Gluggaveður

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

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  • © Tragosso, 2018

    Gluggaveður

    Vorwort

    Seit mittlerweile zehn Jahren hege ich nun schon eine Leidenschaft für die isländische Sprache. Begonnen hat alles mit dem Studium des Altisländischen, das für mich den direkten Zugang zur altnordischen Literatur bedeutete, insbesondere zu den vielgerühmten Sagas aus Island, die schon Tolkien als Inspiration dienten. Später kam ich dann mit dem modernen Isländisch in Berührung, wie es heute geschrieben und gesprochen wird. Über die Zeit habe ich das Isländische immer mehr lieben gelernt; den Klang der Sprache, ihre Freiheiten und vor allem die vielen wundervollen Wortschöpfungen, die sie offenbart. Eine solche dient meiner Sammlung als Titel. Gluggaveður bedeutet wortwörtlich soviel wie Fensterwetter. Es beschreibt den Zustand von Wetter, welches wunderschön anzusehen ist, wenn man bei einer Tasse Tee gemütlich zu Hause sitzt und nach draußen schaut, das jedoch eher ungemütlich daherkommt, wenn man ihm direkt ausgesetzt ist. Viele meiner Texte sind augenscheinlich gerade bei solch einem Wetter entstanden, während ich abends bei einer Tasse Sencha im Wohnzimmer saß und meine Augen immer wieder zum Fenster wanderten, in der Hoffnung, dass mir das Wetter draußen doch irgendeine Inspiration geben und den Knoten in meinem Kopf lösen möge. Da der Prozess des Schreibens bei mir stark hieran geknüpft zu sein scheint, erschien es mir nur natürlich, dem Ganzen einen gewissen Stellenwert beizumessen und dem Wort Gluggaveður zu etwas mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen.


    Meine Sammlung

    Erst einmal herzlich willkommen in meinem Bereich! Es freut mich, dass du den Weg in mein Topic gefunden hast und ich hoffe, dass du hier eine schöne Zeit haben wirst. Wohin die Reise in meiner Sammlung gehen wird, vermag ich selbst noch nicht genau zu sagen. In erster Linie wird dies wohl ein Ort sein, an dem viele Werke, die ich über die letzten Jahre geschrieben habe, ein Zuhause finden. Hierunter fallen Drabbles und Kurzgeschichten, Gedichte, aber sicherlich auch das eine oder andere kurze Drama und vieles mehr. Gelegentlich werde ich wohl auch etwas zum Entstehungsprozess meiner Texte schreiben oder ausführen, in was für einem Rahmen sie entstanden sind. Über Kommentare zu meinen Werken, egal ob Anregungen, Interpretationen oder Kritik, freue ich mich immer sehr. Mehr gibt es an der Stelle auch erstmal nicht zu sagen. Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen.


    Urheberrecht

    Alle von mir verfassten und hier veröffentlichten Werke dürfen nicht ohne meine ausdrückliche Zustimmung verbreitet oder anderweitig genutzt werden.


    Übersicht


    - folgt -

  • Hier kommt dann auch das erstes Update für meine Sammlung. Entstanden ist das Gedicht an einem Wochenende im September 2019 im Rahmen des Lyrik-Wettbewerbs zum Thema Sterne. Das war das erste Mal, dass ich an einem Fanfiction-Wettbewerb im Bisaboard teilgenommen und überhaupt eines meiner literarischen Werke öffentlich präsentiert habe. Zu einer Teilnahme durchgerungen habe ich mich letztlich, da meine Abgabe ein Abschiedsgeschenk an die damalige FF-Moderation war, die ihr Amt an den Nagel gehängt hat. Aber kommen wir mal aufs Werk zu sprechen. Entstanden ist das Gedicht wie gesagt an zwei Tagen, was - wie ich nach kurzer Zeit merkte - sehr knapp bemessen war, sich aber im Nachhinein nicht ändern ließ, da es ja galt, eine Abgabefrist einzuhalten. Die Prämisse meiner Herangehensweise war es, zwar keinen klinisch nüchternen, aber doch sehr sachbezogenen Text zur thematischen Vorgabe zu entwerfen und auf diesem Wege Faszination für die funkelnden Himmelskörper zu wecken. Auf diese Weise wollte ich wohl auch mit einer gewissen Erwartungshaltung brechen, die mancheiner womöglich bei der Thematik mitbringt. Sehr viel Zeit ist in die wissenschaftliche Recherche geflossen. Nachdem ich selbst das Leben eines Sterns zumindest rudimentär verstanden hatte, galt es die Erkenntnisse auf die wichtigsten Schlüsselmomente herunterzubrechen und ein grobes Konstrukt fürs Gedicht zu skizzieren. Aus irgendeinem Grund hatte ich mal wieder Lust, ein Sonett zu schreiben (was ich während des Schreibens aufgrund des Zeitdrucks immer wieder bereute). Da es sich aus meiner Sicht anbot, die Entwicklung eines Sterns in drei Phasen zu unterteilen, wurde am Ende ein Sonettzyklus daraus. Auf ein einheitliches Metrum wurde hierbei verzichtet, da es Herausforderung genug war, das Sonett als solches zu erschaffen und die Form mit dem zuweilen sperrigen Inhalt in Einklang zu bringen. Ich hoffe, dass mir das einigermaßen gelungen ist und wünsche viel Spaß beim Lesen.


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    Der Zauber der Sterne


    Ein Sonettzyklus in drei Akten


    Die Geburt

    In der Unendlichkeit des Alls verloren

    Aus einer Gaswolke, von Staub umringt

    Durch die Übermacht der Schwerkraft bedingt

    Wurdest du in grauer Vorzeit geboren


    Als Wasserstoff und Helium sich schworen

    Dass ihnen einig die Fusion gelingt

    Und helles Licht die Dunkelheit durchdringt

    Fing es in deinem Kern an zu rumoren


    Während Atome nun also verschmelzen

    Und Plasmawinde alles niederwälzen

    Weil Magnetfelder es ihnen befahlen


    Derweil um dich die Sonnenwinde wehen

    Und immer schneller ihre Runden drehen

    Fängt deine pure Schönheit an zu strahlen


    Das Leben

    Aber eines Tages, man kann‘s sich denken

    Versiegt die nährende Energiequelle

    Zurück bleibt nur Helium in der Zelle

    Auf das sich alle Erwartungen lenken


    Die Hüllen beginnen sich nun zu senken

    Mit Urgewalt einer tosenden Welle

    Rücken sie dem zarten Kern auf die Pelle

    Und versuchen ihn mit Macht zu ertränken


    Mit ganzer Kraft wollen sie ihn verzehren

    Die Brunst erreicht unermessliche Sphären

    Helium verschmilzt und lässt Neues entsteh'n


    Zuerst Stickstoff, später Eisen geworden

    Auf Erden bleibt uns das Schauspiel verborgen

    Doch am Himmelszelt kann man dein Funkeln seh'n


    Der Tod

    Man fragt sich: was soll jetzt bloß aus dir werden?

    Strahlend bliest du dich auf zum roten Riesen

    Und dein Schicksal wäre hiermit bewiesen

    Für dich ist es nun an der Zeit zu sterben


    Heller und heller bist du dich am färben

    Von Griechen, Germanen und Portugiesen

    Seit hunderten von Jahren angepriesen

    Gesellst du dich nun zu den weißen Zwergen


    Doch zerrisse es dein' Kern in der Ferne

    Würdest du zum kleinen Neutronensterne

    Wögest du mehr als eins Komma vier Massen


    Bei einer Masse von mehr als drei Sonnen

    Wär' ein schwarzes Loch im Weltraum gewonnen

    Könnt ihr den Zauber der Sterne erfassen?


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    Abschließend wollte ich noch die Gelegenheit nutzen, auf Kommentare, die ich bereits zu meinem Gedicht erhalten habe, einzugehen, weil ich offenbar zuvor nie die Motivation aufgebracht habe, dies zu tun. Aber hey, was sind schon drei Jahre?

  • Hey ^-^

    Ich muss gestehen, mit Isländisch als Sprache kenne ich mich so gar nicht aus, aber ich bin viele Jahre über auf Isländern geritten und bin immer wieder fasziniert, wenn ich Bilder von der Landschaft Islands sehe, und möchte daher unbedingt auch irgendwann einmal ein paar Wochen Urlaub dort verbringen, wenn das nötige Kleingeld da ist. Irgendwo fühle ich mich daher irgendwie ein Stück weit mit Island verbunden und daher gefällt es mir persönlich umso besser, dass du deinem Topic eine Verbindung zu diesem Land gibst. Ne Menge Respekt auf jeden Fall auch dafür, dass du Isländisch gelernt hast. Ich hatte mal ein Jahr lang einen Schwedisch-Kurs besucht und mein Lehrer meinte, dass er selbst gerade dabei ist Isländisch zu lernen und das wohl eine der Sprachen mit der kompliziertesten Grammatik sei.

    Abseits davon, dass ich es schön finde, dass du ein Wort aus dem Isländischen für den Titel deines Topics genommen hast, gefällt mir auch die Bedeutung dieses Wortes sehr gut und während ich hier bei mir gerade genau solch ein Wetter habe, ab und zu aus dem Fenster gucke und dabei noch dem angenehmen Klang der Regentropfen auf Blättern lausche, ist das einfach nur die perfekte Gelegenheit, deinem Topic einen Kommentar zu verpassen.


    Der Zauber der Sterne

    Vorweg muss ich auf jeden Fall sagen, ich bin absolut begeistert von deiner Idee und finde die Umsetzung auch sehr gelungen. Ich bin ein großer Fan von Wissenschaft und diese mit dem malerischen Charakter eines Gedichtes zu verbinden, finde ich einfach nur fantastisch. Gestern noch dachte ich mir, dass ich gerne mal wieder ein Gedicht schreiben würde aber aktuell nicht so ganz einen guten Ansatzpunkt für ein Thema finde. Da werde ich mich jetzt sicherlich zukünftig das ein oder andere Mal von deinem Ansatz inspirieren lassen und eine wissenschaftliche Thematik nehmen, mit der ich mich z.B. aktuell im Studium befasse. Vielen Dank daher auf jeden Fall schon mal, dass du dieses Gedicht hier in deinem Topic geteilt hast.

    Ich muss gestehen, nach dem ersten Sonett habe ich selbst einmal kurz gegooglet, wie ein Stern geboren wird. Weniger, weil ich mir dachte, dass du etwas falsch dargestellt haben könntest, sondern mehr weil mich der Punkt mit der Gravitation so erstaunt hat. Ich weiß, dass Massen sich gegenseitig anziehen, aber hätte nicht gedacht, dass Gas- und Staubteilchen da genug Gravitationskraft für die Geburt eines Sternes aufbringen könnten. Aber so kann man sich irren und es ist schön, dass das Gedicht mich dazu anregt mich auch nochmal selbstständig ein wenig zu dem Thema zu informieren.

    Ein bisschen gestolpert bin ich dann am Ende des ersten Sonetts über die beiden Terzette. Weniger über die Terzette für sich genommen, als über sie im Zusammenhang. Dadurch, dass das erste Terzett mit "während" beginnt, scheint der Satz am Ende des ersten Terzetts noch nicht abgeschlossen, weil noch nicht geklärt ist was denn während diesen Plasmawinden passiert. Gleichzeitig klingt das "derweil" als Beginn des zweiten Terzetts allerdings so, als würde ein neuer Satz beginnen, was einem im Zusammenhang mit dem ersten Terzett dann eben ein wenig ins Stolpern bringt. Spontan würde mir als Lösung einfallen, dass man "sich" anstatt "derweil" an der Stelle nehmen könnte. Dann klingt es mehr so, als wäre es eine Aufzählung im gleichen Satz mit dem ersten Terzett und gleichzeitig entsteht auch ein gewissen Gefühl von Tempo, was dann auch gut zu den "immer schneller[en] [...] Runden" im Vers danach passen würde.


    Zu Beginn des zweiten Sonetts habe ich zunächst ein wenig gestutzt, weil "Versiegt die nährende Energiequelle" für mich bereits eher nach Tod klang und nicht nach dem Ende der Geburt und dem Beginn des Lebens. Vor allem in Kombination mit dem Ausdruck "eines Tages", der nach einem längeren Zeitraum klingt und von mir deswegen eher mit dem Leben als mit der Geburt assoziiert wurde. Dann habe ich allerdings nachgeguckt, wie lange die Geburt eines Sternes eigentlich dauert, weil ich aus den beiden Versen heraus vermuten würde, dass Wasserstoff als sehr reaktives Element eventuell nur während der Geburt vorhanden ist., und was soll ich sagen, bei mindestens einer Millionen Jahre passt der Beginn des zweiten Sonetts auf jeden Fall zu den Fakten, auch wenn es meiner persönlichen Assoziation von Geburt bzw. Geburt im Vergleich zum Leben widersprochen hat.

    Den Rest vom zweiten Sonett finde ich insgesamt sehr gelungen. Er liest sich flüssig und bis auf den Ausdruck "später Eisen geworden", bei dem ich das Reimwort nicht ganz passend finde, aber mir fällt spontan auch kein besseres ein, finde ich es auch sprachlich sehr gut. Vor allem die zweite Strophe sticht da meiner Meinung nach positiv hervor und zeichnet mit den "tosenden Wellen" im Gegensatz zum "zarten Kern" ein sehr schönes Bild.


    Das erste Terzett des dritten Sonetts hat mich ein wenig stolpern lassen, weil ich mich gefragt hatte, was für "Massen" gemeint sind. Im ersten Moment habe ich unit als Atommasse gedacht, wobei das dann wirklich wenig wäre und ich nicht den Eindruck hatte, dass das stimmen könnte. Als ich dann die Masse eines Neutronensterns gegooglet hab, bin ich auf die Zahl 1,25 Sonnenmassen gestoßen (was ja einigermaßen an den 1,4 Massen aus dem Gedicht dran ist), wobei das auch davon abhängig zu sein scheint, welche Masse der Stern zuvor hatte. Allerdings bin ich nun inhaltlich ein wenig verwirrt von dem Terzett. Es klingt so, als würde die Umwandlung zu einem Neutronenstern den Kern zerreißen und als würde das passieren, wenn er dann mehr als 1,4 Sonnenmassen wiegen würde. Das passt nicht ganz dazu, dass ich bei meiner Suche gefunden habe, dass es auch bereits Neutronensterne mit unter 1,4 Sonnenmassen gibt. Oder ist es so gemeint, dass es sich bis zu einer Masse von 1,4 Sonnenmassen um einen Neutronenstern handelt und darüber hinaus der Kern dann zerreißen würde und es dann etwas anderes ist (da es ja auch erst ab 3 Sonnenmassen zum schwarzen Loch wird)? Falls du noch weißt, was dein Recherchehintergrund zu diesem Terzett war würde es mich sehr freuen, wenn du da meine offensichtlich vorhandene Wissenslücke schließen könntest.

    Insgesamt gefällt mir das dritte Sonett ebenfalls sehr gut und insbesondere, dass es mit einer Frage abschließt, finde ich sehr schön an der Stelle. Während zuvor sehr wissenschaftlich, wenn auch in malerischer Sprache, das Leben eines Sternes beschrieben wurde, ist "Zauber" nicht unbedingt ein Wort, was einem als erstes einfällt, wenn man an Wissenschaft denkt. Gleichzeitig zeigen die drei Sonette allerdings auch, welch wunderschöne Faszination der Welt um uns herum innewohnt und wie spannend es sein kann diese Welt mit Hilfe der Wissenschaft ein wenig besser zu verstehen. In dem Sinne drückt diese letzte Frage für mich auch eine gewisse Liebe zur Schönheit und Faszination der Wissenschaft aus, die dem Leser damit ein Stück weit mit auf den Weg gegeben wird.


    Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Kommentar eine kleine Freude machen und insbesondere hoffe ich, dass wir hier zukünftig noch mehr solch schöner Werke von dir finden werden. Dann kann ich dir auch jetzt schon mal versprechen, dass du auch wieder einen Kommentar von mir bekommen wirst ^-^

    Liebe Grüße,

    Caroit

  • Nun folgt tatsächlich im selben Monat noch ein Update; wer hätte damit gerechnet? Ich jedenfalls nicht. Zugegebenermaßen ist es auch nur ein kleines Update, welches ein Drabble beinhaltet, das ich mit der Zeit sehr liebgewonnen habe. Der Text ist im November 2021 im Zuge des Fanfiction-Chatabends zum National Novel Writing Month entstanden. Speed-Wettbewerbe gehören nicht zu meinem Spezialgebiet, erst recht nicht, wenn man neben der Erfüllung einer konkreten Themenvorgabe (hier: Farben) auch noch Wörter zählen muss. uff Und so habe ich die Abgabefrist natürlich um ein paar Minuten verpasst. War nicht das erste Mal und wird mit Sicherheit auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass mir das passiert. Wie dem auch sei, mit meinem Ergebnis bin ich jedenfalls recht zufrieden und daher froh, die zwei Minuten mehr investiert zu haben.


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    Farbenreich

    Hoch oben, weit über den Wolken, liegt ein geheimnisvolles, magisches Reich verborgen. Hier tummeln sich alle Farben von Türkis über Rot bis zu Grün und auch Braun und warten darauf, gebraucht zu werden. Kein Mensch hat diesen Ort jemals erblickt, denn zusammen bilden die Farben ein gleißendes Weiß. - "Regenbogen! Regenbogen! Wir benötigen einen Regenbogen!", schallt es durch einen blechernen Lautsprecher und schon macht sich ein Rot, ein Orange, ein Gelb, wie auch ein Grün, Blau, Indigo und Violett auf den Weg zum Ausgang, um mit Lichtgeschwindigkeit an den Ort gebracht zu werden, an dem Regentropfen auf Sonnenschein treffen.


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  • Hallo,


    ich mag die Vorstellung eines großen Reiches über den Wolken, in dem die verschiedenen Farben leben können. Es hat direkt etwas Magisches an sich zu wissen, dass der Regenbogen nicht ausschließlich einer physikalischen Erscheinung zugrunde liegt, sondern eben etwas mehr dahinter steckt. Plötzlich wirkt das Erscheinen eines Regenbogens schon fast wie perfekt koordinierte Arbeit, die zuhauf und in Zusammenarbeit mit Sonne und Regen erledigt werden muss, um den Menschen eine Freude zu machen. Diese Darstellung ist dir in dem Text jedenfalls gelungen und ich denke, dass die zusätzlich investierte Zeit in jedem Fall Früchte getragen hat.


    Wir lesen uns!

  • Nachdem der September bei mir ein wenig brach lag, folgt im herbstlichen Oktober hingegen wieder ein Update in dieser Sammlung. Die Tage werden stetig kürzer, während die Dunkelheit immer mehr um sich greift, und da diese Jahreszeit oftmals mit schaurigen Geschichten in Bezug gesetzt wird, dachte ich mir, dass es vielleicht ganz passend wäre, hier zwei Black Stories zu veröffentlichen, die ich vor einiger Zeit für einen Chatabend geschrieben hatte. Zugegebenermaßen sind diese Kurzgeschichten keine gruseligen Gespenstererzählungen, aber ich hoffe dennoch, dass sie ein wenig unterhalten. Für all diejenigen, die vielleicht nicht wissen, was denn nun Black Stories genau sind, sei gesagt, dass diese auf einem Spiel beruhen, bei dem eine morbide oder tragische Geschichte angeteasert wird, die dann durch geschickte Fragen an die Spielleitung nach und nach gelüftet wird, bis am Ende bekannt ist, wie es zu dem fatalen Ende kommen konnte. Die hier veröffentlichten Kurzgeschichten spielen sich in der Pokémon-Welt ab, was für ein Forum wie dieses sicherlich nichts Ungewöhnliches ist - für mich persönlich hingegen schon, da ich hier zum ersten Mal einen Text mit Pokémon-Bezug erdacht hatte. Ich hoffe, das Ergebnis findet Anklang. ^-^

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    Weil sie sich im Ton vergriff, kamen bei einem Konzert Dutzende zu Tode.


    Auf einem Open-Air-Festival am Rande einer Kleinstadt sollte an einem Abend ein Orchester auftreten. Da das Instrument einer Flötistin zur Wartung beim Instrumentenbauer war, griff diese auf ein Ersatzinstrument zurück, das ihr vor langer Zeit in einem unscheinbaren Musikgeschäft durch seine außergewöhnliche Beschaffenheit ins Auge gefallen war. – Nachdem sich die Besucher:innen an den zahlreichen Imbissständen auf dem Festivalgelände mit allerlei Leckereien verköstigt hatten, sollte das Konzert endlich anfangen. Die Musikerin war sich jedoch nicht bewusst, dass es sich bei ihrer Flöte, die an diesem Abend zum ersten Mal vor Publikum zum Einsatz kam, um eine Pokéflöte handelte. Als sie nun zu spielen begann, erreichte der liebliche Klang nicht nur die zahlende Zuhörerschaft sondern auch ein Relaxo, das in einem angrenzenden Waldstück in tiefen Schlaf versunken war. Von der bezaubernden Melodie geweckt, stieg dem hungrigen Pokémon sofort der Duft von gebratenen Würstchen, würzigen Suppen und frittiertem Fisch in die Nase. Da Fressen neben Schlafen Relaxos Hauptbeschäftigung darstellt und ihm nach der Zeit im Reich der Träume ziemlich der Magen knurrte, folgte es übellaunig, jedoch zielgerichtet, dem Duft der Speisen und der wundersamen Melodie der Pokéflöte. Am Festivalgelände angekommen, stürzte es sich blind vor Hunger sofort auf all die Leckerbissen, die dort feilgeboten wurden. – Wie viele Festivalbesucher:innen durch Relaxo zerquetscht und wie viele durch die durch das Pokémon ausgelöste Massenpanik zu Tode getrampelt wurden, ließ sich im Nachgang nicht ermitteln. Das Relaxo wurde von den zu Hilfe gerufenen Sicherheitskräften in eine nahegelegene Safari-Zone verbracht, während zum Gedenken an die Opfer dieser Tragödie am Stadtrand ein Denkmal errichtet wurde.



    Erst kam der Neid, dann der Tod. Hätte er doch nur auf diesen technologischen Schnickschnack verzichtet, wäre er heute womöglich noch am Leben.


    Schon seit vielen Jahren forschten die rivalisierenden Wissenschaftler Professor Bonsai und Professor Gummibaum an der Erschaffung künstlicher Pokémon. Dabei konnte Professor Bonsai es kaum ertragen, dass Professor Gummibaum oft zu Vorträgen nach Johto sowie Kalos eingeladen wurde und seine Aufsätze zudem im renommierten Wissenschaftsmagazin "Pokémon – Das offizielle Magazin" veröffentlicht wurden, während ihm trotz seiner Genialität nur wenig Anerkennung zuteilwurde. – Nach einem langen Arbeitstag wollte er nur noch ein wenig vor dem Fernseher entspannen und seine Lieblingssendung "Eisenbahnromantik – Vier Jungen laufen ein Bahngleis entlang" schauen. Doch stattdessen lief eine Sondersendung mit Pia und Udo, in der bekannt gegeben wurde, dass Professor Gummibaum aufgrund seiner bahnbrechenden Forschung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden solle. Als Professor Bonsai davon erfuhr, brannten bei ihm die Sicherungen durch. Er nahm sich eines seiner Porygon, programmierte ihm den Befehl ein, Professor Gummibaum zu töten und schickte es, versteckt in einer perfiden E-Mail, in der er seine Glückwünsche zur bevorstehenden Auszeichnung ausdrückte, an seinen ahnungslosen Kollegen. Als der arme Professor die E-Mail in seinem Labor öffnete, materialisierte sich Porygon und griff ihn mit Triplette an. Professor Gummibaum erlag im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Nachdem das Pokémon zu seinem Besitzer zurückkehrte, erhielt es von diesem ein Upgrade, um alle Spuren zu beseitigen. Wenige Tage später konnte Professor Bonsai der Pokémon-Zeitung entnehmen, dass die Polizei davon ausgeht, Professor Gummibaum sei durch ein missglücktes Experiment zu Tode gekommen und dass der Vorfall daher als tragischer Arbeitsunfall eingestuft werden würde. Am selben Abend klingelte sein Telefon. Ob er im Mai einen Vortrag auf dem Kongress in Teak City halten könne? Er zögerte keine Sekunde und sagte sofort zu.


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  • Passend zur Jahreszeit, die sich im Oktober den dunklen Künsten und GEISTERN(!) zuwendet, wollte ich mich mal zu deinem neusten Update äußern, hi! ^-^)/


    Ich weiß tatsächlich gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal mit Black Stories in Berührung kam, das muss damals in der Schule noch gewesen sein, aber die groben Erinnerungskörnchen lassen ein positives Erlebnis erahnen. Allgemein ist Rätseln aber auch einfach schön und ich muss sagen, dass der Text über den vergriffenen Ton tragisch wie kreativ ist, aber das gehört zur Kunst wohl auch dazu, hehe. Drama baby. Finde es auch spannend, dass Relaxo hier gelockt wird und nicht wütend ist. In meiner Vorstellung mögen Relaxo den Klang nicht und ich bin dann davon ausgegangen, dass es wütend durch die Meute stürmt, in dem Fall hat es aber eher eine fast hypnotische Wirkung. Der schöne Klang und das Magenknurren. Ein Relaxorausch wie im Anime, wo er auch nicht aufzuhalten ist. Hab Relaxo bei Hunger auch eher launisch vor Augen irgendwie, da erwacht das Biest in ihm zum Leben. Finde die pointierten Beschreibungen aber sehr passend wie bei einem kleinen Zeitungsausschnitt und die Note am Ende mit dem Denkmal recht passend, weil es irgendwie die Brücke von der Überschrift zurück in unsere Welt schlägt. Also ohne Wissen um den Pokémon-Bezug wäre ich auf diese Lösung nie gekommen und ich frage mich echt, ob ich selbst mit Wissen um den Bezug zu Pokémon auf die Hintergründe der Story gekommen wäre, weil die Umsetzung sehr spannend ist. Brutale Tode übrigens, uff. Also das wünscht man echt keinem, scheinbar wird sogar niemand dafür zu Rechenschaft gezogen, so wie das klingt, uff. Aber das sollen ja auch eher spaßige Geschichten mit düsteren Toden werden, dafür passt es recht gut und der einleitende Satz zur Story lässt viel Spielraum für Interpretation, was für Black Stories natürlich super ist.^^


    Die zweite Story wird noch düsterer gefühlt, uff. Die wäre auch wirklich tricky zu knacken, gerade mit einem Porygon, das sich erst materialisieren muss und einer tödlichen Pokémon-Attacke. Auch irgendwie gleichzeitig mit den menschlichen Gefühlen und diesem Neid, der in solche drastischen Methoden umschlägt, wirkt düster real, leider. Umso mehr noch, dass die Welt sich am Ende weiterdreht und letztendlich jemand anderes dann eingeladen wird. Mir kam beim Telefon am Ende sogar der Gedanke, dass er das nächste Ziel ist oder der Professor noch im Geheimen lebt und jetzt sich alles umdreht, aber scheinbar ist es kein ewiger Zyklus aus Rache. Wobei natürlich auch gut ein dritter Baum im Bunde sein Unwesen treiben könnte … in einer Fortsetzung?! Nein Spaß, aber dieses Fressen und dann kommt der nächste in der Reihenfolge und dann könnte wer anders neidisch sein, das gab mir schon sehr unangenehme Vibes, weil es so real wirkt, vielleicht gerade in dieser Verbindung mit der sonst utopisch-friedlichen Pokémon-Welt, echt scary. Kannte ich in einer solchen Form auch gar nicht, irgendwie eine interessante Erfahrung, nächstes Mal sollte ich erst rätseln oder grübeln und dann den Text lesen, haha. Zwar soll man sich mit Fragen verhelfen, aber ich hätte mir wirklich vorher erstmal denken sollen, worüber es sein könnte, das macht es dann noch spaßiger, denke ich. Passend für Black Stories auf jeden Fall und präzise mit Worten umgesetzt durch die deutliche Sprache und keinen Details, die vom Kern ablenken. Fand ich auf jeden Fall interessant und da ich alles Richtung Quizze oder manchmal auch Rätsel mag, habe ich es gleich noch mehr genossen mich damit zu beschäftigen, danke! Bin gespannt, was als nächstes in deinem schönen Topic kommt, bis dann! o/

  • Nachdem es vor ein paar Tagen so schön geschneit hatte, habe ich direkt meinen Rucksack gepackt, um durch die weiße Winterlandschaft zu wandern. Während ich so bergauf und bergab durch den verschneiten Wald lief, musste ich beim Anblick der schneebedeckten Tannenzweige und der von Frost überzogenen Spinnweben an ein Drabble denken, das ich 2021 für die Valentinsaktion hier im Forum geschrieben hatte. Das Drabble handelt nämlich von einer Schneeflocke und irgendwie fand ich daher den Zeitpunkt recht passend, um den Text in meiner Sammlung zu veröffentlichen. Die Idee zu der Geschichte geisterte mir schon lange im Kopf herum; dennoch dauerte es ziemlich lange, bis das Werk endlich abgeschlossen war, was unter anderem daran lag, dass ich teils tagelang über einzelne Verben und Adjektive nachgedacht habe, bis ich mich schließlich mit einem zufrieden gab. Am Ende ist zur Abwechslung aber auch mal ein Text herauszukommen, mit dem ich voll und ganz im Reinen bin - was doch eher selten vorkommt. Ums kurz zu machen: Ich habe die Geschichte sehr gern. Vielleicht gefällt sie ja nicht nur mir.

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    Erfüllung

    Es geschah in einer dunklen Winternacht, dass eine kleine Schneeflocke von einem eisigen Windhauch auf die Erde hinabgeweht wurde. Vor Neugierde klirrte sie vergnügt. Der Wind trug sie an ein Fenster, hinter dem Kinder spielten und lachten. Das gefiel der Schneeflocke und sie versuchte, auf sich aufmerksam zu machen. Doch niemand schien von ihr Notiz zu nehmen. Da fing die Schneeflocke an zu weinen. Tränen kullerten ihr über die Wangen und benetzten das Fensterglas mit einem nassen Schleier. – Am nächsten Morgen war die Schneeflocke verschwunden. Die Eisblume jedoch, die vom Fenster aus herüberschaute, behielten die Kinder noch lange in Erinnerung.


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  • Huhu, cutie! Ich habe gerade dein Werk »Erfüllung« gelesen und fand es sehr schön (wenn auch traurig) und wollte dir deswegen ein paar Gedanken dalassen. Passenderweise sitze ich nämlich grad an meinem PC mit einer heißen Schokolade (die mittlerweile eigl. eher lauwarm ist xd) und habe auch einen kleinen Spaziergang hinter mir. Zwar leider ohne Schnee, weil es dafür bei mir etwas zu warm ist, aaaber in Gedanken lag auch Schnee hier.


    Yay, ein Einworttiel. Ich liebe Einworttitel! Ich glaube, das weiß mittlerweile aber gefühlt eh jeder, weil ich das ständig sage, wenn ich irgendwo hier im Bereich einen entdecke, lel. Aber ich kann mir auch nicht helfen; ich bin einfach immer sofort voller Gedanken, wenn ich Einworttitel lese und das bedeutet, dass ich auch viele verschiedene Interpretationen im Kopf präsent habe und damit auch generell direkt tausend Gedanken, haha. Und genau mit denen bewerfe ich dich jetzt - wie in einer Schneeballschlacht.

    Erfüllung als solche ist im ersten Moment ja etwas Tolles. Zumindest denke ich daran, dass man etwas geschafft hat, worauf man schon lange hingearbeitet hat. Wobei es hier nicht unbedingt eine "aktive" Tat oder Sachverhalt sein muss. Manchmal erfüllt einen ja auch einfach ein bestimmter Gedanke oder etwas, woran man erinnert wird. Lustigerweise bin ich hier aber direkt von einem aktiven Vorgang ausgegangen - also etwas, das am Ende passiert. Das es ein tatsächliches Ende ist, nun, damit habe ich retroperspektivisch zu Beginn nicht gerechnet, aber das passt nur umso besser zum Titel.


    Es hat eine gewisse bittersweet Sadness in sich, was ich sehr mag. Generell möchte ich direkt positiv hervorheben, wie schön sich das Werk insgesamt liest. Der rote Faden ist vorhanden und nimmt einen schon gerade zu sanft an der Hand und führt einen durch die wenigen Worte. Auch der Umschwung am Ende. Von dem etwas niedlichen und fast schon kindlichen zu einem doch sehr ernsten und gar traurigen Thema. Etwas, was man auch super auf einen jeden ableiten kann. Die versteckte Botschaft (bzw. eine der versteckten Botschaften; ich denke, du hast gar mehrere eingebaut?) ist sehr greifbar. Zumindest habe ich mich darin wieder erkennen können; etwas, was diesem Werk also auch direkt eine sehr persönliche Verbundenheit bzw. Bezug geschenkt hat. Das ich mich als Leser sehr gut mit der Schneeflocke identifizieren konnte, gab dem gesamten Werk nochmal so viel mehr ... Tiefe.

    Einerseits habe ich mich in einer jüngeren Version von mir selbst gesehen - ein junges Mädchen, was in seiner Schulzeit unbedingt dazugehören wollte. Dabei sein wollte! Aber letztendlich nicht gesehen wurde und mehr für sich allein war, weil sie schlicht "anders" war. Ich denke, das ist etwas, was sicherlich schon der ein oder andere erlebt hat und ich kann zumindest von mir sagen, dass ich die Verzweiflung und die Traurigkeit darüber auch sehr in der Schneeflocke nachempfinden konnte.

    Andererseits hat es mich an die generelle Thematik des Abschieds bzw. des Tods erinnert. Eventuell auch durch kürzliche Erlebnisse in meinem Leben. Das ist vom Grundkern her zwar was völlig anderes als im Werk, aber der Tod als solches als Oberthematik- well. Jedenfalls erlebt man es auch relativ oft, dass erst wenn jemand "weg" ist, einem auffällt, was für einen Impact er eigentlich im Leben von anderen hatte. Sei es durch seine Anwesenheit, die man als selbstverständlich angesehen hat oder dadurch, dass er bestimmte Dinge gemacht hat, die man nie wirklich mitbekommen hat. Und erst, wenn diese Dinge fehlen, fällt einem auf, wie wertvoll sie eigentlich waren. Hier im Fall der Schneeflocke ist es nochmal ein bisschen anders; nämlich dass der "Tod" eben jener mit der Verbindung der Trauer und der darauffolgenden "Wandlung" für Andersartigkeit gesorgt hat. Anders zu sein als die anderen Millionen Schneeflocken, die auf den Boden fallen im Winter. So viele, dass man sich nicht die Mühe macht, jede einzelne anzusehen. Für eine eigenständige Persönlichkeit zu sehen. Sie sind einfach da und man achtet nicht wirklich auf sie, weil man sie als selbstverständlich ansieht. Aber die Eisblume am Fenster - die ist anders. Neu. Nicht oft da oder vielleicht schon; aber hier scheint sie einfach besonders zu sein. Und wird dadurch natürlich auch gesehen. Das die Schneeflocken als solche sich selbst erst aufgeben musste, ist ein Opfer, was im ersten Moment vermutlich nicht gesehen wird vom Betrachter.


    Oof. Das gesamte Werk ist so ... ich kann es nicht mal richtig benennen. Es steckt so viel Wahrheit und so viel Schmerz und Trauer darin. Zumindest in der Art, wie ich es interpretiert habe. Und ngl, das ist eines der Werke, was mir in der nächsten Zeit nicht mehr aus dem Kopf gehen wird. Nicht nur, weil ich michst darin wiederfinden konnte, sondern auch, weil ich nun darüber nachdenke, dass man seinen Mitmenschen vermutlich viel zu selten sagt, dass man froh ist, dass sie da sind und das sie ... einfach sie selbst sind. Und eben das auch völlig ausreichend ist. Das man sie genau dafür wertschätzt und liebt. Und das sie sich nicht ändern müssen, um gesehen zu werden. Gewissermaßen spricht da indirekt auch eine gewisse Einsamkeit aus dem Werk. Das man einer von unzählig vielen ist, aber trotzdem irgendwo auch allein. Die Botschaft, die ich für mich mitnehme ist, dass ... man die richtigen Menschen finden muss, die einen sehen. Und das man das niemals vergessen sollte; das es immer eine Person gibt, die einen sieht. Für das was man ist und auch sein will. Und das man seine Energie und Zeit (sein Leben als solches) nicht daran verschwenden sollte, dass bei Personen erreichen zu wollen, die einen erst dann sehen, wenn man gar nicht mehr man selbst ist.


    Ein unglaublich tolles Werk. Danke, dafür! Definitiv eines meiner Lieblingswerke der letzten Zeit. ♥

    Ich hoffe, wir lesen uns soon! Und viel Spaß beim weiteren Schreiben.


    Kramurx

  • Neues Jahr, neues Update. Dieses Mal handelt es sich um eine Kurzgeschichte, die ihm Rahmen des Bisavision Schreib Contest im vergangenen Spätfrühjahr (was für ein Wort) entstanden ist. Im Grunde wollte ich meine Kommentare zu den Werken der Gruppe, die ich zu der Zeit im Wettbewerb mit einer Punkteabfolge bewerten musste, mal nicht klassisch in kurzen Texten untereinander reihen, sondern diese in eine kleine Geschichte einweben. Diese spielt sich in dem beschaulichen Städtchen Floßbrunn ab, deren Vertreter ich bei diesem Fanfiction-Wettbewerb war, und ist natürlich thematisch voll und ganz auf den Bisavision ausgerichtet. Den größten Teil des Schreibprozesses hat hierbei die Recherche ausgemacht, in die doch mehr Zeit geflossen ist, als ich zu Anfang gedacht hätte. Ich denke aber, dass sich diese ausgezahlt hat, da das Niederschreiben des Textes am Ende sehr leicht von der Hand ging. Zum einem wurde der Fokus auf Pia und Udo gelegt, die als Interviewerin und Kameramann durch die Geschichte führen, und sich darauf konzentriert, welcher Aussagen und Floskeln sich die Beiden in den Spielen bedienen. Zum anderen wurde sich näher angeschaut, was für Menschen denn eigentlich in Floßbrunn leben, was sie zu erzählen haben und wo sie innerhalb der schwimmenden Stadt zu verorten sind, damit die Reise durch diesen maritimen Ort in Hoenn halbwegs schlüssig verläuft. Dazu galt es dann natürlich noch, in den Dialogen eigene Eindrücke zu den literarischen Werken der Wettbewerbsteilnehmenden unterzubringen, die ebenfalls Orte der Pokémon-Welt repräsentieren. Zum besseren Verständnis, welche Abgabe sich hinter welcher Stadt befindet, lohnt es sich auf jeden Fall, einen Blick ins entsprechende Thema im Fanfiction-Bereich zu werfen. Nun aber genug zum Hintergrund der nachfolgenden Kurzgeschichte und viel Spaß beim Lesen!

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    Ein Tag in Floßbrunn

    Ein Boot legt seicht hin- und herwiegend an einem der Pontons an. Schon wird ein Steg über die Reling geschoben und verhakt sich zwischen zwei breiten Baumstämmen. Eine zierliche Person mit modischem Kurzhaarschnitt erscheint auf dem Deck und eilt in Tippelschritten über die Gangway, während ihr luftiges, türkises Oberteil hinter ihr herweht. "Udooooo", ruft sie in die salzige Meerluft hinaus. Hinter ihr eilt ein junger Kerl mit Baseballcap über den wackeligen Steg, eine klobige Kamera fest umklammert unter dem rechten Arm. "Udo, wir haben doch keine Zeit, der Wettbewerb ist schon in vollem Gange." Udo nickt. Routiniert bereitet er die Kamera für ihren Einsatz vor, während sich seine Kollegin in Position bringt. "Sind wir auf Sendung, Udo?" Udo nickt.



    "Hallo! Heute besuche ich ein Gebiet in der Nähe von Route 131, nämlich den beschaulichen Ort Floßbrunn. Wir versuchen, ein paar Stimmen zum aktuell laufenden BSC einzufangen. Unsere Kamera ruht auf dem Angler hinter mir. Etwas an diesem Angler hat unser Interesse geweckt." Leicht verwirrt dreht sich der Angler zur Kamera und bemerkt gar nicht, wie ihm ein Karpador von der Angel hüpft. "Ich wusste sofort, dass wir hier einen ganz besonderen Angler vor uns haben. Die beste Art, das Können eines Anglers festzustellen, ist ... ihn nach seiner Meinung zum Beitrag von Xeneroville zu fragen, Floßbrunns Nachbarort im Osten, von wo wir gestern mit unserem Boot aufgebrochen sind." Der Angler kratzt sich am Kinn, bevor er seine Antwort formuliert: "Nun, das Thema Zeit hat mich direkt angesprochen; vergeht ja recht viel davon, während ich hier am Wasser sitze und darauf warte, dass etwas anbeißt. Den Begriff Kairos habe ich über die Jahre verinnerlicht, spielt er doch eine elementare Rolle in meiner Profession. Zu entscheiden, wann der günstigste Zeitpunkt ist, um an der Angelrolle zu kurbeln, hat Auswirkungen darauf, ob ich ein Wasser-Pokémon am Haken habe oder nicht. Drehe ich zu früh, hat das Karpador vielleicht nur einen Probebiss getan und den Köder noch gar nicht geschluckt; lasse ich zu viel Zeit verstreichen, reißt sich das wehrhafte Wailmer wieder los und ich gehe leer aus. - Waren Sie mal in der Küstenhöhle bei Route 125? Letztes Jahr, war ich dort zum Eisfischen im Urlaub. Irgendeinen Ausgleich braucht man ja mal zu der Arbeit hier. Was ich nicht wusste ... die Höhle ist von Gezeiten geprägt. Ebbe und Flut entscheiden darüber, welche Höhlenabschnitte passierbar sind und das Verstreichenlassen des optimalen Zeitkorridors kann lebensbedrohliche Folgen haben. Das hat für mich nochmal die Wichtigkeit von Kairos vergegenwärtigt und eine neue Dimension in der Betrachtung des Phänomens aufgetan. Hat mich wirklich sehr gefreut, zu sehen, dass man sich auch in Xeneroville ausgiebig mit dem Konstrukt Zeit beschäftigt, auch wenn Kairos hier in einer anderen Form Ausdruck findet als die Gedanken, die ich mir tagein, taugaus mache, während ich hier stehe und meine Angel auswerfe."


    Pia quittiert die Ausführungen des Anglers durch überschwängliches Nicken, entzieht ihrem Gesprächspartner das Mikrofon und wendet sich wieder der Kamera zu. "Mein Gefühl hat mich nicht getrogen. Der Angler ist wirklich erstaunlich. Vielen Dank für diese Impressionen zur BSC-Abgabe aus Xeneroville. Wir müssen dann auch weiter, Zeit ist schließlich kostbar." Sie gibt Udo ein Zeichen, der daraufhin die Kamera senkt und schnellen Schrittes begeben sich die Beiden in Richtung einer kleinen, hölzernen Behausung, die auf ihrem Floß von seichten Wellen hin- und hergeschaukelt wird. Entschlossen tritt die Reporterin durch die Tür und Udo tut es ihr nach. An einem Fenster steht ein alter, glatzköpfiger Mann mit Rauschebart und blickt in die Ferne. "Sind Sie gekommen, um mich zu fragen, ob ich es sehen kann?" Pia und Udo schauen einander fragend an, bevor der Kameramann das Wort ergreift. "Ob Sie was sehen können?" - "Na, Wundereiland." - "Nun, können Sie es denn sehen?" - "Nein." Da fällt es der Reporterin plötzlich wieder ein, dass sie ja diejenige sein sollte, die hier die Fragen stellt und sie unterbricht den Dialog der beiden Männer mit einem Räuspern sowie einem Handzeichen an Udo, das wohl so viel heißen sollte wie, dass er sich mit der Kamera in Position bringen solle. "Wir besuchen heute das malerische Städtchen Floßbrunn, um ein paar Impressionen zum aktuellen BSC einzufangen. Würden Sie uns verraten, wie Sie den Auftritt von Illumina City wahrgenommen haben?" Stille durchflutet den Raum, doch nach ein paar Sekunden, die dem Reporterteam wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen ist, findet det alte Mann doch noch seine Sprache wieder: "Die Legende von Xerneas und Yveltal enthält eine wichtige Botschaft. Sie darf nicht verloren gehen, sondern muss von Generation zu Generation weitergegeben werden. Neid und Gier ist Gift für die Gesellschaft; sie zerfrisst uns von innen und lässt nichts Gutes entstehen. Es erfüllt mich daher mit Freude, dass die Menschen in Illumina City ihre Geschichte in Ehren tragen, mag es sich nur um eine Legende handeln oder um eine wahre Begebenheit. Entscheidend ist ohnehin die vermittelte Botschaft und die ist, denke ich, bei allen Zuschauern des BSC angekommen. Ach, wie gerne würde ich mal nach Illumina City reisen, um die Stadt vom Prismaturm aus zu betrachten ... aber am Ende taucht sie auf, just wenn ich nicht daheim bin. Also bleibe ich lieber hier und lasse mich von Illumina Citys diesjährigem Beitrag in Gedanken auf Reisen mitnehmen."


    Pias Blickt schweift nachdenklich zum Fenster, hinter dem das Meer in der Sonne glitzert. "Ich verstehe, ich verstehe. Sie sind drauf und dran, eine unschätzbare Entdeckung zu machen ... in jedem Fall vielen Dank für Ihren Wortbeitrag, der zum Nachdenken anregt. Wir wollen Sie dann auch gar nicht weiter vom aus-dem-Fenster-Starren abhalten und würden dann weiterziehen." Schon will sie ihrem Kollegen ein Zeichen geben, doch da hat Udo die Kamera bereits verstaut. Ehe sich der alte Mann versehen kann, fällt auch schon die Tür ins Schloss und das Reporterteam atmet wieder frische, salzige Meeresluft. Etwas mulmig dreinblickend balancieren die beiden über einen breiten Baumstamm, um die nächstgelegene Plattform zu erreichen, in deren Mitte sich ein einladendes Häuschen präsentiert. An einer der Wasserkanten rundherum sitzt ein Kind und lässt die Beine über dem kühlen Blau baumeln. Es dreht sich zu den unbekannten Gästen um, die auf die Eingangstür zusteuern und bekommt plötzlich ganz große Augen, als es sieht, was an Udos Gürtel baumelt. "Ist das ein Pokédex? Hast du schon viele verschiedene Pokémon getroffen?" Udo kommt abrupt zum Stehen und schaut an sich runter bis sein Blick das rote Hightech-Tool fixiert. "Hm, ja, ich denke schon. Durch meine Arbeit komme ich viel in Hoenn rum." Da leuchten die Augen des Kindes auf und voller Bewunderung - jedoch zugleich nicht ohne Wehmut - entfährt ihm: "Ich wollte, ich wäre wie du ... gestern habe ich den Beitrag von Baumhausen City beim BSC verfolgt und da hatte ich direkt Lust, meinen Rucksack zu packen und in die große, weite Welt hinauszuziehen. All die Käfer-Pokémon, die es dort zu entdecken gibt! Hier sehe ich beim Schwimmen den lieben langen Tag nur Karpador, Tentacha und ab und zu ein Wailmer. Und natürlich die Wingull, die Floßbrunn ihre Heimat nennen. Wenn man's genau nimmt, ist Floßbrunn genau wie Baumhausen City auf Bäumen gebaut, aber die Bäume hier sind schon lange tot und bieten keinem einzigen Käfer mehr Unterschlupf. Wie gerne würde ich mal statt des Meeresrauschens das Rauschen der Bäume hören, deren Kronen sich wie Wellen im Wind wiegen. Und wie gerne würde ich das grasgrüne Blätterdach mit meinen eigenen Augen sehen, von dem im Beitrag der Stadt die Rede ist. Das wäre mal etwas Abwechslung zum Blau, das den Alltag hier dominiert ..." Da ergreift Pia das Wort, die auf halbem Weg zwischen Haus und Kind zum Stehen gekommen ist: "Vielen Dank, dass du uns an deinen Gedanken teilhaben lassen hast. Das wird unsere Zuschauer sicherlich erfreu- ... moment ... Udo! Die Kamera läuft ja gar nicht! Das müssen wir nochmal machen. Kindchen, kannst du deinen Text gleich noch einmal aufsagen?" Das Kind verdreht die Augen, spielt am Ende aber mit und nachdem die Interviewszene endlich im Kasten und die Einverständniserklärung unterschrieben ist, klopft das Reporterteam auch schon an der verschlossenen Tür des runden Häuschen.


    Hinter der Holzfassade lässt sich das Klackern von Absätzen vernehmen, das immer lauter wird, bis schließlich vor Pias Nasenspitze die Tür aufgeht. Udo hat sich derweil schon mit der Kamera hinter seiner Kollegin positioniert. Eine zierliche Dame in rosa Bluse und weißem Rock steht vor ihnen, streicht sich ihr brünettes Haar, das eine lila Blüte ziert, hinters Ohr und fragt die Zwei, wie sie ihnen weiterhelfen könne. Pia räuspert sich kurz und ergreift dann das Wort: "Oh, ich schulde Ihnen eine Erklärung. Wir reisen durch das Land und führen mit BSC-Zuschauer:innen Interviews. Würden Sie uns auch etwas von Ihrer Zeit zur Verfügung stellen? Mich würde interessieren, ob sie den Auftritt von Herzhofen verfolgt haben?" Der jungen Frau huscht ein Lächeln übers Gesicht: "Gerne. Natürlich habe ich die Performance von Herzhofen gesehen, was für ein Auftritt! Wissen Sie, ich wollte selbst schon seit langem mal ein Cosplay tragen, habe mich aber bisher nicht so recht getraut. Die Darbietung hat mir aber noch mal einen Stups in die richtige Richtung versetzt und nun werde ich nächsten Monat zum Pokémon-Cosplay Wettbewerb Live! nach Seegrasulb City reisen. Mit welcher Detailverliebtheit und Ausdrucksstärke die Verwandlung begleitet wurde, hat mich einfach begeistert. Zudem fand ich es wirklich schön, wie unterstrichen wurde, dass man sich selbst nicht in der Verwandlung verliert sondern seiner Persönlichkeit im Cosplay Ausdruck verleiht. Das hat mir einfach Mut gemacht, mich mal völlig anders zu präsentieren als ich es für gewöhnlich tue. - Oh, übrigens ... ich suche noch nach einem Blubella für meine Show. Würden Sie eines gegen mein Corasonn tauschen?" Die Reporterin legt ihre Stirn in Falten: "Ich besitze leider kein Blubella, aber geben Sie nicht auf! Sie werden schon noch eines finden und wir Sie weiter im Auge behalten!" Sie senkt ihr Mikrofon, bedankt sich bei der Dame, die ihr Rede und Antwort gestanden hat, und wünscht ihr noch viel Glück für den kommenden Wettbewerb. Die Tür schließt sich wieder und das Fernsehteam macht sich auf den Weg, weitere Stimmen zum Event des Jahres zu sammeln.



    Udos Blick fällt auf einen Jungen, der gedankenverloren Löcher in die Luft starrt. Er tippt seiner Kollegin mit der freien Hand auf die Schulter und nickt mit dem Kopf in die Richtung des Knirpses. Schon begibt sich die Reporterin forschen Schrittes auf ihn zu und lächelt ihn freundlich an: "Entschuldigung, dürfte ich dich rasch zum BSC interviewen?" Der Junge nickt. "Wunderbar! Danke! Okay. Wie würdest du deine Gefühle hinsichtlich des Auftritts von Schatzstadt beschreiben? Kurz und nett, bitte." Ohne lang zu zögern, fängt das Kind an zu reden: "Zwischen Floßbrunn und Graphitport City gibt es eine reißende Meeresströmung. Wenn du dort Surfer unbedacht einsetzt, kann es sein, dass du mitgerissen wirst. Genau so hat mich die Abgabe von Schatzstadt mitgerissen. Beim Anfang habe ich mich direkt zu Hause gefühlt, dann ging es aber in für mich gänzlich unbekannte Gefilde. Sich einer Gilde anzuschließen, um Geld für Fruchtgummis anzusparen, klingt schon sehr verlockend. Für Süßes bin ich halt immer zu haben. - War das kurz und nett genug?" Udo schaut hinter seiner Kamera hervor: "Du bist ein Naturtalent! Du gibst mir erstklassiges Bildmaterial!" Die Drei wechseln noch ein paar Worte untereinander, dann balancieren die Journalistin und ihr Kameramann auch schon über den nächsten Steg, der sie zur gegenüberliegenden, schwimmenden Insel führt. Das Haus, das hier steht, erweckt einen pompöseren Eindruck als die bisherigen, die die Beiden besucht haben, unterscheidet sich ansonsten aber kaum in seiner Bauart von den anderen. Dass die Eingangstür einen Spalt breit offensteht, ist der Reporterin nicht entgangen und so verschwindet sie über die Türschwelle rasch ins Innere. Im Wohnzimmer entdeckt sie einen älteren Herrn, der es sich hinter einem flimmernden Fernseher auf der Couch gemütlich gemacht hat. Für den Bruchteil einer Sekunde gleitet sein Blick zur Frau mit dem roten Mikrofon, klebt dann jedoch wieder am Bildschirm. "Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie nicht angemessen begrüße, aber ich verfolge gerade den Auftritt von Marmoria City. Eine fesselnde Performance, die hier geboten wird! Wissen Sie, ich bin der Vorsitzende des Pokémon Fan Clubs ... also eigentlich der Bruder des Vorsitzenden, aber das ist ja im Grunde fast das Gleiche, und als dieser muss ich sagen, dass die Stadt aus Kanto auf wundervolle Weise die starke Verbundenheit zwischen Trainern und Pokémon hervorgehoben hat. Einige Pokémon suchen unsere Nähe, in der Hoffnung, dass wir sie stärker machen, aber auch um unsere Liebe und Zuneigung zu bekommen und das Band der Freundschaft mit uns einzugehen. Manchmal führt dies zu einer erbitterten Rivalität unter den Pokémon, können wir doch nicht alle auf unseren Reisen mit uns führen. Zum erfahrenen Trainer, der all seine Pokémon gut behandelt und ihnen ausreichend Aufmerksamkeit schenkt, wird man nicht über Nacht, aber wer das Herz am rechten Fleck trägt, wird diesem Ziel mit der Zeit schon näher kommen. Es rührt mich, dass diesem Thema hier eine so große Bühne geboten wird." Der Auftritt im Fernsehen scheint zu seinem Ende gelangt sein und wird von euphorischem Klatschen des Publikums begleitet. "Ach, zeigen Sie mir doch bitte mal ihr Pokémon." Udo, der eilig mit dem Filmen begonnen hatte, holt geschickt mit seiner linken Hand einen Pokéball aus der Hosentasche, aus dem ein Magnetilo entspringt. Der ältere Herr beäugt das Pokémon näher, bevor er urteilt: "Ah! Dein Pokémon ... Es mag dich offensichtlich sehr. Ein derart liebevolles und wunderbares Pokémon verdient eine TM wie diese!" Er überreicht dem verdutzten Kameramann eine Diskette, verliert dann aber auch wieder das Interesse an den beiden unerwarteten Gästen und widmet sich erneut dem Fernsehprogramm, in dem nun vier Jungen ein Bahngleis entlanglaufen.


    Da Pia und Udo keine weiteren Interviewpartner:innen ausmachen können, beschließen sie, das Anwesen zu verlassen und die nördliche Gegend des hölzernen Archipels nach Gesprächspartner:innen zu durchkämmen. Es dauert nicht lange, bis sie abermals auf einen Jungen stoßen, der sich die Zeit vor einer reetgedeckten Hütte mit ein paar Murmeln vertreibt. Die SIlhouetten der beiden Fernsehprofis werfen lange Schatten über das Murmelspiel des Kindes und es blickt zur Reporterin und zum Kameramann auf: "Euch habe ich hier ja noch nie gesehen. Wo kommt ihr denn her?" Pia ergreift das Wort "Ja, also ..." wird dann aber abrupt vom Jungen abgeschnitten. "Aus Ja-Stadt? Das ist aber ein komischer Name für eine Stadt." Die Journalistin schließt kurz die Augen und schüttelt mit dem Kopf: "Nein, also ... ach, ist ja auch egal. Wir sind jedenfalls hier, um ein paar O-Töne zum Bisavision Schreib Contest einzufangen; würdest du uns verraten, wie dir die Teilnahme der Schneeschlucht gefallen hat?" Udos Gesicht ist bereits zur Hälfte hinter der Kamera verschwunden, während ein kleines rotes Lämpchen an deren Vorderseite aufleuchtet, als der Junge zu sprechen beginnt: "Ich habe mich durch das Werk der Schneeschlucht direkt persönlich angesprochen gefühlt und hatte das Gefühl, als wäre ich auf eine Reise mitgenommen worden. Die bildliche Sprache hat sich einfach so lebendig angefühlt. Erinnerungen an schöne Erlebnisse sind etwas Wundervolles, sie mit anderen zu teilen noch viel mehr. Es war faszinierend, vor Augen geführt zu bekommen, wie die Interaktion mit anderen den Prozess des Erinnerns beeinflussen kann. Und der Schnee! In der Hoenn-Region habe ich noch nie welchen gesehen, aber ich hoffe, dass ich irgendwann auch auf Erinnerungen mit Schnee und Eis zurückblicken und diese mit meinen Freunden teilen kann." Pia entzieht dem Jungen ihr Mikrofon und dreht sich in Richtung Kamera: "Das war ein sensationelles Interview! Hast du auch alles aufgenommen, Udo?" - "Klar, alles im Kasten!" Die Nostalgie holt sie ein und so schwelgen sie noch einen Moment in gemeinsamen Erinnerungen an ihren Kampf gegen einen Zehnjährigen, der sie vor einigen Jahren eiskalt fertiggemacht hat. Doch der Blick auf die Armbanduhr reißt sie jäh aus ihrer Gedankenwelt. "Udoooo! Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Zuschauer:innen wollen Impressionen aus Floßbrunn sehen." Da mischt sich das Kind noch einmal ein: "Wenn ihr wollt könnt ihr ja noch mit meinen Eltern sprechen, sie sind zu Hause." Der Vorschlag wird ohne zögern angenommen und so sieht man die Beiden kurz darauf auch im Haus der Familie verschwinden.


    Im Wohnzimmer steht eine Frau mittleren Alters und ist gerade dabei, eine Vase mit prächtigen Sommerblumen auf eine Kommode zu stellen. Als sie die Reporterin samt ihrer Begleitung erblickt, steht ihr die Verblüffung ins Gesicht geschrieben, die aber sogleich einem freudigen Strahlen weicht: "Oh, Sie kenne ich doch! Sie sind doch Pia und Udo, was verschafft mir die Ehre dieses unverhofften Besuches? Darf ich Ihnen einen Tee anbieten?" Die Einladung wird dankend angenommen und kurz darauf haben es sich die beiden Damen am Esstisch gemütlich gemacht, während aus den Tassen vor ihnen der Dampf von Grüntee emporsteigt. Die Kamera wurde derweil von Udo auf ein Stativ montiert, der noch einmal überprüft, ob die Szene gut eingefangen wird. Mit einem Daumen nach oben signalisiert er seiner Kollegin, dass sie mit ihrem Interview starten können. "Nun ist es nicht ganz zufällig, dass wir heute Floßbrunn einen Besuch abstatten, findet doch momentan der BSC als weltgrößte Veranstaltung statt. Mich würde interessieren, wie Ihnen das Event bislang gefallen hat." Die Interviewte umfasst ihre Teetasse mit beiden Händen, während sie nach den passenden Worten sucht. "Natürlich habe ich alles verfolgt, was bislang ausgestrahlt wurde. Ich bin hellauf begeistert vom Ideenreichtum und der Wortgewandtheit der teilnehmenden Orte. Laubwechselfeld ist mir hier besonders aufgefallen; ich konnte beim Auftritt einfach mitfühlen. Nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag voller Lärm und Trubel sehne auch ich mich nach einer ruhigen, klaren Nacht voller Stille und Einsamkeit. Nicht nur der Lärm der Stadt kommt zum Verstummen, sondern auch der in meinem Kopf, wenn ich mich abends, nachdem die Kinder zu Bett gebracht wurden, nochmal nach draußen in die angebrochene Dunkelheit stehle, und einen kleinen Spaziergang mache. Ich atme die frische Meeresluft ein, lausche dem lauen Wind und die Knoten in meinem Kopf lösen sich langsam auf. Diese Zeit, die ich ganz für mich habe - mag sie auch kurz sein - ist in der Tat unglaublich wertvoll. Offenbar sehen die Menschen in Laubwechselfeld das genauso ... Es gibt Menschen, die sagen, sie hätten ein Pokémon über Hoenn fliegen sehen. Da frage ich mich direkt: Fliegt es die ganze Zeit über herum? Muss es sich nicht auch mal ausruhen?" Pia nickt bedächtig, nippt an ihrer Teetasse und stellt sie wieder vor sich ab: "In der Tat eine berechtigte Frage, brauchen wir doch alle mal etwas Ruhe und Erholung, egal ob Mensch oder Pokémon." Sie gibt Udo ein Zeichen, dass er die Aufnahme stoppen könne und wendet sich dann wieder an die herzliche Gastgeberin: "Perfekt ausgedrückt. Ich habe das Gefühl, dass die Sendung total gut ankommen wird! Bestimmt wird sie auch hier im Video-Navi ausgestrahlt. Schauen Sie auf jeden Fall mal rein, okay? Also vielen Dank und bis bald!" Sie erhebt sich von ihrem Stuhl, bedankt sich nochmals für die ihr entgegengebrachte Gastfreundschaft und verlässt gemeinsam mit ihrem Kameramann das Wohnzimmer in Richtung Eingangstür. In einem Nebenzimmer hört sie im Vorbeigehen noch eine helle Kinderstimme rufen: "Ein Himmelspokémon! Ein Himmelspokémon!" Doch da ist sie auch schon fast wieder auf den sonnengefluteten Platz vor dem Haus zurückgekehrt.


    "Wir sollten einen Abstecher zum Pokémon-Center machen", schlägt Udo vor. "Da treiben sich doch immer Menschen jeden Alters herum." Das erscheint Pia keine schlechte Idee zu sein und so begeben sie sich zum einzigen weißen Gebäude mit rotem Dach, das sie weit und breit sehen können. Die automatischen Türen gleiten mit einem Zischen zur Seite und geben Einblick in die Empfangshalle des Gebäudes. Das Zweiergespannt tritt ein und Udo lässt die Kamera vorsichtshalber schon mal laufen. An der Rezeption hat sich eine lange Schlange an Trainer:innen gebildet, die ihre Pokémon gesund gepflegt haben möchte. Etwas abseits auf einer Bank sitzt ein Kerl mit bunt gefärbten Haaren und liest ein Buch. Pia hat ihn direkt ins Auge gefasst und steuert zielstrebig auf ihn zu. Als sie mit ihren weißen Schuhen in sein Blickfeld tritt, blickt er zu ihr auf: "Kann ich Ihnen weiterhelfen?" - "Oh, das könnten Sie tatsächlich. Würden Sie mir ein kurzes Interview zum angesagtesten Event des Jahres geben?" - "Damit können Sie nur den BSC meinen. Was für eine Show! Haben Sie den Auftritt von der Zinnoberinsel verfolgt? Ich liebe ja so lockere, humorvolle Beiträge und dieser hatte einfach das gewisse Etwas. Die Pointe war dazu wirklich gekonnt gesetzt. Musste beim Zuschauen direkt an eine Episode aus meinem eigenen Leben denken. Wissen Sie, vor ein paar Jahren kam mein Chef zu mir ins Büro und sagte, ich müsse noch dringende Sachen erledigen. Mir kam es so vor als hätte er gesagt, ich müsse noch singende Drachen erledigen. Also zog ich los, doch als ich zwei Jahre später mit dem Kopf des singenden Drachen als Trophäe wiederkam, war mein Chef alles andere als begeistert und ich wurde gefeuert. Da sieht man mal, wozu Missverständnisse führen können. Ich finde jedenfalls, dass die Zinnoberinsel die Thematik auf ihre Art und Weise ganz wunderbar herausgestellt hat. Werde mir den restlichen BSC definitiv auch noch anschauen!" - "Da sind Sie sicherlich nicht der Einzige", entgegnet Pia ihrem Interviewpartner, "ich hoffe übrigens, dass Sie mittlerweile eine neue Arbeitsstelle gefunden haben. Ihre Geschichte klingt ja furchtbar tragisch. Das war auf jeden Fall ein echt intensives Interview. Hast du alles aufgezeichnet, Udo?" Udo nickt.


    Da sich sonst niemand im Pokémon-Center zu findet scheint, der sich vor die Kamera traut, zieht es Pia und Udo wieder nach draußen und weil es der Zufall so will, treffen sie im Freien auch schon kurze Zeit später auf einen mittfünfzigjährigen Familienvater, der gerade auf dem Weg nach Hause ist, es sich aber nicht nehmen lässt, der charmanten Reporterin ein knappes Interview zu geben. "Viel konnte ich leider vom BSC noch nicht sehen, aber das werde ich ändern, sobald ich auf der Couch die Füße hochlegen kann. Ich hatte jedoch das Glück, schon das Werk von Trostu aus der Sinnoh-Region verfolgen zu dürfen. Das hat mir einfach Lust auf mehr gemacht und nun möchte ich unbedingt auch noch die Werke all der anderen teilnehmenden Orte erleben. Was mich an der Abgabe aus Trostu besonders berührt hat, ist die Zuversicht, die sie ausstrahlt. Das Ich wirkt zu Anfang so hilflos und verloren, aber dann offenbart sich plötzlich eine Hoffnung. Eine Hoffnung, die einen aus der Dunkelheit hervorholt, eine Hoffnung, die keine falschen Versprechungen macht, aber doch die Zuversicht gibt, dass man sich wieder auf dem richtigen Pfad befindet, mag er auch zuweilen beschwerlich sein. Das ist doch irgendwie tröstlich. Es passt vermutlich nicht eins zu eins, aber ich hatte selbst mal einen großen Traum: Einmal auf dem Wurfhügel des Sportstadions der Einall-Region zu stehen. Doch ehe ich mich versah, war ich auf einmal fünfzig und hatte Frau und Kinder. Da habe ich mich langsam von meinem Traum verabschiedet, bin in ein tiefes Loch gefallen und habe die Handschuhe an den Nagel gehängt ... Mittlerweile denke ich mir 'Was soll's? Bist du halt über fünfzig, na und?' und habe den Entschluss gefasst, es doch noch mal zu probieren. Wenn es am Ende nur für ein Spiel mit meinen Kindern reicht und nicht für den ganz großen Wurf, dann ist das auch okay. Zumindest habe ich dann den Mut gefasst und es versucht und muss mir von mir selbst keine Phrasen wie 'Hättest du doch nur mal ...' oder 'Würdest du doch nur ...' anhören." Pia führt ihr Mikrofon wieder zu ihrem Kinn und blickt direkt in die Kameralinse: "Haben Sie das gehört, verehrte Zuschauer:innen? Was für eine starke Botschaft." Und an ihren Gesprächspartner gewandt fügt sie hinzu: "Wir werden Ihre Karriere als Spieler im Auge behalten." Dem Herrn huscht ein flüchtiges Lächeln über die Lippen, bevor er sich verabschiedet und seinen Weg fortsetzt. Noch bevor Udo die Kamera ausschalten konnte, torkelt ein Seemann mit puterroter Nase durchs Bild. "Fleetburg isss einfach subba. *hicks*" Er schwankt besorgniserregend von einer zur anderen Seite und fällt urplötzlich mit einem großen Platscher von der Pontonkante ins Wasser. "Udo, das schneiden wir raus." Udo nickt. Mit vereinten Kräften ziehen sie den armen Tropf aus dem kühlen Nass und bugsieren ihn zum Pokémon-Center, wo er in die Obhut des medizinischen Fachpersonals übergeben wird.


    Ein letztes Mal überprüft Pia, ob ihre Frisur noch sitzt, während Udo routiniert wie eh und je die Kamera auf sie ausrichtet. Dann beginnt sie auch schon mit der Abmoderation: "Das waren Pia und Udo aus Floßbrunn, der Stadt wo die Morgensonne ein Lächeln auf das Meer zaubert. Ich gebe zurück ins Bisaboard."


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  • Hallöchen! Ich glaube, ich richte mich ab sofort in deinem Topic häuslich ein. Scheint hier absolut tolle Werke zu geben und guten Tee. Da kann ich einfach nicht nein sagen, hehe. Ich nehme mir auch einfach gern Zeit, mit anderen über ihre Werke und Gedanken zu reden - ich hoffe, es stört dich also nicht, dass ich nochmal auf deinen Rekommi im Spoiler eingegangen bin. ^-^



    So! Aber nun kommen wir doch mal zu deinem neuen Werk. Wobei "neu" natürlich nicht ganz richtig ist. Allerdings habe ich mich damals sehr über dein Werk gefreut! Und da ich es (glaube ich? xd) noch nicht kommentiert habe, geht das durchaus noch als "neu" durch. o/

    Also mal abgesehen davon, dass der Wettbewerb damals der Grund für meine Rückkehr ins Forum war, habe ich ihn auch völlig unabhängig davon genossen. Ich erinnere mich noch ziemlich gut daran, was für unfassbar gute Werke auch mit dabei gewesen sind. Und ich weiß auch noch, wie sehr mich dein Werk hier gefreut hat - wie oben bereits schon einmal erwähnt. Allein dein Gedanke dahinter hat was unfassbar Schönes an sich. Quasi ... wie so ein roter Faden des gesamten Wettbewerbs, weil du viele Abgaben erwähnt und mit eingebunden hast. Es war wie ein Verbindungsstück - wie dieser eine Song beim Eurovisionsongcontest, der vom Gewinnerland zwischendrin gespielt wird. Sicherlich ist - zumindest für mich - der ESC mittlerweile nicht mehr wirklich das, was er mal war. Aber dein Werk hat mich sehr an Glow von Madcon erinnert. Das Gefühl der Verbundenheit bei diesem Song und ESC war einfach nur toll (es war mein Lieblings-ESC tbh) und das hat dein Werk beim Wettbewerb hier im Forum einfach auch total toll widergespiegelt, idk. ♥


    Ja. Kommen wir aber mal vom Drumherum weg, haha. Ich kann auf jeden Fall schon mal vorweg nehmen, dass du allein schon große Pluspunkte gesammelt hast, weil du Udo und Pia eingesammelt hast. Meine allererste eigene Edition war damals Saphier und ich weiß noch sehr gut, wie ich die beiden Reporter total gefunden habe, weil sie immer mal wieder aufgetaucht sind und ihre Pokémon auch stärker geworden sind. Klein-Kaios fand das irgendwie super, haha. Aber ich verbinde mit der Hoenn-Region sowieso total viele schöne Erinnerungen; unter anderem übrigens auch mit Flossbrunnen.


    Eine Sache habe ich aber tatsächlich anzumerken. Und zwar die Formatierung. Vermutlich ist es ohnehin nur eine persönliche Sache, aber ich finde es sehr anstrengend zu lesen, wenn man quasi alles in einem einzigen großen Absatz zu stehen hat. Ich weiß auch nicht so ganz, woher das eigentlich kommt, aber besonders auch wenn wörtliche Rede mit drin ist, komme ich sehr oft raus beim Lesen (bzw. bin es). Das ist natürlich dennoch irgendwo eine Sache des Autors, aber wollte dir das trotzdem mal aufzeigen bzw. sagen, dass es gerade bei längeren Texten wie diesem hier doch sehr massig wirkt auf den ersten Blick und das Lesen durchaus eine Herausfoderung ist (zumindest für mich). Like es müssen gar nicht mal viele zusätzliche Absätze rein; meist macht man diese ja ohnehin nur, wenn man einen Sinnesabschnitt beendet hat. Wobei da die Regelungen (wenn man das überhaupt so nennen kann, lol) ja ohnehin sehr offen sind.


    Sonst finde ich es einfach nur bemerkenswert, was für einen Aufwand bzw. Arbeit du in das gesamte Werk gesteckt hat. Man merkt einfach auch deutlich, dass du dich mit den verschiedenen Texten auch auseinandergesetzt hast und zu jedem versucht hast, etwas individuellen zu schreiben. Und nicht etwas generisches, was man sich so nebenbei aus den Fingern saugt. Nein, es hatte Charakter und auch eine gewisse Tiefe, welche super auf die jeweilige Abgabe zugeschnitten wurde von dir (auch wenn es hier durch die fehlenden Absätze teilweise schwer war, nicht rauszukommen und klar abzutrennen zwischen Abgaben manchmal).


    Anyway. Ich finde diesen Text nach wie vor einfach nur klasse und kann eigentlich wieder nur das sagen, was ich auch schon damals gesagt habe: :heart:


    Bis zum nächsten Mal!

    Kramurx

  • Nach viel zu vielen Monaten der Stille ist es mal wieder an der Zeit für ein Update meiner Sammlung. Das nachfolgende Gedicht ist vor ein paar Jahren im Rahmen des im Forum veranstalteten Schreibturniers unter der thematischen Vorgabe Liebe entstanden. Bei diesem lyrischen Werk lag mir besonders am Herzen, das breite Spektrum des behandelten Themas herauszustellen. Angesichts der lyrischen Form erschien es mir zudem recht passend, das Ganze als Streitgespräch aufzuziehen. Das Schreiben am Text hat mir viel Freude bereitet - vielleicht überträgt sich diese ja mitunter beim Lesen. ^-^


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    Eros, Philia, Agape


    Im Garten sitzen alle drei

    Und eifern um die Wette,

    Wer denn nun die größte sei

    Auf dieser Erdenstätte.


    Die größte von uns, das bin ich,

    Verkündet Eros feierlich.

    Begierde, Lust und Leidenschaft,

    Ist‘s, was meine Glut entfacht.


    Dass ich von uns die größte bin,

    Das liegt doch völlig auf der Hand;

    Vertrauen führt zur Freundschaft hin,

    Meine Liebe hat Bestand.


    Geben, ohne zu verlangen,

    Meine Hingabe gilt allen,

    Erwidert Agape den Zwei‘,

    Wer selbstlos liebt, ist richtig frei.


    Da reicht es Mutter Liebe,

    Genervt legt sie ihr Buch beiseit‘,

    Erhebt sich von der Liege

    Und streicht sich übers Sommerkleid.


    Nun lasst doch diesen Wettstreit;

    Ihr seid mir lieb, so wie ihr seid

    Und wär' nur eine von euch fort,

    So wär' die Welt ein trister Ort.


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    Möchte abschließend auch an der Stelle wieder die Gelegenheit nutzen, um auf Kommentare, die ich bereits vor einiger Zeit zu meinem Gedicht erhalten habe, einzugehen.

  • Hallo,


    das Streitgespräch mit Eros, Philia und Agape ist recht interessant geworden. Auch wenn die verschiedenartigen Themen im Gedicht erwähnt, hat es geholfen zu verstehen, wofür die drei Begriffe eigentlich genau stehen. Unter dieser Betrachtung hast du ein zwar nicht metrisch ganz einwandfreies, aber dafür unterhaltsames Gedicht mit angenehmer Lesart geschrieben. Die Situation kann ich mir gut vorstellen, wie eine nach der anderen ihre Vorzüge präsentiert, während sie am Ende doch durch den Überbegriff zusammengehalten und zur Einigkeit angetrieben werden. Denn ganz egal, mit welcher Art man letztlich konfrontiert wird, ist es hoffentlich immer eine schöne Sache.


    Wir lesen uns!

  • Kleines Update anlässlich des Fanfiction-Chatabends zum National Novel Writing Month, der vor wenigen Stunden zu Ende ging. Auch in diesem Jahr gab es wieder einen Speedwettbewerb, bei dem ich natürlich wieder mal die Frist verstreichen lassen habe. Hatte ich ja zuvor schon mal geschafft und da auch schon angekündigt, dass es sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein wird, dass mir das passiert. Versprechen hiermit eingelöst. Gefordert war jedenfalls ein Drabble unter der thematischen Vorgabe "Regentropfen", das es zwar nicht in den Wettbewerb, aber dafür nun in meine Sammlung geschafft hat. Viel Spaß beim Lesen!


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    Pfropfenproblematik


    Durch die Decke hör' ich die Tropfen stetig gegen's Wellblech klopfen. Doch bleibt es nicht bei diesem Klopfen, denn zwängen sich die Wassertropfen durch ein Loch - ich würd's gern stopfen. Wie soll ich dieses Loch nur stopfen, ohne einen kleinen Pfropfen? Durchs Dach hör' ich die Regentropfen unerbittlich weiter klopfen. Mir scheint verloren Malz und Hopfen, hab' ich doch keinen kleinen Pfropfen. Wie durch das Loch die steten Tropfen dringt die Erkenntnis mit dem Klopfen: Finde ich hier keinen Pfropfen, um das verdammte Loch zu stopfen, wird es bis zum letzten Tropfen weiter durch die Decke tropfen!


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  • Was seh' ich denn dort oben? Ein wildes Tragosso mit Wörtern toben! Das will ich doch glatt loben, und mich an einem Kommentar erproben.


    Huhu,

    zum einen finde ich es schade, dass das der Text nicht mehr in der Frist fertig geworden ist, zum anderen bin ich auch ein wenig erleichtert darüber, weil das den Vote für mich nochmal deutlich erschwert hätte! Allein der Titel ist schon auffallend schön alliterativ. Die Problematik, die in dem Drabble beschrieben wird, ist ja absolut trivial, und umso witziger ist es, dass du sie durch diese sich wiederholenden Reime (Tropfen, klopfen, Pfropfen, stopfen, Hopfen) so humorvoll und lyrisch darstellst. Aber ich kann mir das sogar vorstellen, wie eine Person von diesem Klopfen der Tropfen so genervt ist, dass ihm in einem Zustand von Resignation und mit einer guten Portion Galgenhumor sowas einfällt ):


    Wenn ich mal ins Detail gehe: Der erste Satz liest sich wie eine typischer Anfang, der atmosphärisch in einen Text einleitet. Das erscheint mir auch wichtig, damit die Überraschung mit den drei Reimen und der Einführung in das triviale Problem im zweiten Satz funktioniert. Dann folgt diese Frage des Ichs an sich selbst, die Wiederholung des fehlenden Pfropfen und des Problems, genauso wie ich die Reime wiederholen, und das ständige, wahrscheinlich nervtötende Klopfen der Tropfen, bis zur Erkenntnis: Das kann noch so bis zum Ende des Regens weitergehen ... Mir ist dabei noch aufgefallen, dass der Rhythmus das Lesen und den Verlauf des Textes sehr gut unterstützt, auch wenn ich nur laienhaft beschreiben kann, was ich meine: Die Sätze wirken auf mich "zweigeteilt" und ein Mal passenderweise "dreigeteilt" (der Satz mit dem Wunsch, das Loch zu stopfen) und der finale Satz liest sich "schneller", als ob die gesamte Verzweiflung ob dieses Problems nochmal an einem Stück aus dem Ich herausbricht. Ich könnte mir vorstellen, dass manche sich vielleicht beim Lesen fragen, ob das nicht auch in mehreren Zeilen wie ein Gedicht hätte formatiert werden können/sollen, und ich würde dem entgegnen: Nein, ich finde es so perfekt, weil diese "rhythmische Klimax" so deutlicher wird und der Drabble einen noch größeren Wiedererkennungswert dadurch hat. Wobei das ohnehin auf den Text zutrifft: Wiedererkennungswert. Sehr gern gelesen, hätte eine nochmal eine ganz andere Note in den Wettbewerb gebracht und vermutlich meine Stimme bekommen - vielen Dank fürs Veröffentlichen! ^-^

  • Hallo,


    schwillt das Loch des Pfropfen und den steten Tropfen an zu einem Klopfen, ist der große Tropfen nur noch schwer zu stopfen. Angesichts dessen liest sich die Pfropfenproblematik sehr angenehm und du schaffst es schnell, eine angenehme Sprachmelodie zu beschreiben. Dadurch liest sich der Text trotz seiner vermeintlichen Prosaform sehr lyrisch. Bedenkt man die Zeit, die du mit dem Text verbracht hast, ist das eine gute Leistung und ich mag hier generell die simple Thematik. Die Beschreibung eines Lochs im Dach, durch das immer mehr Regen hereintropft, finde ich in Zusammenhang mit der vorgegebenen Thematik passend.


    Wir lesen uns!

  • So langsam steuern wir auf den Februar zu und damit auch auf die Saison der Frühblüher, zu deren Vertretern einige meiner Lieblingsblumen gehören. Im Übergang von Winter zu Frühjahr freue ich mich über kaum etwas so sehr wie über die ersten Krokusse, Tulpen und Märzenbecher, die in Städten wie auf dem Land allerorts aus dem Boden sprießen und die neue Jahreszeit, die dann offiziell im März beginnt, schon mal einläuten. In diesem Kontext ist vor zwei Jahren zur Valentinsaktion im Fanfiction-Bereich das folgende lyrische Drabble entstanden, das ich in Vorfreude auf das bald wieder anstehende Naturschauspiel an dieser Stelle in meiner Sammlung veröffentlichen möchte. ^__^


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    Vorbote


    Ruht geduldig tief verborgen, in der Kälte fest umschlossen

    Doch, was wirklich in ihr schlummert, zeigt sich erst, wenn sie erwacht

    Sachte kommt ihr grüner Stängel aus dem Nichts hervorgesprossen

    Und durchbricht des Eises Decke, während Mutter Sonne lacht


    Reckt und streckt sich in die Höhe, doch ihr Köpfchen wiegt so schwer

    Neigt sich durch die Last der Knospe, blütenweißes Blumenmeer

    Öffnet langsam ihre Blätter und versprüht den süßen Duft

    Angelockt von diesem – summt es bald schon in der Luft


    Täuscht die Welt mit ihrem Namen, hört man doch kein‘ Glockenklang

    Doch kündigt sich die Botschaft an, durch glockenhellen Vogel‘sang


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  • Huhu Tragosso! ^-^


    Ich kam bisher leider noch nicht dazu, dir einen Kommentar in deiner Sammlung zu hinterlassen und möchte das nun endlich einmal nachholen. :3


    Dein Gedicht Vorbote spricht mich inhaltlich mit seinem bedächtigen Naturmotiv sehr an, geht es hier doch um das allmähliche Erwachen einer zarten Blume. Dass dabei nicht direkt genannt wird, um welche Blume es sich konkret handelt, sondern fast ein wenig rätselartig Hinweise eingeworfen werden, gefällt mir ausgesprochen gut. Auf diese Weise beschäftigt man sich beim Lesen nicht mit den prototypischen Merkmalen, die einem bei der Nennung des Pflanzennamens fast schon zwingend in den Kopf schießen würden, sondern man wird gezielt von dir auf bestimmte Aspekte der Blume aufmerksam gemacht. Das Durchbrechen des Eises, die hängenden Köpfe und die weiße Farbe geben hierbei bereits ein klares Bild zu erkennen; erst der vorletzte Vers ist es aber, der mit seinem deutlichen Bezug zum Namen der Blume keinen Zweifel mehr zulässt, dass es sich hier um ein Maiglöckchen handelt, das vom Ich beschrieben wird.

    Formal ist zunächst die Länge der Verse auffällig, die aber bereits im ersten Vers wunderbar zur beschriebenen Geduld der ruhenden Pflanze passt. Der Wechsel vom Kreuz- zum Paarreim beim Übergang von der ersten zur zweiten Strophe offenbart sodann, dass die Blumen die Phase des Ruhens hinter sich gelassen haben. Im abschließenden Verspaar habe ich bereits den ersten Vers hervorgehoben, der das Rätsel final auflöst; aus formaler Sicht sticht aber vor allem der zweite Vers ins Auge, der als einziger im gesamten Gedicht einen Auftakt erhält. Die Aufmerksamkeit wird auf diese Weise sehr gezielt auf den Vers gerichtet, sodass sich in der Folge ganz bewusst die Frage nach der im Vers genannten Botschaft stellt. Im Zusammenspiel mit dem Titel möchte ich glauben, dass der Fokus hier vom Glöckchen in Maiglöckchen weggelenkt werden soll und dass stattdessen die frühzeitige Ankündigung des Mais im Vordergrund steht, verbunden mit einer frühlingshaften Vorfreude des Ichs, die sich beim Betrachten der einzelnen Blüte in aller Ehrlichkeit offenbart.

    Sprachlich möchte ich abschließend außerdem noch hervorheben, dass mir die Alliteration des blütenweißen Blumenmeers ausgesprochen gut gefällt und dass ich auch den Gedankenstrich im achten Vers immer gerne zum kurzen Verharren nutze. Auch das verspielte Bild der sich reckenden und streckenden Blume vermittelt einen niedlichen Eindruck, der zu überzeugen weiß. Insgesamt gefällt mir das Gedicht damit wirklich sehr gut! ^-^


    Zu deiner Pfropfenproblematik wurde ansonsten schon ein wenig gesagt und allzu viel kann ich vermutlich gar nicht mehr hinzufügen. Ich möchte trotzdem kurz festhalten, dass mir der Text mit seinem humorvoll eingesetzten Rhythmus und den gekonnt eingebauten Wiederholungen ebenfalls sehr gut gefällt. Das Ich wirkt regelrecht geplagt, wenn es den Reim (und eventuell auch das o als dunklen Vokal, der gehäuft vorzukommen scheint) in Analogie zum steten Tropfen des Wassers immer wieder aufgreifen muss. Insofern ja, den Text finde ich definitiv auch sehr gelungen! ^-^


    Au revoir! ^-^