Need to win

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Hallo,


    das neue Dynamax-Band mit den Beobachtenden zu verbinden empfinde ich als sehr gute Idee. Vor allem wirft die ganze Sache ein völlig anderes Licht auf die Situation, da vermutlich auch Hop von ihnen beobachtet wird. Bleibt die Frage, ob ihn ebenfalls etwas bedrückt, das er nicht zeigen kann, oder er tatsächlich unwissend über all das die Welt bereist. Ich bin gespannt, ob da etwas dran ist oder lediglich Millis Panik um ihre Mitmenschen im Vordergrund stand.

    Danke übrigens, dass Sanias Kochkünste wieder Erwähnung gefunden haben. Vermutlich war das eine von Delions besten Bemerkungen während des Spiels.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 9


    Es war früher Nachmittag, als ich den Bahnhof von Brassbury erreichte. Wenn Hop tatsächlich den gesamten Weg gelaufen war, dann verneige ich mich vor seiner Ausdauer.
    Er erwartete mich vor dem alten Backsteingebäude und ich fragte mich, wie lange er hier wohl schon auf mich gewartet hatte. Schließlich hatte ich es nach der Begegnung heute Morgen nicht gerade eilig gehabt, meine Reise fortzusetzen.
    „Wo bleibst du denn?“, rief Hop mir entgegen, während ich auf ihn zuging. „Hast du wenigstens viele Pokémon gefangen? Ich hab mir gerade ein richtig gutes geschnappt. Das wird mein neues Ass im Ärmel.“
    „Ich, ähm ...“
    „Sag bloß, du hast dir kein einziges neues Pokémon gefangen! Was ist denn los mit dir?!“ Hop sah mich fassungslos an. „Je früher du anfängst, ein Team aufzubauen, desto besser!“
    „Das weiß ich selbst, du Blödmann“, konterte ich. Ich hab nur ziemlich strenge Regeln auferlegt bekommen und will auch gar nicht so viele Pokémon in die Sache reinziehen ... Aber das sagte ich natürlich nicht. „Ich beschränke mich halt auf ein paar wenige, die dann aber umso stärker sind.“
    „Wie du meinst“, sagte Hop mit einem Kopfschütteln, als könnte er es absolut nicht verstehen, wie man nicht so viele Pokémon wie möglich fangen wollte. „Hier, ich hab noch was für dich.“ Er reichte mir eine hellgraue Disk. „Das ist die TM zu Sternschauer. Mit der kannst du deinen Pokémon ruckzuck eine neue Attacke beibringen. Ich hab sie mal von Delion geschenkt bekommen, aber jetzt soll sie dir gehören.“
    „Ich brauche keine Almosen“, sagte ich, weil ich Angst hatte, er würde sonst meine Situation erraten.
    „Ich weiß“, antwortete er und zwinkerte mir zu, „ich bin aber so oder so stärker als du, so machen wir es nur fairer.“
    „Ach? Und wer hat die letzten Kämpfe gewonnen?“, fragte ich und hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen. So gerne ich Hop auch in seinem Traum unterstützen würde, so durfte er doch niemals stärker werden als ich.
    Er tat es mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. „Anfängerglück.“ Dann wandte er sich dem Bahnhof zu. „So, jetzt sollten wir uns aber auf den Weg nach Engine City machen, wenn wir heute noch ankommen wollen. Immerhin findet dort schon in einer Woche die Eröffnungszeremonie der Arena-Challenge statt!“
    „Worauf warten wir dann noch?“ Ich legte so viel fröhliche Zuversicht in meine Stimme, wie mir möglich war und folgte Hop in den Bahnhof.
    Obwohl das Bahnhofsgebäude schon einige Jahre hinter sich hatte, war es von innen modern eingerichtet. Wir gingen zum Schalter und kauften jeder ein Ticket nach Engine City. Wir wollten gerade durch das Drehkreuz auf den Bahnsteig gehen, da hörten wir eine Stimme hinter uns.
    „Moooment, ihr beiden!“
    Wir drehten uns um und sahen Hops Mutter durch den Bahnhof zu uns rennen. Hops Augen wurden so groß, dass ich das Gefühl hatte, sie müssten ihm gleich aus den Höhlen purzeln. „M-Mum?! Was machst du denn hier?“
    Hops Mutter blieb vor ihrem Sohn stehen und lächelte ihn an. „Professor Magnolica hat verraten, dass ihr von hier den Zug nehmen wollt. Ich habe etwas für eure lange Reise mitgebracht.“
    „Was ist das?“, fragte ich und nahm das Paket entgegen, das sie mir hinhielt. Es sah sehr voll aus, war aber erstaunlich leicht.
    „Das sind Camping-Sets!“, antwortete Hops Mutter. „Die werdet ihr auf eurer Reise sicher dringend gebrauchen können. Ich soll dich übrigens von deiner Mutter grüßen, Emilia. Sie wäre sehr gerne mitgekommen, hatte aber gerade wichtige Gäste da, die sie nicht alleine lassen konnte. Sie wünscht euch aber trotzdem alles Gute.“
    Mein Magen zog sich zusammen und mein Lächeln wurde steif. Den winzigen Hoffnungsschimmer, dass irgendjemand von unseren Nachbar erkennen könnte, was los ist, konnte ich nun begraben. „Vielen Dank“, sagte ich. „Wenn du sie noch einmal siehst, sag ihr, dass ich sie lieb hab.“
    „Aber natürlich.“ Hops Mutter lächelte uns freundlich an. „Ich hoffe, ihr habt viel Spaß auf eurer Reise!“
    „Danke, Mum!“, sagte Hop. „Freu dich schon mal auf den Tag, an dem ich der nächste Champ werde! Dann sind deine Kinder beide echte Champs. Stell dir das nur mal vor! Das gab’s noch nie!“
    „Wenn du das sagst, Hop! Dann kann ich euch nur noch eine gute Reise wünschen.“ Sie winkte uns noch einmal und wandte sich dann zum Gehen.
    „Okay, dann mal los!“ Hop strahlte mich an. „Ich hab das Gefühl, jetzt geht’s so richtig los. Komm, brechen wir auf, Milli!“


    Die Zugfahrt war gleichzeitig angenehm und unangenehm. Ich musste mir zwar keine Gedanken über plötzliche Pokémon-Kämpfe machen, aber es war anstrengend, Hops Enthusiasmus mitzubekommen, ohne ihn erwidern zu können. Immerzu schwärmte er von den Abenteuern, die wir erleben würden und konnte gar nicht erwarten, die Naturzone, ein riesiges Gebiet voller wilder Pokémon, rund um Engine City zu erkunden.
    Ich war sogar ein kleines bisschen erleichtert, als ich spürte, dass der Zug hielt. Dann allerdings merkte ich, dass es noch gar nicht unser Bahnhof war.
    „Hier ist die Naturzone!“, freute sich Hop und versuchte aus dem Fenster etwas zu kennen. Doch alles, was wir sahen, waren die Bahnhofswände.
    Als es nach ein paar Minuten allerdings nicht weiterging, runzelte ich die Stirn. „Müsste nicht –“
    Meine Frage wurde von einer Durchsage unterbrochen: „Aufgrund einiger Wolly auf den Gleisen können wir unsere Fahrt leider nicht fortsetzen. Wir bitten alle Fahrgäste, auszusteigen.“
    „Na sowas“, sagte Hop, doch sein Gesicht strahlt. Jetzt würde er doch sofort die Naturzone zu sehen bekommen. Ich war etwas weniger positiv aufgeregt, wenn ich an all die starken Pokémon dachte, die sich in der Naturzone tummeln sollten.
    Im Bahnhof hatte sich bereits eine riesige Traube an Menschen um den Bahnhofsvorsteher gebildet. Als Hop und ich uns näherten, erhob er gerade das Wort: „Es tut mir leid, dass Sie hier gestrandet sind, aber das Bahnunternehmen wird natürlich für Ihre Unterbringung im Naturzonenhotel sorgen; das ist das große Gebäude direkt neben dem Bahnhof, Sie können es gar nicht übersehen. Zeigen Sie einfach ihre Fahrkarte an der Rezeption vor und Sie werden dort ein Zimmer erhalten. Wir hoffen, dass wir alle entstandenen Schäden bis morgen früh behoben haben werden.“
    Ein kollektives Stöhnen ging durch die Masse – nur Hop hatte noch immer ein Grinsen im Gesicht. „Wir haben echt Glück im Unglück“, verkündete er. „In der Naturzone kann man so viele Pokémon fangen – es ist perfekt, um ein Team zusammenzustellen!“
    „Du willst doch nicht ernsthaft heute Abend noch losrennen?“
    „Blödsinn“, beruhigte mich Hop, „aber gleich morgen früh!“ Dann betrachtete er mich. „Du etwa nicht?“
    „Ich weiß nicht ...“ Ich hatte zwar Angst vor den starken Pokémon, aber Hop hatte schon recht; die Naturzone wäre eine super Möglichkeit, mein Team aufzufüllen.
    „Du hast ja noch Zeit, dich zu entscheiden“, meinte er, „jetzt lass uns erst mal ins Hotel gehen.“
    Tatsächlich war das Hotel das einzig andere Gebäude in der Nähe und mit all den Zuggästen schon ziemlich stark gefüllt. Trotzdem erhielten Hop und ich beide je ein Zimmer und wünschten einander eine gute Nacht. „Ich ziehe gleich mit dem Sonnenaufgang los!“, rief Hop mir noch zu, doch ich wagte, es zu bezweifeln. Er war zwar kein solcher Langschläfer wie Delion, aber wir hatten Sommer und die Sonne ging noch deutlich vor sechs auf. Zu dem Zeitpunkt würde Hop mit Sicherheit noch selig schlummern.
    An diesem Abend genehmigte ich mir endlich eine lange Dusche und kaum fielen die Tropfen auf meinen Kopf, war es, als hätten sie eine Schleuse geöffnet. All die angestaute Angst, die Trauer und Verzweiflung bahnten sich ihren Weg nach draußen und ich weinte so lange, bis ich das Gefühl hatte, nie wieder eine Träne vergießen zu können.
    Aber auch danach ließ ich mir Zeit. Denn ich hatte Angst vor meinem Leben. Und ich verfluchte Cosmas perfiden Plan. Erst innerlich, dann schrie ich es der Duschwand entgegen, presste aber sofort die Lippen aufeinander. Ich hatte zwar auch keine Ahnung, ob Cosmas Leute neben einem Peilsender auch eine Wanze in mein Dynamax-Band, aber eigentlich hatte ich nur bedenken wegen der anderen Gäste im Hotel. Keine Ahnung, wie spät es inzwischen war. Wenigstens würde eine Beschwerde von Cosmas Leuten mir zeigen, dass sie mir auch zuhörten. Also hatte es vielleicht irgendwas Gutes.



    weiterlesen

  • Ich finde es witzig, dass das Kapitel sich auch wirklich wie eine Verschnaufpause anfühlt und dem Bahnsteig ähnelt. Wir sind, jedenfalls gefühlt, kurz vor dem nächsten Part und möglichen Problematiken, aber legen eine kleine Zwangspause ein. Der Vorteil bei mir ist, dass ich erst einmal die neuen Editionen gespielt habe und mir das alles neu ist, haha. Also falls im Spiel auch eine Wolly-Herde auf den Schienen ist, wäre das trotzdem neu für mich. xD


    Nachdem wir jetzt den creepy Liga-Mitarbeiter (wenn der Typ schon so komisch rüberkommt, will ich nicht wissen, was die Bösen noch aushecken) aus dem Kapitel zuvor hinter uns haben, bin ich echt gespannt, was als nächstes kommt, und ob ein paar neue Pokémon gefangen werden oder der Fokus auf dem Trainieren liegen wird. Hop ist übrigens echt gut getroffen. Einfach ein Energiebündel, der nicht aufhören kann, seinen Optimismus nach Außen zu tragen, unbeirrt, und immer wieder an der Rivalität zwischen Milli und ihm, sowie seinem Bruder und ihm, festzuhalten. Freue mich auf jeden Fall auf die nächsten Kapitel und wollte hier nur beim Lesen in der Nacht wieder was schreiben. Bis zum nächsten Mal. ^-^

  • Hallo Shiralya!


    Nachdem ich deine FF ein wenig verfolgen wollte, komm ich nun auch mal wieder dazu einen Kommi zu posten. Bin gespannt, was in den Kapiteln sieben bis neun so alles passieren wird.


    Kapitel 7

    Ich muss sagen, der Kampf gegen Hop war bei den Beschreibungen ein wenig unterwältigend. Aber nachdem ich dann gelesen hab, dass du dich mehr an die Spiele halten möchtest, kann ich das nachvollziehen und da macht der Aufbau des Kampfes dann auch wieder Sinn. Könnt mir aber durchaus denken, dass du mit der Zeit vielleicht etwas ausführlicher wirst.

    Der schnelle Sieg hat jedenfalls gut gezeigt, wie der Widerhall funktioniert und auch, wie wenig Hop einem als Spieler am Anfang entgegenzusetzen hat, wenn man weiß, was man tun muss. Ich war auf jeden Fall glücklich darüber, dass Glöckchen sich so gut geschlagen hat!

    Ich muss sagen, ich fand Hop in den Games ja eigentlich ganz niedlich mit all seiner Begeisterung, aber hier ist der direkte Unterschied zwischen Hops Motivation und Emilia so groß, dass es eine ganz komische Stimmung erzeugt. Im Vergleich zu Hops kindlicher Begeisterung ist Emilia halt einfach in einer lebensbedrohlichen Situation und es tut schon weh, dass sie halt einfach nichts sagen kann.

    Dass der ganze Druck Emilia zu schaffen macht merkt man hier noch mal deutlicher. Nuzlockes sind ja ohnehin nicht dafür bekannt besonders … nun, leichte Kost zu sein. Aber das hier ist noch mal ne Stufe höher.

    Das Ende war jedenfalls sehr niedlich und ich denke, es wird Emilia auch gut tun ein wenig Ruhe zu finden, so schwer das in der momentanen Situation auch sein wird. Weil ja, sehr viel Sinn ergibt das nicht, aber ich bin gespannt, was du daraus machen wirst, was Emilia hier zugestoßen ist.


    Kapitel 8

    War der Einbruch auch in den Spielen? Meine Erinnerung ist so lückenhaft, dass ich das gar nicht mehr weiß. Ist natürlich schlecht, weil ich so jetzt gar nicht sagen kann, was du dir alles ausgedacht hast und was nicht. Aber es wirkt nicht, wie etwas, was in den Spielen vorkommen würde, also geh ich mal davon aus, das du das als Element für die Nuzlocke eingebaut hast. Es hat die Stimmung am Morgen jedenfalls wieder auf so eine Anspannungsebene gebracht.

    Mag es übrigens, wie sich Hop und Delion gegenseitig bissl necken, da merkt man gut, dass die beiden Brüder sind. Und wie genial ist das bitte, dass Sania sagt, dass das Empfehlungsschreiben einfach vorgefertigt ist und damit nicht mal wirklich viel Arbeit bedeutet? Ach, das fand ich echt witzig!

    Okay, da jetzt dieser absolut unangenehme Typ einfach mal im Vorgarten stand scheint der Einbruch doch deine eigene Idee gewesen zu sein. Und ja, hey, wie nett, dass das Dynamaxband ein Peilsender ist. Alter, Cosma hat definitiv ein Kontrollproblem. Da hat er sowieso schon einem Mädchen jede Menge Angst eingejagt und dann muss er sie auch noch komplett kontrollieren. Uff, diese Stimmung macht mir echt bissl zu schaffen, das ist schon richtig unangenehm. Und ich kann’s jetzt schon kaum erwarten, wenn Emilia diesen Cosma bestrafen wird. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Irgendwie schwierig gerade, sich auf etwas zu freuen in dieser Geschichte, aber ich bin durchaus gespannt drauf, wie Emilia die nächsten Städte erleben wird und wie die nächsten Kämpfe ausgehen — ich hoffe zu ihrem Gunsten!


    Kapitel 9

    Ich frag mich tatsächlich auch, ob Hop wirklich den ganzen Weg gelaufen ist und wie lang er dann auf Emilia gewartet hat. Eine Stunde? Zwei? Nun, egal, nachdem er auch Pokémon gefangen hat, war das mit dem Laufen wohl doch nicht der Fall. Es wundert mich auch nicht, dass er trotz dem Warten in guter Stimmung ist. Das ist einfach sein Charakter.

    Kriegt man im Game auch Sternschauer von ihm? Egal, ist jedenfalls gut, ich kann zwar gut verstehen, dass Emilia keine Almosen will, aber jede Hilfe ist gut und so eine TM ist ja nicht zu verachten — auch nicht Sternschauer!

    Ah, Camping-Sets — das war wirklich ein niedliches neues Feature in STSD, hatte ne Menge Spaß die komischen Currykreationen zu kochen. Bin gespannt, ob du das auch einbringen wirst.

    Ja, schade, dass die Nachbarn die Situation vermutlich erst sehr viel später realisieren werden. Ich mein, sicherlich werden sie nach einer Weile schon Verdacht schöpfen, wenn IMMER, wenn sie mal kurz vorbeikommen wollen wichtige Gäste im Haus sind. Aber das wird wohl dauern. Und vielleicht wird Cosma bevor das passiert Emilias Eltern auf einen unfreiwilligen Urlaub schicken …

    Ich kann gut nachvollziehen, dass für Emilia diese Zugfahrt nicht besonders angenehm sein musste. Einem Menschen gegenüberzusitzen, der gerade den Spaß seines Lebens hat und mit dem man befreundet ist, aber selbst einfach in einer krassen Situation steckt ist echt nicht leicht. Und die Fahrt wird auch noch verkürzt, weil eine Herde Wolly auf den Gleisen ist — als wär’s geplant gewesen. Hop ist natürlich begeistert und ich bin auch neugierig, wie Emilia die Naturzone erleben wird.

    Emilias Zusammenbruch später am Abend ist in der Situation auch nur allzu nachvollziehbar und ich befürchte, mit dieser angespannten Stimmung werd ich die ganze Geschichte über lernen müssen umzugehen. Es ist doch unangenehm, aber das soll nicht heißen, dass es schlecht ist! Also bitte nicht falsch verstehen, es ist nur richtig, dass du diese Stimmung aufrecht erhältst. Aber es ist eben auch so frustrierend, weil eine Pokémonreise ja Spaß bedeuten sollte und für Emilia ist es einfach nur ein Überlebenskampf.

    Trotzdem freu ich mich auf die Naturzone und was für neue Pokémon Emilia da fangen wird. Oh und wie du die Eröffnungsfeier später in Engine City darstellen wirst.


    In diesem Sinne: fröhliches Schreiben! (:

    — Cynda

  • Hallo,


    da bald das nächste Pokémon-Gebiet ansteht, ist diese Verschnaufpause von anderen Menschen sowie Cosmas Leuten sehr angenehm. Besonders gefällt mir, wie Emilia langsam aus sich herauskommt und anfängt, mehr mit Hop zu sprechen. Anfangs war das noch deutlich weniger und ich hoffe, sie lernt diese Gespräche bei den teils großen Abständen zwischen den Arenen zu schätzen.

    Dass ihre Mutter gezwungenermaßen nicht auftaucht, bist du recht geschickt umgangen und dass sie nach diesem langen Tag mit den Nerven am Ende war, ist absolut nachvollziehbar. Ich hoffe, dass sie trotz aller Widrigkeiten positiv in die Zukunft sehen kann.


    Wir lesen uns!

  • Ich hab endlich Turffield verlassen! Das ist ein wunderbarer Punkt, um auch endlich wieder zu updaten, aber erstmal muss ich auf die vielen tollen Kommentare eingehen.

    P.S. Für die lange Wartezeit gebe ich übrigens meinem 90+Stunden-Spielstand in PLA die Schuld ...

  • Kapitel 10


    Schon am zweiten Abend in Folge war ich erst weit nach Mitternacht eingeschlafen und als ich am nächsten Morgen um halb zehn aufwachte, war ich mir sicher, dass ich Hop schon längst verpasst hatte. Ich beeilte mich trotzdem, um vielleicht wenigstens noch Frühstück zu bekommen.

    Nachdem ich ein paar Toasts mit Marmelade verspeist hatte, machte ich mich doch noch einmal zum Bahnhof auf. Ich könnte ja auch mit dem Zug nach Engine City fahren und von dort aus die Naturzone erforschen. Als ich jedoch am Schalter nachfragte, wurde ich enttäuscht. „Die Wolly haben leider die Oberleitung beschädigt. Vor heute Mittag wird es nichts, stell dich besser auf drei oder vier ein“, erklärte mir die Dame, die dort arbeitete. Vermutlich hatte sie diesen Satz heute schon hundertmal gesagt und ich bewunderte sie dafür, dass sie immer noch freundlich war.

    Ich bedankte mich bei ihr und verließ den Bahnhof. Sollte ich warten oder doch in die Natuzone aufbrechen? Ich musste sie ja nicht durchqueren, ich konnte mir nur ein bisschen die Zeit vertreiben, ehe die Züge wieder fuhren.

    „Hey“, eine junge Frau mit großem Reiserucksack sprach mich an. Sie hatte wohl meinen unsicheren Gesichtsausdruck bemerkt. „Respekt vor der Naturzone?“

    Unwillkürlich musste ich lächeln. „Ja“, antwortete ich.

    „Ich weiß, die Pokémon dort können beängstigend sein, ich reise jetzt schon seit Monaten hin und her.“

    „Seit Monaten?“

    Sie lachte über mein ungläubiges Gesicht. „Keine Sorge, wenn du einfach nur von hier bis Engine City reist, dauert das etwa drei Tage; fünf, wenn du dir Zeit lässt. Aber ich hab beschlossen, möglichst viel von der Natur und den Pokémon mitzunehmen, wie ich kann, bevor ich mich irgendwo niederlasse. Und die hier hat mir sehr geholfen.“ Sie zog eine kleine, rosafarbene Puppe aus ihrem Rucksack.

    „Was ist das?“, fragte ich und betrachtete sie neugierig.

    „Dein Lebensretter. Es nennt sich eine Poképuppe und ermöglicht es, vor wilden Pokémon zu fliehen, weil sie zu sehr mit der Puppe beschäftigt sind. Du kannst sie haben, wenn du willst.“

    „Aber ... das kann ich doch nicht annehmen.“

    Wieder lachte die Frau und es war ein so ansteckendes Lachen, dass ich mich endlich mal wieder wirklich fröhlich fühlte. „Ich hab noch mehr davon. Nimm sie. Dann musst du weniger Angst haben.“

    „Vielen Dank“, sagte ich, als ich die Puppe entgegennahm. Sie erinnerte mich an irgendein Pokémon, auch wenn ich nicht darauf kam, an welches.

    „Aber gerne. Eine neue Reise ist immer aufregend, ich weiß, du wirst eine tolle Zeit haben!“

    Ich war fast versucht, ihr zu glauben. „Haben Sie wirklich vielen Dank“, sagte ich noch einmal.

    Da winkte sie und machte sich auf in Richtung Naturzone. „Vielleicht sieht man sich mal wieder!“, rief sie mir noch zu, dann verschwand sie hinter der nächsten Ecke.

    Tatsächlich machte mir die Aussicht, in die Naturzone zu gehen, nun etwas weniger Angst. Vielleicht würde ich sie ja tatsächlich durchqueren.


    Die nächsten Tage waren die anstrengendsten, aber auch die aufregendsten, die ich je erlebt hatte. Ich kann selbst nicht mehr sagen, was mich dazu gebracht hatte, tatsächlich die Naturzone zu durchqueren und nicht auf die Reparatur der Bahnverbindung zu warten. Auf eine seltsame Art gewöhnte ich mich sogar daran, dass meine Brillengläser sich schwarz färbten, wenn ich ein neues Gebiet betrat. Ich hatte zwar immer noch Angst vor den starken Pokémon, die mich hier angreifen könnten, aber ich schaffte es, ruhig zu bleiben und meinen Weg möglichst zielstrebig fortzusetzen.

    Die gruseligste Begegnung mit einem Pokémon hatte ich am ersten Abend, als ein wildes Pandagro an meinem Zelt vorbeischlich. Glücklicherweise schien es sich nicht weiter für mich zu interessieren. Unglücklicherweise wurde ich am nächsten Morgen von einem Schneesturm überrascht. Ich hatte ja schon gehört, dass das Wetter in der Naturzone sehr schnell umschlagen konnte, aber dass es so extrem sein würde, damit hatte ich nicht gerechnet.

    Den ganzen Tag war ich durch dichten Schneefall gelaufen, immer grob in Richtung Engine City. Ich hatte den Weg am westlichen Seeufer entlang gewählt und versuchte mich daran zu orientieren, um mich nicht zu verlaufen. Halbwegs geschützt schaffte ich es schließlich, mein Zelt aufzubauen und ein Feuer zu machen, um mich endlich wieder etwas aufzuwärmen, nur um am nächsten Tag wieder von strahlendem Sonnenschein begrüßt zu werden.

    Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Wie war es nur möglich, dass das Wetter sich hier so extrem änderte?

    Mein Magen erinnerte mich daran, dass das Frühstück vielleicht wichtiger war als das Grübeln über das Wetter und ich machte mich daran zu schaffen, das Feuer wieder anzuzünden. Zum Glück war die Campingausrüstung wirklich gut ausgestattet und dank Grillanzünder und Feuerzeug bereitete es mir wenig Schwierigkeiten.

    Während ich wartete, dass das Feuer stark genug wurde, um das Restchilli von gestern warm zu machen, ließ ich meine Pokémon aus ihren Bällen. Ich war immer noch fasziniert darüber, nun ein vollständiges Team zu besitzen.

    Das Scoppel, das mir als erstes in der Naturzone über den Weg gelaufen war, hatte ich Flügel genannt. Es war sehr gewissenhaft, allerdings nicht sonderlich stark. Dennoch war es schön zu sehen, dass Flügel immer sein Bestes gab. Gerade forderte er Glöckchen zu einem Wettrennen heraus und die Eule schien sofort dabei zu sein.

    Merkur beobachtete die beiden interessiert und wehrte dabei den zweiten Neuzugang, das Schallquap Piano, mit dem Schwanz ab. In den letzten Tagen hatten Merkur und ich an ihrer neuen Attacke Standpauke gearbeitet und die Füchsin schien sehr verändert, vor allem viel fokussierter zu sein. Ich war mir nicht sicher, ob das an ihrer neuen Unlicht-Attacke lag oder daran, dass sie nun als eine Art große Schwester für die drei neuen fungierte. Gerade mit Piano entwickelte sie eine starke Geschwisterdynamik. Das kleine Schallquap stellte sich als richtiger Clown heraus und liebte es, besonders Merkur in den Wahnsinn zu treiben. Auch jetzt näherte er sich ihr wieder und versuchte, ihren Schweif als Rutschbahn zu nutzen. Und obwohl sie ihn immer wieder abwehrte, so glaubte ich doch, dass es ihr auch Spaß machte.

    Die Dritte im Bunde der Neuen, das Pampuli Schnee (benannt nach der Wetterlage), kam gerade auf mich zu. In ihren Bodenattacken steckten unglaubliche Kräfte, aber sie tat sich noch etwas schwer damit, bei den anderen Anschluss zu finden. Ich streichelte sie und versuchte ihr gut zuzureden, mit den anderen spielen zu gehen, aber sie kuschelte sich nur noch enger an mich.

    „Du weißt, dass das nicht immer so weitergehen kann, Schnee“, ermahnte ich sie. „Es wird dir Spaß machen, Zeit mit den anderen zu verbringen.“

    Schnee schnaubte gegen meinen Arm. Ich schüttelte den Kopf, beließ es aber dabei. Ihre Zeit würde schon noch kommen. Ich musste einfach Geduld haben. So wie ich auch versuchte, mit Perle Geduld zu haben. Nach seiner Entwicklung zu Phlegleon war er zurückgezogener, weniger fröhlich ... wie ein Teenager in der Pubertät, dachte ich immer wieder und fragte mich im gleichen Moment, ob ich zu meinen Eltern auch so war. Es zerbrach mir das Herz, wenn mein Starter nicht mehr von mir gestreichelt werden wollte und so nahm ich Schnees Nähe dankend an. Ich hoffte nur, Perle würde sich wieder fangen. Wir hatten schon so viel durchgemacht und noch so viel, was vor uns lag. Ich brauchte meinen Partner an meiner Seite.

    Und plötzlich durchschoss mich ein Gedanke, der mir die Tränen in die Augen trieb. Jederzeit könnte es vorbei sein. Wenn ich nur einen Fehler machte. Nur eine Attacke zu stark traf, würde ich meine Pokémon für immer verlieren. Jedes dieser wundervollen Wesen war in dieses schreckliche Komplott hineingeraten, einfach nur, weil sie mir begegneten. Und sie ahnten noch nicht einmal etwas davon.

    Schnee merkte den Wechsel in meiner Stimmung und stupste mich fragend an. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen, und sagte dann: „Ich glaube, ich muss euch was erzählen.“

    Und so rief ich meine Pokémon zu mir und erzählte ihnen, in was für eine Situation ich sie gebracht hatte, erklärte, welche Folgen eine Niederlage haben würde und wie sehr ich mir wünschte, einfach nur mit ihnen eine normale Reise unternehmen zu können.

    Glöckchen sah mich aus seinen großen Augen verständnisvoll an. Wahrscheinlich hatte er schon gespürt, in welcher Lage wir waren. Vielleicht hatte Perle es ihm auch schon erzählt. Die anderen schwiegen nur, verarbeiteten das Gehörte. Aber niemand schien mir die Schuld zu geben. Niemand außer mir.

    Perle hatte seinen Platz an meiner Seite eingenommen und schien nun selbst das Wort zu ergreifen. Er war dabei gewesen, vielleicht führte er alles noch weiter aus. Als er fertig war, blieb es noch einen Moment still. Dann geschah das Unglaubliche und alle meine Pokémon kamen zu mir, kuschelten sich an mich und gaben mir das Gefühl, nicht alleine zu sein, ja sogar die Zuversicht, das durchstehen zu können.

    Wieder wurden meine Augen feucht, aber dieses Mal war es nicht nur Angst. „Ihr seid die besten“, flüsterte ich und genoss den Rückhalt, den mir meine Pokémon schenkten. Ich hätte mir kein besseres Team wünschen können.


  • Hallo,


    die lange Wartezeit hat sich gelohnt und ich war gespannt, wie der Ausflug in die Naturzone wird. Zu Beginn die für das Gebiet wichtigen Poképuppen zu behandeln hat mir gefallen und das Gespräch mit der Reisenden war auflockernd, um die Angst etwas zu nehmen.

    Die anschließende Vorstellung der neuen Team-Mitglieder war in Kombination mit dem Zeitsprung angenehm. Einerseits hast du die Pokémon mit ihren charakterlichen Eigenheiten ansprechend präsentiert und zum anderen den innigen Zusammenhalt nach Perles Ansprache gezeigt. Auch nach der Entwicklung ist er eine treibende Kraft für Emilia und ich mochte diese Szene sehr gern.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 11


    Es war Mittag, als ich die unzähligen Stufen erklomm, die nach Engine City führten, und überall um mich herum läuteten Kirchturmglocken. Ich hatte die Mauern und Türme der Stadt zwar immer auf meinem Weg durch die Naturzone gesehen, aber es war noch einmal eine ganz andere Erfahrung, auch tatsächlich dort zu sein. Die rötlichen Backsteinwände erinnerten mich ein wenig an die moderneren Häuser um Brassbury, aber ihre Größe hier in Engine City erschlug mich fast. Überall drehte sich etwas und aus allen Ecken dampfte es. Es wirkte fast, als sei die gesamte Stadt eine einzige große Dampfmaschine.

    Ich hatte gerade ein paar Schritte durch die Straßen getan, da rief mir eine Stimme zu und ich erblickte Sania, die in einer Nebenstraße vor einem Pokémon-Center stand.

    „Sania“, sagte ich freudig, „was machst du denn hier?“

    „Ach“, meinte sie, „meine Oma hat mir ziemlich die Meinung gegeigt ... ‚Nimm dir ein Beispiel an den beiden‘, hat sie gesagt. ‚Voller Tatendrang gehen sie auf Reisen! Und was stellst du mit deinem Leben an?‘“

    „Das hat sie gesagt?“

    „Ja ... Aber das ist mein Problem. Auf jeden Fall hab ich mich schließlich auch auf den Weg zum Zug gemacht, aber es gab wohl irgendwelche Probleme.“

    „Wolly auf den Gleisen“, erklärte ich. „Hop und ich sind im Naturzonenbahnhof gestrandet und schließlich durch die Naturzone gelaufen.“

    Sanias Augenbrauen schossen in die Höhe. „Du hast es durch die Naturzone geschafft? Nicht schlecht!“ Dann sah sie sich fragend um. „Und wo hast du Hop gelassen?“

    „Keine Ahnung“, erwiderte ich wahrheitsgemäß. „Er ist vor mir aufgebrochen. Aber spätestens bei der Eröffnungszeremonie finden wir ihn wieder. Die wird er sich niemals entgehen lassen.“ Hoffte ich, denn plötzlich schoss mir durch den Kopf, dass Cosmas Leute ihn leicht in der Naturzone hätten abfangen können. Aber was hätten sie davon? Wollten sie noch einen Trainer für ihre Ziele einspannen? Nein, das war unwahrscheinlich. Er würde schon wieder auftauchen.

    „Du bist bestimmt erschöpft“, meinte Sania, die keine Ahnung von meinen bedrückenden Gedanken hatte. „Wie wäre es, wenn ich dich im Pokémon-Center auf einen Saft einlade. Ich hab auch noch ein Geschenk von meiner Großmutter für dich.“

    Ein paar Minuten später saßen wir in einer gemütlichen Ecke des Café-Bereichs im Pokémon-Center und Sania erzählte mir, was sie nach Engine City geführt hatte. „Das Pokémon, dem Hop und du im Wald begegnet seid, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich dachte, ich könnte versuchen, der Sache ein wenig auf den Grund zu gehen. Vielleicht sieht mich Oma ja in einem anderen Licht, wenn ich etwas herausfinde!“

    „Ich wollte dich durch die Reise echt nicht in eine solche Situation bringen“, sagte ich, weil ich mich selbst nicht wohl bei der Reise fühlte.

    „Ach, mach dir deshalb keinen Kopf. So komme ich wenigstens ein bisschen an die frische Luft. Das ist eine gute Gelegenheit, um mal wieder zu angeln und zu campen!“

    „Die Naturzone ist zum Teil ziemlich lebensfeindlich.“

    Sania lachte über meine Wortwahl. „Lebensfeindlich würde ich es nicht nennen. Eher abenteuerlich.“

    „Wenn du überraschende Schneestürme so nennen möchtest“, sagte ich wenig überzeugt. „Im Frühsommer.“

    Sania lachte wieder. „So eine Reise ist ein einziges großes Abenteuer. Versuch jeden Teil davon zu genießen!“

    Mein Lächeln gefror und ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Ich würde ganz sicher nicht jeden Teil davon genießen. Um Zeit zu gewinnen, nahm ich einen großen Schluck von meinem Saft. Er schmeckte leicht sauer, sodass ich das Gesicht verzog. Gut, dachte ich, vielleicht hilft das. „Ich geb‘ mein Bestes“, erwiderte ich schließlich, damit sie keinen Verdacht schöpfte. Ihrem Blick nach zu urteilen gelang mir das nicht ganz.

    „Keine Sorge, das wird schon“, sagte sie nur und ich atmete innerlich auf. Da war der Schneesturm tatsächlich besser, dachte ich unwillkürlich. Wenigstens musste ich da niemandem etwas vorspielen.

    „Und um die Reise zu erleichtern hab ich dir und Hop ja noch etwas mitgebracht. Da er noch nicht aufgetaucht ist, hat er Pech gehabt.“ Sania holte ein zylinderförmiges Etwas aus ihrer Tasche und reichte es mir. „Hier. Das ist eine Pokémon-Box. Damit kannst du Pokémon lagern und sie bei Bedarf wieder in dein Team aufnehmen. Praktisch, oder?“

    Ungläubig starrte ich auf das weiße Gerät in meinen Händen. „Ist die nicht super teuer?“

    Sania machte eine abwertende Handbewegung. „Bill, der Typ, der sie entwickelt hat, ist ein Freund meiner Oma“, erklärte sie. „Er stellt seine Entwicklungen häufig einfach so zur Verfügung, um jungen Trainern zu helfen. Wir dachten, Hop und du, ihr könntet so was gut gebrauchen.“

    „Wow“, sagte ich und nahm die Funktionen der Box genauer unter die Lupe. Das Ding war hochmodern und unglaublich benutzerfreundlich in der Anwendung. Es würde mir sicher gute Dienste erweisen. „Vielen Dank!“, meinte ich dann an Sania gewandt. „Auch an deine Großmutter und Bill und ...“

    „Das waren alle“, beruhigte sie mich lächelnd. „Allerdings habe ich noch etwas für dich.“

    Ich hob die Augenbrauen. „Ach ja.“

    Mit einem verschmitzten Lächeln legte sie eine Ligakarte von Delion auf den Tisch.

    „Erstaunlich, dass er nicht so arrogant ist, sie unbedingt selbst verteilen zu wollen“, kommentierte ich, als ich sie aufnahm.

    „Ach, das hat er schon vor Jahren aufgegeben. Als Champ würde er da nie hinterherkommen.“

    „Ich werd’s ihm vermutlich trotzdem vorhalten.“

    Sania, die gerade einen Schluck ihres Sinelbeerensafts getrunken hat, verschluckte sich fast an der bläulichen Flüssigkeit. Erschrocken klopfte ich ihr auf den Rücken, merkte dann allerdings, dass sie lachte. „Warum haben wir uns nicht früher kennengelernt?“, fragte sie dann, als sie endlich wieder Luft bekam.

    „Keine Ahnung“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

    „Wie wäre es, wenn wir gleich einen kleinen Stadtrundgang machen. Ich könnte dir das Stadion zeigen, in dem die Eröffnungszeremonie stattfindet.“

    „Klingt gut“, sagte ich und meinte es auch so. Es machte Spaß, Zeit mit Sania zu verbringen. Ich hoffte nur, dass das Thema nicht wieder auf meine Motivation oder ähnliches zu sprechen kam. „Hach ja, die Eröffnungszeremonie ...“, begann sie dann. „Das weckt Erinnerungen. Ich weiß noch, als ich zum ersten Mal den Kampfplatz eines Stadions betreten habe ... Mann, war das ein überwältigendes Gefühl ... Wenn ich daran zurückdenke spüre ich sofort wieder das Kribbeln im Bauch.“

    Sania erzählte mir bis ins Detail alles über die Eröffnungszeremonie zu ihrer Arena-Challenge damals und ich fragte mich, ob ich mich später auch so genau an alles erinnern würde.

    Es wurde ein großartiger Nachmittag. Wir redeten nur wenig über die anstehende Arena-Challenge, weshalb ich nicht das Gefühl bekam, permanent auf heißen Kohlen zu laufen und irgendwie die Unterhaltung wieder zu ungefährlichen Themen führen zu müssen. Stattdessen gingen wir Shoppen. „Ich bin auf Wunsch meiner Großmutter zu dieser Reise aufgebrochen, aber ich möchte dabei auch ein bisschen Spaß haben“, kommentierte Sania, während sie gleich zwei neue Oberteile in ihre Einkauftasche stopfte.

    Ich selbst fand zwar nichts, was mir gefiel, musste mir allerdings ein Aufstöhnen verkneifen, als ich eine Jacke mit Delions Konterfei darauf entdeckte. Das dazugehörige Augenrollen hingegen ließ sich nicht verhindern. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass der alte Champ jemals Merchandise-Produkte gehabt hatte. Das war einfach typisch Delion. Den Gedanken daran, was passieren würde, sollte ich ihn besiegen, verdrängte ich gleich wieder.

    Statt Klamotten besorgte ich mir ein Kartenalbum, damit die ganzen Liga-Karten nicht irgendwo in meinem Rucksack verloren gingen, und bekam von dem Mann, der den Plattenladen führte die Technische Platte Energiefokus als Werbegeschenk.

    Den Großteil unserer Zeit verbrachten wir im unteren Teil der Stadt und die Sonne ging schon langsam unter, als wir beim Aufzug ankamen, der uns zu den oberen Straßen bringen würde. Er bestand aus einem riesigen Rad, an dem oben und unten je eine Plattform angebracht war. Auf eine seltsame Art wirkte es modern und altmodisch zugleich. Ich betrachtete die Konstruktion fasziniert.

    „Und das funktioniert ganz sicher?“

    „Zweifelsohne“, beruhigte mich Sania. „Und glaub mir, es wird dir sogar Spaß machen. Als ich als Kind einmal Engine City besucht habe, war das für mich besser als Achterbahnfahren. Ich wollte immer nur hoch und wieder runter; meine Eltern mussten mich förmlich wegzerren, damit wir auch den Rest der Stadt zu sehen bekamen.“

    „Okay“, lachte ich, „dann glaub ich dir mal.“

    „Und weißt du, was das Beste ist?“, fragte Sania verschwörerisch. „Es gibt in dieser Stadt noch weitere dieser Aufzüge.“

    „Die sind sicher auch viel zeiteffizienter als Treppen.“

    „Absolut. Also: Auf geht’s!“

    Wir bestiegen die Plattform und betätigten den Knopf. „Wir müssen noch einen Moment warten, bis auf der oberen Plattform auch das Tor geschlossen ist“, erklärte Sania, da setzte sich das Rad auch schon in Bewegung. Und ich musste meiner neuen Freundin zustimmen: Es machte tatsächlich Spaß. Ich konnte verstehen, dass sie als Kind in dieser Stadt nichts anderes hatte machen wollen, denn ich war selbst versucht, einfach umzudrehen und den gleichen Weg wieder nach unten zu nehmen.

    Sania schien diesen Gedanken in meinem Gesicht zu lesen und lachte nur. „Keine Sorge, du bist ja noch ein paar Tage in der Stadt. Die Eröffnungszeremonie ist ja erst übermorgen.“

    Ich nickte und betrachtete nun erstmals wirklich das Stadion, das vor uns aufragte. Es war ein großer runder Bau in dem gleichen Rot der Backsteine, das auch alle anderen Häuser der Stadt besaßen. Das Stadion von Engine City unterschied sich allerdings nicht nur durch seine runde Form und den riesigen gläsernen Eingangsbereich, sondern auch durch die vielfarbigen Bänder, mit denen es geschmückt war. Schwarz für den Unlichtorden, Rosa für den Feenorden, Dunkelblau für den Drachenorden und Grün für den Pflanzenorden auf der einen, Rot für den Feuerorden, Blau für den Wasserorden, Orange für den Kampforden und Grau für den Gesteinsorden auf der anderen Seite.

    Da es noch zwei Tage bis zur eigentlichen Zeremonie waren, waren noch sehr wenig Leute anwesend, aber dennoch erblickte ich vor den Schiebetüren ein mir bekanntes Gesicht.

    „Da bist du ja!“, rief Hop mir entgegen, als ich näher kam. „Das hat ja ganz schön gedauert!“

    „Ich hätte nicht gedacht, dass du auf mich warten würdest“, meinte ich.

    „Hab ich eigentlich auch nicht. Aber du bist halt nicht aufgetaucht.“

    Ich quittierte seine Worte mit einem Lächeln, musste aber an meine eigenen Befürchtungen denken, als ich noch nicht wusste, ob Hop bereits in Engine City angekommen war.

    „Hallo Hop“, begrüßte Sania ihn. „Hast du dich auch durch die Naturzone geschlagen?“

    „Aber ja!“ Hop war ganz begeistert. „All die starken Pokémon, die man da zu Gesicht bekommt. Es war großartig! Ich hab vor, morgen einen Tagesausflug zu den Ruinen dort zu machen. Willst du nicht mitkommen, Milli?“

    „Mal sehen“, sagte ich unverbindlich und wechselte dann das Thema. „Sania macht sich übrigens auf Recherchereise zu dem seltsamen Pokémon, das wir im Schlummerwald gesehen haben.“

    „Wie cool!“ Hop war sofort begeistert. „Ich hoffe, du findest alles darüber heraus!“

    „Das hoffe ich auch“, meinte Sania. „Aber wenn ihr morgen noch den ganzen Tag unterwegs sein wollt, solltet ihr euch jetzt vielleicht beeilen, damit ihr euch heute noch für die Eröffnungszeremonie anmelden könnt.“

    Hop war sogleich wieder am Schwärmen. „Stell dir das nur mal vor ... Die Eröffnungszeremonie schauen sich nicht nur unsere Mütter an, sondern unzählige Leute aus der ganzen Welt! Ich zittere schon total vor Nervosität ... Ach, was rede ich da? Das ist keine Nervosität! Das ist pures Adrenalin! Ich bin sooo aufgeregt!! Jetzt wird rangeklotzt! Die Welt soll unsere Namen kennen!“

    Ich war mir sicher, ich sah definitiv sehr nervös aus. Doch das hatte absolut nichts mit den Zuschauern aus aller Welt zu tun. Auf eine seltsame Weise gewöhnte ich mich schon fast daran, dass fremde Leute jeden meiner Schritte beobachteten. Bei der Erwähnung meiner Mutter hingegen, hat sich mein Magen verkrampft zusammengezogen und ich wurde mir der Liga-Angestellten um uns nur zu deutlich bewusst. Wussten alle von Cosmas grausamen Machenschaften? Wie viele hatte er in seine Pläne einbezogen? Wie viele von ihnen hielten aktuell meine Eltern gefangen? Und was würden sie ihnen antun, wenn ich nicht tat, was sie wollten?

    „Erde an Emilia.“ Hop wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum.

    „Ist alles in Ordnung?“, fragte nun auch Sania.

    Ich schüttelte kurz den Kopf, um die finsteren Gedanken zu vertreiben. „Ja“, versicherte ich ihnen, auch wenn ich mir nicht sicher war, wie überzeugend ich klang. „Ich denke, was das alles bedeutet, ist mir jetzt erst richtig klargeworden.“ Das war die einfachste Lüge, die ich bisher ausgesprochen hatte. Und sie schien auch einfach so zu funktionieren.

    „Du packst das schon“, sagte Sania, während Hop schon wieder voll im Abenteuer-Modus war.

    „Komm schon! Wir gehen jetzt sofort unsere Anmeldung ausfüllen!“ Und bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, war Hop auch schon durch die Tür verschwunden.

    „Geh nur rein“, meinte Sania zu mir, „ich werd‘ uns was zu Essen besorgen.“

    Erst jetzt merkte ich, dass ich seit dem Mittag nichts mehr gegessen hatte. „Oh ja, vielen Dank!“


  • Hallo,


    nachdem das letzte Kapitel ganz im Sinne der Erkundung und der neuen Pokémon stand, fand ich die Bummeltour durch Engine City recht abwechslungsreich. Ähnlich ging es wohl auch Emilia, die bis auf einige wenige Momente relativ entspannt durchschnaufen konnte und die praktisch perfekt mit Sania gepolt zu sein scheint. Ich bin daher schon gespannt, wie zukünftige Unterhaltungen mit Delion ablaufen werden. Die Leichtigkeit des Kapitels hat dazu beigetragen, den eigentlichen Ernst der Geschichte für einen Moment außer Acht zu lassen und den Ausklang, etwas Essen für alle zu holen, fand ich in dieser Situation sehr angebracht.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 12


    Durch die gläsernen Türen kam man in eine große Eingangshalle, die mit riesigen Plakaten mit dem Logo der Liga ausgehängt war. Auf dem Boden war ein roter Teppich ausgelegt, denn dies war normalerweise die Feuer-Arena. Die Eröffnungszeremonie wurde in jedem Jahr in einer anderen der acht Arenen durchgeführt. Wir hatten wirklich Glück, nicht durch bis tief in den Westen nach Fairbelly reisen zu müssen; wer weiß ob wir in der Zeit überhaupt rechtzeitig dorthin gelangt wären.

    Obwohl wir noch zwei Tage bis zur eigentlichen Zeremonie hatten, tummelten sich in dem Raum schon einige andere zukünftige Arena-Challenger. „Wow. Gegen die müssen wir uns alle durchsetzen“, kommentierte Hop, als ich zu ihm in die Schlage trat. Wobei Schlage vielleicht das falsche Wort war, denn vor Hop stand nur ein anderer Challenger an dem Tresen, der genauso aus Backsteinen bestand wie der Rest des Gebäudes. Darüber leuchteten einige grundlegende Informationen über die Arena-Challenge auf einer großen, aus mehreren Monitoren bestehenden Anzeigetafel. Ich las gerade die Regeln zum Einsatz von Dynamax-Pokémon, als der Trainer vom Tresen sich umdrehte und Hop einfach anrempelte, ohne sich zu entschuldigen. Ich sah noch, wie es sich das aschblonde Haar aus dem Gesicht wischte, was ihn nur noch arroganter wirken ließ.

    „Was geht denn mit dem ab?“, fragte Hop genervt.

    „Ach, vergiss ihn einfach“, meinte ich. „Los, wir sind dran.“

    Als Hop und ich unsere Empfehlungsbriefe vorzeigten, machte der Liga-Angestellte große Augen. „Oh! Eine Empfehlung vom Champ persönlich! So was sehe ich zum ersten Mal.“ Seine Überraschung schien tatsächlich echt zu sein und ich bekam das Gefühl, dass nicht alle Liga-Angestellten in Cosmas Plan drinsteckten. Zumindest nicht direkt. „Ihr müsst wirklich großes Talent haben ...“

    Hop nahm das Angebot, mit seinem Talent anzugeben, natürlich mit Freuden an und ich überließ ihm das Reden.

    Der Liga-Angestellte tippte währenddessen etwas auf seinem Computer ein, um unsere Anmeldung zu bestätigen. „Jetzt müsst ihr euch nur noch eine Trikotnummer aussuchen“, sagte er dann und legte die ansonsten vollständig ausgefüllten Anmeldeformulare vor uns hin.

    Ich starrte auf die Linie, auf der wir unsere Zahlen eintragen sollten. Hop tippte kurz mit seinem Stift gegen seine Lippen und kritzelte dann drei Ziffern auf seinen Bogen. Und ich? Meine Hand verkrampfte sich um den Stift. Vielleicht war dies meine Chance, auf meine Situation aufmerksam zu machen. Ein stiller Hilferuf. Es wäre so einfach. Ein SOS, das ich immer bei mir tragen würde. Ich senkte den Stift aufs Papier. 5, 0 ...

    Die Mine kam ein drittes Mal auf, als mir klar wurde, was ich da tat. Und das irgendjemand von Cosmas Leuten jede meiner Bewegungen beobachtete. Wie wahrscheinlich war es denn, dass irgendjemand in einer 505 ein SOS erkannte? Zumindest irgendjemand, der keine Idee hatte, dass ich so etwas meinen könnte? Für meine Beobachter jedoch wäre es offensichtlich.

    Im letzten Moment ließ ich den Stift eine andere Linie über das Papier fahren. Dann schob ich es wieder dem Liga-Angestellten vor mir zu; sein freundliches Lächeln machte mich nur noch nervöser.

    „502, he?“, fragte Hop, der einen Blick auf meinen Zettel erhascht hatte. „Ich hab die 189 gewählt. Mein Großvater hat immer gesagt, die Zahl erinnert ihn an mich. Auch wenn ich das nie wirklich verstanden habe.“

    Ich zuckte nur mit den Schultern und machte ein undefinierbares Geräusch. Zum Glück erlöste mich der Liga-Angestellte von einer genaueren Antwort, indem er uns jeweils ein kleines Band mit dem Logo der Arena-Challenge überreichte. „Tragt bitte immer dieses Challenge-Band, damit alle wissen, dass ihr Arena-Challenger seid.“

    Na toll. Noch ein Ding, das ich immer tragen musste. Ob Cosma diese Bänder auch irgendwie manipuliert hatte? Oder waren das wirklich nur hübsche Anhänger, die uns als Teilnehmer ausweisen sollten?

    „Übermorgen findet die Eröffnungszeremonie hier im Stadion statt. Für die letzte Nacht vor der Zeremonie stehen allen Teilnehmern kostenlose Zimmer im Knospi Inn zur Verfügung. Das Hotel befindet sich ganz in der Nähe. Vielleicht ist für heute Nacht auch noch ein Zimmer für euch frei.“

    „Wow! Der Präsident der Pokémon-Liga hat sich nicht lumpen lassen, was?“ Hop war natürlich mal wieder vollauf begeistert. Mir jedoch kam in den Sinn, dass ich den Präsidenten der Pokémon-Liga bereits in Interviews im Fernsehen gesehen hatte. Er war mir nicht immer sympathisch vorgekommen, aber es war definitiv nicht Cosma gewesen. Er hieß Rose, wenn ich mich nicht irrte. Ich fragte mich, wie er wohl in dem Ganzen drin hängen würde.

    Hop fing meine geistige Abwesenheit mal wieder komplett durch sein übersprudelndes Wesen auf. „Los, komm!“, meinte er begeistert. „Wir sollten gleich zum Knospi Inn gehen. Wenn wir morgen noch die Naturzone auschecken wollen, sollten wir vielleicht früh schlafen gehen. Irgendwie freue ich mich ja auch mal wieder auf ein richtiges Bett ...“

    Hop war begeistert, als uns ein Liga-Angestellter zum Hotel begleitete. Als wir vor einem großen, hübschen Altbau hielten, machte er eine ausladende Handbewegung und sagte: „Das ist das Knospi Inn.“

    Hop war schon auf dem Weg zum Eingang, als der Liga-Angestellte sich zu mir wandte und etwas leiser sagte: „Tritt ein und ruh dich gut aus. Du wirst all deine Kräfte brauchen.“ Die Art und Weise, wie er das sagte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Er wusste es. Er wusste, was Cosma mit mir vorhatte. Und er tat absolut nichts dagegen.

    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und verschwand. Also blieb mir nichts weiter übrig, als mit Hop zusammen das Hotel zu betreten und einzuchecken.

    Die Eingangshalle des Hotels war noch um einiges prächtiger als jene des Stadions. Die Rezeption lag etwas erhöht und zwischen den Treppen, die dorthin führten, stand eine riesige Bronzestatue eines Ritters mit Schwert und Schild. Als wir hereinkamen, entdeckte ich Sania, die diese fasziniert betrachtete.

    „Hey, Sania“, begrüßte ich sie. „Wolltest du nicht was zu essen besorgen?“

    „Ich hab uns einen Tisch im Hotelrestaurant reserviert. Macht nicht solche panischen Gesichter“, lachte sie, „ich lad euch ein. Aber als ich gewartet habe, dachte ich mir, ich könnte auch mal mit meinen Nachforschungen anfangen. Ich dachte mir, dass das Pokémon aus dem Schlummerwald vielleicht mit der Legende der Galar-Region zusammenhängt.“ Sania nickte zur Statue und Hop legte die Stirn in Falten.

    „Und wer soll das sein?“

    „Das ist der Held, der der Überlieferung zufolge einst die Galar-Region gerettet hat.“

    „Ach ja“, sagte Hop nachdenklich. „Das hatten wir doch mal in Geschichte, oder?“

    „Du hast echt ein Gedächtnis wie ein Sieb.“ Als ich merkte, wie Hop wiedersprechen wollte, setzte ich hinzu: „Zumindest für alles, was nicht mit Pokémon zu tun hat.“

    „Alles andere ist ja auch nicht so wichtig“, grummelte er.

    „Na du weißt doch noch“, sagte ich, „dieser riesige Wirbel am Himmel, die ‚Finstre Nacht‘, die der Held dann vertrieben hat.“ Hop sah noch immer nicht viel schlauer aus. „Wir haben da vor gerade ‘mal einem halben Jahr einen Test drüber geschrieben!“

    „Ja, das ist ja aber schon so lange her ...“, beschwerte er sich.

    „Dieses Statue stellt angeblich jenen heldenhaften Jüngling aus der Legende dar“, erklärte Sania. „Deshalb bin ich hier geblieben und hab sie mir etwas näher angeguckt. Wisst ihr, die Legende wirft viele Fragen auf ... Was hat es zum Beispiel mit dem Schwert und dem Schild des Helden auf sich? Und was steckt hinter diesem schwarzen Wirbel? Der Name ‚Finstre Nacht‘ kommt wahrscheinlich daher, dass er den ganzen Himmel bedeckt hat ...“

    „Wenn du herausfinden willst, was hinter dem Schwert, dem Schild und dem Wirbel steckt, hast du auf jeden Fall ‘ne Menge Arbeit vor dir ...“, kommentierte Hop.

    „Sania schafft das schon!“, bestärkte ich meine neue Freundin.

    „Danke! Ja, ich krieg das schon irgendwie hin. Irgendwo werde ich eine heiße Spur finden.“ Dann drehte sie sich einer Tür zu unserer Rechten zu. „Aber jetzt sollten wir erst einmal etwas essen gehen. Ich sterbe vor Hunger!“


    Es war kurz nach Mitternacht, als ich das Hotel verließ. Es war ein netter Abend gewesen und wir hatten beim Einchecken sogar heute schon als Arena-Challenger einen Rabatt bekommen, aber mir war einfach kein Grund eingefallen, warum ich am nächsten Tag nicht gemeinsam mit Hop die Naturzone erkunden sollte; mit Ausnahme dessen, dass meine Brillengläser pechschwarz werden würden bis ich das erste Pokémon fing, das mir begegnete. Aber das konnte ich ihm jawohl kaum erzählen, ohne dass er misstrauisch würde und Cosma im Gegenzug meinen Eltern irgendetwas antun würde.

    Vielleicht, hatte ich überlegt, würde meine Brille in Hops Anwesenheit einfach klar bleiben, damit er keinen Verdacht schöpfte, dass etwas nicht stimmte. Aber selbst wenn, vielleicht würde ich dann in diesem Teil der Naturzone kein Pokémon fangen können. Und ich würde alle Unterstützung brauchen. Zumal ich mich in meiner Situation nicht einfach auf ein Vielleicht verlassen konnte. Deshalb schlich ich nun durch die dunkle Stadt. Der Himmel war wolkig, aber der Mond und die Straßenlaternen spendeten trotzdem genug Licht.

    In der Stadt war es nicht so leer, wie ich erwartet hatte, dennoch kam ich schnell und ungestört voran. Niemand interessierte sich für mich, was irgendwie seltsam war. In Furlongham oder Brassbury wäre ich sofort aufgefallen. So aber hatte ich keine halbe Stunde später die große Treppe erreicht, die in die Naturzone führte. Ab hier begegneten mir keine fremden Menschen mehr. Ab jetzt war ich nur auf mich gestellt.

    Die Ruine lag einige Kilometer westlich des Eingangs von Engine City und ich beeilte mich, um heute zumindest noch ein bisschen Schlaf zu finden. Als mich auf dem Weg jedoch ein Regenschauer überraschte, begann ich ernsthaft, meine Entscheidung zu bereuen. Aber was hätte ich sonst tun sollen?

    Es regnete noch immer, als ich die Wachturmruine erreichte und meine Brille sich verdunkelte. In der Nacht konnte ich auch daran vorbei kaum etwas erkennen und zuckte zusammen, als mich nach einer Weile eine seltsame Kälte durchfuhr. Meine Brillengläser wurden wieder klar und ich sah mit einem Blick, dass es ein Fehler gewesen war, hierherzukommen. Es war ein Fehler von Hop gewesen, dieses Ziel überhaupt erst vorzuschlagen!

    Ich sah mich einem Zwirrlicht gegenüber, das sicherlich mindestens zehn Level stärker war als meine Pokémon. Genau vor dieser Situation hatte ich mich immer gefürchtet. Dieses Pokémon war zu stark für mich. Wenn ich gegen es kämpfen würde, würde ich sofort meine Pokémon verlieren.

    Der Geist schwebte vor mir in der Luft und beobachtete jede meiner Bewegungen. Anstelle von Augen schimmerte ein rot scheinender Ball hinter seinen Augenhöhlen. Obwohl der Regen weiterhin unablässig fiel, schien er dem Pokémon absolut nichts auszumachen, während ich vor Kälte und vor Angst zu zittern begann.

    Plötzlich durchfuhr das Zwirrlicht ein Ruck und ich wusste, dass ich handeln musste. Ich musste ein Pokémon rufen, denn mir war nicht klar, ob ich eine Begegnung mit einem Geist überstehen würde. Aber meine Pokémon würden das wahrscheinlich noch weniger. Da fiel mir wieder die Poképuppe ein, die ich von der netten Frau am Bahnhof bekommen hatte. Ich hatte sie immer griffbereit in meinem Rucksack verstaut gehabt und auch jetzt fand ich sie glücklicherweise sehr schnell.

    Ohne wirklich hinzusehen, warf ich das rosafarbene Spielzeug dem Zwirrlicht entgegen, drehte mich um und rannte wieder in der Richtung zurück, aus der ich gekommen war.

    Ich hielt erst an, als die Lampen um die große Treppe den Boden um mich erhellten. Meine Seiten stachen, meine Waden brannten und meine Füße fühlten sich so an, als würden sie gleich abfallen.

    Ich warf einen Blick auf die Uhr von meinem Smart-Rotom; sie zeigte an, dass es fast schon halb vier war. Jetzt, wo ich wieder in Sicherheit war, konnte ich kaum noch die Augen offen halten. Dieser Ausflug war die schlimmste Idee meines Lebens gewesen.

    Ich erinnere mich kaum noch daran, wie ich wieder zurück ins Knospi Inn kam, mich umzog und auf das Bett fallen ließ. Ich erinnere mich nur noch, dass mich trotz all dem ein Gedanke immer wieder wach hielt: Musste ich mit einer Bestrafung rechnen, weil ich das Zwirrlicht nicht gefangen hatte? Hatte Cosma etwas in der Richtung gesagt? Ich erinnerte mich an keine Regel dazu, aber vielleicht vergaß ich auch einfach etwas.

    Draußen wurde es schon langsam wieder hell, als ich endlich in einen unruhigen Schlaf fiel.


  • Hallo,


    gerade als du zur Anmeldung mit der Auswahl der Trikotnummer kamst, habe ich mich gefragt, für welche du dich entscheiden wirst. Immerhin bietet es die Situation für Emilia an, sich mehr Gedanken darüber zu machen als nur irgendwelche Zahlen auszuwählen. 502 empfinde ich als passend, das Anliegen für ein SOS einzubringen, aber nicht zu offensichtlich darzustellen.

    Der nächtliche Ausflug war angesichts des ereignisreichen Tages sowie der Besorgnis, Aufsehen bei Hop zu erregen, verständlich. Umso schwieriger, wenn beim angepeilten Ort schließlich ein zu starkes Pokémon auftaucht. Dass die Poképuppe letztendlich eine große Hilfe war, fand ich schön.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 13


    Ich wurde von einem penetranten Klopfen aus dem Schlaf gerissen. „Milli?“, hörte ich Hops Stimme durch die Tür. „Bist du fertig? Wir sollten bald aufbrechen.“

    „Ich komme“, grummelte ich und schlug die Decke beiseite. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es gerade einmal kurz nach neun war. Mit einem Stöhnen fischte ich nach meinen Kleidern und begann, mich anzuziehen. Hops Ausflug zu den Ruinen war eindeutig die blödeste Idee gewesen, die jemals irgendjemand gehabt hatte.

    Ich setzte gerade die grausame Brille auf, als es noch ein zweites Mal klopfte. Ich war kurz davor, Hop zu antworten, dass ich so gut wie da war, da hörte ich wie die Tür mit dem Ausruf „Zimmerservice!“ geöffnet wurde. In der Tür stand allerdings niemand, der aussah, als würde er im Hotel arbeiten, denn die junge Frau, die ich erblickte, steckte in der Uniform der Liga-Angestellten.

    „Sorgt die Liga jetzt auch für das Wohl der Teilnehmer in den Unterkünften?“, fragte ich, weil ich nicht wach genug war, um an die Gefahren zu denken, die ein falsches Wort haben könnte.

    „Oh, ich bin nur deinetwegen hier“, sagte sie und setzte sich lässig auf den einzigen Stuhl, der sich in dem Zimmer befand. Er stand vor einem kleinen Schreibtisch unter dem Fenster und diese beiden Dinge waren neben dem Bett die einzigen Möbelstücke in dem Zimmer. Für viel mehr wäre aber auch gar kein Platz gewesen.

    „Wie schön“, murmelte ich und setzte mich auf das Bett, einfach nur, weil ich nicht als einzige stehen wollte.

    „Dein Freund wartet unten auf dich“, erklärte sie mir im Plauderton, der mich leicht reizte.

    „Ich weiß. Ich wollte gerade zu ihm gehen. War das alles?“

    Ihr Lächeln war bei Weitem nicht so gruselig wie das von Cosma, aber als freundlich konnte man es beim besten Willen nicht bezeichnen. „Cosma macht sich Sorgen um dich. Was war das für ein nächtlicher Ausflug? Du solltest lieber deine Kräfte schonen, um sie für uns einzusetzen.“

    „Dieser ‚Ausflug‘ war dafür da, dass Hop mich nicht blind durch die Gegend irren sieht, wenn wir gleich die Naturzone erforschen.“ Ich war übermüdet und leicht genervt von der Unterhaltung, doch als sie verständnisvoll nickte, wurde mir schlagartig etwas klar: Sie wusste es nicht. Cosma hatte sie hergeschickt, um nach mir zu sehen, weil er keine Ahnung hatte, warum ich heute Nacht unterwegs war. Sie hatten nicht gehört, wie Hop den Ausflug vorgeschlagen hatte. Sie sahen, was ich sah. Aber sie hörten nichts! Vielleicht war das meine Chance.

    „Dann solltest du jetzt vielleicht gehen, damit dein kleiner Ausflug nicht völlig umsonst gewesen ist“, meinte sie lässig.

    Ich blinzelte. „Es ... es ist kein Problem, dass ich das Zwirrlicht nicht gefangen habe?“

    Sie betrachtete mich eindringlich. „Wir setzen großes Vertrauen in dich, Emilia. Und du weißt, was passiert, wenn du es enttäuscht. Es ist also vor allem dein Problem, würde ich sagen. Aber wenn du mit den Pokémon auskommst, die du hast ...“

    Sie spielte mit dem Challenge-Band herum, dass ich an meinen Rucksack gehängt hatte und somit gerade ebenfalls auf dem Schreibtisch lag.

    „Ich werd‘ das schaffen“, sagte ich, klang allerdings alles andere als überzeugt.

    Wieder lächelte sie ihr komisches Lächeln. „Natürlich.“ Als sie meinen Rucksack öffnete, setzte mein Herz kurz aus, doch statt etwas herauszuholen, legte sie nur drei blaue Bälle hinein. „Eine kleine Aufmerksamkeit hab auch noch für dich.“ Ich sagte nichts, als sie den Rucksack wieder schloss und ihn mir reichte. Dann stand sie auf und öffnete mir die Tür. „Nach dir.“ Leicht verunsichert erhob ich mich und als ich gerade an ihr vorbei aus der Tür trat, flüsterte sie mir zu: „Wir werden wohl irgendwann deine Brille updaten müssen. Ich melde mich dann bei dir. Und bis dahin passen wir einfach etwas besser auf dich auf.“

    Der winzige Hoffnungsschimmer löste sich augenblicklich in Luft auf. Ich traute Cosma alles zu, selbst dass rund um die Uhr einer seiner Leute mich beschatten würde. Und das nicht nur über die Monitore.

    Wie schon so oft in den letzten Tagen fragte ich mich, warum es ausgerechnet mich hatte treffen müssen. Setzte Cosma seine gesamte Hoffnung wirklich nur in mich? Oder war ich eigentlich nur ein Ablenkungsmanöver in meinem Kampf um den Titel? Was hatte er nur vor?


    Die Ruinen waren bei Tageslicht nicht wirklich freundlicher als bei Mondschein. Immer noch schwirrten überall Geistpokémon herum, denen man ihre Stärke mit einem Blick ansehen konnte. Hop war begeistert. Er hatte mir meine Lüge, dass ich durch die Aufregung kaum hatte schlafen können, viel zu leicht abgenommen, drängte mich aber trotzdem unermüdlich weiter.

    „Komm schon!“, rief er mir zu, als die Wachturmruine in Sicht kam. „Wir sind fast da!“

    Irgendwie schaffte ich es, meinen Schritt noch einmal zu beschleunigen, um wenigstens halbwegs mit ihm mitzuhalten, während ich versuchte, so gut es ging den Zwirrlicht und Golbit auszuweichen, ohne ihre Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.

    Als Hop endlich vor der Ruine zum Stehen kam, hatte ich das Gefühl, nie wieder einen Schritt gehen zu können. Eine solche Belastung waren meine Beine echt nicht gewohnt.

    „Ist das nicht unglaublich?“, schwärmte Hop. „Was meinst du, wofür der Wachturm früher gut war?“

    „Nun, vielleicht ja um Engine City zu bewachen. Du weißt, die Stadt ist uralt und früher war nicht alles so friedlich wie heute.“ Noch während ich das sagte, fiel mir auf, wie falsch ich lag. Heutzutage war definitiv auch nicht alles friedlich.

    „Lass uns reingehen“, beschloss Hop. Während ich noch verarbeitete, was ich gerade gehört hatte, glitt er bereits durch ein Loch in der Seitenwand.

    „Du willst da runter klettern?“, fragte ich fassungslos.

    „Ja, klar. Kommst du mit?“

    Vielleicht sollte ich. Wenn das hier eine normale Reise wäre, hätte ich es wahrscheinlich auch getan. Aber das hier war keine normale Reise. Jeder Muskel in meinem Körper schmerzte und ich hatte wenig Lust auf eine Kletterpartie in einer einsturzgefährdeten Ruine.

    „Das ist gefährlich. Was ist, wenn sie zusammenbricht?“, fragte ich.

    „Spielverderber“, rief Hop mir zu. „Du kannst ja draußen bleiben und aufpassen, dass mir nichts passiert; aber dadurch verpasst du den Spaß!“

    Ich sah mich nach den Geistern um, doch tagsüber schienen sie etwas träger zu sein als in der Nacht. Ich hoffte also, dass sie mich nicht angreifen würden, wenn ich einfach nur an der Ruine sitzen würde. „Pass auf, ja?“, rief ich Hop nach.

    „Jaha“, hörte ich ihn noch antworten, während das Dunkel der Ruine ihn verschluckte.

    Ich schloss die Augen und genoss die warmen Strahlen der Sonne auf meiner Haut. Wenigstens regnete oder schneite es heute nicht.

    Ich musste eingedöst sein, denn das nächste, was ich merkte, war, wie Hop mich am Arm schüttelte. „Milli! Das war unglaublich da unten. Wie in einem verzauberten Märchen! Du hättest dabei sein sollen!“

    Ich blinzelte und merkte, dass auch die Sonne weiter gewandert war. Hop lachte: „Na du hast mir aber gut aufgepasst!“

    „Entschuldige“, sagte ich zerknirscht. „Ich hab echt nicht viel geschlafen.“

    „Ist ja nichts passiert“, meinte Hop mit einer wegwerfenden Geste. „Aber wir sollten noch ein bisschen weiter gehen. Ich hab gehört der Wald ist ziemlich cool!“

    Als ich mich erhob, protestierte jede Faser meines Körpers gegen die Bewegung. Noch weiter zu laufen wäre gerade definitiv keine Freude. „Ich ... ich glaube, ich sollte zurück zur Stadt gehen.“ Ich sah, dass Hop protestieren wollte, also setzte ich hinzu: „Damit ich ausgeruht bin für morgen.“

    „Na gut“, gab er missmutig nach, „das solltest du vielleicht sein. Dann lass uns zurück gehen.“

    „Du kannst ruhig weiter gehen. Ich finde den Weg auch alleine.“ Hab ich ja schon, setzte ich in Gedanken hinzu.

    Hops Gesicht hellte sich auf. „Na wenn du meinst. Aber pass auf dich auf!“

    „Natürlich. Du auch.“

    „Ach, du kennst mich doch.“

    „Deshalb mache ich mir ja Sorgen“, neckte ich ihn. Und zum ersten Mal an diesem Tag fühlte sich etwas richtig an.


  • Hallo,


    zumindest für die nächste Zeit könnte es tatsächlich ein Hoffnungsschimmer sein, dass Cosma nur sieht, aber nicht hört. Nachdem Emilia noch verschlafen war, frage ich mich, ob sie irgendwann den Versuch wagt, jemandem von der hinterlistigen Nummer zu erzählen. Diese kurze Szene schafft es sehr gut, Spannung zu erzeugen und die kommenden Ereignisse etwas unvorhersehbarer zu gestalten.

    Der Besuch in der Naturzone war letztlich ein schöner Ausklang und ich mag es, die Unterhaltungen zwischen ihr und Hop zu lesen. Im Übrigen hätte ich nichts dagegen, wenn du der gesamten Naturzone mit der Zeit einen Besuch abstattest.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 14


    Der Weg zurück in die Stadt kam mir viel länger vor als bei jedem anderen Mal. Allerdings ging ich dieses Mal auch langsamer, machte eine Pause, um etwas zu Mittag zu essen und kämpfte gegen meinen erschöpften Körper. Es war bereits später Nachmittag, als ich die Stufen erklomm und mir schwor, nie wieder Treppen zu steigen. Dennoch machte ich mich nicht direkt auf den Weg zum Hotel zurück, sondern wandte mich nach links und streifte durch die Straßen.

    Am Rande der Stadt setzte ich mich an das Ufer des Kanals und ließ meine Beine über die Kante baumeln, um endlich meinen schmerzenden Gliedern eine Pause zu gönnen. Es war ruhig hier, nur zwei Kinder spielten mit ihrem Gryphelis. Ich seufzte tief. Diese Reise würde viel anstrengender werden, als ich befürchtet hatte.

    Ich saß bereits einige Zeit dort, als mir eine Idee kam. Vielleicht waren hier ja auch Pokémon. In der Camping-Ausrüstung hatte ich auch eine Angel gefunden, und wenn ich hier angeln würde, würde das erste Pokémon, das anbiss, sicherlich wie das erste, das angriff, auf jeder anderen Route zählen. Und ich hatte noch kein Pokémon in Engine City gefangen.

    Vielleicht war das Vorhaben etwas riskant, aber das schlimmste, was passieren konnte, war, dass ich das Pokémon nicht nutzen durfte, oder? Und vielleicht konnte ich so das verpasste Zwirrlicht von letzter Nacht wieder gut machen.

    Ich fischte also meine Angel aus dem Rucksack und warf sie aus. Es dauerte eine Weile und im Dämmerlicht fielen mir immer wieder die Augen zu, aber irgendwann spürte ich einen Ruck an meiner Angel. Ich zog, so fest ich konnte und stellte fest, dass ich ein Karpador geangelt hatte. Das fiel vermutlich nicht unter Cosmas Definition des stärksten Pokémon des Gebiets, aber ein Garados könnte vielleicht durchaus hilfreich sein.

    Da das Karpador nur Platscher beherrschte, dauerte der Kampf nicht lange und es ließ sich problemlos fangen. Da gerade Sonnenuntergang war, beschloss ich, ihn Sunset zu nennen und legte dann meinen ersten Pokéball in die Pokémon-Box.

    „Guter Fang“, ertönte plötzlich eine weibliche Stimme hinter mir.

    Als ich mich umdrehte, erblickte ich ein Mädchen, das ungefähr in meinem Alter war. Ihre blauen Augen blitzten mit einer Art Anerkennung, aber ihr Gesicht ließ sonst keine Emotionen erkennen. Die schwarzen Haare hatte sie zu zwei Zöpfen gebunden und auch sonst wirkte sie recht dunkel mit ihren großen, schwarzen Stiefeln und der schwarzen Lederjacke über ihrem pinken Kleid. „Du bist doch die, die sich gestern Nacht aus dem Hotel geschlichen hat“, sagte sie dann.

    Erschrocken sah ich sie an. „Du hast mich gesehen?“

    Die Fremde schaute mich leicht verwundert an. „Ja“, sagte sie und sah mich eindringlich an. Ich bekam das Gefühl, dass sie mich leichter durchschaute als Hop und Delion, die mich schon fast mein ganzes Leben lang kannten. „Denn ich hab das Gleiche gemacht“, erklärte sie dann. „Ich hab recht … anstrengende Begleiter dabei und brauchte ein bisschen Zeit, um den Kopf frei zu bekommen.“

    Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. „Ja, das kenne ich.“

    „Du nimmst auch an der Arena-Challenge teil, nicht wahr?“, fragte sie und setzte sich neben mich an den Kanal.

    Ich nickte, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte.

    „Ich auch. Mein Name ist Mary.“

    „Emilia“, erwiderte ich.

    „Nun, Emilia, da haben wir uns recht hohe Ziele gesteckt, nicht wahr?“, fragte Mary, während sie den Wellen auf dem Kanal zusah.

    „Absolut“, stimmte ich zu. „Allein hier zu sein, ist …“ Ich brach ab, weil ich nicht mehr wusste, was ich hatte sagen wollen.

    „Ja. Ich wette, das ist dein erster Besuch in einer Großstadt“, sagte sie. Ich sah sie an, aber ihre Augen wirkten nicht, als würde sie sich über mich lustig machen. „Ich weiß genau, wie sich das anfühlt, ich bin nämlich auch ein Landei.“

    Mary entlockte mir tatsächlich ein kleines Lachen und auch in ihren Augen tauchte ein Blitzen auf. Ob sie jemals lächelte?

    Plötzlich ertönte ein mir unbekannter Pokémon-Ruf hinter uns und ein kleines Elektropokémon kam auf uns zugelaufen. Mary begrüßte es freundlich: „Na, Morpeko. Bist du fertig mit Spielen?“

    Der kleine Nager nickte fröhlich und winkte mir zu. Ich winkte zurück.

    „Nun“, sagte Mary und erhob sich, „es wird langsam spät und wir sollten uns vielleicht lieber etwas ausruhen. Es war sehr nett dich kennenzulernen, Emilia. Und als Konkurrenten sehen wir uns bestimmt bald wieder.“

    Mein Herz setzte aus, als sie das sagte, aber ich zwang mich trotzdem, ihr zum Abschied zuzulächeln. Ich musste nicht nur Hop, die Arenaleiter und am Ende den unbesiegbaren Delion besiegen. Ich würde auf dem Weg bis zum Champ-Turnier noch mehr Gegner haben. Ich kam nicht umhin mir zu wünschen, dass das auf Mary nicht zutreffen würde.


    Als ich ins Hotel zurückkam, herrschte in der Lobby ein großer Aufruhr. Einige Arena-Challenger, die wohl heute erst angekommen waren, wollten im Hotel einchecken – immerhin war diese Übernachtung durch die Pokémon-Liga gestellt. Allerdings wurde der Schalter von einigen komischen Typen besetzt. Sie sahen ein bisschen so aus wie Fans auf einem Rock-Konzert. Sie trugen Jacken mit abgerissenen Ärmeln, ihre Haare waren pink gefärbt und alle besaßen eine seltsame Gesichtsbemalung, die aus einem pinken Streifen quer über dem Gesicht und einem schwarzen Kreuz zwischen den Augen bestand. Einige hatten riesige Tröten, mit denen sie einen Heidenlärm verursachten. Der Mann am Schalter wirkte deutlich überfordert mit der Situation.

    Verwirrt schob ich mich durch die beistehenden Leute, um herauszufinden, was genau hier vor sich ging, da entdeckte ich Hop zwischen ihnen.

    „Milli, da bist du ja!“, rief er mir zu, als ich ihn erreichte. „Die Typen hier machen Ärger. Wir sollten ihnen eine Lektion erteilen!“

    „Aber …“, versuchte ich einzuwenden, aber Hop hatte schon den nächststehenden Rüpel angesprochen.

    „Was willst du?“, fragte der Rüpel ungehalten. „Meine Kollegen von Team Yell und ich sind extra angereist, um unseren Lieblingstrainer bei der Arena-Challenge anzufeuern. Wenn du uns dabei in die Quere kommst, müssen wir leider deine Pokémon plattmachen!“

    Und ehe ich richtig reagieren konnte, hatte der Mann schon ein Zigzachs aus dem Ball geholt. Großspurig rief er uns entgegen: „Team Yell besteht nur aus echten Fans und echte Fans schrecken vor nichts zurück, um ihrem Star zum Sieg zu verhelfen!“

    „Hop“, flüsterte ich, „meinst du wirklich, es ist sinnvoll, in einer Hotellobby zu kämpfen?“

    „Ein zukünftiger Champ kann immer und überall kämpfen“, ließ Hop verlautbaren und holte seinerseits sein Wolly aus dem Ball.

    Während Hop mit dem Typen beschäftigt war, sprach mich eine Frau an: „Was guckst du so komisch. Dich können wir auch gleich mit plattmachen!“ Und ehe ich mich’s versah, stand ein Kleptifux vor mir. Mir blieb also nichts anderes übrig, als ebenfalls ein Pokémon zu rufen.

    Ich entschied mich dafür, selbst mit meinem Kleptifux Merkur zu kämpfen, und ärgerte mich, dass ich schon wieder neue Gegner gefunden hatte. Warum mussten nur an jeder Ecke Gefahren für meine Pokémon lauern?

    Zum Glück waren die Rüpel von Team Yell nicht besonders gut und ich erlangte schnell den Sieg. Während des Kampfes entwickelte sich Merkur sogar zu einem Gaunux.

    „Merkur! Das hast du super gemacht!“, rief ich und das Fuchspokémon winkte freudig mit seinem Schweif.

    „Das schreit nach einer Revanche!“, rief der erste Rüpel, der soeben von Hop besiegt worden war. „Zeigt ihm das Team Yell zusammenhält!“

    „Hey! Was ist denn hier los?!“, fragte eine Stimme hinter mir und hielt uns glücklicherweise von einem weiteren Kampf ab. Als ich mich umdrehte, erblickte ich Mary, die es irgendwie schaffte mit ihrem neutralen Gesichtsausdruck leicht genervt auszusehen. Jedes Mal, wenn ich sie ansah, faszinierte sie mich ein bisschen mehr.

    Die Rüpel schienen ganz erstarrt. „Miss Mary?!“, hörte ich jemanden fragen. „Wir, äh … Also …“, sammelte ein anderer.

    Mary kam ruhig näher und sagte: „Ich versteh ja, dass ihr mit den anderen Arena-Cheallengern auf Kriegsfuß steht, aber müsst ihr wirklich so grob mit ihnen umgehen?“ Dann drehte sie sich zu Hop und mir um. „Nehmt es diesem Haufen bitte nicht übel …“, meinte sie mit gesenktem Blick. „Das sind meine Fans. Sie nennen sich Team Yell und feuern mich bei der Arena-Challenge an.“

    „Von diesen Begleitern hast du also vorhin gesprochen?“, fragte ich.

    Mary nickte und Hop machte große Augen. „Ihr zwei kennt euch schon?“

    „Nur kurz“, sagte ich schnell, auch wenn ich nicht wusste, warum ich das Gefühl hatte, mich rechtfertigen zu müssen.

    „Manchmal übertreiben sie das mit dem Unterstützen leider ein bisschen …“, sagte Mary, ehe sie sich wieder an die Rüpel von Team Yell wendete: „Na los! Ab mit euch! Geht nach Hause!“

    Missmutig machten die Rüpel einen Abgang und die anderen Challenger drängten sich erleichtert um die Rezeption.

    „Team Yell will um jeden Preis, dass ich gewinne“, erklärte Mary noch einmal entschuldigend. „Deshalb behandeln sie andere Arena-Challenger oft etwas rabiat. Tut mir echt leid, wenn sie euch Schwierigkeiten bereitet haben.“

    „Kein Problem“, sagte ich und schenkte ihr ein echtes Lächeln. „Wir kommen schon klar.“

    „Du bist also auch Arena-Challenger“, schloss Hop. „Und du hast schon deinen eigenen Fanclub?! Mann, da werd doch glatt neidisch!“

    Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, stahl sich ein Lächeln auf Marys Gesicht. Es war nicht groß, aber aufrichtig. Und da sie sonst kaum eine Regung im Gesicht zeigte, wirkte es umso kostbarer.

    Verdammt, was dachte ich eigentlich? Ich kannte sie ja gerade erst seit heute Nachmittag. Vielleicht lächelte sie mit ihren Freunden ja viel häufiger.

    „Danke. Dass ihr das so cool hinnehmt.“

    „Ach kein Problem“, meinte Hop. „Aber beim Turnier werde ich dich trotzdem besiegen!“

    Wieder blitzten Marys Augen. „Das werden wir ja sehen!“

    „Es wird spät“, warf ich ein. „Wir sollten mal …“ Ich wies grob in Richtung der Aufzüge.

    „Ja, du hast Recht. Morgen wird ein aufregender Tag“, stimmte Mary mir zu.

    Wir verabschiedeten uns und gingen in unsere Zimmer. Ich überlegte noch, ob ich vielleicht noch etwas zu Essen bestellen sollte, aber ehe ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, war ich schon eingeschlafen.


    Zu meiner eigenen Überraschung erwachte ich am nächsten Morgen sowohl rechtzeitig als auch gut ausgeruht. Ich traf Hop beim Frühstück, wo er unentwegt darüber redete, wie heute ein neues, wichtiges Kapitel in der Legende von Hop geschrieben würde. „Heute geht unsere Reise erst richtig los!“, sagte er und ich konnte ihm nur zustimmen. Was auch immer das alles bis heute gewesen war, jetzt würde es erst richtig ernst werden.

    Meine Beine wurden allerdings noch immer von einem schlimmen Muskelkater heimgesucht, weshalb ich nicht einmal den Versuch unternahm, Hop einzuholen, als er in Richtung Stadion davonrannte. Für ihn war alles ein Wettrennen.

    Im Stadion war es um ein Vielfaches voller als noch vor zwei Tagen. Überall waren Arena-Challenger. Sie stand an den Säulen, saßen auf den Bänken, plauderten miteinander oder wirkten vollkommen in sich gekehrt. Als ich hereinkam entdeckte ich auch den blonden Trainer, der Hop bei unserem ersten Besuch hier so unfreundlich angerempelt hatte. In seinem langen pinken Mantel war er allerdings auch schwer zu übersehen.

    Hop allerdings war nirgendwo zu sehen, also beschloss ich, mich in die Schlange vor dem Tresen zu stellen, um mir meine Uniform für die Arena-Challenge abzuholen. Bei offiziellen Kämpfen musste jeder Teilnehmende eine solche Uniform tragen.

    „Die Trikotnummer 502 rundet das Gesamtbild wirklich sehr elegant ab“, kommentierte der Liga-Angestellte hinter dem Tresen und mein Herz begann vor Panik lauter zu schlagen, sodass ich Angst bekam, jeder würde es hören können. Aber der Mann schien nicht auf meinen versuchten Hilferuf eingehen zu wollen, sondern wies mir nur den Weg zu den Kabinen, wo ich mich umziehen könnte. Dann wandte er sich der Challengerin hinter mir zu.

    Als ich mich umgezogen hatte und wieder die Eingangshalle erreichte, erblickte ich auch Hop. Seine dunklen Haare kamen mit der hellen Uniform viel besser zur Geltung. Die Uniform aller Arena-Challenger sah gleich aus: Ein weißes Oberteil mit dem Logo der Pokémonliga und blau-roten Streifen an der Seite sowie Shorts in denselben Farben. Alle Personen trugen lange weiße Socken und rot-weiße Schuhe. Lediglich die Nummer auf unserem Rücken unterschied unsere Uniformen voneinander.

    Hop wirkte wie immer sehr hibbelig. „Ich will sofort mit den Kämpfen loslegen“, sagte er, „damit ich endlich auch ein paar Fans bekomme!“

    Fans … ich konnte mir nicht vorstellen, warum mich jemand anfeuern sollte. Allerdings wusste ja auch niemand, was wirklich hinter meiner Arena-Challenge steckte.

    Ich bemerkte, wie ich den Raum nach Mary absuchte, sie allerdings nicht entdeckte. Vielleicht war sie ja jetzt gerade in der Umkleide und wir hatten uns knapp verpasst. Schade. Ich hätte sie gerne vorher noch einmal gesehen.

    Die Schlange vor dem Schalter wurde immer kürzer und schließlich war auch der letzte Challenger zum Umziehen verschwunden.

    „Alle bereitmachen!“, ertönte eine Ansage in der Eingangshalle. „Die Eröffnungszeremonie der Arena-Challenge wird in Kürze starten!“


  • Hallo,


    Ich hatte mich schon gefragt, ob du die Angelstellen ebenfalls mitnimmst und fand das eine schöne Gelegenheit, Mary zum ersten Mal vorzustellen. Abseits ihres Fanclubs wirkt sie manchmal recht unnahbar, jedoch hast du sie in meinen Augen sehr sympathisch und freundlich dargestellt. Morpekos Auftauchen und die Szene im Hotel haben wohl ebenfalls dazu beigetragen, dass Emilia schnell eine neue Bekanntschaft schließen konnte. Ich hoffe, dass es im Verlauf der Challenge noch weitere Gelegenheiten gibt, dass sie sich näher kennenlernen können. Jetzt steht aber einmal die Eröffnungszeremonie im Vordergrund. Hoffentlich ohne Kommentare seitens Cosma und seinen Mitarbeitenden.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 15


    Wir verfolgten die einleitenden Worte des Liga-Präsidenten über den riesigen Bildschirm oberhalb des Empfangsschalters. Immer wieder schalteten die Kameras auf das tobende Publikum und ich wurde schließlich doch nervös bei dem Gedanken daran, gleich vor all diesen Menschen stehen zu müssen. Wie würde es erst sein, vor diesen Massen zu kämpfen?

    Nachdem der Präsident seine Rede beendet hatte, kündigte er die Arenaleiter an. Jeder einzelne trat heraus und winkte der jubelnden Menge zu. Allerdings waren es nur sieben. Einer fehlte. Ich erinnerte mich, einmal einen Bericht über die „vergessene Arena“ gesehen zu haben, wie die Unlicht-Arena in Spikefort oft genannt wurde. Selbst die Arenakämpfe von dort wurden selten im Fernsehen übertragen.

    Ein Liga-Angestellter riss mich aus meinen Gedanken. Er scheuchte uns durch die Umkleiden in zu den Gängen, die auf das Kampffeld des Stadions führten. Einer nach dem anderen sollten wir ihn durchqueren und ein paar Reihen vor mir erblickte ich nun auch Mary. Sie wirkte hochkonzentriert. Wenn sie nervös war, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken. Aber da sie eh immer von Team Yell begleitet wurde, war sie die Aufmerksamkeit sicher schon gewöhnt.

    Irgendwann war ich an der Reihe, in das Stadion zu gehen. Der Gang, der die Umkleide mit dem Kampffeld verband, war gute hundert Meter lang und führte unter den Zuschauerrängen hindurch, sodass es mir vorkam, als könnte ich den Jubel stärker fühlen als hören. Da dem Durchgang außerdem jede Beleuchtung fehlte, blendeten die Scheinwerfer im Stadion mich umso mehr. Ich blinzelte einen Moment, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen, ehe mich das volle Ausmaß der Situation erfasste. Die Luft war erfüllt von Jubelschreien und Pfiffen, überall klatschten die Leute oder trampelten mit ihren Füßen. Nur ein paar Meter von mir entfernt standen ein paar der mächtigsten Trainer der Galar-Region, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass alle Augen auf mich gerichtet waren.

    Ich hatte Delion schon oft bei seinen kämpfen zugeschaut. Ich war mit ihm aufgewachsen und habe Hop als seinen größten Fan erlebt. Ich wusste immer, dass die Arena-Challenge in unserer Region eine große Sache war, doch erst in diesem Augenblick erfasste ich das gesamte Maß. Der Champ-Cup in einigen Monaten war das größte Sportereignis der Region und wurde auch in einige andere Regionen übertragen. Das hier war nur der Anfang.

    Auf dem riesigen Bildschirm über uns wurde nach und nach jeder Teilnehmer mit Name und Nummer eingeblendet. Ich merkte kaum, wie die Kamera auf mich gerichtet wurde; ich sah nur meine großen Augen hinter der grausamen Brille. Für nur einen Moment hatte ich vergessen, warum ich hier war. Für nur einen Moment hatte ich mich dem Rausch hingegeben. Jetzt stürzte die Realität wieder auf mich ein, aber die Kamera hatte schon ein anderes Mädchen ins Visier genommen, sodass es niemandem auffiel, dass meine Gesichtszüge kurz entgleisten.

    Fast niemandem.

    Ich spürte, wie Marys Blick einen Moment länger auf mir liegen blieb, doch ich zwang mich, nicht hinzusehen. Wenn Cosmas Leute glaubten, sie hätte Verdacht geschöpft, wer wusste, was sie tun würden.

    „Und das sind unsere diesjährigen Arena-Challenger!“, beendete Präsident Rose die Veranstaltung. „Wir wünschen ihnen alles Gute auf ihrem Weg zum Champ-Cup!“

    Wieder brach das Publikum in rasenden Applaus aus, während wir von den Liga-Angestellten zurück in die Umkleiden gerufen wurden.

    Alles was danach passierte, war ein heilloses Durcheinander. Die Eröffnungszeremonie fand zwar jedes Jahr statt und hatte geregelte Abläufe, an die sich alle Mitarbeitenden hielten, aber auf mich wirkte es trotzdem wie ein einziges Chaos. Es war faszinierend einmal hinter die Kulissen zu sehen und zu erkennen, dass es hier absolut nicht mehr so glamourös war, wie es von außen den Anschein hatte.

    Vor dem Stadion fing Sania uns ab. „Hey ihr zwei! Ihr wart wirklich unglaublich! Glückwunsch!“

    „Ich fass es nicht! Vor ein paar Minuten standen wir mitten auf dem Kampfplatz eines echten Arena-Stadions …!“ Hop strahlte über das ganze Gesicht. „Ich zitter immer noch vor Aufregung … Dieses Gefühl ist unbeschreiblich!“

    „Ja, dieses erste Mal im Rampenlicht stehen …“, sinnierte Sania. „Hat es dir auch gefallen, Emilia?“

    „Ja, es …“, begann ich, wusste dann aber nicht mehr, was ich sagen wollte. „Ja.“

    Sie lächelte mir zu und verstand meine Unsicherheit vermutlich noch als Überwältigung der Ereignisse. Dann deute sie am Stadion vorbei. „Kommt mit, da ist jemand, der euch sehen möchte.“

    Wir umrundeten das Arena-Stadion und kamen vor einem Hintereingang zum stehen, wo uns bereits Delion und Präsident Rose erwarteten. Delion strahlte fast so sehr wie sein kleiner Bruder. Aber nur fast.

    „Na, ihr beiden? Endlich ist es so weit, was?“

    „Aber ja“, bestätigte Hop sofort. „Jetzt dauert es nicht mehr lange, dann hab ich dich auch besiegt.“

    Von Präsident Rose war ein leichtes Lachen zu hören, als er vortrat und uns ansprach: „Wenn das mal nicht die beiden Schützlinge des Champs sind.“

    Ich mochte ihn nicht. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass ich bereits schlechte Erfahrungen mit hohen Tieren bei Macro Cosmos gemacht hatte und nicht wusste, wo Rose in dieser Sache stand, oder ob es an ihm persönlich lag. Irgendwie wirkte er schmierig auf mich mit seinen zur Seite gegelten Haaren, die mich viel zu sehr an Cosma erinnerten. Gleichzeitig wirkte er ziemlich natürlich in seinem hellgrauen Anzug und sein Lächeln sah aufrichtig aus. Dennoch traute ich ihm nicht über den Weg. Nicht, solange ich nicht wusste, welche Rolle er in diesem Stück spielte.

    „Darf ich mich vorstellen?“, sprach der Präsident der Pokémon-Liga weiter. „Rose ist mein Name. Schön, eure Bekanntschaft zu machen!“

    Ach nee, dachte ich, das hätten wir auch so mitbekommen. Aber ich verkniff mir jeden Kommentar. Niemand der anderen schien Rose‘ Verhalten verdächtig zu finden. Allerdings ließen sie ja auch mir ziemlich viel komisches Verhalten durchgehen.

    „Aber Moment! Was sehen meine Augen da? Ihr habt ja schon eigene Dynamax-Bänder! Dann hat euch bestimmt ein Wunschstern heute hierher geführt.“ Es gefiel mir nicht, wie Rose uns musterte, aber er klang zumindest aufrichtig überrascht davon, unsere Bänder zu sehen. Wenigstens den Teil von Cosmas Plan schien er nicht zu kennen. Aber wie viel wusste er wirklich?

    „Oh ja“, bestätigte Hop sofort. „Es war Schicksal.“

    Wieder verkniff ich mir jeden Kommentar. Das hier war eindeutig zu gefährlich, um mir eine falsche Aussage zu leisten.

    „Die Technologie, die in euren Dynamax-Bändern steckt, wurde übrigens von meiner überragenden Firma entwickelt“, erklärte Rose.

    Oh ja, dachte ich. Wahrscheinlich selbst die Peilsender, die sich nun darin befanden.

    „Hm, ich habe das Gefühl, dieses Jahr erwartet uns eine besonders spannende Arena-Challenge.“ Ruhte Rose‘ Blick einen Moment zu lange auf mir oder bildete ich mir das nur ein? Ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. „Sehr schön! Die Bewohner der Galar-Region werden übersprudeln vor Begeisterung! So, jetzt muss ich mich aber entschuldigen. Ich habe nämlich noch einen dringenden Termin.“

    Mit Cosma?, fragte ich in Gedanken. Ich wünschte, ich wüsste wenigstens, wo er stand, um ihn besser einschätzen zu können, aber ich konnte ihm nur stumm nachsehen, während sich die anderen von ihm verabschiedeten.

    „Liga-Präsident Rose scheint ja wirklich bester Laune zu sein!“, meinte Delion fröhlich, doch Sania schien meine geistige Abwesenheit aufgefallen zu sein.

    Vorsichtig zupfte sie an meinem Ärmel und fragte: „Alles in Ordnung?“

    „Ich ähm …“, sagte ich und suchte verzweifelt nach einer Ausrede, „ich bin nur etwas … überwältigt.“

    „Ja, das war ganz schön viel heute, nicht wahr?“, stimmte sie mir zu.

    „Wir sollten euren Eintritt in die Arena-Challenge mit einem ausgiebigen Essen feiern. Was meint ihr?“, schlug Delion jetzt vor.

    „Tausende deiner Fans sind in der Stadt“, gab ich zu bedenken. „Wir werden ziemlich bedrängt werden.“

    „Ach, das ist doch halb so wild“, winkte Delion ab.

    Aber natürlich sollte ich rechtbehalten. Wir wurden von so vielen Fans belagert, dass der Restaurantbesitzer die Türen verriegeln lassen musste, um etwas Ruhe zu bewahren. War das mit Delion immer so schlimm, wenn er außerhalb von Furlongham unterwegs war?

    Dennoch war es ein sehr nettes Essen. Ich verbrachte gerne Zeit mit Delion, Hop und Sania.

    Sania erklärte, dass die Kraftwerke zur Stromerzeugung alle Rose beziehungsweise seiner Firma gehörten und unser Weg zur ersten Arena durch eine der Minen führen würde, in denen Erz für die Energiegewinnung abgebaut wurden.

    „Rose spielt also auch eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung der Galar-Region“, schloss sie.

    „Oh ja“, meinte auch Delion. „Es ist schon erstaunlich, was ein einzelner Mann so alles erreichen kann.“

    Ich nickte nur abwesend. Ich hatte irgendwann schon einmal davon gehört, dass Macro Cosmos großen Einfluss in der Energieversorgung Galars hatten, aber ich verstand die Zusammenhänge noch nicht. Was brachte es dieser einflussreichen Firma, dass ich für sie Delion besiegte? Wo stand Cosma in dem Ganzen? Arbeitete er für Rose oder unabhängig von ihm? Vielleicht zog er ja sogar im Hintergrund die Fäden.

    „Ich kann nicht sagen, dass ich ihn wirklich verstehe“, sagte Sania in meine Überlegungen und ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass sie von Rose sprach. „Aber … er ist schon ein bewundernswerter Typ.“

    „Ich find’s hauptsächlich toll, was er für die Liga tut“, mischte Hop sich ein.

    „Dich interessiert auch kaum etwas anderes als Pokémon-Kämpfe“, sagte ich, nur um irgendetwas zu sagen. Ich merkte selbst, dass mir der neckende Tonfall nicht so wie sonst immer gelang.

    Dennoch nahm Sania nur zu gerne den Ball auf und spielte ihn auch gegen Delion aus. So ging es immer weiter und nach und nach schafften sie es sogar, mich meine Grübeleien zu Cosmas Plänen vergessen zu lassen, indem sie mich zum Lachen brachten.

    Irgendwann wurde Delion aber wieder ernst. „Hört gut zu, ihr zwei!“, wandte er sich an Hop und mich. „Ihr habt erst vor Kurzem begonnen, Pokémon zu trainieren. Das Wichtigste für euch ist jetzt erst mal, dass ihr fleißig Erfahrung sammelt. Steckt euch Ziele! Nicht nur für eure Pokémon, sondern auch für euch selbst.“

    Hop ging natürlich nur zu gerne auf das Thema seiner großen Trainerkarriere ein. „Die Arenaleiter müssen in einer bestimmten Reihenfolge herausgefordert werden. Der erste von ihnen erwartet uns in Turffield.“

    „Ja, uns und noch hundert andere Trainer“, warf ich ein.

    „Davon solltet ihr euch aber nicht abhalten lassen“, meinte Sania. „Diese Reise bringt euch für euch selbst so unglaublich viel. Habt nicht nur das Ziel vor Augen, sondern genießt auch den Weg!“

    „Sania hat recht“, stimmte Delion ihr zu. „Ihr werdet sehen, die nächsten Monate gehen wie im Flug vorbei. Ihr solltet sie genießen!“

    Ich nickte nur, während Hop schon wieder damit begann, alles aufzuzählen, was er noch erleben wollte. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, während ich mich fragte, ob ich meine Reise würde genießen können. Dann dachte ich an meine Pokémon und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Solange ich es schaffte, sie zu beschützen, würden sie mir auf dieser Reise eine Freude bereiten.



    weiterlesen & die Zusammenfassung überspringen

  • Hallo,


    der pompöse Auftritt im Stadion war sehr gut umgesetzt und mir gefällt es, dass Emilia trotz ihrer Verdächtigungen gegenüber Rose etwas abschalten konnte. Insbesondere mag ich hier, wie sich sie und ihre Freunde als quasi eingeschworene Truppe präsentieren. Nachdem sie großteils im selben Ort aufgewachsen sind, macht es das umso nachvollziehbarer.

    Was die Oberliga angeht, vielleicht kann der nächste Abschnitt „Engine-Rundtour“ genannt werden? Nachdem die ersten drei Arenen hier kreisförmig aufgebaut sind, könnte es in der Welt einen eigenen Namen dafür geben. Ich freue mich aber schon jetzt auf die nächsten Abenteuer bis zur ersten Arena.


    Wir lesen uns!

  • Teil 1: Need to start - Die (Arena-)Challenge

    Zusammenfassung


    (c) Nintendo - Szene aus Pokémon Schwert/Schild


    Manchmal frage ich mich, was geschehen wäre, wäre ich nicht mit Delion befreundet gewesen. Wenn Delion nicht gewesen wäre, hätte ich niemals Perle kennengelernt. Er war so ein fröhliches kleines Memmeon gewesen und ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen. Ich liebe ihn für seinen Mut und seine Entschlossenheit. Alleine, wie er das unbekannte Pokémon angegriffen hatte, dem wir im Schlummerwald begegnet waren, hatte mir gezeigt, was für einen wundervollen Partner ich an meiner Seite haben würde. Aber ich hasse es, ihn in meine persönliche Hölle hineingezogen zu haben. Ihn und alle anderen meiner Pokémon.

    Wenn ich Delion nicht gekannt hätte, hätte ich Perle niemals getroffen, aber Cosma hätte kein Interesse an mir gehabt. Corma, der in unser Haus eingedrungen war. Cosma, der die Leitung über Macro Cosmos oder die Liga oder vielleicht die ganze Region inne hatte. Cosma, der mein Leben in einen Albtraum verwandelte.

    Seine Bedingung klingt fast harmlos: Gewinne die Arena-Challenge. Aus irgendeinem Grund, den ich nicht verstand, brauchte Cosma einen Champ, der tat, was er ihm sagte. Und ich war seine Auserwählte. Meine Beziehung zu Delion machte aus mir die perfekte Kandidatin dafür. Leider war Cosma eine einfache Drohung nicht genug. Vermutlich war er ein kontrollsüchtiger Sadist. Damit ich tat, was er sagte, nahm er meine Eltern als Geiseln. Damit ich ihn nicht verriet, gab er mir eine Brille, die alles, was ich sah, zu ihm übertrug. Damit ich mich nicht von meinem Weg entfernte, verbaute er in meinem Dynamax-Band einen Peilsender. Und damit ich gewann, gab er mir Pokébälle, die besiegte Pokémon für immer gefangen hielten. Laut seiner Aussage, waren sie nur für die besten Pokémon gedacht; diejenigen, die mich als erstes auf einer neuen Route angriffen, wenn ich, durch die Brille meiner Sicht beraubt, blind vorausstolperte. Nachdem ich selbst auf diese Weise sehr netten Pokémon begegnet war, glaubte ich nicht an diese Aussage.

    Natürlich war es schwer, Hop als meinen besten Freund überhaupt zu belügen. Ihm vorzuspielen, ich freue mich auf die Reise mit den Pokémon. Aber Hop war so sehr mit seiner eigenen Aufregung beschäftigt, dass es ihm gar nicht aufzufallen schien. Das seltsame war: Ich hatte mich gefreut. Ich hätte mich gefreut. Immer wieder erhielt ich Einblicke in ein Leben, das meines hätte sein können. Ein Leben, in dem Cosma niemals existierte. Ich lernte Professor Magnolica und ihre Enkelin Sania kennen, mit der ich mich auf Anhieb verstand. Auch Sania ging auf eine unfreiwillige Reise, aber ich bin mir sicher, dass in ihr doch echtes Interesse an ihrer Forschung über die Legenden Galars entfacht. Und ich möchte ihr helfen, wenn ich kann. Sie ist meine Freundin und weil sie nichts mit Kämpfen und der Liga zu tun hat, konnte ich mein schweres Los in ihrer Gegenwart manchmal sogar vergessen. Gleichzeitig hatte ich immer wieder Angst, dass sie mir etwas anmerkte.

    Wenn Cosma nicht wäre, hätte ich dann das Hoothoot Glöckchen getroffen? Wäre ich mit dem Kleptifux Merkur zusammengestoßen? Hätte mich mein Weg durch die Naturzone geführt, wo mir das Scoppel Flügel, das Schallquap Piano oder das Pampuli Schnee begegnet wären? Hätte ich in Engine City nach dem Karpador Sunset gefischt? Wäre ich überhaupt jemals auf die Idee gekommen, meinen Pokémon Namen zu geben, die nicht auf ihre Art schließen lassen, so wie Cosma es mir gesagt hat? Ich möchte meine Pokémon und die Freundschaft, die sie mir schenken, nicht missen. Und dennoch wünschte ich mir manchmal, ihnen nie begegnet zu sein. Ich wünschte, sie niemals in einem dieser grausamen Bälle gefangen zu haben. Sie sind alle so wundervoll. Sie alle wissen, was sie erwarten kann und keiner hat sich von mir abgewendet. Ich weiß nicht, ob ich die Reise ohne ihre Unterstützung geschafft hätte.

    Glücklicherweise verlief mein Weg nach Engine City, wo die diesjährige Eröffnungszeremonie der Arena-Challenge stattfand, ohne Verluste. Genau wie Cosma es wollte, habe ich jeden Kampf gewonnen. Und Perle und Merkur haben sich dabei sogar schon entwickelt. Aber mit jedem Schritt des Weges wurde es nur schwerer, die Fassade aufrecht zu erhalten und so zu tun, als blickte ich all den Kämpfen freudig entgegen. Da ist Hop, der mich als seine Rivalin auserkoren hat. Da ist Mary, das geheimnisvolle, aber freundliche Mädchen, dessen Fanclub den Arena-Challengern Steine in den Weg legen möchte. Da ist Delion, der unschlagbare Champ, der am Ende einer ganzen Reihe starker Trainer stehen wird. Und da ist Rose, der Präsident der Pokémon-Liga, dessen Rolle in diesem perfiden Spiel ich noch nicht einschätzen konnte.

    Mit der Eröffnungszeremonie hatte ich den Anfang geschafft - doch damit fing der schwere Part erst an.


  • Hallo,


    die Zusammenfassung bringt mich auf die Idee, dass Emilia vielleicht fernab ihrer Abenteuer ein Tagebuch führen könnte. Ob das nun irgendwie für die Handlung relevant ist, sei dahingestellt. So viel Privatraum sollte sie aber erhalten können, um nachzudenken und nicht immer die Befürchtung zu haben, beobachtet zu werden.

    Jedenfalls: Danke für die bisherige Reise und das Aufschreiben deines Spieldurchgangs. So ausgeschmückt ist eine Nuzlocke noch wesentlich interessanter, da viel mehr auf die persönliche Ebene eingegangen werden kann. Ich hoffe zumindest, dass es zu keinen Verlusten im Team kommt und ihr noch viel Zeit miteinander verbringen könnt.


    Wir lesen uns!