etwas Romantisches denken, denn das würde nicht passen. Nicht zu ihr und erst recht nicht zu Soul. Aber Escissia an sich war so zauberhaft, ihrer Meinung nach auch schon richtig niedlich, dass sie sich einfach nur freute hier zu sein. Auch wenn sie sich vorhin noch über Soul geärgert hatte, mit solchen Gefühlen wollte sie sich nicht länger als notwendig abgeben. Lieber gab sie sich der angenehmen Stimmung hin, die hier herrschte. Die Kinder waren ganz hibbelig, weil sie es kaum erwarten konnten, dass es los ging. Selbst die Erwachsenen wurden ungeduldig. Leider hatte Louna noch keine gute Stelle gefunden, an der sie bleiben konnte. Überall standen ihr Menschen im Weg, so dass sie es kaum schaffte über die Köpfe hinweg zu schauen. Soul war es diesmal, der an ihr zerrte und sie in eine Richtung manövrierte, in der sie eigentlich nicht hin gewollt hatte. Doch schlussendlich hatte er das feinere Näschen dafür gehabt einen Platz zu finden, an dem man noch gut sehen konnte. Sie hatten sich so weit zum Dorfplatz vor mogeln können, dass die Sicht nun nicht mehr von großen Menschen versperrt wurde. Eine Absperrung bedeutete den Zuschauern bis wohin sie sich stellen durften, denn Platz brauchte es immer noch. Es gab keine richtige Bühne, was in diesem Fall vielleicht sogar von Nachteil war. Sie mussten alle noch eine Weile warten, bis ein Sprecher auftauchte, um das Frühlingsfest an dieser Stelle offiziell zu verkünden. Die Menschen klatschten alle, jubelten und freuten sich. Louna ließ sich von der heiteren Stimmung anstecken und bewunderte das nachfolgende Schauspiel. Der Frühling wurde jedes Jahr zum Frühlingsfest mit einem Tanz am frühen Abend begrüßt, so auch jetzt. Den Tanz führten jedoch nicht die Menschen auf, sondern Pokémon. Louna war überrascht, aber auch positiv davon angetan. Ihre Bernsteinaugen leuchteten auf, als sie das große Florges mit der großen roten Blüte sah. Es wurde von mehreren Dressellas begleitet, die anmutig um es herum tänzelten. Sie bildeten einen Kreis um Florges, welches seinen ganzen Blütenzauber über den Platz verstreute. Überall schwebten Blütenblätter um sie herum. Der Tanz wurde von sanfter Musik begleitet, denn die Musikanten, die Louna schon vorhin gesehen hatte, spielten auf ihren Instrumenten. Ein weißer Flügel stand an der Seite und es gab sowohl einen Cello- als auch einen Violinenspieler, die das Piano begleiteten. Eine Sängerin sang mit ihrer beeindruckenden und wunderschönen Stimme dazu und erschuf mitsamt den Pokémon, die zur Musik tanzten und den Frühling begrüßten, eine wundervolle friedliche und anmutige Welt, in die man abtauchen wollte.
    Wer sich nicht von diesem Zauber anstecken ließ, der gehörte einfach nicht hier her. Louna sah über den tanzenden Pokémon Lichter aufleuchten. Da die Sonne immer weiter hinter dem Horizont verschwand und es dunkler wurde, nicht jedoch auf dem Platz. Die Atmosphäre wurde durch die anbrechende Dunkelheit sogar verschönert, da die Lichter somit viel besser zur Geltung kamen. Louna musste zweimal hinsehen, bis sie die Volbeats richtig erkannte, die über Florges und den Dressellas hinweg schwirrten und dem Gesamtbild noch etwas Beeindruckenderes verliehen.
    Soul ließ sich nicht so sehr von dem Gesehenen und Gehörten anstecken, wie Louna es tat. Seine blauen Augen lagen auch gar nicht auf den tanzenden Pokémon auf dem Platz, sondern direkt auf Louna. Nachdenklich betrachtete er sie, aber weder sagte er was, noch tat er etwas anderes. Sie war so einfach zu begeistern, sie freute sich über das Leben und vor allem über die kleinen Dinge, die sie erlebte und erfuhr. Das erstaunte ihn. Er war nicht so. Um genau zu sein, er war komplett anders als sie. Normalerweise hätte er schon längst seinen eigenen Weg eingeschlagen. Dass er immer noch hier in Escissia verweilte, war ihre Schuld. Dabei hatte er das gar nicht gewollt. Wieso hatte er sich auch nicht durchgesetzt und sich von ihr breit schlagen lassen? Seltsam … Er verstand das nicht.
    Soul wandte sich von Louna ab und betrachtete den Tanz wieder. Kleine Floettes schwebten kreiselnd über den Zuschauern umher, dass diese sich nur noch mehr freuten. Auch Soul bekam ein paar Blütenblätter ab, die er mit einer einfachen Handbewegung von seiner Schulter wischte. Wenn es nach ihm ging, würde er am liebsten diesen Ort verlassen und zwar jetzt gleich. Die vielen Menschen um ihn herum gefielen ihm nicht. Er mochte große Menschenansammlungen im Allgemeinen nicht und die heitere Stimmung, die hier herrschte, konnte ihn auch nicht anstecken.
    »Sieh doch nur!«, rief Louna auf und er folgte ihrer Handbewegung, die zu den tanzenden Dressellas zeigte. Sie war wirklich sehr begeistert über das Schauspiel. Souls Blick betrachtete weniger die Pflanzen-Pokémon, als die Person, die hinter diesen am Rand stand. Es war nur ein flüchtiger Blick und trotzdem fiel ihm diese auf. Als wäre das nicht genug schien auch diese Person ihn gesehen zu haben. Ihre Blicke trafen sich, was Soul gar nicht passte. Er sah weg und zu Louna. Obwohl er sie ansprechen wollte, damit sie gingen, konnte er es nicht. Sie war zu fröhlich und würde wohl auch gar nicht jetzt gehen wollen, weil sie sonst was verpassen könnte. Sie ließ sich voll und ganz auf all das hier ein. Soul hingegen hatte genug. Er löste sich aus seiner Position und drängte sich zwischen den Menschen hindurch, die hinter ihm standen. Dael folgte ihm sofort, obwohl es selbst für das Hunduster schwierig war nun zwischen all den Beinen hindurch zu kommen.


    »Soul?« Louna bemerkte zu spät, dass Soul gegangen war und wunderte sich darüber, dass er nicht mehr neben ihr stand. Sie sah hinab zu ihren Füßen, wo Arcus hockte. Die vielen Menschen schienen auch etwas zu viel für ihn zu sein und durch die tanzenden Pokémon wusste er nicht, wohin er gucken sollte. Außerdem wirkte er unruhig, als wüsste er nicht, ob er einfach auf den Platz laufen sollte oder nicht doch friedlich bei seiner Trainerin sitzen bleiben sollte. Als wäre das nicht schon genug geriet Louna kurzzeitig ins Wanken, als ihr Stehnachbar sie anschubste. Wodurch die kleine Rangelei ausgelöst worden war, hatte sie nicht mitbekommen, aber auch Arcus war nicht sonderlich davon begeistert. Er taumelte selbst ein paar Schritte zur Seite und winselte.
    Zwar wollte Louna sehr gern bis zum Ende des Tanzes bleiben, aber auf einmal wurde es auch ihr hier viel zu eng. Sie beugte sich hinab, um Arcus auf ihre Arme zu hieven und versuchte sich dann aus der Masse hinaus zu quetschen. Das war gar nicht so einfach, weil alle zum Platz drängelten, damit sie etwas sehen konnten und daher kaum jemanden durchließen, der eigentlich nur weg wollte. Ohne es zu wollen, war der Zauber vorbei und Louna atmete erleichtert durch, als sie sich vom Platz entfernen konnte. Ein wunderbarer Anblick war es auf alle Fälle gewesen und es war schade, dass sie keine Fotos hatte machen können, aber es würde eine gute Erinnerung für sie bleiben. Sie setzte Arcus wieder auf dem Boden ab und sah sich um. Soul war verschwunden. Wo könnte er hin sein?
    »Suchst du jemanden?« Die Stimme sprach so unerwartet zu ihr, dass sie heftig zusammenfuhr und sich erschrak. Mit großen Augen sah Louna den jungen Mann auf sich zukommen, der wer weiß woher kam. Sie hatte ihn nicht bemerkt, aber vermutlich war er auch auf dem Platz gewesen. Soweit war er nicht entfernt, man konnte schließlich auch hier noch die Musik hören. Die vereinzelten Häuser, die hier standen, waren durch die Laternen und Lichter teilweise beleuchtet, weswegen es auch nicht zu dunkel wurde. Dabei war die Nacht bereits eingebrochen. Louna konnte von ihrer Position aus die leuchtenden Volbeats am Himmel erkennen, die über dem Dorfplatz entlang flogen und verschiedene leuchtende Figuren bildeten, um die Masse zu begeistern.
    »Kennen wir uns?« Statt auf die Frage des Fremden einzugehen, stellte sie selbst eine. Er kam näher, so dass sie ihn besser sehen konnte. Er war mindestens ein Kopf größer als sie, trug dunkelblaue Jeans, soweit sie das erkennen konnte und hatte eine dünne Jacke über seinem T-Shirt gezogen, dessen Farbe sie nicht genau bestimmen konnte. Auch wenn hier überall Laternen und Lichter standen und hingen, so waren die Lichtverhältnisse trotzdem nicht so gut, dass man alle Details ganz genau erkennen konnte.
    »Ich denke nicht«, sagte er und sah an ihr hinab, bis seine Augen an Arcus haften blieben.
    »Du bist eine Trainerin? Sehr gut.« Sie kam gar nicht dazu etwas darauf zu erwidern. Sie hätte gerne verneint, aber er legte schon los, ohne dass er auf sie Rücksicht nahm.
    »Ich fordere dich heraus!« Louna glaubte sich eindeutig zu verhören. Mehr als ein erschrockenes Quieken bekam sie nicht zustande, da flog auch schon sein Pokéball in ihre Richtung und ließ sein Pokémon hinaus.
    Das gegnerische Pokémon war kaum einen Meter groß, stand aber auf beiden Beinen während die Arme in Flügeln endeten. Erst da ging Louna auf, dass es sich um eine Art Flug-Pokémon handeln musste, obwohl es nicht die typische Körperhaltung besaß. Seine Krallen an den Händen … Klauen? Wie sollte es Louna nur nennen? Sie wirkten auf alle Fälle ziemlich scharf. Auch der gebogene Kopf mit dem Schnabel könnte gefährlich werden und so wie die Augen kampflustig funkelten, ahnte Louna nichts Gutes. Das Federkleid des Pokémon war rot und grün während der Brustbereich weiß gehalten war. Es kreischte auf, so dass Louna ein weiteres Mal zusammenzuckte.
    »M-moment mal … !«, versuchte sie zu widersprechen, die sich heillos überfordert fühlte. Sie hob abwehrend die Hände, kam aber nicht dazu ihren Satz zu beenden.
    »Oh man Liam, willst du echt ohne mich kämpfen? Das kann’s echt nicht sein!« Eine weitere Stimme mischte sich ein, diesmal eine weibliche. Hinter Liam tauchte eine junge Frau auf. Viel jünger als Louna dürfte sie nicht sein. Sie besaß blondes, mittellanges Haar, welches in Wellen an ihr hinab hing. Außerdem trug sie ein Frühlingskleid und dazu passende Boots. Sie sah ganz hübsch aus, wirkte aber auch so, als wenn es besser wäre sich nicht mit ihr anzulegen, ganz besonders dann nicht, wenn sie aufgebracht war.
    »Julia?« Liam sah sie an und sie stemmte die Hände in die Hüften.
    »Na und ob!« Böse funkelte sie ihn an, als hätte er einen Fehler begangen. In ihren Augen war dem wohl auch so, doch sie drehte sich zu Louna um und sprach zu ihr.
    »Du da!«, meinte sie und zeigte mit ihrem ausgestreckten Arm und ihrem Zeigefinger auf sie.
    »Doppelkampf! Jetzt sofort!« Das einzige, was Louna einfiel, war die Kinnlade hinabfallen zu lassen. Sie konnte gerade nicht glauben, was passierte und verpasste den Moment etwas zu sagen. Julia entließ auch ihr Pokémon, so dass Louna nun auf einmal zwei Gegnern gegenüber stand. Das Pokémon von Julia war nicht viel größer als Arcus, hatte ein kurzes rotes Fell und besaß gleich mal sechs eingerollte Schweife. So etwas hatte Louna noch nicht gesehen, fand dieses Pokémon aber trotzdem unheimlich niedlich! Wenn es denn nicht von ihrem Gegner wäre, dem sie gegenüber stand ohne es zu wollen.
    »Wartet doch mal, ich … !«, versuchte sie es, um einen Kampf zu vermeiden, aber auch dieses Mal kam sie nicht dazu ihren Satz zu beenden. Erneut wurde sie unterbrochen, doch weder von Julia noch von Liam. Es war Soul, der einfach neben ihr auftauchte, als würde er aus dem Schatten heraus treten. Na ja, irgendwie war es auch so gewesen. Louna war so abgelenkt von ihm, dass sie ihn einfach nur anstarrte. Ihre Verwirrung wurde auch nicht viel besser, als Liam wieder seine Stimme erhob.
    »Na sieh einer mal an. Willst du dich etwa einmischen, Soul?« Allein die Tatsache, dass Liam Souls Namen nannte, sagte Louna, dass die beiden sich kannten, doch es verwirrte sie, wie Liam den Namen betonte. Es klang nicht gerade so, als würden die beiden sich besonders leiden können. Sie sah zwischen den beiden hin und her, aber Soul sagte nichts.
    »Soul?«, fragte Julia nach, die wie Louna die beiden anstarrte, doch sie schien ebenfalls Soul zu kennen. Mehr oder weniger.
    »Soul? Echt jetzt? Na dann ist ja alles klar! Ein Doppelkampf, ihr gegen uns!« Julia war, was den Kampf anging, ziemlich euphorisch. Das gefiel Louna überhaupt nicht, da sie gar nicht kämpfen wollte. Gerade als sie ansetzte sich darüber zu beschweren, bestätigte Soul auch schon mit einem knappen: »Schön, meinetwegen.«
    »Nix meinetwegen, ich will doch gar nicht kämpfen!«, ließ es sich Louna nicht nehmen und sah Soul vorwurfsvoll an.
    »Dir wird nichts anderes übrig bleiben.« Er sagte das so gelassen zu ihr, als er sie ansah, dass sie es nicht glauben wollte, andererseits es aber auch gar nicht schaffte, sich weiter darüber zu beschweren.
    »Also gut, auf geht’s!«, brüllte Julia und gab damit das Startsignal. Sie hatten keinen Schiedsrichter, daher musste es auch ohne gehen. Soul schickte Dael in den Kampf. Da sein Hunduster nach wie vor ihn außerhalb des Balls begleitete, brauchte er es nicht aus diesem zu rufen.
    »Ihr habt keine Chance«, sagte Liam selbstbewusst und grinste. Er wähnte sich siegessicher. Louna konnte das verstehen, denn sie hatte nicht besonders viel Kampferfahrung, wie also sollte sie das hier überstehen?
    »Karateschlag!«, hörte Louna Liam brüllen, der einen Befehl an sein Pokémon gab. Das Resladero stürmte augenblicklich los und zu Lounas Entsetzen direkt auf ihr Fukano. Sie wusste nicht, was zu tun war und auch Arcus schien nicht wirklich zu wissen, was vor sich ging. Arcus hatte selbst noch nicht genug Kampferfahrungen, um sofort zu wissen, wie er reagieren musste, aber als das Kampf- und Flug-Pokémon vor ihm auftauchte und mit dem rechten Arm ausholte, um einen Schlag auszuführen, sprang Arcus zur Seite. Währenddessen hatte sich Julias Vulpix auf Dael gestürzt. Es gab lautes Knurren und Zähnefletschen, was Louna von Arcus ablenkte. Sie war immer noch überfordert mit der Gesamtsituation. Auf was sollte sie sich zuerst konzentrieren? Sie konnte es kaum mit ansehen wie Dael und das Vulpix miteinander rangelten.
    »Louna, pass auf!«, ermahnte Soul sie, doch es war bereits zu spät. Arcus heulte laut auf, weil das Resladero ihn traf und er durch die Wucht zu Boden fiel. Louna erschrak sich, in ihr brach Sorge wie auch Panik aus und sie wollte zu ihrem Pokémon laufen. Bestimmt griff Soul nach ihrem Handgelenk und hielt sie davon ab.
    »Was soll das? Lass mich los!«, fuhr sie ihn an, aber davon ließ er sich nicht beirren.
    »Du musst ruhig bleiben«, wies er sie mit ruhiger Stimme an, auch wenn er sie streng musterte. Sie wollte widersprechen, aber er schüttelte den Kopf.
    »Wenn du nicht ruhig bleibst, färbt deine Aufregung auf dein Pokémon ab und du und Arcus werden ernsthafte Probleme im Kampf bekommen. Du musst ruhig bleiben.« Obwohl Louna wenig begeistert von alledem war, sah sie ein, dass Soul damit Recht hatte. Er hatte mehr Kampferfahrungen als sie und er hatte mehr als einmal bewiesen, wie gut er mit seinen Pokémon umgehen konnte. Er wusste, wovon er da sprach. Sie sollte ihm vertrauen, auch wenn es ihr schwer fiel ihr Pokémon leiden zu sehen. Arcus rappelte sich wieder auf und begann eifriger den Angriffen von Resladero auszuweichen.
    »Wird Zeit, dass Arcus kämpfen lernt«, sagte Soul neben ihr und pfiff, um die Aufmerksamkeit seines eigenen Pokémons zu bekommen.
    »Dael! Glut gegen das Resladero!«, rief er seinem Hunduster zu. Dael entfernte sich von Vulpix, dass ihm sogleich nachrennen wollte, aber davon ließ sich Dael nicht aufhalten. Er setzte seine Glutattacke ein und spie dadurch mehrere glühende Flämmchen aus dem Maul, die er direkt gegen das andere Pokémon warf. Dadurch lenkte Dael das Resladero von Arcus ab, so dass dieser kurz verschnaufen konnte. Julia und Liam riefen ihre Pokémon zu sich, um Abstand zu nehmen, was nicht bedeutete, dass der Kampf hiermit zu Ende war.
    Im Gegenteil: Jetzt erst ging es richtig los!


  • 23. Kapitel Antipathie


    Mit einer weiteren Kampfattacke stürzte sich Resladero auf Arcus und Lounas Herz raste wie verrückt. Sie musste ruhig bleiben. Das hatte Soul gesagt und sie verstand es auch, aber das war so verdammt schwer. Resladero wirkte nicht wie ein Anfänger-Pokémon, sondern wie eines, das schon zur Genüge trainiert worden war. Das bereitete Louna Sorge, denn Arcus konnte kaum Kampferfahrungen vorweisen. Er würde unterlegen sein, obwohl er flinke Reflexe besaß und immer wieder versuchte auszuweichen. Arcus war nicht erfreut über das Bedrängen des anderen Pokémons. Er wäre nur allzu gerne zu Vulpix gelaufen, um es kennenzulernen, denn seine Neugier war groß. Doch weder würde er an Vulpix schnuppern können, noch in dessen Nähe kommen. Liam trieb unbarmherzig sein Pokémon gegen Arcus voran. Irgendwann würde irgendwem die Energie ausgehen und Louna fürchtete, dass Arcus derjenige war. Er war noch nicht ausreichend trainiert.
    »Kann Arcus Feuerattacken einsetzen?«, fragte Soul und Louna nickte zurückhaltend.
    »Ja, schon, aber … «
    »Gut«, unterbrach er sie und pfiff. Dael reagierte augenblicklich, als Soul ihm anwies Arcus erneut zu Hilfe zu eilen. Er sprang zwischen Resladero und Fukano und setzte seine Glutattacke ein, was Resladero zurückweichen ließ. Louna verstand, dass Arcus sich ein Beispiel an Dael nehmen konnte. Sie waren ähnliche Pokémon, besaßen einen gleichen Typen. Das könnte ihr von Vorteil sein! Das sollte sie auch, denn neben Resladero war auch immer noch das andere Feuer-Pokémon. Spätestens als Vulpix selbst eine Feuerattacke einsetzen sollte, war dieser Umstand Louna klar.
    »Aber Feuer bringt doch eigentlich nichts gegen Feuer«, murmelte sie vor sich hin. Warum setzte Julia trotzdem eine Feuerattacke ein?
    »Dael!«, rief Soul nur und das Hunduster wusste, was zu tun war. Statt die Feuerattacke auf eine andere Weise abzuwehren oder gemeinsam mit Arcus auszuweichen, stellte es sich direkt dieser entgegen.
    »Was macht Dael denn da?« Louna war besorgt. Es würde von der Attacke direkt getroffen werden, auch wenn die Effektivität nicht besonders hoch sein würde. Schaden könnte trotzdem entstehen! Oder nicht? Louna stellte erstaunt fest, dass Dael zwar von der Attacke getroffen wurde, diese aber regelrecht verpuffte. Die Flammen, die Vulpix ausgespien hatte, lösten sich einfach in Rauch und damit in Nichts auf, als sie Dael trafen.
    »Was war das?«, wollte Louna wissen und sah von den Pokémon weg und Soul neben sich an.
    »Feuerfänger«, antwortete er ihr knapp.
    »Feuerfänger?«, fragte sie nach, da sie so etwas noch nicht gehört hatte.
    »Ja. Können recht viele Feuer-Pokémon. Dieses Vulpix vermutlich auch, weswegen die Feuerattacken keinen Sinn ergeben werden.« Da Louna immer noch ganz fragend drein sah, seufzte Soul und erklärte ein wenig mehr.
    »Feuerfänger ist eine Fähigkeit von Feuer-Pokémon, die es ihnen erlaubt Feuerattacken abzufangen. Besonders in solchen Doppelkämpfen ist sie praktisch, da dadurch das Feuer-Pokémon seinen Kampfgefährten schützen kann, in dem es die Feuerattacken abfängt und unwirksam macht.« Louna kam aus ihrem Staunen nicht raus. Von solchen Fähigkeiten hatte sie noch nichts gehört oder einfach noch nie richtig zugehört, wenn jemand mal davon geredet hatte. Letzte Woche hatte sie noch nicht einmal daran gedacht ihre Pokémon für Kämpfe zu trainieren und jetzt? Jetzt stand sie mitten in einem Doppelkampf und konnte Soul keine große Hilfe sein, weil sie einfach keine Ahnung hatte. Sie fühlte sich nutzlos und drohte in Selbstmitleid zu versinken, wäre da nicht auch Arcus, dem sie Anweisungen geben musste. Sie konnte schließlich nicht erwarten, dass Arcus ganz allein kämpfte, während sie Trübsal blies ob ihrer Unfähigkeit!
    Reiß dich zusammen, Louna, mahnte sie sich selbst und fasste einen Entschluss.
    »Okay, wenn Feuerattacken gegen Feuer-Pokémon keine besonders große Wirkung erzielen, wie soll Vulpix dann besiegt werden?«, fragte sie Soul. Er kannte sich besser mit diesen Dingen aus, er würde vielleicht eine Antwort darauf besitzen.
    »Unlichtattacken sind nicht besonders wirkungsvoll gegen Kampf-Pokémon«, sagte er und verwirrte Louna.
    »Was?« Fragend sah sie ihn an, da sie nicht recht verstand, worauf er hinaus wollte. Er begegnete ihren Blick und sprach ernst weiter.
    »Resladero ist ein Kampf-Pokémon und setzt solche Attacken auch ein. Schlecht für Dael. Darum musst du dich mit Arcus kümmern, dann kann Dael ungehindert Vulpix mit seinen Unlichtattacken angreifen.« Louna klappte der Mund auf. Sie sollte mit Arcus gegen Reslapdero kämpfen? Aber das Pokémon wirkte so stark und unbesiegbar auf sie!
    »Arcus muss versuchen sich nicht von den Kampfattacken treffen zu lassen. Diese benötigen in der Regel die direkte Nähe zum Gegner, um zu treffen«, erklärte Soul weiter.
    »Was quatscht ihr beiden da die ganze Zeit? Wollt ihr ein Kaffeekränzchen halten, oder was?«, rief Julia ihnen entgegen. Sie war die Ungeduldigste von allen hier und trieb daher ihr Vulpix wieder voran.
    »Los geht’s! Sondersensor auf dieses kleine Fukano!« Louna erschrak. Julia wollte Arcus angreifen?
    »Kommt nicht in Frage, Dael!«, rief Soul sofort, so dass Dael die angehende Psychoattacke abwehrte.
    »Aber … ?« Louna verstand nur die Hälfte von dem, was sie sah. Dael sprang direkt Vulpix an und hinderte es daran die Psychoattacke einzusetzen, aber genauso gut hätte er davon getroffen werden können, oder?
    »Psychoattacken sind unwirksam«, meinte Soul nebenbei Louna, der schon begriffen hatte, dass sie absolut grün hinter den Ohren war. Das konnte noch was werden …
    Dael rangelte mit Vulpix. Jetzt, wo er diesem so nahe war, versuchte er durch Bissattacken das Vulpix in die Enge zu treiben, aber es wehrte sich so gut es konnte, doch es besaß keinerlei effektive Attacken gegen Hunduster. Die Feuerattacken, die es beherrschte, würden bei Hunduster einfach verpuffen und sonst konnte es auch nur Unlicht- oder Psychoattacken einsetzen, die genauso wenig effektiv sein würden. Selbst wenn es ein paar Geistattacken beherrschen würde, wozu Vulpixe in der Lage waren, so wären die genauso wenig effektiv gegen Dael. Das wusste Julia nur zu gut.
    »Liam, mach irgendwas!«, herrschte sie ihn an, der die Augen verdrehte, aber seinem Flug- und Kampf-Pokémon den Befehl gab, einen Karateschlag auf Dael auszuüben. Das war der Moment, wo Louna reagieren musste. Auch wenn ihr der Kampf nicht sonderlich gut gefiel, Dael hatte jetzt schon zweimal verhindert, dass Arcus attackiert wurde. Ach was, es war sogar schon dreimal gewesen!
    »Arcus!«, rief sie ihr Pokémon, welches auch etwas überfordert mit der Gesamtsituation war. Hilfesuchend sah er zu ihr, was ein gutes Zeichen war, denn so hatte sie seine Aufmerksamkeit auf sich.
    »Los Arcus, setz Glut ein!« Sie deutete auf das Resladero, welches direkt zu Dael stürmte, um es anzugreifen. Arcus wirkte noch etwas unsicher darüber, was er jetzt eigentlich tun sollte, weswegen Louna ihn noch einmal dazu anwies und dabei wieder direkt auf das Kampf-Pokémon zeigte. Es hatte Dael und Vulpix fast erreicht, doch dann setzte sich Arcus in Bewegung. Ob er verstanden hatte, was Louna von ihm wollte oder ob es eine Rolle spielte, dass er seinem Freund Dael helfen wollte, sei mal dahin gestellt. Arcus erkannte die Situation, in der sich Dael befand und setzte seine Glutattacke gegen Resladero ein. Feuerfunken sprühten aus seinem Maul und gegen Resladero, was innehielt und die Arme abschirmend vor den Körper verschränkte. Ein paar Glutfunken trafen es an den langen Armfedern, aber davon ließ es sich nicht beeindrucken.
    »Liam!«, forderte Julia noch einmal, damit sein Pokémon ihrem Vulpix zu Hilfe kam, aber Liam ignorierte Julia und gab einen weiteren Befehl.
    »Flügelschlag auf das Fukano!«, brüllte er und Resladero schrie auf, breitete die Arme zu beiden Seiten aus und stürzte voran. Louna wusste schon wieder nicht, was sie tun sollte. Wie reagierte man auf einen Gegner, der direkt auf einen zu rannte?
    »Arcus, pass auf!«, rief sie ihrem Freund zu, der den Kopf leicht nach vorn neigte und anfing zu knurren. Er machte sich bereit für die Attacke, die kam, aber Arcus wich aus. Fast. Louna sah wie Arcus zur Seite sprang, aber der Arm von Resladero streifte ihn trotzdem. Arcus winselte, war aber nicht bereit dazu klein beizugeben. Er knurrte erneut, zog die Lefzen zurück und starrte Resladero an, ohne es auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Dieses sollte erneut angreifen, aber es rührte sich nicht, als ob es abwägen müsste, ob es wirklich angreifen sollte oder es besser sein ließ.
    »Wieso … ?« Wieder verstand Louna die Situation nicht. Warum ließ sich Resladero von dem starren Blick ihres Pokémon abhalten anzugreifen?
    »Sehr gut, Arcus setzt seinen Silberblick ein und bringt Resladeros Verteidigung ins Wanken. Nutz es aus, Louna«, hörte sie Soul neben sich.
    »Wie bitte?« Hatte sie sich da eben verhört? Zwar verstand sie nicht alles, ließ aber den Moment nicht verstreichen und schickte Arcus erneut in den Angriff mit einer Glutattacke. Die einzige, die ihr einfiel, die er wirklich einsetzen konnte. Soul hatte gesagt, Unlichtattacken würden nicht besonders viel helfen und auch, wenn sie sich nicht richtig auskannte, so wusste sie, dass der Biss von Arcus nicht viel bringen würde. Resladero würde den einfach wegstecken, da war sie sich sicher. Also musste das Feuer genutzt werden und mit jeder Glut, die Arcus einsetzte, desto besser wurde er im Umgang mit seinem eigenen Feuer.
    »Dael, setz Finsteraura ein!«, rief Soul seinem Pokémon zu, was immer noch mit Vulpix kämpfte. Dieses versuchte sich gegen die Angriffe zu verteidigen, aber es hatte nur mäßigen Erfolg, weil es keinen richtigen Gegenschlag zustande bekam. Julia tobte wütend auf der anderen Seite, stampfte mit den Füßen auf und verfluchte Dael, der sich nicht abschütteln ließ. Schlimmer noch, als der Schatten um Dael größer wurde und direkt auf Vulpix zuschoss, war es vorbei. Die dunkle Aura hüllte Vulpix komplett ein und schädigte es, so dass es geschwächt zu Boden ging. Das verärgerte Julia nur noch mehr.
    Diesen einen Augenblick, den Louna damit vergeudet hatte, Vulpix und Hunduster zu beobachten, büßte sie damit ein, dass Arcus erneut von Resladero angegriffen wurde und einen heftigen Schlag abbekam. Als sie ihr Pokémon aufheulen hörte, sah sie zu ihm und erkannte, wie Arcus zu Boden stürzte. Er hatte Schmerzen, das konnte sie an seinem Gesicht nur allzu gut ablesen.
    »Arcus!«, rief sie und wäre am liebsten zu ihrem Pokémon gelaufen. Soul kam ihr zu Hilfe oder besser gesagt Dael, als Soul ihm eine weitere Attacke befahl. Dael rannte so schnell er konnte auf Resladero zu und weil dieses noch zu sehr auf Arcus konzentriert war, bemerkte es nicht mehr rechtzeitig den nahenden Gegner. Hunduster biss in den erhobenen Arm von Resladero, was Louna stutzen ließ. Hatte Soul nicht gemeint, dass solche Attacken nicht effektiv sind? Sie irrte sich. Es war keine gewöhnliche Bissattacke, denn zwischen den Zähnen von Dael brach Feuer aus.
    »Feuerzahn, die Attacke kann auch dein Fukano lernen«, sagte Soul zu ihr und sie sah ihn verwundert an. Feuerzahn also? Sie blickte zurück zu Arcus, der sich aufgerichtet hatte. Durch den Schlag hatte er ganz schön was einstecken müssen, aber das war nichts im Gegenzug nun zu Dael. Er ließ Resladero nicht los und fuhr mit seiner Feuerzahnattacke fort, aber gleichzeitig hämmerte Resladero mit seinem freien Arm auf Daels Kopf ein. Ein Karateschlag nach dem anderen traf Dael und man konnte deutlich erkennen, dass das unangenehm, ja schmerzvoll war.
    »Arcus, hilf Dael! Los Glut!«, rief Louna und diesmal wusste Arcus gleich auf Anhieb, was zu tun war. Er rannte auf Resladero zu und entließ seine Glut, verbiss sich aber auch kurz danach in den zweiten Arm, so dass es abgehalten wurde weiter auf Dael einzuhämmern.
    »Sehr gut!«, jubelte Louna euphorisch auf. Das klappte besser, als erwartet. Arcus zerrte an Resladero, welches aufschrief und anfing zu keckern und sich zu beschweren. Es versuchte die beiden Pokémon abzuschütteln, doch mit keinerlei Erfolg. Arcus steigerte sich so sehr in diesen Kampf herein, dass sein Feuer noch mehr aufgeheizt wurde. Die Schmerzen von dem Treffer, den er zuvor einstecken musste, waren immer noch da, aber davon ließ sich Arcus nicht abhalten. Im Gegenteil! Zwischen seinen Zähnen brach Feuer aus, so dass er wie Dael den zweiten Arm von Resladero verbrannte. Dieses kreischte noch mehr auf und Liam musste einsehen, dass sein Pokémon unterlag. Wenn er weiteren Schaden vermeiden wollte, musste er aufgeben und das tat er dann auch, wenn gleich er wie Julia wütend darüber war.
    »Genug!«, rief er. Kaum hatte er es gesagt, rief Soul sein eigenes Pokémon zurück, damit es von Resladero abließ. Louna musste strenger mit Arcus verfahren und ihn mehrfach rufen, damit er los ließ. Es fehlte nicht viel und er wäre wieder auf das Kampf-Pokémon los gegangen, doch bevor er sich dazu durchringen konnte, lief Louna zu Arcus und hockte sich nieder. Dadurch bekam sie seine Aufmerksamkeit und seine Kampfwut verrauchte. Er winselte, weil die Schmerzen wieder stärker wurden und Louna überprüfte sofort, wie schlimm es wirklich war. Julia und Liam kamen langsam näher. Sie hatten einen ernsten Gesichtsausdruck.
    »Du hättest hoffnungslos verloren«, schnaubte Julia und musterte Louna von oben herab. Diese sah auf und nicht besonders glücklich drein. Natürlich hätte sie keine Chance gegen die beiden gehabt, wenn Soul mit Dael nicht da gewesen wäre. Das wusste sie auch selbst.
    »Du hattest Glück, dass Soul da war«, polterte Julia weiter und verschränkte die Arme vor der Brust. Ja, sie war sauer, das spürte Louna nur zu deutlich.
    »Ganz schön unfair sich zu zweit auf eine Anfängerin zu stürzen.« Soul kam ihr mit diesem Satz zu Hilfe. Auch er hatte sich genähert, hielt aber etwas mehr Abstand zu Liam und Julia, als es unbedingt nötig gewesen wäre.
    »Ach, was hängst du dich denn da überhaupt mit rein? Pfft!«, entgegnete ihm Julia und machte auf dem Absatz kehrt. Sie fluchte und meckerte weiter vor sich hin, als sie zurück zum Fest ging. Liam sah ihr nach, ehe er sich an die beiden wandte.
    »Sie war schon immer eine schlechte Verliererin gewesen. Aber mich würde es auch interessieren, was du hier zu suchen hast«, fragte Liam und sah Soul dementsprechend an. Louna blickte zwischen den beiden hin und her, erhob sich wieder und hielt Arcus auf ihren Armen.
    »Geht dich nichts an«, antwortete Soul abwehrend. Was es auch war, Louna konnte die Anspannung zwischen den beiden genauso gut fühlen, wie die Wut von Julia von eben. Das war besorgniserregend und sie fragte sich, wo das Problem lag. Dennoch stellte sie die Frage nicht. Nicht jetzt.
    »Fein, wie du meinst«, war alles, was Liam zu sagen hatte. Er hob den Arm zum Gruß für Louna und kehrte selbst zum Fest zurück. Soul widmete er keinen Blick mehr, auch kein Abschiedswort. Da beide Trainer weg waren, wandte sich Louna an Soul, der nachdenklich und ernst zum Dorf sah.
    »Wer waren die beiden? Du kennst sie?«, stellte sie ihre Frage und erntete eine Abfuhr.
    »Das geht dich nichts an!« Seine Worte waren härter ausgesprochen, als es notwendig gewesen wäre und Louna zuckte zusammen. Warum war er denn jetzt auf einmal wütend? Er drehte sich von ihr weg und stapfte los.
    »Soul, warte!«, rief sie ihm hinterher, folgte ihm aber nicht. Was war das jetzt gewesen?


    Da Arcus durch den Kampf geschwächt wurde und sie ihm Ruhe gönnen wollte, hatte sie ihn zurück in seinen Pokéball gerufen. Das kam äußerst selten vor, aber in diesem Fall war es ihr wichtig. Sie würde zurück nach Aquarellia gehen, denn für heute hatte sie genug. Soul war gegangen und sie wusste weder, wohin er wollte, noch ob sie ihn wiedersehen würde. Auf das Fest wollte sie auch nicht mehr, denn der Kampf hatte ihr dafür die Laune verdorben. Auch wenn sie gemeinsam mit Soul gewonnen hatte, fühlte sie sich nicht als Siegerin. Wie sollte man sich auch freuen? Julia war wütend wegen der Niederlage gewesen, Liam war auch nicht begeistert und die offenen Fragen, die im Raum standen, halfen auch nicht dabei sich über den Sieg zu freuen. Kam es ihr nur so vor oder konnte es sein, dass sich Soul allgemein bei jedem unbeliebt gemacht hatte? Er war nicht gerade ein Sonnenschein, das hatte sie schon von Anfang an begriffen. Lächeln kam selten vor und freundlich war er auch nicht immer. Er hatte eine abweisende Art, die nur schwer zu knacken war. Meistens hatte sie eher das Gefühl, dass sie ihn nervte, aber andererseits ließ er es auch irgendwie zu. Außer er hatte genug, dann verschwand er, ohne etwas zu sagen. So wie vorhin.
    Als Dash Soul gesehen hatte, war er wenig begeistert gewesen. Auch May hatte sich ein Urteil über Soul geleistet, obwohl sie ihn nicht kannte, aber sie schien ihn aufgrunddessen nicht besonders gut leiden zu können. Tja, und jetzt Julia und Liam, die überrascht darüber gewesen waren Soul zu sehen und dennoch den Eindruck hinterlassen haben, dass da irgendwas im Argen lag.
    Louna seufzte auf. Sie könnte auf den dummen Gedanken kommen, dass sie die einzige war, die Soul mochte. Irgendwie. Auf seine verschrobene Art und Weise. Er machte es anderen nicht besonders leicht, ihn zu mögen und er schien auch kein wirkliches Interesse daran zu haben, Freunde zu finden. Das war in Lounas Augen sehr traurig. Aber welches Urteil durfte sie sich selbst bilden? Welches Recht hätte sie schon ihm vorzuschreiben, was er zu tun und zu lassen hatte? Wenn er lieber allein bleiben wollte …
    »Ah, puh! Das ist doch alles doof!«, meckerte sie auf einmal vor sich her. Allein schon, dass sie auf den Weg nach Aquarellia war und über Soul nachdachte, war dumm. Dass der Blödmann auch ständig in ihren Gedanken herum geistern musste! Um sich ein wenig davon abzulenken – auch von der Dunkelheit um sie herum – entließ sie Chiari aus ihrem Ball. Das kleine Evoli mit der weißen linken Ohrspitze war sofort neugierig und sah sich um, kaum hatte es den Ball verlassen. Es war sehr niedlich, wie sie hier und dorthin tapste und in der Luft schnupperte, um die fremden Gerüche aufzunehmen. Louna hatte bereits Escissia hinter sich gelassen und würde den Weg direkt nach Aquarellia nehmen. Mit dem Boot würde sie nicht alleine fahren, erst recht nicht im Dunkeln! Wenn das riesige Welsar wieder auftauchte, könnte sie nichts tun. Sie war unfähig. Wäre Soul nicht dabei gewesen …
    »Argh verdammt!« Sie ärgerte sich, dass sie das Gefühl hatte von ihm abhängig zu sein. Jedenfalls in solchen kritischen Momenten! Und das alles nur, weil sie keine Ahnung von Kämpfen hatte und ihre Pokémon bisher auch nicht sonderlich trainiert hatte für solche Fälle. Daran sollte sie dringend etwas ändern, selbst wenn sie nicht regelmäßie Kämpfe gegen andere Trainer ausüben wollte. Wenn sie unterwegs war, dann wollte sie sich trotzdem verteidigen können.
    Louna hockte sich zu Chiari nieder und streichelte über ihr samtenes Fell. Sie sollte nicht nur Arcus für den Kampf ausbilden, sondern auch Chiari. Der Kampf gegen Julia und Liam hatte ihr gezeigt, dass es auf noch viel mehr ankam, als nur stark zu sein. Fähigkeiten, Typenvorteile … all das und noch viel mehr machte einen Kampf aus, ob man gewann oder verlor. Teamwork so wie zwischen Dael und Arcus oder in Einzelkämpfen nicht den Kopf vor Panik zu verlieren.
    »Da hab ich mir aber was vorgenommen.« Ein weiteres Mal seufzte sie auf und Chiari sah sie fragend an. Die Kleine verstand nicht, worüber sich Louna den Kopf zerbrach, aber das war nicht weiter tragisch. Für heute sollte es genug gewesen sein und daher würde sie zurück zu May gehen. Vielleicht sollte sie diese fragen, ob sie ihr beim Training helfen könnte? May schien auch einiges an Erfahrungen zu haben. Irgendwie hatten das alle, außer sie selbst. Wie blöd war das denn?
    »Offenbar gehöre ich zu den Zurückgebliebenen, nur weil ich mich in meiner Schulzeit nicht so sehr für Pokémon interessiert habe.« Jedenfalls nicht für die Kämpfe, die damit einhergingen. Sie erinnerte sich nur zu gut, wie oft ihre Mitschüler darüber diskutiert haten, welchen Trainer oder welchen Arenaleiter sie toll fanden, wenn sie diejenigen im Fernseher gesehen haten, wenn offizielle Übertragungen oder Turniere stattgefunden haten. Louna hatte sich da immer vorbildlich heraus gehalten und nie mit diskutiert. War das ein Fehler gewesen?


    Chiaris Ohren zuckten und das Evoli sah zur Seite. Der Weg, auf dem sie entlang gingen, war an den Seiten von Buschwerk gesäumt. Ein paar einzelne Bäume standen herum, aber ansonsten war die Natur hier recht licht. Kein dichter Wald, der viele Verstecke für wilde Pokémon bot. Dennoch war es möglich, dass sich hier vereinzelte Pokémon aufhielten, aber so nahe der Dörfer dürften es keine Aggressiven sein. So hoffte Louna, denn als sie verstand, warum Chiari so aufmerksam zur Seite und damit Richtung der Wildnis sah, wurde ihr etwas mulmig. In einem entfernten Busch raschelte es auffällig. Louna hätte den Wind dafür verantwortlich machen können, wenn denn auch die anderen Büsche und Bäume so auffällig wackeln und rascheln würden. Taten sie aber nicht, weswegen ihre Unruhe stieg.
    »Okay, einfach ruhig bleiben, selbst wenn es ein wildes Pokémon ist, dann verscheuche ich es einfach.« Wilde Pokémon waren nicht umsonst wild. Sie waren auch meistens sehr scheu und zeigten sich Menschen eher seltener. Gut, dass war abhängig von der jeweiligen Pokémon-Art und der Persönlichkeit eines Pokémons. Dartiris sah man schließlich überall, aber diese hatten sich an die Anwesenheit der Menschen besonders in den Städten gewöhnt. Und auch anderen Exemplaren ging es da nicht anders. Aber hier am Wegesrand, wo keine riesige Stadt in der Nähe war, sondern nur ein Dorf … Wer wusste schon, was hier alles anzutreffen war. Louna erinnerte sich an die Warnung des Wachmanns bei Nouvaria City. Pyroleos, die umher streiften und man deshalb vorsichtig sein musste. Es würde doch nicht etwa … ?
    Als plötzlich etwas unter dem Busch hervor geschossen kam, erschrak sich Louna so sehr, dass sie einen Schrei ausstieß. Auch Chiari erschreckte sich, was aber vielleicht Lounas Schuld war. Mit hechelndem Atem rannte ein Zigzachs direkt an ihnen vorbei und verschwand auf der anderen Seite in der Dunkelheit. Louna sah ihm nach, soweit sie das konnte und beruhigte sich. Zigzachs waren nicht dafür bekannt besonders gefährlich zu werden. Ja, sie konnten beißen und kratzen und dadurch andere verletzen, aber meistens vermieden sie so nahen Kontakt zu Menschen und versuchten denen auszuweichen oder wenigstens Abstand zu halten. In diesem Fall dürfte es nichts anderes gewesen sein. Louna atmete tief durch und drehte sich um, allerdings schrie sie wieder auf und diesmal wie am Spieß. Vor ihr befand sich ein Wesen, was sie noch nie gesehen hatte. Glühend rote Augen starrten sie an und eine unheimliche Stimme, die sie nicht definieren konnte, erschütterte sie bis ins Mark. Vor Schreck taumelte Louna ein paar Schritte zurück, stolperte aber und plumpste auf ihren Hintern. Chiari fauchte auf, versteckte sich allerdings hinter ihr und war selbst sehr verunsichert. Das Wesen vor ihr war dunkel, deswegen war es nur schwer es richtig zu erkennen, aber die roten glühenden Kreise waren deutlich zu sehen. Befanden sie sich um den Hals des Pokémons? Es war doch ein Pokémon? Louna war sich nicht sicher, sie versuchte ein Stück weit weg zu kriechen, weil es immer näher kam. Es gab ein unheimliches Lachen von sich und schwebte um sie herum. Der Körper wirkte transparent und seine Haare, falls das welche waren, wirkten schon ein wenig wie Tentakel, die in alle Richtungen schlängelten. Wie man dieses Pokémon beschreiben sollte, wusste Louna nur mit einem Wort zu sagen: Unheimlich! Was sie zur Annahme führte, dass sie womöglich einen Geist vor sich hatte.
    »G-geh weg! L-lass mich in R-ruhe!« Ihre Stimme zitterte und sie musste sich konzentrieren, nicht wieder los zu schreien. Chiari fauchte nochmals auf, was dazu führte, dass der Geist auf sie zu schwebte und sie belästigte. Chiari versuchte wegzulaufen, rannte im Kreis, schlug Haken, aber der Geist ließ sich nicht abschütteln. Um den Geist abzuwehren, wirbelte sie instinktiv Sand auf, aber der beeindruckte ihn nicht. Louna musste mit ansehen, wie der Geist Chiari nicht in Ruhe ließ. Da keine Flucht möglich war, versuchte Chiari den Geist zu treffen, nach ihm zu beißen oder sich gegen ihn zu werfen, aber das gelang ihr nicht. Sie sprang einfach durch den Körper hindurch, was an sich schon sehr unheimlich war. Louna saß immer noch am Boden und wusste nicht, was sie tun sollte. Konnte sie Arcus in den Kampf schicken? Aber war er nicht zu sehr geschwächt?
    Ein erneutes Fauchen war zu hören, aber das kam nicht von Chiari. Sowohl diese als auch der Geist hielten inne. Louna sah sich um, entdeckte aber vorerst nicht die Ursache des Fauchens. Kurz darauf jedoch prallte ein dunkler Energieball gegen den Geist, der sich augenblicklich zurück zog und verschwand. Entweder hatte diese unerwartete Attacke ihn erschreckt oder es hatte wirklich ausgereicht, um ihn so zu vertreiben. Aber woher war die Attacke gekommen? Musste sich Louna noch mehr Sorgen machen? Sie stand schnell auf und nahm Chiari auf ihre Arme. Genau in dem Moment tauchte ein schwarzes Pokémon auf. Sein Fell war samten weich, ähnlich dem von Chiari und es besaß rote Augen, die auffallend in der Dunklheit waren. Aber noch beeindruckender fand Louna die hellen, leuchtenden Stellen im Fell des Pokémons ihr gegenüber. Die leuchtenden Ringe im Fell des Nachtaras boten ein wenig Licht, so dass man es besser erkennen konnte. Ansonsten hätte es Louna schwer gehabt dieses Nachtara überhaupt zu sehen. Moment … Nachtara?
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier Wildlebende gibt«, stellte Louna fest und runzelte die Stirn. Oder gab es hier wirklich solche? Sie kniff ein wenig die Augen zusammen und ging wieder in die Hocke. Chiari wollte unbedingt los gelassen werden, weswegen sie diese absetzte. Kaum hatte sie festen Boden unter den Füßen tippelte sie auch schon ganz begeistert zum Nachtara, welches sich im ersten Moment zurückhaltend gab, ehe es vorsichtig mit der Nase die kleine Chiari anstupste. Das war einfach zu niedlich und Louna ahnte bereits, wen sie hier vor sich hatte. Sie streckte langsam ihre Hand aus, damit das Pokémon daran schnuppern konnte, ehe sie ihm über den Kopf streichelte.
    »Du kommst genau zum richtigen Augenblick, Nero.« Wenn es nicht Nero war, wer denn sonst? Und wenn Nero hier war, bedeutete das, dass Soul nicht allzu weit weg sein dürfte. Trotzdem sah Louna ihn nirgendwo. Vielleicht war das auch besser so. Vorhin noch war er wütend gewesen und vermutlich hatte er auch keine Lust dazu sich mit ihr abzugeben. Sie war dankbar, dass Nero ihr geholfen hatte, aber es wäre besser, wenn sie ihren Weg nach Aquarellia weiter verfolgte. Sie wollte nicht Gefahr laufen, dass Soul auf sie noch sauer wurde, warum auch immer. Daher griff sie nach Chiari und nahm sie auf die Arme. Der Kleinen gefiel das ganz und gar nicht und sie wollte wieder hinunter zu Nero, aber das ging nicht. Louna stand auf und ging weiter, blieb aber nach wenigen Schritten stehen.
    »Nero, geh zurück zu Soul«, sagte sie zu ihm, da er ihr gefolgt war. Sie streichelte ihm an der Wange, was er scheinbar mochte, aber es sollte von ihrer Seite ein Abschied sein. Daher ging sie weiter und kam doch nicht weit. Nero folgte ihr wieder und Chiari zappelte und strampelte in ihrem Armen, dass Louna seufzte und sie doch wieder runter ließ. Sie wollte nicht länger als notwendig in der Dunkelheit mitten auf dem Weg bleiben, was sie auch gar nicht musste. Denn sobald Chiari den Boden berührte, sprang sie um Nero herum und dieser setzte sich in Bewegung. Statt Lounas Weg zu folgen, drehte er sich einfach weg und verschwand zwischen den nächsten Büschen. Zu Lounas Überdruss folgte Chiari ihm.
    »Das kann doch jetzt nicht euer Ernst sein? Wollt ihr mich veräppeln?« So kam es ihr vor. Wollte Nero ihr Chiari abspenstig machen oder wie? Louna blieb nichts anderes übrig, als den beiden zu folgen. Sie konnte sich denken, wohin es ging und war daher auch nicht überrascht davon, als sie Soul zu Gesicht bekam. Er saß am Ufer des Flusses, auf dem sie heute mit dem Boot nach Escissia gekommen waren. Noch schien er sie nicht bemerkt zu haben. Dael war auf seinem Schoß und er behandelte die Wunden, die sein Hunduster abbekommen hatte. Die Schläge des Resladeros waren unangenehm gewesen und direkt auf den Kopf, aber auch durch den Kampf mit Vulpix hatte Dael ein paar Blessuren wie Kratzer und kleine Bisswunden erhalten. Um genau diese kümmerte sich Soul fürsorglich, damit es seinem Pokémon bald wieder besser ging.
    Louna war in ein paar Meter Abstand stehen geblieben und beobachtete das Treiben. Durch Neros leuchtendes Fell und die größere Taschenlampe von Soul, die er bei sich aufgestellt hatte, konnte sie mehr erkennen, als es ohne Licht möglich gewesen wäre. Noch immer schien er sie nicht bemerkt zu haben. Sollte sie nicht besser sich aus dem Staub machen und ihn einfach in Ruhe lassen? Selbst wenn sie das gewollt hätte, Chiari kam ihr zuvor. Das neugierige Evoli war Nero bis zu Soul gefolgt und schnupperte ungehalten an ihm und Dael, so dass Soul auf sie aufmerksam wurde. Er tat nichts gegen Chiari, sah allerdings auf und zu Louna hinüber. Diese zuckte ein wenig zusammen und sie befürchtete insgeheim ein Donnerwetter.
    Ihre Blicke trafen sich.




  • 24. KapitelZielsetzung


    Ein dicker Klos hing in Lounas Hals und hinderte sie daran etwas zu Soul zu sagen. Ihre Augen begegneten sich noch immer trotz der Dunkelheit und dem nur wenigen Licht durch die Taschenlampe und Neros leuchtendem Fell. Soul sagte kein Wort und auch Louna schwieg. Die einzigen, die man hören konnte, waren ihre Pokémon.
    Chiari war agil genug, um Souls Pokémon zum Spiel aufzufordern, wobei das für Dael nicht in Frage kam. Das Hunduster war verletzt und zu geschwächt, um sich spielerisch zu betätigen, doch Nero schien sich hinreißen zu lassen. Wo Louna ihn bisher sonst eher ruhig daliegen sah, war er nun sehr beweglich und lief vor Chiari weg, die ihn spielerisch jagte. Die beiden verstanden sich gut, was nicht immer der Fall unter Evolis und deren Entwicklungen war.
    Langsam näherte sich Louna, der sowieso nichts anderes übrig blieb, sofern sie ihr Pokémon später wieder mitnehmen wollte. Statt aber Chiari zu sich zu rufen oder in den Pokéball zu sperren, wandte sie sich lieber an Soul. Er beobachtete sie, bis sie zu ihm aufgeschlossen hatte, wo sie sich niederließ, um auch einen Blick auf Dael zu werfen. Das Hunduster hob seinen Kopf und streckte ihn in ihre Richtung, um an ihr zu schnuppern. Dael kannte sie gut genug und er wackelte sogar mit dem Schwänzchen, was Louna zum Lächeln brachte.
    »Sind die Verletzungen sehr schlimm?«, fragte Louna und sah wieder in Souls durchdringende blaue Augen. Er schüttelte auf ihre Frage hin den Kopf.
    »Nicht sehr. Sie sind oberflächlich, aber sie bereiten Dael trotzdem ein paar Schmerzen.« Louna nickte auf die Worte hin und sah dabei zu, wie er eine schmerzlindernde Salbe auf ein paar Wunden von Dael schmierte, damit diese besser verheilten.
    »Dael hat gut gekämpft«, sagte Louna und streichelte das Hunduster vorsichtig unter dem Kinn, was es mochte.
    »Arcus war auch nicht schlecht«, meinte Soul, so dass Louna überrascht aufsah. Vorhin war er noch wütend gewesen, aber das schien sich gelegt zu haben. Er sprach ganz normal mit ihr. Das erleichterte sie enorm. Sie wollte sich nicht mit ihm streiten oder dass er aus irgendeinem Grund sauer auf sie war. Was auch immer sie falsch gemacht haben könnte. Obwohl sie einige Fragen hatte und zu gerne von Soul mehr erfahren wollte, unterdrückte sie ihre Neugier und sprach ihn nicht auf Julia und Liam an. Er kannte sie, das hatte die Situation vorhin deutlich gezeigt, aber es schien kein gutes Verhältnis zu sein. Vermutlich wollte Soul deswegen nicht darüber reden und war aufgebracht gewesen.
    Ein Rascheln im Hintergrund hätte Louna normalerweise nicht weiter beachtet, da sich Chiari und Nero immer noch gegenseitig jagten, doch die Stimme, die kurz darauf zu hören war, ließ sie aufblicken.
    »Hallo ihr beiden!«, begrüßte ausgerechnet May Chikara Louna und Soul. Sie hätte die beiden nicht entdeckt, wäre da nicht das Licht der Taschenlampe gewesen. May hatte daher nachgesehen, woher das Licht kam und wen sie hier antraf und war selbst ein wenig überrascht davon Louna und Soul zu treffen. Sie kam langsam näher, bis sie stehen blieb. Louna selbst erhob sich und drehte sich zu May um. Das wenige Licht reichte aus, um sie zu erkennen. Wie heute Vormittag schon trug May ihre langen braunen Haare mit den blonden Strähnen zu einem Zopf gebunden am Hinterkopf. Auch das kurze Kleid hatte sie bereits heute Vormittag angehabt. Neben ihr war, wie nicht anders zu erwarten, Aclasur, ihr Flunkifer. Der mächtige Kiefer auf der Rückseite des Pokémons wirkte wie ein bedrohlicher Schatten. Wenn man nicht wüsste, dass es zu Flunkifer gehörte, könnte man annehmen, dass da etwas war, was gefährlich werden könnte.
    »May?« Louna war überrascht sie hier anzutreffen. Sie erinnerte sich auch noch an den Morgen, als May sich wegen Soul aufgeregt hatte. Das war alles nicht besonders schön und daher unangenehm gewesen. Die Anspannung konnte man auch jetzt wieder deutlich spüren. Soul hatte nur kurz zu May gesehen, um sich dann wieder seinem Pokémon zu widmen. Er schien kein besonders großes Interesse daran zu haben, länger als notwendig der anderen Trainerin seine Aufmerksamkeit zu schenken. War das nicht verständlich?
    »Was machst du hier?«, wollte Louna wissen und kam ein wenig auf May zu, die zaghaft lächelte.
    »Ich war auf dem Weg nach Hause. Wart ihr auf dem Fest? Wie hat es euch gefallen?«, versuchte May einen Plausch zu beginnen, doch es gelang nicht richtig. Louna schien leicht irritiert und wusste nicht, was sie sagen sollte. Das Fest als solches war schön gewesen, doch das Ende hätte sie sich etwas anders vorgestellt. Da May die Anspannung selbst spüren konnte, die sich hier unmittelbar aufgebaut hatte, versuchte sie diese wieder etwas zu entspannen.
    »Ich wollte mich für heute Morgen entschuldigen. Ich glaube, ich war nicht ganz … fair.« Die Entschuldigung von ihr kam überraschend und Louna blinzelte erst verwirrt bevor sie rüber zu Soul sah, der aufblickte und die Stirn runzelte. Etwas sagen tat er noch nicht.
    »Ich hoffe, ihr seid nicht all zu sauer auf mich. Äh … « Es war ungewohnt für May sich entschuldigen zu müssen. Nicht, weil sie sich sonst nicht entschuldigen würde, wenn sie einen Fehler machte, sondern weil sie es meistens nicht musste, da sie sonst nicht in so eine Lage geriet. Außerdem machte Souls Schweigen es ihr nicht besonders einfach herauszufinden, ob damit die Sache erledigt war oder ob er nicht doch zu denen gehörte, die sehr nachtragend waren.
    »Ich bin es nicht«, sagte Louna, was May erleichterte. Die beiden lächelten sich gegenseitig an. Louna war kein Mensch, der lange einem anderen böse sein konnte. Für so etwas wollte sie nicht ihre Zeit verschwenden. Hinzu kam, dass sich May entschuldigt hatte und das sehr ehrlich. Sie wirkte nicht so, als würde sie es einfach nur so sagen. Trotzdem blieb eine Antwort von Soul aus. Vermutlich konnten die beiden lange darauf warten, dass er irgendetwas dazu sagte, weswegen May wieder das Wort ergriff.
    »Also, wollt ihr noch hier bleiben oder kommt ihr mit?«, fragte sie, wobei May die Frage hauptsächlich an Louna richtete, die eher bereit war mit ihr zu reden.
    »Ich denke, ich werde nicht mehr lange hier bleiben«, meinte Louna und bemerkte, wie Chiari angerannt kam, um Aci zu begrüßen. Das junge Evoli schien aber sich wieder vor dem Kiefer zu erschrecken und wirkte daher etwas verunsichert.
    »Was ist mit dir, Soul?« Louna wandte sich direkt an ihn, um ihm eine Antwort zu entlocken. Wieder sah er auf, doch er zuckte nur die Schultern. Er machte nicht den Anschein, als wollte er groß Worte verlieren.
    »Ooookay, brauchst du einen Schlafplatz? Ich meine, bei uns ist noch Platz und … äh als … Wiedergutmachung?« May war leicht verstört von Souls Blick und sprach daher nur abgehackt. Es war schwierig zu erkennen, was er dachte oder was er davon hielt. Er sah so kritisch drein!
    »Alternativ wäre sicher auch noch Platz im Garten!«, schlug Louna halb ernst vor und hob dabei den Zeigefinger.
    »Äh … ja?!« May sah sie verwirrt an, doch als Soul ein Schnauben von sich gab, verstand sie, dass Louna Soul nur aus der Reserve locken wollte.
    »Ich hab kein Problem damit draußen zu schlafen, anders als gewisse andere Menschen«, hörten sie Soul sagen. Louna stemmte die Arme in die Hüfte.
    »Moment, was soll das heißen? Meinst du etwa mich? Ich habe ebenfalls kein Problem damit draußen zu übernachten!«, beharrte sie und beobachtete wie Soul aufstand. Daels Wunden waren soweit versorgt, doch er rief ihn in seinen Pokéball zurück, damit er sich ausruhen konnte.
    »Sicher? Bei all den Käfern … «, merkte Soul an und erinnerte Louna an den Nouvaria Wald und die Krabbelgefahr, die dort herrschte. Sofort verzog sie das Gesicht.
    »Irks!« Louna war eindeutig weniger angetan von dieser vermeintlichen Gefahr, aber es brachte May zum Lachen.
    »Keiner von euch muss diese Nacht draußen schlafen, wenn er nicht will«, sagte May, nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte.


    Nachdem Louna das Angebot von May angenommen hatte und selbst Soul sich dazu bereit erklärt hatte mitzukommen, hatten sie alles zusammen gepackt, die Pokémon in ihre Pokébälle zurück gerufen, abgesehen von Aci, die als einziges noch draußen war, und waren bis nach Aquerellia gegangen. Es lag nicht weit entfernt und sie hatten auch Mays Zuhause schnell erreicht. Oder besser gesagt das Zuhause ihrer Tante, denn May selbst kam ursprünglich aus Petrophia. Da es bereits sehr spät war, hatten sie sich auch schnell dazu entschlossen sich bettfertig zu machen. Louna durfte natürlich im Gästezimmer wieder schlafen, denn dort waren immer noch auch ihre Sachen gewesen, die sie heute Morgen hier gelassen hatte. Soul hingegen durfte im Wohnzimmer auf das Sofa, welches man extra ausziehen konnte. Ein zweites Gästezimmer gab es leider nicht, aber das störte Soul recht wenig. Er hätte notfalls auch einfach auf dem Boden auf der Matte geschlafen, die er stets mit sich trug. Wenn man auf Reisen war, kam es schon mal vor, dass man nicht in einem Bett in einer Stadt übernachten konnte, sondern unter freien Himmel.
    Trotz der Müdigkeit, die in Louna aufgekommen war, konnte sie nicht einschlafen, als sie endlich im Bett lag. Sie starrte gedankenverloren die Zimmerdecke an. Ganz dunkel war es nicht, da durch den Vorhang ein Spalt vom nächtlichen Himmel und dessen Sterne zu sehen war. Ein wenig Licht kam also in das Zimmer hinein. Das war jedoch nicht der Grund, weswegen sie nicht einschlafen konnte. Es ging ihr zu viel durch den Kopf, da sie einiges erlebt hatte und wie schon in letzter Zeit war es auch Soul, der sie ordentlich beschäftigte.
    »Blödmann«, grummelte sie vor sich hin, konnte aber nicht böse sein. Er war ein guter Kerl. Irgendwie … Auch wenn die meisten ihr vielleicht den Vogel deswegen zeigen würden. Er war nicht schlecht, nur verschlossener. Solche Menschen musste man erst einmal knacken, weil sie eine Mauer um sich errichtet hatten, aber meistens gab es dafür auch einen guten Grund und ja, Louna war erpicht darauf diese Mauer in Einsturz zu bringen. Obwohl sie wusste, dass es manchmal besser war nicht ihre Nase in fremde Angelegenheiten zu stecken, hatte sie an Soul einen Narren gefressen, der sie dazu trieb mehr von ihm zu erfahren. Sie wollte ihn einfach nur verstehen. Mehr war es gar nicht.
    Frustriert darüber, dass das alles nicht so einfach war, drehte sie sich auf ihre linke Seite und schloss die Augen, aber schon nach kurzer Zeit schlug sie diese wieder auf. Diesmal war Chiari der Grund. Nachdem sie wieder hier waren, hatte sie das junge Evoli aus dem Ball gelassen. Auch Arcus war außerhalb des Balls und lag am Fußende ihres Bettes und schlief. Er war zu erschöpft, um wach zu bleiben, anders als Chiari. Die Kleine kratzte an der Tür, weil sie raus wollte. Vielleicht musste sie auch einfach nur pinkeln? Louna seufzte und schlug die Decke zurück, um aufzustehen. Es wäre schlecht, wenn Chiari im Zimmer eine Sauerei anstellte. Lieber würde sie noch einmal mit ihr raus gehen. Daher öffnete Louna die Tür. Sie konnte gar nicht so schnell gucken wie Chiari hinaus flitzte und zur Treppe lief, um hinab zu steigen.
    Lounas Gästezimmer befand sich in der ersten Etage und sie folgte ihrem Pokémon auch sofort, als es hinab eilte. Allerdings musste sie auch bei der Treppe aufpassen, denn es war dunkel und sie wollte nicht am Ende noch die Treppe runter fallen.
    »Chiari, nicht so schnell«, rief sie im Flüsterton ihr Pokémon, aber es hörte nicht auf sie. Der Grund für die Eile war nicht etwa, dass Chairis Blase gleich explodierte, sondern weil sie einfach woanders hin gewollt hatte. Die Kleine huschte einfach ins Wohnzimmer, was Louna gar nicht gut fand. Sie wollte Soul nicht im Schlaf stören und genauso wenig wollte sie, dass Chiari das tat. Schon in leichter Panik schlich Louna sich zum Wohnzimmer und sah hinein, da die Türe nicht verschlossen war.
    Sie bemerkte mehrere Dinge auf einmal. Zum Einen schlief Soul gar nicht mehr, sondern saß am Fenster, welches weit offen war. Des Weiteren waren auch seine Pokémon wach. Dael lag zwar in der Ecke und ruhte sich genauso aus wie es Arcus oben im Gästezimmer tat, aber alle anderen Pokémon, die Louna von Soul bislang kannte, waren außerhalb ihrer Pokébälle und demnach auch wach.
    Nero wurde regelrecht von Chiari angefallen. Es gab ein kurzes Herumtoben zwischen den beiden, bis sie sich soweit beruhigt hatten und gemeinsam nieder legten. Offensichtlich hatte Chiari einen Narren an Nero gefressen. Anders konnte sich das Louna nicht erklären, doch deren Aufmerksamkeit lag vielmehr auf Soul und seinem Kramshef, welches am Fenster saß. Das Unlicht-Pokémon breitete seine Flügel aus und stieß sich ab, um weg zu fliegen. Louna war verwirrt darüber und kam näher, doch etwas sagen brauchte sie nicht.
    »Alice kommt bald wieder«, erklärte Soul, als er sie ansah. Er schien nichts dagegen zu haben, dass sie hier war, jedenfalls gab es keinen Hinweis darauf. Er sagte ihr auch nicht, dass sie gehen sollte.
    »Lässt du Alice immer nachts fliegen?«, wollte Louna von ihm wissen und setzte sich auf das Sofa. Decke und Kissen waren ebenfalls darauf verteilt, damit Soul darauf schlafen konnte. Tatsächlich wirkte das Sofa weitaus gemütlicher, als man es auf den ersten Blick erwarten würde.
    »Öfters, sie ist ein Unlicht-Pokémon. Das ist ihre Tageszeit«, antwortete Soul ihr, der hinab zu Nero, Chiari und dann auch zu Kinba sah. Das goldene Fiffyen hatte sich vorhin eingekugelt gehabt, um zu schlafen, doch jetzt stand es auf, ging zum Sofa und beäugte Louna neugierig. Diese bemerkte es und handelte instinktiv und hob das Fiffyen hoch, um es auf dem Sofa abzusetzen. Automatisch streichelte sie dem kleinen Racker durch das dichte Fell, was dazu führte, dass er sich wieder entspannte und hinlegte. Es war so niedlich, dass Louna einen kurzen Moment neidisch auf Soul wurde. Ihrer Meinung nach hatte er ganz tolle Pokémon. Sie mochten alle vom gleichen Typ sein, aber alle hatten etwas zauberhaftes an sich. Louna war verzückt darüber.


    Die kleine nächtliche Pyjama-Party endete damit, dass Louna einfach auf dem Sofa einschlief. Am nächsten Morgen konnte sie sich daran nicht mehr erinnern. Sie erwachte einfach, doch weder von Soul noch von seinen Pokémon war etwas zu sehen gewesen. Sie erfuhr von May nach dem Aufstehen, dass er bereits gegangen war, was wiederum Louna in ein kleines Gefühlschaos stürzte. Sie wusste einfach nicht, ob sie darüber wütend sein sollte, weil Soul sich klammheimlich aus dem Staub gemacht hatte oder ob sie enttäuscht und traurig sein sollte. Es verwirrte sie und deshalb versuchte sie, vorerst diese Verwirrung zurückzudrängen und sich lieber auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren.
    Professor Platan hatte sie nach Escissia beziehungsweise nach Aquarellia geschickt gehabt, weil sie den jungen aufstrebenden Trainern ihre Pokémon bringen sollte. Da es aber nur zwei Trainer gab, blieb das dritte Pokémon übrig. Das scheue und außergewöhnliche Fynx sollte Louna wieder zurück zum Pokémon-Professor bringen und genau das würde sie nun auch tun. Oder eher sobald es ging, denn zuvor musste Louna erst noch den Nouvaria Wald durchqueren. Ein Umstand, der ihr wenig zusagte, der aber dazu führte, dass sie gleich nach dem Frühstück aufbrechen wollte, um soweit durch den Wald zu kommen, wie es ging, solange noch die Sonne schien.
    »Und du willst wirklich nicht mitkommen?«, fragte Louna noch ein letztes Mal May, in der stillen Hoffnung sie würde sich umentscheiden. Allein durch den Wald gehen wollte Louna nicht, da jedoch May ihr versicherte, dass sie lieber hier blieb, um ihrem kleinen Cousin als auch Mimi beim Training ihrer Pokémon zu helfen, hieß es vorerst Abschied nehmen.
    »Na gut, dennoch vielen Dank, dass ich bei euch übernachten durfte«, sagte Louna und verabschiedete sich sowohl von Mays Tante wie auch Takaru, dem Cousin von May und natürlich bei May selbst.
    »Keine Ursache! Wenn du mal wieder in der Gegend bist, komm uns einfach besuchen. Wir freuen uns«, sagte Hikari Kitana und machte Louna glücklich damit. Sie freute sich ein so liebes Angebot zu bekommen.
    »Das werde ich ganz sicher. Wünscht mir Glück, dass es nicht so viele Käfer auf mich abgesehen haben«, scherzte Louna noch und machte sich danach endgültig auf den Weg. Sie wunk der Familie Kitana noch zu und war sich sicher, dass sie später auch May wiedersehen würde und natürlich Aci, das Flunkifer. May war eine Trainerin, die durch die Kalos-Region reiste, um selbst stärker zu werden. Sie hatte vor die Arenaleiter herauszufordern und würde zwangsläufig früher oder später auch in Illumina vorbei kommen, denn der dortige Arenaleiter wollte von ihr schließlich auch herausgefordert werden!
    Louna hingegen hatte nicht nur den Rückweg vor sich, sondern auch noch eine Prüfung. Um ihren Trainer-Pass ausgestellt zu bekommen, würde sie noch einiges lernen müssen, damit sie die Prüfung dafür erfolgreich absolvieren konnte. Sie ahnte, dass das nicht einfach werden würde. Außerdem musste sie sich bereits um drei Pokémon kümmern! Mit Arcus konnte sie gut umgehen, der auch heute neben ihr herlief. Über Nacht hatte er sich erholt. Zwar trug er noch ein paar Blessuren mit sich, aber das hinderte ihn nicht daran sie zu begleiten.
    Chiari lief auch neben ihr her, war aber noch jung und sehr neugierig. Auf Lounas Rufen hin hörte sie manchmal, aber noch nicht perfekt genug. Da bedurfte es noch ein wenig mehr an Training, doch am meisten würde sich Louna um Tornado kümmern müssen. Das Dartiri, welches sie eher unerwartet gefangen hatte. Natürlich bestand immer noch die Möglichkeit es frei zu lassen. Das würde Tornado sicher auch gefallen, andererseits war in Louna insgeheim der Ehrgeiz geweckt. Sie hatte gesehen wie gut Soul mit Alice, seinem Kramshef, umgehen konnte. Ebenfalls ein Flug-Pokémon, welches durchaus seine Vorteile hatte. Louna würde gern auch ein beeindruckendes Flug-Pokémon an ihrer Seite wissen! Dass es nun ein Dartiri war, mochte Zufall gewesen sein, aber wer weiß, was aus Tornado noch wurde? Sie brauchte zwar erst noch sein Vertrauen, damit sie ihn auch außerhalb eines Zimmers fliegen lassen konnte. Denn solange sie nicht sicher sein konnte, dass er auf ihr Rufen hörte, war die Gefahr groß, dass er einfach weg flog. Aber sie war zuversichtlich das alles hinzubekommen.
    »Tja, wer hätte gedacht, dass ich mal zu einer Pokémon-Trainerin werde, was?«, sagte sie und erntete einen verwirrten Blick von Arcus, den sie daraufhin nur breit angrinste.
    »Wir schaffen das!«, rief sie aus und warf die Arme in die Luft, lachte daraufhin und war guter Laune. Auch ein verschwundener Soul konnte ihr diese jetzt nicht weg nehmen.


    Waren Käfer in der Lage Lounas gute Laune zu brechen? Fast hätte es danach ausgesehen, aber Louna war flink genug, um all den Krabbeltierchen aus dem Weg zu gehen. Sie hatte viele Raupen gesehen und manche Käfer flatterten auch im Wald umher, wie Vivillons oder Smettbos. Schöne Falter, die mit ihren bunten Farben beeindruckend aussahen. Trotzdem hielt sich Louna von ihnen fern, vor allem von Bibors. Es war allgemein bekannt, dass die gelb-schwarzen Pokémon schnell aggressiv werden konnten, wenn man sich ihnen zu sehr näherte. Besser ihnen aus dem Weg gehen! Louna wollte Arcus vorerst nicht in einen Käfer-Kampf schicken und auch Chiari war noch nicht bereit dafür sich mit aggressiven Bibors auseinanderzusetzen. Da die Käfer aber weitestgehend unter sich blieben und sie ignorierten, brauchte sich Louna keine Sorgen machen. Kein Käfer attackierte sie und das war gut so. Trotzdem hatte sie noch einen langen Weg vor sich durch den Wald. Immer wieder überprüfte sie, ob sie sich noch auf dem richtigen Weg befand und nicht versehentlich im Kreis ging. Solange es hell war, fiel ihr die Orientierung gar nicht so schwer. Sie konnte sich auch immer wieder am Sonnenstand orientieren. Doch sobald es dunkel werden würde, könnte es ein Problem geben. Im Wald allein übernachten wollte sie nicht, aber was blieb ihr übrig, wenn sie nicht schnell genug war? Der Nouvaria Wald war nun mal sehr groß. Ihn an einem Tag zu durchqueren, war so gut wie unmöglich.
    Arcus begann weiter voraus zu laufen. Seine Nase erschnüffelte verschiedene Gerüche, die ihn interessierten, doch nach ein paar Stunden Wanderung schien er etwas bemerkt zu haben. Louna wurde aufmerksam darauf, als er länger als notwendig an einem Baum schnupperte und sichtlich unruhiger wurde.
    »Was hast du, Arcus?«, fragte Louna, ohne eine Antwort zu erwarten. Sie beobachtete ihn, wie seine Anspannung zunahm und er immer wieder in eine Richtung blickte. Louna erkannte nichts, weil Büsche und Bäume größtenteils die Sicht in die Ferne verdeckten. Aber sie ahnte, dass da irgendwas sein musste, was Arcus nervös machte. Daher rief sie Chiari zu sich und nahm das junge Evoli auf die Arme. Von der erhöhten Position begutachtete Chiari ihre Umgebung noch intensiver, schien aber wie Arcus etwas wahrzunehmen, was in der Nähe sein musste. Als Louna auch das Rascheln von Blättern und Zweigen hörte und kurz darauf ein Brüllen durch den Wald hallte, lief ein kalter Schauer über ihren Rücken, der sie in Alarmbereitschaft versetzte. Welches Pokémon würde so ein Brüllen von sich geben?
    »Okay, es muss kein Wildes sein. Vielleicht ist in der Nähe ein Trainer oder gar ein Kampf zwischen Trainern!« Genau, so könnte das auch sein. Schließlich hatte sie Xelif und May direkt in einem Kampf vorgefunden. Je länger sie in den Wald hinein lauschte und sich langsam der Geräuschkulisse näherte, die sie wahrnehmen konnte, desto mehr glaubte sie an einen Kampf. Wer, wenn nicht Trainer sollten kämpfen? Obwohl Kämpfe gefährlich werden konnten, wollte sie sich dennoch ein Bild davon machen. Wer weiß schon, ob sie nicht dabei was lernen konnte?
    »Vielleicht … « Sie überlegte weiter. Soul war sicherlich nicht zurück nach Escissia gegangen und da er auch vermutlich nicht mehr in Aquarellia war, könnte es durchaus sein, dass er hier auch irgendwo im Wald noch war. Vielleicht kämpfte er gerade gegen jemand anderen? Lounas Schritte wurden ein wenig schneller, bis sie abrupt stehen blieb und sich schnell wieder hinter den Bäumen versteckte.
    Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust vor Aufregung und auch vor Schreck. Ja, sie hatte sich erschrocken. Vorsichtig lugte sie hinter dem Baum hervor, hinter dem sie stand. Die Szene, die sich unmittelbar weiter vor ihr abspielte, war schwer einzuschätzen. Sie konnte ein größeres Pokémon entdecken mit dichter Mähne. Es sah wild und gefährlich aus, richtig zum Fürchten. Wenigstens wusste sie jetzt, woher das Brüllen von vorhin gekommen war. Warum sie sich versteckte, lag daran, dass jenes große Pokémon auf ein anderes los ging. Es waren zwei gleiche Pokémon, die mit Klauen und Zähnen übereinander her fielen und jeweils den anderen niederringen wollten. Nur wer war stärker? Louna suchte mit hiren Bernsteinaugen die Umgebung ab, konnte aber nirgendwo einen Trainer ausfindig machen. Es gab auch keine Befehle, die gerufen wurden. Hinzu kam, dass sich die beiden kämpfenden Pokémon auf einer größeren Lichtung befanden, so dass es einfacher war etwas zu sehen. Trotzdem waren nirgendwo Menschen. Konnte es sein, dass es sich hierbei um wildlebende Pokémon handelte?
    »Moment mal!« Langsam dämmerte ihr, was sie hier vor sich hatte. Konnte es sein, dass es sich um die Pokémon handelte, vor denen man sie gewarnt hatte? Arcus war ganz dicht neben ihr und beobachtete mit Anspannung die Szene, die sich mehrere Meter weiter von ihnen abspielte. Die Pokémon schienen nichts anderes um sich herum wahrzunehmen, außer ihren Konkurrenten, den sie ausschalten oder vertreiben wollten. Solange diese beiden Pokémon mit sich rangen, musste Louna nicht befürchten von ihnen entdeckt zu werden. Sie nutzte die Gelegenheit, um sich einen weiteren Überblick zu verschaffen und entdeckte weiter weg noch andere Pokémon. Sie gehörten alle der selben Art an, das erkannte sie sofort.
    »Das müssen die Pyroleos sein. Also streifen sie doch hier umher.« Ihr war ziemlich mulmig zumute, doch die weiblichen Exemplare, die sie entdeckte, rannten weg. Sie näherten sich ihr nicht, haben sie vermutlich nicht einmal bemerkt und schienen in Eile zu sein auch von den zwei kämpfenden männlichen Pyroleos weg zu kommen. Zwei von den drei Weibchen trugen jeweils auch noch ein Leufeo in der Schnauze, um sie sicher weg zu bringen. Louna suchte ihren Pokédex aus der Tasche, um sich zu informieren. Solange sie hier hinter dem Baum blieb und sich den wilden Pokémon näherte, sollte sie sicher sein. Chiari und Arcus blieben instinktiv ruhig, als wüssten sie, dass sie keinen Mucks von sich geben durften, um nicht aufzufallen. Das Brüllen klang schrecklich in Lounas Ohren. Es war so bedrohlich, aggressiv und erschütternd, dass sie nicht vor hatte länger als nötig hier bleiben zu wollen. Andererseits … wann sah man schon mal wilde Pyroleos? Eigentlich lebten sie nicht im Nouvaria Wald. Was hatte sie hier her getrieben?


    Pyroleos leben in Rudelverbänden in warmen, offenen Gebieten. Das Rudel besteht in erster Linie aus weiblichen Exemplaren mit ihren Jungen, den Leufeos. Meistens werden sie nur von einem männlichen Pyroleo angeführt, welches das Rudel vor anderen Artgenossen und Gefahren beschützt. Es kann aber auch vorkommen, dass mehrere männliche Pyroleos sich zusammen schließen und gemeinsam ein Rudel anführen.
    Andere männliche Pyroleos, die ins Revier eindringen, werden erbarmungslos angegriffen, um sie zu vertreiben. Nur der Stärkste hat das Recht der Anführer eines Rudels zu sein. Daher kann es vorkommen, dass die Rudelhierachie nach solch einer Auseinandersetzung zwischen männlichen Pyroleos, durcheinander gerät und die Führung abgegeben wird. Wenn es zu solch einer Machtübernahme kommt, greift das neue herrschende Pyroleo häufig die Jungtiere des Rudels an und tötet sie. Das gewährleistet die neue Paarungsbereitschaft der weiblichen Pyroleos, so dass der neue Anführer seine Gene weiter geben kann.


    Louna starrte auf den Dexeintrag und verstand langsam mehr, was sich für eine Situation hier abgespielt hatte. Die zwei kämpfenden Pyroleos waren rivalisierende Gegner, die das Rudel für sich gewinnen wollten. Der eine verteidigte es, der andere wollte es erobern. Sie blickte hinüber zu den beiden und konnte sehen, wie das rechte Männchen, welches bereits eine Narbe über dem linken Auge besaß, mit einem ausholenden Prankenhieb das andere Männchen traf. Die Krallen verursachten tiefe, blutige Kratzer, die sicherlich schmerzhaft waren. Das getroffene Männchen brüllte erbost auf, wollte sich aber noch nicht geschlagen geben und stürzte sich auf seinen Gegner. Die beiden mussten in etwa gleich stark sein. So wirkte es auf Louna, die schwer schluckte. Der Kampf sah ziemlich gefährlich aus und beide Pyroleos wiesen bereits am Körper mehrere blutige Wunden auf. Wenn das so weiter ging, könnte vielleicht einer von ihnen noch zu Tode kommen. Wollte Louna wirklich dieser Szene beiwohnen, bis es zu Ende war? Eigentlich nicht, wenn sie ehrlich zu sich selbst war. Sie sah weg von dem Kampf und ihre Pokémon an, doch dabei bemerkte sie, dass Arcus nicht mehr an ihrer Seite war.
    »Arcus? Wo bist du?«, rief sie so laut sie konnte und dennoch leise. Sie wollte nicht Gefahr laufen von wilden Pyroleos entdeckt zu werden. Wer konnte schon sagen, ob sie in ihrer derzeitig aufgebrachten Lage nicht einfach auch auf sie los gingen? Glücklicherweise entdeckte Louna ihren besten Freund ein paar Meter weiter rechts von ihr entfernt. Er huschte durch das höhere Gras entlang, so dass Louna sich sofort in Bewegung setzte, um ihm zu folgen. Sie wollte Arcus nicht aus den Augen verlieren.
    »Arcus, komm her!«, rief sie nach ihm, doch er hörte nicht auf sie. Stattdessen führte er sie an eine Stelle, immer noch nahe am Waldrand, aber trotzdem mindestens zwei Meter von diesem entfernt. Außerdem war sie dadurch den kämpfenden Pyroleos näher gekommen, aber trotz allem waren sie noch viel zu weit weg und mit sich selbst beschäftigt. Trotzem warf Louna einen prüfenden Blick zu ihnen, bis sie sich sicher war und sich von ihnen abwandte, um sich um Arcus zu kümmern. Doch was sie entdeckte, war etwas, was sie nicht erwartet hätte. Sie zuckte zusammen und taumelte zwei Schritte zurück. Ihre Hand legte sich auf den Mund und Minuten lang starrte sie nur das Bild vor sich an, was sich ihr bot.
    Arcus schnüffelte vorsichtig am toten Leib, der am Boden zwischen dem hohen Gras lag. Dass dieses Pokémon tot war, war sehr einfach zu erkennen. Zum einen roch es hier schon nach Tod, zum anderen lag der Leib leblos dar, rührte sich nicht. Das Fell, was sowohl hell- als auch dunkelbraun gefärbt war, hatte jeglichen Glanz verloren. Es war dreckig und blutverkrustet. Hinzu kam die klaffende Wunde am Bauch, die das Todesurteil des weiblichen Pyroleos wohl bedeutet hatte. Die lange Kopfmähne leuchtete nicht mehr so stark in den feurigen Farben, wie man es bei lebenden Exemplaren sehen konnte. Außerdem war eines der Augen am Kopf schwer verletzt worden und die Zunge hing aus dem Maul heraus. Alles in allem kein wirklich besonders schöner Anblick. Louna hätte darauf dankend verzichten können, aber so war die Natur. Sie konnte sehr grausam sein, ob es einem nun gefiel oder nicht. Warum hatte das Weibchen überhaupt sterben müssen? Hatte es sich mit in den Kampf eingemischt gehabt?
    Louna sah wieder auf und blickte hinüber zu den beiden Pyroleos, die nicht von sich lassen konnten. Ihr Brüllen erschütterte den gesamten Nouvaria Wald.


  • Huhu^^


    Jetzt komme ich auch mal wieder zum kommentieren. Hab zwar schon etwas weiter gelesen, aber ich habe dir ja versprochen zu jedem Kapitel noch was zu schreiben, daher werde ich auch genau das tun und dein Thema hier dafür missbrauchen.




    Haha, das Evoli seine Eltern sucht, das kann ich verstehen. Das ist ein ganz typisches Verhalten und das hab ich auch schon mit meinen Hund durch. Nur leider wird die arme Louna sicher auch das Problem bekommen, dass man, wenn man es einmal hat im Bett schlafen lassen, ihm das nie wieder abgewöhnen kann, zumindest war es bei mir so.


    Ah die Reise scheint wohl etwas anders zu beginnen. Nicht mit einer Poekmonreise an sich, sondern mit einem Auftrag, den sie ausführen soll. Aber ich muss sagen, gefällt mir! Immerhin kann ja nicht immer alles auf ein und die Gleiche Weise beginnen. Das wäre ja langweilig! Nur warum fährt sie nicht mit Auto oder Zug, denn soweit ich weiß müsste sowas eigentlich gegeben sein? Aber gut, wäre ja auch langweilig nicht? Von daher ist das so schon besser außerdem sieht man in der Pokemonwelt eh nur selten und zu bestimmten Zwecken (Umzug oder wie in Sonne/Mond Trailer Feuerwehr) Autos oder ähnliches.


    Klar nicht ohne ein Pokemon gehen ist sicher wichtig und ich kann mir nicht vorstellen, dass das kleine Evoli schon gut kämpfen kann.


    Ich muss sagen auf der einen Seite finde ich es ja gut, dass du das Aussehen beschreibst, also die Kleidung, aber das kommt mir hier sehr alles auf einem Haufen. Das ist persönlich Ansichtssache und ich selber weiß leider auch nicht, wie man sowas vermeiden könnte und die Kleidung anders einbringen. Aber du hast es schon sehr schön gelöst und nicht nur sie trug, das, das und das geschrieben!


    Ah also kommt Evoli doch mit! Ich dachte schon, denn das wäre ja nicht so schön gewesen. Immerhin könnte man fast meinen Evoli wäre sowas wie ihr „Starter“. Ich bin ja mal gespannt, ob das so gut geht und ob das Halsband dauerhaft dran bleibt! Mein Hund zum Beispiel hat irgendwann gelernt sich das selber abzunehmen….


    Ich finde es gut, dass du auch das mit dem Labor so realistisch machst und nicht das man einfach so reinlaufen kann. Das Arcus hört, das dachte ich mir schon, aber mit Chiari wird Louna wohl noch einige Probleme bekommen.


    Hach ja Platan..den fand ich schon im Spiel immer reichlich durch den Wind! Keine Ahnung warum, aber irgendwie machte er immer ein wenig den Eindruck, als wäre er auch noch etwas sehr übereifrig, dank seiner Jungend im Gegensatz zu anderen Professoren.


    Das ist also der Auftrag! Welche Trainer das wohl sind…


    Jetzt kommt Aktion auf! Ein Dieb, so so. Erinnert mich etwas an Heart Gold, nur das hier jemand so schlau ist einzugreifen! Das es Louna ist, das war zu erwarten und dann noch den schönen Hut verloren. Aber auf Arcus ist eben verlasst hätte mich auch gewundert, wenn er umsonst da wäre, aber was ist in der Zeit wohl mit Chiari? Na ja ich bin mal gespannt, wer der Dieb ist und vor allem, was er gestohlen hat und allgemein, wie es weiter geht.


    Jetzt hab ich irgendwie mehr geschrieben, als ich wollte….egal die Beantwortung der Fragen fehlt ja noch!




    1.Was glaubst du, sollte man für eine Reise alles in den Rucksack einpacken? Welche Dinge wären wichtig?
    Puh schwere Sache. Vor allem Wechselkleidung und Essen natürlich für Mensch und Pokemon, sowieso Wasser. Man muss ja allerdings bedenken, dass man nicht so viel Platz hat und wenn man draußen Schlafen muss wären vielleicht Decken oder so nicht schlecht. Ich glaub ich würde auch noch einen Erste-Hilfe Set, so ein kleines mitnehmen. Nur für den Fall der Fälle und Medizin für Pokemon. Oh da hat man sicher zu schleppen…


    2.Was hältst du von der Idee, dass Pokémon Halsbänder tragen (Hunde- oder Katzenartige)?
    Ungewöhnlich, aber warum nicht. Im Spiel können Pokemon immerhin auch Items tragen, warum also keine Halsbänder?


    3.Wie würdest du deine Pokébälle unterscheiden, wenn sie vom gleichen Typ wären? (Also wenn es alle nur Pokébälle wären und nicht Hyperbälle, Superbälle oder ähnliches)
    DAS frag ich mich auch schon ewig, wie sie das machen! Lounas Idee ist genial, aber das wäre ja jetzt geklaut. Vielleicht würde ich Sticker von dem jeweiligen Pokemon draufkleben. Nur dann hätte man das Problem, wenn einer mal abgeht.



    4.Weißt du, was mit „ … wo das Haspiror langläuft … “ gemeint ist? :)
    Klar das ist ein Sprichwort, das einfach nur in die Welt von Pokemon übertragen ist. ^^ Denke ich… Hab selber auch mal „In der Höhle des Pyroleo“ benutzt.


    5.Wie spannend fandest du Verfolgung bzw. den Verlauf innerhalb des Kapitels?


    Sehr spannend. Ich fand es wirklich gut beschrieben auch, dass sie ihn nicht gefasst hat, sondern sich ihm allein mit Arcus stellen muss. Auch das man nicht erfährt wer er ist oder was er gestohlen hat macht die Sache besonders spannend!



    Eisseele


    Ps. Keine Ahnung warum da so viele große Absätze, also leere Zeilen sind. Hatte eigentlich überall wo das ist nur einmal in Word Enter gedrückt....komme leider mit der Formatierung noch nicht so klar.

  • 25. Kapitel – Tödliche Gefahr


    Mit einem lauten Kampfgebrüll versuchte das verteidigende Pyroleo seinen Kontrahenten einzuschüchtern, um ihn davon abzuhalten weiter anzugreifen, doch es gelang kaum. Der Gegner brüllte ebenfalls und stieß lodernde Flammen aus seinem Maul. Feuer-Pokémon konnten sich gegenseitig kaum mit Feuer verletzen, aber die Hitze, die sich in den Pyroleos angestaut hatte, musste auf diese Weise entlassen werden. Das Problem daran war, dass das Gras hier leicht entzündlich war. Es war trocken, weil es nicht geregnet hatte und so verursachten ein paar Glutreste auf dem Gras ein kleines Feuer, was sich möglicherweise ausbreiten würde. Louna war besorgt darüber, doch die Pyroleos kämpften weiterhin heftig gegeneinander, dass sie sich selbst über den Boden rollten. Gerade das führte dazu, dass die wenigen Glutreste wieder ausgetreten wurden und somit das ausbrechende Feuer verhindert wurde. Vorerst. Louna konnte nicht sagen, ob es nicht doch noch zu einer Katastrophe kam. Sie wusste jedoch auch nicht, wie sie die Pyroleos auseinander bekommen sollte, da sie nicht die nötigen Mittel dazu hatte. Oder besser gesagt die notwendigen Pokémon. Ihr kleines Team war nicht stark genug, um sich gegen diese ausgewachsenen und starken Exemplare zu stellen.
    Mit bangem Gefühl konnte Louna nur dabei zu sehen, wie die Pyroleos aufeinander los gingen und das ganz ohne Gnade für den jeweils anderen. Krallen flogen durch die Luft und trafen den anderen, verursachten tiefe blutige Wunden, so dass der Gegner aufbrüllte. Wie lange es dauerte, konnte Louna nicht sagen, aber schon bald stellte sich heraus, wer von den beiden Pyroleos die größere Ausdauer im Kampf besaß. Das herausfordernde Männchen hatte es mit seinen Kratz- und Bissattcken geschafft das verteidigende Pyroleo so sehr zu schwächen, dass es zu dem Entschluss kam, dass es genug war. Es sprang zurück und versuchte den Rückzug anzutreten. Louna konnte aus der Ferne erkennen, dass an seiner Flanke eine schlimme Wunde war, die sich möglicherweise später noch entzünden konnte. Wenn es richtig schlecht lief, würde genau diese Verletzung das Todesurteil des Pyroleos sein, welches sich zwischen die Bäume des Waldes zurückzog und floh. Es hatte sein Rudel verloren.
    Der Gewinner blieb auf der Lichtung zurück und brüllte seinen Triumph hinaus. Die weiblichen Pyroleos hatten längst die Lichtung verlassen, aber er würde sie einholen und das Rudel für sich beanspruchen. Das war die Natur der Pyroleos. Jetzt jedoch schüttelte das Männchen die mächtige Mähne, leckte sich über die Wunden und sah sich um. Genau da wurde Louna bewusst, dass es Zeit wurde abzuhauen. Sie sollte nicht mehr hier bleiben und duckte sich weg. Ob das Pyroleo sie gesehen hatte, wusste sie nicht genau, aber Fakt war, dass es sehr genau Ausschau hielt. Es schien nach etwas Speziellem zu suchen und Lounas Magen sagte ihr, dass es nicht sie selbst war. Aber andere Pyroleos waren doch gar nicht mehr hier … ?
    Sie wollte nicht länger darüber nachdenken und ging langsam los, immer in einer geduckten Haltung, um möglichst nicht auffällig zu sein. Das höhere Gras half vermutlich dabei sich zu verstecken, aber sie würde sich sicherer fühlen, wenn sie die schützenden Bäume wieder erreicht hatte. Chiari hatte sie bereits in ihren Pokéball zurückgerufen, aber Arcus war noch an ihrer Seite. Dieser war ziemlich nervös und sah immer wieder in die Richtung des männlichen Pyroleos, der sich mittlerweile selbst in Bewegung gesetzt hatte. Als Louna nach ihm sah, erkannte sie, dass er mehrere Meter weiter gegangen war und tatsächlich nach etwas suchte. Vielleicht sogar schon gefunden hatte? Sie blieb stehen und beobachtete das Männchen. Es sah aus, als hätte es etwas im Gras fixiert, das weiter von ihm weg war. Die Lichtung hier war sehr groß, aber sie bot nur bedingt Versteckmöglichkeiten, egal wie hoch das Gras gewachsen war.
    Louna entschied sich dafür weiter zu gehen, aber nach wenigen Metern blieb sie abrupt stehen. Ihr Blick war zu Boden gerichtet, wo sie den nächsten toten Körper entdeckt hatte. Er war sehr viel kleiner als das weibliche Pyroleo, weil es sich hierbei um ein Leufeo handelte. Der Körper war dunkelbraun, nur Pfoten und Gesicht wiesen hellbraunes Fell auf. Auf dem Kopf war das rote Fellbüschel, was später einmal zu einer beeindruckenden Mähne hätte werden können, ganz gleich ob männlich oder weiblich. Beide Exemplare waren auf ihre Art und Weise wunderschön, fand Louna. Doch dieses kleine Leufeo würde niemals erwachsen werden. Es war tot und Louna erkannte auf Anhieb die Ursache. Eine klaffende Bisswunde war am Hals des Pokémons zu sehen, was eindeutig darauf hinwies, dass es getötet worden war. Louna schluckte ihren Unmut hinunter und ging weiter, fand aber nach wenigen Augenblicken bereits das nächste tote Leufeo. Es war entsetzlich für sie. Sie hatte Mitleid mit den jungen Pokémon, die bereits ermordet worden waren, obwohl der Kampf zwischen den beiden männlichen Pyroleos noch scheinbar nicht richtig abgeschlossen gewesen war. Der Kontrahent hatte offenbar schneller zugeschlagen, als dem Rudel lieb gewesen sein konnte und nun hatte er auch noch gewonnen. Die Weibchen waren wohl deswegen mit den Leufeos vorhin geflüchtet, um ihre Kleinen in Sicherheit zu bringen. Die toten Leufeos hier gehörten vermutlich zur toten Pyroleo-Mutter, die ihre Kleinen beschützt hatte und selbst mit dem Tod bestraft worden war.
    Arcus war unruhig und gab einen winselnden Laut von sich, weswegen Louna wieder aufsah und über die Schulter blickte. Das Pyroleo starrte direkt in ihre Richtung, wodurch ihr das Herz stehen blieb. Was würde es tun? Menschen angreifen oder sie in Ruhe lassen? Sie hatte Angst, denn sie wusste, wozu dieses Exemplar im Stande war. Von den Kiefern wollte sie sich jedenfalls nicht erwischen lassen. Ein Biss könnte tödlich enden.
    Etwas weiter von ihr entfernt, raschelte es im Gras, was auch das Pyroleo zu bemerken schien, denn es wandte seinen Blick von Louna ab und hin zu dem Fellknäuel, welches dort im hohen Gras tapsig umher irrte. Es fiepste und rief offensichtlich nach seiner Mutter. Ein junges Leufeo hatte überlebt! Louna wollte schon weiter gehen, um in den Wald zurückzukehren und um schnell diese Lichtung zu verlassen. Weg aus der Gefahrenzone! Aber in ihrem Kopf spukte ein Satz, den sie im Pokédex gelesen hatte:


    Wenn es zu solch einer Machtübernahme kommt, greift das neue herrschende Pyroleo häufig die Jungtiere des Rudels an und tötet sie.


    Wenn Louna jetzt ging und die Szene hinter sich ließ, dann wusste sie ganz genau, dass ein weiterer Mord auf dieser Lichtung geschehen würde. Das Leufeo war hoffnungslos unterlegen und hilflos und würde dem Angriff nicht standhalten. Noch dazu fehlte ein weibliches Pyroleo, das sich um es kümmerte. Wenn das nicht eines aus dem Rudel tat, würde es womöglich allein deswegen zu Tode kommen, weil es einfach verhungerte. Der Ruf des kleinen Leufeos hallte in Lounas Brust wider und sie drehte sich um. So schnell ihre Füße sie tragen konnten, lief sie zu dem Fellbündel, was ihr wesentlich näher war, als dem Pyroleo. Das Männchen beobachtete die Szene, kam aber gleichzeitig immer näher. Es war angespannt und fixierte immer noch das Leufeo, wohl darauf bedacht es ebenfalls attackieren zu wollen. Louna erreichte es und wurde kurzerhand vom Leufeo angeknurrt. Es fauchte, besonders als sie, ohne darüber nachzudenken, die Arme ausstreckte und es anhob. Eigentlich sollte man das bei wilden Pokémon nicht tun und wie man sah, war das Leufeo nicht begeistert davon. Es zappelte, fauchte erneut und versuchte sich aus ihrem Griff zu befreien.
    »Ich will dir doch nur helfen«, sagte Louna, wissend, dass das Pokémon sie nicht verstehen konnte. Dass sie nur dafür sorgen wollte, dass es überlebte, konnte dieses kleine Pokémon nicht begreifen, aber das spielte jetzt keine Rolle. Louna sah zum Pyroleo, das immer näher kam und schon rannte sie los. Rennen war vermutlich keine so gute Idee, denn dadurch könnte sie den Jagdtrieb des Raub-Pokémons entfachen, aber sie eilte so schnell zum Wald, dass sie diesen eher erreichte bevor das Pyroleo sie erwischte. Zu ihrer eigenen Erleichterung wirkte das Pyroleo noch etwas irritiert davon, dass ein Mensch da gewesen war. Es schien auch nicht zu wissen, was es davon halten sollte, dass Louna das kleine Leufeo mitgenommen hatte. Dennoch streifte Pyroleo über die Lichtung, schnüffelte an den toten Leufeos und setzte dann seinen Weg fort. Ganz aus der Gefahrenzone war Louna noch nicht. So wie es aussah, verfolgte das Pyroleo sie. Zwar nicht schnell und hetzend, aber es ging in die gleiche Richtung wie sie, bis es ebenfalls den Wald erreicht hatte.
    Louna war nicht stehen gebelieben und sah sich immer wieder um. Noch war genug Abstand und gerade hier im Wald wurde die Sicht zunehmend eingeschränkter, so dass sie nicht mehr sagen konnte, wo genau das Pyroleo sich aufhielt. Wie nah war es oder hatte sie es vielleicht auch schon abgeschüttelt, weil es keine Lust hatte sie zu verfolgen? Das wäre ideal! Dadurch, dass das kleine Leufeo in ihren Armen immer noch sehr unruhig war, blieb Louna nach einiger Zeit stehen und setzte das Pokémon auf den Boden ab. Es jammerte wieder auf, aber es versuchte auch nicht zu fliehen. Seine Verunsicherung war deutlich im Gesicht zu erkennen. Problematisch war eher sein Rufen nach seiner Mutter, denn dieses Rufen könnte das männliche Pyroleo anlocken und was dann passierte, wollte sich Louna nicht ausmalen.
    »Scht-scht, bleib ruhig«, versuchte sie das junge Pokémon zu beruhigen und strich ihm über das Fell. Es maunzte trotzdem auf. Das einzige, was wirklich helfen würde, wäre es in einen Pokéball zu stecken, aber das würde bedeuten, dass Louna es als ihr eigenes Pokémon ansehen musste. Zumindest hätte sie es gefangen und nach den Regeln des Trainerseins … Sie seufzte und zuckte die Schultern.
    »Und wenn schon, hab ich eben noch ein Feuer-Pokémon!« Warum sollte sie das stören? Wenn sie Leufeo ansah, dann sah sie in zwei zuckersüße Kulleraugen. Natürlich war es noch jung und deshalb so unglaublich süß, dass man es am liebsten einfach nur herzen wollte. Aber selbst wenn es später ausgewachsen war, konnte es zu einem starken Pokémon werden und warum sollte das Louna nicht gefallen? Wenn sie es trainerte und für sich gewann, ja warum dann nicht? Ihr Entschluss stand fest und sie nahm einen Pokéball aus ihrem Rucksack heraus. Arcus war immer noch unruhig und beobachtete die Gegend. Er schien ihr mit seinem Winseln mitteilen zu wollen, dass sie besser weiter gingen. Louna hatte nichts dagegen, doch zuvor fing sie das Leufeo. Sie hielt den Pokéball einfach nur an das kleine Pokémon, damit er sich öffnet und es hineingesogen wurde. Eine seltsame Technik nach wie vor, aber es dauerte nicht lange und Leufeo blieb drin. Es war zu geschwächt, um sich ernsthaft gegen den Fangprozess zu wehren. Louna hatte damit vorerst ein neues Pokémon, doch sich darüber freuen wollte sie jetzt nicht. Sie steckte den Pokéball ein und sah Arcus an.
    »Lass uns … « Verschwinden, hatte sie sagen wollen. Dazu kam sie nicht mehr, als das laute Brüllen des Pyroleos zu hören war und zwar so nahe, dass Louna einen Schreck bekam. Schon im nächsten Augenblick sprang es zwischen den Büschen hervor und brüllte erneut. Louna schrie auf. Sie konnte nicht anders. Ihr Herz raste vor Angst und sie taumelte einige Schritte zurück, bis sie an einen Baumstamm prallte. Dort blieb sie stehen, während Arcus damit begonnen hatte laut zu bellen. Der Effekt des Brüllers blieb jedoch aus. Pyroleo ließ sich nicht vertreiben und schnüffelte in der Luft. Louna war sich sicher, dass er das kleine Leufeo riechen konnte, weswegen er so aufgebracht war. Sie glaubte allerdings nicht, dass er es wieder haben wollte, weil er sich rührend um es kümmern wollte. Erneut brüllte Pyroleo, so dass Arcus die Rute zwischen die Beine einklemmte und sich wegduckte. Arcus hatte genauso Angst wie Louna, was sehr verständlich war. Selbst wenn Louna kämpfen wollte, war ihr bewusst, dass zum einen Feuer gegen Feuer nicht viel brachte und zum anderen Arcus zu klein und vor allem noch zu schwach war, um gegen Pyroleo zu kämpfen. Ein Biss und Arcus wäre auch tot. Das wollte Louna nicht riskieren. Sie hatte allerdings auch keine anderen Pokémon, die wirklich kampferprobt waren. Chiari war selbst zu jung und mit Leufeo brauchte sie gar nicht erst anfangen. Auch Tornado, ihr Dartiri, war noch untrainiert, so dass es gerade echt schlecht aussah.
    »Ganz ruhig, Pyroleo, du bist doch ganz lieb, nicht wahr? Hier findest du nichts. Wir gehen auch weiter und lassen dich in Ruhe … «, murmelte Louna. Wenn sie los rannte, würde er sie sofort einholen und was dann passierte, konnte man sich denken. Sie wäre auch nicht in der Lage schnell genug auf einen Baum zu klettern. Wieso hatte sie überhaupt heute Morgen einen Rock angezogen? Nun, besonders viele Wechselsachen hatte sie nicht und weil es so warm war, war der Rock natürlich angenehmer, als die lange Hose gewesen. Das brachte ihr jetzt aber so oder so nichts ein. Selbst wenn sie eine Hose trug, schätzte sie ihre Kletterkünste nicht als gut genug ein, um so schnell auf einem Baum zu kommen, ohne erwischt zu werden. Außerdem war da noch Arcus. Eine falsche Bewegung und Pyroleo könnte sich provoziert fühlen und angreifen. Die Lage schien aussichtslos!


    Louna wusste, dass diese Situation kein gutes Ende nehmen würde, wenn Pyroleo nicht einfach das Interesse verlor und weg ging. Das Pokémon wirkte nicht so, als hätte es genau das vor. Mehr denn je wurde ihr bewusst, dass es unglaublich wichtig war trainierte Pokémon zu besitzen, besonders wenn man außerhalb der Städte unterwegs war. Gut, eigentlich sollten im Nouvaria Wald keine Pyroleos umher streifen, doch sie ahnte, weswegen das Rudel hier war. Möglicherweise war es wegen des Kontrahenten hier her geflohen, auch wenn das im Endeffekt nicht viel geholfen hatte. Der alte Herrscher war besiegt worden und der Neue würde seinen Platz rechtmäßig einfordern. Das stand fest. Louna tat es um die kleinen Leufeos leid, sollten sie wirklich Opfer der Brutalität werden, doch etwas dagegen tun konnte sie nicht. Sie konnte ja nicht mal auf sich selbst aufpassen und sich verteidigen!
    Als sie sah wie Pyroleo einen Schritt auf sie zu machte, sprang ihr Herz wieder vor Schreck und blieb kurz darauf stehen, nur um danach heftiger weiter zu schlagen, als würde eine Horde Ponitas durch ihr Herz galloppieren. Plötzlich schoss von rechts ein so heftiger Wasserstrahl durch die Büsche und traf das angeschlagene Pyroleo, dass Louna den Atem anhielt. Woher kam diese Wasserattacke? Sie sah noch kein Pokémon, was sich jedoch schnell änderte. Leider konnte sie es nicht identifizieren, weil sie so eines noch nicht gesehen hatte. Es besaß einen schlanken und sehr langen Leib und zwei fühlerähnliche Gebilde, die sich über den Augen hinaus streckten und womöglich tatsächlich für den Tastsinn mit verantwortlich waren. Außerdem hatte es eine Art Flosse am Schwanzende und sein Körper war von einer hellen Haut überzogen, die leicht glänzte. War sie feucht? Das könnte durchaus sein. Das Schwanzende wies allerdings ein blau-rotes Muster auf, was sie so noch nicht gesehen hatte. Dieses Pokémon war kein wildes Exemplar, denn hinter diesem tauchte sein Trainer auf, der ziemlich angespannt drein sah und auf sie zugelaufen kam.
    »Alles in Ordnung?«, wollte er von ihr wissen. Erst da realisierte Louna, dass das Pyroleo bereits die Flucht ergriffen hatte. Es wusste, wann es Zeit war zu fliehen, denn der Kampf allein schon vorhin gegen seinen Rivalen hatte es geschwächt gehabt. Gegen ein Wasser-Pokémon zu kämpfen, schien aktuell aussichtslos zu sein. Pyroleo war demnach verschwunden und Louna konnte endlich wieder frei durchatmen.
    »Oh mein … « Sie bekam gar keinen richtigen Satz zustande. Die Anspannung fiel wie ein schwerer Felsbrocken von ihren Schultern und sie brauchte ein paar Augenblicke, um sich wieder soweit zu beruhigen, dass sie etwas sagen konnte.
    »Geht's dir gut? Bist du verletzt?«, wollte der Trainer wissen und hatte zu ihr aufgeschlossen. Er legte seine Hand auf ihre Schulter und Louna nickte.
    »Du glaubst gar nicht wie dankbar ich dir bin, Xelif«, sagte sie.
    Xelif – Sie hatte ihn gleich erkannt gehabt. Wäre er nicht aufgetaucht, wäre wer weiß was passiert. So froh sie darüber war, konnte sie nicht anders und umarmte Xelif, der leicht verwirrt darüber war.
    »Du hast mir das Leben gerettet!«, sagte Louna und ließ ihn nicht los. Ihr wurde erst im Nachhinein richtig bewusst, wie gefährlich die Situation tatsächlich gewesen war und wie weich ihre Knie tatsächlich waren.
    »Äh, äh ja … keine Ursache!?« Xelif war etwas verstört, aber als Louna ihn dann doch wieder los ließ, lächelte er sie an.
    »Was machst du hier? Wolltest du dich nicht zur Route Vier begeben?«, fragte Louna ihn und versuchte so gefasst wie möglich zu sein während sie ihn von oben bis unten musterte. Er sah genauso aus wie sie ihn das erste Mal getroffen hatte. Er trug eine lange Hose und nur ein Shirt, weil es zu warm für seinen Hoodie war. Auf seinem Rücken trug er seinen Rucksack samt Schlafsack. Sein braunes Haar war etwas durcheinander geraten, wohl weil er gerannt war. Jedenfalls sah es danach aus.
    »Dort war ich bereits schon«, antwortete ihr Xelif, der breit grinste. Louna war erstaunt.
    »Und warst du erfolgreich?«, stellte sie sofort die nächste Frage. Das letzte Mal hatten sie sich darüber unterhalten gehabt, dass Xelif unbedingt ein Trasla haben wollte. May und Louna hatten ihm gesagt gehabt, dass er dieses Pokémon auf dem Parterre-Weg finden konnte. Deswegen war er nicht mit nach Aquarellia gekommen. Dass er jetzt allerdings wieder hier im Nouvaria Wald war, war für Louna natürlich ein absoluter Glücksfall.
    »Na und ob!«, sagte Xelif und wirkte unheimlich stolz. Demnach hatte Xelif also sein Trasla gefangen, so wie es schien. Louna freute sich für ihn, legte aber ihre Aufmerksamkeit nun auf sein anderes Pokémon. Jenes, welches sie eben gerettet hatte.
    »Was ist das für eines? Ich habe so eines noch nie gesehen!«, sagte sie und war verblüfft. Das schlanke Wasser-Pokémon hatte sich ein wenig eingerollt und beobachtete sie gelassen.
    »Das ist Shidra, mein Milotic!«, meinte Xelif und streichelte Shidra unter dem Kinn, wodurch es einen hellen, glockenklaren Laut von sich gab, was nach Zufriedenheit klang.
    »Ich danke dir, Shidra, dass du uns geholfen hast! Ich hätte echt nicht gewusst, was ich gegen das Pyroleo hätte machen sollen«, sagte Louna und seufzte.
    »Das war also ein Pyroleo? Interessant. So ein Typ von der Polizei in Nouvaria hat mir ständig gesagt, ich solle wegen denen aufpassen.« Louna lächelte bei dieser Erwähnung. Auch sie war gewarnt worden und das zu Recht! Es hätte vieles schief gehen können, doch dank Xelif ist alles gut ausgegangen. Glück gehabt!
    »Möchtest du nach Aquerellia gehen?«, fragte Louna ihn.
    »Nö. Ich bin nur hier, weil ich mein Trasla trainieren wollte«, erklärte Xelif und rief Shidra zurück in den Pokéball.
    »Ach so, also bleibst du noch eine Weile im Nouvaria Wald?« Ob es nun an ihrer Stimmlage zu hören war oder ob ihr Gesicht nicht einfach Bände sprach, Xelif schien zu ahnen, was ihr auf dem Herzen lag.
    »Du willst nach Nouvaria? Ich kann dich begleiten«, schlug er deshalb vor. Eine ganze Steinlawine fiel von Lounas Herzen, denn die Vorstellung weiterhin allein durch den Wald zu laufen, wo vielleicht wieder irgendwo ein Pyroleo hinter einem Baum hervor gesprungen kam, war beängstigend. Lieber setzte sich Louna mit Käfern auseinander, als noch einmal in eine solch gefährliche Situation zu geraten, aus der sie nicht allein heraus kam!
    »Oh bitte! Das wäre wirklich super!«, sagte sie deshalb und Xelif grinste sie breit an.
    »Kein Problem!«


    Mit Xelif war der Weg durch den Nouvaria Wald wesentlich angenehmer und auch einfacher. Einen Zwischenvorfall mit Pyroleos gab es nicht mehr und auch die Nacht hatten sie ohne weitere Probleme überstanden. Auch hatten keine Käfer versucht Louna wieder anzufallen, so dass sie vor weiteren Schreckattacken sicher gewesen war. Als sie dabei waren sich aufbruchbereit zu machen, wollte Louna zuvor das Leufeo aus ihrem Ball lassen. Xelif war auch neugierig wegen diesem Pokémon und betrachtete es, sobald es entlassen war. Es wirkte ein wenig orientierungslos und begann wieder zu rufen, aber nur für kurze Zeit. Louna kraulte es und bot ihm etwas von dem Pokémon-Futter an, was sie dabei hatte wegen Chiari und Arcus. Sie würde sich in Nouvaria erkundigen, welches Futter am geeignetesten für Leufeos war. Deswegen wollte sie auch so schnell wie möglich den Wald hinter sich lassen. Trotzdem sprang sie jetzt nicht sofort auf, um weiterzugehen. Sie erzählte Xelif was genau passiert war, bevor er aufgetaucht war und versetzte ihn damit ins Staunen.
    »Oha, das ist krass«, meinte er dazu.
    »Die Natur geht schon mal seltsame Wege. Ob das Pyroleo das Rudel bereits erreicht hat und … ?« Louna wusste, was Xelif fragen wollte, ohne dass er seinen Satz zu Ende brachte. Ob die restlichen Leufeos schon tot waren oder vielleicht doch eine Chance bekamen weiter zu leben, hing meistens vom Alter ab. Je älter sie waren, desto weniger mussten sie vor rivalisierenden Pyroleos Angst haben. Aber wenn sie so jung waren wie das kleine Leufeo, welches Louna nun hatte, dann sah es düster für die Pokémon aus.
    »Ich hoffe, ihre Mütter können sie beschützen und dafür sorgen, dass sie leben können.« Es würde Louna traurig stimmen noch mehr tote Leufeos auffinden zu müssen. Xelif stimmt ihr zu. Der einzige Trost, den sie jetzt hatten, war das Leufeo vor ihnen. Louna würde sich darum kümmern und so würde es hoffentlich überleben. Zwar wusste Louna noch nicht, was alles wichtig für so ein Leufeo war, aber sie würde sich informieren und alles tun, damit es dem Kleinen auch wirklich gut ging. Wenigstens schrie es jetzt nicht mehr nach seiner Mutter. Zumindest vorerst nicht. Louna würde wie bei Tornado noch Vertrauen zu dem kleinen Leufeo aufbauen müssen, aber sie ahnte, dass es bei so einem Pokémon einfacher war, als bei einem Dartiri, was kein junges Küken mehr war.
    »Jetzt brauche ich nur noch einen Namen für dich, aber das hat Zeit«, murmelte Louna und strich dem Leufeo über die rote kleine Kopfmähne.
    »Wir sollten weitergehen«, schlug Xelif vor und Louna stimmte ihm zu. Leufeo wurde zurück in den Pokéball gerufen, danach packte Louna ihre Sachen zusammen, wie ihren Schlafsack, und machte sich mit Xelif auf den Weg Richtung Nouvaria Wald.
    Auch an diesem Tag fanden sie keine Spur von Pyroleos. Weder waren sie zu hören, noch zu sehen. Vielleicht waren sie weiter gezogen, allerdings war der Wald auch recht groß. Sie könnten überall sein. Bis sie Nouvaria selbst erreichten, dauerte es noch einige Stunden, doch Louna war niemals zuvor so glückilch darüber gewesen die Sadt erreicht zu haben. Der Wald hatte seine Tücken und Gefahren gehabt, die echt ins Auge hätten gehen können. Dass sie noch lebte, war wie erwähnt der Verdienst von Xelif. Für Louna stand nun auch fest, dass sie unbedingt ihre Pokémon trainieren wollte, doch zuvor würde sie auch noch ihren Trainer-Pass verdienen müssen und das bedeutete: Lernen!
    Für die Prüfung vom Trainer-Pass musste sie einen theoretischen Test bestehen sowie sich in der Praxis beweisen. Bevor sie jedoch mit der Praxis beginnen konnte, war es erforderlich, dass sie die Theorie bestand. Das alles stand in dem schlauen Buch, welches sie im Sekretariat von der Trainer-Schule bekommen hatte, als sie vor einer Woche hier in Nouvaria gewesen war. Damals hatte sie das alles noch ziemlich befremdlich gefunden. Dash hatte sie förmlich dazu genötigt, aber mittlerweile konnte sie sich schon besser damit arrangieren. Sie war drauf und dran eine echte Trainerin zu werden, allerdings würde es noch seine Zeit brauchen. Sie musste lernen, trainieren und auch verstehen. Man konnte nicht von jetzt auf gleich Trainer sein, nur weil man es wollte. Da steckte auch eine Menge Arbeit dahinter, die man investieren musste, vor allem in seine eigenen Pokémon.
    Bevor Louna sich weiter mit diesem Thema auseinandersetzte, wollte sie das Pokémon-Center aufsuchen. Dort würde man nicht nur ihre Pokémon untersuchen, ob es ihnen gut ging, sondern sicher auch verraten, was ein Leufeo alles brauchte, um glücklich zu sein. Fragend sah sie daher Xelif an, ob er sie immer noch begleiten wollte oder ob er nicht etwas anderes vor hatte.
    »Ich komme mit. Mein Trasla muss noch einmal durchgecheckt werden, weil ich mit ihm im Wald trainiert hatte.« Xelif wollte sicher gehen, dass sein Pokémon beim Training nicht ernsthaft verletzt worden war. Lieber auf Nummer sicher gehen, als nachlässig zu werden! Xelif begleitete Louna bis ins Center, wo sie eine Weile warten musste bis sie an der Reihe waren.
    »Ob Dash noch hier ist?«, stellte Louna eine Frage, aber mehr zu sich selbst als an Xelif gewandt. Dennoch ging er darauf ein.
    »Dash?« Hatte Louna schon mal vom ihm erzählt? Falls ja, hatte Xelif es vergessen, weswegen Louna ihn aufklärte.
    »Dash ist ein Freund von mir. Er hatte in der Arena gekämpft, wodurch sein Pokémon vergiftet worden war, weshalb er hier geblieben war, anstatt mit nach Aquarellia zu kommen.«
    »Ach ich erinnere mich, dass du so etwas erwähnt hattest, ja«, sagte Xelif. Dash und Xelif waren sich noch nicht begegnet, aber vielleicht würden sie das demnächst sogar tun? Das kam ganz darauf an, ob Dash noch in Nouvaria war. Vielleicht war er auch schon wieder in Illumina City oder ganz woanders. Louna würde ihn kontaktieren, allerdings nicht jetzt. Denn grade eben wurde sie aufgerufen, so dass sie der Ärztin ins Behandlungszimmer folgen konnte, wo sie hauptsächlich Leufeo untersuchen lassen wollte.
    Das Center hatte mehrere Behandlungsräume und auch mehrere behandelnde Ärzte. Das war nicht nur in Illumina City so, aufgrund der Größe der Stadt, sondern auch hier in Nouvaria City, weil es die Trainer-Schule gab. Es gab viele Trainer, die hier her kamen, um ihre Pokémon behandeln zu lassen. Durch das ständige Training konnte schon einmal was passieren.
    »Um welches Pokémon handelt es sich denn?«, wollte die Ärztin wissen, als Louna in das Zimmer kam und darum gebeten wurde eben jenes aus dem Ball zu holen.
    »Leufeo. Ich habe es gestern gefunden oder besser gesagt … « Louna erklärte die Situation von gestern, wodurch die Augen der Ärztin größer und größer wurden.
    »Da haben Sie aber Glück gehabt, dass nichts Ernsthafteres passiert ist«, meinte diese und Louna stimmte ihr zu. Dank Xelif, der nun erst einmal als Held abgestempelt wurde, war Louna ohne Verletzung davon gekommen.
    »Dann wollen wir mal sehen«, sagte die Ärztin und begann damit das verängstige Leufeo zu untersuchen. Jenes mochte das alles gar nicht, aber es musste sein. Es wurde auf äußerliche wie auch innere Verletzungen geprüft, ebenso die Zähne, Augen, Nase und die Ohren. Da das Pokémon aus der Wildnis stammt, konnte man nie sagen, ob es nicht eine Krankheit mit sich trug, doch die Ärztin versicherte Louna, dass dem nicht so war, weshalb Louna sehr erleichtert war. Leufeo war nicht krank und abgesehen vom Schreck, den es erlitten hatte, schien es ihm weitestgehend gut zu gehen.
    »Ich werde den kleinen Racker auch noch impfen, dann ist alles gut«, erklärte die Ärztin und setzte mehrere Spritzen nacheinander an, die Leufeo gar nicht mochte. Es quäkte zwischendurch auf, aber die Prozedur war schnell überstanden.
    »Ich danke Ihnen!«, sagte Louna und war froh, dass es ihrem kleinen neuen Liebling gut ging. Ja, sie mochte das Leufeo schon jetzt, was sicherlich nur an dieser Niedlichkeit lag. Aber mal ehrlich? Wer könnte so einen tapsigen Winzling nicht ins Herz schließen? Da Leufeo bei ihr bleiben würde und Louna den anfänglichen Gedanken auch bereits verworfen hatte, ob sie Leufeo nicht weg gab, damit sich jemand anderes darum kümmerte, würde sie noch ein Halsband organisieren müssen. Das sollte aber weniger das Problem sein. Spannend wäre es, ob Leufeo sich daran gewöhnen konnte eines zu tragen, doch Louna war optimistisch eingestellt. Jetzt war sie einfach nur froh, dass es allen gut ging, auch Arcus, der munter neben ihr her ging, als sie das Center gemeinsam mit Xelif verließ. Auch seinem Pokémon ging es gut. Sie hatten keinen Grund zur Sorge.



  • Huhu^^ Heute gibt es mal wieder Rückmeldung, aber noch nicht zu den neuen Kapiteln, aber ich bin leider noch nicht auf dem neusten Stand und nicht so schnell im Review schreiben. Vor allem weil ich ja zu jedem Kapitel eins schreiben will.11







    @Alexia


    Jaaa ich musste weiterlesen und ediere es dir hier mal rein. Eindeutig schreibe ich auch zu viel, oder? Wenn du nein sagst, sei gewarnt, dass ich damit nicht aufhöre.^^






    @Alexia


    Heute leider nur zu einem Kapitel, mehr schaffe ich heute nicht mehr.


    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

    3 Mal editiert, zuletzt von Eisseele ()

  • @Alexia



    Edit: Sorry eigentlich wollte ich in den anderen Beitrag edieren, das hab ich voll verpennt. ^^`

    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Eisseele ()

  • Hallo Lexi,


    ich erinnere mich noch, dass wir irgendwo auf dem Weg nach Escissia waren und es dort schließlich zu einem Festival kam. Die Atmosphäre dort hast du wirklich wundervoll beschrieben und für so ein kleines Dörfchen kann ich mir die Show echt gut vorstellen. Schade, dass sie kurzerhand durch die Suche nach Soul unterbrochen wurde und schließlich auch noch in einem Kampf endete. Da es nicht vorhersehbar war, sorgte es aber kurzfristig ebenfalls wieder für etwas Abwechslung und darüber hinaus wieder für einen Kampf für Louna, die sowieso noch Erfahrung benötigt. Du hast aber noch etwas Probleme damit, einen Doppelkampf dynamisch zu beschreiben; zumindest waren die Pokémon eben doch sehr fixiert auf ihren direkten Gegner und die Trainer haben auch nichts unternommen, dass sie dem jeweils anderen gern helfen wollten. Daran kannst du sicherlich noch etwas feilen.


    Das nächste Ziel sollte schließlich der Weg nach Nouvaria City sein und auch hier kamen als Überraschung plötzlich die noch in Illumina angesprochenen Pyroleos vor. Warum sie sich ausgerechnet in den Wald verirrt hatten und dazu noch nichts abgefackelt haben, darüber lässt sich streiten. In weiterer Folge hast du aber den Revierkampf und generell das Verhalten des Rudels sehr ausführlich beschrieben und dir auch darüber Gedanken gemacht, wie es zum Beispiel mit den Jungen weitergeht. Eines davon überlebte sichtlich und die darauffolgende Flucht und Rettung mitsamt Wiedersehen eines alten Bekannten hast du wie gehabt sehr lebhaft beschrieben.
    In weiterer Folge frage ich mich aber, was wird noch kommen? Jetzt ist Louna schon so oft in teils lebensgefährliche Situationen geraten, dass man es mittlerweile als gegeben betrachten könnte. Fast keine Begegnung mit wilden Pokémon ist nicht gefährlich; obwohl sie es ja eigentlich sind und besonders in Hinsicht auf die kleineren Pokémon wäre es eine Überlegung, die Situation einmal etwas anders zu gestalten. Vielleicht fühlt sich ein Pokémon ja einmal extrem hingezogen zu Louna? Oder zu Xelif oder einem anderen Charakter. Vielleicht treffen sie auch mal auf jemanden, der sich der Forschung widmet und die Gruppe teilhaben lässt. Da sind noch viele Möglichkeiten offen und spätestens jetzt benötigt es auch eine andere Sichtweise auf die Pokémon. Das kriegst du sicher hin; ich seh deine Gehirnwindungen schon rattern.


    Wir lesen uns!

  • Huhu, @Alexia! Dann wollen wir mal deine schöne Fanfiction kommentieren! Dabei widtme ich mich aber nur deinem letzten Kapitel etwas genauer^^




    Ich muss sagen, ich mag deinen Schreibstil sehr. ich muss zwar sagen, dass du manch einer Figur etwas mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen solltest (gegen Louna kommen manch andere doch etwas "blass" rüber), im Allgemeinen ist das aber ziemlich schön und lebendig. Ich hab ja mit dem 25. Kapitel erst angefangen und konnte die Datei, die ich mir fürs mobile Lesen gemacht hatte, nicht aus der Hand legen, obwohl ich teilweise etwas anderes machen wollte xD"
    Kleine Anregung noch: Da die FF schon eine relativ hohe Anzahl an Kapitel erreicht hat, könntest du bereits über eine Zusammenfassung des bisherigen nachdenken. Der erste Abschnitt, die Reise mit den Startern, neigt sich ja nun schon ihrem Ende zu (wenn man das Ganze nicht bereits als abgeschlossen betrachten kann) und das würde es Neueinsteigern erleichtern, sich deiner Geschichte auch dann zu widtmen, wenn sie erst spät dazukommen^^


    Über Benachrichtigungen bei neuen Kapiteln würde ich mich sehr freuen :)


    ~ Sheo