Menhir XVI

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    destruction brings creation


    Willkommen bei meiner aktuellen FF! Der Titel ist ein Arbeitstitel und wird sich möglicherweise im Laufe der Zeit mehrmals ändern, aber lasst euch davon bitte nicht stören! Das hier ist übrigens so was wie ein Vorwort, wenn ihr das nicht lesen wollt, könnt ihr auch direkt zum ersten Kapitel springen. Der Schreibstil könnte sich zwischen Kapiteln durchaus verändern, da ich es nicht gewohnt bin, aus der Ego-Perspektive zu schreiben, aber natürlich wird es mein Stil bleiben.
    Vom Genre her würde ich es am ehesten zu Sience Fiction/Fantasy zuordnen (wie eigentlich alle meine Geschichten), aber eigentlich kein mir bekanntes Genre, zumindest am Anfang nicht. . Aber ihr macht euch da am besten selber ein Bild von. Alterswarnungen halte ich nicht für nötig, Tod wird zwar durchaus angesprochen, aber nicht weiter ausgeschmückt. Also denke ich für alle, die alt genug sind, im Internet zu sein, geeignet.
    Besonderer Dank gilt meinem Betaleser @Kapitan Jefi und M, dessen Namen ich hier nicht ausschreiben werde.


    Kapitelliste
    Kapitel 1 (Startpost)


    Benachrichtigungsliste
    Noch leer, wenn ihr bei einem neuen Kapitel benachrichtigt werden wollt, sagt einfach Bescheid!



    Kapitel 1


    Hast du schon einmal etwas gesehen, das so groß war, dass es unendlich wirkte? Ein und dasselbe bis zum Horizont, so weit das Auge reicht und darüber hinaus, so groß war sie. Die Ziegelebene, so nennen sie die Dächer. Sie, zu denen ich selbst noch vor kurzer Zeit gehörte. Die Schornsteinfeger und Postboten, Lastenträger und Wanderer, die nicht wissen, was unter den Dächern liegt.
    Mein Name ist Oliver. Ich habe Leute kennengelernt, die einen Nachnamen besitzen, doch ich habe keinen. Und selbst wenn ich einen hätte, würde er mir nicht viel bringen. Ich weiß nicht, wie mein Leben anfing, aber ich weiß, wann es sich änderte. Es änderte sich, als ich Jonathan kennenlernte.


    Ich hatte mein gesamtes Leben auf der Ziegelebene verbracht. Wir nennen sie die Ziegelebene, weil wir einen Namen für sie brauchen. Und der Name passt, denn die Ziegelebene besteht aus nichts als Ziegeln, alle auf einer Ebene. Rote, braune, orangene Ziegel und alle Farbtöne und Mischungen, die dazwischen liegen, konnte man dort oben sehen, und wenn man ein Träumer war, konnte man sich dort oben besser zurechtfinden als irgendwo sonst auf der Welt. Auch wenn die Träumer nicht wissen, dass es mehr auf der Welt gibt als die Ziegelebene.
    Ich war ein Träumer, schon mein ganzes Leben. Wir Träumer lebten im Turm. Der Turm war das einzige Gebäude, das auf der Ziegelebene existierte. Er war aus schwarzen Steinen gebaut und ragte hoch über die rostbraunen Dächer hinaus. Der Turm war Unterkunft und Landmarke zugleich. Nie ging ein Träumer so weit weg, dass er den Turm aus den Augen verlieren würde. Und das war schon eine beachtliche Distanz: Selbst aus 20.000 Schritten Entfernung war der Turm noch zu sehen! Ich weiß es, denn ich habe selbst gezählt. Doch der Turm war noch mehr als die Heimat der Träumer. Im Turm gab es Leute, die lesen konnten. Sie verteilten Aufgaben und Aufträge und gaben nach erfolgreicher Ausführung Belohnungen aus.
    Die Arbeiter im Turm kannten jeden der viereinhalbtausend Träumer bei ihrem Namen, sodass nie Fehler begangen wurden. Ab und zu wechselte die Besetzung, ein Träumer verschwand, oder ein neuer kam dazu, doch die Arbeiter waren immer auf dem aktuellen Stand und hatten immer Aufträge für jeden. Die Aufträge waren vielfältig, doch jeder von ihnen hatte etwas mit den Schloten zu tun. Die Schlote waren wie Miniaturen des Turms, mit dem Unterschied, dass sie die gleichen Farben hatten wie die Ziegel des Bodens.
    Ich war bei den Arbeitern sowie bei den Träumern beliebt, denn ich war schmal und drahtig. Ich konnte die schwerste Aufgabe erledigen: Das Schlotputzen. Diese Aufgabe war bei den meisten Träumern verhasst, doch sie musste ausgeführt werden. Dabei muss der Träumer mit einem Putzstab in den Schlot hineinkriechen und ihn von oben bis unten von dem schwarzen Staub befreien, der sich an den Innenwänden stets absetzte. Viele Schlote waren derart schmal, dass viele Träumer nicht hineinpassten, weshalb dünne Träumer stets gewollt waren. Aber es gab noch ein anderes Problem: Die Tage auf der Ziegelebene waren kurz und die Nächte gefährlich. Die äußersten Aufträge führten 20.000 Schritte vom Turm weg und die Reinigung dauerte lange und musste gründlich gemacht werden. Um genau zu sein, ist der letzte Schlot in Reichweite des Turms 22.857 und einen halben Schritt entfernt. Ich weiß es, denn ich habe ihn gesäubert.
    Dieser Auftrag ist gefährlich und anstrengend. Nicht nur, dass ich die ganze Strecke zum Schlot laufen musste, ich musste auch noch den ganzen Rückweg zurücklegen und zwischendurch den Schlot säubern. Das alles in nur einem Tag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Die Sonne steigt nicht besonders hoch über der Ziegelebene, wenn man zur Mittagsstunde geradeaus schaute, sah man nur knapp unter ihr entlang. Nicht, dass es dort irgendetwas zu sehen gegeben hätte.
    Es war nicht schwer, den Schlot zu finden, das ist es für keinen Träumer. Wir alle kannten uns auf der Ziegelebene so gut aus, dass wir nur nach unten schauen mussten, um zu wissen, wo wir uns befanden. Unter den Träumern ging eine Faustregel um: ein Schritt weit von Ziegeln reicht einem Träumer, den Turm zu finden. Die Muster der Ziegel zu unseren Füßen waren unsere Wegweiser, das erste, was einem im Turm beigebracht wurde. Ein Riss in der Tonschicht, eine Farbkombination aus vier Ziegeln, die es so nur einmal gab oder eine Konstellation von Schloten waren für jeden Träumer besser als jeder Kompass, ganz davon abgesehen, dass es keine Kompasse auf der Ziegelebene gab.
    Den Schlot zu säubern, der am weitesten von Turm entfernt war und der aufgrund seiner hohen Anforderungen als der "Tiefenschlot" bekannt war, war keine Herausforderung. Es war kein besonders enger oder tiefer Schlot, eigentlich war es ein sehr einfacher Auftrag, ihn zu säubern. Das Problem war die Nacht.
    Die Nacht ist etwas, das jeder Träumer fürchtet, jedenfalls solange er nicht bei Sonnenuntergang im Turm ist. Der Turm ist in der Dunkelheit das sichere Refugium aller Träumer, doch die Ziegelebene ist gefährlich. Es herrschten keine Monster oder ähnliche Gefahren dort draußen, sondern unsichtbare, wenn auch ebenso tödliche Umstände. Mit der Dunkelheit kommt die Kälte, und mit der Kälte kommt das Wasser. Die Ziegelebene ist kein massives Konstrukt, es ist durchzogen von unzähligen Löchern und Schluchten zwischen den Ziegeln. Tagsüber sind sie keine Gefahr, jeder Träumer kann sie problemlos überspringen oder umlaufen, doch in der Nacht entfalteten sie ihr tödliches Potenziel. Denn das Wasser, das mit der Nacht kommt, legt sich auf jeden kleinen und großen Ziegel der gesamten Ebene und macht sie zu Rutschfallen. Auch das wäre alleine vermutlich kein allzu großes Problem, auch wenn es bestimmt schwer wäre, auf nassen Ziegeln zu manövrieren, doch dann war da noch die Dunkelheit. Ich rede nicht von Zwielicht, sondern von Schwärze. In der Nacht kann man seine eigenen Hände nicht sehen, wenn man sie genau vor die Augen hält. Schon mancher Träumer, der nach Sonnenuntergang draußen unterwegs war, sah nicht, dass der Ziegel, auf den er seinen Fuß setzte, etwas schräger war als erwartet und rutschte geradewegs in sein Verderben.
    Die Nacht ist das Risiko am Tiefenschlot. Der Träumer, der ihn säubert, muss nicht nur ein Schlotsäuberer sein, sondern auch ein schneller Läufer. Er musste in der Lage sein, den langen Weg hin und zurück zu laufen und den Schlot zu reinigen, und dann noch vor Sonnenuntergang wieder am Turm sein. Das ist der zweite Grund, weshalb ich bei den Träumern und Arbeitern angesehen war: Ich konnte laufen. Tatsächlich war ich zu meiner Zeit einer von nur drei Träumern, die den Tiefenschlot je gereinigt hatten, und ich war mit Abstand der schnellste gewesen. Natürlich brachte der schwerste Auftrag auch die größten Belohnungen mit sich. Die einfachsten Aufträge wurden gerade einmal in Brei bezahlt. So nannten wir ein seltsames Gemisch, das zum Verzehr gedacht war, absolut nicht schmeckte und gerade die überlebenswichigen Nährstoffe beinhaltete. Mein Essen befand sich auf einem ganz anderen Niveau: Mein persönliches Leibgericht, Spanferkel, wurde extra für mich zubereitet, wann immer ich von der Säuberung des Tiefenschlotes zurückkehrte.
    Wir Träumer waren glücklich, es gab nicht einmal Neid auf meine Position oder mein Können. Alle Träumer waren Brüder, und am Abend wurde gemeinsam gefeiert. Die langen Nächte luden förmlich dazu ein, lange über die Grenzen der Müdigkeit aufzubleiben und zu feiern. Dabei war es im Endeffekt auch egal, welches Essen für wen gedacht war, alles wurde einfach herumgereicht. Wir waren eine fröhliche Truppe bis zum letzten Mann. Nach der allabendlichen Feier wurde natürlich reichlich geschlafen. Da es allerdings in der Ziegelebene keine Betten gab, schliefen wir einfach dort, wo wir gerade waren. Davon abgesehen wäre im Turm auch gar kein Platz für Schlafräume gewesen.
    Am Morgen weckte uns die große Glocke. Keiner von uns hatte sie je gesehen, doch wir wussten, dass sie ganz oben im Turm hing. Die Glocke klingelte schon vor Morgengrauen, dann wurden die Reste der Feier vom Vorabend gegessen. Die meisten Träumer schliefen in ihren Uniformen, die ohnehin aufgrund mangelnder Säuberungsmöglichkeiten schon voll mit schwarzen Staub waren und daher keine Farbe oder Muster mehr aufwiesen. Dass die Uniformen gewaschen wurden, war eine der höchsten Belohnungen für schwierige Aufträge, auch wenn es nicht viel brachte, da sie gleich beim nächsten Auftrag wieder schwarz wurde. Trotzdem war es für mich immer ein tolles Gefühl, wenn ich kurz nach Morgengrauen mit den anderen an den Toren stand und darauf wartete, bis die Ebene trocken war, und dabei meine Uniform dunkelblau aus der schwarzen Masse hervorstach. Die Uniformen bestanden aus einem Hemd, dessen Ärmel standardmäßig aus praktischen Gründen hochgekrempelt waren, einem paar brauner Stiefel und einer blauen Latzhose. Freiwillig konnte man dazu eine olivgrüne Baskenmütze wählen - ich gehörte zu der Hälfte, die sich dafür entschieden hatte.


    Es war wieder einer der Tage, an denen ich den Tiefenschlot säubern sollte. Die Glocke weckte mich nicht, meine Augen waren schon weit geöffnet, als alle anderen um mich herum aus dem Schlaf erwachten. Ich konnte nie in den Nächten vor der Tiefenschlotsäuberung schlafen. Schnell stand ich auf, schnappte mir die guten Reste des Festmahls vom vorigen Tag und lief mit vollen Armen und in Unterhose zur Kleiderausgabe. Meine Uniform war über Nacht gesäubert worden und ich musste sie noch abholen, bevor ich mich auf den Weg machen konnte. Auf den zwei Treppen, die ich nach unten laufen musste, stopfte ich das Essen in mich hinein. Ich wusste nicht einmal, was es war, und es war mir auch egal, aber es schmeckte gut.
    Bei der Kleiderausgabe gab es nie eine Warteschlange, ganz davon abgesehen, dass es bei den Träumern nie richtige Schlangen gab - jeder kam einfach irgendwann dran. Old Jon, so nannten alle den freundlichen Mann an der Kleiderausgabe und Kleiderannahme, erkannte mich schon, als ich den Raum betrat und nahm meine Uniform aus einem Fach unter dem Tresen. "Guten Morgen, Oliver! Heute ist wieder der Tiefenschlot dran, nicht wahr?" Ich hörte gerne Old Jon zu, wenn er mit mir sprach. Es waren ziemlich eindirektionale Gespräche, doch sie waren ungemein beruhigend und interessant. Doch jetzt war nicht die Zeit dafür. Ich nickte nur knapp, nahm meine Uniform entgegen und versuchte, im Rennen hineinzuschlüpfen, was spätestens an der Treppe scheiterte, sodass ich anhalten musste. "Heute wird ein besonderer Tag!" rief Old Jon mir durch den Raum zu. Ich drehte mich um, doch er stand schon nicht mehr am Tresen. Was hatte er wohl damit gemeint? Schnell zog ich meine Uniform fertig an, sah einmal kurz an mir herunter und rannte die knarzenden Treppen wieder hinauf.
    Ich erreichte die Tore, als die Träumer ausschwärmten. Das Ausschwärmen war aus meiner Sicht das Schönste am Tag. Es begann mit dem Gelächter der ersten Träumer, die mit hoher Geschwindigkeit über die Ebene huschten und endete mit den letzten Träumern, die Spielchen an nahen Schluchten im Boden spielten. Alle waren fröhlich und freuten sich auf den kommenden Arbeitstag. Bei dieser Einstellung war es nicht verwunderlich, dass fast nie ein Auftrag nicht ausgeführt wurde. Ich war einer der letzten, die den Turm verließen, das hieß, dass ich einige Zeit aufholen musste. Also lief ich schon auf der Türschwelle los, anstatt wie sonst erst über die Ebene den anderen Träumern nachzuschauen, wie sie langsam in der Ferne zu schwarzen Punkten wurden und dann verschwanden. Ich lief und lief, immer geradeaus in die Richtung, in der die Sonne untergehen würde. Der Weg wäre sicher einfacher gewesen, wenn ich ab und zu nach links oder rechts ausgewichen wäre, doch ich bevorzugte es, über die Schluchten hinwegzuspringen. Ich kannte die Weite und die Kantenstabilität jeder einzelnen von ihnen auswendig und wusste genau, wie weit ich springen musste. Ich hätte den Weg fast blind laufen können, aber auch nur fast.
    Die Anzahl der Träumer, die ich auf meinem Weg passierte, wurde geringer und geringer, bald waren die nächsten Träumer hundert Schritte und mehr entfernt und bald darauf sah ich keinen von ihnen mehr. Dennoch lief und lief ich weiter, denn ich wusste, der Tiefenschlot war vor mir, auch wenn ich ihn noch nicht sehen konnte. Auf einer großen Ebene ohne Schluchten lief ich mit geschlossenen Augen, ließ mir den Wind durch die Haare wehen und genoss das Gefühl der Schwerelosigkeit. Die Muster in den Ziegeln schienen mir zuzuwinken, während ich über sie hinwegflog, und ich winkte zurück. Mit solchen und ähnlichen Spielen vertrieb ich mir die Zeit, während ich meinen Atem zu stabilisieren versuchte und trotz einem leichten Brennen in den Beinen immer weiter lief, bis der Tiefenschlot in mein Sichtfeld trat.
    Ich verlangsamte meinen Schritt, als ich näher kam, und stoppte nur einen Schritt vor dem Rand des Schlots. Dort sah ich etwas zum ersten Mal: Zwischen zwei Steinen war ein Haken angebracht worden, von dem ein Seil in den Schlot hing. Das war verwirrend, aber ich war zu neugierig darauf, um mich darüber zu wundern. Ich zupfte an dem Seil und stolperte vor Schreck zurück, als aus den Tiefen des Tiefenschlots eine Simme "Ja bitte?" rief. Dann geschah eine Weile nichts. Ich lehnte mich an den Schlot und horchte. Es waren eindeutig die Putzgeräusche zu hören, die ich auch verursachte, wenn ich im Tiefenschlot arbeitete. Putzte jemand meinen Schlot? Die Geräusche arbeiteten sich schnell nach oben und bald tauchte ein schwarzer Hut aus dem Schlot auf. Dem Hut folgte ein Kopf mit kurzen, schwarzen Strubbelhaaren, einer klobigen Nase und großen, runden Auge und Wangen. Der Junge lächelte mich mit schiefen Zähnen an.
    "Na Hallihallo! Wer bist du denn?" Er schwang sich aus dem Schlot und setzte sich auf dessen Rand. Ich war völlig überrumpelt. Woher kam dieser Kerl? Warum war er in meinem Schlot? Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen, also konnte er kein Träumer sein... Ich zeigte auf das Namensschild, das an meinem linken Hosenträger befestigt war.
    "Aha, Oliver also. Ich bin Jonathan. Lass mal sehen... Blaue Latzhose, braune Stiefel und Baskenmütze. Du bist definitiv ein Träumer. Und dass du hier bist, kann eigentlich nur bedeuten, dass du der Träumer schlechthin bist. Oder jemand, der testen wollte, wie weit er hinauslaufen kann. Also, was machst du hier?"
    Ich zog meinen Putzstab aus der Tasche und deutete auf den Schlot. Jonathan schaute verwirrt den Schlot hinab. Dann zog er ein Blatt Papier aus einer der Taschen in seiner schwarzen Latzhose und suchte mit den Fingern etwas darauf.
    "Jadadada, hmhmhm, wo sind wir denn...? Schwuppdiwupp, hier und da, links, links und rechts und dann da lang... Oh, Tatsache!" Er stopfte das Papier zurück in seine Tasche und schaute mich wieder an.
    "Du wolltest den hier putzen, nicht wahr? Ich hatte darin mein Nachtquartier aufgeschlagen und dachte mir, da kann ich ihn auch gleich säubern. Sieht so aus, als wärst du umsonst hergekommen. Weißt du, ich bin ein Wanderer. Ich komme gerade von den Geistern... nein, warte, von den... ähm... den Dings, den Krämern! Genau, von den Krämern im Süden und versuche, meinen Weg bis zur Stabilitätsachse im Nordzentrum zu finden. Wenn ich von Anfang an gewusst hätte, wie schlimm es hier oben nachts ist, hätte ich wohl doch lieber ein paar Decken mitgenommen. Aber diese Kamine eignen sich auch hervorragend als Nachtlager. Danke übrigens, dass du mich geweckt hast, ich hätte glatt den ganzen Tag verschlafen! Ich muss jetzt aber wirklich weiter. Vielleicht sieht man sich mal wieder! Viellicht sogar unten." Er sprang vom Rand des Schlots und hob zum Abschied seinen Hut leicht an. Dabei erhaschte ich einen Blick auf dessen Innenseite, in der es wie von tausend Lichtern funkelte. "Das heißt, falls überhaupt mal ein Träumer sich auf den Weg macht." Dann lief er los, in die Richtung, in der die Sonne nie steht, und überwand mit jedem gesprungenen Schritt eine Distanz, für die ich vier oder fünf Schritte gebraucht hätte, und bald war er aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich stand wie versteinert am Tiefenschlot, der nun schon ohne mein Zutun gesäubert war und hatte diese seltsame Begegnung im Kopf herumspucken. Anscheinend hatte Old Jon Recht gehabt: Dieser Tag war etwas Besonderes. Ich wusste nur noch nicht, wie besonders er tatsächlich war.

  • Hallo Snow,


    dann möchte ich dir zum Einstieg gerne etwas Feedback geben. Zugegeben, unter dem Titel kann ich mir aktuell nichts vorstellen - hat er etwas mit der Geschichte zu tun? -, aber das soll auch nicht weiter schlimm sein. Im Vorwort hast du eigentlich scon alle releanten Informationen geordnet untergebracht und auch für eine Kapitelübersicht gesorgt, was natürlich schon ausreicht. Eine kleine Inhaltsangabe gibt ja bereits der Anfang des ersten Kapitels wieder und zu dem kommt man ja auch schnell.


    Apropos, der ist eigentlich relativ verwirrend aufgebaut und deutet auf eine geschlossene Gesellschaft hin, die sich nicht weiter um höhere Belange kümmert. Diese Träumer scheinen mit der Welt jenseits dieser Ziegelebene nämlich weder vertraut noch damit konfrontiert worden zu sein und das macht es ziemlich spannend zu sehen, dass für den besten unter den Träumern offenbar eine Möglichkeit besteht, diese Welt kennenzulernen. Oder die herrschaftsähnliche Art der Leute im Turm zu stürzen, was ich in der Situation aktuell sogar noch am ehesten glaube. Dir stehen dabei natürlich alle Wege offen. Das Kapitel zeigt noch nicht, in welche Richtung es mit Oliver gehen wird und auch hängen einige Begriffe noch in der Luft. Die Träumer sind in dem Sinn keine Träumer, sondern einfache Arbeiter, wenn man so will. Es sei denn, sie haben besondere Fähigkeiten, die sich erst entwickeln oder noch nicht genannt wurden. Auch Jonathan gegen Ende hat sich, außer mit seinem Namen, nicht näher vorgestellt, was natürlich Spannung erweckt. Mal ganz davon abgesehen, dass Oliver wohl nicht reden kann, was auch erst einmal ungewohnt ist, aber das kann sich alles noch entwickeln. Ich freue mich aber auf die weitere Ausarbeitung!
    Für die erste Person hast du auch ziemlich viele Eindrücke geschildert. Besonders wenn es um Zahlen und Umgebungsbeschreibungen geht, hast du dich wirklich ausgetobt und versucht, so viel wie möglich im Text unterzubringen. Da der Text bisher aber eher allgemein war und du auch oft in andere Gedankengänge abgedriftet bist, kann ich mir diese Ziegelebene trotz allem noch nicht so gut vorstellen. Sind das nun Reihen von Häusern, auf denen sie sich bewegen? Dann würden sich die Schluchten dazwischen erklären lassen. Auf jeden Fall hast du auch einen sehr angenehmen Wortlaut und eine gute Art, die Geschichte zu vermitteln.


    In dem Sinn hoffe ich, dass dir der Kommentar hilft und vielleicht liest man sich ja wieder einmal. Bis dahin!


    ~Rusalka