Hogwarts Legacy Purchase Simulator

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  • Hi. Bevor ich zum Spiel komme, vielleicht zwei Hinweise: Erstens, ja, ich meine das Review ernst. Zweitens, nein, ich möchte hier keine weitere Front in der Diskussion aufmachen, die ein gewisses anderes Spiel betrifft und werde dahingehend auch nicht wirklich hier auf Argumente eingehen. Stattdessen möchte ich einfach ein kleines Spiel als das reviewen, als das ich es empfinde: nämlich als ein gutes Stück Satire, auch wenn die Schöpferin es selbst als „Shitpost“ bezeichnet.


    Wer die letzten Wochen und Monate nicht komplett entfernt vom Internet lebte, wird die hitzige Diskussion um Hogwarts Legacy mitbekommen haben – und auch die mentale Akrobatik, mit der ein Kauf mitunter gerechtfertigt werden soll. Der Hogwarts Legacy Purchase Simulator ist nun also ein kleines, ursprünglich anscheinend nur innerhalb von drei Stunden rasch zusammenprogrammiertes Spiel, dessen Idee der Entwicklerin in einem Gruppenchat kam, ironischerweise nicht, weil sie und andere über das Spiel reden wollten, sondern vielmehr, weil es leider unmöglich wurde, nicht darüber zu sprechen, auch angesichts eskalierendem Hass gegenüber trans Menschen. Das Spiel kann somit als Versuch betrachtet werden, einen Redebeitrag zu der Debatte in spielerisch-satirischer Form zu leisten – einer Form also, die die kritische Diskussion von Hogwarts Legacy über Humor wieder ein wenig erträglicher macht.


    Das grundlegende Storygerüst des Spiels, wenn es denn bei einem so kleinen Spiel so genannt werden soll, ist denkbar einfach und besteht darin, dass die spielende Person darum gebeten wird, ein Exemplar von Hogwarts Legacy zu erstehen – jedenfalls anfangs, denn bald schon wird darum gebeten, noch mehr zu kaufen, um die Entwickler*innen zu unterstützen. Wird dem Folge geleistet, so erscheint Berichterstattung, die den Einfluss von Transfeindlichkeit auf die Gesellschaft dokumentiert, und die meisten anderen Charaktere in dem Spiel unterstützen die eigene Entscheidung, mit Ausnahme einer Person namens Ashley, die sich Mühe gibt, über die Problematiken aufzuklären. Die Alternative ist natürlich, sich dem Kauf hartnäckig zu verweigern – dies führt dann dazu, dass die sonst unterstützenden Charaktere sehr schnell auch emotionalen Druck ausüben, das Spiel doch noch zu kaufen.

    Der Purchase Simulator ist dabei rein textbasiert und denkbar einfach; die unterschiedlichen Pfade ergeben sich aus den Antworten, die die spielende Person gibt.



    Der Grund, warum ich dieses kleine Spiel recht unterhaltsam fand, besteht schlicht darin, dass es als Satire sehr gut funktioniert; zum einen dekonstruiert es in ironischem Ton eine ganze Reihe von Argumenten, die versuchen, den Kauf des Spiels nicht nur als erlaubt, sondern geradezu moralisch geboten hinzustellen, zum anderen verweist es aber auch auf das grundsätzliche Machtgefälle in der Diskussion: Nicht zufällig sind die meisten Charaktere im Spiel für den Kauf des Spiels, während es Aufgabe eines einzelnen Charakters bleibt, dagegenzuhalten. In dem Kontext spielt der Simulator aber auch an mehreren Stellen auf Dimensionen von Transfeindlichkeit an, die über die Frage nach dem Kauf eines Videospiels hinausgehen: Während einerseits Tokenism und „Pick me!“-Einstellungen über den Einbau des Charakters Blaire Milky (eine offensichtliche Anspielung auf Blaire White) kritisiert werden, so führt der Simulator auch rechte Trollerei und übliche Beleidigungen gegenüber trans Menschen in ihrer Schrecklichkeit, aber auch in ihrer Vorhersehbarkeit vor, und der letztere dieser beiden Punkte ist dann auch der, der das Medium so geeignet macht, muss sich das Spiel doch eben auf eine Handvoll feste Antworten festlegen, ohne dass dies aber für eine transfeindliche Person, die den Simulator spielt, einschränkend sein dürfte; eben nämlich weil die Beleidigungen und Anfeindungen immer die gleichen sind und somit, auch wenn sie natürlich verbale Gewalt ausüben, einfallslos und unkreativ. Wenn von transfeindlicher Seite Reflexion erwartet werden könnte, dann wäre es eben ein sehr entlarvender Moment, wenn der Simulator in der Lage ist, direkt zu antizipieren, was diesen Leuten als Erstes durch den Kopf geht. Dass das nicht passieren wird, ist wie gesagt gerne zugestanden; aber hier liegt eben ein wesentlicher Aspekt der satirischen Wirkung des Spiels.


    An das Ende des Spiels schließt sich im Übrigen ein Dialog mit der Entwicklerin an, in der sie noch ein wenig ausführlicher auf die Geschichte hinter dem Spiel eingeht; auch gibt es die Möglichkeit, ein kurzes Dating-Minigame mit ihr zu starten, falls Interesse besteht.


    Ein Punkt, der noch erwähnenswert ist, ist der Umstand, dass das Spiel nach seiner Veröffentlichung noch ein wenig abgeändert worden ist, indem Antworten auf das Spiel schlicht in das Spiel miteingebaut wurden, etwa in Hinblick auf die mittlerweile berüchtigte „Death of the Author“-Verteidigung. Insofern also ließ die Entwicklerin die Leute mit Gusto in den vorgehaltenen Spiegel rennen und bekam dadurch noch weiteres Material, um ihr Spiel auszubauen, was – seien wir mal ehrlich – doch etwas sehr Bestechendes hat, tritt das Spiel doch hier in eine Interaktion mit der Realität und schafft es zugleich einmal mehr, schwache Argumentationen gekonnt umzudrehen und gegen ihre Urheber*innen zu wenden.


    In der Summe fand ich das Spiel insofern faszinierend, weil es ein ganz gutes Beispiel dafür ist, wie Satire im Medium des Videospiels funktionieren kann; auf der anderen Seite war die humoristische und satirische Aufarbeitung auch ein kleiner Lichtblick in Hinblick auf eine Diskussion, die ich eigentlich ebenfalls nicht unbedingt hätte führen wollen, die aber nun einmal geführt werden muss. Und das weiß ich dann doch sehr zu schätzen.


    Das sehr kurze Spiel ist gratis und ohne Download hier verfügbar; es sei darauf verwiesen, dass das Spiel natürlich verletzende Sprache enthält, spezifisch gegenüber trans Personen. Es empfiehlt sich also bei Interesse, mit der entsprechenden Vorsicht an das Spiel heranzugehen.

  • Rusalka

    Hat das Label PC hinzugefügt.