God Stone

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Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Kleines Zitat:

    Kann ja schlecht ein Kyogre aus dem Baum rausspringen, ne? In meinem Kopf wären das und Groudon aber eh nicht so die hellsten Lichter im Lampengeschäft, also ist es vielleicht besser, wenn sie denen nicht begegnen.


    Bedeutet das aber, dass sie so oder so sehen werden? Dann allemal wird es ein Spannendes Showdown geben😀



  • Im Morgengrauen hatte sich der mysteriöse Nebel, der über den Boden waberte, noch immer nicht verzogen. Gladi schnarchte noch leise vor sich hin, doch Resharp war schon vor einiger Zeit aufgewacht. Nun vertrieb es sich die Zeit damit, die Schwaden durch sachtes Pusten dazu zu bringen, weiße Wirbel zu formen. Irgendwann kam ihm die Idee, kleine Kugeln aus Feuerodem in die Mitte dieser Strudel zu feuern. Dazu hielt es den bewusst schwach gelassenen Energiestrom immer nur kurzzeitig in seinem Rachen zurück, um so möglichst kleine Mengen der lila Flamme freizusetzen. Wann immer ein solches Geschoss auf eine Nebelschliere traf, sammelte sich die feuchte Luft um die Kugel herum, bis diese etwa doppelt so groß erschien, bevor sie sacht pfeifend in einem lila-weißen Mini-Feuerwerk auseinanderstob. Schaden konnte diese Spielerei wohl kaum anrichten, dafür war sie unterhaltsam und schön anzusehen.

    Aus einem nicht näher begründeten spontanen Gedanken heraus hob das Reshiram den Kopf, wohl, um nach dem bedächtig kreisenden Wolkenring über dem Berg zu sehen. Auch dieser hatte sich kein bisschen verändert, doch da es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein übernatürliches Phänomen handelte, war es darüber kaum verwundert.

    Gerade wollte es sein Spiel mit dem Nebel wieder aufnehmen, da drang das leise Geräusch von Schritten, die sich über das Gras bewegten, an sein Ohr. Hastig richtete es sich auf und schlich zum Eingang des ruinierten Gebäudes, das ihnen als Schlaflager diente. Dort lugte es vorsichtig um die Ecke, um einen Blick auf denjenigen, der da gerade kam, erhaschen zu können. Das Wesen mochte kaum größer sein als es selbst, eine zweibeinige Gestalt mit großem Kopf, die gemächlich den Hang erklomm. Als sie etwas näher kam, zeichneten sich durch die Nebelwolke hindurch deutlichere Konturen ab, und Resharp erkannte, dass etwa die Hälfte des Kopfes eigentlich aus grauen Haaren bestand, die in einem Knäuel oben zusammengebunden wie eine Mütze auf einem faltigen Gesicht saßen. Schnell zog sich das Reshiram ein wenig zurück, als ihm klar wurde, dass sich hier ein Mensch näherte. Panik hielt es dennoch nicht für angebracht, da es sich offensichtlich um ein sehr altes Exemplar handelte, das ihm wohl kaum alleine etwas entgegenzusetzen hätte.

    Gar neugierig beobachtete es aus seinem Versteck heraus, wie die in ein weißes Gewand gehüllte Frau an ihm vorbei wanderte und irgendetwas mit dem Altar anstellte, auf dem Jirachi ruhte. Die gleitenden Bewegungen ihrer Arme konnte es nicht deuten, sie musste wohl gerade eine Art Ritual durchführen. Sie sprach einige Worte, die Resharp zu seiner Enttäuschung nicht verstand. Dann verbeugte sie sich kurz, drehte sich wieder um und machte sich auf den Rückweg.

    Nach einigen Schritten jedoch hielt sie wieder an, atmete einmal tief durch und drehte den Kopf nach links, dann nach rechts, als überprüfte sie etwas. Die Nackenfedern des Drachen-Pokémon sträubten sich und es bildete sich unwillkürlich ein Kloß in seinem Hals, als sich ihr Blick dabei auf einmal auf es fixierte. Seine Neugier hatte es wohl dazu gebracht, sich etwas zu weit aus seiner Deckung zu wagen. Doch Panik schieben, so nahm es sich in diesem Moment fest vor, würde es trotzdem nicht. Es war stärker als die alte Menschenfrau, das wusste es. Es konnte nicht anders sein.

    Doch die Betagte näherte sich freundlich lächelnd und mit betont vorsichtiger Körpersprache, und Resharp antwortete darauf, indem es sich ebenfalls darauf konzentrierte, ruhig zu bleiben und abzuwarten. Als sie schließlich in respektvollem Abstand anhielt, fasste sie an ihren Gürtel, wo ein kleiner Beutel baumelte. Daraus zog sie einige Beeren hervor, legte diese auf den Boden, ohne ihre schmalen Augen von dem Drachen abzuwenden, und entfernte sich rückwärts wieder. Sie nickte ihm noch einmal zu, dann setzte sie ihren Abstieg fort, als wäre nichts gewesen. Das Reshiram sah ihr noch nach, bis sie hinter der Bergkuppe verschwunden war, und wandte sich dann erst den Früchten zu, die sie ihm hinterlassen hatte. Es schnupperte vorsichtshalber noch einmal daran, falls sie aus irgendeinem Grund doch irgendwelche bösen Substanzen enthalten sollten, doch außer einem frischen, fruchtigen Duft konnte es nichts an ihnen finden.

    So beschloss es, dieses nette Geschenk in die Ruine hineinzubringen, um es mit Gladi teilen zu können, wenn sie aufstand. Da sein Magen sich gerade zu Wort meldete, teilte es die Menge in zwei Teile und probierte sofort von den Beeren, die es zum ersten Mal sah. Zwei Sorten lagen vor ihm; zwar bestanden beide aus vielen kleinen Blasen, doch waren sie jeweils rot und schwarz gefärbt. Beide schmeckten ausgezeichnet, und bald hatte es seine Hälfte restlos aufgegessen.

    In diesem Moment signalisierte ein ausgiebiges Gähnen ihm, dass das Gladiantri nun endlich ebenfalls wach wurde. „Morgen!“, begrüßte Resharp seine Freundin.

    „Uwah!“, gab sie lediglich entsetzt zurück. „Deine Fresse!“

    „Wie?“ Irritiert rieb es sich mit der Handfläche über den Mund und merkte, dass diese vom Fruchtsaft ganz schwarz geworden war.

    Nun fing Gladi an, sich vor Lachen auf die Schenkel zu klopfen. „Mach weiter, dann biste bald 'n waschechtes Zekrom!“ Dann fielen ihr die Beeren auf, die neben ihr auf dem Boden lagen. „Wo hast'n die her? Schon ausgeflogen heute?“

    „Nein, nein …“, nuschelte das Reshiram, das sich hastig über die Hand leckte, es aber einfach nicht schaffte, die Farbe restlos zu entfernen. „Da war so eine alte Frau, die hat sie mir geschenkt.“

    „Äh … was? Du willst mir erzählen, da is'n Mensch dahergekommen und hat dich mal eben gefüttert?“ Misstrauisch beäugte sie das Obst. „Komm, das war 'n Geister-Pokémon, was mit deinem Kopf rumgespielt hat. Mach dir nix vor.“

    „Ich weiß doch, was ich gesehen habe“, beteuerte Resharp. „Wie auch immer, willst du sie jetzt oder nicht? Die roten sind ein bisschen scharf.“

    „Scharf kann ich!“, krächzte Gladi freudig und stürzte sich auf ihr Frühstück. Letztendlich war es ihr wohl doch egal, woher die Beeren kamen. „Waf haffn eigentliff mit dei'm“, sie schluckte, „Pelz gemacht? Du glänzt ja richtig.“

    Stutzig drehte es sich einige Male um sich selbst, um sein Federkleid rundum ansehen zu können. Und verblüfft stellte es fest, dass sie recht hatte: Bis auf die schwarzen Flecken in seinem Gesicht und auf seiner Hand strahlte es nun richtig schön weiß-golden. „Ich würde fast meinen, ich seh Sternchen“, kommentierte das Drachen-Pokémon zufrieden, wobei es sich unbewusst ein wenig stolz aufplusterte.

    Inzwischen war der orangerote Himmel des Sonnenaufgangs dabei, seine Farbe langsam zu einem hellen Grau zu verändern. Nur an wenigen Stellen schienen heute einige Strahlen und kleine blaue Flecken hindurch, wo die Wolkendecke sich nicht schloss. Als Resharp klar wurde, was das für seine Navigation bedeuten würde, flatterte es auf eine der ruinierten Mauern hinauf und starrte stirnrunzelnd in die Luft.

    „Was wird'n das?“, rief Gladi ihm zu.

    „Rausfinden, wo Süden ist“, antwortete es. „Kannst du mir vielleicht helfen?“

    „Nur Olafs Schwerter wackeln“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Is'n Merksatz für Himmelsrichtungen. Die Sonne is' am Morgen im Osten, also bei Olaf. Dann kommen die Schwerter, Süden, die wackeln also genau rechts davon. Tja, immer noch besser als Hansi, der zerfällt ja zu Schrott, wenn man ihn anpustet“, grinste sie leicht hämisch.

    „Aber ich kann die Sonne gerade gar nicht sehen“, murmelte das Reshiram. „Aber sie kann nur irgendwo dort sein“, es deutete in die Richtung, aus der sie gestern Nacht gekommen waren, wo ein blendend gelber Schimmer die Wolken einhüllte und sie mancherorts auch durchbrach. Damit konnte man die Richtung zumindest grob einschätzen. So drehte es sich möglichst genau im rechten Winkel, suchte dort nach einem Orientierungspunkt, den es im Auge behalten könnte, und merkte sich einen bestimmten Teich neben einem Feldweg, der sich durch die Wiesen in die Ferne bahnte. Es hoffte nur, nicht allzu weit daneben zu liegen und Latias und Latios so noch zu verpassen. „Naja“, sagte es dann hauptsächlich zu sich selbst. „Wie schon gesagt. Wir hatten ja noch nie große Probleme, die Legendären Pokémon zu finden.“

    Gerade wollte es noch einmal von seinem Aussichtspunkt herunterhüpfen, um Gladi aufzunehmen, doch in diesem Moment spürte es das plötzliche Gewicht eines Gladiantri, das selbst auf die Mauer geklettert und auf seinen Rücken gesprungen war – und ihm ein überrumpeltes „Uff!“ herauspresste. Beinahe verlor es die Balance, lenkte seinen Schwerpunkt aber geistesgegenwärtig mit einem kurzen Flügelschlag wieder über festen Boden. Irgendwie war ihm nicht danach, seine Freundin für diese Aktion zu tadeln, also ließ es sie dieses Mal damit davonkommen. Den Blick auf den Teich fokussiert, stieß es sich in diese Richtung ab und flatterte vorwärts in die Höhe. Als es meinte, weit genug oben zu sein, breitete es seine Schwingen aus, um die Reise in den Süden gleitend fortzusetzen.

    Als sie sich nach kurzer Zeit wieder über dem sich kräuselnden Wasser der Bucht befanden, stellte Resharp fest, dass die Windverhältnisse hier oben ihm ein wenig zu schaffen machten, und es überlegte, wie es dieses Hindernis mit möglichst geringer Anstrengung überwinden könnte. Es wusste nicht, wie weit und wie lange es heute fliegen würde, und allzu oft Pause machen wollte es auch nicht. Da kam ihm in den Sinn, sein Feuer als Antrieb zu nutzen, und es brachte in gewohnter Manier seinen Schweif zum Glühen.

    „Oh, Sitzheizung, was?“, neckte Gladi und rutschte ein wenig nach hinten, um etwas von der Wärme abzubekommen.

    „Vorsicht da hinten“, antwortete Resharp. „Das ist keine Sitzheizung, sondern ein Antrieb!“

    Es gab ihr noch einen Moment, um zu realisieren und sich entsprechend festzuhalten. Dann entfachte es, diesmal bewusst, einen Feuerstoß wie damals in Twindrake City, der es schlagartig nach vorne schleuderte. Auf diesen Schub reagierte es diesmal deutlich besser, spannte seine Muskeln an, um nicht wie ein halbvoller Sack herumzupurzeln. Nach einem Moment hatte sich sein Körper an die neue physikalische Situation gewöhnt und es gelang ihm, sich so einfach gerade zu halten wie sonst auch. Dafür zischte es nun mit doppelter, wenn nicht dreifacher Geschwindigkeit über den Himmel, und als es nach unten sah, befand sich unter ihm schon wieder der Wald. Schnell suchte es die Gegend nach dem Teich ab, den es sich gemerkt hatte, fand ihn und nahm eine leichte Kurskorrektur vor.

    Heute machte ihm das Fliegen richtig Spaß. Einfaches Gleiten mochte recht entspannend sein, doch diese neue Technik entwickelte das Ganze zu einem Spiel, in dem es seine Balance in stärkeren Luftströmungen trainieren und dabei den rauschenden Wind in seiner weißen Mähne spüren konnte. Genüsslich schnaufte es einmal durch. Ja, so musste sich wahre Freiheit anfühlen. Seine Gedanken drifteten in Überlegungen ab, ohne konkretes Ziel vor Augen durch die Welt zu reisen, nachdem sie die Alte Heimat gefunden hätten. Einfach, um neue Orte kennenzulernen und mehr über verschiedene Pokémon zu lernen. Nach diesem Morgen mochte es nicht einmal mehr völlig ausschließen, einen Menschen zu finden, dem es vertrauen konnte, doch ab hier handelte es sich bei seinen Gedanken um überschwängliche Fantasien, von denen es erst durch weitere positive Erlebnisse überzeugt werden müsste.

    Bald merkte es, dass es in Kürze über seinen Orientierungspunkt hinwegziehen würde und sich einen neuen suchen musste. Doch noch etwas fiel ihm auf, und es kam ihm so seltsam und ulkig vor, dass es unweigerlich zuerst seine Aufmerksamkeit beanspruchte. Und natürlich kam Gladi ihm damit zuvor, es auszusprechen.

    „Pffft! Viereckiger Teich … 'n Quadrat!“, prustete sie plötzlich los. „Die Menschen sind der Knaller! Was für 'ne bescheuerte Idee!“

    Aus der Ferne war die Form des Wasserlochs nicht ersichtlich gewesen, da es zum Teil von Bäumen und Felsen verdeckt worden war, doch wenn man sich fast darüber befand, stellten diese natürlich kein Sichthindernis mehr dar. Und nun war auch zu erkennen, dass direkt daneben ein kleines Holzhaus stand. Eine kleine Gruppe rot und weiß gekleideter Menschen mit langen Stäben verteilte sich am Ufer, einer von ihnen schwang sein Utensil gerade in die Höhe, worauf ein Fisch-Pokémon aus dem Wasser geschleudert wurde und neben ihm auf dem Boden landete. Seinen orange leuchtenden Schuppen nach zu urteilen handelte es sich um dieselbe Art, die Gladi und Resharp vor kurzem als Mahlzeit gedient hatte. Doch eine schnelle Armbewegung, gefolgt von einem Lichtblitz ließ ahnen, dass der Mann anderes mit ihm vorhatte. Und der Fisch wehrte sich auch kein bisschen – oder wenn er es tat, dann nicht gerade effektiv.

    „Moment, was?“, fragte sich das Reshiram laut. „Bauen die etwa einen Teich und setzen Pokémon rein, nur um sie dann wieder zu fangen?“

    „Ich sag ja, bescheuert. Aber die blöden Guckfischis kriegen doch eh nix mit.“

    Nun wurde es aber höchste Zeit, um seinen Blick auf eine neue markante Struktur in der Landschaft zu richten. Resharp entschied sich für einen besonders hohen Baum mit oben spitz zulaufender Krone, der aus dem Wald ragte. Er lag ein wenig weiter links als die gewünschte Richtung, eignete sich aber dennoch definitiv für diesen Zweck. So ließen sie den seltsamen Viereckteich, der ihnen zum Abschied einen kurzen Lacher geschenkt hatte, endgültig hinter sich.

    Als die Sonne nach einiger Zeit einmal durch den grauen Vorhang brach und ihre strahlende Scheibe heute zum ersten Mal vollständig zeigte, war sie beständig ihres langsamen Schrittes über den Himmel geklettert, doch das Reshiram fühlte sich immer noch frisch wie eh und je. Ob es nun immer noch die Wirkung von Xerneas' Atemhauch war oder die Tatsache, dass Resharps flammender Flug tatsächlich Kraft einsparte und ihm dabei auch noch Vergnügen bereitete – vielleicht auch beides –, seinen Vorsatz, möglichst wenige Pausen einzulegen, hielt es mit Bravour. Wenn Gladi also nicht plötzlich eine chronische Flugkrankheit entwickelte, würde es sich heute so gut schlagen wie noch nie zuvor. Das Drachen-Pokémon warf einen flüchtigen Blick nach hinten und erwischte sie gerade dabei, wie sie den Kopf in den Nacken legte und mit Schwung ausspuckte. „Was wird das denn?“

    „Hehehe“, kicherte sie schelmisch. „Der da unten wird glauben, es regnet.“

    Resharp wusste nicht recht, was es davon halten sollte. „Sag mal … machst du das öfter? Irgendwelchen Pokémon auf den Kopf spucken?“

    „Pff, nö. Nur zwei, dreimal.“ Was auch immer das genau heißen mochte. Jedenfalls war sie nicht flugkrank.

    Die Strecke vom Quadratteich zum hohen Baum war in etwa gleich lang wie jene vom Berg zum Teich, unterschied sich jedoch deutlich in ihrer Szenerie. Während die vorherige Etappe die beiden Freunde erst über Wasser, dann nach einem kurzen Waldstück über im Wind wogende Wiesen mit meterhohem Gras und blühende Felder geführt hatte, bekamen sie nun wieder einmal hauptsächlich Gehölz zu Gesicht und in der Ferne zeichnete sich auch schon wieder der Ozean ab. Und wie sie sich so der Küste näherten, merkte man auch bald, dass der Orientierungsbaum mitten auf einer kleinen Halbinsel wuchs, die sich wie ein letzter Steg vor dem weiten Wasser hinausstreckte. Resharp seufzte. Es wollte nicht über das Meer fliegen, nicht schon wieder. Zu viel Wasser. Zu wenige Landemöglichkeiten, sollte etwas schiefgehen. Es beschloss, seine verbleibende Zeit über festem Boden zu genießen und später die Zähne zusammenzubeißen.

    Dieser Abschnitt der Flugreise bot kaum Abwechslung für die Augen, und um der Langeweile entgegenzuwirken, dachte Gladi sich ein Spiel aus und bestand gleich darauf, dass sie es spielen würden. Es funktionierte so, dass sie an eine Person dachte und Resharp erraten musste, wen sie gewählt hatte.

    „Bist du blau?“, fragte es zum Beispiel.

    „Nö-öh“, lautete die Antwort.

    „Bist du grau und rot?“

    „Jep.“

    „Hast du Klingen?“

    „Jup.“

    „Du bist ein Caesurio.“

    „Ja, weiter?“

    „Hm. Bist du fürs Kämpfen zuständig?“

    „Näh.“

    „Fehlen dir irgendwelche Klingenteile?“

    „Reshi!“, prustete das Gladiantri gespielt empört hervor. „Ich bin nich' Hansi, klar?!“

    „Gehst du dann oft raus?“

    „Ja, in echt und im Spiel“, murmelte sie in sich hinein lachend.

    „Bist du Scalp?“

    „Hast mich. Du bist dran.“

    Kurz überlegte es. Dann fiel ihm die perfekte Person für dieses Spiel ein. Bestimmt würde Gladi daran zu knabbern haben. „Leg los.“

    „Kannste dich verwandeln?“

    „Nein, kann ich nicht.“

    „Haste 'n Schwert? Egal, ob Metall oder nich'.“

    „Nein, keins davon.“

    Es folgten einige weitere Fragen nach sehr konkreten Eigenschaften, bevor das Gladiantri darauf kam, auch einmal nach Farben zu gehen. So fing sie an, das ganze Spektrum aufzuzählen, bis sie irgendwann weiß nannte.

    „Ja, ich bin weiß“, bestätigte Resharp.

    „Federn?“

    „Habe ich.“

    „Du bist Reshiram.“

    Sein grinsendes Gesicht, über das kreuz und quer ein siegreiches Erwischt geschrieben stand, hielt es schön geradeaus, damit sie es von hinten nicht sehen konnte. „Nein, bin ich nicht.“

    „Hä?!“, kam sofort die Beschwerde …

    „Weiß, Federn? Nich' Reshiram?“

    … dann die Realisierung.

    „Du bist du.“

    „Tadaa! Jetzt hast du es!“, löste das weiße, gefiederte Pokémon auf. „Da bist du schön in meine Falle getappt.“

    „Geschlagen in meinem eigenen Spiel!“, heulte Gladi theatralisch. „Noch 'ne Runde?“

    „Okay. Bist du Gladi?“, begann Resharp sofort.

    Dem Gladiantri blieb verdattert das Wort im Hals stecken, nur ein stockendes „Wa-…“ kam heraus. Dann ließ sie einen krächzenden, frustrierten Schrei los. „WIE biste da so schnell draufgekommen?!“

    „Zweimal hintereinander der gleiche Trick funktioniert eben nicht“, lachte das Reshiram.

    „Mir reicht's“, nuschelte Gladi in einem vergeblichen Versuch, sich ihr offensichtliches Schmollen nicht anmerken zu lassen.

    „Gut, dann …“ In diesen beiden Worten schwang noch die Schadenfreude mit, doch insgeheim hoffte es, dass sie das Spiel später über dem Wasser fortsetzen würden. „Zurück zum Landschaft Beobachten also.“

    Auch der neue Orientierungspunkt rückte nun langsam in greifbare Nähe. Und der Baum sah von Nahem sogar wirklich hübsch aus: Sein Stamm, über den viele noch undefinierbare hellgrüne Punkte huschten, verdünnte sich in einem perfekt scheinenden Kegel bis zur Spitze. Um ihn herum bildeten nach oben hin gleichmäßig kürzer und ebenfalls dünner werdende Äste eine rechtsgedrehte Spirale. Dieser kuriose Anblick ließ in Resharp wieder einmal einen kurzen Gedanken an eine mögliche Alte Heimat aufblitzen, doch es dachte über seinen vorherigen Fehler nach und kam zu dem Schluss, dass dieser Ort nicht gerade versteckt lag, was ja zumindest eine Voraussetzung darstellte. Und wie es wenig später feststellte, gehörte der Baum schon einer Pokémon-Familie: Die grünen Punkte entpuppten sich nämlich als kleine Echsenwesen mit blattartigen Schwänzen, die mühelos rauf und runter kletterten. Einige von ihnen hatten durch Gladis kleinen Ausraster schon bemerkt, dass sich jemand auf ihr Zuhause zubewegte, und sich entsprechend wachsam am äußeren Rand der natürlichen Wendeltreppe positioniert. Das Reshiram jedoch hatte keinerlei Intention, als Bedrohung aufzutreten, und zog in einigem Abstand rechts am Baum vorbei. Dennoch versuchten einige Pokémon, es mit gelb leuchtenden Geschossen aus ihren Mündern zu treffen, erzielten dabei aber nicht genug Reichweite, um den „Eindringling“ zu erwischen.

    „Pftui“, hörte es hinter sich, und während es noch den Kopf nach hinten drehte, rechtfertigte sich Gladi schon: „Wenn die spucken dürfen, kann ich das schon lange!“ Sie spuckte noch weitere zwei Male hintereinander, allerdings nicht einmal annähernd weit genug, dass es die Grünlinge auch nur irgendwie kratzen würde. „Steckt euch eure blöde Kugelsaat sonstwo hin!“

    Nun würde es nicht mehr lange dauern, bis Resharp wieder das ihm so unangenehme Meer überqueren musste, und ihm grauste es jetzt schon davor. Es tröstete sich mit dem Gedanken, dass es eigentlich gar nicht so schlimm war und sich die Sache nur in seinem Kopf aufbauschte. Trotzdem drosselte es lieber seinen Antrieb, ließ ihn nach kurzer Überlegung dann vollständig erlöschen und steuerte auf den Rand der Klippe, welche die Küste markierte, zu. Dort landete es noch einmal, um möglichst viel Kraft für das Bevorstehende zusammennehmen zu können.

    Kaum berührte es mit der ersten Kralle die Erde, da sprang Gladi schon ab, um einige Früchte zu sammeln, die sie am Waldrand erspäht hatte. Den kleinen Snack nahm das Reshiram dankend an, und dem Gladiantri kam die Idee, ein relativ großes Blatt mit einem Teil davon zu beladen, damit sie später auch noch etwas hätten, sollte der nächste Rastplatz nichts Essbares bieten. Und während sie mit den Klingen, die ihre Hände bildeten, und dem Mund herumfummelte, um den behelfsmäßigen Beutel irgendwie zusammenzubinden, blickte Resharp in mentaler Vorbereitung auf das Meer hinaus, wo eine große schneeweiße Wolke am Horizont über den Himmel wirbelte.




    Highlights: ELIM_inator, Shining Lucario, Luxuria, Lynneth Bucherstede

  • Na dann, ich denke wir kommen gut voran. Am Pyroberg waren wir jedenfalls schonmal.

    bevor sie sacht pfeifend in einem lila-weißen Mini-Feuerwerk auseinanderstob.

    Ist das Draco Meteor, oder nur eine Spielerei?

    da es sich offensichtlich um ein sehr altes Exemplar handelte, das ihm wohl kaum alleine etwas entgegenzusetzen hätte.

    Kann immer noch Pokebälle werfen, von daher...

    Da sein Magen sich gerade zu Wort meldete

    Was ein wiederkehrendes Thema zu sein scheint.

    Auf die Art kann man vielleicht auch feststellen, welches Wesen unser Resharp hat.



  • Diese Wolke war wild geworden. Es mochte windig sein in den luftigen Höhen, doch nie im Leben wehte ein solcher Orkan, dass sich mit Logik erklären ließe, wie der weiße Bausch sich auseinanderzog, wieder zusammenfuhr, sich mancherorts ein kleiner Flaum löste, um sich dann selbst wieder der gesamten Menge einzuverleiben. Es war ein Verhalten, das an einen riesigen Vogelschwarm erinnerte, doch so sehr es sich auch anstrengte, Vögel konnte Resharp keine erkennen. Und früher oder später musste es ja doch hindurchfliegen, denn es fürchtete, die Richtung zu verlieren, wenn es hier draußen einen Bogen machte.

    Mit einem Mal war ihm, als hörte es eine sanfte Stimme im Wind, die ihm ein leises Lied ins Ohr säuselte. Die aus hohen Tönen zusammengesetzte Melodie klang schön und friedlich, und es fühlte sich, als könnte es sich einfach in den Himmel lehnen und alle Anspannung von seinen Muskeln nehmen. Genüsslich schloss das Reshiram die Augen, lauschte, und langsam zog sein Bewusstsein gen Traum.

    Jäh wurde es zurück in die Wirklichkeit gerissen, als Gladi ihm von hinten etwas Hartes in den Mund stopfte. „Kau das“, zischte sie, und als es tat, wie ihm befohlen, breitete sich ein penetrant trockener Geschmack auf seiner Zunge aus.

    „Was ist das denn bitte?“, beschwerte es sich sofort.

    „Maronbeere“, presste sie hervor, während sie selbst noch auf einem solchen harten Teil herumkaute. „Schmeckt so widerlich, dass keiner dabei pennen kann. Gut, dass ich die Dinger gefunden hab …“

    Das Reshiram erschrak, als es realisierte, dass es beinahe ins Meer gestürzt wäre, wenn Gladi nicht mitgedacht hätte. „Tut mir leid, das war so dumm von mir“, stammelte es.

    „Nich' dein Fehler“, sagte das Gladiantri in einem verständnisvollen Ton. „Da hat irgendwer Gesang eingesetzt. Entweder 'n Idiot oder 'n Bösewicht, wenn du mich fragst.“


    “Thihihihi~“, säuselte die Stimme im Wind auf einmal weiter. „Oh, meine kleinen Wablu! Sie haben meinem Lied widerstanden! Kümmert ihr euch nun darum … ~“


    Alarmiert richteten die beiden Freunde ihre Aufmerksamkeit ins Unbestimmte, das sich rasch in etwas sehr Bestimmtes wandelte, als die seltsame Wolke vor ihnen sich plötzlich in Angriffsformation brachte! Nun war auch zu erkennen, dass die Vogelschwarm-Theorie tatsächlich goldrichtig gewesen war – nur, dass es sich nicht um normale Vögel mit speziell zur Flugfähigkeit geformten Federn handelte, sondern um kleine blaue Eier mit watteartigen Flügeln, die man von weitem sehr leicht mit einer echten Wolke verwechseln konnte.

    Die Spitze der Formation trennte sich vom Rest und zischte in V-Stellung auf Resharp zu, dem in diesem Moment nichts anderes einfiel, als nach unten abzutauchen und somit auszuweichen. Doch schon kamen von links und rechts weitere Schwärme angerauscht, die dem weißen Pokémon den Weg nach vorne abschneiden wollten.

    „Du Riesendepp!“, kreischte Gladi. „Die kommen zurück! Greif an!“

    „W-was?“, keuchte es irritiert, hievte seinen Schweif unter seinen Körper und stieß sich mit einer Stichflamme zurück nach oben.

    „Ja, so, nur auf die Piepmätze! Los, Flammenwurf!“

    Noch immer hatte sich das Reshiram ob der plötzlichen Attacke nicht richtig gesammelt, und so hielt es einfach nur den Feuerstrahl aus seinem Hinterteil aufrecht, das es dabei hin und her schwang, um hoffentlich irgendetwas damit zu bewirken.

    „Du hast sie!“, rief das Gladiantri, und ihre Worte bestätigten sich sogleich, als die angesengten Wablu unter ihnen hindurch trudelten – zurück in die Sicherheit ihres Riesenschwarms. Doch die Angreifer von vorne näherten sich immer noch beängstigend schnell.

    „Fang sie mit deinem Feuerodem ab“, kommandierte Gladi weiter, und Resharp richtete sich ganz nach ihrem Befehl. „Links, dann rechts.“ Zwei besonders schnell aufgeladene lila Energiestrahlen holten die feindlichen Pokémon-Horden nacheinander sprichwörtlich vom Himmel. In diesem Moment war das Reshiram froh, heute Morgen schon Gebrauch von dieser Fähigkeit gemacht zu haben, denn so war es gewissermaßen schon aufgewärmt.

    Doch nun war der wilde Schwarm erst so richtig aufgebracht – unter lautem Gekreisch flatterten die zahlreichen Vögel unkontrolliert durcheinander; einige fanden einen Weg bis ganz nach oben, wo sie eine eigenständige, annähernd kugelförmige Traube bildeten. Weiter unten spaltete sich erneut eine kleine Gruppe ab, und im nächsten Moment hüllte sich die Wablu-Kugel in einen rosa Schimmer, der wie ein Gas zu diesem neuen Trupp strömte. Dessen Anführer war der Erste, der mit gezielten Flügelschlägen daraus ein Geschoss formte, die anderen taten es ihm gleich und feuerten ihre leuchtenden Bälle ohne zu zögern ab. Resharp versuchte, mit Feuerodem zu kontern, doch die Attacken flogen völlig unbeeindruckt mit zischenden Geräuschen durch das Drachenfeuer hindurch. Überrumpelt verrenkte es sich, um ihnen so zu entgehen, doch zwei der rosa Kugeln schlugen ihm in den Bauch und in die Seite. „Uff!“, stöhnte es, schaffte es jedoch, die Balance zu halten. Äußerlich war es nicht verletzt, doch unter den Einschlagstellen pochte ein leichter Schmerz – aber nicht schlimm genug, als dass er sich nicht eine Weile ignorieren ließe.

    „Gladi, wie mache ich weiter?“, fragte es zähneknirschend. „Du scheinst das hier besser im Blick zu haben …“

    „Über sie drüber und brutzeln“, kam sofort der Befehl. „Und schön fokussieren, ich bin nich' dein Hirn. Du kämpfst.“

    Mit einem einzigen, kräftigen Flügelschlag hob sich das Drachen-Pokémon auf eine höhere Ebene als die Wablu, die immer noch auf es zukamen; diese verpassten es damit knapp und die meisten flogen direkt in den zweiten Flammenwurf aus seinem Schweif.

    „Du solltest die Viecher mal so ordentlich rösten. Mach am besten dieses Ding mit Feuerodem und Flammenwurf gleichzeitig. Das wird's ihnen so richtig zeigen!“, krähte Gladi in der Hoffnung, diese beeindruckende Kombinationsattacke noch einmal sehen zu können.

    „Bitte was? Niemals!“, weigerte sich Resharp. „Ich will sie nicht umbringen, nur schwächen!“

    „Pff, dann halt nich'. Dann gerade weiter“, brummelte das Gladiantri.

    „Was, mitten rein?“, fragte Resharp überrascht. Hatte sie jetzt völlig den Verstand verloren oder warum schlug sie nur noch verrückte Dinge vor?

    „Flieg schon! Da drin können sie dich schwerer treffen!“

    Es verstand kein bisschen, wie es mitten in diesem Chaos ein weniger leichtes Ziel sein sollte, doch ehrlich gesagt wusste es auch keinen besseren Plan. Hoffentlich bezog sich Gladi gerade auf irgendwas, was sie in ihrem Unterricht gelernt hatte und wusste, was sie da tat – auch, wenn es keinen Grund sah, dass einem Gladiantri Luftkampftaktiken beigebracht werden sollten.

    Als sich gerade die nächsten Truppen zur Offensive bereit machten, wurde ihm klar, dass es für solch ein Manöver wohl nur ein bestimmtes Zeitfenster hatte. So ließ es noch einige Sekunden verstreichen, dann zischte es los, nach links und rechts streichend knapp zwischen den Angreifern hindurch, mit Kurs auf das Auge des Sturms. Als es in die Wolke hineinflog, stieß es mit seinem deutlich massiveren Körper mehrere blaue Vögel zur Seite, die mit ihren kleinen weißen Schnäbeln nach ihm zu hacken versuchten. Doch da das Reshiram versuchte, seinen Flug starr geradeaus zu halten, verlieh ihm das eine gewisse Immunität gegen die unkoordinierten Nahkampftreffer. Anders würde es aussehen, wenn die kleinen Gegner wieder auf Energie-Attacken zurückgriffen oder gezielt auf eine bestimmte Stelle losgingen, doch möglicherweise waren sie dazu gar nicht in der Lage, wollten sie nicht ihre Mitstreiter verletzen.

    Resharp selbst bekam jedoch schnell selbst Probleme, sich in dem flatternden Chaos gerade zu halten, und um sich den Weg freizuräumen, schoss es noch einmal seinen Feuerodem ab. Gladis Befehl, genau dies zu tun, kam nur Sekundenbruchteile nach dessen Zündung, und heimlich freute es sich, selbst eine gute Entscheidung getroffen zu haben.

    Plötzlich spürte es einen dicken Wassertropfen auf seinem Hinterkopf, ein weiterer verdampfte leise – jedenfalls unter all dem Geschrei – hissend in seinem Schweif. Alarmiert sah es sich in dem Schwarm um; waren Wablu etwa Wasser-Pokémon? Als es seinen Kopf nach links verriss, klatschte ihm, wie es gerade noch erkannte, ein Ring aus Wasser mitten ins Gesicht. Es schüttelte sich, nun saftschwarz gefärbte Tropfen spritzten in verschiedene Richtungen und beschmutzten die weißen Wolkenflügel. Heftig blinzelnd versuchte es, den Ursprung der nassen Attacke auszumachen, und entdeckte einen Vogel, der nicht zu den anderen passte: Diese Art mit langen, weißen Schwingen und einem gelb-schwarzen Schnabel kannten sie schon aus einem ruhigeren Moment, und nach einem solchen schien sich das Exemplar gerade auch zu sehnen. Man merkte dem Pokémon deutlich an, dass es weder hier sein sollte noch wollte; es wehrte sich nach Kräften gegen das Durcheinander aus angreifenden Wablu, schlug mit seinen Flügeln nach ihnen, spritzte mit seiner Wasser-Attacke um sich, kreischte den anderen Vögeln auch schrill ins Gesicht, worauf diese die Orientierung verloren und blind in ihre Artgenossen hineintrudelten. In seiner Verzweiflung schüttelte es sich schließlich, und seinem Gefieder entströmte dichter Nebel, der sich in einem kleinen Radius um es herum ausbreitete.

    All das machte dem Drachen-Pokémon an sich wenig aus, da es sich nicht mehr in unmittelbarer Nähe des Verirrten befand, und es setzte zu einem weiteren Feuerodem an. Doch nun hatten die Wablu offenbar beschlossen, sich auch aktiv gegen den Wasservogel zu wenden, und aus ihren Flügeln platzten in einer weiteren Attacke dicke Watteklumpen heraus. Durch einen unglücklichen Zufall landete einer davon genau in Resharps Rachen, wo gerade die Energiekugel auf ihren Einsatz wartete. Es würgte und hustete, schaffte es dann irgendwie, sowohl die Watte als auch die Energie zu verschlucken. Und es schluckte gleich noch einmal, diesmal in böser Vorahnung. Das Drachenfeuer war durch diesen Zwischenfall nicht erloschen, es spürte, wie es in seinem Magen noch weiterleuchtete – was würde geschehen, wenn es sich entfesselte? Panisch zog es seinen Bauch zusammen und versuchte, die vorbereitete lila Flamme wieder hochzuwürgen, da merkte es, wie sie sich in seinem Körper ausbreitete. Es kniff die Augen zusammen, knirschte mit den Zähnen und bereitete sich mental so gut es ging auf das Kommende vor, was auch immer das sein mochte.

    „Reshi, was wird das?!“, schrie Gladi entsetzt. „Was machst du da?“

    Das Reshiram riss die Augen wieder auf und wollte selbigen sogleich kaum trauen: Um es herum schwebten viele winzige lila Lichter, zu denen jeweils ein Energiestrom in derselben Farbe zwischen seinen Brustfedern herausfloss. Dadurch wuchsen sie auf die Größe eines Wablu an, während der Druck in Resharps Bauch rapide nachließ. „I-ist das eine neue Attacke?“, stammelte es, versuchte dann, das Schauspiel irgendwie zu kontrollieren, um seine Theorie zu bestätigen. Als Antwort darauf verfestigten sich die Lichter zu soliden Kugeln in einer Farbe, die irgendwo zwischen Schwarz, Weiß und Grau lag, jede mit drei golden schimmernden Kerben. Instinktiv gab das Drachen-Pokémon im Geiste den Befehl: Los!

    Damit wurden die runden Objekte in alle Richtungen geschleudert und nahmen dabei jedes Wablu mit, das sie in ihrer Flugbahn erwischten. Die kampflustigen Rufe der Vögel wandelten sich schlagartig in Schmerzensschreie von den Getroffenen sowie panisches Gekreische um sie herum, als eine Welle der Realisierung einer mächtigen Attacke die Runde machte. So stoben sie auseinander, versuchten, ihre eigene Haut zu retten, und ließen so mehrere große Lücken in ihrer Formation, was auch einen beinahe problemlosen Ausweg nach vorne schaffte. Hinzu kam, dass Resharp auf einmal einen Kraftschub in seinem ganzen Körper spürte, der ihm neue Entschlossenheit verlieh. So ließ es die Chance nicht verstreichen und preschte weiter, mitten durch die aus dem Konzept gebrachten Wattevögel, bis es am anderen Ende ihres Riesenschwarms wieder herausbrach.

    „Whoa, Reshi!“, rief Gladi. „Deine Antik-Kraft sieht aus wie Göttersteine!“

    „Göttersteine?“, fragte es.

    „Na das, was du mal warst“, fügte sie hinzu.

    „Äh, ja.“ Nicht, dass es sich nicht brennend für seine neue Fähigkeit interessierte, doch gerade hatte es festgestellt, dass die Wablu-Wolke ihm vorher die Sicht auf eine ganze Insel verdeckt hatte. Und noch etwas: Noch gar nicht so weit entfernt schwebte spielerisch im Wind hüpfend ein Wesen auf selbige zu. Ein Pokémon, das den kleinen blauen Vögeln stark ähnelte, nur dass es deutlich größer war und einen langen Hals besaß. „Wir reden später darüber, okay? Ich glaube, das da vorne ist ihr Anführer. Und ich denke auch, dass dieses Pokémon uns vorher mit seinem Gesang einlullen wollte.“

    „Knöpf es dir vor“, knurrte Gladi mit einem teuflischen Grinsen.




    Highlights: ELIM_inator, Shining Lucario, Luxuria, Lynneth Bucherstede

  • „Oh, meine kleinen Wablu! Sie haben meinem Lied widerstanden! Kümmert ihr euch nun darum … ~“

    Hitchcock wäre stolz.

    Wie kommst du auf sowas? Es ist doch explizit schwach und "kann keinen Schaden anrichten".

    Noch.

    Aber so eine Alte kann das vielleicht nicht mit so viel Schmackes, dass man nicht locker ausweichen könnte.

    Aber möglicherweise hat sie ein paar gute Pokemon?

  • Okay, nachdem ich ja jetzt ein wenig länger hier nicht kommentiert habe, wollte ich das jetzt mal wieder ändern – und schließlich gibt’s ja auch gerade eine Aktion (also hi, Flocon ).


    Seit meinem letzten Kommentar sind die beiden nun also von Einall nach Hoenn und dort an einige erinnerungswürdige Orte gelangt. Hierbei hatte ich mir schon gedacht, dass der Baum in Xeneroville eine Rolle spielen würde, weil das einer von den besonderen Bäumen der Pokémonwelt ist, die einem ja angesichts der Prophezeiung in den Sinn kommen können. Diese Spur hat dann aber die Charaktere eher in die Irre geführt, womit wohl auch zu rechnen war – wäre vermutlich sonst ein wenig schnell mit der Zielfindung vorangegangen.

    Im letzten Kapitel kommt es dann also zu einer Konfrontation mit sehr vielen Wablu – ich muss sagen, dass das erst einmal ein wenig ungewohnt war, weil Wablu und Altaria gemeinhin wohl nicht aggressiv aussehen oder gelten, was dann ein bisschen die Frage nach einem Motiv für den Angriff aufwirft. Neben der Möglichkeit, dass sie in dem Kanon der Geschichte entweder revierbezogen oder aber schlicht Jäger sind, könnte man auch annehmen, dass sie vielleicht angreifen, weil sie etwas beschützen wollen oder so – das könnte man wiederum mit dem Fakt kombinieren, dass sie ja anscheinend eine Insel verborgen haben. Aber naja, da muss man wohl abwarten, was das Altaria vielleicht zu sagen hat, sofern man ihm die Gelegenheit lässt und es nicht vorher grillt.

    Ansonsten kommt in dem Kampf auch ganz gut wieder die Zusammenarbeit zwischen Gladi und Resharp zur Geltung: Während Resharp zwar mittlerweile auch selbst ein wenig gelernt hat, ist Gladi nach wie vor in der Lage, mit ein bisschen Taktischem Geschick und dem Wissen aus ihrem Unterricht zu helfen, wie zum Beispiel mit den Maronbeeren – insgesamt ist sie also der eher streetsmarte Teil des Duos, was sich hier wieder schön gezeigt hat.


    In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal!



  • „Thihihihi …“, tschilpte der elegant aussehende Vogel zu sich selbst, nun nicht mehr wie eine geheimnisvolle Stimme im Wind, sondern wie ein ganz normales Pokémon, das sich einen Scherz erlaubt hatte. Dann tirilierte er einige vergnügte Töne, ließ zwischendurch wieder sein zwitscherndes, in diesem Kontext schadenfroh wirkendes Kichern hören, pfiff anschließend sorglos weiter.

    Fünf runde Geschosse, die dicht nacheinander gefährlich nahe an ihm vorbeisausten und weniger als eine Sekunde später tief unter ihm ins Wasser klatschten, rissen das fliegende Wesen ohne Vorwarnung aus seinem spielerischen Treiben. Einer der Brocken streifte knapp seinen Flügel, es verlor kurzzeitig die Balance und drehte sich trudelnd um die eigene Achse, bis es sich in die entgegengesetzte Richtung zu vorher blickend wieder fing. Mit einem überraschten, aber keineswegs entsetzten „Ohaaa!“ sah es auf und bemerkte etwas, das es nicht erwartet hatte.

    Einige Meter über ihm schwebte auf der Stelle das weiße Drachen-Pokémon, das eben diesen Warnschuss abgegeben hatte, und blickte ihm streng in die Augen. Zwischen seinem mit zwei Ringen versehenen Hals und dem auf und ab schlagenden Flügel linste zudem ein kleineres, rot-graues Wesen hervor, das den Vogel böse angrinste.

    „Hey, du blaues Summsel!“, rief Resharp. „Wenn du etwas gegen uns hast, dann sag es uns gefälligst ins Gesicht, statt uns einfach heimtückisch anzugreifen! Möchtest du uns jetzt vielleicht verraten, was das eben sollte?!“

    Ein verblüfftes Seufzen war zu hören, als das weiterentwickelte Wablu offenbar einen Moment brauchte, um sich zu vergewissern, dass es sich das nicht bloß einbildete. Dann legte es wie nachdenklich den Kopf schief. „Hm. Thihi. Nö.“ Mit einem Ruck brachte es sich zurück in seine vorherige Position und machte einen weiteren spielerischen Hüpfer in Richtung der Insel, die seine kleinen Freunde zuvor verborgen hatten.

    „Du bleibst schön hier! Ich will eine Erklärung!“, befahl das Reshiram und nahm die Verfolgung auf. Bei diesem Tempo würde es seinen Angreifer sehr schnell eingeholt haben – warum benahm dieser sich also, als hätte er so eine Chance auf Entkommen?

    Die Antwort kam unerwartet in Form eines hellblauen Leuchtens, das die wattigen Flügel des blauen Vogels einhüllte, dann verschlang und sich zu einem Paar spektraler, gefiederter Schwingen wandelte. Und ganz plötzlich schwebte das Pokémon nicht mehr gemächlich durch die Luft, sondern schoss blitzschnell davon, als die Attacke ihm ein Tempo wie ein Sturzflug bescherte – und das, obwohl es in einem flachen Winkel auf das Eiland zusteuerte.

    Damit hatte Resharp nicht gerechnet, doch schnell wurde ihm klar, dass es selbst auch einen solchen Trick auf Lager hatte. Fauchend entzündete sich sein Schweif, und das antreibende Feuer ließ es mindestens genauso rasend schnell vorankommen wie der Flüchtende. Tatsächlich verringerte sich der Abstand zwischen den beiden Fliegern sogar wieder. Sein Ziel konzentriert vor Augen merkte das Reshiram zuerst gar nicht, dass auch die Insel immer näher rückte. Gerade als es einen Feuerodem speien wollte, um seinen Gegner zu verlangsamen, wurde es auf einmal dadurch aus der Bahn geworfen, dass dessen Leuchtflügel sich wieder in die normalen Wattebäusche auflösten und das Pokémon, wie üblich mit sorgloser Gemächlichkeit, die letzten zwei oder drei Meter nach unten glitt und sanft auf dem Grün aufsetzte. Resharp selbst zischte immer noch mit Höchstgeschwindigkeit auf es zu, und es hätte einfach wieder hochziehen können, doch das hätte bedeutet, das Ziel weit zu verfehlen. Ohne einen weiteren Gedanken löschte es also sofort die Düsenflammen und versuchte, sich mit Flügelschlägen entgegen der Flugrichtung zu verlangsamen. Dadurch verlor es die Balance, strampelte unbeholfen mit den Beinen, kam auf dem Boden auf, lief flatternd mit dem Schwung mit, stolperte schließlich und fiel unelegant – und schmerzhaft – vornüber ins Gras.

    Und der Vogel lachte sich schlapp.

    Grummelnd richtete sich das Reshiram wieder auf und starrte ihn säuerlich an. „Alles in Ordnung?“, zischte es zu Gladi, die von seinem Rücken gepurzelt war, hinüber, ohne den Blick von dem gackernden Watteknäuel abzuwenden.

    „Jaja, mir gehts klasse“, brummelte sie zurück und machte sich daran, auf allen Vieren kriechend die paar Beeren einzusammeln, die bei dem Sturz aus ihrem Blätterbeutel gekugelt waren.

    Das genügte Resharp für den Moment. „Also?“, bohrte es weiter. „Was willst du nun von uns, du … Wablu?“

    Der Angesprochene hielt einen Moment inne, konnte sich dann aber nicht genug beherrschen, um nicht leise weiterzukichern. „Thihihihi. Nenn mich doch einfach Asora, Purzeldrache.“

    „Nenn mich doch einfach Resharp, Säuselwolke“, äffte es nach. Seine Frage war immer noch nicht beantwortet worden, und noch dazu machte dieser … diese … dieses Asora sich über es lustig. Was für ein blödes Spiel wurde hier eigentlich gespielt? Es hatte Wichtigeres zu tun!

    „Säuselwolke nennst du mich, Reshiweshi? Thihi, du bist niedlich, weißt du das? Man sieht doch auf den ersten Blick, dass ich weder ein kleines Wablu noch eine Säuselwolke bin, sondern eine prächtige Altariadame! Hach“, theatralisch tänzelte Asora im Kreis, plusterte sich auf und präsentierte wie im Balztanz ihre Wolkenflügel. „Tjaja, genug davon. Ich weiß nicht, wie du es an meinen entzückenden kleinen Wablu vorbeigeschafft hast, aber ich gratuliere, Schätzchen.“

    „Gratuliere wozu?“, gab das Reshiram erhitzt zurück. „Dass ich verhindern konnte, dass du uns fast umgebracht hättest?“

    „Und was is' mit mir?“, meldete sich Gladi dazwischen. „Ich hab dich doch erst rumkommandiert!“

    Nun richtete sich Asoras Aufmerksamkeit auch auf sie. „Du liebe Güte, wo hast du denn diesen niedlichen Kobold aufgegabelt?“, rief sie begeistert. „Oh, ich hoffe doch, er ist nicht bissig.“

    Empört sprang das Gladiantri auf und fuchtelte mit den Handklingen. „Ich zeig dir gleich bissig, wenn du weiter so'n Mist laberst!“

    „Was Gladi sagt“, nickte Resharp zustimmend.

    „Ah, wo bleiben nur meine Manieren? Ich hätte fast vergessen, euch zu gratulieren“, überging das Altaria die beiden. „Wie, habe ich schon? Na, umso besser! Ihr habt nun die Erlaubnis, euch frei auf dieser Insel zu bewegen, wann immer ihr möchtet. Jaja, nur wer stark ist, hat Zutritt!“

    Das Reshiram zog eine Augenbraue hoch. Dieses Pokémon hielt sich also für großartig genug, andere von diesem Fleckchen Land fernzuhalten, das allem Anschein nach gar nicht so viel zu bieten hatte? Der flache, grasbedeckte Hügel, auf dessen Kuppe sie standen, erstreckte sich unregelmäßig in alle Himmelsrichtungen, bildete dort, wo er das Meer berührte, an ein oder zwei Stellen eine niedrige Mini-Klippe und ging ansonsten in einen schmalen Streifen weißen Sandes über. Einige wenige Sträucher unterbrachen die monotone grüne Fläche, doch die winzigen Früchte, die an ihnen hingen, würden bestenfalls eines der Wablu für ein paar Tage versorgen. „Also das wird mir hier langsam zu dumm, Gladi. Wir sollten zusehen, dass wir weiter nach Süden kommen.“

    „Klar“, sagte das Gladiantri. „Nur wo is' jetzt Süden? Also am Abend isses links von der Sonne.“

    Resharp stöhnte gequält auf. Mussten sie nun wirklich die letzten Tagesstunden auf diesem hoffnungslosen Eiland verbringen, mit dessen selbsternannter Besitzerin, die sich selbst für das Größte und alles andere für „niedlich“ hielt?

    „Hey, mir gefällts ja auch nich'“, versuchte Gladi es zu trösten. „Aber dann kommen wir flitzeflink zu Latias und Latios und die schicken uns dann heim. Also, spielen wir noch 'ne Ru-…“

    „Latiaaas? Latiooos?“, kreischte Asora plötzlich. „Ihr wollt die Geschwister sehen? Wie aufregend! In der Tat, das ist ein fantastisches Vorhaben!“

    „Gib Ruhe, Schnattervieh“, knurrte Gladi, der es absolut nicht passte, dass sie auf diese Weise unterbrochen wurde.

    „Warte“, realisierte Resharp. „Asora kennt die beiden!“

    „Oh, aber natürlich! Was dachtest du denn, Schätzchen?“, säuselte das Altaria. „Aber von hier aus im Süden werdet ihr leider, leider erfolglos sein. Die Insel im Süden, so wird die Heimat der Geschwister genannt, kann man nicht finden! Nur, wenn sie es höchstpersönlich gestatten, thihi!“

    Gladi und Resharp tauschten einen argwöhnischen Blick aus, als ihnen gleichzeitig klar wurde, dass Asora sich ihr seltsames Verhalten – „ihre“ Insel mithilfe eines Wablu-Schwarms zu verstecken und jeden, der sich näherte, hinterrücks anzugreifen – wohl genau davon abgeschaut hatte. Doch keiner von beiden sprach den Gedanken laut aus, wozu sie aber ohnehin nicht gekommen wären, denn der Wolkenvogel trällerte schon weiter.

    „Ach, ihr fragt euch nun bestimmt, wie man Latias und Latios dann sehen kann? Tjaja, sie müssen sich zeigen, zeigen müssen sie sich! Hach, garantieren kann ich euch nichts, aber vielleicht habt ihr ja Glück und findet das Wundereiland, auf dem sie sich so gerne aufhalten …“

    „Okay“, sagte das Reshiram schnell. „D-danke.“ Dieses Wort kam ihm nur schwer über die Lippen, aber es musste sich eingestehen, dass sie ohne diesen Hinweis einen falschen Weg eingeschlagen hätten. Und nun musste es ein weiteres Mal so viele Informationen wie möglich aus diesem verrückten Vogel herauskriegen. „Wundereiland? Kannst du … kannst du uns sagen, wie man dort hinkommt?“

    „Thihi.“ Das Altaria schüttelte sein Federkleid und putzte es kurz mit dem Schnabel, bevor es fortfuhr. „Hier draußen verliert man sehr schnell die Richtung, das weißt du bestimmt schon, Schnuckelchen. Aber in dieser Richtung“, Asora reckte ihren Kopf, um zu zeigen, was sie meinte, „liegt sowas wie eine Ansammlung von Sandbänken. Da macht man sich leicht schmutzig, das sage ich euch, eine Schande! Aber du musst ja nicht darauf landen, es genügt, wenn du dich dort nach links drehst und dann immer weiter daran entlang fliegst, bis du auf so komische schwimmende Dinger aus Holz stößt, und wenn du diese erreicht hast, ja, dann kannst du das Wundereiland sehen. Wenn es sich denn zeigt, denn es ist ein launisches Inselchen, oh ja!“

    „Es ist unsere beste Chance, würde ich mal sagen“, murmelte Resharp. Wenn dieses Vorhaben nicht funktionierte, würden sie sich etwas anderes einfallen lassen müssen, und es befürchtete, dass diese Alternative ein riskanter Plan wäre, der eine Flugmaschine beinhalten würde. Aber es blieb zuversichtlich, denn es hatte ja selbst festgestellt, dass das Aufspüren von Legendären Pokémon noch nie ein Problem dargestellt hatte. So breitete es seine Flügel aus und wartete nur noch darauf, dass Gladi aufsaß, bevor es die Richtung einschlagen würde, die ihm gerade gezeigt worden war.

    Das Gladiantri wollte schon zum Sprung ansetzen, um sich nach oben zu schwingen, da hielt der Wolkenvogel die beiden noch einmal zurück: „Oh, Süßes, eines wäre da noch!“

    „Was ist? Gibt es auf Wundereiland oder auf dem Weg dorthin ein schreckliches Monster oder eine andere Gefahr?“, riet Resharp sarkastisch ins – mehr oder weniger – Blaue. Asora jedoch lachte nur zwitschernd.

    „Aber wie kommst du denn auf so etwas? Nein, ich wollte dich etwas in … persönlicher Sache fragen.“

    Misstrauisch drehte sich das Reshiram zu ihr um. Die einzige „persönliche Sache“, die es bisher von dieser verrückten Vogeldame kannte, war deren aggressive Inselverteidigung, über deren mögliche Konsequenzen sie sich allem Anschein nach noch nicht einmal im Klaren war. „Also gut, und das wäre?“

    Unruhig trat das Altaria von einem Fuß auf den anderen. „Ich … also, möglicherweise ist dies kein angemessenes Verhalten für eine hübsche Lady, aber … dein Angriff vorhin war so kraftvoll, so energisch, so beeindruckend. Möchtest du mir deine Fähigkeiten noch einmal im Kampf präsentieren?“, fragte sie verlegen lächelnd.

    „Ein Kampf?“, gab Resharp überrascht zurück. Das war so ziemlich das Letzte, womit es jetzt gerechnet hatte. „Warum willst du denn jetzt plötzlich gegen mich kämpfen?“

    „Psst, is' doch egal“, stupste Gladi es an. „Wer hat denn gestern Nacht drüber gejammert, noch nie gewonnen zu haben? Das wär jetzt deine Chance, vermassel's dir nich'.“

    „Äh …“ Irgendwie hatte sie ja schon recht. Ihm gefiel es allerdings nicht, dass es Asoras Stärke absolut nicht einschätzen konnte – sie mochte potenziell viel stärker sein als Resharp. Dieser Gedanke machte es leicht nervös, aber andererseits wüsste es da ja bei einem ernsthaften Feind auch nicht sofort. Außerdem hatte es sich ja vorhin bereits gegen hunderte, wenn nicht tausende von Wablu behauptet. Wie viel schlimmer mochte das hier schon werden? „Na gut … kämpfen wir.“

    Erfreut quietschend lief Asora einige Meter von dem Reshiram weg und brachte sich dort ihm gegenüber in Position. Auch Gladi setzte sich sofort in Bewegung, um nicht zwischen den Gegnern zu stehen, und begab sich schnell zur Seite des gedachten Kampfplatzes. Die Duellanten sahen auffordernd zu ihr herüber, worauf sie realisierte, dass sie ein Startsignal von ihr erwarteten. „Der Kampf beginnt!“, rief das Gladiantri also.

    Resharp war sich nicht ganz sicher, was es nun tun sollte – so weit hatte es noch gar nicht gedacht. Nach einem kurzen Moment des Zögerns entschloss es sich dazu, die Distanz zu verringern, damit seine Attacken besser treffen könnten, und rannte in Asoras Richtung. Das Altaria jedoch tat nichts dergleichen, streckte nur den Kopf nach vorne und schloss die Augen. Was soll denn das werden?, fragte sich das Reshiram, doch einen Moment später sollte es schon die Antwort erhalten, als ein unangenehm lautes Summen durch seinen Schädel vibrierte. Taumelnd bremste es sich ab und presste die Hände auf seine Ohren, um Asoras schmerzhaftem Singsang Einhalt zu gebieten.

    „Hey!“, nahm es die stark gedämpften Reste von Gladis Stimme wahr. „Wir sagten Kampf, nich' Gesangswettbewerb!“

    Die Attacke war nicht stark, doch auf jeden Fall irritierend, was unter keinen Umständen eine gute Situation darstellte. Es musste irgendwas dagegen tun, und es hatte auch schon eine Idee. So zwang sich das Reshiram dazu, sich wieder auf seine Gegnerin zu fokussieren, und entfesselte einen glühenden Flammenwurf in ihre Richtung.

    Als sie den herankommenden Hitzestoß spürte, ließ Asora von ihrem Säuselangriff ab. Nun war nichts weiter von ihr zu hören als ein „Ohaaa!“, als sie sich vom Boden abstieß, um dem Feuer zu entgehen – Sekundenbruchteile zu spät. Ein schwacher Geruch von versengter Watte breitete sich aus, als die Flammen sie vollständig einhüllten, doch der Stoß ihrer Beine ließ sie sofort wieder oben herausbrechen. Mit schwankenden Flügeln, an denen nun vereinzelte braun-schwarze Flecken sichtbar waren, hielt sie sich gerade lange genug oben, um den Rest der Attacke unter sich vorbeiziehen zu lassen, bevor sie wieder zu Boden sackte. Doch Resharp kam nicht einmal dazu, zu denken, sie hätte nun ihre Flugfähigkeit – oder zumindest ihre Manövrierfähigkeit in der Luft – eingebüßt, denn das Altaria ließ keine Sekunde vergehen, bevor sie ihre Flügel wie vorhin zu spektralen Schwingen wandelte, mit deren Hilfe sie sogleich nach hoch oben preschte.

    Resharp konnte nur ahnen, was sie damit bezwecken wollte – sie hatte doch nicht etwa vor, es im Sturzflug zu rammen? Da würde es ihr nun aber gehörig einen Strich durch die Rechnung machen. Entschlossen schwang es sich selbst in die Lüfte, verfolgte den Weg des Wolkenvogels mit den Augen und wartete den richtigen Moment ab, um zu kontern. Dieser ließ nicht lange auf sich warten: Als Asora ihren höchsten Punkt erreicht hatte, zog sie noch einige schnelle Schleifen, bevor sie sich mit noch höherer Geschwindigkeit zur Erde zurückfallen ließ. Das blaue Leuchten ihrer magischen Flügel wurde stärker und stärker, je mehr sie sich dem Reshiram näherte, doch dieses stellte mit zackigen Manövern sicher, dass es sich immer außerhalb der Schusslinie befand. Dieses Duell der Kurskorrekturen dauerte höchstens wenige Sekunden, dann schnappte die Falle zu: Die Altariadame befand sich endlich in Reichweite des rauschenden Feuerodems, der nun ihren Körper umströmte wie zuvor der Flammenwurf. Und diese Attacke ließ sie weit weniger unbeeindruckt zurück. Ein Aufschrei verkündete die Effektivität des Treffers, und wenn man genau hinsah, konnte man erkennen, wie aus dem grellen Aufeinandertreffen von Lila und Blau letztere Farbe erlosch und den normalen Wolkenbäuschen wich, die Asoras Flügel bildeten. Keuchend versuchte sie, ihren einsetzenden Fall zu bremsen, doch ihre Bewegungen waren nun zu schwerfällig und lahm, um ihren Körper bewusst steuern zu können.

    Kurz stockte Resharp, fragte sich, ob es sie auffangen und sicher nach unten bringen sollte. Doch ein schneller Blick verriet ihm, dass sie in einen der Sträucher stürzen würde – und ein Kampf war doch immer noch ein Kampf, oder? Ein weiterer Moment des Zögerns ließ das Zeitfenster verstreichen, in dem es hätte handeln können. Während es erst nach unten stieß, kam Asora schon krachend auf dem federnden Blattwerk auf. Die Zeit, die sie benötigte, um ihren paralysierten Leib aus dem Durcheinander von abgebrochenen Zweigen zu befreien, nutzte es, um sicher einige Meter von ihr entfernt zu landen. Ihm kam der Gedanke, ob es nicht besser wäre, aufzuhören, schließlich sollte ja niemand ernsthaft verletzt werden.

    Ächzend pickte das Altaria nach den roten Beeren, die an dem Busch hingen, was dem Reshiram etwas seltsam vorkam. War sie etwa derselben Meinung und hatte plötzlich beschlossen, dass jetzt Essenszeit war? Doch die richtige Überraschung kam, als Asora auf einmal unter Einsatz all ihrer Gliedmaßen aus dem Ästegewirr herausfiel und sich rasch wieder aufrichtete – diese kleinen Früchte mussten sie irgendwie von ihrer Lähmung befreit haben.

    „Wa- … wie …“, stammelte das Reshiram. Die Vogeldame öffnete den Schnabel, als wollte sie antworten, doch stattdessen sah man, dass sie noch nicht alles heruntergeschluckt hatte. Blitzschnell warf sie den Kopf in den Nacken und schleuderte Resharp die restlichen Beeren entgegen, die nun feurig aufloderten wie kleine Glutbrocken. Im Reflex duckte es sich und kniff die Augen zusammen. Eine Feuerbeere klatschte ihm auf die Stirn und verursachte dort einen leichten Stich – doch das war es. Verwirrt blickte es auf und sah nichts als drei kleine, glühende Matschhäufchen zu seinen Füßen. Wenn die beiden, die nicht für sein Gesicht bestimmt waren, überhaupt getroffen hatten, so war dies vollständig an ihm vorbeigegangen – es hatte nicht die geringste Berührung gespürt. Was war das denn für ein schwacher Angriff?

    „Komm, Schätzchen, nicht einschlafen!“, zwitscherte Asora und hüpfte von einem Bein auf das andere. „Mein Aussehen ist schon ruiniert, wir können dieses kleine Stelldichein ruhig zu Ende führen, thihi!“

    Offenbar hatte Resharp sich geirrt. Das Altaria hatte wohl noch genug Energie übrig, um weiterzukämpfen. Kurzerhand bereitete es also seine nächste Attacke vor; eine Attacke, für die es selbst erst ein besseres Gefühl bekommen musste und die ihm daher besonders geeignet für diese Situation erschien. Es leitete seine Energie – diesmal bewusst – in seinen Bauch, ließ sie dann nach außen strömen und die Form von fünf Göttersteinen annehmen. Dabei versuchte es, sie so weit zu kontrollieren, dass die Kugeln nicht ganz so groß wurden wie die letzten beiden Male. Dadurch wuchsen sie zu unterschiedlichen Größen heran – die kleinste war kaum doppelt so groß wie die roten Beeren, die größte kaum merklich kleiner als bei den vorigen Versuchen. Für das Reshiram war das im Moment Erfolg genug, und eines nach dem anderen schickte es die schwebenden Geschosse los. Asora sah natürlich sehr wohl, was es vorhatte, und tänzelte wankend hin und her, um ihnen zu entgehen. Ihre Erschöpfung verleitete sie schließlich doch zu einem Fehler, und der zweitgrößte Stein schlug in ihre Rippen und riss sie zu Boden. „Uargh“, stöhnte sie. „Ich gebe auf. Glückwunsch, Schätzchen.“

    Gladi, die sich die ganze Zeit über beherrscht hatte, um ihrem Freund keine Kommandos zuzurufen, brach sofort in Jubelgeschrei aus. „Yeah! Keiner besiegt Reshi fair! Reshi macht alle platt! Wuhu!“

    Obgleich sich die Kugel kurz nach dem Einschlag wieder in Luft aufgelöst hatte, lief Resharp schnell zu dem Altaria hinüber, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. „Brauchst du Hilfe?“

    „Ach, nicht doch, Resharp“, stöhnte Asora mit aufgesetztem Lächeln. „Ein starkes Weibchen bleibt nie lange am Boden. Und meine lieblichen Wablu sind ja auch noch für mich da, weißt du?“

    Ihm fiel auf, dass sie gerade zum ersten Mal seinen Namen benutzt hatte. Und trotz seiner eigenen Abneigung gegen den eingebildeten Vogel hatte es sich doch einen Moment lang Sorgen gemacht. Seltsam, was ein einfacher Kampf alles bewirken konnte. Resharp hatte immer noch nicht das Bedürfnis, mit Asora befreundet zu sein, aber es fühlte sich irgendwie nicht mehr so genervt in ihrer Anwesenheit. Ganz zu schweigen davon, das wurde ihm jetzt erst so richtig klar, dass es gerade seinen ersten richtigen Sieg verbucht hatte, was es nun doch mit Stolz erfüllte. Und noch viel mehr: Der Einsatz der Antik-Kraft zeigte ein weiteres Mal im Nachhinein deren seltsamen Nebeneffekt, und ein Schub neuer Kraft strömte durch seinen Körper und Geist. So verspürte es nicht einmal das Bedürfnis, sich vor der Weiterreise kurz auszuruhen.

    „Also gut“, sagte es. „Wenn damit alles gesagt wäre, sollten wir jetzt wirklich abzischen. Wir haben noch viel vor.“ Dem Wolkenvogel nickte es noch einmal zum Abschied zu, während das Gladiantri nun wirklich aufstieg.

    „Lebt wohl“, summte Asora mit leicht zitternder Stimme. Und sie hoben ab, in jene Richtung gewandt, die ihnen angewiesen worden war.


    Die zahlreichen Sandbänke rückten schon nach kurzer Zeit in Sichtweite, doch Resharps Vermutung, diese ebenso schnell zu erreichen, erwies sich als falsch. Wie es nun erkannte, gab es noch einiges an Zeit über dem offenen Meer totzuschlagen, ehe die nächste Etappe beginnen würde. Also fragte es Gladi, was es denn nun mit der Antik-Kraft auf sich hatte, da sie anscheinend ein wenig darüber wusste.

    „Also das is' so 'ne Attacke, die Reshiram draufhat und auch Zekrom, glaub ich“, fing sie an zu erklären. „Kein Plan, was da genau passiert, aber du machst da halt irgendwie ausm Nichts Steine. Und wirst dabei manchmal auch aufgepowert, aber das passiert irgendwie auch nur, wenn die Attacke grad Bock drauf hat oder so.“

    „Ja, das ist mir schon zweimal passiert“, berichtete das junge Reshiram. „Aber warum sind es Göttersteine? Warum nennst du das überhaupt so?“

    „Tun alle“, antwortete das Gladiantri. „Also die beiden Drachen, die können sich ja in Steine verwandeln, die heißen Lichtstein und Dunkelstein. Kannst du ja auch.“

    „Kann ich?“ Resharp runzelte die Stirn. „Ich weiß, dass ich mich mal von einem Stein in einen Drachen verwandelt hab, aber davor erinnere ich mich doch an gar nichts. Und was genau hat das jetzt mit Göttern zu tun?“

    „Weiß nich', woher die Götter jetzt genau kommen, das is' halt so. So ham sie 'nen dritten Stein genannt. Anscheinend sogar die Menschen in Twindrake City, haben jedenfalls die gesagt, die da was gehört haben. War bei denen aber nur 'n Märchen, aber wir Caesurio ham immer gewusst, dass du echt bist!“ Angeberisch klopfte sie sich auf die Brust, wobei die aufeinanderschlagenden Klingen leise klapperten.

    Das Reshiram kicherte etwas nervös, denn es war sich nicht ganz sicher, ob es – wenn auch nur teilweise – wirklich mit Göttern in Verbindung gebracht werden wollte. Ihm war schon klar, dass die alten Drachen als etwas Ähnliches betrachtet wurden, doch … mit so etwas konnte es sich einfach nicht identifizieren. Es war weder besonders weise noch besonders mächtig und hatte noch viel zu lernen, daran änderte auch ein gewonnener Kampf nicht viel.

    „Ich wette, die Menschen meinten einfach Kyurem“, sagte es schnell, als ihm der graue Drache einfiel. „Reshiram und Zekrom sind aus ihm entstanden, also sehen sie es vielleicht als sowas wie einen Gott.“

    Gladi zuckte nur mit den Schultern, was es aber hinter ihm nicht sehen konnte, und so schien es, als bliebe sie dazu still.

    An dieser Stelle schlief das Gespräch eine Zeit lang ein. Als sie so schweigend über den Himmel zogen, zeichneten sich auf den herannahenden Sandbänken endlich mehr Details ab, und flache sandfarbene Felsen mischten sich in das Bild. Dieser Teil des Hoenn'schen Meeres bildete einen starken Kontrast zu jenem um Xeneroville, wo spitze steinerne Säulen wie Klingen aus den Tiefen ragten. Im Gegensatz dazu bot sich Resharp hier nun jederzeit die Möglichkeit, zu landen und eine Pause einzulegen. Doch dazu kam es noch lange nicht, da es noch kein Bedürfnis danach verspürte.

    Gladi dachte sich ein neues Reisespiel aus, bei dem es darum ging, in den Formen der Sandbänke Gesichter oder Gegenstände zu erkennen. In ihrer Fantasie wurden nun daraus Mondsicheln oder ein vierbeiniges Pokémon, das seinen Kopf zum Fressen senkte. Auch Resharp beteiligte sich an dem Spiel, und seine liebste Gestalt war eine von zwei Fischen, die einen Mittelpunkt umkreisten.

    Als der Himmel nach einiger Zeit im sich anbahnenden Sonnenuntergang langsam wieder eine orange Farbe annahm, zog es endlich in Betracht, wieder zu landen und seine vom langen Gleiten steifen Flügel auszuschütteln. Das Vorwärtskommen war ihm gerade ohnehin unangenehm, da sich die Sonne, die eigentlich hinter seinem Rücken herabsank, in der Ferne an irgendetwas spiegelte und es blendete. Den Blick nach unten abgewandt, suchte es sich also einen kleinen Strand heraus, der an drei Seiten von nach oben ragenden Felsen abgegrenzt wurde, und steuerte auf diesen zu. Bevor es dort aufsetzte, zog es noch einige weitläufige Kreise, um mit seinen Füßen etwas trockenes Treibholz aufzusammeln, das es zu dem ausgesuchten Nachtlager mitnahm. Da es weit und breit keine Bäume gab, nahm es an, dass diese Holzstücke von den schwimmenden Dingern stammen mussten, die Asora erwähnt hatte. Mit vereinten Kräften errichteten sie daraus nun ein kleines Lagerfeuer, in dem sie ihre mitgebrachten Beeren kurz anrösteten. Einige rote, an die sich das Reshiram nicht erinnern konnte, waren auch dabei, also musste Gladi sich diese wohl in einem unbeobachteten Moment geschnappt haben – möglicherweise während des Kampfes. Doch da sie nun schon einmal vorhanden waren, griff es nach einer Handvoll davon und kaute darauf herum, während es gedankenverloren den Rest der glühenden roten Kugeln anstarrte.




    Highlights: ELIM_inator, Shining Lucario, Luxuria, Lynneth Bucherstede

    Außerdem Flocon für seinen Aktivitätsmarathon

  • „Hm. Thihi. Nö.“

    Etwas flamboyisch.

    Ich weiß, sie ist eine Sie, aber trotzdem, flamboyisch.

    Dieses Wort kam ihm nur schwer über die Lippen, aber es musste sich eingestehen, dass sie ohne diesen Hinweis einen falschen Weg eingeschlagen hätten.

    Wenn man Altaria zu dem Zeitpunkt trauen sollte.

    „Ein Kampf?“, gab Resharp überrascht zurück. Das war so ziemlich das Letzte, womit es jetzt gerechnet hatte. „Warum willst du denn jetzt plötzlich gegen mich kämpfen?“

    Erst wird gekämpft, dann gegessen. Man ist immerhin zu Gast, es wäre unhöflich sie nicht zu essen.

    „Wer hat denn gestern Nacht drüber gejammert, noch nie gewonnen zu haben? Das wär jetzt deine Chance, vermassel's dir nich'.“

    Washakwil kann man mitzählen, oder?

    Auch Resharp beteiligte sich an dem Spiel, und seine liebste Gestalt war eine von zwei Fischen, die einen Mittelpunkt umkreisten.

    Ah, wie in Avatar?

  • Ich glaube, ich hatte dir vor einer Woche auf einem Chatabend oder so einen Kommentar versprochen.


    Also zunächst steht in meinen Notizen noch, dass irgendwo ein formaler Fehler war, weil irgendwo ein"da" stand, wo eigentlich ein "das" hätte stehen müssen. Aber ich finde die Stelle gerade nicht wieder, kann also gut sein, dass ich da falsch gelegen habe. Oder es wurde mittlerweile ausgebessert. Oder ich bin jetzt einfach nur zu blöd, den wiederzufinden.

    Ähm ja, in medias res: Am Anfang finde ich es interessant, dass die Geschehnisse aus Asoras Perspektive geschildert werden, nach deren Flucht es dann wieder auf Resharps Perspektive wechselt. Ist jetzt keine Kritik, aber fiel mir nur halt irgendwie auf.

    Dann gibt es im Wesentlichen zwei Dinge, zu denen ich was sagen würde und das wäre einmal Asoras Charakter allgemein und dann Resharps Kampf gegen sie. Zum Ersten: Asora ist ein, nun, sagen wir, ein interessanter Charakter. Sie wirkt sehr von sich eingenommen, aber eigentlich nicht einmal auf eine wirklich kühl-hochnäsige Art, sondern bleibt darin eigentlich relativ offen und fast schon verspielt, was auch gut von dir dargestellt wurde. Ein bisschen wundert mich aber eigentlich trotzdem, dass sie die eigentlich ziemlich trostlos wirkende Insel so verteidigt, auch wenn das sich vielleicht darüber erklären lässt, dass die ganze Sache mit der Insel ein reines Egoprojekt von wegen "Ja, ich bin Herrscherin über ein Ödland, aber wenigstens bin ich die Herrscherin" ist. So in etwa habe ich mir das zumindest gedacht.

    Und um dann von Charakter zu Kampf überzuleiten: Hier bin ich ehrlich gesagt zunächst auch ein bisschen verwundert, dass Asora den Kampf von sich aus vorschlägt. Denn im vorherigen Kapitel schien sie die Arbeit lieber ihren Wablu zu überlassen und danach ja auch zu fliehen. Es wirkte allgemein so, als würde sie sich da lieber aus solchen Sachen raushalten, möglicherweise trotz ihrer Arroganz im tiefen Inneren wohl wissend, dass sie da nicht so viel draufhat. Da finde ich das ein wenig überraschend, zumal sie selbst, wenn sie nicht kämpfen würde, nichts verlieren und im Falle, dass sie den Kampf führt, nichts gewinnen würde. (Ich möchte mich natürlich nicht in die Geschichte einmischen, aber ein Alternativvorschlag, den ich spontan hätte, wäre eventuell, Asora einem sozialen Druck auszusetzen, etwa durch ihre Wablu-Untertanen: Wenn ein paar von denen mitkämen und irgendwas davon faseln würden, dass jetzt die "Ehre der Insel" auf dem Spiel stünde und ihre großartige Herrscherin es "diesen unverschämten und dahergeflogenen Eindringlingen" doch sicher mit Leichtigkeit zeigen könnte, dann stünde sie sozusagen zur Legitimation ihrer Herrschaft in der Pflicht, den Kampf zu führen und würde andernfalls die ihr möglicherweise dann doch sehr wichtige Anerkennung ihrer Untertanen verlieren.)

    Der Kampf selbst war dann soweit sehr anschaulich geschrieben - er war nicht unübersichtlich und den Ablauf der einzelnen Angriffe konnte man gut nachvollziehen. Das einzige, was ich hier anmerken würde, ist, dass ich manchmal irgendwie eine "Wendung" im Kampf erwartet hätte, die so nicht eintrat, das heißt, Resharp wirkt eigentlich relativ schnell so, als ob es die Oberhand hätte und daran ändert sich dann nicht mehr wirklich was. Ich hatte dagegen insbesondere zum Ende hin gedacht, dass Asora noch einmal ein Comeback hinlegt, konkret an der Stelle mit den Beeren: Einerseits heilt es sich hier, andererseits setzt es mit Beerenkräfte eine Attacke ein, die Resharp eigentlich nicht so recht einschätzen kann - so rein erzähltechnisch hat das für mich irgendwie impliziert, dass da Asora noch ein Ass im Ärmel hatte bzw. die Attacke besagtes Ass gewesen wäre. Dass Resharp vielleicht der scharfe Beerensaft noch in die Augen läuft und Asora das dann für einen Konter (nicht im Sinne der Attacke) nutzt. Wobei ich nicht sagen möchte, dass das hier ein Logikfehler ist oder so, nur von der Art, wie das erzählt wird, hatte ich mit einem Twist gerechnet. Vielleicht aber auch nur, weil mir bei Pokémon-Kämpfen immer der Anime vor Augen steht, wo so was halt immer passiert, lol.

    Ähm ja, davon ab war es übrigens nett, Resharp seinen ersten wirklich eigenen Kampf gewinnen zu sehen, was sicherlich einen wichtigen Punkt in seiner Entwicklung markiert. Weiter geht es dann jetzt wohl über Floßbrunn zum Wundereiland, das ich übrigens nie gefunden habe. Aber vielleicht haben die beiden ja mehr Glück.



  • Am nächsten Morgen erwachten sie wieder einmal früh. Das Land – oder viel mehr das Meer – war noch in morgendliches Dämmerlicht getaucht, als Resharp schon Ausschau hielt und die nächsten Schritte plante, während Gladi an einem feuchten Felsen ihre Klingen schärfte.

    Und wieder einmal stellte es fest, dass die blendende Spiegelung, die es gestern Abend gestört hatte, von Häusern stammte. Natürlich, was auch sonst, dachte das Reshiram seufzend. Nichts anderes als Häuser waren die schwimmenden Dinger aus Holz – eine kleine Stadt auf dem Wasser. „Was soll's“, murmelte es. Irgendwie schien die Idee ja richtig eigenartig: Die Siedlung lag genau zwischen zwei grünen Inseln, warum hatten die Menschen nicht einfach dort gebaut? Oder … war eine davon etwa dieses Wundereiland? Auf einer Insel, die man nicht immer sah, konnte man schlecht leben, das sah es ein. Und da es das für eine plausible Möglichkeit hielt, beschloss es, einfach nachzusehen, ob auf einer der beiden Inseln Latias oder Latios oder bestenfalls beide anzutreffen waren. Speziell die größere, die rechts von der schwimmenden Stadt lag, fasste es dabei ins Auge, da sich auf der flachen Ebene bunte Flecken wie von üppigem Blumenbewuchs verteilten.

    Ohne viel Zeit zu verschwenden, rief es Gladi zu sich und die beiden starteten sofort los, solange die Morgendämmerung ihnen noch Schutz bot. Jedoch glaubte Resharp, dass es ohnehin nicht viel ausmachen würde, schiene stattdessen die pralle Mittagssonne auf sie herab (abgesehen von der Hitze, aber das war ein anderes Thema). Weiß gefiederte Vogel-Pokémon gab es in dieser Region zuhauf, wer sollte also aus der Entfernung einem weißen Flieger mehr als einen kurzen Moment Aufmerksamkeit schenken?

    Es dauerte nicht lange, bis sie die langgezogene Wiese, die aus dem kargen Ozean ragte, erreichten. Sanft strich der Meereswind über das Gras, und das Reshiram wollte es ihm gleichtun. So glitt es dicht am Boden entlang, und die langen Halme streiften von unten seinen Körper. Es war anstrengend, sich in so geringer Höhe in der Luft zu halten, doch der intensive Geruch von exotischen Blumen und anderen Pflanzen war es Resharp wert. Erst, als es vor sich einen einsamen Busch bemerkte, zog es mit einem kurzen Flügelschlag wieder weiter nach oben, um diesen zu überfliegen. Dieser Abstand war ihm nun bequem, und es behielt ihn bei.

    „Ein Kronjuwild!“, rief Gladi plötzlich, und Resharp staunte nicht schlecht, als der Busch, der an einem braunen Körper hing, unter ihm durch galoppierte.

    „Du weißt, was das für ein Pokémon ist?“ Ein wenig war es erleichtert darüber, dass nicht alles in diesem Land ihnen völlig fremd war.

    „Mhm, 'n leckeres“, grinste sie. „Gibt's aber nich' oft da, wo wir leben.“

    Als hätte es diese Aussage gehört, drehte das Kronjuwild auf einmal seinen Kopf nach ihnen um, und sobald es das Gladiantri bemerkte, schlug es einen plötzlichen Haken zur Seite und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon.

    „Es weiß Bescheid“, flüsterte Gladi in einem ominösen Ton.

    „Ich glaube … du hast recht“, stammelte das Reshiram auf einmal verstört.

    „Hä? Oh.“ Nun bemerkte auch sie die im morgendlichen Licht fast schwarz erscheinenden, in Wirklichkeit dunkelroten Spuren, die auf einmal vor ihnen zwischen den hohen Halmen sichtbar geworden waren und das plattgedrückte Gras bis hinüber zum Meer befleckten. Ganz so, als hätte jemand einen Artgenossen des Kronjuwild erlegt und hier entlang geschleppt.

    „Caesurio“, hauchte Gladi entsetzt.

    „Caesurio?“, wiederholte ihr Freund ungläubig. „Wie kommst du denn auf sowas? Warum sollten ausgerechnet hier Caesurio sein?“

    „Das Grünzeug is' hier so kurz.“ In ihre Fassungslosigkeit mischte sich nun eine überschwängliche Freude. „Es is' abgeschnitten, Reshi! Kuck doch hin!“

    Doch so ganz konnte Resharp das immer noch nicht glauben. „Was, wenn es hier eine andere Pokémon-Art mit Klingen gibt? Und hatten wir nicht schon geklärt, dass die Alte Heimat kaum in Hoenn sein kann?“

    „Och bitte, Reshi, sei kein Spielverderber!“, bettelte Gladi. „Lass wenigstens nachkucken! Bei dem Xerneas-Baum und den Jirachi-Ruinen war's ja auch kein Ding für dich. Ich bin mal dran!“

    „Na gut …“, musste es nun doch nachgeben. Mittlerweile hatte es auch die ganze Länge der grünen Ebene abgeflogen und weit und breit keine Spur von einem anderen Pokémon als Kronjuwild entdeckt. Nun würde es also die nächste Insel ansteuern – nicht die zweite der beiden, die das Wasserdorf einschlossen, sondern eine andere, die schon beinahe an die Wiese im Meer angrenzte, so zum Greifen nah lag sie. Auch sie war ein grüner Felsen, wurde aber zusätzlich von einem breiten Streifen aus Sandstrand begrenzt. Seltsame Geräusche wurden vom Wind aus dieser Richtung zu den beiden hingetragen, die sie nicht zuordnen konnten, außer dass es klopfte, schepperte und brummte. Resharp nahm sich vor, sich besser von der Quelle fernzuhalten – ganz ungefährlich klang dies definitiv nicht. Außerdem würde es so bald wie möglich am Strand aufsetzen, um sich dort am Boden fortzubewegen.


    Die winzigen, rot glänzenden Gestalten, die über den Sand flitzten und sich gegenseitig zu jagen schienen, hatte es bis zu diesem Punkt als irgendetwas anderes abgetan. Das war doch völlig unmöglich. Wie konnte es sein, dass hier … eine Handvoll Gladiantri miteinander Fangen spielten?!

    Und das, das auf seinem Rücken saß, konnte sich vor Glück kaum ruhig halten. „Ich will zu denen, Reshi! Ich will mitspielen! Ich glaub's nich', die dürfen spielen!“

    „Sie … was?“ Die Realisierung, dass Gladi wohl nie dazu gekommen war, sich auf diese Art mit ihren Freunden auszutoben, machte es plötzlich ein wenig traurig. Sie hatte sich ständig Fluchtmöglichkeiten vor den strengen Vorschriften ihrer Kinderstube gesucht, und selbst diese Reise war eine davon.

    Als es seine Füße wieder auf Land setzte, hatten sich die Gladiantri, die es an seinen Fingern abzählen konnte, bereits zusammengerottet und starrten den ungewöhnlichen Neuankömmling mit offenen Mündern an. Das Reshiram wollte etwas sagen, sich vorstellen oder Ähnliches, doch Gladi kam ihm zuvor, als sie aufgeregt von seinem Rücken herunterrutschte und mit einem lauten, krächzenden „Haaallooo!“ zu der Gruppe hinüberlief. Einen Moment lang fürchtete Resharp, sie aus den Augen zu verlieren unter all diesen Gladiantri, die doch kaum voneinander zu unterscheiden waren, doch dann stellte es erleichtert fest, dass „seines“ ungefähr einen halben Kopf größer war als die anderen.

    Diese wiederum schienen gar nicht so recht zu wissen, wie sie reagieren sollten – überrascht waren sie alle, einige lachten und empfingen ihre Schwester herzlich, andere riefen Dinge wie „Wer bist denn du?“, nur eines von ihnen hielt sich eher am Rand und beäugte ängstlich den weißen Drachen, der sich noch keinen Schritt genähert hatte, um seiner Freundin den Vortritt zu lassen.

    „Ich bin Gladi“, quietschte diese vergnügt. „Und das is' mein Kumpel Reshi.“ Sie deutete in Resharps Richtung. „Komm mal her, Reshi!“

    Nun wagte es sich doch zu den Gladiantri hinüber, die sich neugierig um es scharten – bis auf das scheue, das sich lieber hinter der Gruppe versteckte. „Äh, hallo.“ Innerlich schlug sich das Drachen-Pokémon dafür an die Stirn, dass ihm keine besseren Worte einfielen. „Ich heiße Resharp.“

    „Was bist du?“ - „Wo kommt ihr denn her?“ - „Gehörst du Gladi?“, riefen sie durcheinander, neben einigen anderen Fragen, die es in dem Chaos nicht richtig verstand.

    „Moment, Moment, langsam!“, versuchte es die Stimme zu erheben, und es funktionierte – mit einem Mal verstummten sie alle. „Nein, ich gehöre nicht Gladi. Ich bin ein Reshiram, und ich gehöre nur mir selbst! Und wir zwei reisen durch die Welt, um die Alte Heimat zu finden.“

    „Alte Heimat? Was ist - …“

    „Ja, was ist diese Unruhe?“, meldete sich nun eine raue, tiefe Stimme dazwischen. Sämtliche Köpfe fuhren herum, um ein erwachsenes Caesurio zu erblicken, das von hinter einem Felsen um die Ecke kam. Bei diesem Machtwort bemerkte Resharp auch erst so richtig, dass diese Pokémon mit einem Akzent sprachen, in dem jeder „r“-Laut so klang, als stießen sie ihn nur leicht mit der Zungenspitze an. Es ertappte sich bei dem Versuch, diesen Laut nachzumachen, was ihm jedoch nicht gelingen wollte.

    Treuherzig liefen die Gladiantri nun zu ihrem entwickelten Artgenossen und sammelten sich dort. In ihren Augen sah man das Verlangen, wieder drauflos zu plappern, aber sie hielten respektvoll dicht.

    „Und du?“, nickte das Caesurio in Gladis Richtung, die bei ihrem Freund stehen geblieben war.

    „Sie gehört zu mir“, sagte das Reshiram schnell. „Ich bin Resharp.“

    „Resharp?“ Der Name ließ ihn erstaunlich unbeeindruckt, doch möglicherweise war er einfach nicht so gut über die Geschichte informiert.

    „Ja, wir suchen die Alte Heimat“, erklärte es daher.

    „Hm.“ Unter seinem Helm war kaum zu erkennen, wie er ahnungslos die Stirn runzelte. „Na, wie auch immer. Ein Freund eines Gladiantri ist auch unser Freund. Kommt doch mit und seid heute unsere Gäste.“ Er drehte sich um und machte eine einladende Armbewegung, bevor er noch einmal zu den Gladiantri sprach. „Spielt weiter, Kinder.“ Diese taten wie befohlen, und machten sich unter Rufen wie „Bis später, Gladi!“ wieder an ihr Fangspiel.

    „Blöde Erwachsene“, murmelte Gladi, während sie neben Resharp hertrottete.


    Der Weg führte lediglich um den Felsen herum, hinter dem das Caesurio gerade hervorgekommen war. Neugierig ließ das Reshiram seine Blicke herumschweifen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie das Lager aussah. Und zu seinem Erstaunen handelte es sich nur um einige gemütliche Sitz- und Schlafnester aus Fellen und Blättern, die in zwei großen, ineinanderliegenden Kreisen um eine Feuerstelle angeordnet waren. Vor Wind und Wetter geschützt wurde das Heim dieser Caesurio nur durch eine Aushöhlung, die sich in den Felsen fraß. Mit Wohlwollen konnte man diese eventuell noch als lichte, offene Grotte bezeichnen, aber von einer Höhle, die guten Schutz böte, war dies weit entfernt.

    In der anderen Richtung, dort, wo die Küste auf das Meer traf, lagen ein paar kleine, schmale Boote auf trockenem Sand. Ihre engen Rümpfe waren wohl aus Baumstämmen geschnitzt worden und boten gerade einmal Platz für jeweils ein einziges Caesurio, und ohne nähere Betrachtung schätzte Resharp, dass auch dieses sich hineinquetschen musste.

    „He, Max!“, rief jenes, das die beiden führte, nun plötzlich. „Ich hab hier ein paar Gäste aufgegabelt!“

    „Max?“, raunte Gladi Resharp zu. „Was is' das denn für'n Name?“ Es antwortete nichts, musste sich aber eingestehen, dass dieser Name für ein Caesurio ungewöhnlich klang.

    „Na, da brat mir doch einer 'n Pelipper!“ Ein anderer, der sich bis dahin noch mit dem Koch des Lagers (zumindest kümmerte dieser sich um die zwei Spieße über dem Feuer, was diese Rolle nahelegte) unterhalten hatte, sprang nun von seinem Fell auf und lief mit ausgebreiteten Armen auf die Fremden zu. Jedoch rannte er nicht geradewegs in eine Umarmung hinein, sondern blieb vorher stehen und stemmte die Arme nun doch in die Hüften.

    „Grüße! Ich bin Max Hart, denn ich max hart. Und mit wem hab ich das Vergnügen?“, stellte er sich vor.

    „Ich bin Resharp und das ist Gladi“, sagte das Drachen-Pokémon. „Bist du der Anführer hier, Max?“

    „Hai, der bin ich“, brummte er und klopfte sich zwischen seine beiden Brustklingen. „Essen dauert noch ein bisschen. Ihr bleibt doch so lang?“

    „Natürlich“, stimmte Resharp sofort zu. „Ich hätte sowieso ein paar Fragen.“

    „Sicher, geht klar“, nickte Max. „Setzt euch ruhig!“

    Das Reshiram wollte sich schon einen Platz suchen, da stupste Gladi es von der Seite an und deutete mit großen Augen in die Richtung, wo die anderen Gladiantri herumsausten und ihre fröhlichen Rufe bis hier herüber hören ließen. Ermunternd nickte es ihr zu, und keine Sekunde später war sie schon in einer Staubwolke verschwunden.


    „Gibt es hier denn keine Menschen?“, fragte Resharp, als es sich auf einem freien Fell niedergelassen hatte. „Sehr versteckt seid ihr hier ja nicht.“

    „Klar gibt's die“, lachte der Anführer. „Hörst doch, wie sie klopfen. Die bauen da was Großes!“

    „Oh!“, machte das Reshiram erschrocken. „K-keine Sorge, ihr könnt bald zurück in die Alte Heimat. Die suchen wir nämlich gerade.“

    „Alte Heimat?“ Auch er runzelte nun die Stirn. „Nie gehört. Was soll das sein?“

    „Wie, du weißt nichts davon?“ Das wurde ja immer verrückter! „Dort haben die Caesurio ursprünglich gelebt, aber dann kamen die Menschen und sie mussten gehen, und jetzt bin ich da, um die Dinge in Ordnung zu bringen …“

    „Versteh' ich nich'“, brummte Max. „Was sind sie denn gegangen? So schlimm sind Menschen nun auch nicht.“ Bevor Resharp etwas erwidern konnte, sprach er schon weiter. „Wir kommen alle von Menschen. Bei manchen hat's halt nicht gepasst, manche wollten halt eigene Wege geh'n. Aber schlecht ging's uns nie.“

    Verblüfft brauchte es einen Moment, um eine Antwort darauf zu finden. „Ihr wart bei Menschen und sie haben euch einfach freigelassen? Weil ihr das so wolltet?“

    „Klar, was denkst denn du? Aber manchmal glauben manche von uns, das wilde Leben ist doch nix.“ Er schielte zum Grottendach, als wolle er hindurchblicken. „Aber das, was die da oben bauen, das wird großartig! Sie nennen's Kampfzone. Wenn sie fertig ist, geh'n wir vielleicht wieder zu einem Trainer, dann gibt's wieder was Schönes zu tun!“

    „Kampfzone …“ Irgendwie war ihm das alles ein bisschen zu viel. Diese Caesurio störten sich offenbar gar nicht an Gefangenschaft und Zwangskämpfen, fanden wohl noch Spaß darin! Sogar so sehr, dass sie ihre bereits erlangte Freiheit wieder aufgeben würden! Waren sie wirklich so schräg drauf oder hatte man ihnen einfach das Hirn gewaschen? Tatsächlich merkte auch Resharp, wie sich immer mehr Zweifel an der Feindschaft zu den Menschen in seinen Kopf schlichen. Aber immerhin würde es sich nie, niemals fangen und herumkommandieren lassen, so viel stand fest!

    Bevor diese schwer verdaulichen Gedankengänge es noch überwältigten, beschloss es, lieber das Thema zu wechseln. „Ich hätte noch eine andere Frage.“

    „Stell sie“, grinste Max Hart.

    „Weißt du etwas über ein Wundereiland?“, lenkte es nun auf sein eigentliches Ziel zurück.

    „Wundereiland?“, überlegte er. „Das Wort hab ich nie gehört, aber“, er deutete hinaus aufs Meer, an der grünen Ebene vorbei, „so in der Richtung taucht manchmal eine Insel auf und verschwindet so schnell, wie sie gekommen ist. Wenn sie da ist, machen wir 'nen Sport draus, als Erster hinzupaddeln, bevor sie wieder weg ist. Meistens schaffen wir's gar nicht, aber ein paar Mal hat's schon geklappt, also wissen wir, dass die Insel echt ist.“

    „Das muss es sein!“, rief Resharp. „Wir müssen da unbedingt hin!“

    „Na, dann viel Glück“, meinte der Anführer schulterzuckend. „Schön die Augen offen halten.“


    Je mehr sich der Tag der Mittagszeit annäherte, desto voller wurde das Lager. Alle paar Minuten tauchte ein neues Caesurio auf, brachte etwa neues Holz für das Feuer oder frisches Wasser in eindeutig von Menschenhand gefertigten Behältern aus einem Material, das man definitiv nicht in der Natur finden konnte. In der Zwischenzeit erzählte das junge Reshiram Max Hart von seinen (und natürlich Gladis) bisherigen Abenteuern, bis das letzte Caesurio sich schließlich zusammen mit den Gladiantri zum Essen einfand. So kamen sie letztendlich auf etwa doppelt so viele Erwachsene wie Kinder, deren Mäuler nun mit dem Fleisch der zwei erlegten Kronjuwild gestopft werden wollten. Der Reihe nach traten sie heran und warteten auf die Ausgabe, allen voran natürlich Max. Der Koch hackte dem ersten Braten ein ganzes Bein ab – war das nicht viel zu viel für ein einzelnes Pokémon?

    „Bitte, für unseren Gast.“ Er hielt dem Reshiram die Haxe hin. Ach so. Dankend nahm es sie entgegen. Gladi erhielt auch noch ein Stück – natürlich eine Kinderportion –, danach war der Anführer selbst und schließlich die anderen dran.

    „Ich hab 'ne neue Attacke gelernt“, schmatzte Gladi zwischen zwei Bissen und strahlte. „Pfüfo …“ - sie schluckte - „Psychoklinge heißt sie. Die Jungs und Mädels hier haben's drauf! Iff feigf dir nafer.“

    „Das klingt super, ich freu mich schon drauf“, antwortete Resharp schmunzelnd.

    Als die Mahlzeit beendet war, wurde noch das Wasser in den Behältern herumgereicht. Nacheinander nahm jeder einen kräftigen Schluck, um seinen Durst zu löschen. Was am Ende übrig blieb, wurde in einem flachen Becken gesammelt, das die Caesurio selbst in den Felsboden im hintersten Teil der kleinen Grotte gehauen hatten. Ob dieses restliche Wasser noch zum Trinken oder für etwas anderes bestimmt war, wusste das Reshiram nicht, aber es war ihm auch nicht wichtig genug, um nachzufragen.

    Lieber begleitete es Gladi, die quietschvergnügt am Strand auf und ab lief, bis sie ein Stück Holz gefunden hatte, das ihr passend erschien, um an ihm die neue Attacke zu präsentieren. Nun stellte sie sich in einigem Abstand dazu hin, hob ihre Handklingen und konzentrierte sich – natürlich nicht ohne ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Das Metall leuchtete auf, ein rosa Schimmer umgab es, und Gladi stürmte los, auf den Übungsklotz zu. Auf halbem Weg machte sie einen Satz in die Luft, schwang ihre Arme, als würde sie bereits durch das Holz hacken – und aus dem Leuchten lösten sich Klingen aus Psycho-Energie, die auf das Ziel zuschossen und ihm ordentlich zusetzten. Doch Gladis Vorführung war noch nicht beendet. Sie setzte noch einen drauf, indem sie das letzte Stück in drei Zickzack-Sprüngen überwand und einen psychisch geladenen Doppelschnitt auf den Klotz heruntersausen ließ, der nun endgültig in mehrere Stücke zersplitterte.

    „Sauber“, murmelte sie stolz und pustete auf ihre Klingen.

    Wildes Geklapper erklang nun hinter den beiden, als die anderen Gladiantri das taten, was bei ihnen wohl am ehesten an „in die Hände klatschen“ herankam. Auch Resharp hatte nun Lust auf eine kleine Show, und es entschied sich für ein kleines Siegesfeuer für Gladi. So warf es, eine orange glühende Flamme in die Luft speiend, den Kopf von einer Seite zur anderen, und erntete dafür auch Applaus von seiner Freundin, die plötzlich wieder neben ihm stand. Einen Moment lang sahen sich die beiden grinsend an, dann verbeugten sie sich beide.


    Den Rest des Nachmittags verbrachten sie damit, mit den Gladiantri zu spielen – sowohl Gladi als auch Resharp. Im Falle des Drachen-Pokémon äußerte sich dies jedoch eher dadurch, dass es immer ein (oder auch zwei leichte) Gladiantri aufsitzen ließ und einige Kreise in der Luft zog. Auf seine normale Flughöhe stieg es dabei natürlich nie, immerhin sollte sich niemand verletzen, sollte doch einmal etwas passieren. Dies erwies sich als weise Voraussicht, denn unter den Kindern befanden sich zwei oder drei wilde Exemplare, die einfach nicht still sitzen konnten und mehrmals Gefahr liefen, kopfüber im Sand zu landen. Auch das scheue Gladiantri durfte einmal fliegen, wobei es eher von seinen Geschwistern dazu genötigt wurde, als wirklich Lust darauf zu haben. Das Reshiram war natürlich weder dumm noch gemein und hielt diesen Ritt deutlich kürzer. Dennoch kniff sein unfreiwilliger Reiter die ganze Zeit über ängstlich die Augen zu, krallte sich fest und stieg am Ende mit einem knappen „War lustig“ ab, das Resharp ihm überhaupt nicht abkaufte, bevor es sich an den anderen vorbeidrängte und verschwand.

    Schließlich wurde es Abend, und das Lager machte sich zum Schlafen bereit, mit Ausnahme einer Nachtwache, die nun ihren Dienst antrat. „Legt euch ruhig auch hin“, sagte dieses Caesurio zu den beiden Gästen. „Sollte Wundereiland, wie ihr's nennt, sich zeigen, dann schrei ich sofort los.“ Dankend suchten sich Gladi und Resharp einen Schlafplatz und wünschten ihren neuen Freunden eine gute Nacht.


    „INSEL IN SICHT!“

    Sofort war das ganze Lager auf den Beinen, inklusive Gladi und Resharp, die erstmal senkrecht standen und nicht wussten, wie ihnen geschah. Links und rechts, vorne und hinten, wuselten Gladiantri und Caesurio an ihnen vorbei, wobei letztere sich zu den Booten drängten, um eines abzubekommen – es gab nicht genug, damit jeder mitmachen konnte.

    „Wir haben Glück“, murmelte Resharp, auf dessen Rücken bereits das Gladiantri saß, das zu ihm gehörte. Es hastete nun auch zum Strand, musste sich dabei große Mühe geben, in der Dunkelheit nicht über etwas – oder jemanden – zu stolpern. Dass die Sonne bald aufging, ließ sich auch nur dadurch erahnen, dass sich der Himmel schon eine Nuance heller gefärbt hatte als tiefste Nacht.

    Kaum zwei Minuten waren vergangen, da lagen auch schon alle Boote im Wasser, und die darin sitzenden Caesurio warteten nur noch auf das Startsignal. Resharp und Gladi würden diesmal auch an dem Rennen zum Wundereiland teilnehmen, wenn auch nicht paddelnd, sondern im Flug. Und wenn sie eine Chance haben wollten, die Insel zu erreichen, dann würden sie auch gewinnen.

    „Auf die Plätze“, begann der Schiedsrichter.

    „Fertig …“

    „LOS!“




    Highlights: ELIM_inator, Shining Lucario, Luxuria, Lynneth Bucherstede

  • Schon OK, manchmal hat mans schwer.

    Zuerst dachte ich, die Legende könnte sich auf diese Caesurio beziehen und die wahre alte Heimat wäre der Ort von dem sie gestartet sind.

    Aber wenn sie nichts wissen und zufrieden sind.

    Es liefert auf jeden Fall eine neue Perspektive gegenüber den Menschen und nützliches Wissen für die Zukunft. Welche Kampfpokemon könnten sich ihnen wohl entgegen stellen und warum? Vielleicht gibts einen Rückkampf mit den drei Musketieren, indem wir dann erfahren, warum sie Reshiram so hoch einschätzen.

    Und ja genau, warum baut man eine Stadt auf dem Wasser, wenn direkt in der Nähe zwei Inseln sind.

    Und alles Holz, da sind Schimmel und Wasserschäden doch vorprogrammiert.



  • Das Platschen von fast zwei Dutzend Holzpaddeln, die asynchron zueinander in wilden Rhythmen die Wasseroberfläche durchschlugen, zerriss die Stille der endenden Nacht. Über den Booten, kaum noch vernehmbar, schnitten in gar nicht unähnlichen Bewegungen die Flügelschläge des weißen Pokémon leise durch die Luft. Noch schlaftrunken kämpfte es sich an die Spitze des Wettbewerbs, ohne seinen Schweif als Antrieb zu nutzen – so recht wollte es ihm gerade nicht gelingen, die Flamme zu entzünden. Sein einziger Vorteil lag also darin, einen Weg mit geringerem Widerstand nehmen zu können.

    Resharp ärgerte sich darüber, sich nicht vor Antritt des Fluges den Schlaf aus den Augen gerieben zu haben. Seine Hände konnte es nun in diesem Moment nicht mehr benutzen, und so blieb ihm nur heftiges Blinzeln, um das müde Jucken zu lindern.

    „Schneller, Kameraden!“, brüllte jemand unter ihm. „Sie bleibt nicht mehr lang!“ Alarmiert zwang es sich dazu, die Augen aufzureißen und den Blick konzentriert nach vorne zu richten. Ein schwacher Schimmer hatte sich wie eine Kuppel um das Eiland gebildet, was wohl bedeuten musste, dass es bald wieder unsichtbar werden würde. Angestrengt flatternd versuchte Resharp, noch schneller vom Fleck zu kommen, doch es schien, als rückte die Insel keinen Meter näher, während das Leuchten sich immer mehr verdichtete. Auf einen Schlag war das Reshiram hellwach und versuchte erneut, vor Stress und Müdigkeit am ganzen Körper zitternd, seinen Antrieb zu entzünden. Und endlich loderte das Feuer in ihm auf. Glücklicherweise war ihm das Abfangen des Stoßes mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen, so dass es selbst in diesem Zustand die Balance behielt und nach vorne schnellte, die paddelnden Caesurio weit hinter sich lassend.

    Mit einem Mal war es, als lüftete sich ein Schleier, und ein Schwall unsichtbarer Drachen-Aura ergoss sich über seine Sinne. Ihm verging Hören und Sehen, alles um es herum verzerrte sich ob der plötzlichen Überflutung. Gerade so schaffte es, seinen Flug stabil zu halten, doch Gladis Rufe, ob es ihm gut gehe, erreichten seine Ohren nicht. Nur langsam erholte sich sein Körper von dem Schock. „Drachen“, japste es schwach eine Erklärung. „Legendäre Drachen …“

    Der Schimmer war nun überall. Alles um es herum glänzte mit einer Energie, die es so noch nie zuvor gekannt hatte, doch es spürte deutlich, dass sie von Drachen ausging. Ein Ruck fuhr durch seinen Körper, als es erneut auf weichem Sand aufsetzte. Ein benommenes Stöhnen entfuhr ihm. Wann hatte es denn zum Landeanflug angesetzt? Und wo kam denn nun auf einmal fester Boden her? War die Insel nicht gerade noch unendlich weit weg gewesen?

    Gerade wollte es sich fallen lassen, um sich nach all dem zumindest wieder ein wenig zu fangen, da war ihm, als würde es von einem unsichtbaren Kissen aufgefangen, das es aufrecht hielt. „Hm?“, machte Resharp leise. Das Kissen drang wie ein frischer Luftzug in seine Federn und durch seine Haut in seinen Leib ein, zog in seinen Kopf und seine Glieder und hinterließ dort ein Gefühl, als wäre es gerade von einem ausgiebigen, erholsamen Schlaf erwacht.

    Sein wiedererlangtes volles Bewusstsein veranlasste es instinktiv dazu, den Kopf nach den Caesurio herumzureißen. Es glaubte, zu sehen, wie in nicht allzu großer Entfernung jemand das Signal gab, umzukehren. „Wartet!“, rief es. „Es ist noch nicht zu spät! Ich bin angekommen!“ Doch es war zwecklos, sie mussten wohl doch zu weit draußen sein, um es zu hören – zumindest reagierte niemand auf seinen Ruf, und eines nach dem anderen verschwanden die Boote am orangefarbenen Horizont.


    Da fiel Resharp auf, dass es nie im Leben schon so spät sein konnte – es war noch tiefste Nacht gewesen, als das Rennen begonnen hatte, und dieses hatte höchstens einige Minuten gedauert. Zudem stellte es fest, dass nicht bloß der Osten in Morgenröte getaucht war, sondern das komplette Himmelszelt warme Farben trug. Und in perfekter Synchro mit dem Wabern der Drachen-Aura, die die beiden Freunde umgab, verblasste das tiefe Orange und wich innerhalb weniger Minuten einem strahlenden Mittagsblau. „Wie kann das sein?“, flüsterte das Reshiram.

    „Vielleicht is' die Zeit hier verrückt“, meldete sich Gladi nun. „Was war denn mit dir los? Du warst so richtig neben der Spur.“ So kurz und verständlich wie möglich erklärte Resharp ihr, was ihm soeben widerfahren war, und erfuhr als Antwort darauf, dass sich für das Gladiantri alles nur wie ein etwas holpriger Flug angefühlt hatte. Sie hatte zwar bemerkt, dass sie sich Wundereiland anfangs kaum genähert hatten, doch das war in ihren Augen alles gewesen.

    „Jetzt sind wir also da“, murmelte Resharp. „Dann können Latias und Latios wohl auch nicht sehr weit sein.“ Es machte sich daran, den Felshang vor ihm zu erklimmen, denn eins stand, so weit es sehen konnte, fest – hier am Strand waren die geheimnisvollen Geschwister nicht anzutreffen. Seine Flügel musste es dafür gar nicht einmal bemühen, denn es war, als nähme das Gestein von der Anwesenheit der beiden Notiz und bildete Stufen wie eine Treppe. Das Eiland musste wohl so etwas wie eine eigene Seele besitzen, und wer es schaffte, es zu betreten, dem war es freundlich gesinnt. Oder war dies das Werk der geheimnisvollen Kräfte der Pokémon, nach denen sie gerade suchten?

    „Latias! Latios!“, rief das Reshiram probeweise.

    „Kommt raus, ihr habt Besuch!“, fügte Gladi hinzu.

    Doch es blieb still. Nicht einmal der Wind strich über das nach Frühling duftende Gras des weiten Plateaus, das sie nun erreichten. Die Wiese erstreckte sich weiter, als diese kleine Insel es jemals zugelassen hätte, wurde in der Mitte sogar von einem kleinen, schattigen Hain unterbrochen. Erstaunt und neugierig spazierten Resharp und Gladi langsam weiter voran, die wundersame Atmosphäre mit allen Sinnen in sich aufnehmend. Zwar war weiterhin nicht ein Geräusch zu hören, doch diese Stille erschien keineswegs drückend, im Gegenteil – sie gab ihnen Zeit, einmal ihren eigenen Schritten zu lauschen, ihrer entspannten Atmung, ja sie meinten gar, den Herzschlag des anderen wahrzunehmen.

    „So chillig hier“, durchbrach Gladi schließlich die Ruhe, wagte es dabei aber nur, zu flüstern. „Wenn die Alte Heimat nur halb so cool ist …“

    Das Reshiram wollte antworten, sie wäre bestimmt noch schöner, doch ihm schien, damit erwies es dem Wundereiland nicht den Respekt, der ihm zustand. „Ich glaube, sie ist anders schön“, sagte es stattdessen.

    „Isso.“

    „Hm?“, machte Resharp. „Haben die Caesurio dir dazu etwa eine Geschichte erzählt?“

    „Nö, wozu?“, stöhnte Gladi. „Bin ja zu klein und blöd für alles.“ Sie zögerte einen Moment. „Äh – ich hab aber nix gesagt? … Is' wer da?“

    Isso.


    Blitzartig schnellten sie herum. Hinter ihnen stand … ein kleiner, hellblauer Blob mit fast bis zum Boden reichenden Schlappohren, der sie fröhlich anstrahlte. „Isso.“

    „Is' wie?“, ließ das Gladiantri baff heraus.

    „Isso.“

    „Was … oder wer bist denn du?“, fragte Resharp.

    „Isso.“

    Ein schelmisches Grinsen schlich sich nun auf Gladis Gesicht. „Hehehe. Bist wohl ein kleiner Dummi?“

    „ … Isso.“ Das Pokémon verzog keine Miene, lächelte einfach breit weiter, schlug jedoch einige Male mit seinem schwarzen Schweif auf den Boden.

    „Haha!“, lachte Gladi schadenfroh, und wäre Resharps Kopf nicht noch damit beschäftigt gewesen, diese Begegnung zu verarbeiten, hätte es wohl mit den Augen gerollt.

    Viel Zeit, sich zu wundern, blieb ihm jedoch nicht, denn nun ertönten von hinten – aus der Richtung, in die sie bis gerade eben noch unterwegs gewesen waren – in einem chaotischen Durcheinander eine ganze Menge dieser „Isso“-Rufe, und als sie sich danach umdrehten, kamen aus dem Wald schon unzählige weitere dieser blauen Wesen gelaufen (oder eher auf ihren Stummelbeinchen gewackelt), allesamt mit demselben strahlenden Gesichtsausdruck. „Isso! Isso!“, machten sie unaufhörlich, als sie sich um die Freunde sammelten.

    „Hey! Wartet mal!“, rief Resharp, denn das Gewusel zu seinen Füßen brachte es fast aus dem Gleichgewicht und drängte es stolpernd vorwärts. Seine Sorge, auf eines der Pokémon draufzutreten, teilte Gladi nicht, denn sie wurde – natürlich nicht ohne ihren lautstarken Protest – gleich von der Horde hochgenommen und getragen. Fluchend schaffte sie es nach mehreren Versuchen, sich auf einem der blauen Köpfe aufzurichten, dort einen Moment lang die Balance zu halten und einen schnellen Sprung auf den Rücken ihres Freundes zu wagen. „Puh.“

    Die Isso-Blobs führten sie mitten hinein in das lichte Gehölz, dessen dünne Stämme und Äste kaum doppelt so hoch aufragten wie das Reshiram selbst, und dabei nur wenig Sonnenlicht davon abhielten, den Boden zu erreichen. Ja, wie der Rest der Insel auch war dieser Ort hell, freundlich und eine Wohltat für die Seele – wenn man denn nicht gerade von einer Horde kleiner Pokémon immer weiter voran geschubst wurde, die sich nicht so richtig in das Gesamtbild der verwunschenen Ruheoase einfügen wollten. Aber immerhin passte ihr scheinbar unendliches Glück, das ihnen ins Gesicht geschrieben stand.

    Vor einer Reihe Beerensträucher mit länglichen, gewellten Blättern hielten sie schließlich an und wackelten auseinander, bildeten dabei aber schnell wieder einen Halbkreis, der sämtliche Wege „abschnitt“ bis auf den, der durch das Gebüsch hindurch führte. Resharp bereitete sich schon darauf vor, sich durch die Äste zu zwängen, doch in dem Moment, als ihm wieder einfiel, wo es sich hier befand, machten diese schon von selbst Platz und es konnte einfach hindurchtreten.


    Es fand sich genau in der Mitte einer kreisrunden Lichtung wieder, die von den Beerenpflanzen begrenzt wurde. Zu seinen Füßen plätscherte eine knöcheltiefe Wasserquelle, die ebenso kreisförmig gewesen wäre, schnitte sie nicht an einer Seite so ab, dass sie eine Sichel bildete. Das hier musste wohl der Mittelpunkt des Wundereilandes sein, zumindest sah der Ort so aus, als könnte er es sein.

    „Und wie gehts jetzt weiter, Gladi?“, überlegte das Reshiram. „Sollen wir einfach abwarten?“

    „Hier drüben, Reshi“, tönte es hinter ihm. Das Gladiantri saß plötzlich nicht mehr auf seinem Rücken, sie stapfte gerade vom Waldrand zur Mitte hin, in den Armen einige der Beeren tragend.

    „Wie kommst du denn plötzlich da rüber?“, fragte Resharp überrascht.

    „Kein Plan, aber hey, ich hab Futter.“ Ein leises Kichern war zu hören, als sie die Früchte vor ihrem Freund auf den Boden fallen ließ. „Nich' so reinstopfen, das Rote is' hart.“ Ihrem eigenen Ratschlag folgend entfernte sie die rote Schale, die ein Drittel des weißen Fruchtfleischs umschloss, bevor sie sich die erste Beere in den Mund steckte. Resharp wollte es ihr gleichtun und nahm sich selbst eine, doch es stellte sich mit seinen Krallen nicht ganz so geschickt an wie Gladi mit ihren flachen Klingen, und es ließ die halb abgelöste Beere ins Wasser fallen. Seufzend bückte es sich, um sie herauszufischen. Sein Spiegelbild lächelte ihm zwischen den Wellenringen entgegen. Es lächelte zurück.

    … Moment, wie konnte eine Spiegelung zuerst lächeln? Damit nicht genug, nun kicherte sie sogar! Und nun verfärbte sich der Kopf so, dass er eine rote Stirn mit weißem Fleck zwischen freundlichen bernsteinfarbenen Augen trug; zudem änderte sich seine Form und wurde deutlich ovaler.

    „Was wird das?“, rief das Reshiram und fuhr herum. Hinter ihm war nichts, falls das überhaupt Sinn ergeben hätte. Es riss den Kopf nach oben, als das glockenhelle Lachen auf einmal aus dieser Richtung erklang. Wieder nichts. Aufgebracht drehte es sich einige Male um die eigene Achse, bis ihm ganz schwindlig wurde und seine Füße klebrig waren von zerstampften Früchten.

    „Du bist lustig.“

    Ein letztes Mal stolperte es herum, so, dass es nun wieder in die Ausgangsrichtung blickte. Seine Sicht schwankte immer noch, aber es erkannte, dass da plötzlich etwas vor ihm schwebte, das gerade noch nicht da gewesen war. Und von diesem verschwommenen rot-weißen Fleck ging die Drachen-Aura aus, die es schon seit ihrer Ankunft spürte.

    „Du kannst aber schön tanzen“, lachte der andere Drache. Als sich Resharps Augen endlich wieder scharf stellten, erkannte es, dass dieses Wesen entfernt der unheilbringenden Flugmaschine der Menschen ähnelte, nur dass sein eleganter Körper weitaus windschnittiger geformt war. Seine dünnen, spitz zulaufenden Flügel schlugen nicht auf und ab, was vermuten ließ, dass es sich gerade auf andere Weise in der Luft hielt, und sein Gesicht war es, das eben in der Wasserspiegelung erschienen war.


    „Hallo“, flötete das Pokémon. „Ich bin Latias.“




    Highlights: ELIM_inator, Shining Lucario, Luxuria, Lynneth Bucherstede

  • Nachvollziehbar, Alltagsszenen sind hart, da bleibt man bei dem was man kann. Bezogen auf die essszenen.



    Isso wären eigentlich ziemlich furchterregende Jäger. Sie ersticken einen einfach mit ihrer Masse wie Bienen und nutzen Konter um jede Kraft die auf sie einwirkt zu reflektieren, wenn die Beute versucht sich frei zu zwängen.

    Das kommt mir deshalb, weil zumindest manche Pokemon in deiner Geschichte Carnivoren sind und das demnach ein paar Fragen über das Verhalten anderer aufwirft. Wablu und Isso z.B. sollten zumindest etwas misstrauisch sein.


    Die Ankunft auf der insel hat etwas Traumhaftes, mehr wie eine Vision, zumindest so wie ich's gelesen hab. Wer weiß was Latias ihnen sagen wird, Mal sehen.



  • Mit offenen Mündern starrten Resharp und Gladi den seltsamen Drachen an, der wie aus dem Nichts vor ihnen erschienen war. Und Latias konnte nicht aufhören zu kichern. „Ihr solltet eure Gesichter sehen, hihihi!“

    „Von wo bist du'n auf einmal aufgeploppt?“, fand Gladi als erstes die Sprache wieder.

    „Wir können uns unsichtbar machen“, erklärte Latias lächelnd. „Und unsere ganze Insel noch dazu.“

    „Schwester, was treibst du denn da?!“, rief jemand aufgebracht. „Warum zeigst du dich den Fremden? Sie könnten gefährlich sein!“ Die Stimme klang ebenso hell wie die des weiblichen Drachen, doch hörte man dieser an, dass sie einem männlichen Wesen gehörte.

    „Ach Latios, jetzt sei nicht albern“, antwortete die Angesprochene. „Das ist ein Drache, genau wie wir! Drachen halten doch zusammen.“

    „Und deshalb hast du vorhin auch deine Heilwoge benutzt, nicht wahr?“ Latios seufzte, doch woher dies kam, ließ sich nicht feststellen.

    „Kommst du jetzt auch endlich mal raus? Sei doch nicht so unhöflich“, verlangte Latias.

    „Du bist einfach eine viel zu gute Seele, Schwesterherz.“ Neben ihr zeichnete sich nun ein glänzender Umriss ab, als ihr Bruder sich doch fügte. Die Form des Drachen entsprach in etwa der seiner Schwester, nur größer; außerdem erkannte man, als er endlich vollständig sichtbar wurde, dass entsprechende Teile seines Körpers nicht rot, sondern blau waren.


    Das Reshiram räusperte sich. „Also, ihr wollt mich ja sicher nicht nur als Drache ansprechen, ich hab ja auch einen Namen. Ich heiße Resharp“, sein Blick wanderte kurz zu seiner Gefährtin, „und das ist Gladi.“

    „Und ihr seid Latias und Latios“, sagte das Gladiantri schnell und grinste – ironisch – ob ihrer Scharfsinnigkeit.

    „Da hast du aber gut aufgepasst“, lachte der rote Drache.

    „Was sucht ihr denn nun auf unserem Wundereiland?“, fragte der blaue Drache noch immer sichtlich unruhig, aber sich zurückhaltend. „Nachdem meine Schwester euch reingelassen hat, kann es ja nicht so schlimm böse sein“, murmelte er in sich hinein.

    „Den Weg nach Hause“, antwortete Resharp. „Wir sind aus Einall hierher verschleppt worden, aber ein Pokémon namens Jirachi sagte, ihr wüsstet einen Weg zurück, an einem wundersamen Ort oder so ähnlich.“

    Die Geschwister warfen sich einen stillschweigenden Blick zu. „Einall …“, sagte Latias mit leuchtenden Augen. „Dort waren wir ja ewig nicht.“

    „Weil es selbst für uns ein längerer Flug ist und wir nicht nach Lust und Laune durch die Wundersamen Orte reisen sollen“, mahnte Latios.

    „Wer sagt denn das?“, mischte sich Resharp ein.

    „Unser Vater, ein ehrenhaftes Lati“, erklärte er. „Wir haben von ihm seinerzeit den Auftrag erhalten, die unberührten Inseln Hoenns zu schützen.“

    Gladi öffnete den Mund, wurde jedoch von Latias abgefangen, die ihr die Frage von den Lippen ablas: „Wir sind Lati. So, wie du ein Gladiantri bist. Und dein Freund ein, äh …“

    „Reshiram“, half es nach. „Euer Vater, sagst du? Heißt das, ihr Lati seid keine Legendären Pokémon?“

    Verwirrt sahen sie es an. „Wie kommst du denn zu diesem Schluss?“, fragte Latios. „Ich meine, dass wir schon welche sind, aber es war für uns nie ein großes Thema.“

    „Da!“, rief Gladi erbost. „Siehste, Reshi! Dieser Mistkerl Kobalium hat doch Quatsch gelabert!“

    „Du könntest recht haben, Gladi …“ Aber wenn die meisten Legendären Pokémon kein Problem mit Nachwuchs unter Ihresgleichen hatten, weshalb gab es dann Vertreter, die ihm mit solch extremer Ablehnung begegneten? „Die Legendären Pokémon Kyurem und Kobalium haben mich angegriffen und hassen mich, weil ich das Kind von Reshiram bin. Legenden haben kein Kind.“ Es schluckte den Kloß in seinem Hals, der sich bei dem Gedanken daran gebildet hatte – dies war kein Moment für Trübsinn.

    Latias schüttelte verständnislos den Kopf. „So ein Unsinn. Von uns Lati gibt es doch auch ganz viele, und wenn wir keine Kinder bekämen, würden wir doch irgendwann verschwinden.“ Latios nickte. „Das muss irgendeine seltsame Denkweise aus Einall sein. Hier haben wir noch nie davon gehört.“

    „Aber …“, machte Resharp.

    „Nix aber“, fiel Gladi ihm ins Wort. „Is' das Ding nich' endlich mal geklärt? Du hast 'n paar legendäre Vollidioten erwischt, basta.“ Bevor ihr Freund ihr noch einmal widersprechen konnte, wechselte sie schnell das Thema: „Mich juckts ja eher, was diese Wundersamen Orte sein sollen. Scheinen ja irgendwie besonders zu sein.“

    Wieder war dieses abenteuerliche Funkeln in Latias' Augen zu sehen. „Das könnten wir euch natürlich gerne erklären, aber … wie wäre es, wenn wir es ihnen einfach zeigen, Bruder?“

    Latios überlegte einen Moment, dann schloss er die Augen und atmete einmal tief durch. „Meinetwegen. Vater hätte bestimmt nichts dagegen, wenn wir die Wundersamen Orte dazu benutzen, jemandem in Not zu helfen.“

    „Aber vorher machen wir noch einen kleinen Rundflug durch Hoenn, nicht wahr?“, quietschte Latias aufgeregt.

    „Ich weiß ja nicht“, sagte Resharp. „Gladi und ich mussten die letzten Tage schon so eine weite Strecke über das Meer reisen. Darauf habe ich jetzt nicht mehr so viel Lust.“

    „Es wird für euch gar nicht anstrengend, versprochen“, versicherte ihm das rote Lati. „Außerdem besteht Hoenn ja gar nicht nur aus Meer. Es gibt auch viele wunderschöne Plätze, die auf trockenem Land liegen.“

    Das gefiel Resharp schon besser, aber einen Einwand hatte es noch. „Was, wenn wir gesehen werden?“

    Latias musste wieder kichern. „Hast du etwa schon vergessen, dass wir uns unsichtbar machen können? Das machen wir natürlich auch mit euch.“

    „Möchtet ihr nicht endlich losfliegen?“, sagte Latios ungeduldig. „Der Tag ist noch jung, wir sollten ihn nutzen.“

    „Ja, du hast ja recht, Bruderherz.“ Seine Schwester warf Resharp und Gladi einen auffordernden Blick zu, und diese ließen sich nichts zweimal sagen. Während Latias und Latios die beiden in einer Aufwärtsspirale umkreisten, erhob sich das Reshiram mit seiner Freundin auf dem Rücken ein Stück weit in die Luft.

    „Wohin fliegen wir nun?“, rief es.

    „Du musst dir darüber keine Gedanken machen!“, antwortete eines der Lati – welches, das ging in ihrem wilden Tanz unter. „Lass dich einfach tragen und vertraue uns!“, ergänzte vermutlich das andere.

    Immer höher stiegen sie kerzengerade nach oben, und obwohl Resharp dafür die ganze Zeit mit den Flügeln schlug, hatte es nicht das Gefühl, dass diese es hochtrieben. Normalerweise hätte es ein solcher Aufstieg unendlich viel Kraft gekostet, da es viel leichter ging, vorwärts zu fliegen und dabei bestenfalls noch einen Aufwind mitzunehmen. Dieses Mal sorgten allerdings die Lati mit ihren geheimnisvollen Kräften dafür, dass es ihm – wie versprochen – kein bisschen anstrengend wurde.

    Bald erreichten sie eine anständige Flughöhe, und der Schleier, der Wundereiland umgab, lichtete sich ein weiteres Mal. Nun war auch die Sonne wieder zu sehen, die mittlerweile so hoch am Himmel stand, dass gerade der letzte Funke Orange am Horizont erlosch. Die wabernde Drachenenergie, die den unsichtbaren Ort schützte, umfing das Reshiram nun wie ein sanfter Wind anstatt eines tosenden Orkans, der ihm alle Sinne raubte.

    So hoch waren sie noch nie geflogen, und alles sah so viel kleiner aus, als es eigentlich war. Im Nordosten erkannte Resharp den weißen Krater von Xeneroville, umgeben von den klingenartigen Felsinseln, die ihm keinen Landeplatz geboten hatten. Weiter in der Ferne glaubte es sogar als winzigen Punkt die Insel zu erkennen, auf der ihr Irrflug durch Hoenn seinen Anfang genommen hatte – die Position stimmte jedenfalls. Es war nun auch ersichtlich, dass diese zu einem kleinen Archipel gehörte, jedes Eiland mindestens einen halben Tagesflug von den anderen entfernt.

    „Bist du bereit?“, flüsterten die Lati. Es nickte.


    Der Sturmwind riss es mit sich. Mit halsbrecherischem Tempo, schneller als jede Flugmaschine, schossen sie durch den Himmel über der Inselgruppe. Doch keinem der beiden Freunde drehte sich hierbei der Magen um, denn die Lati widersetzten sich der Schwerkraft nicht mit aller Gewalt, sie waren eins mit den Lüften.

    „Yippie!“, krähte Gladi und warf vor Vergnügen die Hände nach oben. Angst, von Resharps Rücken herunterzufallen, wäre ohnehin unbegründet gewesen unter dem Schutz der Geschwister.

    In einer gewaltigen Kurve sausten sie zuerst nach Osten, folgten der Anordnung der Inseln Richtung Norden und drehten über dem Platz der Flugmaschinen schließlich nach Westen herum. Was das Reshiram unter normalen Umständen mehrere Tage gekostet hätte, dauerte bei diesem wundervollen Ritt kaum einige Minuten.

    „Im Luftraum laufen die Dinge anders“, sagte Latios, als hätte er diesen Gedanken gehört.

    „Seht, dort ist der Pyroberg“, deutete Latias in die Richtung eines Berges, der von grauen Gemäuern, die nach oben hin brüchiger und ruinierter wurden, geziert und dessen Gipfel von einem Ring aus Wolken gekrönt wurde.

    „Den kennen wir doch“, grinste Gladi.

    „Stimmt“, antwortete Resharp. „Dort haben wir mit Jirachi gesprochen. Ohne es wären wir nicht hier bei euch.“

    „Wir erweisen dort hin und wieder unseren vergangenen Geschwistern die Ehre“, erklärte Latios. „Es ist ein Ort des Gedenkens.“

    Ebenso schnell wie alles andere lag der Berg auch schon wieder hinter ihnen, und sie überflogen einen üppigen Dschungel, den ein reißender Fluss durchschnitt. Nur wenige Brücken erlaubten es den nicht zum Fliegen Gebauten, das Wasser zu überqueren, doch das stellte natürlich kein Problem für das Gespann dar, das nun über eine niedrige Bergkette hinweg war und zu einer Wüste am Fuße eines gigantischen Vulkans gelangte. Sie mussten sogar ein wenig nach oben steigen, um diesen an Höhe zu übertreffen.

    „Der Schlotberg“, sagte Latias. „Passt auf, ich zeig euch einen lustigen Trick! Nicht blinzeln!“

    Die Gruppe verlangsamte sich und kreiste um den Rand des Kraters herum.

    „Schwester, was hast du vor?“, fragte Latios streng. „Keine gefährlichen Sachen!“

    „Gar nicht“, flötete sie, stürzte sich mit einer blitzschnellen Schraube in die feurige Tiefe und zog knapp über der brodelnden Lava wieder hoch.

    Gladi applaudierte und Resharp nickte anerkennend, während sie von ihrem Bruder nur einen scheltenden Blick erntete.

    Als nächstes sausten sie den Berghang ein Stück hinab, bis sie wieder ihre ursprüngliche Höhe erreicht hatten, und sahen dort eine wunderschöne Kraterlandschaft aus weißem Gestein wie bei Xeneroville. Kristallklares Wasser sprudelte in glitzernden Fällen über die Felsen, und Resharp meinte, einen entfernten Hauch von Drachen-Energie von dort zu vernehmen.

    „Was du spürst, ist die Hoffnung der Meteoraner, die tief hier in den Meteorfällen leben“, beantwortete Latios wieder eine nicht gestellte Frage. „Sie beten einen großartigen Drachen an, der hoch oben am Himmel lebt, noch höher, als wir jemals fliegen könnten.“


    Nun hielten sie sich dicht an der Küste in Richtung Süden. Das Landschaftsbild nahm hier eine ruhigere Form an, wo sich Großstädte mit Wäldern, Seen und Stränden aneinanderreihten. Auch, wenn es über diese Orte nichts zu erzählen gab, war das meiste davon doch schön anzusehen. Als sie schließlich das letzte, kleine Dorf hinter sich gelassen hatten, drehten sie wieder nach Osten und ein wenig nach Norden ab, bis sich unter ihnen wieder der Ozean befand.

    „Wir steuern jetzt auf den Wundersamen Ort zu, durch den ihr nach Hause gelangen könnt“, kündigte Latias an.

    „Oh, haben wir etwa schon alles gesehen?“, fragte Resharp; gerne hätte es noch weiter diese fremde Region erkundet, wo es doch jetzt diese bequeme Möglichkeit dazu hatte.

    „Nein, natürlich nicht“, antwortete das rote Lati lachend. „Aber wenn ihr uns mal besuchen kommt, soll doch noch etwas übrig sein, was wir euch zeigen können!“

    „Du glaubst, sie kommen den weiten Weg hierher zurück?“, fragte Latios kritisch.

    „Bestimmt“, versicherte das Reshiram den beiden. „Wenn wir eine Möglichkeit gefunden haben, die keine Menschen oder ihre Flugmaschinen beinhaltet.“

    „Reshi, die Insel kenn ich doch“, meldete sich Gladi.

    Und sie hatte recht – diesen trostlosen Hügel, auf dem nichts weiter als ein paar Beerensträucher wuchsen, hatten sie erst vor kurzer Zeit betreten und wieder verlassen.

    „Ach ja, Königin Asora und ihr Reich“, murmelte Resharp augenrollend, es suchte nur noch die Wablu-Wolke, die ja wohl hier irgendwo herumschwirren musste.

    „Asora?“, stöhnte Latios. „Tut mir leid, dass ihr auf sie treffen musstet. Sie bildet sich ein, den Wundersamen Ort bewachen zu müssen. Auf ihre Art, versteht sich.“

    „Hä? Das soll 'ne Wunderinsel sein?“, fragte Gladi.

    „Und ob!“, rief Latias. „Nur halt nicht, naja, so. Hier verbirgt sich die ‚Rätselhafte Höhle‘, aber normalerweise sieht man sie eben nicht!“ Wie zur Demonstration formte sie zwischen ihren Händen einen Nebel, den sie dann von sich stieß und der über der Mitte der Insel in Kugelform schweben blieb.

    „Das sollten wir dann wohl ändern“, meinte ihr Bruder, und die Zeichnung auf seiner Stirn leuchtete hell auf. Ein greller Lichtstrahl schoss auf den Nebelball zu, und als die beiden Attacken miteinander reagierten, änderte sich ihre Form zu einer roten Kugel, die wie ein Stern strahlte.

    „Das ist wunderschön, aber was bringt das nun?“, fragte Resharp. Die Antwort erhielt es sofort: Unter dem Licht des roten Sterns materialisierte sich anstelle von Asoras karger Insel eine weitreichende, idyllisch grüne Ebene, wo jeder kümmerliche Beerenstrauch nun einem prächtigen Baum entsprach. Wo einst der grasbewachsene Hügel einsam aus dem Meer geragt hatte, flossen nun zwei Bäche einen flachen Felsen hinab, in dem ein breiter Höhleneingang prangte.

    Auf ebenso spektakuläre Weise, wie sie in die Luft gestiegen waren, landeten sie nun auf dieser neuen Insel, wenn auch deutlich schneller. Wobei „landen“ wohl nur auf Resharp und Gladi zutraf, denn die Lati berührten ja nach wie vor nicht den Boden.

    „Wie bei Wundereiland, richtig?“, meinte das Reshiram.

    „Ja, genau“, sagte Latios. „Nur mit dem Unterschied, dass wir es hier nicht wie Meer aussehen lassen, sondern zumindest eine kleine Insel beibehalten.“

    „Macht doch mal Meer draus, wenn Asora nich' da is', die wird glotzen“, grinste Gladi.

    „Gute Idee eigentlich“, grinste Latias zurück.

    „Dumme Streiche gehören meines Wissens nicht zu unseren Pflichten, Schwester“, tadelte Latios und verschwand in der Höhle. Die beiden Mädchen tauschten eine Grimasse aus, dann folgten sie ihm zusammen mit Resharp.

    Das Höhleninnere bestand nur aus einem einzigen Raum, der bis auf eine Felsplattform in der Mitte mit Wasser durchflutet war. Die Quelle dieses Wassers bildete ein dritter Bach, der an der hinteren Wand von oben hereinsickerte. Auf dem begehbaren Boden lagen zwei große Trümmer eines sauber gespaltenen Felsen. Dahinter … leuchtete etwas.

    Als Resharp näher herantrat, wurde klar, dass es sich um eine Art Portal handeln musste, das wie ein Loch im Raum über dem Boden schwebte. „Wo werden wir denn genau landen, wenn wir da durch gehen?“

    „Das Portal führt euch ins Herz des Janusberges in Einalls Ostgebirge“, sagte Latias. „Keine Sorge, ihr müsst nicht lange nach einem Ausgang suchen, das ist nämlich ein Vulkan.“

    „Das Ostgebirge?“, überlegte Resharp. „Eigentlich wollten wir ja zum Westgebirge, aber ich schätze, etwas Besseres können wir gerade nicht bekommen. Hauptsache, wir sind wieder in Einall.“ Es machte einen weiteren Schritt auf das schwebende Licht zu, da wurde es noch einmal von dem blauen Lati gestoppt.

    „Warte, Freund. Ich möchte euch etwas geben, damit ihr kein weiteres Mal verschleppt werdet.“

    Die Augen seiner Schwester wurden vor Verwunderung ganz groß. „Was höre ich da von dir, Bruderherz? Du vertraust ihnen ja viel schneller, als ich es von dir gewöhnt bin.“

    Er räusperte sich verlegen. „Ich spüre einfach, dass ihre Ziele von reiner Natur sind, Latias. Und … ähem … wie du sagtest … Drachen halten zusammen.“ Er machte eine beiseitewischende Bewegung mit seinem Arm, bevor er selbige an das rote, dreieckige Zeichen auf seiner Brust hielt. Es leuchtete kurz auf wie zuvor seine Stirn, und auf einmal hatte er ein kleines, rundes Objekt in der Hand. „Einen solchen Talisman stellt ein jedes Lati am Ende seines Lebens her, um seine verbleibende Energie zukünftigen Generationen zur Verfügung zu stellen. Er wird Seelentau genannt und ihr könnt ihn benutzen, um euch einmal am Tag für kurze Zeit unsichtbar zu machen, genau wie wir.“

    Er hielt Resharp den lilafarbenen Stein entgegen, in dessen Inneren eine kleine rosafarbene Wolke herumwaberte. Es zögerte, ihn anzunehmen. „Das klingt ja so, als würde da die Seele eines eurer Verwandten drinstecken. Ich will euch das wirklich nicht wegnehmen.“

    „Nicht doch“, beruhigte es Latias. „Das hast du falsch verstanden. Wir stecken nicht unsere Seele in den Tau, sondern unsere Energie, damit unsere Seele Frieden finden kann. Und wir schreiben ihm nicht zu viel sentimentale Bedeutung zu, damit er auch sinnvoll genutzt wird, anstatt nur als Gedenkobjekt zu verstauben.“

    Immer noch unsicher sah das Reshiram den Geschwistern abwechselnd ins Gesicht, und erst, als ihm beide lächelnd zur Bestätigung zugenickt hatten, griff es langsam nach dem Seelentau. Behutsam verstaute es ihn zwischen seinen fluffigen Brustfedern, sodass er nicht herausfallen konnte. „Vielen Dank, Latias und Latios. Ich hoffe, wir sehen uns eines Tages wieder.“

    „Alle Träume sind nur eine andere Realität“, sagte Latios.

    „Vergiss das nicht“, ergänzte Latias.

    „Ja okay, was auch immer das jetzt heißen soll“, meldete sich Gladi und stieg auf Resharps Rücken. „Bist cool, Latias. Man sieht sich.“

    „Ich freu mich drauf, Gladi“, flötete das rote Lati.

    Das Reshiram atmete noch einmal tief durch, nahm ein, zwei Schritte Anlauf, dann lief es los und sprang mitten durch das Portal.




    Highlights: ELIM_inator, Shining Lucario, Luxuria, Lynneth Bucherstede

  • Ich habe ein sehr schönes Gespür für solche Sachen. Ich sollte auch öfters an Tim und Struppi denken, damit der Haifischsee endlich mal wieder wiederholt wird.

    Ich meinte natürlich, dass ich vor nicht all zu langer Zeit an deine Story gedacht hatte.


    „Nachdem meine Schwester euch reingelassen hat, kann es ja nicht so schlimm böse sein“

    Redensart, oder fehler?

    „Reshiram“, half es nach. „Euer Vater, sagst du? Heißt das, ihr Lati seid keine Legendären Pokémon?“

    Verwirrt sahen sie es an. „Wie kommst du denn zu diesem Schluss?“, fragte Latios.

    Interessante Frage neben Resharp, aber hat sich ja ein paar Zeilen später erklärt.

    Wie kommst du denn zu diesem Schluss?“, fragte Latios. „Ich meine, dass wir schon welche sind, aber es war für uns nie ein großes Thema.“

    Nicht jedem Legi ist es wichtig eines zu sein, nett.

    „Das sollten wir dann wohl ändern“, meinte ihr Bruder, und die Zeichnung auf seiner Stirn leuchtete hell auf. Ein greller Lichtstrahl schoss auf den Nebelball zu, und als die beiden Attacken miteinander reagierten, änderte sich ihre Form zu einer roten Kugel, die wie ein Stern strahlte.

    Kreativer nutzen der beiden Signaturattacken. Macht auch Sinn, immerhin passen sie ziemlich gut zusammen.

    Wobei Nebelball glaube ich aus Federn bestehen sollte... Keine Kritik, nur ne Anmerkung.


    Latias hat basicly die Persönlichkeit der Mangaversion, Latios hingegen versucht Verantwortung zu zeigen, und hat seine ganz eigene Rolle. Ich schätze das.