Netriem - Geheimnisse der neuen Welt
Willkommen zur FF-Story Netriem, die im Rahmen des FotoxFF-Collab entstanden ist. Klappentext und Buchcover habe ich zusammen mit Mipha erstellt.
Klappentext
„Seht ihr nicht die Vogelschwärme, die am Himmel ihre Kreise ziehen? Den Nebel, der aus den Wäldern kommt und die Irrlichter, die zwischen den Bäumen tanzen? Hört ihr nicht die Schreie, die von den Verlorenen kommen? Es sind Omen, ich sage es euch. Wenn wir nicht aufpassen, werden diese Wälder uns verschlingen!“
Abenteurern zufolge sollte die neue Welt ein Ort voller Magie und Wunder sein. Außerdem sollte es dort reichlich Platz und fruchtbaren Boden geben. Die alte Welt war geplagt von Gewalt und Armut. Viele Menschen waren auf der Suche nach einem besseren Leben. Ein neu entdecktes Land kam ihnen gerade recht. Angetrieben von Abenteuerlust und der Aussicht auf unentdeckte Reichtümer machte sich auch Ryan auf nach Netriem, der neuen Welt. Zusammen mit seinen Kameraden ließ er sich an der Küste des neuentdeckten Landes nieder, dessen Größe sich bislang nur erahnen ließ. Vor ihnen erstreckte sich ein riesiger Wald, den nie zuvor ein Mensch betreten zu haben schien. Nach einigen Wochen Aufenthalt schien sich dort etwas zu regen. Manch einer munkelte über seltsame Lichter und ungewöhnliche Geräusche. Hunde wurden unruhig und bellten den Nebel an, der den Wald verließ. Bis sie schließlich verschwanden. Auch Ryans Hund war nicht wieder aufgetaucht, als er laut bellend in den Wald lief. Ryan beschloss, einen Suchtrupp zusammenzustellen und die Hunde zu finden. Er konnte nicht ahnen, auf was sie in den Wäldern stoßen würden. Alte vergessene Geheimnisse, welche die Macht haben, das Schicksal der Welt zu verändern.
Prolog – Irrlicht
In finsterer Nacht, tief im dunklen Wald schwebte eine leuchtende Kugel zwischen den Bäumen umher. Blaues Licht erhellte den Boden und die umstehenden Bäume. Die Kugel glitt über den Boden und folgte anschließend einem Bach. Schließlich blieb sie stehen und rührte sich nicht mehr. Unter ihr floss das Wasser ungerührt vorbei. Ein leises Summen ertönte, als die Kugel kehrtmachte und nach oben schoss. Am Gipfel einer Tanne blieb sie stehen, als wollte sie sich umsehen. Plötzlich erklang eine Stimme.
„Komm her, Irrlicht!“
Das blaue Irrlicht begann zu vibrieren. Nach ein paar Sekunden zitterte es so stark, dass mehr wie ein Blitz aussah, der hin und her zuckte. Schließlich erstarrte das Licht. Es formte sich wieder zu einer Kugel und glitt am Stamm der Tanne entlang. Während es nach unten schwebte, schienen die Äste des Baumes der Kugel auszuweichen. Sie beugten sich zur Seite und ließen das Licht durch. Unten angekommen machte es knapp über dem mit totem Laub bedeckten Boden halt. Dort verharrte es eine Weile.
„Komm her, Irrlicht!!“
Die blaue Kugel zuckte erneut, doch diesmal schwächer. Das Licht glitt ein wenig zur Seite und huschte unter einem Busch. Ein Hase, der sich dort aufhielt, wurde aufgeschreckt und hüpfte davon.
„Komm her, Irrlicht!!!“
Plötzlich schoss die Kugel nach oben. Direkt über dem Busch hielt sie inne und schwebte zur Seite. Anschließend verschwand sie zwischen den Bäumen. Das Summen erstarb und es kehrte wieder Stille im Wald ein.
„Endlich…“
Kapitel 1 – Die alte Welt
Shiva
Heute haben wir ein paar Hasen erwischt. Ich bin erschöpft von der Jagd, wie immer. Gleich sind wir in unserem Bau und liegen am Feuer. Nur noch die Beute wegbringen, dann essen und schlafen. Und morgen wieder in den Wald. Den Vögeln lauschen, Spuren aufnehmen und jagen. Wie jeden Tag. Ich genieße es mit ihm durch den Wald zu laufen und Gerüche aufzunehmen. Manchmal rasten wir am See und ruhen uns aus, während uns die Sonne wärmt. Aber heute haben wir wenig Pausen gemacht. Er scheint frustriert zu sein in letzter Zeit. Ich weiß nicht, ob es an mir liegt, oder an etwas anderem. Es macht mich traurig ihn so zu sehen. Vielleicht sollten wir morgen versuchen etwas größeres zu jagen. Vielleicht ein Reh. Ich habe schon länger keines mehr gesehen. Vielleicht ist meine Nase nicht mehr gut genug. Ich werde morgen auf jeden Fall wieder mein bestes geben. Wie immer.
Ryan
Nachdem Ryan die Hasen beim Metzger abgegeben hatte, brachte er seinen Hund Shiva nach Hause und gab ihm etwas Fleisch.
„Ruh dich gut aus, wir haben morgen viel vor“, sagte er. Er machte den Kamin an und Shiva ließ sich erschöpft davor fallen.
„Geh nicht zu nah heran“, mahnte Ryan und lächelte.
„Du bist ein guter Hund“. Während draußen die Sonne unterging räumte Ryan das restliche Brot und Fleisch aus den Regalen und verstaute es in einem Rucksack. Diesen legte er zur Tür, wo sein Gewehr und sein Schwert hingen. Schließlich ging er schlafen. Dies würde die letzte Nacht in diesem Haus werden. Ryan freute sich schon darauf, seine Heimatstadt Beke hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen. Beke war eine alte Stadt, in der eigentlich viele Händler unterwegs gewesen waren. Auch die Ernte und die Jagdausbeute waren normalerweise hoch. Vor Jahren war die statt reich, doch seit wegen den anhaltenden Konflikten mit dem benachbarten Königreich Lumor ging das Geld langsam zur Neige und viele Menschen verarmten. Bis vor ein paar Monaten hatte es eine Belagerung der Stadt gegeben. Diese konnte zum Glück von Bekes Armee beendet werden. Jedoch waren die Stadt und das Umland stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Viele Häuser waren von Katapulten zerstört worden, Bauerhöfe wurden geplündert und Wälder für Lager gerodet. Tagelang konnten sie nicht jagen, da die Gefahr bestand, von Soldaten getötet zu werden. Und nach dem Krieg waren die meisten größeren Tiere vertrieben worden. Ryan hatte gehofft, dass sie zurückkehren würden, allerdings waren immer noch kaum Tiere im Wald zu finden. Sie hatten seit dem Krieg nur ein Reh gefangen und mehrere Wildschweine. Ansonsten nur ein paar Hasen, die über die Lichtungen liefen, wo die Lager der Armeen gestanden hatten. Da auch die Felder zerstört waren, musste Weizen und Gemüse neu angepflanzt werden. Somit saßen sowohl die Bauern als auch die Jäger mehr oder weniger auf dem Trockenen. Das Einzige was es noch im Überfluss gab war Fisch. Da er begehrt war, war er allerdings auch entsprechend teuer. Um den ständigen Feindseligkeiten zu entkommen, hatte Ryan beschlossen, die Stadt zu verlassen. Sein Ziel war Netriem, die neue Welt. Vor einem Monat kehrte eine Gruppe Abenteurer von dort zurück, um von ihrer Entdeckung zu berichten. Sie hatten neues Land entdeckt und nun hatte der König vor es zu besiedeln. Ryan hatte sich als Jäger gemeldet und sollte heute aufbrechen. Er hatte gehört, dass es im Wald viele Tiere geben soll und da es in Netriem noch keine Landwirtschaft gab, mussten die Menschen vorerst mit Vorräten auskommen oder selber jagen. Da in der Stadt im Augenblick allerdings Lebensmittel knapp waren, konnte kaum etwas nach Netriem gebracht werden. Netriem schien für ihn eine gute Möglichkeit zu sein, Geld zu verdienen.
Am nächsten Tag gingen Ryan und Shiva zum Hafen. Die Hundedame war wie immer gut gelaunt und hoffte wahrscheinlich, dass sie wieder in den Wald gehen würden. Viele Menschen waren bereits unterwegs und überall roch es nach Fisch. Nach etwas suchen fand er das Schiff, mit dem seine Überfahrt stattfinden sollte. Insgesamt fuhren 5 Schiffe nach Netriem und beförderten sowohl Siedler als auch Vorräte. Ryans Schiff war ein Dreimaster von beeindruckender Größe. Ein paar Seeleute luden gerade mehrere Kisten auf das Schiff, als er sich am Steg meldete. Nachdem sein Name auf einer Liste eingetragen worden war, ging er an Deck. Shiva sah sich neugierig um und schnüffelte an einer Kiste. „Komm, wir müssen weiter“, sagte Ryan. Zusammen wurden sie von einem Matrosen unter Deck geführt, wo mehrere Hängematten hingen.
„Ihr schlaft hier mit den anderen. Eure Waffen verwahrt der Kapitän. Und euer Hund kommt in den Käfig und bleibt dort.“, erklärte der Matrose, der ihn hinunterbrachte.
„Ich kann sie nicht tagelang im Käfig lassen“, entgegnete Ryan.
„Entweder sie befolgen die Befehle des Kapitäns oder sie können gehen“, antwortete der Matrose. Ryan seufzte und schaute Shiva an.
„Ich kann sie nachts darin lassen, aber sie kann nicht die ganze Zeit dortbleiben.“
„Besprechen sie das mit dem Kapitän.“
„In Ordnung.“
Lucius
Kapitän Lucius war ein junger eifriger Mann. Da er zu den Abenteurern gehörte, die Netriem entdeckt hatten, bekam er nach ihrer Rückkehr ein eigenes Schiff. Schon lange hatte er davon geträumt selbst zur See fahren zu können. Ein paar Jahre hatte er als Matrose gearbeitet, bis er schließlich zum Kapitän aufgestiegen war. Als solcher war dies seine zweite Fahrt. Bei seiner letzten hatte er die ersten Siedler nach Netriem gebracht. Nun kam die zweite Ladung Siedler und etwas Proviant, der allerdings zum Großteil aus Fisch bestand. Dieses Mal hatten sie sogar einen Jäger mit seinem Hund an Board. Lucius war noch nie mit lebenden Tieren an Board gesegelt, daher war er sich nicht sicher, wie er am besten mit der Situation umgehen sollte.
„Der Hund bleibt nachts und bei Sturm im Käfig“, sagte er zu Ryan.
„Bei schlechtem Wetter brauchen wir jeden Mann an Deck. Zu allen anderen Zeiten bleibt er bei euch und ihr macht sauber, wenn der Hund irgendwo hinmacht.“
„Ja Kapitän. Habt Dank“, antwortete Ryan.
Ein paar Stunden später wurde der Anker gelichtet und sie stachen in See.
Shiva
Wo sind wir? Es ist zu eng. Ich möchte laufen. Durch den Wald rennen und festen Boden unter meinen Füßen spüren. Dieser hier schwankt hin und her. Mir wird schlecht. Er sieht erschöpft aus und gelangweilt. Warum sind wir hier? Warum gehen wir nicht weg?