Entdeckerteam Chaos

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

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    Kapitelübersicht


    Prolog: Erinnerung


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    Vorwort


    Herzlich willkommen zu meiner Fanfiction Pokémon Mystery Dungeon: Entdeckerteam Chaos!


    Umstritten wie es auch sein mag, Pokémon Mystery Dungeon: Portale in die Unendlichkeit hat mich inspiriert. Genug, dass ich jetzt zwei FFs gleichzeitig schreibe.
    Diese FF geht für mich in eine ganz neue Richtung: weniger Rätsel und Logik, mehr Abenteuer, Kämpfe und Charakterentwicklung.
    Neben der ganz großen Inspiration durch die PMD-Reihe (insbesondere Portale) fließen auch Elemente der Mythologie um den Weltenbaum Yggdrasil ein - darauf gebracht haben mich natürlich die legendären Pokémon aus X und Y.
    Wer die PMD-Spiele kennt, wird einige bekannte Elemente wiederentdecken. Wer sie noch nicht gespielt hat sollte das JETZT SOFORT nachholen!!, kann trotzdem weiterlesen — es wird alles erklärt.


    Viel Spaß beim Lesen!



    Klappentext


    Ohne Erinnerung erwacht ein Mensch
    in einer ihm fremden Welt,
    verwandelt in ein Pokémon.


    Er sucht seine verlorene Vergangenheit
    und gründet ein Entdeckerteam.


    Nach einer vernichtenden Niederlage
    wird dem Team aus Anfängern aufgetragen,
    die Welt vor dem Chaos zu retten …



    Charaktere, mysteriöse Dungeons, etc.


    Leser von Lichtspiel kennen das System schon: Charaktersteckbriefe u.ä. erscheinen als Anhang zu jedem Kapitel jeweils auf dem vorherigen Stand, um spoilerfrei die Erinnerung auffrischen zu können.
    (Da ich diesmal keine Sprites machen muss, kommen sie auch pünktlich)



    Altersempfehlung


    Unter anderem wegen einiger Pokémon-Kämpfe aus der Sicht von Pokémon und gewisser düsterer PMD-Elemente schätze ich Entdeckerteam Chaos auf ab 16 Jahren ein.



    Widmung & Dank


    Ich widme diese Geschichte allen, die sie gerne lesen.


    Danke an Furanty, Yusei Fudo, RioluFan und Vulnonchen!



    Copyright


    Das Copyright an Pokémon gehört natürlich Nintendo/Gamefreak/The Pokémon Company.


    Titelbild:
    Der Baum stammt von Traudmarie auf Wikimedia Commons.
    Die Pokémon sind Original-Artworks gefunden im Pokéwiki.



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    ▶ Prolog: Erinnerung



    Seine Gedanken waren in einem Strudel gefangen.


    Ein Strudel aus Licht nahm alles vor ihm ein.
    Das Licht stach in seine Augen, ließ alles verschwimmen. Dennoch sah er den blendenden Ring und den Wirbel in dessen Innerem. Er sah, wie sich alles drehte, und spürte, wie er sich selbst zu drehen begann. Der Strudel zog ihn unaufhaltsam in sich hinein.


    „Wenn du ein Geschenk bekommst, wann öffnest du es?“
    Eine monotone Stimme, fast mechanisch.
    „Bist du ein guter Verlierer?“
    Natürlich war er ein guter Verlierer. Er hatte sich nie beschwert, wenn sie wie immer gewonnen hatte, auch wenn sie es nicht verdient hatte. Was sollte diese Frage?
    „Man sagt, eine Aufgabe sei unmöglich …“
    So etwas gab es nicht.
    „… was tust du?“
    Was sollten diese Fragen…? Woher kamen diese Fragen?
    „Einer deiner Freunde bittet dich darum, …“
    Sie hallten durch seine Gedanken, eine Frage nach der anderen. Sie gehörten zu diesem Strudel, dessen war er sich sicher. Sie waren mit dem Strudel verbunden, als wären sie dessen Stimme.
    „Ist das Glas halb voll oder halb leer?“
    Wer stellte diese ganzen Fragen!? Was hatte das zu bedeuten?
    Was hatte irgendetwas zu bedeuten?
    Wo war er hier überhaupt?
    Er suchte nach einer Antwort in seiner Erinnerung. Wie war er hierher gekommen? Was lag vor dem Strudel? Was war das letzte, woran er sich erinnern konnte?
    „Noch eine letzte Frage …“
    Irgendetwas. Irgendeine Erinnerung. Es musste irgendetwas geben.
    Leere. Gähnende Leere in seinen Gedanken, wie das Nichts, das ihn umgab, als er die Fragen hörte. Das Nichts hinter dem Strudel.
    „… muss ein Glumanda sein.“


    Glumanda! Das hatte er schon einmal gehört.
    „Oder sollte ich Glumanda sagen? Man darf aber auch nirgendwo allein hingehen. Wie lange war ich dich los? Nicht mal ’n Jahrzehnt“, sagte sie. Seine Füße schmerzten. Kalte, harte Kanten pressten sich in seine Sohlen.
    „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen“, antwortete er. Das war noch untertrieben. Nach über fünf Jahren hatte er sie endlich gefunden.
    Wen hatte er gefunden!?
    Er hörte ihre Stimme, spürte den Stein unter seinen Füßen, doch er konnte nichts sehen. Vor ihm lag nichts als Finsternis … bis auf drei kleine Lichter.
    Rot. Gelb. Grün.
    Jemand griff seinen Arm.
    „Konzentriere dich. Du musst dich erinnern.“
    Woran erinnern? Wie erinnern? Das versuchte er doch die ganze Zeit! Natürlich musste er sich erinnern, er wollte sich erinnern. Doch da war nur Leere. Nichts als Leere.
    Nein. Das war keine Leere. Es war viel mehr, als würden seine Gedanken an einer unsichtbaren Wand abprallen, wann immer er der Antwort zu nahe kam.
    Sie schrie. „Denk an das Chaos. Vergiss auf keinen Fall das Chaos!“


    „Vergessen? Wie sollte man so etwas denn … vergessen~? Nie~ma~als~!“
    Eine Melodie. Ein leises Summen. Ein Kälteschauer durchfuhr ihn.


    Chaos.
    „Das Chaos in dieser Welt wird weiter zunehmen.“
    Er hörte ein Echo wie in einer Höhle.
    Da war eine Höhle. Er war in einer Höhle. Der Strudel aus Licht erhellte den Fels.
    „Die Macht dieses Pokémon nimmt … immer weiter zu. Weiter, als es das Gleichgewicht … verkraften kann.“
    Die Stimme klang schwach, als kostete es eine große Anstrengung, die Worte zu erschaffen.
    „Diese Antwort kann ich dir nicht geben … denn ich kenne sie nicht.“
    Dennoch lag eine gewisse Kraft in ihr.
    „Das Pokémon, das du suchst … ist ein Lucario.“


    „Lucario … Warum tust du das, Lucario? Was stört dich an dieser Welt? Ist sie nicht wunderschön?“
    Die Höhle war verschwunden. An ihrer Stelle kehrte die Melodie zurück. Ein sanftes, heiteres Lied.
    Er lag am Boden. Der harte Fels presste sich nun in seine Seite. Er wollte aufstehen, er musste aufstehen, musste weiterkämpfen, doch er konnte es nicht. Es wurde kälter. Er spürte, wie seine Flamme langsam nachließ.
    Ein sanftes, heiteres Lied, das sich seiner Schmerzen erfreute.
    Rot. Gelb. Grün. Sie kamen näher.


    Der Strudel wirbelte schneller.


    Bilder rasten an ihm vorbei.
    Hellgrüne Sechsecke glänzten im Licht.
    Eine kahle Stelle im blau-schwarzen Fell.
    Ein rotes Muster kreiste um den Strudel.


    Ausschnitte, doch ohne Bedeutung.
    Was war das? Wo war er? Wer war er?


    Rot. Gelb. Grün. Wie drei Augen in der Dunkelheit.


    Augen. Seine Augen waren geschlossen.
    Das alles war nicht echt. Gedanken, Erinnerungen, Träume.
    Wo auch immer er hier war, es war nicht die Wirklichkeit.
    Der Wirbel ließ nach.


    Sebastian schlug die Augen auf.

  • ▶ Kapitel 1: Verwandelt


    [tabmenu][tab=X][tab=Charaktere]
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    [tab=Orte]
    Mysteriöse Höhle
    Eine Höhle, die durch einen Strudel aus Licht erhellt wird. Sebastian war dort, bevor er seine Erinnerung verlor.
    [tab=Erinnerungen]
    Prolog

    • Ein Strudel aus Licht nahm alles vor ihm ein.
    • „Wenn du ein Geschenk bekommst, wann öffnest du es?“ — Sie hallten durch seine Gedanken, eine Frage nach der anderen.
    • „Ich freue mich auch, dich wiederzusehen“ —Nach über fünf Jahren hatte Sebastian sie endlich gefunden.
    • „Denk an das Chaos. Vergiss auf keinen Fall das Chaos!“
    • „Das Chaos in dieser Welt wird weiter zunehmen.“
    • „Das Pokémon, das du suchst … ist ein Lucario.“
    • Ein sanftes, heiteres Lied, das sich seiner Schmerzen erfreute.
    • Hellgrüne Sechsecke glänzten im Licht. Eine kahle Stelle im blau-schwarzen Fell. Ein rotes Muster kreiste um den Strudel.
    • Rot. Gelb. Grün.

    [tab=Kapitel 1]


    Ein brauner Kreis wurde verschwommen sichtbar. Harte, fadenartige Strukturen kratzten die Seite, auf der Sebastian lag.
    „B-Bist du wach?“, hörte er aus der Richtung des Kreises, in dessen Mitte er eine Bewegung erkennen konnte.
    „Ja … glaub schon“, murmelte Sebastian. Sein Untergrund raschelte, als er sich streckte. Stroh?
    „Supi!“ Der Kreis hüpfte auf und ab. Langsam zeichnete sich eine hellgrüne Umrandung ab, gefolgt von großen schwarzen Augen und einem weit geöffneten Mund. Drei dunkelbraune Dreiecke und eine stachlige grüne Schale umrahmten das Pokémon-Gesicht. „So. Also. Erst erklären. Du bist—“
    „Ein sprechendes Igamaro!?“
    „Hm? Warum soll ich nicht sprechen? So jung bin ich auch nicht. Sehe ich so jung aus?“
    Sebastian konnte sich nicht erinnern, schon einmal ein Igamaro sprechen gehört zu haben.
    Hatte er überhaupt einmal ein Igamaro gehört? Er durchsuchte sein Gedächtnis nach anderen Begegnungen mit diesem Pokémon — nichts. Woher wusste er dann seinen Namen? Er wusste es nicht. Dennoch war er sich sicher, dass es, wie alle anderen Pokémon, normalerweise nicht sprechen konnte.
    Oder irrte er sich? Er konnte sich ebenso wenig erinnern, wie er auf diesen Gedanken kam.
    „Oh, und bitte schrei nicht so“, fügte Igamaro hinzu. „Nicht, dass sich die anderen Patienten erschrecken.“
    Patienten, Pokémon … „Ist das ein Pokémon-Center?“
    Waren seine Pokémon in Behandlung, und er war beim Warten eingeschlafen? Er konnte sich nicht erinnern, dass er seine Pokémon ins Pokémon-Center gebracht—
    Welche Pokémon? War er überhaupt ein Trainer?
    Das durfte nicht sein. An irgendetwas musste er sich doch erinnern.
    „Center? Tut mir Leid, das kenne ich nicht. Wir sind nur ein ganz normales Krankenhaus.“
    „Krankenhaus!?“
    Hatte er einen Unfall gehabt? War er verletzt?
    Ein Teil seiner Seite war durch etwas Weiches vom Stroh abgeschirmt. Etwas Weiches, das um seinen Bauch und Rücken gewickelt war — ein Verband? Schmerzen hatte er jedoch keine.
    „Oh! Oh! ’Tschuldigung! Jetzt hab ich die Erklärung ganz vergessen. A-Also. Du bist im Fundstadt-Krankenhaus. Keine Panik! Du solltest bald wieder gesund und munter nach Hause gehen können. Ich hole jetzt einen Arzt. Er kann dir das besser erklären. Aber es ist wirklich kein Grund zur Sorge!“ Igamaro entfernte sich aus seinem Blickfeld, sodass er nur noch auf eine Wand aus Holzbrettern sah. „Chaneira, kannst du Doktor Ohrdoch holen? Glumanda ist aufgewacht!“
    „Glumanda…?“
    „Oh! ’Tschuldigung! Bist du kein Glumanda? Ich, ich dachte … Du siehst wirklich aus wie ein Glumanda. Was für ein Pokémon bist du?“, fragte Igamaro, während sie zu ihm zurückkam.
    „Soll das ein Witz sein!? Ich bin ein Mensch und heiße Sebastian.“ War das wirklich der richtige Augenblick für schlechte Scherze?
    „Ein Mensch!? Was? Ich, ich dachte immer, Menschen sehen ganz anders aus als Pokémon. Nicht, dass ich schon mal einen gesehen habe. Ehrlich gesagt, ich glaube, hier hat noch niemand einen Menschen gesehen. Bist du wirklich ein echter Mensch?“ Verwirrung stand Igamaro ins Gesicht geschrieben. Es war, als hätte er ihr gesagt, er sei der Weihnachtsmann.
    „Natürlich bin ich ein Mensch.“ Sebastian streckte Igamaro seine Hand entgegen. „Sehe ich aus wie ein—“
    Sein Arm war so kurz, dass er sein eigenes Gesicht kaum erreichte. Anstelle von Haut war er von orangefarbenen Schuppen bedeckt, und vier winzige Stummel waren dort, wo seine Finger sein sollten.
    „I-Ist alles in Ordnung, Glu— Sebastian?“
    Sebastian beugte seinen Kopf nach vorn und tastete sein Gesicht ab. Schuppen. Löcher anstatt einer Nase. Ein Mund, ohne Lippen, über die ganze Breite des Gesichts. Riesige Augen. Keine Haare, nur Schuppen.
    Sebastian schrie, als er begriff.
    „Ich bin ein Glumanda!!!“


    „Bitte beruhige dich.“ Ein auffällig lächelndes Ohrdoch trat neben Igamaro vor die Holzwand. „Du bist wahrscheinlich noch verwirrt.“
    „Ich bin ein Mensch! Ich bin kein Glumanda! Warum bin ich ein Glumanda!? Was, was ist …“
    „Beruhige dich, Glumanda. Die Verwirrung wird bald nachlassen.“
    „Ich bilde mir das nicht ein! Ich bin ein Mensch!“
    „Schwester Igamaro, wir brauchen noch eine Persimbeere“, sagte Ohrdoch. Igamaro verschwand.
    Es war aussichtslos. Sie würden ihm nicht glauben. Wieso sollten sie auch? Er hatte den Arm eines Glumanda, das Gesicht eines Glumanda und den Schwanz eines Glumanda — er spürte, wie der neue Körperteil von einer Flamme an dessen Spitze erwärmt wurde. Warum sollte ihn irgendjemand für etwas anderes als ein Glumanda halten? Und doch wusste er, dass er ein Mensch war. Aber das konnte er Ohrdoch unmöglich erklären. Er musste vorerst mitspielen.
    „Entschuldigung, … Herr … Doktor?“, sagte Sebastian. Ein sprechendes Ohrdoch als Arzt? Was war das für ein Krankenhaus?
    Nein, das war falsch. Ohrdoch sprach nicht wirklich. Auch Igamaro hatte nicht gesprochen, wie Sebastian erst jetzt verstand. Die Pokémon gaben ganz normale Pokémon-Laute von sich. Es waren nicht die Pokémon, die plötzlich sprechen konnten, es war Sebastian, der sie plötzlich verstand.
    „Ich bin verwirrt. Natürlich bin ich ein Glumanda. Ist doch klar! Wie bin ich denn darauf gekommen? Boah, bin ich verwirrt. Aber, egal. Was ist passiert?“
    „Du wurdest von einer starken Psycho-Attacke getroffen und warst einige Zeit bewusstlos. Du hattest auch einige blaue Flecken und kleinere Schnittwunden, aber die sind inzwischen so gut wie verheilt. Sobald du nicht mehr verwirrt bist, kannst du nach Hause.“
    „Wie ist das passiert? Wie komme ich hierher?“
    „Hast du Erinnerungslücken?“
    „Lücke, schön wär’s! Da ist nichts. Ich weiß nicht, wer ich bin, wo ich bin, gar nichts.“
    Ohrdochs Dauerlächeln verschwand. „Ein Effekt der Psycho-Attacke. Die Persimbeeren werden hoffentlich helfen.“
    ‚Hoffentlich‘? Und wenn nicht? Was sollte er tun, ohne Erinnerung, offenbar verwandelt in ein Glumanda?
    Das musste ein Albtraum sein. Vielleicht war es wirklich nur ein Traum. Vielleicht würde er gleich aufwachen, als Mensch, mit all seinen Erinnerungen. Es musste einfach ein Traum sein. Er konnte doch nicht ohne Erinnerung—
    „Was deine Frage angeht“, fuhr Ohrdoch schon wieder lächelnd fort, „wir wissen nicht, wie es zu den Verletzungen gekommen ist. Das Pokémon, das dich hierhergebracht hat, hat uns telepathisch gerufen und ist verschwunden, bevor wir es sehen konnten, geschweige denn ihm irgendwelche Fragen stellen.“
    „Was zum—“ Es war, als wollte irgendetwas verhindern, dass Sebastian auch nur eine einzige Erinnerung daran zurückbekam, was geschehen war.
    „Doktor Ohrdoch! Bin schon da!“
    Sebastian hörte Igamaros Stimme und stützte sich auf seinen Arm, den er ganz ausstrecken musste, um mit Mühe über die Schulter sehen zu können. Ein Dutzend strohbedeckte Betten standen im Raum, die meisten leer. Igamaro ging an einem liegenden Pachirisu vorbei. Auf den Händen balancierte sie eine pinke Beere.
    „Hier, bitte. Damit wird es dir gleich viel besser gehen!“
    Igamaro drückte ihm die Persimbeere in die deutlich kleinere Hand. Er versuchte, die Beere mit seinen winzigen Fingern zu packen, sie irgendwie wieder zu fangen, sie am Herunterfallen zu hindern — sie traf den Boden.
    „Nimm sie lieber in beide Hände“, sagte Igamaro, während sie die Beere aufhob.
    Inspiriert von Igamaros Grifftechnik gelang es Sebastian beim zweiten Versuch, die Persimbeere zum Mund zu führen. Er genoss den süßen, saftigen Geschmack. Schon nach wenigen Bissen spürte er, wie sich seine Atmung und sein Herzschlag beruhigten. Seine Gedanken wurden immer klarer:
    „Ich heiße Sebastian Orbin. Ich bin ein Mensch. Durch den Angriff eines Pokémon habe ich mein Gedächtnis verloren. Irgendwann zuvor muss ich mich in ein Glumanda verwandelt haben.“
    Er schloss die Augen und versuchte, sich zu erinnern. Wie hatte er sich verwandelt? Wer hatte ihn angegriffen? Wen hatte er nach vielen Jahren wiedergesehen? Wer war er, wo kam er her?
    Die Persimbeere brachte keine Antwort auf diese Fragen. Stattdessen brachte sie ihm eine erschreckend klare Erkenntnis: Er hatte seine ganze Vergangenheit verloren.


    „Wenn das so ist“, sagte Ohrdoch, als Sebastian ihm seine Erkenntnis geschildert hatte, „wird dir leider nur die Zeit helfen können. Schwester Igamaro? Bring den Patienten nach draußen. Vielleicht kann der Anblick von Bekanntem seine Erinnerungen wieder erwecken.“
    „Glumanda, kannst du aufstehen?“, fragte Igamaro.
    „Klar! Die Kratzer sind harmlos“, antwortete Sebastian. Er drehte sich auf den Rücken. Der Schwanz war im Weg, zwischen Rücken und Unterlage eingeklemmt, die Flamme bedrohlich nah am Stroh. Beim Versuch, den Schwanz in eine passendere Position zu bringen, streifte das Feuer fast sein Gesicht. Seine Arme ließen sich besser kontrollieren als der unbekannte Körperteil, doch ihre Länge reichte nicht, um ihn ins Sitzen zu drücken.
    „S-Soll ich helfen?“
    „Geht schon … bin nur noch etwas verwirrt.“ Frustriert ließ sich Sebastian wieder zurückfallen, rollte sich auf den Bauch und nutzte Arme und Knie, um sich in die Hocke aufzurichten. Schließlich gelang es ihm, aus dem Bett zu springen.
    Er sah auf Ohrdochs Bauch. Dem „kleinen“ Pokémon reichte er nicht einmal bis zum Kinn.
    Igamaro — nur wenig kleiner als Sebastian — nahm ihm den Verband ab. „Bist du fit?“, fragte sie.
    „Fit wie ein Turnschuh! Wer zuerst draußen ist!“


    Während Igamaro vor ihm rannte, taumelte Sebastian auf den Ausgang zu. Das Gewicht seines Schwanzes zog ihn nach hinten, störte sein Gleichgewicht, drohte, ihn zu Fall zu bringen. Als er seine Konkurrentin außerhalb des Gebäudes erreicht hatte, stand sie schon lange dort.
    Er sah auf einen Feldweg umgeben von Wiesen, Bäumen und einem strahlend blauen Himmel. Am Ende des Weges konnte er eine Art Marktplatz mit zahlreichen Ständen erkennen. Es herrschte ein reges Treiben von Pokémon, Menschen dagegen waren nirgendwo zu sehen. Es war, als hätten Pokémon ihre eigene Stadt gegründet.
    Nichts, das er sah, kam ihm bekannt vor. Im Gegenteil: Er war sich fast sicher, diesen Ort noch nie gesehen zu haben.
    „Glu— Sebastian … du bist wirklich ein Mensch, oder?“, fragte Igamaro.
    „Ja. Naja … jetzt bin ich wohl ein Glumanda.“
    „Ein Mensch, der sich zu einem Glumanda entwickelt. Das klingt wie eine komische Geschichte. Naja, ehrlich gesagt dachte ich bisher, dass es Menschen allgemein nur in komischen Geschichten gibt. Aber ich glaube dir.“
    „Danke.“
    „So wie du läufst, musst du dich einfach gerade entwickelt haben!“ Igamaro lachte.
    „Oder auch nicht danke“, brummte Sebastian.
    „Erinnerst du dich schon?“
    „Keine Chance. Wo sind wir hier überhaupt?“
    „Vor dem Krankenhaus, auf dem Weg zum Hauptplatz.“ Igamaro deutete den Weg entlang.
    „Das sehe ich. Welche Stadt?“
    „Fundstadt! Die Stadt, wo man immer ein Abenteuer findet! Ich bin mal einfach nur auf einen Baum geklettert, und plötzlich—“
    „Welche Region?“
    „Re…gion? Was ist das?“
    „Du weißt schon … wie ein Land. Nur kleiner.“
    „Ein Stück Land? Aber das ist doch ziemlich klein. Außer, jemand baut seine Entdeckerbasis auf einem riiiesigen Stück Land! So wie Team QFD! Irgendwann! Irgendwann will ich da hin!“
    Wenn Igamaro schon nicht wusste, was ein Land war, konnte er sich die Frage nach dem Planeten wohl sparen. Mehr als den Namen „Fundstadt“ würde er von ihr nicht erfahren. Aber vielleicht gab es in der Stadt jemanden, der sich besser mit Geographie auskannte.
    „In der ganzen Familie kennt sich niemand so gut mit Geographie aus wie du. Ich bin wirklich stolz auf dich“, sagte jemand in seiner Erinnerung.
    Wer sagte das? Zu wem? Irgendetwas an dieser Erinnerung war ihm unangenehm. Vermutlich war nicht er der Angesprochene. Dennoch, es war eine Erinnerung, und er hoffte, dass weitere auf sie folgten.
    „Alles in Ordnung? Brauchst du nochmal eine Persimbeere? Ich kann sofort rennen und eine holen!“
    „Alles gut. Ich dachte nur gerade … führst du mich in der Stadt rum?“
    „Klar! Auf geht’s!“ Igamaro eilte los. Er beugte sich nach vorn und rannte hinterher.


    Etwas geschickter als beim letzten Versuch lief Sebastian vorbei an einem Kangama- und einem Pandagro-förmigen Stand aus Holz ins Zentrum des Platzes, wo Igamaro auf ihn wartete. Auch die anderen Stände waren Pokémon nachempfunden. Er erkannte ein Kecleon, ein Kramurx und ein Magnetilo. Stets wurde der Laden vom jeweiligen Vorbild-Pokémon betrieben — bis auf den Kangama-Stand, bei dem gerade ein Mauzi hinter dem Tresen ein Mampfaxo bediente.
    „Oh! Oh! Entdecker! Ein echtes Entdeckerteam!“, quiekte Igamaro. Hüpfend deutete sie Sebastian auf ein Marill und ein Kapuno, die den Platz überquerten. „Waaah! Siehst du die gelben Entdeckerorden? Die haben schon den Bronze-Rang!“
    “Warum suchst du dir nicht einen sinnvolleren Beruf? Entdecker zum Beispiel”, sagte eine Stimme in seiner Erinnerung.
    Als das vorbeilaufende Mauzi mit dem Sack über der Schulter nicht mehr die Sicht versperrte, begutachtete Sebastian die beiden sogenannten Entdecker genauer. An Kapunos Schal und dem Band, das um Marills Ohransatz gewickelt war, war jeweils ein gelbes Abzeichen mit bronzefarbenem Kern befestigt.
    „Bronze? Ist das gut?“
    „Oh ja! Stell dir vor, wenn man Bronze hat, dann hat man bald Silber, und danach kriegt man Gold, und dann Platin, und dann den Meisterrang, und dann den Bronze-Meisterrang und den Silber-Meisterrang und den Gold-Meisterrang und dann ist man so gut wie Team QFD!“ Igamaro schnappte nach Luft. In ihrem Enthusiasmus hatte sie offenbar vergessen zu atmen.
    „Das klingt eher, als wären sie gerade erst am Anfang“, meinte Sebastian.
    „Hey, sie sind schon einen ganzen Rang aufgestiegen! Überleg dir mal, wie viele Aufträge man dafür machen muss!“
    „Zehn, wenn man nur Ein-Stern-Aufträge macht“, warf Kapuno am Ausgang des Platzes ein.
    “Sag mal, Igamaro … was ist ein Entdeckerteam?”, fragte Sebastian.
    “Hm? Das hast du auch vergessen? Entdecker sind die größten Helden, die es gibt! Entdecker gehen in mysteriöse Dungeons und retten Pokémon in Not, fangen gefährliche Verbrecher oder suchen Schätze, oder manchmal untersuchen sie auch Orte und dann finden sie coole Sachen und stell dir vor, sie könnten sogar zum Weltenbaum gehen und die legendären Pokémon treffen!”
    “Ich will neue Orte entdecken und bekannten Orten neue Geheimnisse entlocken. Deshalb will ich Entdecker wer—”


    Ein markerschütterndes Brüllen schallte über den Platz.
    Sebastian drehte sich in Richtung der Quelle und sah ein wutschnaubendes Kangama hinter dem Tresen des entsprechenden Standes. Mampfaxo vor ihm verschlang hektisch einen Apfel.
    „Oh mein Arceus! So wütend habe ich Kangama noch nie gesehen!“ Igamaro eilte auf den Laden zu. „Was, was ist passiert?“
    Sebastian folgte ihr vorsichtig und hörte Mampfaxo mit vollem Mund sagen: „Mauzi war keine Vertretung … das war ein … Einbrecher! Und ich hab ihm auch noch … mein wertvolles Band gegeben!“
    „Wie schrecklich! Los! Wir müssen hinterher!“ Igamaro packte Sebastians Arm und zog ihn in die Richtung, in die Mauzi zuvor verschwunden war.

    But nobody came.
    Ich vermisse Sans, er war so einfach.

    3 Mal editiert, zuletzt von Gray Ninja () aus folgendem Grund: Sorry! Mein Browser hasst mich offenbar -.-

  • Hi Evolina (:


    Ich habe mich super gefreut, eine Fanstory zum Thema Mystery Dungeon gefunden zu haben. Deßhalb hab ich sie gleich mal angelesen.
    Zunächst mal zu Idee:
    Wie bereits gesagt, finde ich es sehr schön, dass deine Story im Bereich Mystery Dungeon angesiedelt ist. "Entdeckerteam Chaos", bei dem Titel war meine Neugier dann sofort geweckt. Da du in deinem Startpost auch schon von einem Chaos gesprochen hast bin ich mal sehr gespannt, wie sich die Geschichte rund um dieses Thema aufbauen wird.


    Zum Prolog:
    Ich finde es sehr gut, dass du die Fragen zur Charakter-Bestimmung mit eingebaut hast. Da habe ich mich gleich wieder wie am Beginn einer neuen Runde Mystery Dungeon gefühlt. Der Protagonist, Sebastian, wird einem dadurch etwas näher gebracht. Die Art und Weise, wie du seine Verwirrung und seine nicht vorhandenen Erinnerungen darstellst, haben mir sehr gut gefallen. Der Einstieg in deine Geschichte ist dir also aus meiner Sicht sehr gut gelungen. (:


    Zum 1. Kapitel:
    Igamaro ist ein super Charakter und verkörpert die immer hilfsbereite, quirlige und lebensfrohe Partnerin, mit der man auch mal "Pferde stehlen" kann. Zumindest habe ich diesen ersten Eindruck von ihr gewonnen. Die Dialoge zwischen den einzelnen Handlungsteilnehmern sind dir bisher sehr gut gelungen und das Geschehen ist gut nachvollziehbar. Und dass es gleich im ersten Kapitel zu dem Ereignis mit dem diebischen Mauzi kommt zeigt, dass deine Story sicherlich viel Action enthalten wird.
    Zwecks Rechtschreibung, Grammatik und Stil habe ich eigentlich erstmal nichts zu meckern. Deine Story ist sehr gut geschrieben und lässt sich super lesen.
    Ach ja: Ich finde es echt cool gemacht, dass du diesen hübschen Steckbrief beigefügt hast. Ich kann mir vorstellen, dass du das weiterführen wirst und so hat man die Hauptcharaktere immer noch einmal schön zusammen gefasst. Ebenso ist die Erinnerung an das vorherige Kapitel gut.


    Fazit:
    Der Anfang ist dir echt gelungen und macht Lust auf mehr. Ich sehe hier sehr viel Potenzial für eine actiongeladene, mitreisende und spannende Geschichte. Ich werde hier definitiv am Ball bleiben und dich auch weiterhin mit Feedback (ich versuchs auch etwas ausführlicher) auf dem Laufenden halten, sofern du das wünschst. (:
    Ich hoffe, dass die Pausen zwischen den Kapiteln nicht all zu groß sind, denn ich freu mich schon echt aufs Weiterlesen. :D


    Viele liebe Grüße


    Sharp