Da es aktuell ein Thema ist, das in mehreren anderen Themen immer wieder reinkommt – und nicht selten mit viel Fehlinformation in Verbindung steht – möchte ich mit euch hier über die aktuelle Flüchtlingskrise und Flüchtlinge allgemein sprechen.
Natürlich geht aktuell die Zahl der ankommenden Flüchtlinge durch den Winter langsam wieder zurück – doch da es immer Flüchtlinge auf der Welt gibt und es ausstehend ist, wie sich das Ganze nächstes Jahr entwickeln wird, ist es relativ sicher, dass das Thema auch weiter relevant sein wird.
Und um ein paar Dinge hier richtig zu stellen, möchte ich diesen Thread mit einem kleinen FAQ anfangen.
Wer gilt als Flüchtling?
Auf diese Frage gibt es eine rechtliche Antwort und eine allgemeine Antwort. Die allgemeine Antwort lautet einfach: Jeder, der vor etwas flieht und deswegen seine Heimat verlässt, um woanders Zuflucht zu suchen. Die juristische Antwort lautet: Jeder, dessen körperliche Unversehrtheit in seiner Heimat nicht mehr garantiert werden kann, sei es durch Krieg, politische, religiöse Verfolgung oder einem ähnlichen Grund, gilt vor dem Gesetz als Flüchtling und hat damit prinzipiell Recht auf Asyl.
Warum kommen aktuell so viele Flüchtlinge in die EU?
Der Grund für die aktuelle Menge an Flüchtlingen, die in die EU und speziell auch nach Deutschland kommen, ist vor allem der Islamische Staat und der Bürgerkrieg in Syrien. Der Islamische Staat weitet im arabischen Raum seinen Einfluss immer weiter aus und tötet sowohl Andersgläubige, als auch Bürger, die sich weigern dem IS und seinen Gesetzen zu folgen. Entsprechend fliehen viele Bürger aus Syrien, dem Irak und anderen anliegenden Ländern vor dem IS nach Europa. Auch der Krieg zwischen dem syrischen Machthaber Assad und den Rebellen, der mit sehr brutalen Mitteln ausgetragen wird, bringt viele zur Flucht aus Syrien. Dazu kommen ein Bürgerkrieg in Somalia, vor dem ebenfalls viele Anwohner fliehen, und eine Diktatur in Eritrea.
Was hat es mit den sogenannten „Wirtschaftsflüchtlingen“ auf sich?
Als „Wirtschaftsflüchtline“ werden allgemeinhin von Medien und Politikern Flüchtlinge bezeichnet, die aus den sogenannten „sicheren Herkunftslängern“ kommen, also Länder, in denen kein Krieg herrscht und Menschen auch nicht politisch verfolgt werden. Das schließt Länder wie beispielsweise den Kosovo, Albanien und Serbien ein. In vielen dieser Länder herrschte in den 90er Jahren Krieg und die Folgen sind bis heute gut sichtbar. Beispielsweise befinden sich auch heute noch Bundeswehrtruppen im Kosovo, die Länder sind verarmt, in vielen gebieten sind Landminen zu finden. Die enormen Arbeitslosenquoten und die Armut sind somit einer der Hauptgründe für Flüchtlinge von dort zu fliehen. Sie kommen daher nach Zentral- und Westeuropa, wo sie sich hier bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhoffen. Es sei allerdings auch gesagt, dass nicht jeder Flüchtling, der aus diesen Ländern flieht vor Armut flieht. Denn auch wenn diese Länder als sicher gelten, so werden bestimmte Bevölkerungsgruppen – vor allem Sinti und Roma – hier oftmals stark diskriminiert und sind Gewalt ausgesetzt, was ebenfalls ein Fluchtgrund ist.
Warum sind unter den Flüchtlingen so viele Männer?
Mehr als 60% der ankommenden Flüchtlinge sind Männer, obwohl weltweit etwa gleich viele Frauen wie Männer unterwegs sind. Viele Menschen in Deutschland wundern sich über diese überproportionale Verteilung der Flüchtlinge.
Die Flucht aus den afrikanischen und arabischen Ländern ist aktuell sehr gefährlich, da es entlang der Fluchtrouten, die auch nicht komplett gesichert sind, es immer wieder zu Gewalt kommt. Zudem verlangen Schlepper relativ viel Geld für die Mittelmeerüberfahrt – die Kosten liegen bei 1000 bis 5000€ – je nachdem von wo aus gefahren wird und natürlich ebenfalls abhängig von der Schlepperbande. Viele Flüchtlinge geben für die Flucht gesamt nicht selten über 10.000€ aus – und oftmals ist so viel Geld nicht vorhanden. Dazu kommt, dass flüchtige Frauen und Kinder häufig Gefahr laufen im Menschenhandel zu enden. Entsprechend bauen viele Menschen darauf, ihre Familie nachholen zu können, sobald ihr Asylantrag bewilligt wurde. Die Familien werden bis dahin meistens in Flüchtlingscamps, z.B. im Libanon oder sofern das Geld reicht in der Türkei in Sicherheit gebracht.
Warum haben viele der Flüchtlinge Smartphones?
Häufg hört man Beschwerden, dass viele der Flüchtlinge Smartphones haben. Dabei vergessen viele, dass die Flucht selbst mehr kostet, als es so ein Smartphone für gewöhnlich kostet. Zudem werden in vielen Arabischen und Afrikanischen Ländern oftmals abgespeckte Versionen bekannter Smartphones für relativ wenig Geld verkauft. Sie versorgen viele Menschen nicht nur mit einem Telefonanschluss, sondern auch mit Internet und Fernsehen. Auch Verträge (die in den deutschsprachigen Ländern ohnehin im Internationalen Vergleich überteuert sind) sind meist recht billig, weshalb Smartphones die wichtigsten Fluchthelfer sind: Sie helfen Kontakt mit der Familie zu halten, Schlepper zu finden, sind ein Hilfsmittel zur Navigation, wenn Abschnitte zu Fuß bewältigt werden müssen oder um herauszufinden, wann Züge fahren. Es sollte zudem nicht vergessen werden, das die meisten Flüchtlinge, die bis nach Europa kommen, aus besseren Verhältnissen kommen, da die Flüchtlinge, die sich die Flucht nach Europa nicht leisten können, eher in die umliegenden Staaten, wie dem Irak, dem Iran oder dem Libanon, fliehen.
Warum wurde das Dublin-Abkommen ausgesetzt?
Das Dublin-Abkommen sieht vor, dass Flüchtlinge in den Ländern aufgenommen werden müssen, in denen die Flüchtlinge zuerst ankommen. Das hatte zur Folge, dass Flüchtlinge vermieden sich in entsprechenden Ländern registrieren zu lassen, weshalb die Flüchtlingsbewegung sehr chaotisch war, da vieles heimlich geschah. Ein weiteres Problem ist die Situation der potenziellen Erstankunftsländer. Das Erstankunftsland in Europa ist im Normalfall Griechenland, das selbst unter Armut leidet und entsprechend nicht die Mittel zur Versorgung der großen Menge an Flüchtlingen aufbringen kann. Hinzu kommt, dass Flüchtlinge meist lieber in Länder wollen, die den Ruf haben Flüchtlinge gut zu versorgen, also beispielsweise Deutschland und Schweden, und nicht in Ländern bleiben möchten, deren Ruf in diesen Bereichen eher schlecht sind, also beispielsweise Ungarn. Diese Gründe dürften vorrangig dafür gesorgt haben, dass das Dublin-Abkommen ausgesetzt wurde.
Wer darf in Deutschland bleiben?
Generell darf jeder in Deutschland bleiben – zumindest bis die Gefahr als vorüber gilt – der in seiner Heimat um seine körperlische Unversehrtheit fürchten muss. Dazu muss allerdings erst der Asylantrag bearbeitet werden, was aktuell mehrere Monate dauern kann, da aktuell die entsprechenden Ämter komplett überfordert sind. Wenn der Asylantrag erst einmal bewilligt wurde, ist normal auch der Familiennachzug möglich, der sich jedoch nur auf direkte Verwandte und Ehepartner bezieht (es ist also nicht möglich noch Onkel und Tante und Cousins nachziehen zu lassen).
Dieses Topic ist dazu da, damit ihr eure Gedanken zum Thema Flüchtlinge und auch zur aktuellen "Flüchtlingskriese" festhalten könnt. Es sei jedoch speziell hier noch einmal angemerkt, dass wir in diesem Topic (wie auch nirgendwo sonst im Thema) keine Diffamierungen irgendeiner Art oder hetzerische Beiträge dulden werden. Entsprechende Beiträge werden gelöscht werden. Bemüht euch also auch in diesem Topic um halbwegs vernünftige Umgangsformen!