In diesem Thema habt ihr eine bestimmte Anzahl an Punkten zur Verfügung, die ihr den Texten im nächsten Beitrag geben könnt. Achtet jedoch darauf, dass ihr die Punkte, die euch zur Verfügung stehen, komplett ausschöpft. Votes, welche zu wenige oder zu viele Punkte enthalten, können leider nicht gezählt werden. Des Weiteren solltet ihr eure Punkte mindestens auf drei Texte verteilen, eure Wahl ausreichend begründen und natürlich nicht für eure eigenen Texte voten.
Es ist außerdem hilfreich, euch das "How to vote-Topic" anzusehen. Schreibt ihr in dieser Saison besonders viele Votes, habt ihr die Chance auf Medaillen. Weitere Informationen findet ihr hier: Informationen und Regeln zu den Wettbewerben.
Zitat von AufgabenstellungGeschichte à la Pokémon
Eure Aufgabe besteht darin, eine kurze Erzählung zu schreiben, die historische Ereignisse oder Epochen unserer Welt als Bühne und Figuren aus der Pokémonwelt als Protagonisten verwendet. Ihr könnt z.B. eure Handlung ins alte Rom versetzen, den Gang nach Canossa mit Papst Arceus und Kaiser Giratina nacherzählen oder Pokémon trainierende Samurai in die Schlacht schicken. Wichtig ist, dass man den historischen Kontext bzw. Hintergrund erkennen kann, eine zeitlich losgelöste Alltagsbeschreibung etwa wäre nicht zugelassen.
Ihr könnt 6 Punkte verteilen, maximal 3 an eine Abgabe. Mindestens 3 Abgaben müsst ihr Punkte geben.
ZitatID:
AX:
AX:
AX:
Schreibt in die Schablone bitte ausschließlich die Zahlen eurer ID und der Punkte ohne zusätzliche Begriffe. Achtet dabei darauf, bei der Schablone zwischen Doppelpunkt und ID/Punktzahl ein Leerzeichen zu machen, damit die Auswertung über den Voterechner ohne Probleme erfolgen kann. Wenn ihr nicht wissen solltet, wie ihr eure ID herausfindet, könnt ihr dies unter anderem hier nachlesen.
Der Vote läuft bis Sonntag, den 30.04.2017, um 23:59 Uhr.
Nachdem mein Großvater vor einigen Jahren auf ein Absol, von dem er erfuhr, dass unsere geliebte Stadt ein baldiges Unglück passieren würde, traf, wurde er als Verschwörer beleidigt und in eine kleine Höhle am äußersten Rande der Stadt abgeschoben wurde. Selbst meine Familie schämte sich für ihn - zumindest, bis es zu jenen Ereignis kam, das alles auf einen Schlag veränderte.
"Kann ich heute zu Großvater gehen und ihn etwas Brot bringen?", fragte ich meine Mutter, während sie das Frühstück vorbereitete.
"I-ich…", stotterte sie, als ich sie mit leuchtenen Augen anschaute, "Na schön… aber denke daran, dass du pünktlich um zwölf Uhr wieder Zuhause bist, damit wir gemeinsam zu Mittag essen können, ja?" Ich nickte, bevor ich ein paar Brotstücke in einen alten Korb packte und ihn darauf in mein Maul nahm, um ihn sicher zu transportieren. Mit meinem Kopf drückte ich die Tür auf, sodass ich problemlos auf die Straße gelangen konnte.
Ich ging den langen, schmalen Gehweg entlang, als ich plötzlich am Ende des Weges Pokémon aufmarschieren sah. Eine Reihe an Maschock und Machollo liefen neben einen großen, mit Gold an den Seiten verzierten Wagen, auf dem der König Pompeiis, das mächtige Machomei, saß und sein Volk begrüßte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus, denn er war der Drahtzieher, der veranlasste, dass Großvater nun nicht mehr bei uns wohnte und die Stadt nicht mehr betreten durfte. Ich drehte mich um, ging in eine enge Gasse und versteckte mich dort hinter einem Krug , bis die Parade vorbei war, bevor ich weiter Richtung Norden ging.
"Großvater?", rief ich ihn, als ich an meinem Ziel ankam, "Wo bist du?" Ich schleichte mich leise zum Eingang der dunklen Höhle und schaute vorsichtig hinein. Mit einem sachten Funkensprung versuchte ich, die Dunkelheit zu verbannen, doch ich fand ihn selbst im Hellen nicht.
"Wo bist du nur, Großvater?", flüsterte ich leise vor mir hin. Plötzlich hörte ich das Echo eines angsteinflößenden Knurrens, das ohne jeden Zweifel aus dem Wald hinter dem großen Hügel kam. Ich zuckte kurz zusammen, sodass ich den Korb aus meinem Maul fallen ließ, bevor ich entschloss, meine Angst zu überwinden und nachzuschauen.
Ich durchsuchte beinahe den ganzen Hain, bis ich inmitten der Finsternis eine dunkle Gestalt erkannte, die aus dem Schatten trat und sich mir als Absol offenbarte.
"Pompeii wird untergehen - noch heute", kündigte es mit bedrohlicher Stimme an, bevor es wieder verschwand und ich überhaupt realisieren konnte, was gerade geschehen war.
"Werde ich verrückt?", fragte ich mich selbst, als ich ein zartes Bröckeln hinter mir hörte.
"Luxio, was machst du hier?", ertönte die Stimme meines Großvaters.
"Ich…", versuchte ich, zu erklären, als ein ohrenbetäubender Knall sich schlagartig im ganzen Tal verbereitete. Erschrocken schaute ich gen Himmel, wo ich eine Horde Staralili und Staravia Richtung Süden flüchten sah.
"Großvater, ich… ich sah Absol", beichtete ich ihm, ehe ich erkannte, dass aus dem Vulkan am Ende des Horizonts eine schwarze Rauchwolke entfloh.
"Ich weiß…", sagte er, während er vor sich hin nickte, "Ich habe es auch gesehen, doch du musst jetzt zu deiner Mutter zurückgehen und ihr erzählen, dass sie sich in Sicherheit bringen soll"
"Und du?", fragte ich ihn, "Du gehörst ebenso zu meiner Familie"
"Ich…", stimmte er ein, "Ich muss hierbleiben" Mir fiel ein, dass er wegen des Verbots nicht in die Stadt durfte, aber konnte nicht dagegen ausrichtgen und durfte ebenso keine Zeit verlieren, um Mutter und mich in Sicherheit zu bringen, sodass ich mich unweigerlich abwendete und zum nördlichen Stadttor ran.
Bereits im äußersten Viertel Pompeiis bekamen die Bewohner Panik und versuchten, das Wichtigste ihrer Habseeligkeiten einzupacken und zu flüchten.
"Bewahren Sie bitte Ruhe!", ermahnte ein Magmar, das sonst immer in der Nähe des Vulkans arbeitete und offenbar von der Regierung angeheuert wurde, um die Pokémon zu beruhigen.
"Bitte beruhigen Sie sich!", rief ein anderes durch einen großen, breiten Behälter, damit ihn jeder in der Umgebung hörte. Mit jedem weiteren Schritt in das Stadtinnere traf ich auf weitere Pokémon, die beauftragt wurden, die Katastrophe zu verhindern. Noch relativ fern vom eigentlichen Hauptsitz des Königs türmten Maschock Geowaz, Georok und Kleinstein aufeinander auf, um eine Schutzmauer zu errichten - dabei riskierten die Gesteinpokémon vermutlich ihre eigene Leben, da selbst ihre steinharten Krusten die extremen Temperaturen der immer näher auf die Stadt zukommene Lava nicht überstehen würden. Einige Meter weiter versammelte sich eine Horde von Azurill, Marill und Azumarill, die sich vorbereiteten, mit ihren Aquaknarren und Hydropumpen die Gefahr zu stoppen.
"Mutter?", schallte mein Schrei zwischen den Gassen, als ich kurz vor unserem Haus stand. Ich öffnete die Tür und stürmte direkt in das Wohnzimmer.
"Mutter!", schrie ich durch das ganze Haus und machte mich drinnen auf der Suche nach ihr, doch auch dort war keine Spur von ihr.
"Ob sie bereits geflüchtet ist? Doch, warum hat sie nicht auf mich gewartet?", fragte ich mich, bevor ich wieder nach draußen ran und mich Richtung Palast aufmachte, da ich, obwohl er mir unsympatisch war, den König in Kenntnis über die Geschehnisse im Wald machen musste.
Als ich am großen Palasttor ankam, stand es offen und eine Gruppe Nasgnet plünderte bereits im Vorgarten alle möglichen Dinge.
"He, was machst du hier?!", schrie mich eines an, als es mich entdeckte. Ich zuckte kurz zusammen, bevor ich mich zu wehrte und Brüller einzusetzte, um es einzuschüchtern.
"Denkst du wirklich, dass ich so primitiv bin?", spottete es und griff mich mit Steinwurf an, welchen ich im letzten Moment auswich. Ich überlegte, was ich als nächstes tun sollte, als mir in den Sinn kam, mit Biss anzugreifen - vergeblich biss ich mir wortwörtlich die Zähne aus.
"Ich…", stotterte ich. Plötzlich kam die königliche Wache aus dem Gebäude gestürmt und griff mit Karatenschlägen und Fußtritten an, sodass die Plünderer in wenigen Augenblicken allesamt kampfunfähig waren und flüchteten.
"Und du?", sagte eine Stimme hinter mir, "Du siehst mir nicht nach einem Dieb aus. Was willst du hier?"
"Ich wollte zum König und ihn…", stoppte ich, als ich mich umdrehte und den König höchstpersönlich in die Augen sah. Ich erschrak.
"Ja, ich höre…", fuhr er fort, während ich ihn sprachlos anstarrte.
"Ich…", fing ich an, weiterzureden, "Ich habe Absol gesehen, es… es sagte, dass… dass Pompeii untergehen wird - noch heute"
"Völlig unmöglich!", brüllte er mich an.
"A-aber…", wollte ich erklären, als ich erkannte, dass es keinen Sinn ergab, ihn weiter einzuweihen - denn, wenn Pokémon erst einmal von etwas überzeugt waren, glaubten sie es solange, bis sie mit dem Gegenteil konfrontiert worden.
Ich entschloss mich dazu, Machomei seinem Schicksal zu überlassen und weiter nach Mutter zu suchen, als ich plötzlich einen Hilfeschrei hörte.
"Ist das…?", überlegte ich, ob es sich bei der Stimme um sie handelte. Ich sah die Nervösität des Königs sichtlich an - es konnte sich nur um meine Mutter handeln, sodass ich all meinen Mut zusammennahm und Machomei mit einem gezielten Tackle umstürzte und den Schrei folgte.
"Mutter…", sagte ich erschöpft, als ich sie in einem kleinen Käfig gefangen sah, "Wie…?" Sie schüttelte den Kopf.
"Keine Zeit zu reden - die Wachen werden gleich kommen", entgegnete sie. Ich schaute auf das rostige Vorhängeschloss nieder und zerstörte es mit einem kräftigen Knirscher. Sie stieß das lockere Tor beiseite und kam zu mir rüber, um mich mit ihrem warmen Fell zu wärmen.
"Wir müssen fort", erklärte sie, als sich plötzlich ein lautstarker Knall vom Vulkan aus über die gesamte Stadt ausbreitete.
"Nein", flüsterte ich, als ich zum Horizont, der sich langsam rot verfärbte, schaute, "Es… es ist zu spät"
Eine dichte Aschewolke fiel auf Pompeii hinunter, gefolgt von einem endloslangen Lavafluss, der langsam den sicheren Tod in die Stadt bringen sollte. In diesem Moment dachte ich an jene Geowaz, Georok und Kleinstein, die ihr Leben ließen und an die Azurill, Marill und Azumarill, die vergeblich versuchten, die Lava aufzuhalten.
"Komm!", weckte mich Mutter aus meinem Tagtraum, "Wir gehen fort!"
"Wohin?", überlegte ich in Gedanken, als ich ein Luxtra von Dach zu Dach springen sah - mein Großvater entschied sich gegen das Gesetz und betrat die Stadt ohne sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen.
"Warum seid ihr noch in der Stadt?", fragte er uns.
"Vater…", wunderte sich meine Mutter, "Ich…"
"Keine Zeit für Geständnisse - wir müssen weg!", unterbrach er sie.
"A-aber…", stotterte ich vor mir hin, "Wohin? Es hat doch keinen Sinn mehr, wegzurennen, wenn die Lava in alle möglichen Ecken zieht. Und auf den Dächern können wir uns ebenso nicht verstecken, da die Gemäuer durch die extreme Wärme in sich selbst einbrechen würden" Ehe ich mich versah, sah ich den rollenden Tod am Ende der Straße auf uns zukommen.
"Wir… sollten zusammenkommen und uns voneinander verabschieden", schlug Mutter vor. Ich kuschelte mich mit meinem Fell in das ihrer; Großvater folgte. Eine Träne schlich sich über meine Wange.
"Nicht weinen, ich bin bei dir", beruhigte sie mich.
"Es wird… schnell vorbei sein", erklärte Großvater. Ich schaute ihm ein letztes Mal in die glänzenden Augen, als sich der brennende Tod an meinen Beinen langsam hochzog, ich mich vor Schmerz krümmte und mit meinem gesamten Körper träge in die heiße Lava fiel.
(frz.: "Das Feuer von Illumina")
20. Juni 1791
Illumina steht in Flammen.
Der Pöbel marschiert auf, in den blutverschmierten Händen die Flammen der Gier und Kampfeslust. Ich sehe sie vor den Fenstern. Die Blicke irr wie in Trance, brüllend und kreischend wie die Tiere. Und doch sind wir es, die weggesperrt sind in diesem Käfig, wir, die bangen und fürchten müssen.
Oh, wie weit wir nur gefallen sind. Fern der bittrig süße Geschmack von dunklem Wein auf meinen Lippen. Fern die Klänge von zarter Musik und hellem Gelächter in meinen Ohren. Fern die Tage der Sorglosigkeit.
Ich hasse sie. Ich hasse die Menschen vor den Toren unseres Gefängnisses, ich hasse den Pöbel mit ihren vulgären Parolen, ich hasse sie alle. Sie sollen brennen in ihren Flammen, verschlungen werden von den Fackeln, die sie schwenken. Ihre Lieder sollen ihnen in den gierigen, grausamen Hälsen stecken bleiben. Und zusehen will ich.
Aber ich kann nicht.
Nichts davon wird geschehen.
Ich bin verdammt dazu, inmitten ihres Hasses zu vergehen. Mir ihre Beleidigungen immer und immer wieder anzuhören.
Meine Kinder spüren die Gefahr. Wir alle tun es. Die Mägde schrecken zusammen bei jedem Stein, der auf unsere Fenster trifft. Meine Coiffwaff verstecken sich in den Ecken unserer Unterkunft und meine liebsten Felilou flüchten, wann immer die Arkani an unseren Toren einen dieser armseligen Narren verscheuchen.
Und mein Gatte, mein großer König… Er hüllt sich in Schweigen, in Ignoranz. Versteht er denn nicht, dass die Massen bald nicht mehr mit bloßen Steinen zufrieden sein werden?
Nein, ich denke, er versteht. Doch er hat nicht den Mut, nicht die Hoffnung etwas zu tun. Versunken ist sein Herz in ewigen Stillstand, hoffend darauf, dass der Pöbel bald das Interesse verliert.
Ich nicht. Ich hoffe nicht. Ich verzage nicht.
Meinen Kopf werden diese Narren nicht bekommen.
Ich stehe in Konversation mit Graf Hans Axel von Romantia, ein alter Freund, ich berichtete schon einige Male von ihm. Jeden Tag erwartete ich ein Taubsi mit seiner Antwort, bangend, denn mit jedem Blick aus dem Fenster sah ich die Flammen züngeln. Beinahe zwei Jahre stehen wir nun schon unter Arrest in diesem goldenen Käfig. Meine liebsten Kinder, meine einzige Freude in dieser Zeit, mussten einen so großen Teil ihres Lebens inmitten von Gewalt und Hass verbringen und es bricht mir das Herz, ihre früher so leuchtend hellen Augen vor Furcht und Kummer niedergeschlagen zu sehen. Ich gebe mir die größte Mühe, sie all die schrecklichen Dinge nicht hören, nicht sehen und nicht spüren zu lassen, doch sie sind so empfindsam, so zart. Die Knospen ihrer Blüten vergehen unter den scharfen Wellen der Feindseligkeit, die über uns hinweg schwappt.
Einmal, als wir im Garten spazieren gingen und uns die ersten Blüten des Frühjahrs nach einem harten, einsamen Winter ansahen, auf dass Hoffnung unsere Herzen beflügelt, flog hoch über unseren Köpfen ein dreckiges Dusselgurr. Doch als die Wachen es bemerkten, war es bereits zu spät. Der kleine Sack mit verfaultem Obst, den es in den Klauen trug, ergoss sich über uns. Der Gestank war unerträglich. Rufe wurden lauter, Jubel und Beschimpfungen, als dreckige, hässliche Gesichter über den Mauern auftauchten. Vor Angst gelähmt starrten meine Kinder sie an, diese grässlichen Visagen. Erst, als die Soldaten sie packten und zurück in den Palast trugen, begannen sie zu schreien. Und schreien taten sie noch heute, in ihren Träumen, die zu verscheuchen ich nicht fähig bin. So bleibt mir nur, ihre Hände zu halten und zu beten, dass der Herr ihre Furcht lindern möge. Doch der Herr antwortet nicht. Er hat uns verlassen an dem Tag, an dem er in den Herzen des Pöbels den Willen pflanzte, der unser Leben so gefährdet.
Wie gerne würde ich um ihre verlorene Unschuld weinen, wie gerne würde ich toben und wüten, doch ich muss stark bleiben, denn niemand in diesem Schloss ist gewillt, das für mich zu tun. Bald wird alles vorbei sein. Bald schon sind wir in Sicherheit und dann, oh, dann wird Illumina wirklich brennen. In den Flammen meines Hasses.
Die königliche Familie wird ihre Macht zurückerhalten, nein, sie wird sie verdoppeln, auf dass niemals wieder ein dümmlicher Bauer auch nur in Erwägung zieht, sich gegen uns zu stellen. Jeder Mensch in Kalos soll es wissen, jeder soll es sehen: Wir stehen über einem jeden. Niemand hat Macht über uns. Köpfe werden rollen, für jeden sichtbar. Soldaten sollen sie jagen, ihre Pokémon Flammen speien und den Boden zum bersten bringen, sie mit heftigen Winden verscheuchen. Sie sollen betteln und weinen und ich werde da sein und all die Verzweiflung beobachten, mit einem Glas Wein in der Hand und Kuchen an meiner Seite.
Meine Zeit in dieser Zelle ist vorüber. Sobald ich diesen Eintrag beendet habe, werden unsere Mägde unsere wichtigsten Eigentümer zusammentragen. Ich werde meine Kinder und mich in Umhänge hüllen, sodass niemand unsere Gesichter sehen mag. Ich werde ihnen sagen, dass wir ein Spiel spielen, und dass sie ganz ruhig sein müssen. Dann entfliehen wir Illumina über eine Kutsche, die der Graf von Romantia uns gesendet hat, jagen davon, weit weg nach Frescora. In der Sicherheit dieser Provinz können wir unsere nächsten Schritte planen. Herrscher aus aller Welt werden uns helfen, unser Land zurückzunehmen, denn fürwahr, sie brauchen uns und unseren Reichtum.
Ein letztes Mal sehe ich aus dem Fenster, voll mit Rissen in ihrem Glas, wo die Steine sie trafen. Auch heute stehen sie vor den Mauern, lauernd wie Bestien im dunkelsten Wald.
Niemals dachte ich, dass so etwas einmal geschehen würde. Eine Königin, die vor ihrem eigenen Volke fliehen muss, oh, es ist eine Schande.
Genug der trüben Gedanken. Die Silhouette der brennenden Stadt liegt schon bald hinter uns. Die Aufruhr wird nur noch eine blasse Erinnerung sein. Zurück zur Sorglosigkeit, zu Gesang und Speis.
Nein, ich belüge mich. Es gibt kein Zurück. Niemals werde ich diese Ungerechtigkeit vergessen können. Die Angst wird immer in meinem Herzen lauern.
Doch ich werde sie nutzen, sie wird mich antreiben wie ein wildes Pferd die Karre, die es zieht. Niemals mehr zögern. Niemals mehr zweifeln.
Die Königin wird zurück auf ihren Thron steigen. Sie wird sich beweisen.
Kalos wird brennen in den Flammen der Reinigung, die die Sünden des Pöbels schmelzen werden. Und aus der Asche des Landes werden wir auferstehen.
Fürwahr. Das Volk soll singen:
La populace est mort, vive le reine!
Der Pöbel ist tot, lang lebe die Königin.
Auf dass sie niemals vergessen werden, dass das Feuer der Revolution sie verbrannte.
Lebewohl, Illumina. Brenne lichterloh.
Marie Antoinette, Königin von Kalos
Der Morgen des 20. Juni 1898 brach auf Guam, einer kleinen Pazifikinsel unter der Kontrolle Spaniens, an wie schon so manch ein Morgen zuvor. Strahlender Sonnenschein küsste den Sandstrand und ließ das tiefblaue Meer verheißungsvoll glitzern. Hafenmeister Don Francisco Gutiérrez, ein stattliches und wettergegerbtes Impoleon saß gerade an seinem wuchtigen Schreibtisch und kontrollierte die Handelsberichte der vergangenen Tage, als ein junges Quaputzi die Tür zum Büro aufstieß und außer Atem verkündete: „Hafenmeister Gutiérrez! Ein amerikanisches Schiff kommt auf die Insel, die USS Charleston!“
Gutiérrez sah von seinen Aufzeichnungen auf und musterte das junge Pokémon ein paar Sekunden lang. „Amerikaner“, sagte er dann schließlich, „die letzte Postsendung ist schon über einen Monat her, hätten wir das gewusst dann wäre der Hafen doch besser vor den Empfang hergerichtet worden, was für ein Schlamassel.“ Er erhob sich von seinem Stuhl und stürmte an dem Quaputzi, das immer noch schwer atmend in der Tür stand, vorbei in Richtung Hafen – ebenso wie scheinbar die halbe Insel mit ihm. Jedes Pokémon hatte scheinbar vor Gutiérrez von dem Eintreffen des amerikanischen Schiffes gehört und jeder wollte natürlich einen ausgiebigen Blick darauf werden, schließlich bekam man auf Guam nicht jeden Tag so etwas beeindruckendes zu sehen. Aktuell lag im Hafen lediglich ein japanisches Handelsschiff vor Anker.
Am Wasser angekommen bahnte sich Gutiérrez seinen Weg durch die gaffende Masse an Leibern, schob Aquanas und Moorlords zu Seite, bis er schließlich vorne am Steg angekommen war. Hier wurde er bereits von Kapitän Pedro Duarte Anducar, einem gesetzten Kappalores, und dem Schiffsarzt Don José Romero, einem weisen Entoron, erwartet. Gemeinsam bildeten die drei die Spitze der Inselbewohner – lediglich der Gouverneur Don Juan Marina war nicht anwesend. Das Turtok konferierte zur Stunde wahrscheinlich mit den Japanern und konnte keine Zeit dafür aufbringen, weitere Gäste zu empfangen. Gutiérrez war die ganze Angelegenheit höchst unangenehm. Die Amerikaner waren sicherlich einen gebührenderen Empfang gewohnt, als ein paar Inselbewohner und drei offizielle Repräsentanten des Gouverneurs. Dennoch, hätten sie sich angekündigt, hätte Guam sich von seiner besten Seite zeigen können!
Das Schiff der Amerikaner lag gut sichtbar am Horizont im Wasser, schien sich der Insel aber nicht zu nähern. "Kapitän Anducar“, erhob Gutiérrez das Wort, „wie lange liegen die Amerikaner dort draußen schon vor Anker?“
„Nun so genau kann ich das nicht sagen, aber wir schätzen, dass sie vor gut drei Stunden aufgetaucht sein dürften.“
„Drei Stunden?“ Fragte Gutiérrez nach und versuchte, sich seine aufsteigende Wut nicht anmerken zu lassen. „Warum wurde ich erst jetzt informiert?“
Das Kappalores zuckte mit den Schultern und auch Romero schien ratlos.
„Wir haben selbstverständlich sofort nach Ihnen schicken lassen, Herr Gutiérrez, aber Sie wissen ja, wie unzuverlässig diese Botenjungen auf der Insel sind“, versuchte letzterer noch zu schlichten.
„Ja ja, aber nicht einmal auf die Idee kommen, sich selbst zu be-“, setzte Gutiérrez wieder an, doch das Wort wurde ihm von einer lauten Explosion abgeschnitten. Die Köpfe aller versammelten Pokémon schnellten zum amerikanischen Boot, aus dessen sichtbaren Kanonen der Rauch aufstieg. Noch bevor jemand etwas sagen konnte, feuerten die Kanonen erneut und massive Kugeln schlugen mit rasender Geschwindigkeit in die Wasseroberfläche vor dem Hafen ein. Die Menge jubelte und Gutiérrez wurde rot vor Scham. Für ein Pokémon seines Ranges war es ja bereits unangenehm gewesen, die Amerikaner ohne Empfangskomitee willkommen zu heißen. Jetzt feuerte das Schiff sogar einen Salut ab und der Hafen konnte nicht gebührend darauf antworten. Eine Blamage!
„Du, Junge, komm her!“ Brüllte Gutiérrez, schon etwas aus der Fassung. Das Bamelin, auf das er gezeigt hatte, näherte sich zögerlich und offensichtlich leicht verängstigt. „Du rennst auf dem schnellsten Wege zu Gouverneur Marina und sagst, dass Gutiérrez nach Mitteln verlangt, um dem amerikanischen Salut zu antworten! Verschwende keine Zeit, jede verstrichene Sekunde ist eine Schande für diese Insel!“
Zufrieden beobachtete Gutiérrez, wie das kleine Pokémon davonflitzte. Offensichtlich verstand er es immer noch, Eindruck zu schinden und sich Respekt zu verschaffen wo immer es nötig war. In den folgenden Minuten, in denen das amerikanische Schiff elf weitere Salven abfeuerte, wurde Gutiérrez zunehmend nervöser. Wo blieben die Kanonen des Gouverneurs? Zweifelsohne musste die Angelegenheit für ihn doch von ebenso großer Wichtigkeit sein? Schließlich hielt er es nicht mehr aus.
„Anducar, Romero! Wir können nicht länger tatenlos hier herumstehen. Ich werde zu den Amerikanern herausschwimmen, sie willkommen heißen und mich für diese peinliche Angelegenheit entschulden. Wer ist mit mir?“
Anducar und Romero tauschten einen kurzen Blick aus, nickten dann aber beide. Auf Gutiérrez‘ schlechte Seite wollte niemand geraten, dann doch lieber zur USS schwimmen. Zu dritt sprangen die Pokémon vom Steg in’s Wasser und rasten in Richtung Schiff davon, allen voran natürlich Gutiérrez, der sich nach wie vor Sorgen machte, dass die Amerikaner seine Entschuldigung nicht akzeptieren und unverrichteter Dinge wieder abziehen würden. Zu seiner freudigen Überraschung erwartete die kleine Gruppe aber bereits eine von Deck des Schiffes herabgelassene Strickleiter, mit der das Trio an Bord gelangen konnte. Wieder festen Boden unter den Füßen, blickten Gutiérrez, Anducar und Romero auf eine eng stehende Reihe aus Maschoks unter der Leitung eines hochgewachsenen Skaraborns mit einem imposanten Horn, ohne Zweifel ein hochrangiger amerikanischer General.
„Mein Name ist Don Francisco Gutiérrez“, stellte der Hafenmeister sich hastig vor, „dies hier sind Kapitän Pedro Duarte Anducar und Schiffsarzt Don José Romero. Es ist dem Gouverneur und der Inselbevölkerung wirklich sehr unangenehm, Sie nicht angemessen in Empfang zu nehmen, aber wissen Sie, die letzte Post erreichte uns vor über einem Monat und wir wurden nicht über Ihr Kommen informiert. Selbstverständlich hätten wir auch Ihren Salut erwidert.“ Demütig neigte Gutiérrez den Kopf. Erst als die Amerikaner zunächst leise kicherten und schließlich durchweg in brüllendes Gelächter ausbrachen, wagte er es, den Blick wieder zu heben. Das mächtige Skaraborn wischte sich Tränen aus den Augen, ehe es antwortete:
„Henry Glass, Kapitän der USS Charleston. Meine Herren, es scheint als sei Ihnen durch die fehlende Post noch so einiges entgangen. Amerika und Spanien befinden sich seit nunmehr einem Monat im Krieg. Unser „Salut“ war ein Angriff auf das spanische Fort auf Guam.“
Gutiérrez schaute ungläubig und auch Anducar und Romero schienen die Lage noch nicht ganz begriffen zu haben. „Das bedeutet…“, setzte Gutiérrez an.
„Ich fürchte das bedeutet, dass Sie Kriegsgefangene sind, meine Herren“, vervollständigte Glass den Satz seines Gegenübers, „und Sie haben es uns ausgesprochen leicht gemacht. Ich schlage vor, Sie begleiten mich unter Deck und wir verhandeln die bedingungslose Kapitulation Ihrer kleinen Insel.“
Und das war die Geschichte, die Guam dank verspäteter Post und den Stolz eines einzigen Impoleons ohne auch nur das geringste Blutvergießen vom spanischen in amerikanischen Besitz überging.
(lat.: Bezeichnung der Monatsmitte, 13. oder 15. eines Monats)
„Und auf Geheiß des gottgeliebten Königs der Makedonen zogen die Reihen der schlachtenden Männer weiter gen Osten, zermalten Reich um Reich und Heer um Heer unter den schweren Hufen ihrer wohlgezüchteten Rosse. Mit dem Segen der Götter marschierte das mächtige Heer, hin zu den fremden Landen am Ende der Welt, die die fremdesten der barbaroi bewohnen, wo Donphares mit kleinen Ohren ihren Herren zum Kriege dienen wie den Puniern von einst ...“
Ein zaghaftes Klopfen riss den Bann, den die leidenschaftlichen Schilderungen vergangener Ruhmestaten gewoben hatten. Caius Iulius Caesar blickte stirnrunzelnd von seiner Lektüre auf und rief den ungebetenen Störenfried herein. Es war ein junger, gallischer Sklave, der respektvoll vor der Tür gewartet hatte. Seiner angespannten Haltung nach zu Urteilen musste es etwas Dringliches ein, das ihn dazu veranlasst hatte, die Ruhe seines Herrn zu brechen. Mit einer raschen Handbewegung bedeutete der vor wenigen Wochen zum dictator auf Lebenszeit ernannte Caesar ihm, zu sprechen. Die wenige Zeit, die ihm vor der nächsten Senatssitzung noch blieb, würde er nicht mit Floskeln und Nebensächlichkeiten verschwenden. Umso mehr blieb dem sich hastig und ehrfürchtig verneigenden Knaben zu wünschen, dass die Störung in der Tat gerechtfertigt war.
„Herr, dein Frau mich schickt, dringend, bitte kommen!“, stammelte er in gebrochenem Griechisch. Caesar sog tief die Luft ein und rieb sich die Nasenwurzel. „Calpurnia“, murmelte er und lehnte sich langsam in seinem fein gearbeiteten Korbsessel zurück. Seine verehrte Gemahlin hatte sich schon am frühen Morgen an ihn gewand und darum gefleht, er möge den Tag daheim verbringen und sich nicht hinaus begeben. Ein Traum hatte die junge Frau, die ansonsten eine sehr gefasste Person war, derart verstört, dass sie sich für ein Weib ihres Ranges unpassend erregt hatte. Er schrieb es seiner allseits bekannten Mildtätigkeit zu, dass er sie dennoch angehört hatte: Ein nachtschwarzes Gallopus war mit rauchender Mähne und donnernden Hufen durch die Straßen der ewigen Stadt gejagt, den Sonnenwagen des Solgalelios gespenstische Schatten aus der Finsternis des Nachtmahres zerrend, deren Formen aber jedes Mal verwischt waren, wenn Calpurnia versucht hatte, sie genauer auszumachen. Ohne Zweifel ein schlechtes Omen, hatte sie Caesar zu bewegen versucht, doch er hatte dem wenig Beachtung geschenkt und wie üblich seinen Besuch empfangen und seine Geschäfte besorgt.
„Wonach verlangt meiner lieben Frau Gemahlin denn?“, fragte er schließlich, rollte die bereits stark belesene Rolle über das Leben und Wirken des Alexander von Makedonien aber bereits zusammen. Eher Epos als Geschichtswerk, doch nach Empfinden des Iuliers fing es die Größe und Vision des Eroberers perfekt ein. Und inspirierte mit nicht zu unterschätzender Kraft. Vielleicht sollte er nach der Zerschlagung des Partherreiches einen Feldzug gegen die Indusbewohner anstreben ...
Der Sklave, an dessen Namen Caesar sich nicht erinnern konnte, schilderte unterdessen, dass die werte Calpurnia den geachteten Herrn Spurrina bestellt habe und darum bitte, dass sie dem Herrn ihre Aufwartung machen dürften. Der ambitionierte Staatsmann strich sich mit einem unterdrückten Seufzen die nur noch spärlich vorhandenen Haare von hinten über den Kopf, erhob sich allerdings langsam von seiner mit glänzenden Bronzebeschlägen verzierten Sitzgelegenheit, die wie die Klauen eines stolzen Pyroleos geformt waren. „Na schön, ich werde sie im Atrium empfangen. Ach, und eines noch“, fügte Caesar hinzu, während der bereits zum Gehen gewandte Sklave abrupt inne hielt und sich seinem Herrn mit gesenktem Blick zuwandte. Dieser drückte beinahe väterlich dessen Schulter und sprach: „Wenn du die Nachricht überbracht hast, sprichst du in der Kammer des Artemidoros vor. Wir müssen dringend an deinen sprachlichen Fertigkeiten arbeiten - dein Griechisch klingt wie das Wiehern eines verletzten Pampuli.“
* * *
Nachdenklich stand Caesar am Fuße des Pompeiustheaters, das sein einstiger Verbündeter und später bitterer Rivale gestiftet hatte. Von irgendwo drang das dunkle, tiefe Bellen eines Hundustor an seine Ohren und das brennende Auge der Himmel streifte seine Haut mit angenehm warmen Wimpernschlägen, während eine milde Brise mit sanften Fingern über das Feld des Kriegsgottes Giratinas strich. Eigentlich ein guter, verheißungsvoller Tag.
Eigentlich.
Den langatmigen Ausschweifungen seines Senatskollegen Caius Trebonius, der in ungewöhnlicher Plauderlaune schien und von einem Thema zum nächsten sprang wie ein Haspiror auf der Wiese, konnte er nur mühsam folgen. Eine innere Unruhe, die sich den ganzen Tag hindurch aufgebaut hatte, kribbelte störend in seinem Nacken - und gleichzeitig schalt er sich einen Narren, dass ihn diverse kleine Merkwürdigkeiten so zu bewegen vermochten.
Unauffällig drehte er den kleinen Fetzen Pergament in Händen, der ihm vor wenigen Augenblicken von seinem Hauslehrer mit verschwörerischem Blick und warnenden Worten in die Hand gedrückt worden war. Ein weiteres Mosaiksteinchen, dass sich zu einem immer konfuseren Bild zu fügen begann. Auch, wenn der alte Grieche dabei um Heiterkeit bemüht gewesen war, hatten sein ernster Blick und die Heimlichkeit der Übergabe Caesars Gemüt nicht beruhigen können.
Ärger stieg in seinem Inneren auf wie glühende Lava in einem brodelnden Vulkan. Erst die an Hysterie grenzende Befindlichkeit seiner Frau, nun das seltsame Verhalten des Artemidoros - ganz zu schweigen von diesem furchtbar dramatischen Auguren, der mit seiner überzogenen Vogelschau vermutlich den Gipfel des Tages darstellte.
Spurrina hatte unter den bangen Blicken Calpurnias und den skeptischen Augen Caesars Hände und Blick gen Himmel erhoben und auf göttliche Zeichen gewartet, die das Schicksal der Sterblichen bisweilen durch den Zug gefiederter Himmelsbewohner kundtun sollten. Aud dem Verhalten der beständig gurrenden Taubses und Dusselgurrae oder dem langsamen Flug eines elegant in der Höhe dahinsegelnden Staravia konnte der Herrscher Roms selbst wenig Schicksalhaftes herauslesen, doch für den älteren Mann hatte die Vogelbeschau einen tieferen Einblick in die geheimnisvollen Spinnereien der Moiren Selfer, Vespritus und Tobutosa gewähren können. Als ein schleimiger Klecks frisch ausgeschiedenen Vogelkots im Becken in der Mitte des nach oben offenen Atriums aufklatschte, schrie der greise Wahrsager auf und übermittelte dem dictatori eine deutliche Warnung: „Carve Idus Martias!“, „Hüte dich vor den Iden des März!“
Damit nicht genug hatte sein treues und ansonsten folgsames Absolis Pollux verrückt gespielt. Der gut trainierte Rüde mit dem streng zurückgekämmten, marmorweißen Fell hatte sich in der Tunika seines Herrn verbissen gehabt, als dieser sich trotz angeblich diviner Warnzeichen auf den Weg zur Senatssitzung hatte machen wollen. All dies wäre so Manchem Grund genug gewesen, zu den Göttern zu beten, dass diese Omen ohne Schaden an ihm vorüberziehen mögen. Doch nur aufgrund fehlgeleiteter Träume und ungebührlicher Tiere die Staatsgeschäfte lahmlegen?
Caesar schnaubte und setzte sich in Bewegung, den irritiert dreinblickenden Trebonius wortlos stehen lassend. Es wäre ja noch schöner, ließe er als gestandener Soldat und mächtigster Mann in Rom sich als abergläubischer Feigling verspotten, weil er sich wie ein hysterisches Weib im Hause verstecken würde!
Entschlossen schritt er voran, bereit, seine Vision eines goldenen Zeitalters unter dem Banner des Habita weiter voranzutreiben. Als er den Senatssaal betrat, verstummte das einem Biborschwarm gleiche Gemurmel der bereits versammelten Senatoren. Unter dem Rascheln der würdevollen Roben der Anwesenden strebte Caesar erhobenen Hauptes durch den Raum. Als er an der Statue des Pompeius emporblickte, die er auf halbem Weg passierte, einem bunten Ebenbild seines verstorbenen Konkurrenten, schlich sich der Anflug eines Lächelns auf seine schmalen, streng geformten Lippen. ,Vor meinem Glanz wird dein Ruhm im Wandel der Ewigkeit verblassen', dachte er und schritt unbeirrt durch die Mengen der abgeordneten Aristrokraten auf den ihm zustehenden Ehrenplatz zu. ,Künftige Generationen werden mich als würdigen Nachfolger des großen Alexander feiern. Heute wird ein weiterer Tag auf meinem Weg zu unsterblichen Ruhm sein!'
Es waren die Iden des Martii im ersten Konsulat des Marcus Antonius und dem fünften des Caius Iulius Caesar.
"Beruhig dich, Yorkleff, was hast du denn?"
Panisch rannte mein kleines Pokémon vor mir hin und her. Ich verstand nicht, was es hatte, eigentlich war doch alles normal. Doch das Hündchen drängte in Richtung Tür, also beschloss ich, mit ihm hinaus zu gehen.
Eine angespannte Stimmung hing in der Luft. Alle Pokémon schienen aufgeregt und panisch zu sein und nicht ruhig halten zu können. Ihre Halter waren ebenso planlos wie ich, niemand wusste, was ihr Problem war. Plötzlich rannte mein Yorkleff einfach davon. Ich folgte ihm über die großen, ebenen Steine, die die Straße bildeten. "Yorkleff! Bleib doch stehen!", rief ich, als ich ihm über eine Querstraße hinüber folgte.
Ich wurde von etwas hart gerammt und fiel zu Boden. Ich blickte auf und sah, dass es zwei Zebritz waren, die einen Wagen zogen und die gerade diese Straße entlang wollten.
"Pass doch auf, Junge!", brüllte mich der Besitzer des Wagens wütend an. Die beiden Zugtiere wieherten laut und schienen ebenso aufgeregt wie all die anderen Pokémon.
"Tut mir leid", stammelte ich, als ich aufstand. "Mein Yorkleff ist mir abgehauen, da habe ich nicht aufgepasst." Ich sah mich um. Es war weg.
"Pass ab sofort besser auf", sagte der Mann. Ich nickte und wandte mich ab. Ich musste mein Yorkleff finden.
Ich ging in die Richtung, in die es verschwunden war und kam beim Marktplatz heraus. Ich sah mich um. Hier waren viele Menschen, viele Pokémon, aber Yorkleff konnte ich in all dem Tumult nicht sehen. Wo wollte es nur hin? Warum war es überhaupt davongerannt? Was war heute nur los?
Plötzlich bebte die Erde. Aufgeschreckte Vogelpokémon flatterten aus den Bäumen auf und flogen davon. Auch unter den Menschen brach Panik aus, als einige der frisch sanierten Gebäude zu schwanken begannen. Erdbeben waren hier in letzter Zeit keine Seltenheit, aber dieses war heftiger als die letzten.
Jemand deutete in die Richtung des Janusbergs, an dessen Fuß unsere Stadt gebaut war. Dort auf dem Gipfel war etwas. Es sah aus wie ein großes, vierbeiniges Pokémon. Ein älterer Herr, bestimmt schon Anfang fünfzig, er trug einen langen, weißen Bart und auffallend schmutzige Kleidung, eilte in die Mitte der sich bildenden Menschenmasse. "Ihr müsst fliehen! Flieht, so lange ihr noch könnt!", rief er. "Dieses Pokémon am Gipfel des Berges ist Entei, ein Wesen, von dem in den alten Legenden erzählt wird. Es befehligt ein feuriges Heer, das dem ganzen Land den Untergang bringt." In diesem Moment glaubte ich, hinter Entei noch etwas anderes zu erkennen, einen Umriss eines weißen Drachen. Doch da sahen wir eine gigantische schwarze Säule über dem Berg aufsteigen, die am Himmel zu einer riesigen Wolke wurde, die bedrohlich in unsere Richtung zog. Einzelne Gesteinsbrocken stürzten auf unsere Stadt und brachten die ersten Gebäude zum Einsturz. Panisch zerstreuten sich die Menschen in alle Richtungen. "Das ist sein Heer aus Drachen, das mit seinen Meteoren alles zerstören will! Flieht! Es ist nicht mehr viel Zeit!"
Immer mehr Gesteinsbrocken fielen zu Boden, als sich nach und nach der Himmel verdunkelte. Schwarze Flocken fielen zur Erde. "Yorkleff?", rief ich ein letztes Mal. "Yorkleff, wenn du mich hörst, dann komm zu mir!" Doch mein Pokémon tauchte nicht wieder auf. So schnell ich konnte, kehrte ich nach Hause zurück. Dort fühlte ich mich sicherer, denn unser Haus war noch sehr neu und würde sicher nicht so schnell einstürzen wie die am Marktplatz. Meine Mutter war inzwischen auch schon dort. Sie schien erleichtert zu sein, als sie mich sah. "Hast du Yorkleff gesehen?", fragte ich, doch sie schüttelte nur geistesabwesend den Kopf.
"Wir können nicht fliehen", flüsterte sie. "Wir wären nicht schnell genug."
Ich schluckte. "Heißt das, wir werden ..." Ich traute mich nicht, die Frage zu Ende zu stellen. Eine Träne rann ihre Wange hinunter. Sie nahm mich fest in den Arm.
Ich musste husten und brach dabei fast zusammen. Erst jetzt wurde mir wirklich klar, wie schwer mir seit diesem schwarzen Schneefall das Atmen fiel. Es war, als würde etwas meine Brust zuschnüren, als würde sich etwas Schweres auf mich legen. Auch meine Mutter hustete.
"Ich kann leider nicht bei dir bleiben, mein Schatz. Ich muss deinen Vater suchen", sagte sie dann und wandte sich zur Tür.
"Warte", sagte ich schnell. "Ich liebe dich, Mutter. Und ... und sag Vater, dass ich ihn auch liebe." Tränen flossen aus meinen Augen.
"Wir lieben dich auch", sagte sie und ging.
Als sie weg war, legte ich mich in mein Bett. Was hätte ich in diesem Moment auch noch anderes tun sollen? Mir war jetzt schon klar, dass ich sie vermutlich niemals wieder sehen würde. Ich hätte auch nicht mit ihr gehen können. Zu schwer fiel mir das Atmen.
Ich hörte ein leises Keuchen am Fenster, als ich sah, wie ein kleines Pokémon zu mir hereingeklettert kam. "Du hast mich ja doch noch gefunden, Kleines", flüsterte ich mit letzter Kraft. Es bellte leise. Wieder musste ich husten. Yorkleff legte sich auf mich. Ich streichelte sein Fell, das von der Asche grau war. Ich spürte die Erde zittern und den Berg in der Ferne grollen. Und ich schloss meine Augen.
Es war eng und stickig in der kleinen Landefähre, doch das kümmerte die beiden Pokémon nicht wirklich. Es war ohnehin nicht an der Zeit, sich über die diversen Unbequemlichkeiten zu beschweren, denn dieser Moment war einzigartig.
„Langsam“, murmelte Gorsky, während er jede einzelne Bewegung und Erschütterung übersensibel wahrzunehmen schien.
„Ganz ruhig“, flüsterte Luc seinem Kollegen leicht spöttisch zu, doch auch bei ihm lag eine gewisse Anspannung in der Stimme. Langsam leckte sich das Lucario über die Lippen, während es die Steuerung bediente.
„Ich bin ruhig“, erwiderte das Maschock. „Jedenfalls solange du uns nicht auf der Oberfläche zerschellen lässt.“
„Wenn du magst, kannst du gerne übernehmen“, bemerkte Luc fast beiläufig, während seine ganze Konzentration auf seine Aufgabe gerichtet war.
„Lass nur“, sagte Gorsky tonlos. Sein Blick ging durch die kleinen Sichtfenster und wanderte über die weite und zerklüftete graue Oberfläche, die nie zuvor jemand betreten hatte. Woraus genau mochte sie wohl genau bestehen? Einfach nur schlichtes Gestein und Staub? Vielleicht waren Stoffe drin, die auf der Erde nur selten vorkamen… Sein Blick schweifte weiter über die Grenze des Horizonts in die tiefe Schwärze, die sie umgab. Es war nicht möglich, die Sterne zu erkennen, vermutlich war das Sonnenlicht zu stark, sodass es ihr schwaches Leuchten verschluckte.
„Gleich sind wir da“, meldete Luc beinahe überflüssigerweise, denn Gorski sah ja, wie sie sich der Oberfläche näherten. Es vergingen quälende Sekunden, die seltsam traumhaft erschienen, dann erschütterte die Fähre unter der Landung. Die Triebwerke liefen noch kurz, weiter, doch nur Sekunden später hatte Luc sie gestoppt und alles, was verblieb, war eine Stille, die nur vom leisen Summen einiger Instrumente unterbrochen durchbrochen wurde.
„Wir sind da“, sagte Gorsky atemlos.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich des Augenblicks vollkommen bewusst geworden war. Nun jedoch bediente er aufgeregt die Kommunikationskonsole und vermeldete in militärisch knappem Ton: „Moosbach City, hier ist der Stützpunkt Tranquility Base. Das Washakwil ist gelandet!“
„Treibstoff ist etwas stärker reduziert worden als geplant, dennoch ausreichend“, fügte Luc hinzu. „Beginnen mit Vorbereitungen für eventuellen Notstart und den Ausstieg.“
Es dauerte einige Stunden, bis alles bereit war, doch schließlich war der Augenblick gekommen, auf den nicht nur die beiden Pokémon, sondern die ganze Welt wartete.
„Na dann“, sagte Luc mit ironischem Unterton, „viel Glück, Mr. Gorsky.“
„Danke“, gab Gorsky trocken zurück und bewegte sich in seinem Raumanzug schwerfällig durch die enge Fähre zur Ausstiegsluke. Die Luft in seinem Helm war sehr muffig. Er erinnerte sich, wie er sich darüber während des Trainings im Scherz beklagt hatte, doch wie der Ausbilder damals im Grunde richtig bemerkt hatte: „Mag sein, aber es ist nun einmal die einzige Luft, die sie da oben überhaupt kriegen.“
Nun hatte sich das Training zweifellos gelohnt, denn die Ehre, die ihm nun zuteilwerden sollte, war nicht zu ermessen.
„Du kannst mich immer noch hören?“, fragte er Luc ein letztes Mal.
„Die Verbindung ist gut“, versicherte sein Kollege.
Gorsky widerstand dem instinktiven Impuls, wie vor einem Sprung ins Wasser tief Luft zu holen. Die letzte Luke, die ihn von der Außenwelt trennte, öffnete sich. Vorsichtig kletterte er hinaus, seine Bewegungen waren langsam und beherrscht. Über seinen Spaziergang erstattete er permanent Bericht.
„Die Landebeine der Fähre scheinen nicht tief in den Boden eingesunken zu sein. Die Oberfläche scheint wie von einem feinen Pulver bedeckt.“
Er erreichte die letzte Sprosse der Ausstiegsleiter, verharrte kurz und stieg auch diese hinunter, während er die Worte sprach, die allen künftigen Generationen im Gedächtnis bleiben sollten: „Das ist ein kleiner Schritt für ein Pokémon, aber ein großer Sprung für die Pokémon.“
Die Stiefel seines Raumanzugs berührten jetzt den Mond und drückten leicht in die staubige Oberfläche hinein. Er bewegte seinen Fuß ein wenig und verrieb die sandige Substanz.
„Es ist in der Tat ein feiner und pulverartiger Stoff. Ich kann ihn problemlos aufwirbeln.“
Nach einigen vorsichtigen Schritten fuhr er fort: „Ich hinterlasse deutliche Fußabdrücke auf der Oberfläche. Ich kann mich recht problemlos bewegen, vielleicht sogar leichter als ursprünglich gedacht.“
Gorsky hielt inne und sah sich um. Die graue und staubige Umgebung erinnerte ihn an einige Wüsten seiner Heimatregion. Natürlich war das hier vollkommen unterschiedlich – der Mond hatte keine Atmosphäre, in der hin und wieder größere und meistens kleinere Meteoriten verglühten. Infolgedessen waren viele kleine Krater und kreisförmige Verwirblungen um die zahlreichen Einschlagstellen entstanden. Quasi Fußabdrücke von Meteoriten, die unberührt geblieben waren. Bis zum heutigen Tage jedenfalls.
Das Maschock sah in die Schwärze des Alls, wobei es unterließ, direkt in die Sonne zu sehen. Wenn man das Nichts überhaupt irgendwo sehen konnte, dann vermutlich hier. Wobei es natürlich nicht wirklich „Nichts“ war. Die Sterne waren da, man konnte sie nur gerade nicht sehen. Oder, vielleicht waren einige von ihnen auch nicht mehr da. Schließlich war es aufgrund der großen Entfernung, die das Licht überwinden musste, durchaus möglich, dass einige von ihnen eigentlich schon verlöscht waren.
Gorsky machte sich daran, ein wenig von der staubigen Oberfläche sowie einige Steine in einen Behälter zu füllen. Ein kleines Souvenir, das auf der Erde analysiert werden würde.
Anschließend machte er sich zurück auf den Weg zur Fähre. Vor einigen Jahren war es undenkbar gewesen, dass man jemals den Mond würde betreten können. Nun aber befanden sich zwei Pokémon auf seiner Oberfläche, in der Lage, sich völlig frei zu bewegen und Proben mitzubringen. In Zukunft würde es vielleicht einfacher werden als jetzt. Vielleicht würde es irgendwann sogar selbstverständlich sein, durch das All zu fliegen und den Mond zu besuchen. Und trotzdem – egal, wie große Fortschritte man auch noch vollbrachte, Generationen von Pokémon würden stets auf diesen Moment zurückblicken, als erstmals eine bemannte Landung auf dem Erdtrabanten gelungen war.
Die Tischplatte vibrierte spürbar, als das Dröhnen der immerzu unnachgiebig einschlagenden Magnetbomben in den meterdicken Stahlbetonwänden seines Büros widerhallte. Es sah nicht gut aus. Der Feind rückte an allen Fronten vor, das Heer war geschwächt, die Hauptstadt drohte zu fallen. Die Hauptstadt? Farbeagler schüttelte den Kopf. Das ganze Reich. Gerade erst hatten sie seinen sechsundfünfzigsten Geburtstag gefeiert und jetzt versteckten sie sich wie Angsthasen. Er beugte sich über die Karte der Stadt, seine Augen auf die roten und blauen Frontlinien fixiert – was es brauchte, war ein Befreiungsschlag, einen Durchbruch. Wie damals, als er Kalos binnen Wochen mit seinem Heer überrollt hatte wie ein Turbobrand – und niemand sich traute, seinen Weg zu versperren. Gleichsam der Ninjaskstaffel, mit der Kanto damals Alola in Schutt und Asche gelegt hatte, sollte ein grausamer Feuerschlag seine Feinde erinnern, mit wem sie es zu tun hatten. Noch war nicht alles verloren, das Reich hatte seine Zermalmklauen noch nicht eingebüßt!
Gut, dass er alles umsichtig geplant hatte.
„Mit dem Angriff Tarnsteiners“, Farbeagler blickte auf, seine dunklen Augen voller Zuversicht, „wird das alles in Ordnung kommen.“
„Mein Führer“, das Caesurio auf der gegenüberliegenden Seite des Tischs zögerte sichtlich nervös. „Mein Führer“, seine Lippen zitterten, „Tarnsteiner konnte nicht genügend Kräfte für einen Angriff massieren. Der Angriff Tarnsteiners ist nicht erfolgt.“
Farbeagler spürte, wie das Blut heiß in seinen Kopf schoss. Wie konnte das sein? Er hatte es doch befohlen! Befohlen! Er. Der Führer! Was gab einem einfachen General wie Tarnsteiner das Recht – oder sonst irgendwem! – sich seinem Befehl zu widersetzen? Hatte er zu viel verlangt? Er wusste, dass die Wehrmacht ausgedünnt war. Im Westen waren die Washakwil aus Einall gelandet und aus dem Osten rückten die Shnebedeck vor. Zugegeben, es war verwegen gewesen, ihr Reich mitten im kalten Winter eingreifen zu wollen, wo Blizzard und Hagelsturm herrschten. Doch ihm hätte gelingen können, woran der kalosianische Impoleon seinerzeit gescheitert war! Wäre da nicht die unerträgliche Inkompetenz seines Generalsstabs! Genau wie jetzt, legte ihre Unfähigkeit ihm einen Felsblock nach dem anderen in den Weg – er hätte gut daran getan, sie vor Jahren schon einen nach dem anderen liquidieren zu lassen. Wie der schnauzbärtige Volumin aus dem Osten.
„So weit ist es also gekommen.“ Farbeagler stand auf.
„DAS MILITÄR HAT MICH BELOGEN!! ALLE HABEN MICH BELOGEN!!“, polterte er aus voller Kehle und übertönte noch die feindlichen Geschosse, „Der Angriff Steiners war ein Schlagbefehl! Die gesamte Generalität ist nichts weiter als ein Haufen niederträchtiger, treuloser Feiglinge! FEIGLINGE, VERRÄTER, VERSAGER!!“
Niemand wagte es, zu erwidern.
Er hatte ganz auf sich gestellt den ganzen Kontinent erobert. Allein. Er war es immer noch. Er konnte sich auf niemanden verlassen.
Außer … Seine Augen musterten das hübsche Zigzachs am Ende des Raums. Eva … Ihr braunes Fell schimmerte im faden Schein der flackernden Deckenlampen noch immer so schön wie am hellsten Sonnentag. Seine Rechte Hand im Kampf gegen den Rest der Welt. Was sollte aus ihr werden? Was sollte aus ihnen beiden werden, wenn die Washakwil und Shnebedeck am Ende des Kriegs das Reich unter sich aufteilten? Auf das Volk konnte er sich nicht verlassen. Die würden alles tun, um ihre Köpfe zu retten. Die Seele des Volkes stahl sich so leicht wie ein schillerndes Schlapor. Und was hatte er nicht alles für dieses Volk getan? Er wollte es groß machen, ihm Lebensraum geben, Kunst und Kultur sollten florieren. Es sollte ein Reich von tausenden und abertausenden von Jahren werden. Und er wollte es hüten und umsorgen und es sollte ihm an nichts mangeln.
Er wollte es reinigen. Reinigen vom Unrat dieser Psycho-Pokémon! Er würde nicht eher Erholung einsetzen, bis auch das letzte von ihnen das Licht der Sonne zum letzten Mal gesehen hatte. Diese langnasigen Hypno, die mit ihren hypnotischen Kräften Kinder entführten … Niemand durfte so viel Macht besitzen. Seine Großmutter war ein Xatu gewesen und wusste immer, wenn er etwas ausgefressen hatte. Wie oft hatte er sich als Junge Prügler eingehandelt, weil er nicht den geringsten Trickbetrug vor ihrem allsehenden Wunderauge geheim halten konnte. Und dann waren da diese Pantimos. Der Rektor der Kunstakademie war ein Pantimos gewesen. Er hatte ihn abgewiesen. Talentlos hatte er ihn genannt. Seinen Gemälden würden jegliche Kunst und Komposition fehlen. Was verstand ein Pantimos schon von Kunst? Farbeagler wollte sich nicht ausmalen, was diese rosafarbenen Ungestalten, die sich allesamt Mister oder Monsieur nannten, nachts in ihren Bizarroräumen trieben. Psyschub, Dimensionsloch, Rollentausch – es war eine unerträgliche Schande! Eine Schande, der er bereit war alles entgegenzusetzen. Als Führer des Reiches war das seine Pflicht. Doch sie würden es nicht verstehen. Wenn die feindlichen Heere die Lager entdeckten, wäre es um ihn geschehen. Um ihn und seine liebe Eva. Sie würden ihn vor ein Tribunal zerren, wo er diesem aufgeblasenen Winston Granbull von der Teetrinkerinsel Rede und Antwort stehen müsste. Er konnte, nein er durfte nicht behaupten, er habe von nichts gewusst. Er wäre seine Verantwortung, ihnen deutlich zu machen, wie dringend eine Endlösung der Psycho-Frage war. Doch sie würden es nicht verstehen. Am Ende würden sie ihn umbringen. Oder noch schlimmer, einsperren.
Nein, die Selbstbestimmung würden sie ihm nicht nehmen. Er würde kämpfen. Allein, wenn er musste, und bis zum letzten Blutstropfen. Er würde es ihnen allen zeigen, den Xatu, Pantimos und Hypno, Volumin und Granbull, und allen, die jemals mit dem Finger auf ihn gezeigt und gerufen hatten „Seht nur, da läuft das talentlose Farbeagle!“ Und wenn er untergehen musste, sollte ihm das Reich folgen. Verdient hatten sie es alle sowieso. Aus dem einst starken Volk waren nur noch die Feiglinge und Versager zurückgeblieben. Aber er war Adolf Farbeagler. Er war der Führer. Niemand sagte ihm, was er zu tun oder zu lassen hatte und er kapitulierte nicht. Er kapitulierte niemals!
„Machen Sie, was Sie wollen.“, sprach er müde und trat hinaus.