Wettbewerb #5: Street

Erst mal zum Thema an sich: "Street" ohne weitere Definition ließ an sich erst mal viel Spielraum übrig. Denn eigentlich ist der Begriff "Street" in der Fotografie ein fest definierter Bereich, beim dem alltägliche "Straßenszenen" eingefangen werden, welche im Foto eine Geschichte erzählt. Streetphotography zählt schon zu den sehr schweren Bereichen der Fotografie, nicht zuletzt, weil man sich rechtlich massiv auf's Glatteis begiebt: Recht am eigenen Bild von Personen, was ist Beiwerk, was Hauptbestandteil, DSGVO usw. Und nicht selten reagieren manche Menschen sehr gereizt, wenn man sie einfach fotografiert, was ich leider auch schon erleben durfte.

Hier wurde das Thema nicht weiter spezifiziert, sodass auch Abbildungen von Straßen das Thema prinzipiell erfüllen.

A1: Auf alten Straßen

+ Thema erfüllt, hier eine eher antike Version einer Straße, Alter kann ich nicht einschätzen, aber es dürfte deutlich vorindustriell sein, passender Titel

+ Spiel mit perspektivischer Fluch erzeugt Tiefe im Bild

+ Wolke als Detail, die den Himmel auffüllt

- Schärfe und generell verwaschene Details, Artefaktbildung in flächigen Bereichen

- das Motiv schreit eigentlich nach Symmetrie mit den Häusern zu beiden Seiten. Klar muss man nicht immer nach Lehrbuch arbeiten, aber hier ist mir die Asymetrie doch zu inkonsequent

- Stromleitung

- es fehlt irgendwie noch ein relevanter Eyecatcher, etwas besonderes, das ich entdecken könnte, z.B. etwas, das mehr auf den Ort hinweist.

A2: Golden Streets

+ Thema erfüllt, jetzt moderne Straße, Inhalt gut rausgearbeitet; Titel hebt Inhalt gut hervor

+ fotografisch stark, super Kontraste im Bild, die das Motiv von der Umgebung ganz natürlich hervorheben: Warm-Kalt, Hell-Dunkel, annähernd Komplementärkontrast, dazu ein Quantitätskontrast. Itten wäre stolz! ^^

+ generell gute Kontraste, kräftige Farben

+ dezentraler Bildaufbau und diagonale Blickführung durch die Linien im Bild lassen den Blick sofort wandern und nach Details suchen, z.B. die Gebäude

+ Langzeitbelichtung erzeugt schöne Spuren der Autos

- das einzige, das mich ein wenig stört ist, dass die Schärfe in Richtung Bildecken und oberem Bildrand doch recht stark nachlässt,vmtl. der Optik geschuldet.

A3: lineae

Jetzt wird's knifflig und ich muss hier mal Fließtext nehmen statt +/-

Ich denke, hier geht es mehr Richtung "Streetphotography" statt "Straße", aber das is schon das Ding: es sollte eigentlich beim Betrachten klar sein. Ich seh einen Lieferanten auf einem Moped vorbeiziehen, durch leichte Langzeitbelichtung verwischt. Und obwohl ich auf diese Effekte stehe, finde ich ihn hier unattraktiv. Das vermeintliche Hauptmotiv wird hier undeutlich, der Rest sticht dadurch umso stärker hervor: das Baugerüst hinten, das rote Dach links und natürlich die vielen Linien, die sich auf den kleinen Hügel hochziehen. Und an dem Punkt bin ich eher bei Kunst als bei Street/Straße - nicht zuletzt, weil das Moped auf nem Radweg fährt, wo ich echt Pickel krieg, wenn ich so was sehe. xD

Mich lenkt hier echt zu viel ab, sodass die Bildaussage und der Themenbezug einfach verschwimmen.

Warum nicht einen Mitzieher gewählt? Damit wäre der Fahrer besser zu Geltung gekommen und der Hintergrund wäre zu einem echten Hintergrund geworden. Auch der Titel spielt eher auf die Linien - und damit Kunst - an, anstatt auf's eigentliche Thema. Und das ist der Punkt: was ist hier Thema in diesem Bild - die Linien (Themenverfehlung) oder der Lieferant (dann hapert die Umsetzung).

A4: (ohne Titel)

Das ist so ein Fall, wo ich nicht sicher bin, ob das Thema überhaupt berücksichtigt wurde. Was ist hier dran bitte Street? Dass eine völlig normale Straße im Hintergrund ist? Ich glaube nicht. Dank der (leider nicht ganz präzisen) Fokussierung ist klar, es geht um die Schnecke. Ja, die sind nicht so schnell, Geschwindigkeit, Straße. Weiß ich nicht, ob ich dem folgen kann.

Das Problem ist letztlich auch: die Schnecke schleimt über eine Mauerbrüstung drüber. Hier fehlt mir jegliche Fantasie, da eine Straße drin zu sehen - dann müsste der Untergrund schon eher dran erinnern.

Schnecken sind dankbare Fotomotive - sie rennen einem nicht weg. Man hat also Zeit. Warum dann im Hintergrund ein Dixie-Klo, ein Lieferwagen und ein ziemlich dominantes Schild zu sehen sein müssen, ist fraglich.

Eine Schnecke in ein "Street"-/"Straßen"-Motiv umzuwandeln ist ambitioniert, aber auch gut machbar (über eine echte Straße, nahe Bordstein - ein langer weg liegt vor ihr; oder aber ein straßenähnlicher Untergrund, z.B. eine Glatte Mauer, auf der die Schnecke längs auf einen zukriecht, ...) es gibt Ideen. Ich selbst habe vor einiger Zeit mal Motive mit Schnecken und "Speed" umgesetzt.

Diese Abgabe verfehlt hier leider deutlich und lässt viele Möglichkeiten hinter sich.

Sorry, wenn's etwas hart klingt. Aber ich finde ehrliche Worte besser als Schönrederei.

A5: work-life balance

Das können wir sehr kurz machen: Thema komplett verfehlt. Sorry!

Hat weder wirklich was mit den paar Pixeln Straße unten noch mit "Street" zu tun. Ich seh zu 80% Fassage. Und was der Titel wiederum damit zu tun hat, ist mir auch schleierhaft.

Ich seh, dass hier stürzende Linien korrigiert und mit Tiefen/Lichtern gearbeitet wurde. Ich geh als davon aus, dass hier kein Novize am Werk war. Aber was die Gedanken hinter dieser Abgabe waren, würde mich mal echt interessieren...