Von Kolonialismus zur Dekolonialisierung?

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  • Cassandra


    Asiaten sind auch Minderheit in den USA. Und die leiden neben den Weißen am meisten unter Affermative Action. Was kann ein weißer Student, der ,als reines Beispiel, besser abschneidet als ein Afro-Amerikaner Bitteschön für den Rassismus an Schulen?? Stell dir vor du kriegst allein (!) auf Grund deiner weißen Hautfarbe nicht deinen Platz an der Havard Uni oder sonst wo weil es eine zwingende Quote für Afro Amerikaner gibt obwohl du besser warst als der, den sie an deiner Stelle genommen haben und überhaupt nichts für seine schlechteren Chancen ,falls dass den überhaupt stimmt,

    kannst?


    Ich bin prinzipiell immer auf der Seite des Anti-Rassismus und der absoluten Gleichheit. Aber ich habe langsam wirklich Angst vor Beispielen wie diesen und vor so Aussagen wie ,,Kauft nicht von Weißen“ von britischen Rappern. Das meine ich damit, wenn ich sage man muss aufpassen, dass das ganze nicht kippt und sich ins Gegenteil verkehrt.

  • Asiaten sind auch Minderheit in den USA. Und die leiden neben den Weißen am meisten unter Affermative Action. Was kann ein weißer Student, der ,als reines Beispiel, besser abschneidet als ein Afro-Amerikaner Bitteschön für den Rassismus an Schulen?? Stell dir vor du kriegst allein (!) auf Grund deiner weißen Hautfarbe nicht deinen Platz an der Havard Uni oder sonst wo weil es eine zwingende Quote für Afro Amerikaner gibt obwohl du besser warst als der, den sie an deiner Stelle genommen haben und überhaupt nichts für seine schlechteren Chancen ,falls dass den überhaupt stimmt,

    kannst?

    Nichts, aber der Nicht-Weiße kann genauso wenig was dafür. Wieso findest du es also in Ordnung, wenn Schulen/Universitäten das Problem ignorieren, aber wenn Universitäten versuchen, das Problem irgendwie zu kompensieren, findest du es problematisch? Normale Zulassungstests mögen das nicht offiziell angeben, aber das unsichtbare Kleingedruckte sagt "Unsere Tests sind so ausgelegt, dass jeder, der nicht unschuldig im Schulsystem benachteiligt wird, bei uns bevorzugt wird." Trifft im Übrigen nicht nur bei Rassismus zu, sondern auch bei Betroffenen aus ökonomisch schwachen Familien usw. Wobei hier wieder die Menge an Personen, die People of Color sind, leider häufiger doppelt betroffen sind, weil der Rassismus sich auch oft auf die Finanzlage der Familien auswirkt.


    Damit du verstehst, wie deine Argumentation gerade wirkt, wenn man sich gegen Rassismus aufregt: Es ist so, als ob du besorgt anmerkst, wie unfair das ist, dass ich der Person mit Gipsbein die Treppe hochhelfe und nicht der ohne. Man kann gerne darüber debattieren, ob es bessere Wege gibt als Quoten, aber das als Rassismus gegen Weiße zu implizieren, erscheint mir doch sehr unreflektiert.

  • Asiaten sind auch Minderheit in den USA. Und die leiden neben den Weißen am meisten unter Affermative Action. Was kann ein weißer Student, der ,als reines Beispiel, besser abschneidet als ein Afro-Amerikaner Bitteschön für den Rassismus an Schulen?? Stell dir vor du kriegst allein (!) auf Grund deiner weißen Hautfarbe nicht deinen Platz an der Havard Uni oder sonst wo weil es eine zwingende Quote für Afro Amerikaner gibt obwohl du besser warst als der, den sie an deiner Stelle genommen haben und überhaupt nichts für seine schlechteren Chancen ,falls dass den überhaupt stimmt,

    kannst?


    Damit du verstehst, wie deine Argumentation gerade wirkt, wenn man sich gegen Rassismus aufregt: Es ist so, als ob du besorgt anmerkst, wie unfair das ist, dass ich der Person mit Gipsbein die Treppe hochhelfe und nicht der ohne. Man kann gerne darüber debattieren, ob es bessere Wege gibt als Quoten, aber das als Rassismus gegen Weiße zu implizieren, erscheint mir doch sehr unreflektiert.

    Finde das Beispiel etwas ungünstig gewählt, auch wenn ich der Grundaussage zustimme. Das würde implizieren, dass die gesunde Person die Treppe dann nicht mehr benutzen kann, sobald die Person mit Gipsbein sie benutzt hat. Man könnte natürlich argumentieren, dass es auch beim Schüler, der wegen eine Quote nicht akzeptiert wird, liegt, einfach noch besser abzuschneiden, aber trotzdem trifft der Vergleich meiner Meinung nach nicht 100%ig.


    Korinthenkackerei bei Seite, dem eigentlichen Argument stimme ich zu. Oberstes Ziel muss es immer sein, die Wurzel von Problemen anzupacken, aber das ist ein langwieriger Prozess und in der Zwischenzeit ist Symptombekämpfung ein valides Mittel. Aus diesem Grund bin ich auch grosser Fan des schweizerischen Universitätensystem: bis auf den medizinischen Zweig gibt es so etwas wie Aufnahmeprüfungen oder numerus clausus kaum, stattdessen wird in den ersten Semestern "ausgesiebt". (Ein System, welches sich natürlich aufgrund der Fülle ab Studenten in kleineren Ländern eher implementieren lässt.)

  • Hier wird eine Menge über Affirmative Action behauptet, die schlichtweg nicht stimmt.


    Affirmative Action beinhaltet weder Quoten für bestimmte Menschen, noch bevorteilt es einzelne Personen auf der Basis von der ethnischen Abstammung. Beides war ursprünglich in Affirmative Action beinhaltet, wurde aber bereits 1978, also vor mehr als 40 Jahren, durch eine Entscheidung des obersten Gerichtshofs (Supreme Court). Affirmative Action darf nur noch genutzt werden, um die Diversität an einer etwaigen Hochschule zu erhöhen, da es nachgewiesen ist, dass alle Student*innen durch ein diverseres Umfeld profitieren - jedoch ohne feste Quoten.


    Stattdessen ist es so, dass Affirmative Action weitere Punkte, die zu Punkten von Aufnahmetests und Vorstellungsgesprächen hinzugefügt werden. Diese können auf der Basis von außer- und innerschulischen Zusatzaktivitäten bspw. vergeben werden, können aber auch auf angenommenen Charaktereigenschaften (wie Mut) mitbewertet werden. Letzteres ist der Grund, warum asiatische Schüler*innen benachteiligt werden, da ihnen schlechtere Charaktereigenschaften oft zugeschrieben werden.


    Hier ist noch einmal ein Video, dass das ganze ausführlicher erklärt:


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    Ich bin übrigens der Meinung, dass Quoten helfen würden. Nicht nur, um eine höhere Diversität (von der wie gesagt alle profitieren) zu garantieren, sondern auch, weil es eben Gerechtigkeit bringen würde. Vornehmlich schwarze Schuldistrikte sind stärker benachteiligt und haben weniger Geld, als andere Schuldistrikte. Dazu kommt, dass Rassismus - gerade wenn es so schlimm ist, wie in den USA, dass man täglich um sein Leben bangt - eine permanente psychische Belastung ist, die sich natürlich auch negativ auf schulische Leistungen auswirkt. Und das ist ohne die Jahrhunderte lange Benachteiligung, die sich auch auf die Chancen der Familien gesamt auswirkt, da Geld eben mehr Geld anzieht und Menschen, die bereits Geld haben, bessere Chancen haben, mehr Geld zu machen, noch mit einzubeziehen.

  • Ich finde nur die Logik ignorant, dass man es immer wieder so verdreht, als ob alle miteinander ruhig reden und reflektieren wollen und die Demonstranten die sind, die dem entgegenstehen.

    Demokratie ist eine öffentliche Debatte. Demonstrieren gehört zu einer öffentlichen Debatte genauso wie ein Meinungsbeitrag in einer Zeitung, eine Diskussion unter Freunden und Bekannten oder wie hier im Internet. Insofern sind die Demonstranten teil des "ruhig reden und reflektieren", es ist eine Art, sich auszudrücken. Auch das Statuenabreissen ist teil dieses Ausdrucks, inkl. des bewussten Gesetzesbruchs. Und dieses letzte Teilchen, der bewusste Gesetzesbruch, finde ich nicht gut, da sich alle an die Gesetze zu halten haben. Dass sich gewisse Gruppen, z. B. Polizisten, nicht oder nur selektiv daran halten, rechtfertigt dies in meinen Augen nicht.


    Alaiya : Der Rechtsstaat ist ein Konzept, das nirgendwo perfekt umgesetzt wurde (und wahrscheinlich auch nie kann). Dies bedeutet nicht, dass man deshalb Zuwiderhandlung gegen dieses Konzept als "richtig" oder "gut" zu akzeptieren hat. Egal ob eine Strafe ohne Prozess oder das Zerstören fremden Eigentums: Die Existenz des einen rechtfertigt nicht die Existenz des anderen. Ist es nachvollziehbar, dass Protestierende ab so viel Ungerechtigkeit in Selbstjustiz Autos in Brand setzen und Statuen niederreissen? Absolut. Ist es richtig und die Art von Konfliktlösung, die wir in einer Demokratie anstreben? Nein. Und ich glaube, da stimmen die meisten zu.


    Die Argumentation vieler gewaltbereiter Protestierenden ist, dass der friedliche Protest nichts bringt. Dies ist ein Informationsproblem: Man kann gar nicht wissen, was der fortgesetzte Protest bringen wird. Wenn ich also gegen etwas protestiere, dann hat der friedliche wie auch gewaltsame Protest gegen dieselbe Angelegenheit früher offenbar nicht die gewünschten Verbesserungen gebracht, ansonsten gäbe es ja keinen Anlass, zu protestieren. Es ist also unmöglich im Voraus (im Jetzt) zu bestimmen, wann der "richtige" Zeitpunkt für gewaltsamen Protest bzw. zivilen Ungehorsam (zwei Seiten der gleichen Medaille) gekommen ist.


    Ich habe heute wirklich lange darüber nachgedacht und immer und immer wieder, doch letztendlich drehe ich mich immer im Kreis: Wenn ich die Probleme der Demokratie gedanklich lösen will, lande ich wieder bei der Demokratie, die wiederum die gleichen Probleme mit sich bringt, die sie zu lösen versucht... Ich weiss nicht mehr, wohin.

  • Buxi: Es tut mir leid, aber wenn ich mir deinen Beitrag durchlese, lese ich eigentlich nur: "Ich bin so privilegiert, dass ich noch nie darum habe kämpfen müssen, ein lebensgswertes Leben leben zu können." Was schön für dich ist, aber kein Zustand ist, der sich prinzipiell auf andere übertragen lässt. Nicht enmal auf andere weiße Menschen. Denn wenn du dir die Videos anschaust, wirst du feststellen, dass diejenigen, die die Statuen tatsächlich von den Sockeln reißen oftmals weiße Menschen sind, die ihr weißes Privileg nutzen. (Sie werden dafür bei weitem nicht denselben Ärger bekommen, wie jemand schwarzes es bekommen würde.) Weil viele Leute hatten genug um Unrechtsstaat USA.


    Und das ist, was dem ganzen hier letzten Endes zugrunde liegt. Es wurde für so vieles seit so vielen Jahren, nein, Jahrzehnten Demonstriert. Gegen Polizeigewalt. Für das Abreißen der Denkmäler. Für mehr soziale Gerechtigkeit. Gegen die aktuelle Gefängnispolitik. Für den Schutz von Frauen. Für die Rechte von LGBTQ* Menschen. Gegen Pipelines, die über illegalerweise indigene Territorien verlegt werden sollen. Und was ist dabei herausgekommen? Nun. Entweder die Proteste haben nur 2, 3 Tage angehalten. In dem Fall wurden sie vergessen und ignoriert. Oder eine Seite (nicht selten der Staat, wie dieses Mal auch) hat eskaliert, dann wurden die Proteste Gewalttätig. Aber wer sich die Geschichte der Proteste ansieht, wird feststellen, dass zumindest in den USA nur die Gewalttätigen Proteste je etwas erreicht haben.


    Und ich möchte es hervorheben: Es war die Polizei, die diese Proteste eskaliert hat. Das sehen wir auf genug Videos. Sei es durch pure Provokation, sei es aber auch in vielen Fällen durch das Einsetzen von Gewalt gegenüber friedlich protestierenden Menschen. Sie haben noch mehr Menschen seit Beginn der Proteste getötet und schwer verletzt. Menschen, die protestieren, weil sie ein Lebenswertes Leben haben wollen.


    Aber sicher, das wahre Problem ist, dass Statuen von Mördern und Sklavenhändlern abgerissen werden, für deren Abriss man seit über 30 Jahren friedlich demonstriert hat.


    Was du effektiv sagst, Buxi, ist "Ja, friedlich demonstrieren ist okay. Aber wenn friedliche Proteste nichts bringen, dann muss man halt ducken und sich weiter unterdrücken lassen. Das Gesetz brechen ist absolut unmoralisch!"


    Und was ich dazu anmerken möchte: Hätten Menschen keine Gesetze gebrochen, würden wir bis heute in Monarchien leben. Und ich wette, der damalige Adel fand das auch sehr übertrieben und höchst unmoralisch, als das Volk die hohen Steuern nicht mehr zahlen und selbst über Gesetze entscheiden wollte. Wo kämen wir da hin?


    Wir neigen sogar dazu diverse gewaltsam revolutionäre Kolonialisten, wie bspw. unsere kleine Gruppe rund um Washington, die halt ihre "reiche weiße Männer dürfen Wählen, guckst du mal, voll demokratisch"-Demokratie eingeführt haben, indem sie sich gegen damals geltende Gesetze aufgelehnt haben, zu feiern. Der Unabhängigkeitskrieg war keine friedliche Angelegenheit.


    Aber natürlich: Wenn marginalisierte Gruppen es tun, dann ist es falsch ...

  • Ich möchte mal in puncto Abriss von Statuen und so auf etwas hinweisen, das ich bereits in meinem Blog hier im Forum angesprochen habe, und das ist der Wiederaufbau des Berliner Schlosses. Wie man leicht nachlesen kann, stand da vorher der Palast der Republik, ein DDR-Gebäude, und davor eben das originale Berliner Schloss, das allerdings im Zweiten Weltkrieg ziemlich zerstört worden war. Nun ist es also so, dass der Abriss des Originalschlosses - obwohl natürlich auch politische Aspekte mitreinspielten, keine Frage - eigentlich vor dem Hintergrund seiner Beschädigung durchaus auch so vertretbar gewesen wäre. Beim Palast der Republik fehlte dieser Aspekt. Er wurde abgerissen als Teil eines politischen Projekts, ebenso wie auch das Berliner Schloss als Teil des gleichen Projekts wiederaufgebaut wurde. Dieses Schloss, welches ein Symbol der preußischen Monarchie gewesen ist, zieren mittlerweile auch wieder ein Kreuz und ein zusammengesetztes Bibelzitat, welches effektiv ausdrückt, dass man sich dem Christentum unterwerfen soll:

    Zitat

    Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.

    Ich möchte dabei betonen, dass das Schloss selbst aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde, Kuppel und Kreuz wurden teilweise von anonymen Großspendern finanziert, weshalb lustigerweise auch eine Widmung an den Versandhauskönig Otto das Ding ziert, womit man eigentlich meinen könnte, dass sich nun also auch der Kapitalismus noch dort verewigt.

    Was genau einem das Schloss insgesamt sagen soll, ist fraglich. Historisch akkurate Nachbildung eines historischen Gebäudes? Nun, die Ostfassade ist brutalistisch und alles andere als originalgetreu, also zieht das Argument nicht. Persönlich kann ich es nicht anders sehen, als dass es halt ein geiler Anblick für Touristen sein soll, ein Zeichen germanischen Glanzes.


    Die Problematik ist nun aber, dass Kuppel und Kreuz sowie eigentlich ja auch schon die Tatsache, dass es nun einmal ein Nachbau eines Symbols preußisch-monarchischer Herrschaft ist, einen Haufen rückwärtsgewandter Ideen ausdrücken, einschließlich des Kolonialismus, denn schließlich werden im Gebäude "außereuropäische Exponate" ausgestellt werden, mithin also Kunstschätze, die auf sehr zweifelhaftem Wege während der Kolonialzeit nach Deutschland gelangt sind. Womit dann also auch die Brücke zum eigentlichen Themeninhalt und zur Diskussion über einen historischen Revisionismus geschlagen wäre.


    Denn was anderes ist dieser Neuaufbau, als historischer Revisionismus? Es wurden dafür die Spuren einer historisch durchaus enorm wichtigen Phase der Entwicklung Deutschlands getilgt, nämlich der DDR. Man muss sicher kein Freund der DDR sein, um das problematisch zu finden. Bezeichnend ist aber, was dieser Neuaufbau eben beinhaltet - die Errichtung eines per Architektur (Kreuz) christlichem Monarchensymbols, noch dazu eben ein Symbol der preußischen Monarchie und insbesondere Friedrich Wilhelm IV., also jenes Landes, das wegen seines Beitrags zum deutschen Militarismus aufgelöst wurde und jenes Herrschers, der 1848/49 die Revolution niederschlug.


    Daran ist eben bemerkenswert, dass der Abriss einer historisch bedeutsamen Stätte kein Problem zu sein schien, solange man sich danach mit besagtem Schloss ein geiles Symbol für das prächtige neue Berlin hinstellen konnte. Die ganzen Problematiken dessen wurden nicht beachtet. Denn was sagt uns das über den Abbau der Verherrlichung veralteter kolonialer Strukturen im Rahmen demokratischer Prozesse? Es sagt uns, dass nicht nur dieser Abbau nicht stattfindet, sondern dass es wohl teilweise auch noch zu einem Wiederaufbau kommt, finanziert aus öffentlichen Mitteln. Daher finde ich es ehrlich gesagt ein wenig merkwürdig, dass wegen ein paar abgerissener Statuen gleich die große Kritik, Verurteilung und der Verweis auf die "gemäßigteren" Mittel des Protestes kommt, während sich an diesem Beispiel eigentlich sehr schön zeigt, dass gerade das offenbar nicht funktioniert. Denn Kritik an dem Schloss, an dem Kreuz und an dem Bibelspruch wurde massiv geäußert, ebenso hatten Grüne und Linke noch versucht, den Abriss des Palasts der Republik zu verhindern bzw. hinauszuzögern. All das ist nicht gehört worden. Und das ist eben ein Fall aus Deutschland, wo unsere Demokratie doch so gut funktioniert. Ich hätte hierzulande ehrlich gesagt ziemlich viel Verständnis, wenn jemand zu dem Schluss käme, dass ein Abriss von Statuen kolonialer Persönlichkeiten eine angemessene Form des Protests darstelle, denn von staatlicher Seite scheint es wenig Bestreben zu geben, sich mit so etwas überhaupt mal auseinanderzusetzen. Umso mehr Verständnis müsste ich dann wohl eigentlich auch für die Bevölkerung von Ländern mit Demokratiedefiziten haben.


    Ansonsten möchte ich mal sagen: Natürlich sollte auch ein Straßenname wie "Stauffenbergallee" hinterfragt und imo eigentlich auch geändert werden. Ja, der Mann hat versucht, Hitler umzubringen, aber es lässt sich wohl kaum leugnen, dass ein ungesunder Kult (dazu gehören eben auch Straßennamen) um seine Person entstanden ist, der eine wirkliche historische Aufarbeitung dieser Person in Verbindung mit einer kritischen Auseinandersetzung unmöglich gemacht hat - dass man dahingehend was nachholt, ist jetzt erst ein Phänomen der letzten Jahre und das Ergebnis geht eher in die Richtung, dass man ihn nicht wirklich als einen Vorkämpfer der Freiheit sehen kann. Er war ein harter Antisemit und hätte er Hitler erfolgreich getötet und die Macht in Deutschland übernehmen können, wäre das Endergebnis höchstwahrscheinlich keine Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie geworden. Und ändert endlich die Namen der letzten beiden Hindenburgplätze, mein Gott.

  • Was du effektiv sagst, Buxi, ist "Ja, friedlich demonstrieren ist okay. Aber wenn friedliche Proteste nichts bringen, dann muss man halt ducken und sich weiter unterdrücken lassen. Das Gesetz brechen ist absolut unmoralisch!"

    Es kommt halt drauf an welche Gesetze zu brichst. Die Plünderungen gingen nunmal gar nicht. Mal davon, dass sowas aus moralischer Sicht wirklich nicht geht, ist sowas halt auch strategisch dumm und eher das Ausnutzen der Situation, um sich bereichern zu können. Es ist zwar auch fraglich, wie viele von denen wirklich Demonstrant*innen waren, aber der Schaden ist dann schon angerichtet.


    Die Plünderungen wurden von den Medien schließlich aktiv ausgenutzt, um den Eindruck zu erwecken, dass viele Demonstrant*innen gewalttätig seien, obwohl diese Berichterstattungen eben vollkommen aus der Relation gerissen wurden und an manchen Tagen fast schon häufiger gezeigt als friedliche Demonstrationen, obwohl die meisten nicht gewalttätig waren. Oder erst gewalttätig wurden aka sich einfach wehrte, als die Polizei zuerst in die Menge schlug.

    Bei vielen kamen aber aufgrund der Berichterstattungen in erster Linie an, dass in den USA Chaos und Plünderungen sind und random Autos von random Leute angezündet wurden.

  • Die Plünderungen haben aber wie immer in diesen Situationen selten mit den Protesten selbst zu tun. Wer plündert, plündert nicht, um zu protestieren, sondern weil die andauernden Proteste dafür sorgen, dass man ungehindert plündern kann. :/

  • Thrawn


    Kommt ja so eine Wippe der Einheit vor dem Staatschloss. Diese Wippe soll an die Einheit erinnern. Aber wie passt das alles? Das Schloss steht für eine monarchische und sehr streng christliche Geschichte und die Wippe für die Einheit der Menschen?


    https://de.m.wikipedia.org/wik…eits-_und_Einheitsdenkmal


    Es heißt sogar Freiheits-und Einheitsdenkmal und das alles unterm Kreuz und der Inschrift, dass sich alle vor Gott beugen und knien sollen.

  • Die Plünderungen haben aber wie immer in diesen Situationen selten mit den Protesten selbst zu tun. Wer plündert, plündert nicht, um zu protestieren, sondern weil die andauernden Proteste dafür sorgen, dass man ungehindert plündern kann. :/

    Eben, es war halt scheiße, dass es viele Medien so aufgriffen. :/ wer sich nicht näher damit beschäftigt, kann sehr leicht den Eindruck bekommen, dass es so wäre. Weshalb die Statuen zerstört werden, scheint bei vielen auch nicht so wirklich anzukommen.

  • Die Plünderungen haben aber wie immer in diesen Situationen selten mit den Protesten selbst zu tun. Wer plündert, plündert nicht, um zu protestieren, sondern weil die andauernden Proteste dafür sorgen, dass man ungehindert plündern kann. :/

    Eben, es war halt scheiße, dass es viele Medien so aufgriffen. :/ wer sich nicht näher damit beschäftigt, kann sehr leicht den Eindruck bekommen, dass es so wäre. Weshalb die Statuen zerstört werden, scheint bei vielen auch nicht so wirklich anzukommen.

    Aber wieso zerstört man ausgerechnet jetzt Statuen? Rassismus ist ja nicht seit gestern und der Kampf gegen Rassismus gibt es seit es Rassismus gibt.

  • Die Plünderungen haben aber wie immer in diesen Situationen selten mit den Protesten selbst zu tun. Wer plündert, plündert nicht, um zu protestieren, sondern weil die andauernden Proteste dafür sorgen, dass man ungehindert plündern kann. :/

    Eben, es war halt scheiße, dass es viele Medien so aufgriffen. :/ wer sich nicht näher damit beschäftigt, kann sehr leicht den Eindruck bekommen, dass es so wäre. Weshalb die Statuen zerstört werden, scheint bei vielen auch nicht so wirklich anzukommen.

    Aber wieso zerstört man ausgerechnet jetzt Statuen? Rassismus ist ja nicht seit gestern und der Kampf gegen Rassismus gibt es seit es Rassismus gibt.

    Weil man bisher die meiste Zeit versucht hat brav und friedlich zu demonstrieren und auf geregeltem Wege die Politik dazu zu bringen, die Statuen abzureißen. (Nicht das es bisher nicht einige Einzelfälle gab, in denen Statuen von Demonstrant*innen abgerissen wurden.) Aber nachdem nun seit Jahren fast jährlich gegen die Polizeigewalt, beständig gegen diese Statuen und nebenbei gegen alles, wofür die Trump-Regierung steht, demonstriert wurde ... nun ist das Fass eben übergelaufen. Es hat lange gebrodelt.

  • Was du effektiv sagst, Buxi, ist "Ja, friedlich demonstrieren ist okay. Aber wenn friedliche Proteste nichts bringen, dann muss man halt ducken und sich weiter unterdrücken lassen. Das Gesetz brechen ist absolut unmoralisch!"


    Und was ich dazu anmerken möchte: Hätten Menschen keine Gesetze gebrochen, würden wir bis heute in Monarchien leben. Und ich wette, der damalige Adel fand das auch sehr übertrieben und höchst unmoralisch, als das Volk die hohen Steuern nicht mehr zahlen und selbst über Gesetze entscheiden wollte. Wo kämen wir da hin?

    Revolutionäre Systemwechsel sind durchaus eine Option, die sich - aus einer heutigen Perspektive - mit dem rechtfertigen lassen, was wir als Menschenrechte ansehen. Im jetzigen System der Demokratie, das wir in den meisten westlichen Ländern haben, werden diese weiterhin systematisch verletzt. Soweit sind wir auf der gleichen Seite, richtig?

    Die Frage ist halt, was man jetzt tun will. Will man eine gewalttätige Revolution zu einem anderen System? Wie soll dieses System aussehen (und einfach "lala Demokratie, wo alles besser ist" zählt imo nicht als Systemwechsel, es ist effektiv das gleiche System)? Und solange wir innerhalb des Systems bleiben, was ich sehr befürworte, bin ich grundsätzlich auch dafür, Änderungen systemkonform abzuwickeln. Und ja, ich bin mir absolut bewusst, dass dies den unmittelbar Betroffenen nicht von heute auf morgen hilft, es ist ein jahrzehntelanger Prozess. Vielleicht ist das asozial, aber es ist meiner Meinung nach das, was nachhaltig Verbesserung schafft*. Doch (Gegen-)Hass und Gewalt schaffen nicht die Grundlage für eine inklusive Gesellschaft.


    Und nach wie vor: Jahrelanges Protestieren gegen etwas macht eine Tat nicht gut. Sie macht sie vielleicht weniger schuldhaft, oder nachvollziehbar, aber nicht gut und richtig.


    *Ein Beispiel dafür ist die Ehe für alle, die sich in der letzten Dekade in weiten Teilen von Europa durchsetzen konnte. Da ging eine langwierige gesellschaftliche Debatte voran, doch wir sind an einem Punkt angelangt, wo eine signifikante Mehrheit hinter ihr steht. Das hilft all jenen, die 1980 ihren Partner heiraten wollten (oder einfach nur legal homosexuell sein wollten) und dafür demonstriert haben, nicht wirklich. Doch es ist nachhaltig und auf absehbare Zeit verankert nicht nur im Gesetz, sondern im Selbstverständnis der Gesellschaft.

  • m jetzigen System der Demokratie, das wir in den meisten westlichen Ländern haben, werden diese weiterhin systematisch verletzt.

    Das Problem ist nicht die Demokratie, sondern der Mangel an dieser. Unsere Demokratie ist nicht demokratisch genug. Und die US amerikanische Demokratie ist so undemokratisch, dass - wie ich bereits sagte - diverse Wissenschaftler*innen aus politischen und gesellschaftswissenschaftlichen Bereichen teilweise anzweifeln, dass es sich überhaupt um eine Demokratie handelt, da die Macht eben nicht - wie Demokratie als Wort erfordert - beim Volk liegt. Viel eher handelt es sich in Amerika um eine Plutokratie. Die USA wurden als Plutokratie gegründet und befinden sich seither in einem beständigen Kampf demokratisch zu werden. Zwar ist es mittlerweile nicht länger so, dass nur weiße, reiche Männer wählen dürfen, jedoch ist es nachweißlich so, dass diese einen größeren Einfluss auf die us-amerikanische Politik haben, als der Rest der Bevölkerung.


    Und genau deswegen wird unter anderem ja auch demonstriert und genau deswegen gibt es revolutionäre Tendenzen. Weil Menschen eine echte Demokratie wollen. Einen, in der sie eine Stimme haben. Wirklich eine Stimme haben, anstatt in verschiedenen Positionen zwischen zwei Personen wählen zu dürfen, die effektiv dieselbe Scheiße sind - nur einmal mit Glitzer drauf und einmal ohne.


    *Ein Beispiel dafür ist die Ehe für alle, die sich in der letzten Dekade in weiten Teilen von Europa durchsetzen konnte. Da ging eine langwierige gesellschaftliche Debatte voran, doch wir sind an einem Punkt angelangt, wo eine signifikante Mehrheit hinter ihr steht. Das hilft all jenen, die 1980 ihren Partner heiraten wollten (oder einfach nur legal homosexuell sein wollten) und dafür demonstriert haben, nicht wirklich. Doch es ist nachhaltig und auf absehbare Zeit verankert nicht nur im Gesetz, sondern im Selbstverständnis der Gesellschaft.

    Ich will ja nichts sagen, aber wenn man sich mit LGBTQ*-Geschichte auseinandersetzt, wird man feststellen, dass wir von der Unterdrückung in die heutige Zeit auch nur mit einer Menge teilweise Gewalttätiger Proteste gekommen ist. Just saying: Bei den Christorpher Street Protesten wurden unter anderem Backsteine auf die Polizisten geworfen. Weil die Polizisten eben die queeren Menschen unterdrückt haben. (Ich hatte hier mehr dazu geschrieben.)


    Man kann Unterdrückung nicht friedlich beenden. Jedenfalls nicht, wenn wir Geschichte als Vorbild nehmen. Wir neigen dazu, Geschichte am Ende weichzuspülen, um zu erzählen wie ein bisschen Demonstrieren und Humbaja die Welt zu einem besseren Ort gemacht haben ... aber das entspricht selten Realität. Mir fällt jedenfalls kein Beispiel ein.


    Und so ziemlich jeder wichtige pro-demokratische Wandel der letzten Jahrzehnte kam erst nach gewaltätigen Ausschreitungen. (Nun, das oder vor einem sehr engen Wahlkampf, wenn die bereits in der Regierung sitzende Partei versucht hat Brownie-Punkte zu sammeln. Aber das kam ebenfalls meist nachdem ausschreitende Demostrationen mehr Aufmerksamkeit auf die etwaigen Thematiken gelenkt hatten.)

  • Und wann waren diese Proteste? 1969? Und war es das "Backsteine auf Polizisten werfen" das, was den tiefen gesellschaftlichen Wandel herbeigeführt hat? Wer argumentiert, dass eine gewalttätige Minderheit die Geschichte entscheidend prägt, verkennt a) die viel wichtigere breite, friedliche Masse (gerade bei den Protesten in den USA finde ich es bemerkenswert, wie viele sich grundsätzlich der Gewaltlosigkeit verschreiben) und b) rechtfertigt Zerstörung im Namen des "absolut richtigen", das so nicht existiert (und deshalb von verschiedenen Gruppen als Vorwand für ganz unterschiedliche Ziele genutzt werden könnte) und lässt zu, dass ein gesellschaftlicher Grundstein gelegt wird, der aussergesetzliche Gewalt als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Partikularinteressen zulässt.


    Aber ja: Ich teile die Ansicht dessen, was du Plutokratie nennst. Als nächstes argumentierst du dafür, eine "echte Demokratie" zu installieren. Wie sieht eine solche aus? Eine Demokratie, in der man nicht zwischen zwei gleich beschissenen Alternativen auswählen kann. Wie könnte man also die Bildung weiterer Alternativen fördern? Durch Bildung, Umverteilung, Öffnung der Wirtschaft oder was auch immer (pick your poison according to the party you vote for). Wie erreicht man solche Fördermittel? Durch den Staat, der sie entsprechend organisiert. Da aber alle Alternativen, die den Staat ausmachen, scheisse sind, gibt es keine Alternativen. Es dreht sich im Kreis. Also demonstriert man und um der eigenen Forderung Ausdruck zu verleihen demoliert man noch ein wenig. Die beiden Scheissalternativen sehen hin, beeindruckt von der Masse, angewidert von der Gewalt gegen "ihr System". Dann gibt es ein wenig Pflasterpolitik und das Ganze dreht sich wieder von vorne los, bis eines Tages das Gesetz der hohen Zahlen will, dass eine der Scheissalternativen nicht ganz so scheisse ist. Dann verschieben sich die Kräfte ein wenig, es gibt neue Gewinner und Verlierer und das ganze Prozedere geht von vorne los.


    Im Ganzen sehe ich einfach keinen Punkt, an dem Gewalt oder das bewusste Zerstören einen effektiven Unterschied macht, der Selbstjustiz (= das spontane Entscheiden einer lokalen Mehrheit, was richtig und was falsch ist, das grundsätzlich über eine unüberschaubare Gesellschaft zu einer arbiträren Rechtssprechung und somit Rechtsunsicherheit und somit zum Recht des Stärkeren führt) rechtfertigt.

  • Ich möchte unbedingt ein Video teilen und weiß nicht so recht, was ich dazu schreiben soll, weil die Person im Video das besser ausdrückt, als eine Zusammenfassung es je könnte. Im Grunde fasst sie die Geschichte und wichtige Eckpunkte, wie black people in Amerika behandelt wurden, in einer interessanten Monopoly-Metapher zusammen. Wie genau ich dazu stehe, weiß ich noch nicht, muss ich reflektieren. Aber es ist zumindest gut erklärt. Was mich allerdings dazu bringt, das Video zu teilen, ist der letzte Teil ab 5:09, wo sie erklärt, wie der "gesellschaftliche Vertrag", der eben ausdrückt, dass alle gleich sind und so Dinge wie, dass man nicht stehlen soll, dass man nicht Eigentum zerstören soll etc. gebrochen wurde von den Personen, die ihn eigentlich am meisten einhalten sollten und die Einhaltung dieses Vertrags durchsetzen sollten. Und wir können hier sicher ewig in der Theorie diskutieren, abseits des Geschehens, abseits der Erfahrung, aber es gibt imo nichts wichtigeres, als gerade bei solchen menschlichen Themen, die JETZT Menschenleben zerstören, einfach zu hören, wie es einer Person, die mitten drin steckt, damit geht:

    Achtung, weil das immer wieder gerne verwechselt wird: Es ist kein Aufruf zu Gewalt. Es ist eine Erklärung einer verzweifelten Situation und wieso Dinge passieren und wieso man der Frage "Warum passiert das?" mehr Priorität geben muss, sonst fragt man das Falsche.

  • Im Ganzen sehe ich einfach keinen Punkt, an dem Gewalt oder das bewusste Zerstören einen effektiven Unterschied macht, der Selbstjustiz (= das spontane Entscheiden einer lokalen Mehrheit, was richtig und was falsch ist, das grundsätzlich über eine unüberschaubare Gesellschaft zu einer arbiträren Rechtssprechung und somit Rechtsunsicherheit und somit zum Recht des Stärkeren führt) rechtfertigt.

    Das muss man in den USA auch nicht rechtfertigen, denn das gesamte Rechtssystem dort ist auf Selbstjustiz aufgebaut. Wir mögen da in Europa auch rechtlich lange drüber weg sein, aber dort ist in vielen Gesetzen noch eine solche Denkweise verankert. "Stand your ground" ist wohl das bekannteste Beispiel, aber auch das Zivilrecht funktioniert ganz anders als hier. Anstatt dass der Staat einen Verbraucherschutz gewährleistet, können die Verbraucher in den USA - sofern sie genug Geld für gute Anwälte haben - durch weit überzogene Schadensersatzklagen direkt mit den Konzernen abrechnen.


    Dieses Muster ist also auch in vielen modernen Gesetzen zu finden, der Gedanke dahinter reicht aber viel weiter zurück. Um auch kurz auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen, ich denke dass dieser Gedanke auch auf die Kolonialzeit zurückzuführen und deshalb gerade in den USA so ausgeprägt ist. Grob gesagt, wer nicht die eigenen Vorstellungen von Recht und Besitz respektiert, wird als Wilder behandelt und bekommt keine Möglichkeit, seinen Standpunkt vor einer unparteiischen höheren Instanz vorzutragen.


    Alleine dass jeder (aufgrund eines zu Besetzungszeiten erlassenen Amendments) Schusswaffen mit sich tragen darf führt doch unweigerlich zu Selbstjustiz - allerdings auch zur Polizeigewalt. Hier wird z. B. im Vergleich zu Europa viel weniger auf angemessenes Verhalten der Polizisten geachtet. Dieses Video zeigt ohne viele Worte einen direkten Vergleich der Tötungen durch Polizisten zwischen den USA und Großbritannien.


    Die erwähnte Rechtsunsicherheit ist also längst da. Ob das jetzt das Recht des Stärkeren oder das Recht des Reicheren ist ändert am Prinzip nichts. In dem Moment, wo Polizeigewalt in diesem Ausmaß einfach hingenommen und nicht aufgearbeitet wird, hat der Rechtsstaat versagt. Wenn dann dazu noch an dessen Spitze jemand steht, der in einem echten Rechtsstaat mindestens zwei Dutzend Verfahren wegen Betrugs, Steuerhinterziehung, sexueller Belästigung, Verleumdung, Vorteilsnahme im Amt und was weiß ich noch alles am Hals hätte, stärkt das nicht gerade das Vertrauen in die Staatsgewalt oder den Respekt vor den Gesetzen.


    Ist Gewalt bei Protesten richtig? Sicherlich nicht, aber die Randalierer spielen nach den Regeln, die ihnen von oben vorgegeben wurden. Wenn selbst Polizisten und Staatsoberhäupter frei nach dem kolonialen Gedanken handeln und dafür nicht belangt werden, dann gibt es kein Gesetz mehr, auf das man sich berufen kann.

  • Buxi

    Ich wäre schobn neugierig, was du in der Lage anderer tun würdest, wenn du mal deren Leben leben müsstest. Oder ob du sagst "Gewalt ist aber nicht die richtige Lösung!", wenn dir jemand noch eine Sekunde zuvor ins Gesicht geschlagen hat. So fühlt oder fühlte es sich nunmal oft für bestimmte Minderheiten an. Jemand schlägt dir ins Gesicht und du darfst nur entgegnen "please, don't. :< Könnten wir nicht in Frieden bei einer Tasse Tee darüber reden?"


    Davon abgesehen ist "du brichst aber das Recht!" selten ein Argument. Na und, dann bricht man es eben? Zwar muss man unter dem geltenden Recht damit rechnen, dass man Konsequenzen dessen zu tragen hat, aber aus moralischer Sicht gesehen ist es nicht grundsätzlich falsch Gesetze zu brechen und nicht die kleine, brave Ameise das mitspielt, die immer das tut, was ihr Ameisenstaat für sie vorsieht.

    .

    lässt zu, dass ein gesellschaftlicher Grundstein gelegt wird, der aussergesetzliche Gewalt als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Partikularinteressen zulässt.

    Aber bei der Mehrheit wäre es in Ordnung? Gibt etwas, das nennt sich Mehrheitsdiktatur.

    Und gesetzliche Gewalt wäre auch in Ordnung?

  • Es gibt ein kleines, aber positives Update zur Dakota Access Pipeline. Es wurde eine Gerichtsurteil verhängt, dass diese bis auf weiteres geleert und ausgesetzt werden soll, bis der Betreiber nachweisen kann, dass keine Umwelt- und Wassergefahr von der Pipeline ausgeht. Kann er das nicht, soll sie nicht weiter genutzt werden.


    Sprich: Es gibt einen kleinen Sieg zumindest für die Standing Rock Sioux. :)