Die richtige Farbwahl

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  • Einleitung

    Die folgende Lektion beschäftigt sich mit der Wahl der richtigen Farben für euren Sprite. Die Farbwahl ist ein häufig völlig unterschätzter Punkt der Gesamtarbeit, die für einen ordentlichen Sprite notwendig ist. Die Farbwahl ist leider aber auch ein Schritt, den man nicht zu 100% richtig und gemäß fester Regeln machen kann. Es gibt Hilfen und durchaus eine gewisse Logik, allerdings ist letztendlich immer ein Grad an Individualität in Form von kleinen Abweichungen von der Norm notwendig. Behaltet das immer im Kopf.


    Die Farbmodelle

    Um zu verstehen, wie man Farben mischt, ist es notwendig zu verstehen, wie Farben in einem Computer dargestellt werden. Farbwerte werden in Bildbearbeitungsprogrammen stets in zwei Formen angegeben. Diese sind das RGB- und das HSI-Farbmodell.


    Zunächst ist es aber vermutlich notwendig das ihr alles vergessen müsst, was ihr über die Farbenlehre zu wissen glaubt. Im Kunstunterricht in der Schule wird lediglich das RBY-Modell gelehrt, welches Rot, Blau und Gelb als Primärfarben definiert. Dieses Modell findet allerdings nur in der realen Kunst Anwendung. In der digitalen Bildverarbeitung gilt stets das RGB-Farbmodell.



    RGB-Farbmodell:



    R: Red Rot
    G: Green Grün
    B: Blue Blau


    Das RGB-Farbmodell teilt alle Farbwerte in drei Werte auf: Rot, Grün und Blau. Dieses Modell stimmt mit dem menschlichen Auge überein, denn auch unser Auge hat lediglich drei Arten von Farbrezeptoren, für Rot, Grün und Blau. Obwohl dem so ist, ist es leider sehr schwierig, mithilfe dieses Modells Farben zu mischen. Deswegen wurde das HSI-Modell erfunden, ein Farbmodell, das speziell für die Bildverarbeitung gemacht wurde und die RGB-Werte in für den Menschen verständlicher Weise darstellt. Aufgrund dessen können die eigentlichen RGB-Werte größtenteils ignoriert werden.



    HSI-Farbmodell:



    H: Hue Farbton
    S: Saturation Sättigung
    I: Intensity Helligkeit


    HSI rechnet die RGB-Werte in Farbton, Sättigung und Helligkeit um, damit sie verständlicher werden.


    Farbton:
    Die Farbtöne kann man sich als kreisrunde Scheibe (vgl. Farbkreis) vorstellen, in der alle Farben nahezu nahtlos durchlaufen werden und ineinander übergehen. Wie auch ein Kreis in der Mathematik hat dieser Farbkreis in den Bildbearbeitungsprogrammen genau 360° (bzw. 240° in Paint).


    0° entspricht in allen Programmen dem RGB-Wert (R = 255, G = 0, B = 0). Dies entspricht purem Rot.
    Pures Grün liegt bei 120° (bzw. 80° in Paint) und reines Blau bei 240° (bzw. 160° in Paint).


    Sättigung
    Die Sättigung gibt an, wie intensiv der Farbstich einer Farbe ist. Ist der Wert 0, handelt es sich um einen Grauton. Je höher der Wert, desto bunter die Farben. Farben mit einer relativ niedrigen Sättigung nennt man auch Pastelltöne.



    Oben = Hohe Sättigung (bunt)
    Unten = Niedrige Sättigung (blass)


    Helligkeit
    Der Begriff der Helligkeit sollte selbstverständlich sein. Je höher der Wert, desto heller der Farbton, je niedriger der Wert, desto dunkler.



    Oben = Hohe Helligkeit
    Unten = Niedrige Helligkeit



    Wissenswertes:
    Was ist eigentlich eine Farbe und was nicht? Tatsache ist, dass wir für viele Farbtöne keine Namen haben, an anderen Stellen im Farbspektrum aber sogar sehr genau zwischen kleinsten Unterschieden unterscheiden - andere Kulturen unterscheiden teilweise ganz anders zwischen einzelnen Farbtönen als wir es tun. Ein Beispiel ist die "Farbe" Braun, die im eigentlichen Sinn keine ist. Braun ist für uns Europäer grundsätzlich alles zwischen Rot und Gelb mit einer geringen Farbsättigung. Weiß, Grau und Schwarz haben zudem eine besondere Stellung. Weiß ist die Kombination aller Farben, Schwarz die Abstinenz aller Farben und Grau ist ein Farbton dann, wenn alle drei RGB-Werte nahezu gleich sind.


    Die Farbwahl

    Zunächst mischt man sich meist die mittlere Farbe, also die Farbe, die weder nah am Licht, noch weit vom Licht entfernt ist. Ausgehend von dieser Grundfarbe mischt man anschließend die hellen und die dunklen Farben. Für eine richtig gute Palette ist es wichtig, alle drei Werte (Farbton, Sättigung und Helligkeit) zu ändern. Zur Bestimmung der Paletten haben sich zwei verschiedene Methoden etabliert:


    Methode A:


    hell: + Helligkeit - Sättigung
    dunkel: - Helligkeit + Sättigung


    Methode B:


    hell: + Helligkeit - Sättigung
    dunkel: - Helligkeit - Sättigung


    GameFreak nutzte bei den meisten Sprites die bunter wirkende Methode A. Die etwas realistischer wirkende Methode B wird dann verwendet, wenn der Farbton sehr stark in eine bestimmte Richtung wechseln sollte. Beispielsweise bei Glurak, dessen Grundfarbe zwar orange ist, in der Schattenseite aber plötzlich sehr viel stärker ins Rote wechselt. Unterschiedliche Farben zu kombinieren ist bei niedrigerer Sättigung sehr viel einfacher, deswegen ist in so einer Situation Methode B besser. Der Farbton sollte sich jedoch auch bei Methode A immer leicht ändern (s.u.), wie stark ist euch überlassen.



    Oben = Methode A (cartoon-artig)
    Unten = Methode B (realistisch)


    Die Farbtonverschiebung

    Zu welcher anderen Farbe ein Farbton tendieren soll, ist von der Position des Farbtones im Farbkreis abhängig. Um zu verstehen, in welche Richtung die Farbtonverschiebung geht, ist ein wenig Wissen über unser Sonnenlicht notwendig. Das Licht unserer Sonne wirkt gelb, weil unsere Atmosphäre einen Teil des Blauanteils des Lichtes "verschluckt" (deswegen sieht der Himmel Blau aus). Da Blau die Komplementärfarbe zu Gelb ist, bedeutet dieser Abzug des Blauanteils von weißem Licht, dass dieses gelber wird. Das hat zur Folge, dass besonders stark beleuchtete Regionen immer gelber werden und im Schatten liegende Regionen immer blauer werden. Gut zu beobachten ist dies bei Blättern von Bäumen. Schattenstufen mit gleichem Farbton wirken unnatürlich und sollten immer vermieden werden.


    Farben ab links oben im Uhrzeigersinn: Gelb, Oliv, Grün, Türkis, Cyan, Azur, Blau, Violett, Magenta, Rosa, Rot, Orange


    • Die Grafik links zeigt die Positionen der wichtigsten Farben im Farbspektrum sowie deren Farbton. Klein gedruckt darunter befindet sich der entsprechende Farbton in Paint. Paint benutzt nämlich wie bereits erwähnt kein 360°, sondern ein 240°-System für die Farbtöne.




    Wenn ihr eine hellere Farbstufe mischen wollt, müsst ihr den Farbton in Richtung Gelb (entlang der inneren Pfeile) verschieben.
    Wenn ihr eine dunklere Farbstufe mischen wollt, müsst ihr den Farbton in Richtung Blau (entlang der äußeren Pfeile) verschieben.







    Beispiel:
    Farbton: hell (15), mittel (5), dunkel (355)



    Wer das Bild genauer betrachtet, wird bemerken, dass Gelb keinen hellen Pfeil und Blau keinen dunklen Pfeil hat. Das liegt daran, dass pures Gelb die wärmste und pures Blau die kälteste wahrgenommene Farbe ist. Pures Gelb kann nur kühler werden, ganz egal, in welche Richtung der Farbton verschoben wird. Genau so kann pures Blau nur wärmer werden, wenn der Farbton verschoben wird. Liegt die gewählte Farbe also genau auf Gelb oder Blau verschiebt man den Farbton in irgendeine Richtung. Ansonsten schiebt man den Farbton in die Richtung des überwiegenden RGB-Werts.



    Oben = Schattenstufen mit Farbtonverschiebung (dreidimensionale Farbstufen)
    Unten = Schattenstufen ohne Farbtonverschiebung (zweidimensionale Farbstufen)


    Wichtig:
    Obwohl es wichtig ist, alle drei Werte zu ändern bedeutet das nicht gleichzeitig, dass die Änderungen im gleichen Maße geschehen müssen. Ganz im Gegenteil, die drei Werte sind von ihrer Wichtigkeit nicht gleichzusetzen. Helligkeit und Farbton sind viel wichtiger als die Sättigung. Das bedeutet nicht, dass die Sättigung unwichtig ist, nur das sie sich nicht zu stark ändert. Gewöhnlicherweise ändert sich die Helligkeit am stärksten und der Farbton am zweitstärksten, allerdings muss das nicht sein. Ein Beispiel zum Erzeugen einer neuen (helleren) Farbstufe wäre: Helligkeit + 10, Sättigung - 5, Farbton + 7.


    Achtung:
    Obwohl dunklere Schattenstufen im Farbkreis nach Blau verschobenen werden, gilt dies normalerweise nicht für die Outlines. Die Outlines umschließen gewöhnlich Teile aller Farbstufen. Deswegen ist es ratsam für die gefärbten Stellen der Outlines einen Farbton nahe des Mittelfarbtons zu wählen.


    Die Farbluminanz

    Was nun folgt, ist eher ein weniger wichtiger Punkt, allerdings handelt es sich um Wissen, das in diversen Situationen nützlich sein kann, wenn man sich nicht zu 100% auf sein Gefühl verlassen kann. Wie wir inzwischen wissen, hat jeder Farbwert eine Helligkeit. Allerdings stimmt diese Helligkeit nicht mit dem menschlichen Empfinden von "Helligkeit" überein. Wie bereits erklärt sehen wir Menschen Farben als Kombination von Rot, Grün und Blau, allerdings nehmen wir diese drei Farben nicht gleich intensiv wahr. Die Luminanz berücksichtigt die tatsächlich wahrgenommene Helligkeit einer Farbe.


    • Der innere Ring der Grafik zeigt die Luminanz der Farben. Sie zeigt an, wie hell bzw. dunkel (in einer Skala von 0 bis 9) die Farbe im Vergleich zu den jeweils anderen Farben wirkt.




    Primärfarbe = Rot (0), Grün (120), Blau (240)
    Komplementärfarbe = Gelb (60), Cyan (180), Magenta (300)
    Mischfarbe = Alle restlichen Farbtöne







    Je näher ein Farbton an einer Primärfarbe liegt, desto dunkler wirkt er.
    Je näher ein Farbton an einer Komplementärfarbe liegt, desto heller wirkt er.



    Tipp:
    Es kann ab und zu mal vorkommen, dass ihr einen Sprite umfärben möchtet, aber wollt, dass die neue Farbe genauso hell wirkt wie die alte und nur der Farbton ein anderer sein soll. In dem Fall ist es nützlich zu wissen, wie man die wahrgenommene Helligkeit berechnet, um sie mit anderen Farben vergleichen zu können. Alles was ihr dazu braucht, sind die RGB-Werte euer Farben und diese Formel:


    100 * (0.299 * R + 0.587 * G + 0.114 * B) / 255


    Die Farbanzahl

    Grundsätzlich sollte - gerade wenn man einen Sprite im Nintendostil erstellen möchte - vermieden werden, zu viele Farben zu benutzen. GameFreaks Sprites haben alle ein Limit von 16 Farben. Dieses Limit hatte ursprünglich noch technische Gründe, trägt aber auch zum einfachen Pokemon-Look bei. Ein Trick, der genutzt werden kann, um dieses Limit einzuhalten ist das Wiederverwenden von Farben. So kann z.B. die helle Farbe für eine braune Stelle als dunkle Farbe für eine gelbe Stelle genutzt werden. Grundsätzlich können viele Farbtöne wiederverwendet werden, wenn sie in mehrere Farbstufen passen. Da diese Begrenzung inzwischen technisch keine Relevanz mehr hat, ist es aber durchaus legitim mehr Farben zu benutzen, falls man unter keinen Umständen mit 16 auskommt. Für sehr große Sprites ist ein Limit von 32 Farben sowieso viel realistischer.


    © (Lektion + Bilder) @GetaX