Saisonfinale
Immer noch vielen Dank an Noxa für dieses wunderschöne Bild <3
Liebe Finalteilnehmer, liebe User,
es ist so weit, die Abgaben für den letzten Wettbewerb des Jahres, das Saisonfinale 2018, sind eingetroffen.
Zitat von AufgabenstellungWie ihr auf dem Bild sehen könnt, haben die Pokémon es sich in der kalten Jahreszeit bei Kakao und Keksen gemütlich gemacht, um sich gegenseitig ihre Wintergeschichten zu präsentieren. Neugierig, was sie sich haben einfallen lassen?
Jeder Finalist bekommt eine PN und darf über sein zugelostes Pokémon eine Geschichte schreiben. Natürlich wissen die Pokémon, dass man als guter Autor selbst der beste Hauptdarsteller ist. Es dürfen auch andere Pokémon in dieser Abgabe vorkommen, der Bezug ist allerdings verpflichtend.
Der Vote läuft bis Sonntag, den 23.12.2018 um 23:59 Uhr
Verwendet bitte folgende Schablone für den Vote:
Die Verehrer literarischer Werke und knuspriger Köstlichkeiten hatten es sich an einem Winterabend beim Schein des Tannenbaumes in Dedennes Bau gemütlich gemacht, um ihre alljährliche Tradition zu feiern: Ihre besten Werke des Jahres vorzutragen. Auch wenn ihre abenteuerlichen Leben manchmal nicht viel Zeit zum Schreiben ließen und einige von ihnen ihre eigene Reiselust oder die ihrer Trainer sie über das Jahr in alle Himmelrichtungen verteilte, freuten sich alle auf diesen einen Abend des gemütlichen Beisammensitzens.
Vor sich hatten sie eine Dose mit frischgebackenen Keksen, glasiert mit buntem Zuckerguss und ausgestochen mit allem, was sie finden konnten. Als die Blicke der Anwesenden immer häufiger in die Mitte wanderten, erklärte der Herr des Hauses schließlich: "Also gut, dann wollen wir mal anfangen. Ihr kennt das Spiel ja. Wir alle schließen die Augen und greifen gleichzeitig rein. Wer den größten Keks erwischt, darf anfangen. Drei, zwei, eins-"
Sechs Arme griffen blind nach vorne und der Teller klirrte etwas, als er über den Boden gezogen wurde, während alle versuchten, sich das beste Stück zu greifen. Neugierig öffneten die Pokémon ihre Augen und inspizierten die Hände ihrer Freunde. Mit jedem Triumpf wurde ihr Lächeln breiter, doch nichts toppte das der alten Füchsin.
"Ich bin mal so frei", begann sie, während sie das Papier aus seinem gut geschützten Ort in ihrem Pelz zog. Sie ließ ihren Stock über den Boden gleiten, um die blaue Flamme an seinem Ende zu entzünden, und begann, Im Feuerschein zu lesen.
Lumina war schon immer nicht genauso gewesen wie andere Pokémon. Ganz besonders war sie nicht genauso wie andere Rutena. Diese sprangen und tollten meistens herum, unbekümmert, wild und im Einklang mit ihren Trainern. Wie es Pokémon, insbesondere jene, die die Kunst des Feuers beherrschten, nun einmal gerne so taten. Doch Lumina hatte schon früh gemerkt, dass ein solches Leben nicht zwangsläufig Glück für sie bedeutete. Im Gegenteil – nie hatte sie sich wirklich wohl und vollkommen in der Rolle des aufgedrehten Pokémon gefühlt, das kaum etwas tat, außer seinem Trainer zu gehorchen. Nein, ein solches Leben hatte sie nie führen wollen. Deshalb hatte es sich selbstständig gemacht. Nicht völlig losgelöst von seinem Trainer, aber dieser hatte wenigstens verstanden, welches Leid ein normales Leben Lumina bescherte. Er hatte sie ziehen lassen, in die großen Bibliotheken der Welt, wo sie ihr Wissen seither vervielfältigte und dies genoss. Einzig dann, wenn sie sich in die Ruhe und Geborgenheit der Bücher zurückziehen konnte, war sie wirklich frei, obgleich sie in einer nur wenige Meter Platz bietenden, kleinen Kammer saß, so klein, dass sie aufpassen musste, das morsche Holz nicht in Brand zu stecken mit ihrem Feuer. Dann konnte Lumina atmen. Und mit dem Wissen wuchs ihr Verständnis für die Welt, obwohl sie noch nicht ahnen konnte, wie viel ihr von diesem eigentlich noch fehlte.
Sie hatte über die Jahre hinweg einen Lieblingsplatz gefunden, der ihr immer neue Wissenswege offenhielt. Aufgrund der Tatsache, dass die große Bibliothek von Fleetburg ständig die neusten und aktuellsten Bücher lieferte, hatte sich der Fuchs diese Bibliothek still zu seinem Zuhause erklärt. Auch ein anderes Pokémon verirrte sich des Öfteren hierher – es war ein kleines Lichtel, das über die Jahre zu so etwas wie einem Freund für das Rutena heranwuchs. Obgleich Lumina die aufgeweckte Art des kleinen Pokémon nicht verstand und sich oft seiner Konzentration beraubt wurde, kehrte Gewohnheit in die Leben der beiden ein und Lumina war froh, das Lichtel zu haben. Auch wenn sie das niemals zugegeben hätte.
Denn von Freundschaft sollte Lumina nicht viel verstehen. Sie hatte oft darüber gelesen, von Nächstenliebe, Familie und Geborgenheit, aber all diese Attribute selbst nie wirklich erfahren. Bis auf die Güte von seinem Trainer, ihr das belesene Leben zu gewährleisten, welches sie sich am meisten gewünscht hatte. Doch ansonsten waren derlei Dinge nichts weiter als Worte aus ihren geliebten Büchern, denen sie nicht imstande war, eine großartige Bedeutung zuzuordnen. So kannte das Feuerpokémon die Wärme auch nur als Ausgeburt ihres eigenen Feuers, welches ihr in der Dunkelheit Licht spendete.
So las sie gerade in einer Zeitung, dass heute ein Fest von den Menschen gefeiert wurde, welches die Geburt eines weiteren Menschen aus vergangener Zeit zelebrierte. Man sollte zu dieser Zeit ganz besonders gütig und freundlich gegenüber seinen Mitmenschen – und Pokémon!- sein, denn das Fest galt auch als das Fest der Nächstenliebe. Lumina runzelte die Stirn, soweit sie dies als Pokémon konnte. Ein Fest, nur um freundlich gegenüber seiner Umwelt zu sein? Die Menschen kamen auf eigenartige und völlig banale Ideen. Was sollte diesen Tag von den unzähligen anderen Tagen, die die Erde nun schon alt war, unterscheiden?
„Aber, aber, Lumina, das Weihnachtsfest ist ein ganz besonderes Fest, du wirst schon sehen!“ erklang die Stimme des kleinen Lichtel hinter dem Rutena, eine Stimme wie zerfließendes Wachs. „Was soll daran denn schon besonders sein?“, entgegnete Lumina, die es gar nicht böse meinte. Man konnte schließlich nicht mit böser Absicht handeln, wenn man etwas nicht kannte und es fremd war.
„Die Menschen werden alle selig und schenken den Pokémon und ihren Familien ganz besondere Beachtung. Sie kommen in ihren Häusern zusammen und essen die leckersten Gerichte. Alles ist voll Gemütlichkeit. Die Menschen lieben diese Zeit im Jahr.“
Lumina schüttelte den Kopf. Es hätte beinahe abschätzig gewirkt.
„Was hält die Menschen davon ab, diese Dinge auch den Rest des Jahres zu tun? Wieso gerade jetzt?“
Das Rutena griff sich eine dicke Enzyklopädie und rückte seine Brille zurecht. Sie wollte sich nicht mit solch hirnspinstigen Geschichten der Menschen auseinandersetzen. Vielmehr wollte sie lernen, was es noch zu wissen galt. Sie begann, sich in die griechischen Wörter des Buches zu vertiefen.
„Aber Lumina, du musst es doch wenigstens versuchen! Geh doch zurück zu deinem Trainer, und -“
Die Erwähnung ihres Trainers verursachte einen Stich in Luminas Brust. Ja, sie vermisste ihn. Doch das war nicht, was zählte.
„Lass gut sein, Lichtel. Ich bleibe hier. Lass mich bitte lesen.“
„Lumina, ich weiß, du liebst die Bücher, aber -“
„Lichtel, bitte.“
„Du kannst nicht immer ein so einsames Leben führen.
„Sei ruhig.“
„Hast du überhaupt einen einzigen Freund neben mir?“
„Ich sagte sei ruhig!“
Mit diesen Worten drang blinde Wut aus Lumina heraus, die sich unbeabsichtigt in Form des ihr anvertrauten Elements zeigte. Flammen stoben aus dem Stock hervor, den sie immer bei sich trug, und zum ersten Mal seit Langem spürte sie wieder die Macht, die ein Pokémon in sich tragen konnte. Und sie spürte gleichzeitig, welch Verhängnis das bedeuten konnte.
Lichtel stieß einen spitzen Schrei aus. Die Flammen hatten es unmittelbar getroffen, so dass ein Teil seines kleinen Wachskörpers ohne Weiteres geschmolzen war. Es war nicht lebensbedrohlich verletzt worden, aber man sah dem kleinen Geistpokémon den Schmerz an. Und die Angst.
„Es...es tut mir Leid, Lichtel.“, stammelte Lumina. Sie kam nicht umhin zu bemerken, dass sie erleichtert war, dass den umstehenden Büchern nichts geschehen war.
„Du wirst es niemals verstehen.“ Mit diesen Worten verschwand das Lichtel auf der Stelle und Lumina blieb allein zurück. Dies war der erste Moment in ihrem Leben, in dem sich Lumina Tränen gestattete.
Sie hatte es keine Minute länger in der Bibliothek ausgehalten. Plötzlich erschienen ihr die Wände erdrückend und die Stille hatte sie eingeschnürt und ihr die Luft zum Atmen genommen. Was hatte sie getan? Wie hatte sie ihre eigene Ignoranz vor ihren einzigen Freund stellen können? Schmerz pochte in ihr. So etwas hatte sie noch nie gefühlt. Und wenn es nach ihr ging, konnte sie auch gut darauf verzichten.
Als sie aus der Tür der Bibliothek hinaustrat, erstarrte sie. Auf dem Boden lag feines, weißes Puder, allerdings so, dass es kaum mehr ein durchkommen gab. Das musste Schnee sein – sie hatte bereits oft davon gelesen. Es war erstaunlich kalt und das suspekte Puder glitt stetig den Himmel hinab. Erst da wurde dem Rutena bewusst, wie lange es die Bibliothek nicht mehr verlassen hatte.
Sie schluckte und begann, einen Fuß vor den anderen in den meterhohen Schnee zu setzen. Dieses ungewöhnliche Wetter musste den Grund haben, dass sich Fleetburg in direkter Nähe zum Meer befand, und am Wasser war es nach allgemeiner Meinung kälter als im Inland. Das wusste Lumina. Und dennoch erschauderte das Pokémon, als es seinen eigenen Atem sah. Wenn ihm durch sein eigenes inneres Feuer nicht warm gewesen wäre, würde das Pokémon frösteln.
Es ging und ging. Lumina wusste nicht, wie lange es ging. Sie wusste auch nicht, wohin oder wieso. Nach wem sie suchte. Sie musste einfach nur gehen, Abstand zwischen sich und die Bibliothek bringen. Zwischen sich und allem, was sie kannte.
Gerade, als die Verzweiflung sie zu übermannen drohte und sie aufgeben wollte, hörte sie etwas. Nicht laut, ein Geräusch so leise wie ein Lufthauch bloß, und doch verleitete es Lumina dazu, inne zu halten. Sie drehte sich Richtung Wasser, denn sie war ganz in die Nähe des Piers gelaufen. Ihre Schritte verursachten knirschende Geräusche im Schnee, als sie die Entfernung zwischen sich und dem Geräusch verringerte. Als sie dort ankam, wo das Geräusch am lautesten war, erschrak Lumina. Sie blieb stehen und plötzlich konnte auch ihr inneres Feuer nicht verhindern, dass ihr schlagartig kalt wurde. Dort im Schnee, fast schon vom weißen Puder bedeckt, steckte ein Lichtel. Und nicht nur ein Lichtel – es war ihr kleiner Freund, das Lichtel. Es hatte seine Äuglein zu; seine Flamme war kaum mehr als ein Glimmen. Und Lumina wusste, dass ein Lichtel ohne seine Flamme nicht überleben konnte. Das Fuchspokémon gab einen verzweifelten Schrei von sich, ehe es sich schützend vor das Pokémon warf, um es so gut wie möglich vor dem neu fallenden Schnee zu beschützen.
Sie versuchte sich verzweifelt an etwas zu erinnern, das sie gelesen hatte über all die Jahre hinweg, doch ihr Kopf war wie leer gefegt. Das Wachs war noch immer nicht gänzlich wiederhergestellt ob des Feuersturms, den Lumina auf das arme Pokémon losgelassen hatte. Und es hatte auch keine Chance gehabt in dieser Kälte zu regenerieren. Der Winter musste das Lichtel schwach gemacht haben. Es war alles Luminas Schuld gewesen. Erneut sammelten sich Tränen in ihren Augen, doch das Rutena wollte stark sein. Sie wusste nicht, wie. Aber sie wusste, dass sie ihren Freund retten musste. Denn ja – das Lichtel war der einzige Freund, den sie hatte. Und das wollte sie ihn wissen lassen. Und niemals wieder vergessen lassen.
Kein Wissen dieser Welt, das in den dutzenden und aberdutzenden von Büchern aufgezeichnet war, die Lumina gelesen hatte, konnten ihr helfen. Noch nie hatte sie sich so hilflos und verlassen gefühlt. Und noch nie hatte sie so eine Wut gekannt wie die, die sie jetzt gegenüber den Büchern verspürte. Gegenüber den sinnlosen Jahren, die sie mit ihnen verschwendet hatte. Es gibt so viel mehr auf der Welt. Wie hatte sie nur so blind sein können?
„Lichtel, bitte.“, flüsterte sie, ihre Stimme nur ein Wimmern, welches sie selbst von sich nicht kannte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob es das Getöse des Schnees übertönte. „Ich war ein Narr. Ich verstehe nun. Ich verstehe dich.“ Langsam spürte auch sie ein taubes Gefühl auf ihrer Haut. Das musste die Kälte sein. Plötzlich kam ihr eine Idee. Feuer. Behutsam machte sie das kleine Pokémon von dem Schnee frei, der auf es gefallen war, und zückte seinen Stock. Ohne Probleme ließ Lumina ihn auflodern, so dass direkt ein sanfter Schimmer auf das Kerzenpokémon fiel. Sie hielt die Flamme an den nur noch schwach leuchtenden Docht und wartete. Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Unendliche Sekunden. Doch dann fing der Docht wieder Feuer. Anfangs schwach, doch von Moment zu Moment immer kräftiger, als müsste es sich wieder an diese Art von Leben gewöhnen. Dann machte Lichtel die Augen auf. Es lächelte sanft. „Und du hast doch verstanden.“
Rutena hielt Lichtel fest in beiden Händen und ging schnellen Schrittes durch den Schnee. Sie wussten nicht, wo ihr Ziel war. Sie wussten nur, dass es nicht die Bibliothek war. Denn heute, an diesem besonderen Tag, wollten sie nicht von Wänden und Regalen und Büchern erdrückt werden. An diesem Tag wollten sie Liebe fühlen, Gemeinsamkeit und Freundschaft. Und das ging jetzt direkt viel besser als in manch staubigen Räumen, in denen Lumina alleine vor sich hin las. Denn Lumina und das Lichtel hatten zumindest sich selbst, und damit schon mehr als manch Anderer.
Und so gingen sie, bis sie andere Pokémon und ihre Trainer fanden, die dieses Weihnachten miteinander verbrachten und die beiden Pokémon einluden, es mit ihnen zu verbringen. Und dies war das erste Weihnachten, das Lichtel und Lumina gemeinsam feierten. Und es sollte nicht das letzte gewesen sein.
Und damit beendete die alte Füchsin ihre Geschichte darüber, wie sie und ihr treuer Gefährte sich kennengelernt hatten, der trotz seines ebenfalls blauen Feuers einen roten Schimmer auf seinem wächsernen Gesicht hatte.
"Jetzt bin ich aber dran!", rief Dedenne ungeduldig und hielt seinen Keks hoch. Die kleine Maus konnte es kaum noch erwarten, anderen sein Werk zu zeigen, auf das er so stolz war.
Yvonne legte den Kopf schief und flatterte verwirrt mit ihren Bücherflügeln. "Da fehlt doch schon die Hälfte!"
Scoppel sah seine Chance und sprang aufgeregt in die Luft. "Dann ist deiner ja kleiner als meiner. Oh super, heißt das, ich bin dran, damit ich meine Geschichte erzählen kann?", fragte es mit dem süßesten Kaninchenblick, der ihm bei Passanten aller Art eine Extaration Futter einbrachte.
Eine Schweißperle lief Dedenne die Stirn herunter, doch es räusperte sich und sagte: "Offensichtlich ist ein gefährlicher Keksnascher unter uns - Und das kann nur eines bedeuten: Es ist ein Fall für Detektiv Dedenne!"
Arthur, das Ampharos, seufzte. "Kein Grund, ein Drama daraus zu machen", sagte er als die Stimme der Vernunft, doch Dedenne hatte offensichtlich nicht auf ihn gehört.
Szene 1:
Zwei Bibliotheksregale. Zwischen ihnen stehen GUARDEVOIR und GALAGLADI. Links der beiden Regale steht LEUTNANT CAESURIO, die ihre Seite des Regals absucht. Rechts der beiden Regale sitzt DEDENNE auf dem Boden, ein Buch in der Hand, eine Tasse und einen Keksteller neben sich. GALAGLADI und GUARDEVOIR unterhalten sich zunächst unhörbar, dann laut. DEDENNE späht neugierig durch das Regal hindurch. LEUTNANT CAESURIO sucht weiter ihre Regalseite ab.
GALAGLADI (verärgert) Okay, ich weiß echt nicht, was das für ein schlechter Scherz sein soll, aber ich finde ihn nicht witzig.
GUARDEVOIR Das ist kein Scherz. Es ist aus zwischen uns.
GALAGLADI (besorgt) Sag mal, habe ich dir irgendetwas getan? Ich weiß nämlich wirklich nicht, warum du auf einmal …
GUARDEVOIR (zornig) Wenn du das nicht weißt, dann kannst du mir erst recht gestohlen bleiben!
LEUTNANT CAESURIO Sch!
GALAGLADI (sich nervös umblickend) Hör mal, können wir vielleicht woanders hingehen und das in Ruhe besprechen? Ich …
GUARDEVOIR Da gibt es nichts zu besprechen. Halt dich einfach in Zukunft fern von mir, verstanden?
GUARDEVOIR ab.
GALAGLADI Das ist doch …
LEUTNANT CAESURIO Sch!
GALAGLADI zuckt zusammen, dann geht er ebenfalls ab.
Szene 2:
Eingangshalle der Bibliothek mit vereinzelten Regalräumen. Eine Tür ist der Bibliothekseingang, an einer anderen Wand führen Türen zu den Toiletten. Gegenüber den Türen schwebt hinter einem Tresen mit einem Computerbildschirm darauf DURENGARD. GUARDEVOIR steht vor einem Regal. Auftritt LEUTNANT CAESURIO und DEDENNE, die beide zum Informationstresen gehen. DEDENNE drängelt sich mit einem Buch in der Hand vor.
DEDENNE (das Buch hochhaltend) Haben Sie noch mehr von dem Autor?
DURENGARD (etwas auf dem Monitor nachschauend) Nicht, dass ich das hier auf Anhieb sehen würde …
Auftritt GALAGLADI, der zu GUARDEVOIR hingeht.
GALAGLADI Hier bist du also. Hör zu, ich …
GUARDEVOIR Ich habe es dir schon gesagt. Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben, also lass mich in Ruhe!
GUARDEVOIR ab. GALAGLADI starrt ihr kurz nach, dann folgt er ihr.
DEDENNE Oje. Die beiden haben sich ja vorhin schon übel gestritten.
LEUTNANT CAESURIO Und das in einer gerade für eine Bibliothek unerhörten Lautstärke.
DEDENNE Hm. Mir macht das ja eigentlich nicht so viel aus – wenn ich mich auf mein Buch konzentriere, dann kann ich alles um mich herum schnell vergessen. Andererseits sind Sie ja beim Militär, und da ist es nur verständlich, wenn Sie die Nichteinhaltung von Regeln stört.
LEUTNANT CAESURIO (überrascht) Woher wissen Sie, dass ich beim Militär war?
DEDENNE Oh! Sie „waren“ … Ich dachte, sie „wären noch“ … Es ist wohl nicht lange her?
LEUTNANT CAESURIO Ein paar Wochen nur.
DEDENNE Ach ja, das erklärt, warum ihr Gang noch so zackig ist.
Auftritt GALAGLADI. Die anderen drei drehen sich zu ihm um.
GALAGLADI (fahrig) Das darf doch nicht … Dieser verfluchte …
Er verstummt, sieht kurz auf seine rechte Klinge und verschwindet dann in den Toiletten. DEDENNE und LEUTNANT CAESURIO wenden sich wieder DURENGARD zu.
LEUTNANT CAESURIO Der hat sich wohl noch eine Abfuhr eingehandelt. Wenn er weiter herumlärmt, sollten Sie besser mal mit Rossana sprechen, ob er nicht verwarnt wird, Durengard.
DURENGARDS Blick ist starr.
LEUTNANT CAESURIO Durengard? Ist alles in Ordnung?
DURENGARD Oh … Äh, ja, sollte ich wohl. Entschuldigung, ich dachte gerade nur nach … (an DEDENNE gewandt) Wissen Sie, wir hatten letztens ein Buch von diesem Autor bestellt, aber ich weiß nicht, ob es schon da ist. Vielleicht gucken Sie im Regal mit den Neuanschaffungen nach, das ist …
DEDENNE Im ersten Untergeschoss im Süden, ich weiß schon, danke.
DEDENNE ab.
DURENGARD Und was kann ich für Sie tun, Leutnant?
LEUTNANT CAESURIO Ich suche „Die Kunst des Krieges“. Habe es aber nicht finden können.
DURENGARD (auf den Monitor schauend) Hm, ja … Es wurde verlegt von den Militärbüchern zu den philosophischen Werken.
LEUTNANT CAESURIO Wo sind die?
DURENGARD Erste Etage, Süden. Die Signatur des Buches ist SK3329.
LEUTNANT CAESURIO Danke.
LEUTNANT CAESURIO ab.
Szene 3:
Wieder die Eingangshalle. DURENGARD hinter dem Tresen, GUARDEVOIR kommt durch den Bibliothekseingang und stellt sich neben ein Regal. Auftritt GALAGLADI, der auf GUARDEVOIR losstürmt.
GALAGLADI (zornig) Du schon wieder? Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich hier nicht mehr sehen will!
GUARDEVOIR (verwirrt) Wie bitte?
GALAGLADI Jetzt spiel nicht die Unschuld! Du wirst uns nicht auseinanderbringen, also vergiss es!
GUARDEVOIR Warum sollte ich uns auseinanderbringen wollen? Geht es dir irgendwie nicht gut oder warum schreist du mich hier grundlos an? (nachdenklich) Bist du sauer, weil ich nicht pünktlich bin? Ich habe doch gesagt, dass ich mich verspäten werde.
GALAGLADI (plötzlich verlegen) Ähm … Ich glaube, ich habe … Ich meine, es tut mir leid, ich … Entschuldige bitte, es ist nur … Ach, nichts.
GUARDEVOIR Ich glaube, du hast hier ein bisschen zu lange gearbeitet.
GALAGLADI Ähm, ja, gut möglich.
Auftritt LEUTNANT CAESURIO. Sie hat ein Buch dabei und geht zu DURENGARD.
LEUTNANT CAESURIO Ich würde das Buch gerne ausleihen.
DUENGARD Ah, Sie haben es also gefunden. Ich trage Sie gleich ein, haben Sie ihren Ausweis …
LEUTNANT CAESURIO Ja, einen Moment, habe ihn hier irgendwo …
Auftritt DEDENNE.
DURENGARD Haben Sie Ihr Buch auch gefunden?
DEDENNE (betrübt) Nein, da war leider nichts von dem Autor. Anscheinend ist es noch nicht angekommen.
GUARDEVOIR und GALAGLADI wenden sich zum Gehen. LEUTNANT CAESURIO reicht DURENGARD seinen Ausweis. Plötzlich ist aus dem Off ein lauter Schrei von ROSSANA zu hören.
GUARDEVOIR Was war das?!
DURENGARD Wer hat geschrien?!
LEUTNANT CAESURIO (deutet in eine Richtung gegenüber des Eingangs) Das kam von da hinten!
Sie stürmen alle los.
Szene 4:
Zwischen zwei Regalreihen. An einer Wand hängen scharfe, längliche Gegenstände, die an Klingen erinnern. ROSSANA steht mit einem entsetzten Gesichtsausdruck da und starrt auf den Boden vor ihr. Dort liegen zwei voneinander getrennte, lilafarbene Massen. Die anderen kommen angerannt.
LEUTNANT CAESURIO Was ist passiert? Warum schreien Sie so?
ROSSANA (zittrig) Da … Da …
Sie zeigt auf den Boden vor sich. LEUTNANT CAESURIO tritt näher und zieht dann scharf die Luft ein.
DURENGARD Was ist das?
GALAGLADI Sieht aus wie Schleimspuren.
LEUTNANT CAESURIO Nicht ganz. Es ist ein Ditto. Und es ist tot.
GUARDEVOIR (laut) Oh mein Gott, Galagladi, schau nur! Er ist es!
GALAGLADI (blass) Sieht … Sieht ganz so aus …
DEDENNE (sich der Leiche nähernd) Es … Es scheint, als hätte es jemand entzweigehackt.
LEUTNANT CAESURIO Ja, offenbar … Durengard?
DURENGARD Ja?
LEUTNANT CAESURIO Rufen Sie die Polizei. Ich fürchte, wir haben es hier mit einem Mord zu tun.
DURENGARD ab.
DEDENNE Einen Augenblick, ich komme mit!
Sie nickt LEUTNANT CAESURIO zu und folgt DURENGARD.
LEUTNANT CAESURIO Und bis die Polizei hier ist, verlässt niemand das Gebäude.
GALAGLADI Wieso das denn? Ich will hier lieber nicht neben einer Leiche rumhängen.
LEUTNANT CAESURIO Ich habe meine Gründe.
GALAGLADI Aha, und die wären?
GUARDEVOIR Ich glaube, was sie meint, ist, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass einer von uns der Täter ist.
Stille.
Szene 5:
In der Eingangshalle. INSPEKTOR MASCHOCK hat die Verdächtigen versammelt. Hinter ihm stehen ein STREPOLI und ein LUCARIO.
INSPEKTOR MASCHOCK Ich werde Ihnen Ihre Lage klar vor Augen legen: Wir haben die Bibliothek abgesucht, außer Ihnen ist niemand hier. Keins der Fenster ist geöffnet oder beschädigt, und das Botogel vom Eisstand gegenüber der Bibliothek schwört jeden Eid darauf, dass außer Ihnen niemand hier hereingegangen ist. Und auch wenn ich Grund zu der Annahme habe, dass diese Aussage nicht ganz zuverlässig ist, so muss ich doch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass einer von Ihnen der Mörder ist.
DEDENNE Wenn ich fragen darf, Inspektor – warum genau glauben Sie, dass die Aussage von dem Botogel unglaubwürdig ist?
INSPEKTOR MASCHOCK Ich fürchte, diese Information kann ich Ihnen nicht geben. Jedenfalls haben wir eines festgestellt: Das Opfer wurde glatt durchtrennt – von sehr scharfen Klauen oder (Kunstpause) von sehr scharfen Klingen.
Stille.
INSPEKTOR MASCHOCK Das heißt also, dass wir – so wie ich das sehe – drei Verdächtige haben: Einmal Sie, Leutnant Caesurio, dann wiederum Sie, Durengard und zu guter Letzt Sie, Galagladi. Denn Sie sind die Einzigen mit einer geeigneten … nun, einer geeigneten Physis, wenn man so will.
DURENGARD Will man nicht.
INSPEKTOR MASCHOCK Ich würde Sie alle gerne einzeln zu den Ereignissen des Tages befragen. Rossana, sie könnten mir sicher einen geeigneten Raum zur Verfügung stellen?
ROSSANA Selbstverständlich.
INSPEKTOR MASCHOCK Gut, dann zeigen Sie mir den und bleiben am besten direkt zur Befragung da.
Beide ab. DEDENNE geht zu LEUTNANT CAESURIO.
DEDENNE Verzeihung, Leutnant, aber kann ich Sie etwas fragen?
LEUTNANT CAESURIO Sie haben es faustdick hinter ihren kleinen Ohren, was?
DEDENNE (errötend) Wie kommen Sie darauf?
LEUTNANT CAESURIO Sie sind beim Anblick der Leiche überraschend ruhig geblieben. Außerdem ist mir nicht entgangen, dass sie dem Inspektor gerade Informationen entlocken wollten. Und jetzt wollen Sie vermutlich mich fragen, ob mir noch irgendwas aufgefallen ist, nicht wahr?
DEDENNE Nun, das wäre in der Tat meine Frage.
LEUTNANT CAESURIO Ich fürchte, dass meine Antwort Sie enttäuschen wird. Ich habe nur dieses Buch gesucht. Ich bin Rossana in der oberen Etage begegnet, aber das war es dann auch.
DEDENNE Hm … Das ist in der Tat nicht gerade viel.
LEUTNANT CAESURIO Nun, und dann wäre da noch der Streit zwischen Guardevoir und Galagladi, aber das haben Sie ja selbst alles mitbekommen.
DEDENNE Ja, allerdings. Danke vielmals!
LEUTNANT CAESURIO Nichts zu danken.
Auftritt INSPEKTOR MASCHOCK und ROSSANA.
INSPEKTOR MASCHOCK Jetzt würde ich gerne mit Ihnen sprechen, Leutnant.
INSPEKTOR MASCHOCK und LEUTNANT CAESURIO ab. DEDENNE geht zu GUARDEVOIR.
DEDENNE Entschuldigung, kann ich sie kurz etwas fragen?
GUARDEVOIR Natürlich. Es ist ja so schrecklich, nicht wahr?
DEDENNE Ja, das ist es. Soweit ich es recht mitbekommen habe, kannten Sie das Opfer?
GUARDEVOIR Ja, Ditto geht … ging mit uns auf die Universität. Ich kenne es, weil, nun … Sie müssen wissen, Galagladi hat kürzlich einen Stipendiumsplatz bekommen, auf den sich Ditto auch beworben hatte. Ditto war danach ziemlich sauer, aber letzten Endes war das nun einmal die Entscheidung des Komitees.
DEDENNE Sie wissen nicht zufällig, was Ditto studiert hat?
GUARDEVOIR Nun, soweit ich weiß, ging es in Richtung von Theorien des Formwandels. Fast schon zu passend, nicht? Aber Galagladi widmet sich ja auch der Geschichte des Pokémonkampfes. Ich nehme an, wir werden da durch unsere Natur in der Wahl unserer Fächer sehr beeinflusst.
DEDENNE Ich verstehe … Danke!
GUARDEVOIR Keine Ursache.
Auftritt INSPEKTOR MASCHOCK und LEUTNANT CAESURIO. ERSTERER winkt GUARDEVOIR herbei, beide ab. DEDENNE geht zu ROSSANA.
DEDENNE Verzeihung, dass ich so direkt frage, aber kannten Sie das Opfer zufällig?
ROSSANA Nun … Nicht direkt. Es hat sich hin und wieder Bücher hier ausgeliehen. Ich glaube, die waren meistens über die Theorie des Formwandelns oder so.
DEDENNE Hm … Wie lange arbeitet Durengard eigentlich schon hier?
ROSSANA Oh, ich glaube zwanzig Jahre oder so. Länger als ich tatsächlich, ich bin erst seit zwölf Jahren hier. Er wollte aber nie die Leitung über die Bibliothek. (plötzlich scharf) Moment. Sie wollen doch nicht andeuten, dass …
DEDENNE Nein, nein, ich frage nur.
ROSSANA Für Durengard lege ich jedenfalls meine Hand ins Feuer.
DEDENNE (entschuldigend) Verzeihen Sie, ich wollte Durengard keineswegs beleidigen. Danke jedenfalls.
Auftritt INSPEKTOR MASCHOCK und GUARDEVOIR. INSPEKTOR MASCHOCK flüstert dem LUCARIO etwas zu, daraufhin verschwindet es durch die Tür zu den Toiletten.
INSPEKTOR MASCHOCK So, ich bedaure es, sie alle so lange festgehalten zu haben. Aber die Sache ist klar. Galagladi, sie hatten heute doch einen Streit mit ihrer Freundin, nicht wahr?
GALAGLADI Also, das …
GUARDEVOIR Naja, er hat sich nur ein wenig komisch aufgeführt.
INSPEKTOR MASCHOCK Ich meine nicht den gleichen Streit wie Sie, Guardevoir. Ich meine den, der stattgefunden hat, bevor sie hier waren.
GUARDEVOIR Bevor ich hier war? Wie soll das möglich sein?
INSPEKTOR MASCHOCK Das war die Ungereimtheit in der Aussage des Botogel von gegenüber. Es sagte, Sie hätten zweimal die Bibliothek betreten.
GUARDEVOIR Was, aber … Oh! Sie meinen …
INSPEKTOR MASCHOCK Genau! Das erste Mal war es Ditto. Oder, Galagladi? Dittos können sich in andere Pokémon verwandeln – es ist etwa vergleichbar mit den Fähigkeiten dieses flüchtigen Zoroark-Trickbetrügers, von dem sie sicher gelesen … Naja, ich schweife ab. Jedenfalls, Sie haben das herausgefunden und dann haben Sie Ditto aus Wut über dessen Streich umgebracht und die Spuren an ihren Klingen auf der Toilette beseitigt, wie mein Kollege mir sicher gleich bestätigen wird.
Auftritt LUCARIO. Es trägt ein schmutziges Papiertuch, das es INSPEKTOR MASCHOCK überreicht.
INSPEKTOR MASCHOCK Na also, daran klebt Ditto-Schleim. Mehr brauchen wir wohl nicht.
GALAGLADI erbleicht und rennt los. DURENGARD wirft sich mit seinem Schild voran gegen es und bringt GALAGLADI aus dem Gleichgewicht. INSPEKTOR MASCHOCK packt es.
INSPEKTOR MASCHOCK Ich werte das als Geständnis.
GALAGLADI Nein, nein! Ich war es nicht! Ich habe ihn gekratzt, ja, aber … Ich dachte noch, er sei Guardevoir und wollte ihn zurückhalten und da habe ich ihn wohl ein wenig … Nun, es war nur ein oberflächlicher Schnitt. Er kann nicht lebensgefährlich gewesen sein, aber er hat die Verwandlung aufgehoben. Ich habe das dann auf der Toilette abgewischt, das stimmt, aber ich habe Ditto nicht umgebracht! Ich habe ihm nur gesagt, er soll sich hier heute nicht mehr blicken lassen!
INSPEKTOR MASCHOCK Aber klar doch.
DEDENNE Sie haben den Falschen, Inspektor.
INSPEKTOR MASCHOCK Also bitte …
DEDENNE Bei der Verletzung, die Ditto getötet hat, hätte der Täter viel mehr Schleim an sich haben müssen. Die Menge auf dem Papiertuch reicht nicht aus.
INSPEKTOR MASCHOCK Ähm, das …
DEDENNE Außerdem gibt es eine Person hier, die ich die ganze Zeit schon verdächtig finde. Die nicht erkannt hat, dass es jemand war, den sie jahrelang kennen müsste, der nach der Entdeckung des Mordes geschrien hat. Die etwa zu der Tatzeit zwei von uns an weit entfernte Orte im Gebäude geschickt hat, um uns loszuwerden. Und die gerade, als sie Galagladi aufhalten wollte, seltsamerweise nicht in Angriffsform gewechselt hat, wie es bei Vertretern ihrer Spezis eigentlich üblich sein müsste.
Alle schauen zu DURENGARD.
DURENGARD Ich? Absurd! Warum sollte ich …
DEDENNE Das kann ich auf Basis ihres verdächtigen Verhaltens nur vermuten. Der Inspektor erwähnte gerade den Zoroark-Trickbetrüger. Das sind Sie, oder? Ein Trugbild kann den Formwandel von Durengard nicht imitieren. Es gab heute einen Moment, wo ich und Leutnant Caesurio vor ihnen am Tresen standen und ihr Blick ganz starr wurde. Das war, nachdem Galagladi auf die Toilette verschwunden war, also auch nachdem Ditto sich wieder zurückverwandelt hatte. Ich nehme an, in diesem Moment haben Sie Ditto gesehen – der, wie sie durch seine Ausleihen hier wissen – sich mit Formwandel befasst. Ferner nehme ich an, dass Ditto sich nach seinem ersten gescheiterten Versuch, Galagladi zu schaden, in Sie verwandeln und dann vielleicht Galagladi bei Rossana für irgendetwas anschwärzen wollte. Das haben sie ebenfalls gesehen – oder vielmehr, wie Ditto das vergeblich versucht hat, da eine Verwandlung in ein Trugbild nicht möglich ist. Da wurde Ihnen klar, dass hier eine Zeitbombe tickte, denn wenn Ditto sich das vielleicht mal durch den Kopf gehen lassen und in Ruhe darüber nachdenken würde, wäre ihre Tarnung in Gefahr. Also haben Sie mich und Leutnant Caesurio weggeschickt und Ditto umgebracht. Die scharfen Klauen eines Zoroarks sind dafür ja mehr als ausreichend.
Kurze Stille, dann verwandelt sich DURENGARD in ZOROARK und stürmt los. LEUTNANT CAESURIO verpasst ihm einen Tiefschlag und einen Durchbruch. ZOROARK geht zu Boden.
INSPEKTOR MASCHOCK Erstaunlich! Ich muss sagen, Dedenne, ich ziehe meinen Hut!
DEDENNE Besser nicht, Inspektor. Ihrer Kleidung nach zu urteilen friert es sie doch so leicht.
Ende.
Mit vor Stolz geschwellter Brust stand Dedenne vor den Anwesenden, die alle zu ihm aufsahen - und sei es nur, weil er vor ihnen auf einem Berg Bücher stand. Grinsend schaute ihr (selbst-)gewählter Anführer auf sie herunter. "Und, was sagt ihr? Super, oder?"
Das gewünschte Feedback blieb aus und stattdessen schaute er verblüfft zu, wie die Köpfe der Anwesenden sich nach rechts drehten. "Was ist denn da so-?"
Weiter kam er nicht, als Scoppel mit einem großen Sprung neben ihm auf dem Podest landete und Dedenne sich nur durch das Rudern mit seinen kurzen Armen oberhalb der Kannte halten konnte. Schließlich sprang er mit einem beherzten Sprung ab und landete neben Orion, der ihm einen frischen, heißen Kakao in die Hand drückte. Genau das richtige, nachdem er so lange gesprochen hatte, fand Dedenne, und schlürfte an dem Heißgetränk, während Scoppel die größte der Papierrollen aus seiner Tasche zog und vortrug, was er sich zusammengereimt hatte
Eines schönen Winterabends,
sich an Tee und Plätzchen labend,
zog das Scoppel fröhlich hoppelnd
los, denn es hatt' Zeit gefunden,
neue Welten zu erkunden.
Kam vorbei an den Legenden,
die fast immer glücklich enden,
Trauerspielen, die gefielen,
und romantischen Gedichten,
um die Stimmung dann zu lichten.
Doch es war'n noch nie die alten
Bücher, die es lange halten.
Die Ideen, neu gesehen,
in modernerem Gewande
waren seine liebsten Lande.
So betrat es nun die Welten,
die Geschichten ihm erzählten,
wählte leise, wählte weise,
hoppelte durch jene Pforte
an ihm unbekannte Orte.
In vergangenen Zeiten war ein Drache geboren,
doch aus Angst um das Kind war er versiegelt in Stein.
Nach gar hunderten Jahren war der Schutz doch verloren,
in des Drachen Versteck drang nun ein Fremder hinein.
Fliehen musste der Drache, suchte fortan seine Heimat,
traf ein friedliches Volk, einen Begleiter und Freund.
Traf auch auf Hass und auf Missgunst, wo er niemandem leid tat:
Drachen haben kein Kind, sie sahen in ihm den Feind.
Er, Verheißung und Fremdling, Legende und doch nicht Legende,
er, der Legende Kind, Hoffnung dem eigenen Stamm,
suchte dort in der Fremde aller Irrflüge Ende,
suchte das alte Land, wo auch er selbst einst her kam.
Ein Kommissar, ein neuer Fall,
eine Station, zwei Spezies,
ein Mord und Dutzende Verrückte
und keine Spur, Verstrickung nur.
Die neue Welt, den Menschen fremd,
die Skepsis blüht' auf beiden Seiten.
Der Mörder, grausam und brutal,
erklärte: Ich gehorche nicht.
Und niemand wusste, was geschah,
die Fremden nicht und auch kein Mensch;
auch, wenn es kein Entkommen gab,
da alles abgeriegelt war.
Es wehte herbei sanft ein Lied auf den Winden,
die Taten verschluckt in den Wirren der Zeit
vom Helden, der aufbrach, die Freundin zu finden,
doch fand er dort letztlich nurmehr Bitterkeit.
Er wusst' nicht, wohin ihn sein Weg führen sollte,
begleitet allein von dem treuesten Ross.
Und wenn er an einem Ort länger sein wollte,
so wurd' er enttäuscht, ehe er es beschloss.
Vom Erzfeind verführt auf der ziellosen Reise,
da fasste er einen Entschluss in der Not:
Er musste ihn töten, egal war die Weise.
In diesem Moment war die Unschuld ihm tot.
Er wollt' der Allerbeste sein,
wie keiner vor ihm war,
und ganz allein zog er umher,
unterschätzte die Gefahr.
Er streifte durch das ganze Land
und suchte weit und breit
nach Pokémon, doch überall
standen Feinde schon bereit.
Verkündeten, sie wollten nun
die Pokémon befrei'n.
Für diese Lüge war er taub,
wollt' ein guter Trainer sein.
Eine entführte Abenteurerin,
die sich gab voll und ganz ihrem Entführer hin,
und dann gerettet werden soll
von ihrer besten Freundin, die fand das aber gar nicht so toll.
Die Freundin wollte sie aufhalten
und sagte deshalb: „Was wäre, wenn
du einfach auf unsere Seite zurückkehrst
und dich nicht mehr wehrst?“
...
Scoppel ließ das Büchlein sinken,
nicht in Fremdscham zu ertrinken,
brauchte einen nicht so kleinen
Augenblick, um zu verstehen,
was gerade war geschehen.
So erschöpft vom Weltenbummeln,
sich an fremden Orten Tummeln,
kehrt' es schließlich kaum verdrießlich
heim nach diesem jähen Ende
in die eigenen vier Wände.
Müde legte es sich nieder,
kehrte in die Welten wieder,
nicht versäumend, friedlich träumend
auf den vielen fremden Erden
selbst einmal ein Held zu werden.
"Mal schauen, wer ist der Nächste?", fragte Dedenne in die Runde und schaute in die leeren Pfoten der restlichen drei Freunde. Er hob seinen Blick in ihre Gesichter und alle schauten mit dem gleichen Gesichtsausdruck zurück.
"Nun, es gab da diesen mächtigen Schneesturm, der die Bäume entwurzelte und ganze Berge mit seiner weißen Pracht bedeckt hat", begann Arthur zu erzählen, "und der hat all unsere Geschichten weggetragen."
"Um ein Haar hätte er mich auch weggeweht", pflichtete Orion ihm bei und Yvonne flappte allein bei dem Gedanken daran aufgeregt mit ihren Buchdeckeln. "Meine Raniya wollte mich schon gar nicht losziehen lassen."
Dedenne sufzte. "Nun gut, das lässt sich wohl leider nicht ändern. Schätze, dann müsst ihr die Wahl zwischen uns dreien treffen", sagte Dedenne und drehte sich erwartungsvoll zu den Zuhörern vor den Fenstern, die vor Spannung die Kälte ganz vergessen hatten.