In diesem Thema habt ihr eine bestimmte Anzahl an Punkten zur Verfügung, die ihr den Texten im nächsten Beitrag geben könnt. Achtet jedoch darauf, dass ihr die Punkte, die euch zur Verfügung stehen, komplett ausschöpft. Votes, welche zu wenige oder zu viele Punkte enthalten, können leider nicht gezählt werden. Des Weiteren solltet ihr eure Punkte mindestens auf drei zwei Texte verteilen, eure Wahl ausreichend begründen und natürlich nicht für eure eigenen Texte voten.
Es ist außerdem hilfreich, euch das "How to vote-Topic" anzusehen. Schreibt ihr in dieser Saison besonders viele Votes, habt ihr die Chance auf Medaillen. Weitere Informationen findet ihr hier: Informationen und Regeln zu den Wettbewerben.
Zitat von AufgabenstellungDie Pokémonwelt ... Ein wunderschöner Ort, in dem Menschen und ihre freundlichen Begleiter, die Pokémon, in traumhafter Harmonie zusammenleben. In diesem Wettbewerb ist es nun eure Aufgabe, diese Idylle in einer Geschichte zu zerstören. Wie genau ihr das anstellt, ist euch vollkommen freigestellt, allerdings ist - wie einige sich sicher denken können - ein Pokémonbezug verpflichtend. Sind es vielleicht Groudon und Kyogre, die in einem finalen Kampf die Welt vernichten? Findet ein fürchterlicher Krieg zwischen der Klonarmee eines Mewtu und dem Rest der Welt statt? Bedrohen gefährliche Deoxys aus dem All die Erde? Schreibt eure finsteren Prophezeiungen nieder und bereitet eure Leser auf das unvermeidliche Ende vor!
Insgesamt sind 4 Punkte an mindestens 2 Werke zu verteilen, maximal 2 an eine Abgabe.
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Schreibt in die Schablone bitte ausschließlich die Zahlen eurer ID und der Punkte ohne zusätzliche Begriffe. Achtet dabei darauf, bei der Schablone zwischen Doppelpunkt und ID/Punktzahl ein Leerzeichen zu machen, damit die Auswertung über den Voterechner ohne Probleme erfolgen kann. Wenn ihr nicht wissen solltet, wie ihr eure ID herausfindet, könnt ihr dies unter anderem hier nachlesen.
Der Vote läuft bis Sonntag, den 3.9.2017, um 23:59 Uhr.
Deutsch: Herbstmädchen/Untergangsmädchen
Du trafst sie am Fuss des Prismaturms um acht Uhr abends im Oktober. Sie stand einfach da, regungslos, ihr blutrotes Haar im Wind flatternd. Wenn du zurückschaust, hätte dies der erste Hinweis sein sollen, dass etwas nicht stimmte.
Denn dieser Tag war windstill.
Was dich zu ihr zog wusstest du nicht. Vielleicht war es die stille Aura von Macht die in Wellen von ihr auszugehen schien, vielleicht auch nur die Tatsache, dass ein Mädchen, das nicht älter als sieben sein konnte, zu dieser Zeit allein hier draussen wenig verloren hatte. Wie es auch sei, du gingst zu ihr hin und sprachst sie an.
„Wo sind deine Eltern?“
Sie drehte ihren Kopf. Ihr schwarzes Kleid schwebte bei der Bewegung eigentümlich um ihre Fussknöchel, fast als ob es kein Eigengewicht hatte. Sie schaute dich mehrere Sekunden einfach nur an, ohne ein Wort zu sagen.
„Ich habe keine.“, antwortete sie schliesslich.
„Wieso bist du dann nicht in einem Waisenhaus?“, fragtest du, ein vergebener Versuch etwas Normalität in die Situation zu bringen.
Das Mädchen starrte dir erneut ins Gesicht und du wichst ihrem Blick nervös aus. Ihre Augen waren türkisfarben wie ein Gebirgssee aber mit einem manischen Schimmern, das an schwelgende Glut erinnerte. Augen aus dem Gesicht eines Genies… oder eines Wahnsinnigen.
„Ich mag diese Stadt.“, riss sie dich aus deinen Gedanken, „Sie ist voller Leben. Es leuchtet so schön hell. Ist so zerbrechlich.“
Wie um ihren Punkt zu untermalen beugte sie sich nieder und pflückte etwas Gras, das zwischen den Pflastersteinen hervorschaute. Sie hielt es dir vor die Nase und du nahmst es verwirrt in die Hand.
„Glaubst du nicht auch, dass das Leben am schönsten ist, gleich bevor es erlischt?“, meinte sie, während du das Gras in deiner Hand anstarrtest und zu deinem Entsetzen begann es braun zu werden und schliesslich zu Staub zu zerfallen.
„Denk darüber nach.“, schallte es. Als du aufsahst war sie nicht mehr da.
An diesem Abend bliebst du noch lange vor dem Prismaturm stehen, wohl wissend, dass deine Kinder und dein Ehepartner auf dich warteten. Doch es war schwer, dich nach so einem Erlebnis vom Fleck zu bewegen.
Ein Jahr später trafst du sie das zweite Mal, gerade als du dir endlich eingeredet hattest, dass sie eine Einbildung gewesen war. Deine Kinder wollten einen Ausflug nach Cromlexia machen und du warst als ihre Begleitung hier. Während sie in den Ruinen herumtollten, schautest du auf deine Uhr.
Zwanzigster August.
Eigentlich sollte es Sommer sein aber die orangen Blätter auf dem Boden sprachen eine andere Sprache.
Du bewegtest dich weiter in Richtung des Dorfzentrums. Einst waren hier drei riesige Steine gewesen, doch vor zehn Jahren hatte sich etwas ereignet, das sie verschwinden liess. Der Öffentlichkeit waren die genauen Informationen verwehrt geblieben, man wusste nur, dass der ehemalige Champ der Pokémon Liga hier Team Flare bekämpft hatte.
„Du interessierst dich also für Waffen?“
Du fuhrst herum. Hinter dir stand eine Frau die du auf um die zwanzig schätztest. Sie trug einen roten Mantel und ihr Gesicht war hinter einem dunklen Schleier versteckt.
„Waffen?“, wiederholtest du verwirrt ihre Worte.
„Ja, schliesslich stehst du vor der ultimativen Waffe.“
Sie lächelte, ein winziges Zucken ihrer Mundwinkel, mehr ein Geist eines Lachens als eines aus wahrer Freude. Du wusstest nicht, was du antworten solltest, also schwiegst du.
Sie fuhr fort, erzählte dir, dass in Kalos ein Krieg gewütet hatte und jemand versucht hatte, ein Pokémon wiederauferstehen zu lassen, nur um die dazu konstruierte Apparatur zu einer Waffe umzubauen. Danach schien sie alles für gesagt zu halten und wandte dir den Rücken zu.
Deiner Meinung nach hatte diese Rede aber eher Fragen aufgeworfen als beantwortet. Eine Waffe? Wie funktionierte sie? Was war vor zehn Jahren geschehen?
Die letzte Frage sprachst du laut aus und die Frau schien eine Weile zu überlegen, ob du einer Antwort würdig warst. Schliesslich winkte sie dich zu ihr und deutete auf einen kollabierten Haufen aus Steinen.
„Dies war einst das Versteck von Team Flare.“, erklärte sie und du legtest fragend den Kopf schräg.
Erneut liess die Frau sich Zeit bei der Antwort und du fingst an, ungeduldig von einem Bein auf das andere zu treten. Sie tippte sich mit ihrem Fingernagel leicht gegen das Kinn und meint schliesslich: „Flordelis, Team Flares Anführer, wollte mit dieser Waffe alle, die nicht zu Team Flare gehörten auslöschen. Dazu grub er den Kokon des Legendären Pokémons Yveltal aus. Es sollte die Energie um die Waffe zu nutzen liefern.“
An diesem Punkt hattest du den Zustand „Verwirrt“ längst hinter dir gelassen und selbst „Schockiert“ war nicht genug um deinen Zustand zu beschreiben. Flordelis war Team Flares Anführer gewesen? Wieso war dies nie an die Öffentlichkeit gelangt? Er war Teil der Regierung gewesen und hatte auch sonst sehr viel Einfluss, schon allein die Tatsache dass er etwas mit Team Flare zu tun hatte hätte Schlagzeilen machen müssen. Team Flares Anführer, Flordelis… wieso hatte dies die Welt nie erfahren?
„Doch Team Flares Plan wurde durch einen jungen Trainer vereitelt. Er kämpfte sich durch das Hauptquartier, befreite Yveltal und besiegte Flordelis gemeinsam mit ihm. Die Waffe wurde dabei beschädigt. Sie ist nicht ganz kaputt aber ohne die Hilfe von Yveltal wird sie niemals wieder benutzt werden können. Das Lrgendäre Pokémon war beeindruckt von seinem Retter und beschloss ihn ab jetzt auf seiner Reise zu begleiten.“
Das Gesicht der Frau verzog sich erneut zu dem Lächeln, das keines war und sie zog ihren Schleier zur Seite, sodass ein einzelnes türkisfarbenes Auge dich anstarren konnte. Du blinzeltest überrascht und als deine Augen sich wieder öffneten war die Frau verschwunden.
Ein kreisförmiger Fleck verwelkten Grases blieb zurück.
Ein neues Jahr, ein neuer Herbst, diesmal war es im September. Du standst am Bahnhof in Illumina vor einer Gedenktafel. Neun Jahre war es her, seit hier ein Zug entgleist war. Neun Jahre, sechzig Tote. Darunter Pachira von den Top-Vier und natürlich der ehemalige Champ. Wobei es noch nicht ganz neun Jahre waren, das genaue Datum des Unfalls war der vierzehnte November.
Du schautest dich um, fragtest dich, ob dein Zug bald kommen würde, als dir plötzlich jemand auf die Schultern tippte. Es war erneut die Frau. Oder Das Mädchen. Ein und dieselbe, wie du glaubtest und doch wusstest du nicht was sie war.
Diesmal schien sie um die vierzig zu sein.
„Es ist eine Lüge, weisst du?“, flüsterte sie.
„Was?“
Du machtest dir nicht einmal mehr die Mühe, genauer nachzuhaken, wohl wissend, dass du bald eine Erklärung bekommen würdest.
Sie enttäuschte nicht.
„Das Zugunglück war gar keines, es war ein Attentat. Der Champ und Pachira, die übrigens ein ehemaliges Team Flare Mitglied war, wollten sich zu einer Pressekonferenz aufmachen, in der die Namen aller Mitglieder des Teams bekannt gegeben werden sollte. Es waren einige hohe Tiere aus der Regierung dabei… diese wollten natürlich ihre Karriere nicht ruinieren. Eine Bombe, ein bisschen Vertuschung… ihr Ziel war erreicht. Der Champ starb, sein Team auch, einzig Yveltal überlebte, da es sich instinktiv in seinen Kokon zurückzog. Als es wieder aus diesem Zustand aufwachte war sein Trainer bereits tot. Es konnte ihm nicht mehr helfen. Die einzige Möglichkeit die ihm noch blieb war die ultimative Waffe.“
Die Frau lächelte erneut ihren Geist eines Lachens.
„Nun, ich habe dir genug Hinweise gegeben. Du findest mich nächstes Jahr am Ort an dem alles begann, am Tag der alles beendete. Fühle dich geehrt.“
Diesmal verschwand sie nicht während du abgelenkt warst. Sie sprang leichtfüssig in die Luft und löste sich in rotes Licht auf.
Und in deinem Kopf fügten sich die Puzzleteile zusammen.
Erneut standst du inmitten von Cromlexia, schautest zu, wie die Sonne hinter dem Horizont versank. Du hofftest, dass du richtig lagst. Hofftest, dass du nichts falsch verstanden hattest. Es war der vierzehnte November, zehn Jahre nach dem Attentat.
Sie hatte dir gesagt, dass sie hier sein würde. Oder besser gesagt hatte es dies.
Und da war es auch schon.
Diesmal sprachst du sie zuerst an: „Hallo Yveltal. Du weisst, dass dein Trainer dies niemals gutheissen würde?“
Sie lächelte nicht. Sie weinte nicht. Sie drehte dir einfach ihr alt aussehendes Gesicht zu und nickte.
„Ja, ich weiss.“
Ein roter Blitz flammte auf und statt einer siebzigjährigen Frau sass ein riesiger Vogel vor dir.
„Er liebte die Menschen, sah immer das Beste in allen. Er starb, weil er niemandem misstrauen konnte. Er war der erste der keine Angst vor mir hatte. Ich weiss, er wird mich hassen, aber er muss weiterleben. Ich kann ihn zurückbringen mit dieser Apparatur. Vieles wird sterben um ihn zurückzubringen aber ich werde mein Bestes geben seine Familie und Freunde zu verschonen.“, sagte eine Stimme, die nichts Menschliches mehr an sich hatte und eher klang wie der Wind in einer gewittrigen Nacht.
„Er war mein Trainer. Sein Team waren meine Freunde. Ich weiss, dass sie nicht ewig leben werden, aber auf diese Art kann ich ihnen die Zeit verschaffen, die ihnen eigentlich zustand. Die Welt kann mir dabei gestohlen bleiben.“
Das letzte, was du sahst, war, wie sich ein Gebilde aus Kristall aus dem Boden hob und alles in gleissendes Licht tauchte.
Seit ewigen Zeiten schon wurde das Ende der Welt in unzähligen Schriften und Prophezeiungen in verschiedensten Kulturen und Epochen vorhergesagt. Jede von ihnen sah den Untergang der Welt durch ein anderes Ereignis eintreten: Die unbändigen Kräfte der legendären Pokémon, verehrende Naturkatastrophen oder auch nur durch Krankheiten. So unterschiedlich diese Vorhersagen auch in Ursprung und Ursache waren, sie alle teilten sich die gleiche Botschaft: irgendwann wird die Welt enden. Dieser Tag ist wohlmöglich heute.
Die Welt starb nicht plötzlich, es geschah langsam und zeichnete sich früh genug ab um die Katastrophe zu verhindern, doch wie so oft scheiterte das Unterfangen an der fehlenden Zusammenarbeit der Menschen. Viel mehr als das: Sie war der Grund für den Untergang. Letztlich war es kein Meteoreinschlag der die Welt unbewohnbar machte, es war nicht Groudon und seine Dürren, nicht Deoxys außerirdische Seuche oder Arceus Zorn, der die Welt verschlang. Wie so oft trug das Ende einen weitaus simpleren und weniger apokalyptischen Namen als ausgemalt: Krieg.
Nicht zwischen Menschen und Pokémon, zwischen alles und jedem.
Zwei Seiten hatten sich formiert, jede von ihnen sah sich im Recht, wollte der anderen Partei keine Eingeständnisse machen. Es war erschreckend zu sehen, wie sich die gesamte Welt entzwei teilte, beide Mächte auf Augenhöhe, die Streitkräfte an der Zahl ebenbürtig. Es gab keinen Überlegeneren, niemand, der diesen Krieg schnell, dafür aber schmerzlos beendeten konnte. Und so litt die Welt unter dem Kampf zweier gleicher Größen. Wo immer sich Feuerpokémon bekriegten, wuchs buchstäblich kein Gras mehr. Wann immer zwei verfeindete Garados ihren Weg kreuzten, versanken Dörfer unter den Fluten ihrer Wut. Selbst die Götter, die letzte Hoffnung auf ein unbeschadetes Ende, wählten Seiten und machten diesen Krieg um so vieles mehr verehrender. Der Tod Yveltal unterstützte den Norden, das Leben Xerneas den Süden. Die Lüfte wurden dominiert von den Kämpfen der legendären Vogelpokémon, nicht einmal ihr Herr, Lugia, konnte ihnen Einheilt gebieten und so fiel es als erstes edle Geschöpf, das versuchte einen Krieg aufzuhalten. Viele weitere folgten: Ho-Oh, Celebi, Mew, Cresselia. Ihr Vorhaben gab uns Hoffnung, doch ihr Tod war bedeutungslos.
Wie viele andere habe Ich versucht die Kämpfe zu ignorieren, darauf gehofft, sie würden sich von selbst lösen. Doch irgendwann holten sie auch mich ein. Marmoria City gab es nicht mehr, den Mondberg auch nicht mehr. Zerstört im Kampf zwischen Palkia und Zygarde. Ich musste mich nicht dem Krieg anschließen, wollte es auch nicht. Immerhin wurde meine Heimat im Kampf der beiden Seiten zerstört, nicht nur von einer. Ich hegte keinen Hass gegen eine der beiden Gruppen, sondern gegen beide. Doch die Wahl die ich und viele andere hatten war kämpfen oder verhungern. Meine Entscheidung fiel per Münzwurf; nieder mit dem Norden!
Erschreckender noch als die Mächte der Pokémon war nur die Grausamkeit der Menschen. Schnell wurden sie zum entscheidenden Faktor in der Verwüstung. Wir bauten Waffen die mit der Kraft der Pokémon konkurrierten und sie letztlich überstiegen. Die Alpträume die Darkrai mit sich brachte waren nichts gegen den ohrenbetäubenden Lärm, wenn ein nuklearer Sprengkopf detonierte. Wenn die Nacht für nur eine Sekunde zum Tag wurde und die darauffolgende Nacht ewigwährte. Selbst Reshirams Zorn wären in den Flammen einer Wasserstoffbombe verblasst. Noch mehrere hundert Kilometer von der Einschlagstelle brannten die Bäume wie Fackeln im Wind. Es war leicht Menschen und Pokémon zu töten, wenn man ihnen nicht ins Gesicht blicken musste. Hauptsache es sterben möglichst viele unter der Explosion, dann muss man sich keine Namen merken. Das macht das Ertragen leichter.
Es war geradezu lächerlich, in was für einer simplen Fehde dieser Krieg seinen Anfang nahm. Dort, wo die Wüsten auf Grün stießen, lief die Grenze zwischen Nord und Süd entlang. Keine der beiden Seiten hatte je großen Abneigungen gegen die andere gehalten, man hat friedlich koexistiert. Bis das Wasser knapp wurde.
Im Süden lebten keine Süßwasserpokémon, die Trinkwasser hervorbringen konnten. Man hatte den Norden freundlich gebeten ihnen in der Zeit der Not beizustehen, ob man denn in den Norden ziehen dürfte. Doch die Fremden behagten den Nördlingen nicht, waren ihnen suspekt. Man verweigerte die Hilfe aus simpler Xenophobie und dem Süden blieb keine andere Wahl als widerrechtlich in den Norden einzudringen. Man wollte Überleben, was hätte man auch tun sollen? Hätte der Norden sich hilfreich gezeigt, wäre es nie zum Streit gekommen. Streits wurden zu Kämpfen, Kämpfe zu Schlachten und Schlachten letztlich zu Kriegen. Der Norden war schuld. Zumindest erzählte man sich das hier im Süden, ob es stimmt weiß ich nicht; interessiert mich nicht. Wenn man eines Morgens in Ruinen aufwacht und seine Familie nur noch aus Asche besteht, verliert man schnell das Interesse an Politik. Oder der Wahrheit.
Die Wahrheit war nämlich unbequem und nur wenig tröstend. Die Welt würde untergehen, weil die Menschen Angst über Hilfsbereitschaft gestellt haben. Vielleicht schon heute.
Seit der ersten Kriegserklärung waren zwölf Jahre vergangen, ich war zum Leutnant aufgestiegen und hatte die „Ehre“ an der letzten alles entscheidenden Schlacht teilzunehmen. Ich wusste nicht einmal, was überhaupt entschieden werden sollte. Wer über Schutt und Asche herrschen durfte? Bewohnbare Orte gab es keine mehr. Nur Verwüstung, Leid und Tod. Nichtsdestotrotz: Wer nicht kämpft, wird nicht verpflegt.
Und so lag ich hier nun, begraben unter einem toten Glurak, erschöpft, gebrochen und unfähig auch nur einen einzelnen Finger noch länger zu bewegen. Den anderen ging es ähnlich. Kein Mensch stand länger aufrecht, die wenigsten Pokémon hatten noch die Kraft sich auf den Beinen zu halten. Beide Seiten waren so gut wie gefallen, nur noch zwei Pokémon standen und trugen das Schicksal der Welt auf ihren Schultern. Oh wie grausam das Schicksal doch war, so zwang es zwei Brüder – sie hatten sich für verschiedene Seiten entschieden – die letzte Schlacht zu entscheiden.
Meine Beine waren gelähmt, meine Ohren taub doch mein Herz raste wie ein von einem Bibor gestochenes Hunduster. Ich hatte Dreck und Blut in meinen Augen und sie brannten fürchterlich, ich drohte mich zu übergeben oder das Bewusstsein zu verlieren, vielleicht beides. Doch ich konnte meinen Blick nicht von den Brüdern wenden. Mit einem von ihnen hatte ich unzählige Kämpfe ausgefochten, wir sind zu einer neuen Familie geworden. Und nun hing die Zukunft dieser Welt davon ab, wer von ihnen zuerst seine alte Familie auslöschen konnte. Ich schluckte heftig und beobachtete lediglich noch die beiden Pokémon, die nur weniger Meter von mir auf einer Anhöhe standen. Unsere Schlacht war schon seit Stunden vorbei, doch diese beiden tapferen Pokémon hörten nicht auf, kämpften mit allem was sie hatten. Unnachgiebig, unbeugsam, unverwüstlich. Ein Kampf epischer Ausmaße: Safon gegen Safcon.
Sie standen sich in nichts nach, ließen einen Härtner auf den nächsten folgen. Es war unmöglich zu sagen, wer von beiden den Kämpf dominierte. Setzte eines Härtner ein, konterte das andere mit einem viel härteren Härtner. Folgte jedoch ein Härtner, parierte man diesen mit einem Härtner, der seines gleichen suchte. In ihren Augen lang nichts als unbändige Entschlossenheit und das Feuer diesen Kampf zu bestehen. Das nördliche Safcon setzte Härtner ein, das Südliche folgte mit Härtner. Ich knirschte mit den Zähnen, ertrug diese Spannung nicht mehr länger. Die Sonne brannte grausam auf mich hinunter und drohte mir das Bewusstsein zu rauben, doch ich musste einfach mitansehen wie dieser Kampf ausging. Härtner auf Härtner, gefolgt von Härtner, Härtner und Härtner. Härtner bis zum Maximum. Ich keuchte auf, mein Herz wollte sich nicht beruhigen und ich ertrug diese Intensität nicht mehr länger. Die Welt begann zu verschwimmen und sich zu verdunkeln. Das letzte was ich sah, war ein Safcon, das Härtner einsetzte.
Es war das sanfte Licht der ersten Morgenstrahlen, die mich wieder ins Leben zurückholten. Ich schreckte auf und sah mich um. Auch die anderen Soldaten hatten sich inzwischen erholt und blickten gebannt auf die Anhöhe. Ein Kreis hatte sich um die wütenden Pokémon gebildet und versperrte mir die Sicht auf den Kampf. Nordling stand neben Südling, ihre Feindschaft vergessen. Sie hatten nur noch Augen für die Anhöhe. Ich schleppte mich müde und verletzt den Hügel hinauf, versuchte mich in den Kreis zu quetschen, gab es aber schließlich auf. Zu eng standen sie beieinander, die einstigen Feinde. Ich sackte auf den Boden zusammen und kroch zwischen ihren Beinen hindurch um die Entscheidung des Kampfes mitanzusehen.
Und da saßen sie: Zwei Smettbo Arm in Arm aneinander gelehnt und beobachteten den wunderschönen Sonnenaufgang. Langsam richtete ich mich auf, unterschützt von meinem Unterleutnant. Unfassbar blickte ich auf die Szenerie. Sie waren Feinde und doch hielten sie sich in den Armen! Wie eine Familie!
Ich bemerkte, wie ein Mann neben mir ungläubig mit dem Kopf schüttelte, er war ein Nordling. Auch ich musste über diese Lächerlichkeit lachen. Und schon bald stimmte der Nordling meinem Lachen mit ein. Ihm folgten andere Nordlinge wie Südlinge. Wir alle lachten gemeinsam über diesen Akt des Friedens, den wir für unmöglich gehalten hatten.
Vielleicht, ja wirklich nur vielleicht, war die Welt doch nicht dem Untergang geweiht.
Deutsch: Bis ins Unendliche
Wenn du dem eigentlich unvermeidlichen Ende gegenüberstehst, würdest du ihm wirklich um jeden Preis ausweichen wollen?
„Sherry“, sagte Lisa und streichelte ihrem Piepi sanft über den Kopf. „Ich habe dich echt lieb, weißt du?“
Das kleine Pokémon sah sie traurig an, kuschelte sich aber dennoch an sie.
„Keine Sorge“, sagte Sherry mit einer Stimme, die Lisa schon immer hatte beruhigen können. „Ich kann uns beschützen, wenn es mal wieder schmerzhaft enden sollte.“
Beschützen … Vor alldem, was hier passierte.
Auf Lisas Balkon waren sie beide eigentlich relativ sicher. Der Blick ging auf die Straßen hinaus, wo sich Gewimmel aus Menschen und Pokémon gebildet hatten. Manche feierten wie verrückt. Andere bekämpften einander. Wahnsinniges wie auch fröhliches Lachen drang durch die Nacht, gellende Schreie vermischten sich mit Freudenrufen und laute Explosionen von Feuerwerk und mächtigen Attacken erschütterten die Nacht.
Nur dass es eigentlich keine Nacht war. Inmitten all der Lichtblitze, die über den Himmel zuckten, konnte Lisa keine Sterne mehr ausmachen. Der Mond stand noch am Himmel und Lisa war sicher, dass auch die Sonne noch da war. Aber bald …
„Sherry“, flüsterte Lisa wieder, „was soll das alles noch? Warum passiert das alles? Wozu? Es … Es hat doch alles keinen Sinn.“
Sherry sagte nichts. Sie sprang nur auf das Geländer des Balkons und ballte die kleinen Hände zu Fäusten, als ein heller Psystrahl von unten auf sie zugeschossen kam und an Sherry Schutzschild abprallte.
Lisa standen Tränen in den Augen. Es war so rührend von Sherry, dass sie sie schützte, aber es war einfach bedeutungslos. Das Leben war bedeutungslos, der Tod genauso. All die Freuden und Schmerzen, die die Menschen und Pokémon in dieser Sekunde erlebten, waren ohne Sinn, ohne Bestand. Es gab kein Richtig oder Falsch. Alles, was es noch gab, war die Vergänglichkeit, und nicht einmal die war ewig.
„Nicht aufgeben, Lisa“, sagte Sherry. „Wir müssen einfach versuchen, das Beste aus allem zu machen.“
„Sieh sie dir an“, sagte Lisa schwach. „Die Menschen, die Pokémon, sieh sie dir an. Was ist daran gut? Ich habe immer geglaubt, dass … Ach. Ist es wirklich immer nur darum gegangen, dass etwas Folgen hat? War das alles, was uns ausgemacht hat? War Gutes nur gut, weil es Gutes bewirkte, war Schlechtes nur schlecht, weil es eben Schlechtes bewirkte? War eigentlich alles nur relativ zu dem, was folgte? Und wenn nichts folgt, dann …“
Lisa merkte nicht einmal, wie sie in sich zusammensank.
„Ich will es nicht mehr, Sherry. Ich will einfach nur, dass es …“
„… aufhört.“
Lisa lag in ihrem Bett.
„Nein“, sagte sie und stand auf. „Nein, nein.“
Sie atmete schwer und biss die Zähne zusammen.
„Nein!“, stieß sie hervor und schlug mit der Faust gegen die Zimmerwand.
„ICH WILL DAS NICHT MEHR!“
Sherry kam aus einem anderen Zimmer herbeigeeilt.
„Lisa, du musst dich be…“
„NEIN!“, schrie Lisa und schlug erneut gegen die Wand, wieder und wieder, bis ihre Faust schmerzte. Schließlich hielt sie inne und brach weinend auf ihrem Bett zusammen.
„Lisa …“
Sherry kroch zu ihr und schmiegte sich an sie.
„Es tut mir leid, Sherry“, flüsterte Lisa. „Ich kann aber einfach nicht … Es ist doch alles einfach so …“
„Du darfst so nicht denken. Was immer bleibt, sind deine Erinnerungen. Ich weiß, es sieht so aus, als sei alles stagnierend und ohne Bedeutung, aber … Wenn sich auch sonst nichts verändert, wir können es immer noch.“
Lisa zog die Nase hoch und wischte sich die Tränen weg.
„Vielleicht … Vielleicht hast du recht.“
Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht.
„Wir könnten abhauen. Irgendwohin. Irgendetwas machen.“
Sie stand auf, zog aufgrund ihrer schmerzenden Hand etwas umständlich die Jalousien vor dem Fenster hoch und stieß es auf. Die ersten Leute waren bereits wieder beim Feiern und Kämpfen, doch es waren nur wenige. Noch war es sicher, sich auf den Straßen zu bewegen. Die Luft war noch frisch und nicht von Qualm und Rauch verpestet. Warmes Sonnenlicht fiel auf Lisas Gesicht.
„Ich wollte immer ein Musikinstrument lernen“, sagte Lisa gedankenverloren. „Und wenn noch irgendwer fliegt, dann kann ich vielleicht …“
Sie sah auf die Uhr.
„Wir haben fünf Tage“, sagte sie. „In fünf Tagen kann man viel machen. Und es ist ja nicht so, dass ich mir um irgendwas Gedanken machen muss.“
Sherry nickte glücklich und hüpfte vom Bett.
War sie damit nicht eigentlich genauso wie all die Leute, die nun enthemmt durch die Befreiung von jeglichen Konsequenzen andere verletzten und sich mit Alkohol zuschütteten? Vielleicht. Aber andererseits …
„Wir sind immer noch ein wenig anders, oder, Sherry?“, fragte Lisa, während sie auf den Tasten des alten Klaviers herumspielte. Sie hatte das Gefühl, allmählich besser zu werden. „Ich meine, wir tun niemandem weh.“
Sherry hörte auf, mit den Fingern wie ein Metronom hin- und herzuschwingen und wurde offenbar nachdenklich.
„Weißt du, Lisa … ich habe über das nachgedacht, was du in der vorletzten Wiederholung gesagt hast.“
„Was denn?“, murmelte Lisa fragend.
„Das mit den Konsequenzen.“
„Ach so.“
„Vielleicht war es so – vielleicht haben alle nur deswegen nichts Schlechtes gemacht. Aber auch wenn es so ist – wir haben immer noch einen Grund, nett zueinander zu sein.“
„Erinnerungen“, sagte Lisa.
„Genau“, stimmte Sherry zu. „Wenn ich jemandem etwas antun würde, dann würde er das immer noch in der nächsten Wiederholung wissen.“
„Eine sehr schwache Grundlage“, meinte Lisa und hörte auf, zu spielen. „Das heißt, zumindest schwächer als alles, was vorher war. Aber doch …“
„Aber doch ist es eine Grundlage. Ein Stein, auf den sich eine neue Gesellschaft bauen kann.“
„Oh ja“, kicherte Lisa. „Die Gesellschaft der Apokalypse.“
Der Mann rannte um die Straßenecke, doch er wusste, dass er bald zu erschöpft sein würde. Er wäre vielleicht nicht einmal gerannt, wenn es nur um sein Leben gegangen wäre. Aber es ging schlicht und ergreifend darum, Schmerzen zu vermeiden. Beinahe hatte er das Gefühl, den heißen Atem der ihn verfolgenden Hunduster im Nacken zu spüren. Plötzlich stieß er mit dem Fuß gegen irgendetwas, stolperte und fiel zu Boden. Das war das Ende, das wusste er. Jetzt würden sie ihn garantiert fangen. Doch zu seiner Verwunderung hörte er kein bedrohliches Knurren direkt hinter sich, sondern etwas weiter entfernt einige Schreie, Bellen und Fiepen, gefolgt von Stille. Der Mann rappelte sich hoch, schwer atmend und erschöpft. Schritte ertönten hinter der Ecke, um die er gerade gebogen war und beinahe wäre er wieder losgelaufen. Doch es erschienen keine zornigen Hunduster, sondern nur eine Frau mittleren Alters, begleitet von einem Piepi.
„Haben Sie keine Angst“, sagte die Frau. „Sie werden nicht mehr verfolgt – für den Moment. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es dauerhaft wäre, aber Sie wissen ja, dass ich das nicht versprechen kann.“
„Danke“, sagte der Mann. „Aber … Nun, ich will mich nicht beschweren, ich frage mich lediglich: Warum haben Sie es dann überhaupt getan?“
Die Frau lächelte. Ihr Piepi hüpfte vor und sagte: „Weil Sie sich daran erinnern werden.“
Es war wieder Nacht. Die Straßen brannten erneut. Lisa war müde und lag auf ihrem Bett. Sie hatte nicht einmal mehr Lust, auf den Balkon hinauszugehen.
„Es sind schon ein paar, oder?“, fragte sie.
„Es ist ein Anfang“, sagte Sherry nur.
„Ob es etwas ändert?“, überlegte Lisa.
„Den Versuch ist es wert“, antwortete das kleine Piepi.
„Ja, vermutlich“, murmelte Lisa. „Wir sind alle hier gefangen. Die Apokalypse immer wieder zu durchleben, war nicht weniger als die Hölle. Wir haben es gehasst, wir waren wütend, wir haben es verdrängt, wir waren traurig. Aber vielleicht … vielleicht müssen wir uns nur anpassen. Es wird niemals so werden wie früher, aber ein paar Dinge – wenn auch wenige – lassen sich möglicherweise verbessern. Mitleid … Anderen um ihrer selbst willen nicht zu schaden und ihnen stattdessen zu helfen.“
„Und die Erinnerungen an all diese Taten als der Kitt, der alles zusammenhält“, ergänzte Piepi.
Vielleicht wird diese ständige Schleife der Apokalypse nie aufhören. Ob Dialga damit Menschen und Pokémon einen Gefallen getan hat, ob das endgültige Ende nicht vielleicht besser wäre, wird immer fraglich bleiben. Und doch gibt es vielleicht zumindest noch einen kleinen Schimmer der Hoffnung, ein kleines Licht in der Finsternis, das auch Lisa bereits gerettet hat.
Ich erinnere mich noch an das Kalos von gestern – wir lebten mit den Pokémon in einer scheinbar ewig währenden Freundschaft, arbeiten mit ihnen gemeinsam und kümmerten uns um sie, wenn sie verletzt waren.
Doch es gab auch jene Menschen, die nur von Hass erfüllt waren und die Pokémon als Dinge und nicht als Lebewesen betrachteten. Sie nutzten sie als Versuchsobjekte, um neue Medikamente und Kosmetik an ihnen zu testen, sperrten sie in winzige Käfige, um ihnen alles zu rauben – Miltank ihre Milch, Jungglut ihre Eier, Kokowei ihre Kokosnüsse, Karpador ihre ungeborenen Kinder, um sie als Delikatesse teuer weiter zu verkaufen – und schickten sie in grausame Pokémonkämpfe, die einige Pokémon nicht überlebten.
Seitdem sind viele Jahre vergangen – die Pokémon sind beinahe ausgestorben und nun blüht den Menschen das selbe Schicksal, denn es gibt keine Roselia mehr, die die Luft von unseren Abgasen reinigen, keine Bibor mehr, die die Bäume und Pflanzen bestäuben – einfach nichts.
Ich bin der letzte noch lebende Mensch und mein Partner Floette das noch letzte lebende Pokémon – und so frage ich mich: Wieso haben die Menschen aus dem Krieg, der vor dreitausend Jahren tobte, nicht gelernt?
Ich erzähle euch heute vom Untergang der Welt. Hört gut zu, denn ich werde euch zeigen, dass auch das Unscheinbarste aller Pokémon eine Katastrophe herbeirufen kann. Also. Es war einmal ein Karpador.
"Laaangweilig! Die Idee ist so ausgelutscht!"
Äh, na gut, dann ... war einmal ein Groudon.
"Das ist so 0815! Null! Acht! Fünfzehn!"
Grmblfzktk, dann halt ein Missingno.! Oder eine Armee aus Spielzeugpokémon!
"Willst. Du. Mich. Eigentlich verarschen? Es gibt nur ein Pokémon für diesen Job und das weißt du!"
Seufz, na gut. Du lässt mich ja eh nicht in Ruhe. Es war einmal ein Kangama.
"Sehe ich aus, als ob ich 'einmal war'?"
Es ist einmal ein Kangama?
"Besser."
Also gut. Es gibt da ein Kangama. Aber dieses Kangama ist nicht wie all die anderen Kangama, denn es kann sprechen und mich in den Geschichten, die ich erzähle, beeinflussen.
"Aua! Dieser Seitenhieb war eine Kampf-Attacke!"
Außerdem ist es politisch engagiert. Es stellt sich gegen die Pokéball-Industrie und will den Verkauf aller Arten von Bällen zum Erliegen bringen. Ob es außer der Freiheit für alle Pokémon noch anderes damit im Sinn hat, will es mir nicht verraten. Aber auf jeden Fall antwortet es auf die Frage nicht mit "Nein".
"Genug der Exposition, unser Geheimtreffen startet gleich", sagt das Kangama und zerrt mich zur Tür.
"Sagtest du nicht, das sei nur für Pokémon?", frage ich.
"Ach, bei deinem Aussehen kommst du da schon rein", sagt es überzeugt und schleppt mich hinaus. Im Turbotempo rennt es zur nächsten U-Bahn-Station. Ernüchtert stellen wir fest, dass die nächste Bahn erst in fünf Minuten kommt. In der Zwischenzeit versuche ich einfach, die irritierten Blicke der anderen Wartenden zu ignorieren. Es gelingt mir nicht, denn je lauter das Kangama über die Unzuverlässigkeit der hiesigen Öffis schimpft, desto zahlreicher und bohrender werden die Blicke.
Endlich fährt die Bahn ein und einige vereinzelte Menschlein dringen aus dem Fortbewegungsmittel, in dem sardinendosenartige Zustände herrschen.
"Los, rein da!", befiehlt das Kangama und drückt mich in den vollsten aller Waggons. Dann schiebt es sich selbst auch noch hinein.
Die anderen Fahrgäste seufzen. "Hol dein Kangama doch wenigstens in seinen Pokéball zurück!", schimpft jemand. Zustimmendes Seufzen.
"Es ist nicht mein Kangama. Es ist sein eigenes Kangama", versuche ich zu erklären.
"Verdammte Plasmatiker", flucht jemand. Zustimmendes Seufzen.
"Ihr Menschen seid doch zu ungebildet, um den Kampf für die Freiheit der Pokémon zu verstehen", spottet das Kangama und verschränkt seine Arme, wobei es zwei unbeteiligten Fahrgästen möglicherweise aus Versehen eine Ohrfeige verpasst.
"Muss das immer sein?", frage ich.
"Hat dieses Kangama eben geredet?", fragt jemand irritiert.
"Hat dieses Kangama eben eine Frau geschlagen?", fragt jemand mit zitternder Stimme.
Die Bahn hält an und die Türen des Waggons öffnen sich. Die anderen Fahrgäste stoßen uns unsanft auf den Bahnsteig.
"Sehr schön, wir sind am Ziel", sagt das Kangama. "Oben im Park verstecken sich die anderen hinter einem Busch." Es packt mich am Arm und schleppt mich die Treppen hinauf zum Stadtpark.
In etwas Entfernung sehe ich ein Despotar und ein Onix hinter einem Busch hervorragen. Das können sie ja kaum sein, denke ich.
Zielstrebig führt mich das Kangama zu dem Busch. "Da wären wir", sagt es, als es mich durch das Geäst drückt. "Das sind Despotar, Onix und ... wo ist Sandan?" Das Despotar schaut irgendwie schüchtern zu Boden. Das Onix jagt seinem eigenen Schwanz hinterher. "Oh, ich verstehe", sagt das Kangama, geht zielstrebig auf den sich stetig drehenden Onixring zu und greift blitzschnell in einen Spalt zwischen zwei seiner Steine. Das Onix bleibt wie erstarrt stehen, als das Kangama langsam ein Sandan aus ihm herauszerrt. Sandan entrollt sich und springt fröhlich vor uns hin und her.
"Habt ihr auch alles dabei?", fragt das Kangama. Die anderen nicken. "Sehr schön." Es dreht sich zu mir um. "Hast du mir zufällig einen Pokéball dabei?", fragt es.
"Ich, also, du, also, ich sollte doch keine mehr kaufen", stammele ich.
Das Kangama sieht mich böse an.
"Ja, okay, die gabs gestern im Sonderangebot", sage ich und halte dem Kangama einen Ball hin. Es öffnet vorsichtig den Ball, darauf bedacht, sich nicht aus Versehen selbst zu fangen.
"Dann mal her mit den Schätzchen", sagt es. Das schüchterne Despotar legt einige Sonderbonbons in den Ball. Das Sandan gräbt zwischen Onix' Steinen, holt einen Megastein hervor und legt diesen ebenfalls in den Ball. Das Kangama gräbt in seinem Beutel und wirft alles zur Seite, was es nicht brauchen kann: Wohnungsschlüssel, eine Packung Schnapswutkekse, eine rosarote Poképuppe, einige Schallplatten, darunter solche Klassiker wie "Pokémon Christmas Bash" und "Meditative Kyogregesänge", sowie eine Ratgeber-Buchreihe über das Erlangen der Weltherrschaft. Dann zieht es einen Sixpack BioBrause Sanana-Nanab hervor.
"Damit wird jeder Kampf zur Sause: Arenen servieren BioBrause", zitiere ich den neuesten Werbeslogan textsicher.
Das Kangama öffnet geschickt eine Flasche und schüttet ihren gesamten Inhalt in und über den Pokéball in seiner anderen Hand. Angewidert kann ich nicht anders, als ihm dabei zuzusehen. Zufrieden grinsend schließt es den Ball wieder und schüttelt ihn wild umher. Ich schüttle den Kopf.
"Und was genau wird das jetzt?", frage ich.
"Das siehst du gleich", sagt das Kangama. "Ich verbinde die Macht des Kangamanit mit der Macht der Sonderbonbons durch die Macht der BioBrause -- und du wirst mich nicht aufhalten können!"
"Wenn ich dafür dieses klebrige Teil berühren müsste, will ich dich auch gar nicht aufhalten", sage ich.
"Dann sieh zu, wie gleich die Welt untergeht!", ruft das Kangama, als es den Ball wieder öffnet. Tatsächlich scheint der Stein die Bonbons und die eklige Brühe aufgesaugt zu haben, denn davon ist nichts mehr zu sehen. "Jetzt bin ich", sagt das Kangama und macht eine dramatische Pause, "Kangzilla!" Es steckt den Megastein in seinen Beutel und gibt mir den klebrigen Pokéball wieder zurück. Dann klatscht es sich mit der flachen Hand auf den Beutel.
"Hey, müsste nicht ein Trainer deinen Megastein aktivieren?", frage ich.
"Nicht bei mir. Denn ich glaube an die Freiheit der Pokémon!", ruft das Kangama. Es wird von einem hellen Licht umgeben, das eine Sphäre um es bildet. Dann endet die Verwandlung. Das Kangama sieht aus wie immer. Nur ist es auf einmal zwanzig Meter groß.
"Spürt die Macht von Kangzilla!", ruft das Kangama und stampft auf einige in der Sonne liegende Teenager zu. Bei jedem seiner Schritte bebt der Boden.
"Meinst du nicht, du übertreibst etwas?", frage ich.
"Was getan werden muss, muss nun einmal getan werden", sagt das Kangama und trottet nun auf einige Hochhäuser zu.
"Und aus welchem Grund genau muss diese Stadt zerstört werden?", frage ich.
"Hier werden Pokémon gefangen gehalten! Irgendwo muss man ja anfangen!", sagt das Kangama und macht eine Arschbombe in einen Teich. Mir klatscht ein Goldini an den Kopf.
"Das sieht mir aber noch nicht sehr nach Zerstörung aus", sage ich.
"Ich kann mich leider noch nicht entscheiden, wo ich anfangen soll", sagt das Kangama. "So ein Mist! Hätte ich die Befreiung der Pokémon nur mal besser geplant!"
Beachtet bitte, dass aufgrund der etwas geringen Abgabenzahl leicht andere Regeln bei der Punkteverteilung gelten; so müssen Punkte bei diesem Wettbewerb auf mindestens zwei und nicht wie sonst auf mindestens drei Abgaben verteilt werden.