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  • „Allein schon der Springbrunnen ist größer als unsere Wohnung, oder Foli?“, schätzte das Mädchen ein, als sie von ihrer Stadtkarte nach oben sah. Sie ließ ihren unsicheren Blick nach rechts und links schweifen und ihr zappelndes Pflanzenpokémon aus ihren Armen springen. Arkani neben ihr wedelte wild mit seinem Schweif, als es Anstahlten machte, über den Zaun springen zu wollen.

    „Nein, Arkani!“

    Enttäuscht sah die Feuerhündin sie an und neigte den Kopf zur Seite, ihre Trainerin kam herüber und kraulte das Pokémon kurz hinter den Ohren. Es war ein heißer Tag heute, selbst für ihre alte Heimat Johto, auf den Straßen waren kaum Menschen zu sehen. Vielleicht lag das auch daran, dass sich die Leute in ihren riesigen Villen aufhielten, die sie die ganze Straße runter schon hatte betrachten dürfen, überlegte das Mädchen.

    „Wir wohnen zwar jetzt hier, aber ich will nicht, das gleich die Polizei kommt und uns einbuchtet, weil sie denkt, wir brechen hier ein. Lass uns warten, bis unsere Nachbarn uns kennen, okay Große?“, erklärte sie ihrem Pokémon und suchte ein Klingelschild, um festzustellen, ob sie denn wirklich richtig war an diesem Haus. Arceus, auch wenn er gesagt hatte, er würde sie aufnehmen wirklich glücklich hatte er mit der Entscheidung nicht ausgesehen, als sie sich über Rayke (Skype) kennen gelernt hatten. Gut vielleicht hatte das auch an ihr gelegen, aber zwei Wochen nach dem Tod der Mutter konnte er auch nichts Anderes erwarten. Endlich fand sie das Schild und den Knopf, die ihr Gewissheit gaben über ihren Aufenthaltsort. Sie drückte vorsichtig auf die Klingel, aus Angst, den Messingknopf irgendwie kaputt zu machen und rief ihr Folipurba zu sich, das durch den Zaun ein wenig ihr neues Zuhause erkundet hatte. Vor Schreck fuhr sie ein wenig zusammen, als die Klingelplatte sich drehte und plötzlich einen kleinen Monitor freigaben. Der Bildschirm zeigte einen Mann mit blauen Haaren und starrem Blick, der sie ein wenig unsicher werden ließ. Das war nicht ihr Vater, zu faltig und eingefallen sein Gesicht und sein Blick war auch etwas...lebendiger gewesen, oder? Trotzdem entschied sie, sich freundlich vorzustellen, immerhin sah er aus, als würde er hier wohnen, vielleicht der Freund ihres Vaters? Es konnte jedenfalls nicht schaden, höflich zu sein.

    „Guten Tag. Ich bin Miharu Seira und suche Saturn...“

    „Tanaka?“, erwiderte ihr gegenüber, bevor sie ihren Satz zu Ende gesprochen hatte. Er sprach genau so unfreundlich, wie er wirkte und das macht sie jetzt doch nervös, sie nickte nur schnell, bevor sie ihre Worte wiederfand.

    „Ja, genau, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ist er zufällig da? Ich bin seine...“ Wieder kam sie nicht zum Ende ihres Satzes

    „Tochter, ich weiß. Nein, er ist nicht da, aber er hat mich gebeten Sie hereinzulassen“, erklärte er. Nun wirkte er eher nervös, aber so schnell fiel das Miharu nicht auf. Enttäuscht ließ sie den Kopf sinken. Warum war ihr Vater nicht zuhause? Er hatte den Termin scheinbar nicht vergessen, sonst hätte er seinen... Freund? Nicht über ihre Ankunft informiert. Wollte er sie nicht kennen lernen? Ein wenig zitterte sie bei diesem Gedanken vor Trauer, Wut. Warum hatte er das dann nicht gleich gesagt? Sie wäre auch ohne ihn klargekommen, aber nun hatte sie sich schon ein wenig an ihn geklammert, gehofft, ein neues Heim haben zu können. Oder war ihm etwas passiert? Erst nachdem sie angsterfüllt aufgesehen und sich dann ein wenig beruhigt hatte, erkannte sie die Nervosität ihres Gesprächspartners, der sie fragte, ob alles in Ordnung wäre. Ohne etwas weiter überlegen zu können, platze die Frage aus ihr heraus.

    „Ist etwas mit ihm passiert?“, brach sie hervor, dass ihr gegenüber nun noch nervöser aussah, half nicht gerade zu ihrer Beruhigung. Ihr Herz pochte schmerzhaft, obwohl sie ihren Erzeuger noch nicht mal kannte, aber sie hatte sich eben dumme, glückliche Hoffnungen gemacht.

    „Nein, er befindet sich in einem guten gesundheitlichen Zustand, aber es... ist schwierig.“

    „Er kann...“ Stille.

    „Er hat...“ Wieder Stille.

    Miharu musste genau zuhören und das Zwitschern der Staralilis ignorieren, um die Stimme des Mannes zu erkennen, der scheinbar unterdrückt fluchte.

    „Bin noch schlimmer im Zwischenmenschlichen Bereich als er... warum hab ich ja gesagt...Wie erklär ich ihr dass...“ Irgendwann schien er sich gefangen zu haben und betätigte den Toröffner, um das Mädchen hereinzulassen, dass nun noch verwirrter war als vorher mit dem Versprechen, ihr gleich mehr zu erklären. Sie nickte und schnappte sich ihre große Reisetasche, ihre restlichen Sachen müssten schon hier angekommen sein, jedenfalls hatte ihr Vater ihr das geschrieben. Sie rief ihr Arkani erst mal zurück und ging durch das metallene Tor, das sich mit einem ganz leichten, kurzen Quietschen geöffnet hatte, ihre Laubkatze vorsichtshalber auf den Arm genommen. Während sie den sandigen Weg um den Springbrunnen und zur weiß gemauerten Villa entlang ging, fiel ihr auf, das hier fast nur grüner Rasen zu finden war, hin und wieder unterbrochen durch einige, wahrscheinlich wild gewachsener Bäume, immerhin aber auf gleicher Länge gehalten. Aufwendig gestaltete Blumenbeete und rankelnde, blühende Pflanzen über der ebenfalls weißen Mauer fand sie hier im Gegensatz zu den anderen gut betuchten Häusern hier nicht. Vielleicht legte ihr Vater darauf nicht so einen großen Wert? Genau so wenig wie auf sie? Unsicher senkte sie den Kopf und drückte sich an ihre neugierig umher sehende Katze. Ihm ging es ja scheinbar gut, warum war er dann nicht hier und ließ sie mit seinem Freund alleine, der scheinbar eine geringe Kommunikationskompetenz besaß? Sie merkte nicht, wie langsam sie die Treppen hinaufschritt, erst, als vor ihr bereits die Tür aufging. Sie war Teil eines großen, zweiflügeligen Tores, das man wohl öffnen könnte, wenn ein großer Empfang geplant war und ebenso weiß wie der Rest der Fassade. Vor ihr stand der Mann, den sie eben noch per Bildschirm betrachtet hatte und fuhr sich unruhig durch die struppigen Haare.

    „Komm erst mal rein und fühl dich wie Zuahuse“, begann er zu reden und wandte sich zum gehen, sie folgte, stockte aber, als er sich noch einmal umdrehte.

    „Also, eh, nicht, dass das dein Zuhause aus Johto wäre, aber es ist dein Zuhause, wenn auch vielleicht nicht vom Gefühl aber zumindest offiziell und dein Vater will auch, dass du hierbleibst, aber nicht eingesperrt natürlich aber...“ Miharu stutze erst, dann begann sie ein wenig zu kichern, auch aus Erleichterung. Scheinbar meinte ihr gegenüber es zwar gut, wusste aber nicht so recht mit der Situation umzugehen und verrannte sich dabei, das zu zeigen in seinen Begriffen.

    „Ist schon in Ordnung, ich verstehe, glaube ich, was Sie meinen.Danke für ihre Mühen“, versuchte sie den Mann zu beruhigen, der nun doch ebenfalls ein wenig erleichtert aussah.

    „Da..danke.“ Die Antwort kam schnell, anscheinend eher spontan und ehrlich, trotzdem schien er immer noch nicht wirklich zu wissen, was nun folgen würde. Er ging bestimmt in eine Richtung und Miharu entschied sich, ihm durch die lichtdurchflutete Eingangshalle zu folgen, durch die sich ebenfalls die Farbe weiß zog, allerdings abgewechselt mit ein paar dunkelblauen Elementen. Auf Miharu wirkte das Haus irgendwie gleichermaßen freundlich und kalt, vor allem, als sie den breiten Flur links entlang gingen und sich zeigte, dass das weiß sich weiter als Farbe durch die Räume zog.


    Sie entdeckte ein paar Bilder an der Wand, wohl irgendwelche Kunstdrucke, keine persönlichen Fotos, die Zuhause die Wände ihrer Wohnung geschmückt hatten, von ihr, ihrer Mutter, ihren Freundinnen und Freunden. Als sie am Ende des Flurs in eine lichtdurchflutete Küche mit Essbereich traten, die ungefähr die Größe ihrer alten Wohnung hatten, hielt Miharu an, den Blick wieder nach unten gesenkt. Ihre Arme klammerten sich um das Junge Pflanzenpokémon. Dieser verdammte Unfall! Warum hatte es ausgerechnet ihre Mutter treffen müssen? Das Gewitter, warum war es so stark gewesen, dass ihre Mutter nichts mehr hatte sehen können und auf der Straße ins Schleudern geraten war? Sie brauchte sie doch! Mit ihren fünfzehn Jahren war sie ja doch kaum in der Lage, auf sich selbst acht zu geben, wem wollte sie etwas vormachen? Yuki hatte noch so viele Pläne gehabt, jetzt, wo sie endlich aus dem Gröbsten raus war, Erkundungen von alten Ruinen, Bücher schreiben, entspannter leben, weil ihr Kind nun auch langsam selbst Geld verdiente. Miharu hatte ihrer Mutter noch so viel geben wollen. Yuki hätte diese Villa verdient, nicht sie. Und einen Partner, der sie vergötterte, dass sie stolz auf ihre Tochter sein konnte, weil diese ihr Ziel erreicht hätte und Champ geworden wäre. Wenigstens kurz hatte sie die Nagashifolge auf den Thron der Top Vier unterbrechen wollen. Und nun? Würde sie hier Cynthia als Champ folgen können? Würde sie hier in der Schule ähnlich gute Noten schreiben? Freunde finden? Und würde sie wieder eine Familie haben?

    Erst später bemerkte sie die Tränen auf ihrem Gesicht und dass der noch namenlose Freund ihres Vaters sie panisch anstarrte.

    „Ich... das ist die Küche und das Esszimmer, wir nutzen längst nicht alle Zimmer der Villa und meist kochen wir auch nicht, entweder ist der Bringdienst unser Nahrungsmittellieferant oder unsere Haushälterin kocht eine Kleinigkeit“, versuchte sie sich scheinbar in Fakten zu verstecken und wandte den Kopf in jede Richtung, nur nicht in ihre. Sie nickte.

    „Zuhause haben wir uns abgewechselt beim Kochen, wenn Sie möchten, kann ich auch hin und wieder was zusammenwerfen“, bot sie an, um im Gespräch Abwechslung zu finden und er schien das dankbar anzunehmen. Nachher würde sie mit ihrer Freundin telefonieren, da würde sie sich besser verstanden fühlen, auch wenn sie ihrem Gegenüber keinen Vorwurf daraus machte.

    „Ja, das würde auch ernährungstechnisch einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit haben.“

    „Mein Name lautet übrigens Zyrus, Zyrus Akagi und ich bin der Lebensgefährte deines Vaters“, fügte er nach einer Welle des Schweigens an und Miharu nickte wieder.

    „Meinen Namen kennen Sie ja schon, freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, ich hoffe, wir kommen gut miteinander aus“, antwortete sie und Lächelte ein wenig verlegen, wischte sich die Tränen aus den Augen und bemerkte so gerade noch, wie ihre Laubkatze aus ihren Armen sprang und auf die Theke springen wollte. Hastig sprang sie ihr hinterher und fing sie noch rechtzeitig ein.

    „Folipurba, du weißt ganz genau, dass du auf den Küchenmöbeln nichts verloren hast!“ Ihr ernster Gesichtsausdruck blieb nicht lange, die großen, braunen Augen, die unschuldig funkelten, vertrieben ihn, sodass Miharu nur noch halbherzig mit den Augen rollte und entschuldigend zu Zyrus blickte. Er sah aus, als ob er gelächelt hatte, oder es zumindest versuchte.

    „Pokémon sind bis auf die Küche in jedem Raum des Hauses gern gesehen, die meisten befinden sich allerdings Im Garten oder im sich anschließendem Wald nach hinten heraus. Vielleicht wäre es nur gut, unsere Pokémon mit den deinigen bekannt zu machen, um etwaige Missverständnisse und Kämpfe zu vermeiden. Ich bin... nicht gerade angetan von Gewalt in Form von Kämpfen, aber dein Vater hat mir erzählt, dass du dies auf einer höheren Schule erlernt hast und es deine Persönlichkeit positiv beeinträchtigt, also möchte ich es dir nicht verbieten... Er sagte, du würdest hier auch eine Schule in diesem Themenbereich besuchen wollen?“ Zyrus wirkte weiterhin nervös, auch wenn er jetzt schon etwas mehr erzählte und aus seinem scheinbar großen Wortschatz die passenden Worte nun auswählen konnte. Auch wenn sie ihn vielleicht ein wenig merkwürdig fand, entschied sich Miharu, sich um ihn zu bemühen, immerhin machte er einen netten Eindruck und sie war froh darüber, dass sie hier ihre Pokémon halten und wahrscheinlich auch kämpfen durfte, soweit sie ihn verstanden hatte.

    „Ja, das hatte ich vor. Danke, dass ich meine Pokémon hier halten darf. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde“, entgegnete sie ehrlich und kraulte ihrer Katze den Kopf, während sie Zyrus durch den Gang zurück folgte und erklärt bekam, dass es hier unten Abstellräume, ein kleines Gäste – WC und Gästezimmer gab. Dann waren sie wieder im Flur angekommen. Über die mittig angelegte Marmortreppe gelangten sie auf die Galerie, durch die die oberen Räume erreichbar waren. Wieder wählten sie den linken Flur, der Ähnlichkeiten mit dem unteren Gang hatte, jedoch weniger Türen beinhaltete.

    „Das ist gut zu beobachten. Es liegt nicht im Interesse von uns und vor allem deinem Vater, dass du dich hier unwohl fühlst“, beschwichtigte er sie, sorgte dafür, dass sie stehen blieb.

    „Wo ist er jetzt?“, machte Miharu ihrer Neugier Luft, strich sich ihre lila gefärbte Strähne zurück in ihr dunkelblaues Haar, merkte wie er inzwischen etwas locker gewordener Begleiter sich wieder etwas versteifte. War das wirklich wahr? Wollte er wirklich, dass sie sich hier zuhause fühlte? Warum war er dann nicht da? War sie wirklich so sehr ein Eindringling für ihn? Dann warum überhaupt diese Show? Wieder ballten sich ihre Fäuste, doch bevor sie noch irgendwie reagieren konnte, erklang Zyrus' Stimme, irgendwie panisch.

    „Es ist nicht so, wie du denkst. Es ist nur... schwierig für ihn. Er hatte selbst nicht gerade eine ideale Vaterfigur und hat jetzt Angst, genau so zu sein wie sein Vater, er will dir nicht wehtun!“

    Verwirrt blickte Miharu auf. Er selbst hatte nicht viel über sich erzählt, als sie sich am PC kennen gelernt hatten, nur gesagt, dass sie zu ihm kommen könnte, wenn sie das wollte. Sie wusste nur, dass er 38 war, wegen irgendetwas vorbestraft und danach irgendwie reich geworden. Saturn Tanaka. Sonst hatte sie nicht viel über ihn gewusst. Ihre Mutter hatte ein wenig über ihn erzählt, gesagt, dass er wohl eine ironische, sarkastische Ader an sich hatte, viel über die Welt nachdachte und sich für Geschichte und für Technik interessierte. Sie selbst hatte ihn dann durch FireVulpix laufen lassen, herausgefunden, dass er teils Sicherheitssysteme entwickelte und teils mit der Niroota Cooperation gemeinsam nützliche Programme erstellte. Aber persönlich? Er soll nett gewesen sein, ein Charmeur hatte Yuki gesagt, nur irgendwie hatte es nicht sollen sein, er hatte sich schließlich von ihr getrennt und war zurück nach Sinnoh gegangen, bevor sie von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte. Und war nicht mehr auffindbar, jedenfalls nicht mit den Mitteln, mit denen Yuki ihn gesucht hatte.

    Zyrus hatte es wohl inzwischen aufgegeben, auf sie zu warten und machte unsicher mit der Führung durch das Haus weiter, zeigt ihr das große Wohnzimmer, das direkt über der Küche lag und in dem in einem Körbchen ein Hundemon schlief, sich aber interessiert aufrichtete und zu ihnen herüberging. Langsam setzte Miharu ihr Folipurba ab, das sich vor dem Feuerhund versteckte, hockte sich hin und streckte vorsichtig die Hand aus, sodass Hundemon für sich erkennen konnte, ob sie als gefährlich einzuschätzen war. Dabei sah sie nicht zu Boden, um ihre Gleichrangigkeit zu betonen, jedoch auch nicht direkt in die Augen, was als Herausforderung galt. Das Pokèmon legte interessiert den Kopf schief, schnüffelte ihre Hand und lief sich danach sogar ein wenig streicheln, während es das verängstigte Folipurba betrachtete. Vorsichtig schnüffelte auch dieses an Hundemon und kam ihm Stück für Stück näher, bevor Hundemon es schließlich abschleckte. Erschrocken kletterte die Laubkatze wieder an Miharu hoch, die daraufhin lachte, den Höllenhund noch einmal streichelte und dann wieder aufstand, um Zyrus weiter zu folgen.

    „Das hier wäre dein Zimmer“, erklärte Zyrus schließlich an der dritten Tür rechts, die wie alle in einem dunklen grau gehalten waren und öffnete diese. Es war nicht ganz so groß wie die Küche und das Wohnzimmer, hatte jedoch ebenfalls eine Fensterfront. In der Mitte standen die Kartons, in denen sich vermutlich ihr restliches Zeug befand. In der Nähe der Fensterfront stand ein großer, weißer Eckschreibtisch, auf ihm ein Laptop, ein Drucker, eine Lampe, Schreibutensilien. Der große und bequeme Bürostuhl stand mit dem Rücken zu einer Korkwand, an der noch keine Zettel befestigt waren. An der Zimmerseite des Schreibtisches stand ein Regal in seiner Höhe, auf dem ein Flachbildschirm stand, dahinter lag ein kleines Sofa in rot. Der Fußboden war ein dunkles holzbraunes Parkett, das nur an einigen Stellen von roten, kleinen Teppichen unterbrochen wurde. An der linken Wand stand ein weißes, hohes Regal mit einer Glasscheibe. Auf der rechten Seite stand etwa auf der Höhe des Schreibtisches ein raumhohes Regal, das als Raumtrenner diente und hinter dem ein großes Bett zum Vorschein kam, das auf der Fensterseite einen kleinen Nachttisch stehen hatte. Miharu hatte den Mund vor staunen geöffnet und nicht wieder zubekommen, erst recht nicht, nachdem Zyrus ihr gezeigt hatte, dass die zwei Türen auf der rechten Seite in einen begehbaren Kleiderschrank und ein separates Badezimmer mit Wanne führten. Ungläubig berührte sie schließlich die technischen Geräte auf ihrem Schreibtisch, zu dem außerdem ein Poketch gehörte, die Außenseite mit einer eleganten Gravur ihres Namens verziehrt. Als sie von ihrem Schweigen wieder zu sich kam,wandte sich der wieder sichtlich verwirrte Zyrus an sie.

    „Auch wenn die Abwesenheit materieller Dinge in seiner Lebensgeschichte nur als gering problematisch von ihm erlebt wurde, wollte Saturn sicher gehen, dass es dir in diesen Bereichen an nichts mangelt“. Vorsichtig nickte Miharu. Auch wenn es auch für sie kein Problem war, nicht immer das allerneueste zu haben oder dafür arbeiten zu müssen, war sie trotzdem beeindruckt, ein wenig baff. War das vielleicht ein Versuch, sie zu erkaufen? Oder vielleicht hatte ihr Vater ja auch Schuldgefühle und versuchte nun, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Sie war überrascht von dem Gedanken, der ihr danach kam. 'Hätte er sich mal früher so um uns gekümmert!' Er hatte nichts von ihr gewusst und sie hatte ihn damals nicht vermisst, schüttelte Miharu energisch den Kopf. Sicher, es war bestimmt manchmal hart gewesen, vor allem natürlich für ihre Mutter und besonders am Anfang, aber es war gegangen. Sie hatten halt jetzt Zeit, sich gegenseitig kennen zu lernen. Hoffentlich würde das gut gehen..


    Sie nickte Zyrus zu, als er sagte, dass er sie erst einmal allein lassen würde, sodass sie ankommen und sich einrichten könnte und dass sie ihn in seinem Büro gegenüber finden könnte, wenn sie etwas brauchte. Bevor sie damit anfing, brauchte Miharu noch eine Weile, sah aus dem großen Fenster hinaus zum Waldeingang, über den sich bald schon die Abendsonne senken würde. Heute war Samstag, übermorgen würde sie schon in die neue Schule gehen, deren Uniform schon in ihrem Schrank hing. Das Zimmer war zwar groß und zweckmäßig eingerichtet, ihr gefielen auch die Farben und vor allem der Ausblick, aber mehr noch als das ganze Haus war es irgendwie leer. So leer wie sie sich seit sechs Wochen fühlte. Folipurba, das gerade den besten Ort für ihr Körbchen in Miharus Bettnähe gesucht hatte, lief zügig auf ihren leisen Pfoten zu ihrer Trainerin, strich um ihre Beine, als die Tränen das gerahmte Foto ihrer Mutter benetzten, das sie auf den Nachttisch stellen wollte. Wie gerne hätte sie sie jetzt gefragt, ob ihr Vater sie wohl wirklich wirklich hier haben wollte, ob sie ihm vertrauen konnte. Sie hatte Angst davor, dass er sie nicht mögen konnte, eher nicht davor, dass er sie schlecht behandelte, wobei, würde sie sich dann überhaupt wehren können? Würde er ihr weiter aus dem Weg gehen? Immer wieder dachte sie daran, während sie ihr Zimmer einräumte, ihre eigenen Geräte neben die neuen stellte. Es wurde langsam ihr persönlicher Raum, mit Dingen, die sie gerne mochte, Bildern von ihren Freundinnen, Pokémon und das gab ihr ein wenig Zuversicht, vielleicht würde sie ja doch glücklich werden.


    Während sie gerade die letzten Dinge platzierte, merkte sie, wie Absol, das sie inzwischen auch aus dem Ball gelassen hatte, sich neugierig in Richtung Tür bewegte. Um zu verhindern, dass das mutigere Absol sich mit einem ihrer neuen Mitbewohner anlegte, folgte Miharu ihrem Pokémon auf den Gang.

    „Irgendwann musst du mit ihr reden, sie macht einen angenehmen, verständnisvollen Eindruck auf mich.“

    „Du bist ja auch nicht der Idiot, der ne schwangere Frau sitzen lassen hat und sich eher unfreiwillig so versteckt hat, das sie keine Unterstützung von ihm bekommen hat. Wahrscheinlich denkt sie jetzt, ich hab mich einfach so aus dem Staub gemacht.“ Miharu schreckte innerlich auf bei dieser Stimme, die aus dem Raum gegenüber kam. Das war die Stimme des Mannes, der sie erzeugt hatte, auch wenn sie wesentlich aufgeregter schien, als vor vier Wochen. Und anscheinend hatte er ihr nicht geglaubt, als sie gesagt hatte, dass er sich deswegen keine Gedanken machen brauchte.

    „Den Eindruck machte sie eher nicht. Sie schien eher verunsichert der Tatsache, dass du sie nicht persönlich in Empfang genommen hast. Das trug meiner Meinung nach dazu bei, dass sie sich ungewollt gefühlt hat“, erklärte nun wieder Zyrus' Stimme. Trotz seiner Unsicherheit hatte er sie relativ gut eingeschätzt, was Miharu erstaunte.

    „Na ganz toll. Das wollte ich genau nicht. Super. Wie soll ich das denn wieder hinkriegen? Ohne dass sie mich hasst? Wahrscheinlich plant sie gerade, wie sie hier am schnellsten wieder wegkommt. Vielleicht wäre es auch besser so für sie.“ Der letzte Teil des Satzes ging halb in Miharus Tränen unter, nur mühsam konnte sie ihr Schluchzen so lange unterdrücken, bis die Hand vor ihrem Mund lag. Er wollte, dass sie ging. Er wollte sie nicht in seiner Nähe. Ihr Vater mochte sie nicht. Schon in der Drehung begriffen, hielt sie Absol zurück, zog sie wieder näher an den Raum heran. Was sollte das? Hasste sie jetzt auch noch ihr Pokémon und wollte, dass sie sich das länger anhören musste? Sie würde sofort verschwinden, irgendwie würde sie sich schon alleine durchschlagen, wenn nur das Nachtwesen sie endlich loslassen würde, bevor die beiden Erwachsenen sie bemerkten! Als Absol sie plötzlich auf den dunklen Holzboden fallen ließ, waren die beiden Männer schon an der Tür zu ihrem Büro, sie sah noch, wie Saturn zu ihr hastete, in dem Versuch, sie aufzufangen. Sie fiel trotzdem.

    Ihr Atem ging immer noch schnell, ihre Sicht war verschwommen von ihren Tränen, als Saturn ihr aufhalf, sie fragte, ob alles in Ordnung wäre. Absol strich schuldbewusst um ihre Beine. Miharus Blick traf auf den ihres Vaters, in ihrem Inneren trafen der Wunsch aufeinander, wegzulaufen vor seiner Aussage und der, hier zu bleiben, wegen seines besorgten Ausdrucks. Zyrus ergriff als erstes das Wort.

    „Es scheint, du hast dem Gespräch eine angstauslösende Aussage entnommen“, fragte er halb, ihr Blick schwankte zwischen dem Gesicht ihres Vaters und dem des anderen Mannes. Plötzliches Begreifen ergriff ihren Vater, bedauern erfasste seine Augen und dann spürte sie eine zögerliche Umarmung, die sie nicht erwiderte, aus der sie sich aber auch nicht ziehen mochte, weil es eines der Dinge war, die sie sich gewünscht hatte und die sie brauchte.

    „Miharu, ich... ich meinte das nicht so. Ich meine, ich hab's gesagt, aber... das war meine Angst, etwas falsch zu machen. Ich wollte keine Fehler mit dir machen, auch wenn wir uns noch nicht mal richtig kennen und deshalb dachte ich, es wäre besser für dich, wenn du irgendwo unterkommst, wo es Menschen gibt, die Ahnung von Erziehung haben. Ich habe sie nämlich nicht.“ Der Redefluß erdrückte Miharu, ließ sie eher fragend zurück, aber er passte zu der Umarmung, fühlte sich echt an, voller Zuneigung. Erst war sie wütend auf Absol gewesen, aber nun verstand sie, was ihr Pokémon wollte. Vielleicht hätte sie durch weiteres Zuhören das herausbekommen, was ihr Vater ihr jetzt gesagt hatte. Sie bemerkte, wie sich die Umarmung ein Stück weit löste und Saturn ihr wieder direkt in die Augen sah. Sie hatte die Haarfarbe von ihm bekommen, genau so wie ihr schelmisches Grinsen, hatte ihre Mutter immer gesagt und ihre Fähigkeit, Situationen nach außen hin völlig ruhig anzugehen, aber die Augenfarbe hatte sie von ihrer Mutter, genau wie die Sommersprossen, die auf ihrer hellen Haut noch deutlicher zum Vorschein kamen, auch diese teilte sie sich mit ihm.

    Irgendwie musste sie jetzt lachen, das Geräusch entwich ihren Lippen, bevor sie es wieder einfangen konnte, nun lächelte auch ihr Vater etwas beruhigt, aber weiterhin nervös.

    „Ist schon in Ordnung, denke ich. Mama ist mit mir... immer relativ offen umgegangen und hat vieles auch mit mir besprochen und daher dachte ich irgendwie, du wolltest mich nicht und konntest es mir nur nicht sagen. Entschuldige bitte. Ich.. ich wollte dir keine Probleme machen, sondern, dass wir uns einfach kennen lernen und irgendwie verstehen“, flüsterte Miharu halb, doch Saturn schien es zu hören, lächelte und drückte sie dann noch einmal an sich.

    „Ich bin nicht gerade ein Talent darin, auszudrücken, was ich fühle und was ich will, aber ich werd's versuchen, weil du mir wichtig bist und ich dich auch gerne kennen lernen will“, antwortete Saturn. Nun schimmerten auch in seinen Augen Tränen, ihre Umarmung blieb noch eine Weile bestehen. Absol saß brav neben Zyrus, betrachtete die Situation gespannt, eben so Zyrus, auch wenn er sich schließlich zurückzog, um den beiden Zeit zu geben, sich kennen zu lernen. Vorsichtig strich er dem Nachtwesen über den Kopf und verschwand schließlich wieder in seinem Büro.

  • „Du hast sicherlich schon mitbekommen, dass Zyrus auch jemand... besonderes ist“, erwähnte Saturn nebenbei, als sie über die große Wiese Richtung Waldeingang schlenderten. Sie hatte gerade die Pokémon kennenlernen dürfen und auch ihre eigenen Wesen vorgestellt. Ihr sonst so stolzer Drache lief ein wenig eingeschüchtert nebenher. Folipurba rannte von einer Ecke des Platzes zur anderen, Absol wirkte angespannt. Neben ihrem Vater lief sein Toxyquak, das wohl noch nicht wusste, was es von ihr zu halten hatte, auch wenn es sie nicht angriff. Miharu entschloss sich dazu, das Pokémon einfach erstmal zu ignorieren, um ihm zu zeigen, dass sie keine Bedrohung war und konzentrierte sich auf die Bemerkung ihres Vaters.

    „Er drückt sich vielleicht ein wenig kompliziert aus, aber er macht einen freundlichen Eindruck“, entgegnete sie, unschlüssig, wie sie darauf sonst reagieren sollte.

    „Ja, er gibt sein bestes und ich bin froh, dass du seine guten Seiten jetzt schon erkannt hast. Trotzdem hat er es auch nicht so mit Kommunikation, eigentlich.“

    „'Auch' nicht?“, fragte Miharu überrascht, blieb stehen und sah Saturn an, der nickte und ebenfalls stehen blieb.

    „Ja, ich werd dir jetzt nicht alles erzählen, aber im Grunde genommen war er am Anfang einfach nur ein schüchterner Junge, der sich lieber mit Maschinen beschäftigt hat, als mit Menschen und als seine Eltern ihn unter anderem dazu zwingen wollten, sich ausgeprägt und in idealer Weise mit Menschen zu unterhalten, hat sich das halt alles nochmal verschlimmert. Selbst einfache Unterhaltungen wurden für ihn immer schwerer, weil er immer dem Drang zuarbeiten musste, perfekt zu sein“. Die Stimme ihres Vaters war mit der Zeit immer nachdenklicher, schwerer geworden, fast als wäre sie mit seiner Aufmerksamkeit in die Vergangenheit geflogen. Auch Miharu wurde nachdenklich, strich ihrem Libelldra über den Kopf, das sich besorgt neben sie gestellt hatte, ganz wie es Toxyquak bei ihrem Vater tat. Es war nicht das gewesen, was sie wissen wollte, aber trotzdem ein wichtiger Einblick in einen Menschen, mit dem sie in nächster Zukunft zusammenleben würde. Und gleichzeitig bedrückte sie das Erzählte. Seit ihrer Zeit an der weiterführenden Schule, für die sie ein Stipendium bekommen hatte, waren ihr auch Schüler aufgefallen, die ähnlich wirkten wie das, was ihr eben erzählt wurde. In irgendwelche Rollen gedrängt, irgendetwas übergestülpt bekommen, was nicht zu einem gehörte... Meist waren es die erstgeborenen Söhne gewesen, die sich dann hin und wieder in ein falsches Selbstbewusstsein geflüchtet hatten. Sie konnte das verstehen, aber sie war froh, dass sie selbst bestimmen konnte, was sie tat. Oder? Würde sie jetzt vielleicht das Geschäft ihres Vaters übernehmen müssen? Hatte er nur deshalb zugestimmt, dass sie an diese Eliteschule wechselte und sich neben Pokémon noch auch Politik und vor allem auf Wirtschaft konzentrierte? War sie deshalb willkommen? Kopfschüttelnd verwarf sie den Gedanken. Nein, Saturn hatte ihr vorhin beim verspäteten Mittag erst gesagt, das sie tun und lassen könnte, was sie wollte und ihn nur vorwarnen sollte, wenn sie etwas Illegales plante. Würde so jemand reden, der wollte, dass seine Tochter das Unternehmen übernahm? Und wie ernst hatte er es gemeint? Als sie gelacht und gesagt hatte, dass sie den Champ nur auf legale Weise entmachten würde, sorgte das irgendwie für eine unangenehme Stille, die sich aber bald gelegt hatte.

    „Das tut mir leid. Gibt es irgendwas, das ihm hilft, irgendein Verhalten?“, erwiderte sie schließlich leise, während sie langsam in den Wald weitergingen.

    „Naja, was ihm hilft, ist auf jeden Fall Ehrlichkeit, Ironie und so versteht er zwar vom Sinn her, aber er kann nicht gut darauf antworten, oder überhaupt reagieren. Er mag auch keinen Smalltalk und längere Gespräche ermüden ihn, aber wenn du ihm seine Pausen, also zeit, die er mit sich verbringt lässt, dann geht es eigentlich. Achja, körperliche Nähe wie Umarmungen sind auch schwierig, frag ihn lieber vorher“. Als ihr Vater erklärte, merkte Miharu, wie trotz seiner Ernsthaftigkeit ein funkeln in seinen Augen lag, wenn er von seinem Partner sprach und sie musste automatisch lächeln. Sie nickte schließlich und versprach, darauf Rücksicht zu nehmen. Sie gingen weiter den Wald entlang, bis sie zu einer Steilen Küste kamen, an deren Klippen Wingull flogen und Pelipper brüteten. Es war nicht ganz unmöglich, herunterzuklettern, aber doch reichlich riskant für einen Menschen. Hohe Wellen brachen sich in der Brandung, als ihr Vater sie weiterführte, an der Klippe entlang, bis zu einem dünnen Pfad in den Felsen, der die Klippen hinunterführte. Der Salzgeruch und das Geräusch der brechenden Wellen erinnerte Miharu in ihr Zuhause, an das Baden gehen im Meer von Rosaltstadt. Saturn musste sich schon ein wenig bemühen, um die Wellen zu übertönen, als er wieder zu sprechen begann.

    „Hier komme ich gerne her, um über alles Mögliche nachzudenken. In den letzten sechs Wochen fast jeden Abend“. Miharu nickte wieder, war aber auch erleichtert, weil Saturn dabei lächelte.

    „Ich bin mit Libelldra so lange geflogen, bis ich wieder ins Heim musste“, fügte sie an.

    „Wir waren wohl beide ziemlich nervös“, schlussfolgerte sie und setzte sich auf einen der größeren Steine, die überall am Strand verteilt lagen. Auch ihr Vater setzte sich dazu.

    „Willst du wirklich von Übermorgen an in die Schule gehen? Schaffst du das?“, fragte ihr Vater und ließ sie damit aufsehen.

    „Ja, ich meine, es wird nicht besser, wenn ich rumsitze und warte. Sicher, ich vermisse sie und manchmal will ich mich immer noch einfach einschließen und mich unter einer Decke verstecken und heulen, aber ich will hier auch nicht den Anschluss verpassen und irgendwas machen“, antwortete sie ehrlich, ließ den weichen, weißen Sand durch ihre Finger rinnen.

    „Sie war eine tolle Frau“. Wieder blickte Miharu auf und sah, dass Saturn in Gedanken versunken war, als ob er sich an sie erinnerte.

    „Auch, wenn ich sie nicht geliebt habe, konnte ich mir mehr vorstellen. Das.. klingt falsch, vergiss, was ich gesagt habe. Ich meine damit, dass man sich gut mit ihr unterhalten und mit ihr klarkommen konnte, sie wäre sicherlich auch gut mit Zyrus zurechtgekommen, hätte ihm sogar helfen können“. Seine Worte zauberten ein Lächeln auf Miharus Gesicht.

    „Mama wäre selbst mit tollwütigen Ursaring fertig geworden“, behauptete sie, jetzt eher halb weinend. Hoffentlich war sie glücklich da oben...


    Sie brachen auf, als die Sonne schon fast in den Fluten versank und das rote Glühen langsam erlosch. Sie hatten sich über die Schule unterhalten, darüber, dass Saturn Mathe, Informatik und die Naturwissenschaften lagen, ihr eher Sport, Fremdsprachen und Geschichte, obwohl sie diese Fächer nicht mehr häufig auf ihrem Stundenplan fand, dass sie eben so wie er gerne Videospiele spielte und sie hin und wieder sogar ein wenig streamte und dass sie gerne ihren Nachnamen behalten und erst einmal geheim halten würde, dass sie seine Tochter war.

    „Naja, nicht richtig geheim halten“, berichtigte sie sich, als sie seine versteckt, enttäuschten Blick bemerkte. „ich will es nur nicht gleich an die große Glocke hängen, wenn es jemand zufällig rausfindet, ist das in Ordnung, aber vielleicht finde ich so auch Freunde, die mich nicht nur abstempeln und mich dementsprechend behandeln“, erklärte sie weiter und ihr Vater nickte beruhigt, wirkte aber immer noch ein wenig enttäuscht. Miharu seufzte innerlich, entschied sich aber, nichts weiter zu sagen.

    „Danke auch nochmal für die ganzen Sachen in meinem Zimmer. Ich wollte mir ohnehin einen Job suchen, um Geld zu verdienen und dann werd ich die Sachen auch abbezahlen“. Miharu stoppte, als Saturn abrupt anhielt, hörte sein bestimmtes 'Nein'.

    „Du bist mir absolut nichts schuldig und du musst auch nicht irgendwie arbeiten gehen, nur um mir das zu zahlen. Du bist meine Tochter und ich bin in der glücklichen Lage, dich finanziell zu unterstützen“, erklang seine Stimme, halb zwischen ernst und Wut gefangen, doch das war Miharu egal, denn auch sie war wütend.

    „Ich bin aber schon fünfzehn Jahre alt und versuche, selbstständig zu leben und für das zu arbeiten, was ich will. Es fühlt sich blöd an, nichts zu tun und dafür etwas zu bekommen“, erklärte sie zornig, die Hände eben so verkrampft wie die ihres Vaters.

    „Es gibt mehr als genug Leute, die so leben ohne ein blödes Gefühl und auch, wenn du langsam erwachsen wirst, will ich nicht, dass du das tust, weil du musst, sondern weil du willst. Bleib doch noch ein bisschen Kind!“, erhob sich seine Stimme immer lauter und erschrak Miharu damit, die vor allem mit dem letzten Vorwurf nicht gerechnet hätte. Warum sollte sie? Und warum empfand ihr Vater das Erwachsen werden als eine Pflicht, die lästig war? Im Gegenteil, sie freute sich darauf, weiter eigene Entscheidungen zu treffen und Kind konnte sie doch noch oft genug sein. Wütend stiefelte sie den Waldweg voran entlang, ihr Atem ging heftig, ihre Fäuste immer noch verkrampft.

    Es dauerte eine Weile, bis sie ihren Vater verstand, erst zum Abendbrot hatte sie kapiert, dass es vielleicht gar nicht so sehr um sie ging, sondern eher darum, dass sie für ihren Vater noch ein wenig Kind blieb. Sein Kind. Mit dem er scheinbar noch eine Schuld begleichen musste, ihr zurückzahlen, was sie seiner Meinung nach noch von ihm bekommen müsste. Und sie hatte ihm wohl die Möglichkeit dazu genommen. Sie seufzte, als sie sich durch ihre Nudeln grub, bisher hatte sie Blickkontakt vermieden, doch ihr wurde klar, dass sie wohl unfair gehandelt hatte.

    „Tschuldigung wegen vorhin. Ich wollte nicht undankbar klingen oder so, als ob ich das nicht wollte und nicht cool finde, aber ich will und brauche auch keine Verhätschelung.“ Ihr Unsicherer Blick brach von dem ihres Vaters ab, blieb an Zyrus hängen, der unsicher zwischen ihnen hin und her sah, bevor ihr Vater begann, zu sprechen.

    „Ist schon in Ordnung... ich hatte da wohl ein bisschen übertrieben, aber ich hatte in meiner Familie selbst nicht gerade Vieles, musste schon früh dafür arbeiten und am Ende... egal, jedenfalls dachte ich, dass du und Yuki auch nicht so viel zum Leben hattet und das wollte ich eben irgendwie ausgleichen, ohne dass du arbeiten musst oder..naja.“ Auch seine Stimme wirkte unruhig, hatte er auch darüber nachgedacht? Vorsichtig blickte sie wieder zu ihm, schenkte Saturn ein schüchternes Lächeln, das er kurz erleichtert erwiderte, dann wurde es wieder ernst.

    „Wenn du das wirklich machen willst, dann ist auch auch in Ordnung, denke ich. Aber wenn ich kann, will ich trotzdem irgendwo arbeiten gehen“, sagte Miharu, während sie sich die Soße über ihre Nudeln tropfte.

    „Einverstanden, du kannst arbeiten gehen, aber nur, wenn dir das nicht zu stressig mit der Schule wird, aber Taschengeld bekommst du trotzdem. Du kannst erwachsen werden, aber dabei sollst du auch nicht vergessen, deine Jugend auszuleben. Wenn du diese komische Cynthia von ihrem Thron gestoßen hast, ist dafür nämlich bestimmt keine Zeit mehr“, ging er schließlich auf ihr Friedensangebot ein, ließ das Lächeln auf Miharus Gesicht erscheinen und auch Zyrus sah erleichtert aus, dass sie sich geeinigt hatten.


    Die erste Nacht in ihrem neuen Zimmer war ungewohnt, sie hatte zuerst lange nicht einschlafen können, mit Lotta telefoniert, mit ihren anderen Freundinnen geschrieben und Fotos hin und her getauscht und sich schließlich wieder aufgesetzt, um ein wenig zu spielen, doch auch das hatte sie nicht richtig müde gemacht. Sie war in die Küche heruntergeschlichen um sich eine heiße Milch mit Honig zu machen, doch sie fand nur noch einen halben Liter Milch und keinen Honig, also schlich sie wieder nach oben. Ihre dunkel Jeans und ihr gelbes Oberteil lagen über der Stuhllehne, ihre Jacke an dem ersten Haken ihres Kleiderschranks, sie trug eine kurze, leichte Hose in weiß mit roten Punkten darauf, die sie als Kind mal als Turnhose getragen hatte und ein locker sitzendes grünes Top als Schlafanzug. Unmotiviert ließ sie sich auf ihr Bett fallen und strich ihrer Laubkatze über den Kopf, sah das Porträt ihrer Mutter an und unterdrückte die aufkommende Traurigkeit, bevor sie sich wieder einkuschelte. Auch wenn sie inzwischen alle ihre persönlichen Sachen eingerichtet hatte, war der Raum trotzdem leer und unpersönlich. Hoffentlich würde sich das später noch geben, überlegte Miharu, während sie endlich in einen tiefen Schlaf sank.


    Der Sonntag verlief relativ ruhig, was vor allem daran lag, dass Zyrus und Saturn noch viel Papierkram zu erledigen hatten und Miharu so der Vormittag zur freien Verfügung stand. Sie trainierte erst ein wenig mit ihrem Guardevoir, bevor sie in der Küche nach etwas suchte, das man zu etwas essbarem machen konnte. Es sah nicht schlecht aus für einen reinen Männerhaushalt, trotzdem täuschte das nicht über die Leere hinweg, sodass sie schlussendlich nur eine aufgepeppte Tütensuppe hinbekam, die aber ganz passabel schmeckte. Bei Tisch blieb es zumeist stumm, außer das Saturn ihr anbot, später auch einmal in die Firma herein zu schnuppern und sie sich anzusehen, wenn sie das wollte. Sie nahm dankend an, bevor sie sich gemeinsam um den Abwasch kümmerten. Es folgte wieder ein wenig Training und Miharu genoss es, nicht mehr durch die halbe Stadt laufen zu müssen, um einen guten Trainingsplatz zu finden und trotzdem Stille um sich zu haben. Ob die anderen Nachbarn sich wohl schon wegen Ruhestörung beklagen würden? Mit einem Schmunzeln wich sie dem nächsten Flammenwurf aus und stürmte auf ihr Pokémon zu, dem sie halb um den Hals fiel. Solange es ihrem Vater und seinem Freund egal war, würde sie weiterhin trainieren und wenn sich jemand beschweren wollte, könnte er das auch gerne tun, es wäre eine neue Herausforderung, so leise zu kämpfen, dass die Nachbarn nicht gestört werden würden.



    kommentare gerne erwünscht

  • Nach diesem eher ruhigen Sonntag war er schließlich da: Miharus erster Tag in ihrer neuen Schule und trotz der Tatsache, dass ihr Vater hinter ihr stand, war sie nervös. Hoffentlich würde sie nicht gleich bestürmt werden und hoffentlich waren wenigstens ein oder zwei nette Leute in der Klasse, zu denen sie sich dann in den Pausen stellen konnte. Sie hatte sich ihr Haar zu einem seitlichen Zopf geflochten, ihre lila Strähne bildete einen Strang, die Uniform bestand aus einem Blazer und einem Rock in grauer Farbe und sie hatte sie heute auch angezogen, auch wenn sie von ihrem Vater wusste, dass die meisten Schüler und Schülerinnen eher die Brosche trugen, um ihre Zugehörigkeit zu dieser Schule zu zeigen. Nur die Stipendiaten trugen meist Uniform und Brosche, wie Miharu auf ihrer alten Schule, vielleicht würde sich das ja hier ändern. Saturn würde die Kosten ihrer Ausbildung übernehmen und erst nach einer Weile war ihr der versöhnliche Gedanke gekommen, dass sie so keinem anderen Stipendiaten den Platz wegnahm, obwohl 'sie' es sich leisten konnte, auf diese Schule zu gehen. Später hoffte sie, entweder mehr Stipendiate für talentierte Schüler und Schülerinnen für Spezialgebiete zu ermöglichen oder aber gänzlich für alle jede Schule zu ermöglichen, wenn sie denn irgendwann Champ war und sich dafür aussprechen konnte. Zwar konnte sie auch hier als Champ nicht direkt an Regierungstätigkeiten teilnehmen, aber sie konnte bestimmte Anliegen, die von Bürgern motiviert waren, noch einmal gesondert vorstellen und unterstützen. Sie lächelte als sie daran dachte und auch der Gedanke, mit ihren Pokémon die Exekutive zu unterstützen, war etwas, das sie gerne tun würde. Und auch, wenn sie Siegfried Nagashi von seinem Champthron stoßen hatte wollen, so hielt sie ihn doch für einen vorbildlichen Champ, der seine Aufgaben gewissenhaft erfüllte und für das Gute kämpfte. Neu motiviert ergriff sie schließlich ihre Schultasche, in der wohl schon bald ihre Bücher stehen würden und lief nach unten in die Küche, in der sie ihren Vater und Zyrus begrüßte. Saturn sah noch etwas müde aus, sein Gegenüber hingegen überhaupt nicht. Sie aßen größtenteils schweigend ihr Müsli und ihr Toast, dann schulterte Miharu ihre Tasche.

    „Und du bist dir sicher, dass wir dich nicht hinfahren sollen?“, fragte ihr Vater schließlich doch noch nach, was ihm scheinbar auf der Zunge gebrannt hatte.

    „Ja, alles in Ordnung, ich komm schon klar. Ist ja quasi nur die Straße runter und dann rechts und die Räume hab ich mir auch aufgeschrieben. Aber danke, dass du gefragt hast“, fügte sie schnell noch an, als sie wieder diesen versteckt enttäuschten Blick ihres Vaters bemerkte. Ernickte nur und stand auf, griff dann hinter sich auf die Küchenablage, auf der eine grüne Box stand, in der man ein Brötchen sehen konnte, und eine Wasserflasche.

    „Dann nimm das hier wenigstens mit. Gabriella war heute früh schon einkaufen und da hab ich dir schnell ein Salatbrötchen und Wasser fertiggemacht“. Er wirkte jetzt fast ein wenig schüchtern, doch Miharu freute es deswegen nicht weniger. Bevor sie die Box und die Flasche entgegen nahm, drückte sie Saturn an sich.

    „Danke Papa“, meinte sie ehrlich und verstaute das Zeug dann in ihrer Tasche. Arceus, er gab sich wirklich Mühe, daran gab es keinen Zweifel. Mit einem Wink ihrer Hand verabschiedete sie sich auch von Zyrus, der dem ganzen schweigend beigewohnt hatte und versprach, zu schreiben, wann sie heute aus der Schule käme, sobald sie das wisse.


    Ihr neuer Poketch am Arm wog schwerer als gedacht, als sie neben Arkani den Weg zum Tor bewältigte. Sie wusste nun den Code der Tür und benutzte deshalb zum Leidwesen ihrer Feuertigerin die zivilisiertere Form, das Grundstück zu verlassen. Sie schwang sich allerdings danach auf ihren Rücken, nutze die freien, breit angelegten Gehwege voll aus, als sie mit ihr an den Villen vorbei bis zur Kreuzung an den Villen vorbeirauschte. Heute wollte sie noch niemanden treffen, der sie mit Fragen löcherte, deswegen war sie auch ein wenig zu früh aus dem Haus verschwunden, nicht nur, weil sie sich noch dem Direktor vorstellen musste.

    An der Kreuzung stieg sie allerdings von ihrem Pokémon und entdeckte auf der rechten Seite unverwechselbar die Schule, die sie nun besuchen würde. Vorgestern war sie von links gekommen und hatte dem riesigen Gebäude keine Beachtung geschenkt, die durch ein großes, schon geöffnetes Tor zu erreichen war. Neben einer Wendeschleife für Autos gab es hier auch einen Parkplatz für diese, für Fahrräder und Motorräder und für alles andere, mit dem man wohl hier herfahren konnte. Das Gebäude dahinter war in dunklem Grau und orange gestrichen und besaß ebenso viele Fensterfronten wie ihr jetziges Zuhause. Es wirkte eindrucksvoll, auch die Ausrüstung der Räume wirkte edel und hochtechnisiert, zumindest das, was Miharu erkennen konnte. Sie folgte dem Pfad bis zur Eingangshalle und orientierte sich schließlich nicht an ihren ausgepackten Zetteln, sondern an den elektronischen Anzeigetafeln, die ihr verrieten, wo genau sie lang musste, um den Direktor zu sprechen. Bis jetzt war noch kaum jemand hier, hauptsächlich wahrscheinlich die Lehrer und Lehrerinnen, die die letzten Vorbereitungen trafen und denen sie automatisch höflich zunickte, während sie an den Räumen und Wegweisern ihren weiteren Weg bestimmte. Als sie gerade an einer weiteren Abzweigung anhielt, um zu lesen, drängte sich auf einmal eine junge Stimme an sie.

    „Hey, du da! Du bist doch Miharu Seira, die die beim letzten Jugendturnier in Johto den dritten Platz belegt hat, oder?“, fragte ein Junge, ungefähr zwölf oder dreizehn und kam mit einem Lächeln im Gesicht auf sie zu. Er trug ein dunkelrotes T- Shirt und eine schwarze Hose und seine Umhängetasche hing fast in seinen Knien, aber er lächelte sie freundlich an und seine schokoladenfarbigen Augen leuchteten, sodass sie Miharu zum Lächeln brachten, als sie sich ihm zuwandte. Seine braunen Haare wirkten gelig, waren aber in alle Richtungen zerstrubelt. Immerhin einen ihr freundlich gesinnten Jungen kannte sie schon, vermutete Miharu.

    „Ja, die bin ich. Warst du auch beim Tunier?“, fragte sie interessiert, doch der Junge schüttelte den Kopf.

    „Ne, ich bin nicht so gut in Pokémonkämpfen wie du oder die anderen da, ich hab mir das als Zuschauer angesehen, das war aber auch voll cool. Gehst du jetzt auf diese Schule?“ Sie nickte wieder und bedankte sich für das Kompliment über ihre Kampfkraft, das würde sie an ihre Pokémon weitergeben.

    „Dann wirst du bestimmt auch in den Pausen kämpfen, oder?“, fragte er wieder und wieder bestätigte sie mit einem Nicken. Hier gab es, der Internetseite nach, jede Menge Kampffelder und Pokémon waren ausdrücklich erlaubt, speziell ausgebildete Trainer führten die Pausenaufsicht und passten auf, dass sich niemand verletzte. Der Junge erklärte schließlich, dass er Ludwig hieße und sich schon freue, noch mehr Kämpfe von ihr zu sehen und sie erwiderte, dass sie und ihre Pokémon ihr bestes geben würden. Dann verabschiedete er sich und rannte den Gang entlang.

    Miharu lächelte ihm eine Weile nach, dann konzentrierte sie sich wieder darauf, den Direktor zu finden und tat dies schließlich auch. Die Sekretärin begrüßte sie mit einem Handschlag, dann wieß sie sie in den Raum ein, in dem der Direktor schon wartete. Er wirkte groß und kräftig, dabei aber nicht älter als ihr Vater und hatte braune Haare. Auch er reichte ihr freundlich die Hand, hieß sie in seiner Schule willkommen, freute sich darüber, dass sie sich für diese Schule entschieden hatte.

    „Wir hätten Sie gerne unter angenehmeren Umständen begrüßt, Frau Seira. Wir möchten unser tiefstes Beileid für den Verlust Ihrer Mutter aussprechen“, fügte er gleich darauf an und Miharu bedankte sich leise dafür, bevor er ihr ihr Profil und ihre Klasse vorstellte und ihr auch noch Pläne für außerschulische Aktivitäten und die Räume mitgab, ihr noch erklärte, dass sie sich jederzeit an ihn wenden könne, wen sie mit etwas Probleme hätte und er hoffte, dass sie hier bald neue Wurzeln schlagen würde. Miharu bedankte sich dafür, doch es fiel ihr schwer, ihre Maske aus Freundlichkeit aufzubehalten. Trotz allem saß der Verlust ihrer Mutter noch tief und wenn sie so unvorbereitet an sie erinnert wurde, war ihr nach weinen zumute. Sie verließ schließlich den Raum, hatte das Treffen mit Ludwig schon wieder fast vergessen, als sie ihr Klassenzimmer betrat. Inzwischen war die Schule schon deutlich belebter, doch wegen ihrer plötzlichen Trauer waren ihr die Blicke nicht aufgefallen, mit denen ihr die anderen Schüler hinterhersahen.

    „Ah, guten Morgen, du musst Miharu .. äh Seira sein, oder? Du bist hier in der zehn C genau richtig. Ich bin Frau Rembrandt, deine Klassenkoordinatorin und Lehrerin in Mathematik und Wirtschaft, freut mich, dich hier bei uns begrüßen zu dürfen.“ Hoffentlich würde sie sich jetzt noch anfügen, dass es ihr um ihre Mutter leid täte, hoffte Miharu still für sich und wurde glücklicherweise nicht enttäuscht, die Frau, die sich weiterhin als nett erwies, ihr den Platz für ihre Kleidung zeigte, sie schon mit den Klassenkameraden bekannt machte, die anwesend waren und ihr einen Platz in der zweiten Reihe neben dem Fenster zuwies, erwähnte nichts weiter aus ihrer Geschichte. Und sie war froh darum. Sie war ja jetzt immer noch ziemlich in ihre Gedanken zurückgeworfen worden, nur weil Herr Phillips sein Beileid ausgedrückt hatte. Und wegen dieses Ludwigs hatte sie jetzt auch noch den Abend im Kopf, als sie den dritten Platz mit ihrer Mutter in einem Restaurant gefeiert hatte. Mit geballten Fäusten unterdrückte sie die Tränen, versuchte, an etwas Anderes zu denken. Sie wollte jetzt nicht losheulen und Mitleid bekommen und dann nur deshalb Freunde haben. Sie sollte jetzt verdammt nochmal stark sein!

    Energisch wandte sie den Kopf von der Aussicht des parkähnlich angelegten Schulhofes ab und sah sich unauffällig ihre neuen Mitschüler an, zwei Jungen und zwei Mädchen, eines davon hatte ein gestreiftes Oberteil an, auf dem jede Menge Flecken von getrockneter Farbe zu sehen waren, im Mund hatte sie einen Kaugummi, den sie gerade zur Blase anwachsen ließ und neonpinke gefärbte Haare. Das andere Mädchen schien ein bisschen schüchterner zu sein, wandte selbst nach ihrem aufgesetzten Lächeln den Kopf ab und schien halb hektisch ihre Notenblätter anzusehen, ein Geigenkoffer stand neben ihrem Platz. Ein Schüler, Nikolas hieß er und hatte grüne Haare, war in ein Gespräch mit Frau Rembrandt vertieft, der andere, schwarzhaarige tippte irgendwelche Nachrichten auf seinem Poketch. Bis auf das Mädchen mit den gefärbten Haaren, Naomi, vermutlich, hatte zwar niemand die Schuluniform an, aber alle wirkten so, als ob sie gleich eine Besprechung abhalten würden. Doch die dann erscheinende Schülermenge verzerrte dieses Bild wieder, da hier auch einige Dabei waren, die leger gekleidet waren. In ihrem Überblick bemerkte Miharu gar nicht, wie sich eine Schülerin mit blonder, langer Mähne und lila Wickeloberteil vor ihren Tisch stellte und sie so gut es ging musterte.

    „Du siehst aus, als ob du eine von diesen neuen Stipendiaten bist, die sich in die Oberschicht reinkämpfen wollen“, brachte ihre Stimme Miharu zu aufsehen. Ein wenig unwohl wurde ihr schon im Magen, schon oft hatte sie sich in ihrer alten Klasse auch anhören können, dass sie dort nichts zu suchen habe und sie hatte es sich anfangs zu sehr gefallen lassen. Zwar hatte sie zum Ende hin einen guten Stand in der Klasse, manche hatten sie aber dann eher für Projekte und anderes ausgenutzt, weil sie sich nie irgendwie gewehrt und ihre Taten hat sprechen lassen.

    „Und du siehst aus, als hättest du die Rösteinstellung von der Sonnenbank ausprobiert und ein wenig übertrieben“, erwiderte sie mit einem Blick auf den Sonnenbrand auf den Schultern des Mädchens. Sie merkte, wie um sie herum die Luft angehalten wurde und sich einige zu ihr umdrehten. War das jetzt zu gemein gewesen? Na toll. Sie mochte nicht jetzt schon als einsamer Wolf gelten. Dann merkte sie, wie sich der überraschte Ausdruck im Gesicht des Mädchens zu einem Grinsen verschob, als sie ihre Tasche nahm und an den Tisch neben sie stellte, bevor sie sich auf diesen Platz setzte.

    „Das hab ich nicht erwartet, aber das ist cool. Die anderen Stipendiaten sind immer gleich so unsicher, die reden dann ne Weile überhaupt nicht mehr mit dir, da musst du dich erst mal entschuldigen, aber du scheinst Biss zu haben“, erklärte sie, den Kopf auf ihre Hände abgestützt.

    „Knirscher, Biss reicht manchmal nicht aus“, gab Miharu zurück, erstaunt darüber, dass ihr gegenüber nicht sauer war und bereit, sich an einer Runde freundlichen Smalltalks zu beteiligen.

    „Ich bin diesmal gar nicht mit einem Stipendium hier, aber in meine vorherige Schule bin ich mit einem gekommen und da war ich zu nett und wurde ausgenutzt“, fügte sie noch an und ihr gegenüber nickte.

    „Dann war meine vorherige Einschätzung genau so falsch wie deine“, begann sie wieder. „Ich war nicht in einem Solarium, sondern bin in Hoenn in der Sonne weggenickt“, erklärte sie weiter und Miharu lächelte. Irgendwie war ihr dieses Mädchen sympatisch. Sie streckte die Hand aus und entschuldigte sich, dann stellte sie sich vor.

    „Ach das macht gar nichts, ich bin Elisabeth Mathilda Evangeline von Fleetburg und der Hanse, alter Landadel und außerdem die ältere Schwester von fünf Brüdern, die alle Familienoberhaupt werden wollen, da muss man sich schon schlimmeres anhören. Freut mich, dich kennen zu lernen, Miharu“, beschwichtigte sie das Mädchen und wieder musste Miharu lächeln. Ja, sie konnte es sich vorstellen, dass es unter sechs Geschwistern nicht immer nur freundlich zuging, auch wenn sie selbst sich hin und wieder einen kleinen Bruder oder eine Schwester gewünscht hatte.

    „Freut mich auch... Elisabeth“, setzte sie an, bis sie das Kopfschütteln ihres Gegenübers bemerkte.

    „Einfach Liz“, miente das Mädchen dann und begann dann, sie ein wenig den anderen vorzustellen. Das Geigenmädchen hieß Juliett und hatte eigentlich in den musischen Strang gewollt, allerdings sollte sie von der siebten bis zur zehnten diesen Strang belegen, um zumindest ein wenig Ahnung von der Unternehmensführung zu haben, in der elften konnte sie dann in die musischen Kurse wechseln. Beate, die Künstlerin genannt, erklärte Liz ihr, war das komplette Gegenteil von ihr, sechstes Kind, vor ihr drei Jungen und zwei engagierte Mädchen, saß nur in der Schule um zu zeichnen und bestand die meisten Kurse nur durch Bestechung durch ihre Eltern. Trotzdem mochte sie die Klasse gerne, vor allem, weil sie für die tollen Wandgemälde überall im Schulhaus sorgte und auch dem einen oder anderen mal in einem Kunstprojekt half, auch sie mochte ihre Klasse. Als sie gerade mit Nickolas anfangen wollte, betrat ein in schwarz gekleideter Schüler den Raum und setzte sich auf einen Stuhl in der hintersten Reihe, direkt am Fenster. Neben ihm lief ein Magnayen, obwohl das eigentlich nicht so gerne gesehen wurde, wie ihr der Direktor erklärt hatte. Draußen war dies kein Problem, aber in den Räumen, wo ach noch gegessen und Experimente durchgeführt wurden. Als sie das gerade ansprechen wollte, begann Liz mit ihrer Erklärung, auch sie hatte dem Jungen nachgesehen, der nur schnell einige Schüler und Schülerinnen mit einem Kopfnicken begrüßt hatte und nun desinteressiert aus dem Fenster blickte. Sein Magnayen hingegen, das konnte sie spüren, sah sie unter dem Tisch genauer an.

    „Mach dir keine Gedanken, das ist Luca Niroota, die sind in Sinnoh die reichste Familie, als Exerbe dieses Unternehmens darf man sich da schon so was leisten, oder Luca?“, sprach sie den Schwarzhaarigen direkt an, der jedoch nur kurz zu ihr herübersah, sie kurz musterte, ihr zunickte und sich dann wieder dem Fenster widmete. Sie hatte noch nicht mal Zeit, sich von seinen silbernen Augen zu erholen und die Geste zu erwidern, da hatte er sich schon wieder abgewandt. Auch den Blick seines Pokémon spürte sie nicht mehr, vermutlich wurde sie als nicht bedrohlich eingestuft.

    „Mach dir nichts drauß, Luca ist nicht der Typ zum Reden, er lässt eher die Taten sprechen“, setzte Liz wieder an, wurde dann jedoch von einem rothaarigen Jungen unterbrochen.

    „Oder seine Pokémon“, fügte dieser ungefragt hinzu und ihre neue Freundin nickte, warf noch einen kurzen Blick zurück und widmete sich dann Nickolas. Noch einmal ließ Miharu den Blick zurückfallen auf diesen Luca, dann hörte sie weiter Liz zu, bis ihre Lehrerin den Unterricht begann.


    Miharu blickte noch einmal auf ihr Handgelenk, dann auf die Umgebung. Nachdem sie ihrem Vater ihren Stundenplan übermittelt hatte, hatte er ihr vorgeschlagen, ein Eis essen zu gehen um den Tag zu besprechen. Er hatte lange bis zu einer Antwort gebraucht und ihr entschuldigend geschrieben, dass es viel zu tun gab, und für Miharu reichte allein schon die Tatsache, dass er sich Freizeit für sie erkämpfte, um dem zuzustimmen. Außerdem war es wirklich sehr heiß geworden, vor allem ihre graue Uniform zog viel Wärme an. Wie musste es dann erst Luca gehen? Sie hatte heute mit Liz und ihren anderen Freundinnen bei ein paar seiner Kämpfe zugesehen und war beeindruckt von seiner Stärke, die sie so nur bei Ligakämpfen beobachtet hatte. Dabei hatte er seinen schwarzen Mantel die ganze Zeit nicht ausgezogen.

    Als sie gerade darüber nachsann, erkannte sie plötzlich in der Ferne ihren Vater, der sie zu diesem Café geführt hatte und winkte kurz mit der Hand um zu zeigen, dass sie schon hier war. Er schien im Stress zu sein, aber je näher er in Sichtweite kam, desto weniger ließ er sich davon anmerken. Kurz drückten sie sich, dann betraten sie gemeinsam das Gebäude und setzten sich an einen der hohen Tische, bevor Miharu von ihrem Tag zu erzählen begann. Ihr Vater hörte aufmerksam zu, als sie von Liz erzählte, erklärte, dass er ihre Familie kenne oder fragte, ob er es auch möglich machen sollte, dass sie eines ihrer Pokémon im Unterricht neben sich haben dürfte, doch sie verneinte. Würde sie dies tun, würde man doch sofort wissen, dass sie zu ihm gehörte, zumal sie sich sowieso schon ähnlich sahen, außerdem hatte sie ihre Pokémon früher nie offiziell außerhalb ihrer Bälle haben dürfen, ohne das Kampfunterricht war. Sie erzählte weiter von ihren neuen Lehrern und ihrem Ersteindruck, dass sie sich wohl fühlen könnte an dieser Schule. Saturn nickte erleichtert, löffelte den Rest aus seinem Straciatellaeisbecher und sah nebenbei auf die Uhr und wirkte niedergeschlagen, als er wieder nach oben sah.

    „Tut mir leid, dass ich jetzt schon wieder los muss, aber es laufen gerade wichtige Besprechungen und um 17 Uhr haben wir ein Meeting mit einem unserer Hauptpartner, von dem ich noch nicht weis, wie lange es gehen wird. Also warte nicht auf uns“,entschuldigte sich ihr Vater und sie nickte ein wenig enttäuscht, auch wenn sie natürlich verstand, dass er arbeiten musste. Sie mochte es, mit ihrem Vater zu sprechen, seine kleinen, ironischen Anmerkungen, seine Geduld und seine Ruhe, die er wohl ihr gegenüber ziemlich erkämpfen musste. Sie drückte ihn an sich und versprach, gut auf sich aufzupassen, dann saß sie allein dort, stocherte lustlos in ihrem Vanilleeis herum. Sie konnte doch nichts dafür, dass sie so viel Zuwendung wollte und ihre Mutter nur noch mehr vermisste, wenn er nicht da war. Und Zyrus würde ihr auch fehlen, obwohl er nicht der Gesprächigste war. Sie bezahlte schließlich und machte sich wieder auf den Heimweg, betrat das große Haus und ließ sofort ihre Pokémon aus den Bällen, um zumindest etwas Leben in der Bude zu haben. Sie hielt sich mit ihren Hausaufgaben beschäftigt, kämpfte mit ihren Pokémon und entschloss sich schließlich, mit den neuen Lebensmitteln etwas zu kochen, das Saturn und Zyrus wenigstens etwas im Magen hatten außer Eis, wenn sie heute Nacht zu Bett gingen.

  • Hallo babykeks,
    dein Titel hat mich neugierig gemacht und da du bisher leider noch keinen Kommentar bekommen hast, hab ich dich einfach mal auf nach oben auf meine „Das möchte ich irgendwann noch kommentieren“-Liste gesetzt ^-^


    Zunächst muss ich gestehen, dass ich einen Startpost so ein wenig vermisse. Natürlich ist es kein Muss sowas zu haben, allerdings finde ich es aus diversen Gründen sehr hilfreich. Man kann sich einen Startpost so ein bisschen wie das Cover eines Buches vorstellen. Als Leser bekommt man schon einmal einen ersten Eindruck von der Geschichte und bekommt im Optimalfall natürlich Lust mehr zu lesen. Die Schreibschule ist inzwischen schon ziemlich in die Jahre gekommen, allerdings kann ich mich noch daran erinnern, dass mir dieses Topic damals sehr geholfen hat. Ein Startpost muss deswegen definitiv nicht unbedingt derartig ausführlich sein und alle dort genannten Punkte beinhalten. Aber zumindest ein Klappentext, eine Genreeinordnung und eine Kapitelübersicht finde ich wichtig. Durch den Klappentext bzw. die Genreeinordnung hat man schon mal so ein bisschen eine Idee, um was es in der Geschichte geht und ob sie was für einen sein könnte (Horror ist zum Beispiel ein Genre, dass nicht so wirklich was für mich ist). Eine Kapitelübersicht ist vorallem im späteren Verlauf und für neue Leser hilfreich, damit man eine gewisse Übersicht hat.
    Damit komme ich auch direkt zum nächsten Punkt. Mir ist aufgefallen, dass du bisher keine Überschriften nutzt, was ich dir aber sehr ans Herz legen würde. Dadurch ist es als Leser einerseits leichter sich in deiner Geschichte zurecht zu finden und zu wissen, an welcher Stelle man gerade war, wenn man nicht alles am Stück liest. Aber es ist zugleich auch bei Kommentaren hilfreich, weil immer direkt zugeordnet werden kann, auf welchen Teil der Geschichte sich ein Kommentar bezieht.


    Teil 1
    Direkt am Anfang könntest etwas konkreter werden beim Springbrunnen. Als ich die Stelle das erste Mal gelesen habe, dachte ich, dass sie vielleicht ein Mädchen mit gut betuchten Eltern ist, die jetzt in eine eigene Wohnung zieht und auf eigenen Beinen stehen möchte, weswegen ihre Wohnung deutlich kleiner ist, als sie es von ihren Eltern gewohnt ist. Nachdem ich etwas weiter gelesen hatte und jetzt nochmal über den Anfang lese, hab ich den Eindruck, dass es genau anders herum ist. Dass sie ein Mädchen aus normalen Verhältnissen ist, dass ihren Vater, der in einer Villa wohnt, noch nicht kennen gelernt hat und jetzt das erste Mal sein riesiges Anwesen sieht. Etwas eindeutiger wäre es vielleicht, wenn du eine Formulierung wie „Allein schon dieser Springbrunnen […]“ nehmen würdest. Damit wäre deutlich, dass sie grad über einen Springbrunnen direkt vor ihr und nicht aus ihrer Erinnerung redet.
    In Sachen Eindeutigkeit wäre es auch hilfreich gewesen, am Anfang nicht nur „Planzenpokémon“ zu sagen, sondern direkt Folipurba. Der Spitzname ist zwar in gewisser Weise schon ein Hint, aber zumindest für mich hatte sich daraus nicht direkt erschlossen, dass es sich um ein Folipurba handelt.
    Bei Rayke bin ich mir grad nicht ganz sicher, ob das eine Person oder das Äquivalent zu Skype in dieser Welt ist. Wenn es ersteres ist, wäre es stilistisch schöner, Skype nicht einfach in Klammern dahinter zu schreiben sondern in nen Satz mit einzubauen. Wenn zweiteres der Fall ist und die Klammer nur zur Erklärung dient, würde ich sie einfach ganz weg lassen und es in nem Nebensatz erklären (das wäre auch eine Sache, die beispielsweise auch in nem Startpost erfolgen könnte). So in der Art und Weise stört es aktuell leider ein wenig die Immersion.
    Kurz bevor der Mann, der auf das Klingeln antwortet, Miharu sagt, dass es ihrem Vater gesundheitlich gut geht, gibt es einen Satz, in ihr Vater einerseits als „Erzeuger“ bezeichnet wird, andererseits aber auch gesagt, dass sie sich „dumme, glückliche Hoffnungen“ gemacht hat. Ich finde, dass beides nicht so gut zusammenpasst. Der Begriff Erzeuger wird meines Wissens nach meist verwendet, wenn die Beziehung zwischen Vater und Kind alles andere als gut ist. Das ist hier zwar einerseits der Fall, aber andererseits würden die Hoffnungen, die sie sich macht dafür sprechen, dass sie eine gute Beziehung haben möchte, was gegen den Begriff Erzeuger spricht.
    Als der blauhaarige Mann sie rein lässt und sich etwas unbeholfen ausdrückt, musste ich schmunzeln. Seine Verunsicherung hast du mit dem kurzen Dialog wirklich gut eingefangen. Dadurch wirkt er auch gleich viel sympathischer und ich bin gespannt, was man noch so alles über ihn erfahren wird.
    Als die beiden in der Küche ankommen, bekommt man einen kleinen Einblick in Miharus Gedanken und erfährt, was genau eigentlich passiert ist. Allerdings ist es zwar einerseits so, dass der Erzähler sehr direkt an ihren Gedanken dran ist, ihre Mutter aber immer Yuki genannt wird, was nicht dazu passt, da ich davon ausgehe, dass Miharu ihre Mutter üblicherweise nicht beim Vornamen nennt, oder?
    Bei der Stelle, an der Zyrus erst meint, dass es einen positiven Effekt hätte, wenn Miharu ab und zu kochen würde, und sich dann vorstellt, wäre es hilfreich gewesen, beide Sätze in einer wörtlichen Rede zu haben. So wirkt es zunächst so, als würde das mit der Gesundheit eine andere Person sagen und dann Zyrus reden und sich vorstellen. Bzw. wenn es trotzdem noch deutlich werden soll, dass das zweite ein wenig später gesagt wird, hättest du in die Mitte von beiden soetwas wie „meinte er und fügte nach einer Welle des Schweigens noch an“ packen können.
    Als Zyrus erwähnt, dass er Pokémon-Kämpfe nicht mag, sagt er auch „es deine Persönlichkeit positiv beeinträchtigt“. Positive und beeinträchtigt passen irgendwie nicht so ganz zusammen und soetwas wie beeinflusst würde vielleicht besser an der Stelle passen.
    Ist ihr Vater abgetaucht, als er zurück nach Sinnoh ist? Zumindest klingt es ein wenig so, da Yuki ihn nicht gefunden hatte, als sie von ihrer Schwangerschaft erzählen wollte. Wobei Miharu ihn ja finden konnte und auch herausgefunden hat, was er beruflich die letzte Zeit über gemacht hat. Er ist also zumindest schon einige Jahre wieder auffindbar. Hatte Yuki einfach kein Interesse mehr gehabt ihm von seiner Tochter zu erzählen, da die beiden bisher auch allein zurecht gekommen sind?
    Die Beschreibung des Zimmers von Miharu ist dir gut gelungen. Man kann es sich sehr gut vorstellen und es ist nur zu verständlich, dass es Miharu ins Staunen versetzt, nachdem sie es eher schlichter gewohnt ist. Nach dem Verlust ihrer Mutter kann man nur hoffen, dass sie in diesem neuen zu Hause nicht nur mit materiellen Dingen verwöhnt wird, sondern in Zyrus und ihrem Vater auch eine Familie findet.
    Irgendwie kann ich es verstehen, dass Miharu sich nur auf die vermeintlich negative Aussage aus dem Gespräch von Zyrus und ihrem Vater versteift und alles davor ignoriert. Aber das ist einer dieser typischen Momente, die es gefühlt auch im Film oder in Serien oft gibt, in denen man die Protagonisten einfach gerne schütteln würde, um ihnen zu sagen „siehst du denn das offensichtliche nicht?“.
    Das Ende gefällt mir unglaublich gut. Es ist so schön, dass die beiden jetzt anfangen können, eine Beziehung zueinander aufzubauen. Ich hoffe, dass sich das weiterhin gut entwickelt. Saturn ist zwar etwas unbeholfen, aber das heißt halt noch lange nicht, dass er einen schlechten Vater oder dergleichen abgibt.
    Zyrus als Charakter gefällt mir bisher übrigens am besten. Die Art und Weise wie er spricht, passt einfach sehr gut zu deiner Beschreibung von ihm. Er ist dadurch zwar ziemlich eigen, aber gerade deswegen liebenswert. Ich bin gespannt, was es in den zukünftigen Kapiteln noch von ihm zu lesen geben wird.


    Ich glaube, an dieser Stelle mach ich auch erstmal einen Cut und nehm mir die nächsten Posts in ein paar Tagen vor. Aber der Kommi ist bisher schon ziemlich lang geworden und alles auf einmal wäre vielleicht auch ein wenig erschlagend.
    Ich weiß, ich hab vor allem viele Verbesserungsvorschläge gemacht, aber das heißt nicht, dass ich die Geschichte nicht gut finde oder so. Es ist nur gefühlt leichter anzumerken, wenn mir ne Kleinigkeit auffällt, die noch verbessert werden könnte, als ständig zu wiederholen, was mir gefällt.