Ikenfell

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  • (Bildquelle)


    „Go ahead, grab my hand, be patient

    And you might live to tell

    Every one of future generations

    HOW WE FOUGHT FOR IKENFELL!“

    – „Paint the Future – Ima’s Theme


    Zunächst einmal ein Danke an Alaiya für den Thread mit den Indiegames, der mir einen Anlass gab, dieses Spiel (neben anderen) mal auszuprobieren. Das kurz zusammengefasste Endergebnis ist, dass ich jede Sekunde dieses Spiels geliebt habe.


    Ikenfell ist ein vom Stil her klassisches RPG mit simpler (aber dennoch liebevoller) Grafik, in der die Protagonistin Maritte sich zur titelgebenden magischen Schule Ikenfell aufmacht, um dem Verschwinden ihrer Schwester Safina auf den Grund zu gehen. Dabei wird sie schnell in die chaotischen und geheimnisvollen Vorgänge verwickelt, die in der Schule seit Kurzem vorgehen, lernt die Mitschüler*innen ihrer Schwester kennen und kämpft sich mit diesen schlussendlich durch eine Vielzahl von magischen Kreaturen und anderen Gegner*innen, um die Schule vor Mächten zu retten, die sie zu zerstören drohen.


    Hier sei dann nun aber auch gleich darauf hingewiesen, dass diese kurze und simplifizierte Zusammenfassung der Story ihrer Tiefe natürlich nicht gerecht wird. Ikenfell behandelt neben dem Kampf um die Rettung der Schule zahlreiche persönliche Konflikte zwischen den Charakteren sowie deren Verletzlichkeit und mitunter auch ihre Traumata. Diese menschliche Komponente ist es, die die Story erst wirklich emotional mitreißend macht: Über den Spielverlauf sind mir die Charaktere so sehr ans Herz gewachsen, wie es selten bei Charakteren in Videospielen oder Charakteren in Fiktionen allgemein der Fall war. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass der Cast des Spiels eben eine wundervolle Ansammlung verschiedenster Persönlichkeiten mit ihren jeweils eigenen, teilweise unterdrückten inneren Dämonen ist: Maritte als Protagonistin ist freundlich und hilfsbereit, muss sich aber auch zugleich während des Spiels mit emotionalen Verletzungen seitens ihrer Schwester auseinandersetzen; Petronella als erster Charakter, den Maritte kennenlernt, ist eine eher unsichere und schüchterne Person und muss im Laufe der Story erst zu mehr Selbstsicherheit finden; Petronellas Freund Rook ist wiederum deutlich selbstsicherer und obendrein clever, aber dahinter auch emotional verletzlich; der Charakter Pertisia erscheint zunächst wie das klassische arrogante Mädchen aus reichem Hause, wird aber von einem tiefsitzenden Trauma verfolgt; Gilda als eine zentrale Rivalin von Maritte ist einerseits eine fantastische Personifizierung von „chaotic gayness“, aber hat andererseits auch Angst, nicht „gut genug“ zu sein; und zuletzt ist Ima vielleicht aus der Haupttruppe der einzige Charakter, der sich nicht mit einem tiefsitzenden Trauma auseinandersetzen muss, aber ze fungiert mit zir ruhigen und kompetenten Art während der Story als vermittelnde Person, die die Truppe trotz zahlreicher Konflikte zusammenhält, wie ein älteres Geschwisterkind. Neben all diesen Charakteren, die mit der Zeit für die eigene Party rekrutiert werden können, gibt es natürlich noch eine ganze Reihe verschiedener Nebencharaktere wie beispielsweise die verschiedenen Lehrer*innen der Schule, die alle ebenfalls auf ihre Art einzigartig sind und die Welt von Ikenfell ebenso lebendig wie immersiv machen.


    Diese Welt wiederum ist aber auch abseits der Charaktere wunderbar gestaltet: Ikenfell ist in Hinblick auf seine eigentliche Ausdehnung vielleicht sogar gar nicht so besonders groß, aber die einzelnen Orte sind liebevoll gestaltet und so divers, dass sie den begrenzten Raum deutlich größer erscheinen lassen, als er möglicherweise sein mag. Es macht unfassbar viel Spaß, die unterschiedlichen Gebäude der Schule zu erkunden und dabei das eine oder andere kleine Rätsel zu lösen, um wahlweise voranschreiten zu können oder aber eine versteckte Belohnung für aufmerksames Erkunden zu entdecken. Untermalt wird die Erkundung der Umgebung durch einen wundervollen Soundtrack, der ebenso gut mysteriöse und bedrohliche Stimmung erzeugen kann wie er auch Traurigkeit und, gelegentlich, humoristische Szenen unterstreicht.



    Bei der Erkundung der Schule und dem Spielen der Story lässt es sich natürlich nicht vermeiden, in eine Vielzahl von Kämpfen verwickelt zu werden, die rundenbasiert auf einem in Quadrate eingeteilten Spielfeld ablaufen, auf dem die spielende Person die Charaktere bewegen und ihre jeweiligen Zauber wirken lassen kann. Letztere sind dabei ebenso vielseitig wie die Charaktere selbst, was zum munteren Ausprobieren einlädt und das Kämpfen auch in späteren Teilen des Spiels noch sehr abwechslungsreich gestaltet, ohne dass es aber unübersichtlich wirkt. Während es natürlich aus Balancing- und wohl auch Zeitgründen sinnvoll ist, dass immer nur drei Charaktere zugleich einen Kampf absolvieren können, fand ich das fast schade vor dem Hintergrund, dass ich mich so immer gegen ein paar der Charaktere entscheiden musste; ich hätte sie so gerne alle im Kampf dabeigehabt.

    Die Vielseitigkeit der Kämpfe zeigt sich darüber hinaus auch in zahlreichen, immer neuen Gegner*innen und Attacken sowie in einer großen Palette an Items, mit denen entweder die Charaktere ausgestattet oder die im Kampf eingesetzt werden können. Außerdem sind natürlich auch gerade Bosskämpfe wieder mit tollen Soundtracks unterlegt.


    Die Kämpfe weisen neben den taktischen Entscheidungen sowohl in der Offensive als auch in der Defensive eine Timing-Komponente auf, die sich allerdings bei Bedarf in den Optionen so einstellen lässt, dass sie automatisch optimiert ist, was Teil eines allgemeinen Aspekts ist, den ich an dem Spiel positiv hervorheben möchte: Während es den Spielenden ermöglicht, sich einer etwas größeren Herausforderung zu stellen, baut es keine unüberwindbaren Barrieren für diejenigen ein, die mit dem Timing aus verschiedenen Gründen Probleme haben; ebenso gibt es die Möglichkeit, Inhaltswarnungen zu aktivieren oder optische Effekte so einzustellen, dass photosensitive Personen nicht geschädigt werden. All das macht das Spiel zugänglich für einen sehr großen Personenkreis, der ebenso divers ist wie der Cast des Spiels.



    Diese Diversität sei abschließend vielleicht auch noch einmal besonders hervorgehoben: LGBTIQA+-Themen sind im Spiel gerade in den Charakteren auf wunderbar alltägliche Art präsent, und die Welt von Ikenfell ist farbenfroh und bunt. Verschiedenheit steht hier nicht zur Debatte; sie ist schlicht da, wird akzeptiert und sogar gefeiert. Letzten Endes bietet das Spiel hiermit eine kleine Flucht aus unserer derzeit leider allzu oft tristen Welt in die schöne Fiktion einer magischen Schule, in der es – wie oben ausgeführt – durchaus Konflikte gibt, aber in der eben auch eine Grundakzeptanz verschiedener Identitäten vorherrscht und in der es möglich ist, besagte Konflikte auf eine Art zu lösen, an deren Ende die Charaktere vielleicht nicht auf magische Art komplett in Ordnung sind (das kann Magie eben nicht leisten), aber eine echte Chance bekommen, mit der Zeit zu heilen. Und das ist ein gesunder Optimismus, den ich persönlich in der letzten Zeit auch einfach gebraucht habe.


    P.S. zur Verfügbarkeit: Ikenfell ist verfügbar auf zahlreichen Plattformen (Steam, Switch, Playstation and Xbox) – wenn ihr also vielleicht ein schönes queeres Spiel über die Geheimnisse einer magischen Schule spielen möchtet, dann stehen euch viele Wege offen, euch das Spiel zu holen.

  • Ich mag die Idee des Spiels. Exotische und absonderliche Schulen mochte ich schon immer. Wobei Ikenfell natürlich auf den ersten Blick das Risiko eingegangen ist, in die Hogwarts-Klon-Schublade gesteckt zu werden – ungerechterweise natürlich. Denn Handlung und Figuren haben von dem, was ich gelesen habe, nichts mit dem Harry-Potter-Universum zu tun. Es ist erfreulich und erschreckend zugleich, dass gerade die kleinen Indi-Entwickler sich so viel Mühe mit der Zugänglichkeit geben während viele großen Unternehmen, denen zweifelsfrei viel mehr Mittel zur Verfügung stehen, immer noch das Thema ignorieren oder zu wenig tun.


    Ich weiß nicht, wie schnell ich mich mit den LGBTIQA+-Themen und/oder emotionalen Problemen anfreunden könnte. Wenn die ganze Handlung sich auf dieses Themen beschränkt, wäre das wohl zu viel für mich. Es braucht für mich eine gute Mixtur von allem: Mechaniken, Handlung und Figuren; Letzteres mitsamt den dazugehörigen Dialoge, Motivationen, Figurenentwicklung, Witz, Charme, Zwist usw.


    Leider gefällt mir die Grafik nicht. Ich mag Retro und minimalistische Grafik. Aber irgendwie spricht mich das nicht an. Schade eigentlich …