Saisonfinale 2018
Runde 3 - Drama
Information / Vote
Hallo und herzlich Willkommen zum dritten Vote des Saisonfinales 2018!
Zitat von AufgabenstellungEure Aufgabe in dieser Runde besteht darin, das Thema Streit in einem Drama aufzufangen. Ob ihr den Moment beschreibt, wenn sich der Sturm zusammenbraut, das Gewitter sich entlädt oder euer Charakter vor den Trümmern steht, wenn das Unwetter vorbei ist: Zeigt mit der besonderheit der Textform, wie Sichtweisen aufeinander prallen.
Beim Voting könnt ihr den einzelnen Abgaben zwischen 1 (nicht gut) und 10 (sehr gut) Punkte vergeben. Dabei sind auch halbe Punkte (wie 2.5) möglich. Wichtig ist dabei, dass ihr alle Abgaben bewertet. Da der Wettbewerb anonym ist, vergeben auch Teilnehmer beim Voten Punkte an alle (auch an die eigene) Abgaben. Diese werden bei der Auswertung nicht beachtet, stattdessen erhaltet Teilnehmer einen Punkteausgleich für ihre Unterstützung. Begründungen sind nicht verpflichtend.
Der Vote läuft bis zum 2. Dezember 2018 um 23:59 Uhr.
Verwendet bitte folgende Schablone für den Vote:
Über Leben und Tod --- ein Streit mit Folgen
High School – drittes Stockwerk – Korridor
JABEZ hält einen Revolver in seiner linken Hand.
VIVIEN wird von JABEZ grob festgehalten.
LEVON steht in mehreren Metern Entfernung.
LEVON. (flehend) Bitte, tu das nicht! Du bist meinetwegen hergekommen, das ist eine reine Angelegenheit zwischen dir und mir! Nimm mich, nicht sie, denn sie hat damit nicht zu tun!
JABEZ. Mit Sicherheit hat sie etwas damit zu tun …
LEVON. Wieso? (Pause) Wieso ausgerechnet jetzt?
JABEZ. Wieso nicht?
LEVON. Weil seit mittlerweile sechs Monaten Funkstille zwischen uns herrscht.
JABEZ. (aufgebracht) Und ich musste immer und überall an dich denken, jede verdammte Sekunde! Ich habe dich in jedem fremden Gesicht wiedergefunden, dich gesehen, als ich in den Spiegel schaute! Du hast mich in meinen Träumen und in meinen Albträumen besucht! Du warst mein Dämon, der mir schlaflose Nächte bescherte!
LEVON. (besonnen) Nein, du musstest nicht an mich denken, keinen einzigen Moment …
JABEZ. (emotional) Mann, ich habe dich geliebt! Und ich tu es wahrscheinlich immer noch!
LEVON. Denkst du, ich habe dich nicht geliebt?
JABEZ. (schweigend) …
LEVON. Dann liegst du falsch, mehr als das. (emotional) Ich habe dich mehr als mein eigenes Leben geliebt, und das weißt du! (ernst) Doch … als du mir geschrieben hast, dass wir nie wieder miteinander schreiben würden, zerbrach nicht nur mein Herz in unzählige Einzelteile, nein, ein Teil von mir, mein altes Ich, starb. Du hast es ermordet, du hast mich ermordet!
JABEZ. (aufgebracht) Du hast mich angelogen! Was sollte ich sonst tun?
LEVON. (hinterfragend) Du fragst mich, was du tun solltest? (aufgebracht) Du hättest für mich da sein können statt mich zu ignorieren, denn ich habe dich nie angelogen! (Pause) Niemals. Du kennst all meine Geheimnisse, selbst die, die wohl besser bis in alle Ewigkeit ungehört bleiben sollten, doch du, mein best-, (betont) mein ehemaliger bester Freund, kennst sie alle und weißt genau, was das bedeutet.
Die Wolken verdecken draußen die Sonne, sodass im Raum das Licht abnimmt.
LEVON. (emotional) Ich will dich nicht verletzen, denn, ja, vielleicht liebe ich dich noch immer. Ich habe vorher noch nie geliebt, woher soll ich das wissen? (ernst) Doch was ich weiß, ist, dass du mich ignoriert hast, als ich dich am meisten brauchte. Ich hasse dich … Und nun war und ist es weiterhin Vivien, die ich liebe, denn sie hatte in dieser schweren Zeit immer ein offenes Ohr für mich. (Pause) Also flehe ich dich ein letztes Mal an: lass sie gehen, bitte!
JABEZ löst allmählich seinen festen Griff.
JABEZ. (stotternd) I-ich …
VIVIEN versucht sich aus den Fängen von JABEZ zu befreien.
JABEZ packt grober zu als vorher und ladet seinen Revolver.
JABEZ. (schreiend) Halt still, Schlampe! (wütend) Am Ende bringe ich dich wirklich um!
LEVON. Schau dich doch nur einmal um. (hinterfragend) Was hat es dir bis jetzt gebracht? (mit beruhigender Stimme) Wenn du das tust, bringt es dich auch nicht weiter, nein, es katapultiert dich rasend schnell zurück.
JABEZ. (schweigend) …
LEVON. (ruhig) Bitte …
JABEZ legt seinen schwarzen Revolver sachte auf den Boden ab.
VIVIEN löst sich aus dem Griff von JABEZ und rennt zu LEVON.
VIVIEN. (verängstigt) Levon!
JABEZ hebt plötzlich seinen Revolver auf und zielt auf den Hinterkopf von VIVIEN.
JABEZ. (hasserfüllt) Wenn ich nicht mehr glücklich werden kann, (schreiend) dann darfst du auch nie wieder glücklich werden!
JABEZ betätigt den Abzug seiner Waffe und trifft.
VIVIEN bleibt auf der Stelle stehen und fällt zu Boden.
LEVON. (schreiend) Nein!
LEVON zeigt mit seiner ausgestreckten rechten Hand auf JABEZ.
JABEZ wird gegen das geschlossene Fensterglas geschleudert.
Das Fensterglas zerbricht in mehrere Glassplitter und JABEZ fällt hinaus.
LEVON rennt zu VIVIEN und kniet sich zu ihr nieder.
LEVON. (flüsternd) Vivien …
LEVON nimmt VIVIEN in seinen Arm.
LEVON. (verzweifelt) Es tut mir leid … bitte, verzeih mir! Es tut mir leid, es tut mir leid …
LEVON streicht mit seiner rechten Hand VIVIENs blutiges Haar und wiegt sich hin und her.
LEVON. (verzweifelt) Das ist alles meine Schuld … alles meine Schuld … ich bin ein Monster … ein Monster … ich bin ein Monster …
LEVON löst seinen Griff von VIVIEN und legt sie vorsichtig auf dem Erdboden ab.
LEVON steht auf, betrachtet VIVIEN einen kurzen Moment und geht ab.
Personen:
MUTTER
VATER
ÄLTERER SOHN
JÜNGERER SOHN
ÄLTERE TOCHTER
JÜNGERE TOCHTER
Die Familie sitzt am Esstisch.
ÄLTERER SOHN
Ich darf wohl freundlichst sagen:
Es hat mir sehr gemundet.
JÜNGERE TOCHTER
Auch ich kann wohl nicht klagen –
Geschmacklich bestens abgerundet!
MUTTER
Das zu hören freut mich sehr.
Und dennoch bleibt zu fragen …
ÄLTERE TOCHTER
Jawohl! Was kommt zum Nachtisch her?
Kann mir das einer sagen?
VATER (feixend zur Mutter gewandt)
Etwa dein köstliches Kompott?
MUTTER
Erspar mir deinen bösen Spott!
Ich weiß ja schon, dass ihr’s nicht mögt.
Doch da ihr nun nach Nachtisch blökt:
Die Tiefkühltruhe, so reich befüllt,
mit Packungseis fast überquillt.
JÜNGERER SOHN
Mit Truhe, du meinst im Keller die?
MUTTER
’Ne andere hatten wir ja nie.
Es muss nur einer runtereilen,
während die andern hier verweilen,
dem Eise dann das Eis entnehmen
und flugs sich wieder hochbequemen.
ÄLTERER SOHN
Und das macht, das ist nicht schwer …
JÜNGERER SOHN (laut)
Nicht ich! Nie wieder! Nimmermehr!
JÜNGERE TOCHTER
Wieso nicht du? Du machst’s doch immer!
JÜNGERER SOHN
Ja, und darum nunmehr nimmer!
Ihr scheucht mich jedes Mal da runter!
Mir wird’s zu bunt und noch viel bunter!
ÄLTERE TOCHTER
Nun reg dich mal nicht künstlich auf,
darunter ist’s kein Dauerlauf.
JÜNGERER SOHN
Dann hol’s doch selbst!
ÄLTERER SOHN
Na, früher warst du so doch nicht
Und brachtest gern das Eisgericht.
JÜNGERER SOHN
Ich war ein Kind, naiv und dumm!
Doch mein Verstand, der blieb nicht stumm!
Ich sah, ich werd nur ausgenutzt …
ÄLTERER SOHN
Wird Zeit, dass man zurecht dich stutzt.
Prahlt wirklich der mit seinem Verstand,
der jüngst ein kleines Glas nicht fand?
Der Kirschen sucht und weitergeht,
weil „Schattenmorellen“ am Glase steht?
Gelächter.
JÜNGERER SOHN (zornig)
Du hältst mir das jetzt wirklich vor?
ÄLTERER SOHN
Ich sage dir: Du bist ein Tor!
Sie stehen beide auf.
JÜNGERER SOHN
Es reicht! Das lass ich mir nicht bieten!
ÄLTERER SOHN
Komm heran, niedrigste der Nieten!
Mich schaffst du nicht, du winz’ger Wicht!
JÜNGERER SOHN
Wisch dir das Grinsen aus dem Gesicht!
Hab zwar nur Literatur studiert,
doch auch das Boxen hart trainiert!
Ich werd dir die Nas’ ins Arschloch prügeln …
MUTTER (stellt sich zwischen sie)
Versucht mal, euern Zorn zu zügeln.
VATER (ironisch)
Genau, sonst misch ich mit!
MUTTER
Wohl kaum!
Bist körperlich nicht fit!
Wie dem auch sei, wenn keiner will,
dann bleibt zumindest ruhig und still,
wenn ich jetzt geh und Nachtisch hol.
So viel verlangen darf ich wohl.
VATER
Moment!
Da wäre noch was anzumerken:
Denn von all jenen Eiskunstwerken,
die da unten friedlich ruhn,
brauchst alle dir nicht anzutun.
Von den Zehnen, die wir horten
bring höchstens drei der Eisessorten.
JÜNGERE TOCHTER
Warum nicht alle zehn, warum?
Mehr Auswahl scheint mir gar nicht dumm.
VATER
Doch auch schlau erscheint es nicht,
wenn man Kühlketten unterbricht
und gleich zehn Sorten schmelzen lässt.
JÜNGERE TOCHTER
Sie werden aber wieder fest?
VATER
Das ist dabei doch ganz egal.
Wozu denn überhaupt die Wahl
zwischen all den Eisgerichten?
Zweifellos ist’s doch mitnichten
nötig, heute noch zu spachteln
aus all unsren Eisesschachteln.
JÜNGERE TOCHTER
Das ist mir aber gar nicht recht!
Selbst wenn’s schmilzt, wird’s doch nicht schlecht!
VATER (streng)
Der Widerworte haben wir
genug gewechselt, glaube mir.
Die Art der Tat, die sehn ich will,
wird so getan und jetzt sei still!
Kurzes Schweigen.
ÄLTERE TOCHTER
Nun sind es wohl der Sorten drei,
das ist mir selbst ja einerlei.
Doch welche drei holt Mama jetzt?
Das wurde noch nicht festgesetzt.
VATER
Zur Auswahl stehen insgesamt:
Vanille, Schoko, Nusskrokant,
Erdbeer, Joghurt und Zitrone,
Cookie, Walnuss, Mascarpone
und natürlich Stracciatella –
diese Sorten sind im Keller.
JÜNGERER SOHN
Ich darf wohl sagen, dass ich weiß:
Nicht einer braucht den Walnussscheiß.
JÜNGERE TOCHTER
Doch, ich persönlich mag es sehr
und wünsch es unbedingt hierher!
Nur du bist der, der es nicht mag
und nervst uns damit jeden Tag!
JÜNGERER SOHN
Ich werde …
MUTTER (rasch)
Halt! Fangen wir doch anders an:
Zitrone will wohl jedermann?
Nicken reihum.
MUTTER (versöhnlich an den JÜNGEREN SOHN gewandt)
Und Sohnemann, tut’s mir auch leid,
sei bitte kompromissbereit.
Auch wenn du Walnuss wohl nicht magst,
schaffst du’s, dass du dich nicht beklagst?
JÜNGERER SOHN
Nun, es macht mir schon Verdruss,
doch wenn ich’s halt ertragen muss …
Werd nicht beharren auf Extremen
und kann von Walnuss ja nichts nehmen.
MUTTER
Dann haben wir der Sorten zwei,
nun fehlt uns nur noch Nummer Drei.
ÄLTERE TOCHTER
Schokolade würd mir schmecken …
JÜNGERE TOCHTER
Vanille könnt ich ständig schlecken!
ÄLTERER SOHN
Stracciatella, würd ich meinen,
um die beiden zu vereinen.
JÜNGERER SOHN
Mit Cookieeis könnt man mich mästen,
insofern find ich das am besten.
VATER
Fragst du mich, mein Augenstern,
so mag ich Joghurt wirklich gern.
MUTTER
Ich seh schon, keine Einigkeit.
In diesem Fall, da tut’s mir leid
für die, welche andres wollen,
doch soll nicht der Jüngste schmollen
und sein Cookieeis bekommen,
denn das hätt ich auch genommen.
Ich hoffe, das ist euch genehm
und ich kann endlich runtergehn?
Alle nicken.
MUTTER (im Weggehen)
So hat’s sich schließlich doch gewendet,
der Eisesstreit ist nun beendet.
Wenn ich nur so genau nicht wüsst’,
dass nächstes Mal genauso ist …
Vorhang.
Ein ruhiges Café. Der Raum ist hell und freundlich, in einem Regal an der Wand liegen einige Bücher aus. Fast alle Tische sind leer, nur an einem Tisch in der Mitte des Raumes sitzen zwei Personen: Der EPIKENTHUSIAST hat einen schwarzen Kaffee vor sich stehen, während der LYRIKLIEBHABER an seiner heißen Schokolade nippt. Auch auf ihrem Tisch liegen ein paar Bücher, von denen sich der EPIKENTHUSIAST eines nimmt und darin blättert.
EPIKENTHUSIAST. (seufzt) Schon wieder.
LYRIKLIEBHABER. Hm?
EPIKENTHUSIAST. Schon wieder Lyrik.
LYRIKLIEBHABER. Oh.
EPIKENTHUSIAST. Hier kann man doch kein Buch in die Hand nehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass man schon wieder Lyrik erwischt. Schlimm sowas.
LYRIKLIEBHABER. Hmhm.
EPIKENTHUSIAST. Willst du mir denn gar nicht zustimmen? Findest du nicht auch, dass damit übertrieben wird?
LYRIKLIEBHABER. Ich sag’s frei aus dem Bauch:
Ich bleibe da ganz unbeirrt.
EPIKENTHUSIAST. Wie bitte?
LYRIKLIEBHABER. Zwei Drittel dürften sowieso
die „gute alte Epik“ sein.
Da bleibt am Ende nicht mehr viel
für jemanden wie mich allein.
EPIKENTHUSIAST. schluckt Hast du gerade …
LYRIKLIEBHABER. trocken Ja.
EPIKENTHUSIAST. Ich hätte es wissen müssen. Jemand, der sich in ein Café setzt und dort eine verflüssigte Zuckerbombe zu sich nimmt, der kann gar nicht normal sein!
LYRIKLIEBHABER. Was das mit irgendetwas nun
zu tun hat, das versteh ich nicht.
Doch kriegt man auch nicht jeden Tag
jemand so Blödes zu Gesicht.
EPIKENTHUSIAST. aufgebracht Bitte?
LYRIKLIEBHABER. Die Oberflächlichkeit ist dir
auf hundert Meter anzuseh’n.
Was du hier von dir gibst, das ist
doch nur noch dumm und nicht mehr schön.
EPIKENTHUSIAST. Muss ich mich wirklich von jemandem beleidigen lassen, der eiskalt in Reimen spricht, weil man nicht seiner Meinung ist? Das ist doch Kindergartentheater hier!
LYRIKLIEBHABER. ruhig Ich weiß ja nicht, ob „Kindergarten“
nicht eher ist, wenn man versteift
auf seine eine Lieblingsgattung
bestehend jeden Rest angreift.
EPIKENTHUSIAST. Muss ich mir das wirklich geben? Ist das dein Ernst?
LYRIKLIEBHABER. Ja.
EPIKENTHUSIAST. schweigt einige Sekunden, wischt sich dann den Schweiß von der Stirn Ach ja? Dann … Dann erklär mir doch mal, was an deiner geliebten Lyrik so großartig sein soll!
LYRIKLIEBHABER. Die größten Gefühle
in kürzesten Versen,
die prachtvollsten Bilder
mit Sorgfalt gemalt;
nicht so, wie die Epik
mit tausenden Wörtern
und hunderten Sätzen
alleine schon prahlt.
EPIKENTHUSIAST. Dass ich nicht lache. Als könnten eine Handvoll Verse jemals die Emotionen einfangen, die einen ganzen Roman benötigen, um sich zu entfalten und den Leser komplett in seinen Bann zu ziehen. Als könnte ein Gedicht jemals eine Handlung erschaffen, die den Leser mitreißt, sodass er das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Charaktere, die den Anschein erwecken, selbst lebende Menschen zu sein, mit echten Motivationen und realen Gefühlen, so etwas habe ich noch nie auch nur in einem einzigen Gedicht entdeckt.
LYRIKLIEBHABER. Ich suche noch nach dem Roman,
der es für mich vermag,
der Liebe Wesen einzufangen,
ich such’s zu diesem Tag.
Ich suche noch nach jenem Buch,
das nach zwei Zeilen schon
mich mit Gefühl gefangen hält,
ich such danach voll Hohn.
EPIKENTHUSIAST. wild gestikulierend Ich habe schon tausende Romane gelesen, die ebendas vermochten, noch nie aber ein Gedicht. Ein Gedicht liest man, und man freut sich in dem Moment vielleicht über ein schönes Stilmittel oder einen guten Reim, aber danach ist es vorbei und man vergisst es einfach wieder. Ein Roman hingegen bleibt. Manche Charaktere, manche Geschichten begleiten einen ein Leben lang.
LYRIKLIEBHABER. Und mancher Vers, der tut’s genauso,
es ist mir oft genug passiert,
dass er sich, wenn schon längst gelesen,
zurück in meinen Kopf verirrt.
Dass er sich einbrennt, Tage, Wochen,
gar Jahre, gar für immer bleibt,
dass er sich, fast, als wär’s ihm möglich,
zu einem Teil des Lebens schreibt.
EPIKENTHUSIAST. So einen Unsinn kann man auch nur von so jemandem wie dir hören. Kein Gedicht hat mir je ein solches Gefühl beschert. Ihr Lyrikluschen tut immer so, als wärt ihr richtig tiefsinnig und als hätte euer Schwachsinn so viele versteckte Botschaften. Dabei wollt ihr doch nur darüber hinwegtäuschen, dass ihr im Grunde nur mit inhaltslosen Phrasen um euch werft.
LYRIKLIEBHABER. Und das hör‘ ich von jemandem,
der lieber hundert Seiten liest,
dort irgendwo ein Sätzchen streift,
durch das ein Tränchen er vergießt,
statt das Gefühl, zehnmal so stark,
nach hundert Wörtern schon zu seh’n,
denn dafür müsst‘ – Gott steh‘ ihm bei –
in seinem Hirn etwas gescheh’n!
Doch wer erwartet anderes?
Der Epikesel, wie man weiß,
mag Inhalt ins Gesicht geklatscht,
denn Qualität juckt ihn ‘nen Scheiß.
EPIKENTHUSIAST. aufgebracht Bitte? Du wüsstest doch noch nicht einmal, was Qualität ist, wenn sie jemals in einem deiner Gedichte vorkommen würde. Ich habe die Werke der großen Meister gelesen und manchmal haben sie mich vielleicht kurzzeitig berührt, bevor ich sie für immer wieder vergaß. Ich habe auch deine sogenannten „Werke“ gelesen, aber sie haben mich nicht für eine Sekunde gestreift. Und nun erzählst du mir etwas von Qualität? Ha!
LYRIKLIEBHABER. wütend Hör zu, du aufgeblasenes
Stück Scheiße machst doch nicht als Stress.
Du pöbelst nur, du redest dumm
und drehst dir alles fünfmal um,
wie es dir passt für deinen Müll
und kotzt es aus als Kampfgebrüll.
Als ob Talent, schlecht oder gut,
hier irgendwas zur Sache tut.
Doch wo wir grad schon dabei sind,
du arrogantes dummes Kind
schreibst auch nicht so wie eh und je
die besten in deinem Metier.
Noch nie hat mich dein Scheiß berührt,
noch nie zu einem Kauf verführt,
noch nie hat es mich interessiert,
wer nun am End‘ des Buchs verliert.
EPIKENTHUSIAST. Natürlich nicht. Du bist eben zu beschränkt, um die ganzen verborgenen Details erkennen und wertschätzen zu können. Natürlich hältst du nichts von einem guten Schreibstil, für deine sogenannte Kunst braucht man ja keinen. Die Zahlen geben mir übrigens recht. Die Anzahl der Menschen, die Romane mögen, ist um ein Vielfaches höher als die derjenigen, die Gedichte bevorzugen. Denk mal darüber nach.
LYRIKLIEBHABER. Seit wann ist das ein Qualitätsmerkmal?
Der Mainstream macht da doch die hohe Zahl.
Was leicht zu lesen, zu verstehen ist,
der Mainstream ohne Zweitgedanken frisst.
EPIKENTHUSIAST. brüllt Erzähl mir nichts vom Mainstream, du weichgespülter Bedeutungsverachter!
STIMME AUS DEM OFF. gähnt Könnt ihr nicht mal Ruhe geben?
EPIKENTHUSIAST. erschrocken Wer redet da?
STIMME A. D. O. Die Stimme aus dem Off, die eigentlich gerade lieber pennen würde, statt euren nutzlosen Diskussionen zuzuhören. Ihr kommt doch eh auf keinen grünen Zweig.
EPIKENTHUSIAST. Was willst du damit sagen?
STIMME A. D. O. Na, das ist doch offensichtlich. Ihr seid beide so sehr auf euren Standpunkt versteift, dass ihr euch nur noch im Kreis dreht. Ist das nicht auch für euch ermüdend?
LYRIKLIEBHABER. Der Kerl da schwafelt eben so viel Dreck –
STIMME A. D. O. unterbricht ihn Gib Ruhe. Ich will nichts davon hören. Außerdem habt ihr beide Unrecht.
EPIKENTHUSIAST. Bitte was?
STIMME A. D. O. Wisst ihr, was passiert ist, als ihr beide gerade wie ein paar Vorschulkinder gestritten habt? Ihr habt ein Drama erschaffen. Die tatsächlich überlegene Gattung.
EPIKENTHUSIAST. verunsichert H-hey! Lyriklusche! Das können wir uns doch nicht bieten lassen!
LYRIKLIEBHABER. grinsend Um ehrlich zu sein,
so macht es mir nichts,
nur Zweiter zu sein,
wenn du Letzter bist.
EPIKENTHUSIAST. A-ach ja? Du gibst so schnell auf! Ha! Wie von einem Verlierer wie dir zu erwarten! Ha! Haha! Ha … Was soll an Dramen überhaupt so gut sein? Kein Mensch liest die!
STIMME A. D. O. Aber jeder Mensch schaut sie, wenn er den Fernseher einschaltet.
LYRIKLIEBHABER. Und jeder Mensch hört sein Gedicht
im Radio, doch Epik nicht.
EPIKENTHUSIAST. E-es gibt auch Hörbücher.
STIMME A. D. O. Nischenkram.
EPIKENTHUSIAST. Aber!
STIMME A. D. O. Du siehst einfach nicht ein, wenn du verloren hast, was? Meine Gattung, und meine allein, schafft es, euch beide zu vereinen.
EPIKENTHUSIAST. Man kann auch ein Gedicht in einen epischen Text einbauen!
STIMME A. D. O. Dann ist es ein Gedicht in einem epischen Text und nichts weiter. Ich kann all meine Charaktere in Versen sprechen lassen. Oder ich lasse sie in normalen Sätzen sprechen. Ich habe mehr Freiheit als ihr, wenn ich ein Werk erschaffen will.
Der EPIKENTHUSIAST schnaubt, dann steht er auf und verlässt den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.
STIMME A. D. O. Der ist aber schnell angepisst.
LYRIKLIEBHABER. Und das nur, weil ihm jemand gesagt hat, dass er nicht das Nonplusultra aller Dinge darstellt.
STIMME A. D. O. Sag’s dem Typen nicht, aber … ich find‘ Epik gar nicht mal so schlimm.
LYRIKLIEBHABER. Ja, halt nur nicht ganz so gut.
STIMME A. D. O. Objektiv betrachtet gibt’s wohl keinen Qualitätsunterschied, aber jedem das Seine halt.
Der LYRIKLIEBHABER nimmt sich ein Buch: einen Roman des EPIKENTHUSIASTEN. Dann steht auch er auf.
LYRIKLIEBHABER. Gute Nacht dann.
STIMME A. D. O. Danke, dir auch.
LYRIKLIEBHABER ab, Vorhang fällt.
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