Fanwork-Wichteln 2019: Geschenke-Topic

Das Ei

Völlig außer Atem kam Kas vor seinem besten Freund zum Stehen.

„Was ist denn los?“, fragte Luke und zog eine Augenbraue hoch.

„Ei-ein“, keuchte Kas, „ein Ei! Ich hab einige Rocketrüpel im Wald verscheucht und dann ein Ei gefunden. Vielleicht haben die seiner Mutter etwas angetan!“

„Und jetzt?“ Luke schien nicht besonders aufgeregt zu sein; aber Kas war fest entschlossen, sich um das verlassene Pokémon zu kümmern.

„Jetzt bin ich hier, um eine Decke, etwas Milch und einen Pokéball zu holen, um bereit zu sein, wenn die Mutter wirklich nicht wiederkommt und das kleine Ding schlüpft. Also? Hilfst du mir?“

Dunkelheit zu Licht

Es war dunkel. Und eng. Seltsamerweise war mir das vorher nie aufgefallen. War mir vorher überhaupt irgendetwas aufgefallen? Ich konnte es nicht sagen. Aber auf einmal wusste ich, dass diese Dunkelheit nicht mehr richtig war. Ich wollte Licht; ohne zu wissen, was es war. Allein diese Erkenntnis erweckte eine ungeheure Energie in mir und etwas Unglaubliches geschah: Ich begann zu leuchten. Und durch das Leuchten verschwanden die Wände, die mich beschützt, aber auch gefangen hatten.

Als das Leuchten verschwand, war die Welt hell und bunt. Und ich wusste es noch nicht, aber ich blickte in das Gesicht meines besten Freundes.

Ein neuer Freund

Kas wartete drei Tage in der Nähe des Eis, aber kein Pokémon tauchte auf, um sich darum zu kümmern. Schließlich war er sich sicher, dass das arme Ding durch Team Rocket zur Waise geworden war.

Luke hielt sein Engagement für verrückt, aber Kas wusste, dass er das Richtige tat- spätestens in dem Moment, in dem das Pokémon schlüpfte. Mit einem Mal saß ein winziges Tragosso vor ihm und blickte ihn aus großen, neugierigen Augen an.

„Hallo, Kleines“, begrüßte Kas es vorsichtig, um es nicht zu verschrecken. „Ich bin Kas. Und wenn du möchtest, kannst du ein Teil unserer Familie werden.“

Die große Niederlage

Ich liebte es, mit Kas und seinen anderen Freunden durch Johto zu reisen. In so kurzer Zeit wurde meine ganze Welt so riesengroß!

Kas war wundervoll. Er ließ mich immer auf Lukes Schoß sitzen und ihm bei seinen Kämpfen zusehen.

„Irgendwann wirst du auch so kämpfen können“, hatte er mir versichert. Und ich glaubte ihm. Mit ihm als Trainer würde ich genauso stark werden wie sein Starter Tyracroc.

Eines Tages jedoch musste ich dabei zusehen, wie Tyracroc zu Boden ging.

„Kasper aus Neuborkia hat kein kampffähiges Pokémon mehr. Damit gewinnt Falco das Halbfinale der Silberkonferenz!“

Erstmals war mein Freund geschlagen.

Ein neues Ziel

Kas hasste es, Kasper genannt zu werden, und für einen kurzen Moment überdeckte dieser Gedanke den Schock der Niederlage. Dann jedoch stützten all die Gefühle auf ihn ein.

Er hatte verloren. Sein geliebtes Tyracroc war vom gegnerischen Lucario besiegt worden. Es war vorbei; sein Traum geplatzt. Für ihn und sein Team war die Silberkonferenz beendet.

„Wir brauchen einen Neuanfang!“, verkündete Kas zwei Tage später, nachdem Falco, der Trainer mit dem Lucario, Pokémonmeister geworden war.

„Und was willst du mir damit sagen?“, fragte Luke.

Kas schaute zu Tragosso, das seinen Blick mit großen Augen erwiderte, und antwortete: „Wir fahren nach Hoenn!“

Mit ganzer Kraft

Zu kämpfen war das unglaublichste Gefühl, das ich kannte. Bisher hatte ich gedacht, die Energie, die mein Ei zerbrochen hatte, wäre stark gewesen, aber sie war nichts gegen die Macht, die ich spürte, wenn ich Knochmerang einsetzte.

Ich brauchte nur ein paar Trainingseinheiten, bevor Kas mich in einem freundschaftlichen Kampf gegen Tyracroc antreten ließ. Und auch wenn ich wusste, dass es sich stark zurückhielt, genoss ich jede Sekunde. Ich achtete aufmerksam auf die Bewegungen meines Gegners und ließ mich seltener von seinen Attacken treffen, als ich selbst traf.

Ich wusste vom ersten Moment an, dass ich fürs Kämpfen geschaffen war.

Ein heißes Duell

Tragosso war ein unglaublich guter Kämpfer, quasi ein Naturtalent. Schon im Kampf gegen Walter hatte es zeigen können, was in ihm steckte, aber im Kampf gegen Flavia blühte es erst richtig auf.

Kas hatte mit Tyracroc begonnen, welches, geschwächte aus den ersten Kämpfen, Qurtels Hitzekoller erlegen war. Tragosso aber war ausgeruht und wendig - noch keine gegnerische Attacke hatte es getroffen, während sein Knochmerang dem Feuerpokémon schweren Schaden zufügte. Qurtel begann schon bedenklich zu wanken.

„Los Tragosso!“, rief Kas seinem Pokémon zu. „Fast geschafft! Nur noch einmal Knochenkeule!“

Kaum traf der Knochen ihren Gegner, geschah etwas Wunderbares: Tragosso begann zu leuchten.

Erde zu Feuer

Zum zweiten Mal in meinem Leben erwachte dieses geheimnisvolle Energie in mir. Sie brannte in meinem Inneren und stellte alles, was ich zuvor erlebt hatte, in den Schatten. Es war beängstigend und befreiend, schmerzhaft und wohltuend zugleich. Und ich spürte, dass es richtig war.

Das Brennen in mir breitete sich aus, lechzte nach meinem Knochen. Mein ganzer Körper stand in Flammen.

Der Kampf hatte meine Faszination gegenüber Feuerpokémon nur verstärkt; aber das hier war anders. Diese Energie war ein Teil von mir.

Und als das Leuchten schließlich aufhörte, blieb sie.

Ich war stärker, größer, leichter. Und das Feuer brannte weiter.

Ein Geist des Vergangenen

„Alola“, war alles, was aus Kas‘ Mund kam, nachdem Tragosso sich entwickelt hatte. Er stand noch immer am Rande des Kampffeldes der Arena von Bad Lavastadt, wo Flavias Qurtel noch immer besiegt am Boden lag. Nur sein Tragosso war kein Tragosso mehr; es war ein Alola-Knogga!

Der Hitzeorden war vergessen. Alles, woran Kas denken konnte, war, dass Team Rocket das Ei aus Alola gestohlen hatte. Und das könnte bedeuten, dass Tragossos - nein Knoggas - Familie noch dort sein könnte. Vielleicht konnten sie sie finden.

Schließlich wollte Kas nichts mehr, als seine Pokémon glücklich zu machen.

Deshalb würden sie nach Alola fahren.

Die längste Reise

Kas war aufgeregter als ich, als wir mit dem Schiff Graohitport verließen, denn ich verstand einfach nicht, warum wir nicht weiterkämpften. In meiner neuen Form strotzte ich vor Energie und wir hätten noch mehr Arenaleiter in Hoenn besiegen müssen.

Stattdessen machten wir diese Reise.

Kas hatte mir erzählt, dass wir meine Familie suchen würden. Für mich ergab das keinen Sinn. Kas und Tyracroc und all die anderen waren doch meine Freunde, meine Familie.

Trotzdem war etwas seltsam, als wir nach dieser langen Fahrt schließlich auf Akala ankamen. Das Feuer in mir wurde ruhiger. So als wüsste es mehr als ich.

Zurück in die Vergangenheit

Das Herz klopfte Kas bis zum Hals, als sie vor dem Eingang des Wela-Vulkanparks angekommen waren. Dies war der einzige Ort, an dem Alola-Knogga und ihre Nachkommen lebten. Knoggas Familie musste hier sein!

Auf dem Weg hierher war sein Knogga immer ruhiger geworden; fast als spürte es, dass dieser Ort etwas Besonderes war. Nun wartete es darauf, dass sie weitergingen.

„Keine Ahnung, ob ich je bereit sein werde“, beantwortete Kas die unausgesprochene Frage. „Aber es ist das Richtige.“

Mit diesen Worten betraten sie den Park und gingen immer weiter Richtung Vulkan- bis sie plötzlich von einer Gruppe Alola-Knogga umringt waren.

Weiter in die Zukunft

Kas und ich standen inmitten von Geistern des Feuers, Wesen wie mir, in denen die Flammen erwacht waren. Vielleicht war es das gewesen, was mein Freund mit ‚Familie‘ gemeint hatte: Andere, wie mich.

Aber sie waren misstrauisch, trauten Kas nicht. Oder mir. Oder uns beiden. Also wiederholte ich, was Kas mir gesagt hatte: „Wir sind hier, um meine Familie zu suchen.“

Als hätte diese Aussage einen Damm gebrochen, wurden die anderen gleich viel freundlicher. Sie erzählten mir, dass böse Menschen meine Eltern getötet und mein Ei verschleppt hatten.

„Kas würde so etwas nie tun!“, verteidigte ich meinen Freund.

Nein, beschwichtigten sie mich, ihn hatten sie noch nie gesehen.

Erleichterung stieg in mir auf. Kas war wirklich mein Freund. Und meine Familie. Ich drehte mich zu ihm um und sah, wie er den Park verließ. Verwirrt lief ich ihm hinterher. Warum wollte er gehen?

„Ich dachte, ich könnte uns den Abschiedsschmerz ersparen“, erklärte er, als er mich sah.

Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, was er damit sagen wollte. Dann schüttelte ich den Kopf. „Wir sind eine Familie. Und als Familie werden wir Pokémonmeister!“

An seinem Lächeln erkannte ich, dass er mich verstand. Wir würden immer eine Familie sein.

Der Macht sei Dank – Gigantische Klonarmee steht zufällig schon für Krieg bereit

Kamino/Coruscant (sw) – Da hat die Galaktische Republik noch einmal Glück gehabt: Obwohl sich zahlreiche Sternensysteme von ihr abgespalten und im Geheimen eine Streitmacht aus Droiden aufgebaut haben, steht das alte System keineswegs schutzlos dar. Wie sich nämlich herausgestellt hat, wurde auf dem Planeten Kamino seit Jahren eine gigantische Klonarmee vorbereitet, die nun praktischerweise für den Krieg bereitsteht.

„Es ist unklar, warum genau die Kaminoaner diese Armee die letzten zehn Jahre vorbereitet haben“, so der oberste Kanzler Palpatine. „Es ist fast, als hätte irgendjemand diesen Krieg von langer Hand geplant, was aber natürlich Unsinn ist.“

Die Klonarmee war in den vergangenen Tagen bereits zum Einsatz gekommen, um einigen hundert Jedi, die im Alleingang einen Präventivschlag gegen den Planeten Geonosis durchgeführt hatten, zur Hilfe zu eilen. Obwohl der Großteil der Jedi bereits tot war, konnten zumindest einige von ihnen gerettet werden. Kurz darauf wurde die Klonarmee an die Grenzen der Republik entsandt, um sich den Droiden der Separatisten zu stellen.

Vor dem Hintergrund, dass die Armee bereits einigen Jedi das Leben gerettet hat, ist es erstaunlich, dass gerade aus dem Jedi-Orden kritische Stimmen vernommen werden: „Also, ist das nicht schon ein wenig merkwürdig?“, fragte etwa Jedi-Meister Obi-Wan, der die Armee auf Kamino entdeckte. „Ich komme einfach dahin und zack! Millionen von Klonen! Und dann sagen die mir, die hätte einer unserer Meister vor zehn Jahren in Auftrag gegeben. Da ist doch irgendwas fau… Entschuldigung, ich muss zu einem Kriegseinsatz.“

Diese mahnenden Worte müssen jedoch im Wesentlichen als Verschwörungstheorien gelten. „Unter uns, die Jedi sind eben in der letzten Zeit etwas paranoid geworden“, gab Kanzler Palpatine an, bevor er lachend hinzufügte: „Passen Sie auf, als Nächstes behaupten die noch, ich wolle sie alle umbringen!“

Auch aus der galaktischen Bevölkerung kommt Begeisterung über die Klonarmee. Zahlreiche Bürger gaben an, sie seien erleichtert, nicht in den Krieg ziehen zu müssen, weil an ihrer statt die austauschbaren Klone als Kanonenfutter herhalten könnten.

In weiteren Meldungen: Kann nicht einmal mehr richtig sprechen – Jedi-Meister Yoda senil? +++ Schwerer Schock: Gegenkandidat Palpatines in dunkler Gasse mit Stromstößen getötet +++ Heiß wie Lava – Anakin Skywalker zum Sexiest Jedi Alive gewählt +++ Tattoo in – Gestochene Körperzeichnungen auf Wüstenplanet besonders angesagt +++ Droh-Idee: C3PO hat Plan, wie er furchteinflößender wirkt +++ „Chew, baka!“ – Englischsprechende Tsundere fordert Wookiee zum Kauen auf +++

I sat in the train, staring out of the window. The landscape kept rushing by, changing from trees without any leaves to ugly buildings and back to trees again. It became dawn already, and to make matters even worse, rain poured against the window and flowed down in tiny rivers. The weather forecast had lied again. No white Christmas this year, so much was sure. Stupid rain. I hated rain.

“It’s the kind of rain that makes lonely people lonelier”, the man next to me said. He probably had noticed how angry I looked at the little drops of water. “It rises the suicide rates, too”, he continued.

“Is that from a book?”, I asked.

“Indeed it is. You know which one?”

“No. It just sounded like something someone would write in a book.”

“It’s from The Cold War Swap.”

“Never heard of it.”

“Well, it’s not very famous these days, I guess.”

I did not reply to that. I did not care about which books had been famous some years ago. Why would I?

“You look sad”, the man said.

“Is that so?”, I asked sarcastically.

He nodded. “Having a bad day?”

“More like a bad life”, I said with a frown. “Everything is just shitty.”

“Everything?”

“Yeah.” I took my smartphone out of the pocket of my jeans, unlocked it and googled something. Then I showed the man what had came up. “Just look for yourself.”

The man seemed confused at first. “A … T-shirt?”, he asked.

I nodded. “It’s a T-shirt with a picture of Greta Thunberg on it. I suppose you know her.”

“Who doesn’t?”

“That’s kind of the point. You see, she is fighting climate change. So far, so good. But just look at what the capitalist system she is fighting does. They produce cheap T-shirts somewhere in Taiwan or Indonesia, print her face on it and then ship it in all the European countries, where we can buy them for almost nothing. You see my point?”

“Not really, no.”

“Well, it’s pretty simple. From time to time, there are people that try to change the world. Sometimes, they just fail. They gather a few supporters for a noble cause, but it just isn’t enough. In the end, their followers disband, and the people are forgotten.” I made a short pause. “Then there are people who are actually quite successful, at least in a certain sense. They make an impact. They become famous. In the end, they might even become icons, symbols of change or rebellion against an unjust world order. However, sooner or later, the system starts fighting back.” I stopped and thought for a moment. “‘Fighting’ is the wrong word, actually. The system just swallows them. It takes what makes them special and turns it into another commodity. Look at Che Guevara, for example: He was a Marxist revolutionary. Today, you can find his image on basically everything. It’s like: ‘Hey look, I got this sweater with this cool revolutionary guy on it. And it was so cheap!’”

“I think I begin to understand what you mean.”

“That’s what I hate. You can’t really change anything. The system never changes. Every bit of resistance eventually becomes part of the system. There’s no way around it.”

“So that’s what makes you sad?”, the man asked.

“It’s one thing.”

“There’s more?”

“Oh, you wouldn’t want to hear about anything of that.”

“What if I do?”

I smiled sadistically. “Well, you asked for it. I might as well make you miserable, too.”

“You will try.”

“Have you ever studied philosophy?”, I asked.

He shook his head. “Never.”

“Well, then never try it. It’s awful.”

“You kind of look like it’s awful, yeah.” He smiled.

“When you start, they tell you that you should not expect to get answers to any of the important life questions. And of course you hear that, but you think they are lying, or just modest. Surely, with thousands of years of continuing philosophical discourse, they must have produced some answers, right? Or at least come up with some possible solutions and then you can decide for yourself?”

“I guess the answer to those two questions is ‘no’.”

“You have no idea. I mean, we have no idea. There is nothing to know. Instead of answers, you just get questions. If only I could say that an answer to a question produces two new questions. Because that would be fine. It would mean that there is at least some sort of progress. But there isn’t. Before you can even think about what potentially might be an adequate answer to a certain question – what is the good life, if you want an example – you get a ton of different questions. What does ‘good’ mean? What does ‘life’ mean? Is there actually an answer to this question? Or is the question without meaning? Is there something like a moral fact that I can discover, or is morality simply relative? In the end, you are just confused. You realize that there is absolutely no stable ground on which you could build your answer. And then you realize that you would be better off not thinking about anything of that. But that is not an option anymore. Once you’re deep down in philosophy, there is no turning back. You can’t answer your questions, but you also can’t stop asking them. That is, if you take matters seriously. Which is what most students don’t do, ironically.”

“But you do, I suppose?”

I nodded with a grim smile. “I didn’t notice what I got myself into until it was too late. But that’s how it is now. I mean, at the beginning, it was really nice. I felt smart when I started to notice all these little things. How language shapes our world. How systems influence our thinking. How there’s injustice everywhere. Then I realized I couldn’t do anything about it. It simply overwhelmed me how the system always wins. But then, there was an even bigger problem: I could not even say anymore that the system was bad. I mean, what do I know about good and bad, or evil? Sure, I could always rely on my intuition or some sort of theory that Kant or Bentham had cooked up hundreds of years ago. But I could never say that my intuition or these theories were actually true. Thus, I can’t say the conclusions drawn from them are true.”

“So everything’s relative?”

“No, that’s not the point. The point is: We don’t even know if everything’s relative. At least I don’t. In fact, I might even be mistaken about that. I simply feel lost.”

“Sounds awful.”

“Well, I told you, didn’t I? But you know the best part?”

“There’s even more?”

I reached down into my backpack on the floor train and produced a bottle of water and little pillbox from it. I placed one pill in my mouth and swallowed it with water.

“What’s that?”, the man asked.

“That’s just one of the pills that make sure I’m sitting in this train, rather than jumping in front of it when it passes through a station.”

Now the man seemed concerned. “Are you seeing someone about this? It sounds serious.”

“Where do you think I got these pills from?” I made a grimace. “Don’t worry, I don’t intend to commit suicide any time soon.”

“Well, that’s at least a relief”, the man said. “But now I feel kind of shitty for talking about suicide rates earlier. I’m sorry about that.”

“No worries.” I looked at him closely for the first time. He was actually quite handsome, with short blonde hair and intelligent green eyes. Probably about my age. I lowered my voice, though there were only a few people in the wagon that could listen. “By the way, I happened to notice that you are leaving this train the same station I am.”

“What are you getting at?”, he asked.

“I wanted to ask you if you would be so kind to join me in a hotel when we get out.”

“You mean …”

“Yes. I’m kind of stressed out now. You have listened so patiently to my rant and at least you don’t look like Danny DeVito.”

“That’s a compliment, I guess?”

“Well, it’s a pretty low bar”, I said, shrugging my shoulders. “Have you seen him? No wonder he played the Penguin in this stupid Batman movie.”

“Must have been an older one. I didn’t know he had played a role in a Batman movie.”

“He did. Wasn’t too bad of a performance, actually. But he was ugly. Like, really, really ugly.”

“Kind of superficial, don’t you think?”

“It was just a joke. And don’t try to lecture me about morality.”

“Ah yes, I probably should not do that.”

“So, what do you say?”

“Well, I wanted to visit my parents for Christmas and they think I am coming toni…”

“Me too. So what? Just write them a text that you are coming tomorrow. Look, I’m doing the same.” I took my phone and wrote my parents a short message. “See? Done. No turning back.”

“Well, what if there’s no hotel in the …”

“Oh, come on!”, I said a bot louder than I wanted to. “There’s always a hotel next to a train station. A cheap one, to be precise.”

“Well, I’m not sure.”

I rolled my eyes. “Why?”

“Well, as you said, you are stressed out. You suffer from depression – as far as I can tell. I don’t want to take advantage of that.”

“Listen, little boy: I might be a good-for-nothing philosophy student with almost crippling depression, but I am still an adult and I can look out for myself. If you are afraid, just say it. But that would really hurt me. You don’t want that, right?”

“Well, now you’re putting me under a lot of pressure.”

“Yeah, sorry for that.”

“You are not really sorry.”

“You are right, I am not.”

He seemed to think for a moment. Then he sighed and wrote his parents a message on his phone.

“Finally”, I said. “Was that so hard?”

“Well, we still have about one and a half hours left until we arrive.”

“And?”

“I just think it will be really awkward until we arrive.”

“Only if you make it so. Tell me about yourself. We should maybe get to know each other a little more. I like to know who I am dealing with.”

“There’s not much to tell. I work in a bookstore. Haven’t studied anything. I read a lot of books, though.”

“You kind of look like a bookworm.”

He blushed. “Do I?”

“A little bit.”

He didn’t reply. There was just silence between us for a moment. Awkward silence.

“I don’t like Christmas”, I said, simply to say something that would end this.

“Why’s that?”, he asked.

“Because I have to visit my parents.”

“You don’t like them?”

“I love them. I just hate being with them on Christmas.”

“Why?”

“Because when you visit your parents on Christmas, it means you have nowhere else to go.”

“You could have stayed at home.” He shrugged his shoulders.

“No way. Christmas is awful when you’re alone. It makes you even more lonely when you know that everyone else is having a great time with their families. It’s like the rain.”

“You can’t spend Christmas with friends?”

“I don’t really have any.”

“That might be part of your … problem.”

“I know. I should socialize with someone and everything. But it’s impossible. I’m just bad at this.”

“Well, you have pretty much socialized with me.”

“That’s different. You are a complete stranger and I will probably never see you again after tomorrow morning. I don’t even know your name and you don’t know mine – which is perfect. We won’t be friends. We will just have sex, that’s all. It’s not complicated and I don’t have to think about what you might think of me.”

“I’m pretty sure that with real friends you would not have to think about that either.”

“True, but you have to get to the point where you have real friends. When you have just met someone you want to be friends with, well, then you better not screw it up. That’s how it goes at first. Later, you might loosen up a little.”

“I think you are overcomplicating things”, he said.

“Maybe I am”, I said. “But that’s how it is. I’m just a mess.”

“You are not a mess”, the man said.

“I already told you that I will sleep with you. You don’t have to be nice to me.”

“Well, I’m not trying to be ‘just nice’ or anything like that. And certainly not for that reason.”

“I’m sorry. I didn’t mean to be an asshole.”

“You are not.”

“Maybe talking wasn’t a good idea after all.”

“Because it makes you feel better?”

“Yes. That is to say, it actually makes me feel worse”, I said with a look at him. He simply smiled, and we fell silent. It wasn’t an awkward silence anymore, and it lasted until we reached our station.

Tipp technisches:

-Ich zeichne zwar, bin hier aber eigentlich nicht wirklich mit digitalem oder Farbe vertreten, wollte es einfach nur mal ausprobieren und es hat an sich Spaß gemacht, auch wenn ich irgendwie unzufrieden bin.

-was Final Fantasy angeht kann man zu mir eigentlich nur etwas über FF Explorers finden.

-Puh... ich esse gern, da lässt auch mein Lieblings-Mon drauf schließen, vielleicht wollt ich deswegen die Kekse von Evelyn im Bild haben, süß und knusprig klingt nicht schlecht wenn es um Kekse geht.

Meeresgötter

Seufzend lehnte sich Kordula über die Reling, indes der Wind übers Deck strich und ihr langes, schwarzes Haar in Wallung brachte. Nur wenige Wolken waren heute am Himmel zu sehen, dennoch befand sich die Luft in stetiger Bewegung, jagte eine Böe nach der anderen übers Meer und wirbelte das tiefe, dunkle Wasser auf, sodass hohe Wellen gegen den Rumpf des Schiffes brandeten. Kordula hatte schon wesentlich höhere Wellen und wesentlich stärkere Winde erlebt, so etwas wie heute war nur eine laue Brise für sie, und das Schaukeln des hölzernen Bodens unter ihren Füßen störte sie schon lange nicht mehr. Sie war am Meer geboren und aufgewachsen und hatte in ihrem Leben bisher wahrscheinlich mehr Zeit auf einem Schiffsdeck verbracht als auf dem Festland, aber sie konnte dennoch nicht behaupten, schon einmal eine Reise wie diese erlebt zu haben.

Sie seufzte noch einmal, tiefer als zuvor, und ließ den Blick in Richtung des Mannes gleiten, der lachend am Bug des Schiffes stand, die Arme ausgebreitet, als würde er die gerade erst aufgegangene Sonne grüßen.

Er hatte von langen Tagen am Steuerrad gebräunte Haut, trug einen dunkelblauen Mantel und hatte einen hellblauen Bandana um den Kopf gebunden, was ihn wie einen richtigen Piraten aussehen ließ. Seit Kurzem ließ er sich einen Bart wachsen, und sie musste zugeben, dass ihm die schwarzen Stoppeln bisher recht gut standen. Das Grinsen, das er dieser Tage immerzu im Gesicht trug, gefiel ihr dafür umso weniger, was wohl daran lag, dass es von diesem begierigen Funkeln in seinen Augen begleitet wurde, das nur erahnen ließ, welch große Schätze und Abenteuer er vor sich auf dem Weg liegen sah.

Wohin auch immer dieser Weg ihn letztlich führen mochte.

»Ha! Kommt nur!«, rief er dem Meer entgegen und lachte in den Himmel hinauf, wo ein Schwarm Wingull über dem Schiff kreiste, offenbar auf der Suche nach leichter Beute. »Kommt nur, ihr Pokémon der See, und verneigt euch vor mir, Adrian, dem größten Kapitän aller Zeiten! Hahaha!«

Zum wiederholten Mal seufzte Kordula. In letzter Zeit fragte sie sich immer häufiger, warum sie sich nicht mehr Sorgen um seine geistige Gesundheit machte, aber dieser Mann, Adrian, hatte den Blick schon immer gen Horizont gerichtet und dabei kaum je Bescheidenheit an den Tag gelegt, dafür einen umso größeren Hang zu Übertreibungen. Das alles war nichts Neues für sie, immerhin kannte sie ihn jetzt schon seit Jahren – er hatte so seine Macken, aber man konnte gut mit ihm auskommen, wenn man sie ignorierte. Aber seit ein paar Monaten war irgendetwas anders, und das gefiel ihr ganz und gar nicht.

»Schon wieder eine dieser Phasen?«, fragte Wolfgang, einer der Matrosen, ein Mann mit mehr Muskeln als der Rest der Crew zusammen, während er sich neben Kordula auf die Reling stützte. »Eines muss man ihm ja lassen, er hat eine lebhafte Fantasie. All dieses Gerede von einer großen Piratencrew, um das legendäre Kyogre zu fangen. Du glaubst doch nicht, er zieht das wirklich durch, oder?«

»Team Aqua nennt er es, und ich weiß nicht, was ich glauben soll.« Kordula schüttelte missmutig den Kopf. »Aber ich traue ihm zu, dass er es ernst meint. Ein paar der Landratten, die wir vor Kurzem aufgenommen haben, hängen ihm doch immerzu an den Lippen. Sie fangen schon an, sich anzuziehen wie er. Er hat zu viel Charisma und zu wenig Verstand, wenn du mich fragst.«

Wolfgang sah sich mit grüblerischem Gesicht auf dem Deck um, wo besagte Neuzugänge eifrig ihrem Tagwerk nachgingen. Sie als Landratten zu bezeichnen, war vielleicht etwas übertrieben gewesen, die meisten von ihnen verfügten tatsächlich schon über Erfahrung mit der Arbeit auf Schiffen oder hatten wenigstens an der Küste gewohnt, und selbst jene wenigen, auf die das nicht zutraf, lernten überraschend schnell. Sie gab es nur ungern zu, aber Adrian hatte ein Händchen dafür, seine Crew mit großen Reden zu begeistern, und er nahm jeden mit offenen Armen auf, der das Meer und die in ihm lebenden Pokémon liebte und bereit war, ihm zuzuhören. Wenn er in diesem Tempo weitermachte, würde dieses Team Aqua bald keine seiner abstrusen Fantasien mehr sein, sondern Realität.

»Das mag alles sein, wie es ist, ich für meinen Teil werde ihm jedenfalls überall hin folgen«, behauptete Wolfgang. »In gewisser Weise kann ich verstehen, wie es den anderen Crewmitgliedern geht. Dieser Mann hat eine Vision, etwas, woran wir alle glauben können.«

»Auch wenn es am Ende nur Kauderwelsch ist?« Kordula hob eine Augenbraue. »Sehen wir doch den Tatsachen mal ins Auge. Keiner von uns wird Kyogre jemals zu Gesicht bekommen. Falls es überhaupt existiert. Es ist nur eine Legende.«

»Hmpf«, schnaubte Wolfgang. Wem machte sie eigentlich etwas vor? Ihr war klar, dass sie vielleicht den Rest der Crew täuschen konnte, aber nicht Adrian und Wolfgang. Wolfgangs wissender Blick sprach jedenfalls Bände. »Kauderwelsch oder nicht, Adrian hat mir das Leben gerettet, das werde ich nie vergessen. Und du folgst ihm doch auch, sonst wärst du jetzt nicht hier.«

Sie lehnte sich wieder über die Reling und starrte auf die Wasseroberfläche hinunter, während Wolfgang zurück an die Arbeit ging, was für ihn bedeutete, eine Reihe an Befehlen zu brüllen, die manch einen der Matrosen zusammenzucken ließen. Er war hier immerhin der erste Maat. In gewisser Weise Adrians rechte Hand. Was war dann sie? Seine linke Hand? Im Grunde war sie doch nur ein Mädchen, das ihm hinterherlief und hoffte, irgendetwas Großartiges zu sehen! Sie glaubte nicht an Kyogre und Groudon und all die alten Legenden, die sich um die beiden rankten, nicht wirklich… aber wenn er davon sprach, wirkte es so real. Sie fühlte sich dann jedes Mal in ihre Kindheit zurückversetzt, als ihre Großeltern ihr Geschichten über das Meer erzählt hatten. Ein Teil von ihr wünschte sich tatsächlich, dass Adrian nicht nur irgendein Idiot war, dessen Suche nach Kyogre ebenso vergeblich sein würde wie die von hunderten anderer Abenteurer zuvor.

Aber für ihn war es nicht einfach nur ein Abenteuer, oder? Nicht mehr. Zuerst waren es nur Geschichten und charismatische Worte gewesen, aber irgendwann war so viel mehr daraus geworden, und es beängstigte sie, dass sie nicht genau zu sagen vermochte, wann das gewesen war. Waren sie alle in der mitreißenden Strömung eines Verrückten gefangen, ohne es zu bemerken?

Nein, sie sollte nicht auf diese Weise von Adrian denken. Sie waren immerhin Freunde.

Adrian stand noch immer am Bug und fuchtelte nun mit seinem Meisterball in der Gegend herum, als könnte er die Wasser-Pokémon, die neben dem Schiff entlang schwammen, irgendwie damit beeindrucken. Kordula hoffte nur, dass er nicht allzu bald herausfand, dass es nur ein bemalter Premierball war. Er war so versessen darauf gewesen, einen dieser seltenen Prototypen der Silph Company in die Finger zu bekommen, dass sie sich gezwungen gesehen hatte, zu improvisieren, damit er endlich die Klappe hielt. Hatte er auch nur die geringste Vorstellung, wie viel die Dinger kosteten? Selbst die erfolgreichsten Pokémon-Trainer würden ihre Probleme haben, auch nur einen einzigen Meisterball zu bekommen, und Kordula bezweifelte, dass sich daran je etwas ändern würde. Die Produktionskosten waren angeblich astronomisch, eine Massenanfertigung quasi unmöglich.

Nun, er hatte seinen Meisterball, er hatte sein Schiff, er hatte seine Crew, und was machte er damit? Irgendwo ins Nirgendwo hinein segeln, um legendäre Pokémon zu finden. Auf dem Festland wären die Städte inzwischen prächtig geschmückt, alles würde leuchten und glitzern, während sich die Leute auf Weihnachten freuten, doch anstatt sich daran zu beteiligten, dümpelten sie hier draußen auf dem Ozean herum und jagten Phantome.

Wenigstens war das Schiff in Ordnung. Von außen sah es alt aus, hölzern und mit hohen Segeln, wie ein echtes Piratenschiff, aber im Inneren war es modern und mit der neuesten Technik ausgerüstet. Adrian war diesbezüglich überraschend pragmatisch. Er wollte mit Stil reisen, aber auch mit einer gewissen Geschwindigkeit, also hatte er beides in seinem Flaggschiff vereint, das er Tohaidozahn getauft hatte und das nur den Anfang einer gewaltigen Flotte darstellte, die er eines Tages besitzen wollte. Wenn man Kordula fragte, war das noch unwahrscheinlicher als eine Begegnung mit Kyogre. Dieser Mann konnte einfach nicht mit Geld umgehen. Was würde er nur ohne sie machen?

Nun, hier würden sie Kyogre ohnehin nicht begegnen, selbst wenn es tatsächlich existierte. Immerhin waren sich so ziemlich alle Quellen einig, dass es in der Hoenn-Region heimisch war. Warum zur Zerrwelt waren sie dann also nach Johto gesegelt? Sie hoffte, Adrian hatte einen Plan. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was es bedeuten würde, wenn diese Reise wieder nur aus einer seiner stürmischen Launen erwachsen war.

Wo sie gerade an Stürme dachte… kam es ihr nur so vor, oder war der Wind noch stärker geworden? Sie sah nach oben und bemerkte, dass nun schon deutlich mehr Wolken zu sehen waren als noch vor wenigen Minuten, darunter auch zunehmend dunklere Wolken. Sie ging vor zum Bug, wo Adrian noch immer das Meer, die Pokémon und den Wind selbst herausforderte.

»Hey, Adrian«, sagte Kordula, während sie ihm auf die Schulter tippte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. »Ich glaube, da zieht ein Sturm herauf.«

Es war nicht so, als hätte sie Angst vor Stürmen, zumal dieses Schiff bestens ausgerüstet war, doch es stellte trotzdem keine gerade angenehme Erfahrung dar, auf offener See in einen ausgewachsenen Wintersturm zu geraten. Wenn möglich würde sie das lieber vermeiden, aber falls dort tatsächlich ein Sturm heraufzog, würden sie es wohl kaum rechtzeitig in einen Hafen schaffen – der nächste lag in Oliviana, und das war zu weit entfernt. Aber man konnte ja wenigstens schonmal die entsprechende Richtung einschlagen, nur für den Fall der Fälle.

Doch Adrian lachte nur und streckte seine Faust gen Himmel. »Soll er kommen! Wir befinden uns genau auf dem richtigen Kurs, Kordula.«

Als wären diese Worte eine Art Zeichen gewesen, fegte plötzlich eine heftige Windböe über das Schiff, brachte die Segel zum Knattern und ließ Kordula sich reflexartig an der Reling festhalten. Die dunklen Wolken vermehrten sich von Augenblick zu Augenblick und verdeckten bald schon die Sonne, indes die Wellen höher und wilder wurden. Sie bekam eine Gänsehaut. Das war nicht normal! Sie hatte schon Stürme erlebt, die schnell begonnen hatten, aber nicht so schnell, und nicht, ohne dass man zuerst eine dunkle Wolkenfront am Horizont ausmachte! Es war gerade eben noch heller Tag gewesen, aber jetzt war es düster und am ganzen Himmel drang kein einziger Sonnenstrahl mehr durch die dichte, schwarze Wolkendecke. Nur am Rande bekam sie mit, wie Wolfgang die Matrosen die Segel einholen ließ und auf den Motor umschaltete, all ihre Aufmerksamkeit galt Adrian, der nur fasziniert auf die aufgewühlte See hinaus blickte, schon wieder mit diesem gierigen Glitzern in den Augen.

»Ja!«, rief er und lachte. »So gefällt mir das! Sturm und Donner, Wellen und Wind! So demonstriert der Ozean seine gewaltige, lebendige Macht! Sieh dir das nur an, Kordula, ist es nicht wunderschön?«

»Schön? Es ist verdammt noch mal nicht natürlich!«

»Das ist ja das Beste daran«, meinte er grinsend, drehte sich auf einmal um lief übers Deck in Richtung Steuerrad, während er die Männer und Frauen seiner Mannschaft anfeuerte. »Na los, bewegt eure faulen Hintern, oder ich lasse euch kielholen! Das Meer schreit uns seine Herausforderung entgegen, also lasst uns aus ganzer Kehle zurückschreien!«

Kordula folgte ihm über das schwankende Deck, was ihr nicht gerade leicht fiel. Adrian stürmte nur so über die Planken, als wären sie fester, unbewegter Boden, und ließ mit wenigen Schritten die Treppe zum Heckkastell hinter sich, um Wolfgang das Steuerrad förmlich aus den Händen zu reißen. Ein Ruck ging durch das Schiff, als er das Rad heftig drehte und den Kurs änderte. Kordula wäre beinahe gestürzt, hielt sich jedoch noch rechtzeitig am Treppengeländer fest und trat dann zu ihm auf das Kastell, wo er lachend dem vom Sturm aufgepeitschten Meer seinen Trotz entgegen rief. Doch als sie dort endlich zum Stehen kam und Gelegenheit erhielt, sich einmal richtig umzusehen, wurde ihr klar, wie wenig ein bisschen menschlicher Trotz hier ausrichten würde. Ein Tropfen in einem Ozean, wortwörtlich.

Das Meer hatte sich in eine gewaltige, wütende Bestie verwandelt.

Wellen so hoch wie der Leuchtturm von Oliviana erhoben sich zu allen Seiten, peitschender Regen setzte ein, während der Wind immer wieder in solcher Heftigkeit gegen das Schiff krachte, dass das Holz knarrte und ächzte und selbst Adrian gehörig mit dem Steuerrad zu kämpfen hatte. Die Crewmitglieder hielten sich verzweifelt an allem fest, an dem man sich irgendwie festhalten konnte, und machten sich daran, sich mit Seilen zu sichern, damit niemand einfach über Bord geschwemmt wurde. Immer wieder schlugen massive Wellen über ihnen zusammen und tränkten das Deck in kühles, salziges Nass, sodass schon nach Sekunden niemand mehr trocken war, sondern alle vor Wasser trieften.

Kordula selbst hielt sich krampfhaft am Geländer des Heckkastells fest und betete, dass Adrian sie irgendwie aus diesem plötzlichen Orkan manövrieren würde. Wenn das irgendwer schaffen konnte, dann er. Er schien sogar seinen Spaß daran zu haben! Wenn sie hier lebend herauskam, würde sie mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden! Was war das nur für ein seltsamer Sturm… sie hatte so etwas in all den Jahren, die sie nun schon als Seefahrerin verbrachte, nie erlebt. Es war, als hätte sich das Meer selbst gegen dieses einzelne, kleine Schiff verschworen und wäre entschlossen, es zu versenken. Sie erhoben sich auf einer Welle und krachten dann ins Wellental dahinter, immer und immer wieder, ein stetiges Auf und Ab, das ihr den letzten Nerv raubte, doch Adrian gelang es wie durch ein Wunder, die Tohaidozahn unbeschadet durch den Sturm zu lenken.

»Was ist das nur für ein Sturm?«, rief sie über das Tosen des Windes hinweg.

»Ach, weißt du es gar nicht?« Wieder lachte er. Bei Arceus, wie sie dieses Lachen in diesem Moment hasste! »Wir befinden uns nahe der Strudelinseln, Kordula! Solche Stürme kommen hier öfters mal vor. Deswegen halten sich die meisten von dem Archipel fern.«

»Du hast davon gewusst?!«

»Natürlich habe ich das! Plötzlich entstehende Meeresstürme von solcher Heftigkeit? Da muss Kyogre dahinter stecken! Und dank des Meisterballs, den du mir besorgt hast, werde ich es hier und heute fangen!«

»Arceus, steh uns bei«, hauchte Kordula entsetzt. Der Idiot meinte das wirklich ernst. Hätte sie doch nur früher erfahren, was er vorhatte! Dann hätte sie ihm niemals diesen gefälschten Meisterball besorgt. Aber jetzt war es zu spät, um umzukehren.

»Äh, Käpt'n, ich sag es dir ja nur ungern«, meldete sich da auf einmal Wolfgang zu Wort. »Aber das hat nichts mit Kyogre zu tun. Dahinter steckt Lugia.«

Adrian sah ihn perplex an. »Eh? Wie bitte?«

»Ein legendäres Pokémon, das angeblich in den Strudelinseln lebt«, erklärte der erste Maat. »Wenn es aus dem Meer auftaucht, erzeugt es diese Stürme, die man so oft bei den Strudelinseln sieht. Es gibt immer mal wieder Seeleute, die behaupten, Lugia in einem der Stürme gesehen zu haben. Hier in Johto kennt jedes Kind diese Geschichten.«

Zum ersten Mal, seit der Sturm begonnen hatte, schwand das Lächeln aus Adrians Gesicht, nur um ein paar Sekunden später wieder in voller Stärke zurückzukehren. »Nun, da hab ich wohl einen Fehler gemacht! Aber was soll's! Ist es nicht toll, dass es noch mehr Pokémon gibt, die solch wundervolle Stürme erzeugen können? Kyogre ist natürlich viel mächtiger, denn es ist der Ozean selbst, aber dieses Lugia scheint mir auch nicht übel. Ich hab's! Zuerst fange ich mir Lugia, dann Kyogre!«

Unvermittelt ging ein Ruck durch das Schiff, als wäre es auf ein Riff aufgelaufen. Kordula fluchte und festigte ihren Griff um das Geländer. Adrian hatte wirklich ein Talent dafür, mit seinen Worten das Unheil heraufzubeschwören! Aber sie befanden sich noch immer in voller Fahrt, und auf ein Riff oder eine Sandbank aufzulaufen, war so weit draußen unmöglich. Das Meer musste hier hunderte Meter tief sein! Also was…?

Sie riskierte einen Blick über die Reling und bereute es sofort. Ein riesiger Schatten glitt unter der Tohaidozahn hinweg. Einen Moment war es ihr, als würde sie ein fernes Lied vernehmen, eine Art seltsamen, getragenen Gesang, wie die Stimme des Meeres selbst. Das Geräusch verstummte schlagartig, als Wolfgang sie am Arm packte und von der Reling zurückzerrte.

»Pass auf, Kordula, du wärst beinahe vom Schiff gestürzt. Ist dir schwindelig oder so? Du wirst doch wohl nicht seekrank?«

»Seekrank? Ich?«, entgegnete sie entrüstet, erinnerte sich dann jedoch wieder an das, was sie gesehen hatte. »Da war etwas im Wasser! Etwas… sehr Großes.«

In dem Moment brach es aus einer der Wellen hervor und schraubte sich in die Höhe… ein Pokémon, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatte. Es hatte silberne Schuppen, die feucht glänzten und an seinem Bauch von blauer Farbe waren. Mit angelegten Flügel schoss es gen Himmel, sich leicht windend, als würde es auf dem Wind gleiten, nein, als würde sich der Wind um es sammeln und es umfließen wie ein unsichtbarer Tornado. Schließlich bremste es schlagartig ab und breitete die Flügel aus, die über eine gewaltige Spannweite verfügten, weiter noch als die Segel der Tohaidozahn, darauf hätte sie gewettet. Scharfe Zähne prangten in einem Maul, das ein Karpador wohl in einem Happen hätte verschlingen können, während wachsame, zornige Augen aus einem reptilienartigen, an Drachen-Pokémon erinnernden Kopf auf das Schiff hinunter blickten.

Das Pokémon stieß einen Schrei aus, doch anstatt sich wie das gutturale Brüllen eines Brutalanda anzuhören, wie Kordula es erwartet hätte, ertönte erneut dieser fast schon ätherische Singsang. Unmittelbar wurde das Meer ruhiger, nein, nur ein kleiner Teil um das Pokémon. Um sie herum tobte der Sturm noch immer in unverminderter Heftigkeit, doch das Pokémon und das Schiff befanden sich in einem Hort der Ruhe, wo die Wellen sanft und der Wind freundlich war. Sie befanden sich im Herzen des Sturmes, nicht, weil sie ihn aus eigener Kraft erreicht hatten, sondern weil das Pokémon diese Stelle zum Herzen gemacht hatte – über solche Macht gebot es. Es bestand kein Zweifel, dass es sich um das legendäre Pokémon handeln musste, das Wolfgang beschrieben hatte.

»Lugia«, raunte Kordula von Ehrfurcht ergriffen. Es existierte… eine Legende, direkt vor ihren Augen! Bedeutete das, dass auch in anderen Legenden Wahrheit steckte? War das der Beweis, dass Adrian doch nicht ganz so verrückt war in seinen Bemühungen, Kyogre zu finden? Sie konnte einfach nicht glauben, was sie sah. Es war wie eine Offenbarung… und es war wunderschön. Diese Stille, dieser Frieden inmitten zorniger Natur… diese schiere Erhabenheit und Eleganz von Lugia. Das alles raubte ihr den Atem und ließ sie nur mit offenem Mund dastehen.

Bis Adrian den Moment ruinierte, indem er lachend seinen Meisterball auf Lugia warf.

Mit vor Entsetzen geweiteten Augen sah Kordula dabei zu, wie der bemalte Premierball auf das legendäre Pokémon der Strudelinseln zuflog, welches das winzige Objekt nur mit einem verächtlichen Blick bedachte und es dann mit einem seiner Flügel beiläufig zur Seite schlug. Der Ball öffnete sich nicht einmal, so mächtig war das Pokémon. Es war, als würde es sie fragen: Ist das alles? Mehr habt ihr mickrigen kleinen Menschlein nicht drauf?

Dann auf einmal legte es die Flügel wieder an, stürzte sich zum Meer hinunter und tauchte ab, und kaum war es unter der Wasseroberfläche verschwunden, brach der Sturm wieder über ihnen herein, als hätte er nie geendet, und der Kampf ums Überleben begann aufs Neue.

Stunden später sackte sie völlig entkräftet auf dem Heckkastell zusammen, als endlich die letzten Sturmböen abflauten und sich das Meer nach und nach beruhigte. Bald kreisten auch schon wieder einige Wingull über ihnen, und in der Ferne war sogar Land zu sehen.

»Na sieh mal einer an.« Wolfgang kratzte sich an der Stirn. »Das müsste Anemonia sein, wenn ich mich nicht irre. Da hat uns der Sturm aber schön abgetrieben. Wie lauten die Befehle, Käpt'n?«

Adrian saß nur keuchend vorm Steuerrad. Er mochte ja dem Sturm die ganze Zeit über ins Gesicht gelacht haben, und auch jetzt lächelte er, aber das bedeutete nicht, dass der Kampf gegen diesen nicht seinen Tribut gefordert hatte. Er musste noch viel erschöpfter sein als Kordula, aber er wirkte dennoch glücklich.

»Es gibt so viele erstaunliche Pokémon auf dieser Welt«, sagte er schwer atmend. »Lugia! Was für ein Anblick! Da soll doch dieser Wichtigtuer noch einmal sagen, die Vergrößerung der Landmassen sei der richtige Weg für die Menschheit!« Er schüttelte den Kopf. »Unsere Zukunft liegt auf den Ozeanen, davon bin ich jetzt überzeugt.«

Sie verstand nicht genau, wovon er sprach. Welchen Wichtigtuer meinte er? Die Vergrößerung der Landmassen? Hatte das irgendetwas mit dieser Ausstellung im Ozeanmuseum von Graphitport zu tun, die er vor ein paar Monaten besucht hatte? Als er von dort zurückgekommen war, war er ziemlich mies drauf gewesen, aber er hatte nicht darüber sprechen wollen.

»Ein Pokémon, dass sogar einen dieser neuen Meisterbälle abwehren kann«, er strich sich nachdenklich über den Bart. »Bälle werden nicht genug sein, um Kyogre zu bändigen. Ich muss mehr herausfinden… irgendwo in den alten Legenden muss es doch einen Hinweis geben.«

Also immer noch Kyogre? Irgendwie hatte sie fast erwartet, dass er nun Lugia jagen würde, aber er schien sein Ziel nicht aus den Augen verloren zu haben. Gut so, denn sie hatte nicht vor, es ihn aus den Augen verlieren zu lassen. Vorher war sie nicht wirklich überzeugt gewesen, aber nachdem sie nun ein legendäres Pokémon mit eigenen Augen gesehen hatte… alles war möglich. Adrian hatte eine Vision, ein Ziel. Und wohin auch immer sein Weg ihn letztlich führen würde, sie würde ihm folgen und an ihn glauben, darüber war sie sich jetzt endlich im Klaren. Lugia hatte ihre Zweifel ausgelöscht, sodass sie nun endlich in der Lage war, sich Adrians Sache voll und ganz zu verschreiben.

»Also gut«, er stand auf. »Es ist Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen. Wir brauchen einen Plan. Und eine Basis.«

»Bedeutet das, dass wir nach Hoenn zurück segeln?«, fragte Wolfgang.

»Ja. Sobald wir in Anemonia unsere Vorräte aufgestockt haben.« Dieses Funkeln trat wieder in seine Augen, und seine Stimme erschallte über das ganze Deck. »Wir werden Kyogre finden und erwecken, und mit seiner Macht werden wir die Ozeane, denen alles Leben entspringt, vergrößern! Lasst uns keine Zeit verlieren, meine Freunde! Immerzu gen Horizont! Wir werden Meeresgötter sein!«