Name: OK Computer
Interpret: Radiohead
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Alternative Rock / Art Rock
Alles weitere ist meine subjektive Meinung/Interpreation zu den einzelnen Liedern.
Tracklist:
1.) Airbag
Ein nachdenklicher, aber doch recht positiver Song über die Vergänglichkeit des Lebens und zweite Chancen. Das Lyrische Ich hatte einen schweren Autounfall und hat nur durch den namensgebenden Airbag überlebt. Er/Sie sieht dies als zweite Chance und beginnt ein neues Leben.
2.) Paranoid Android
Das erste Highlight des Albums. Ein sechsminütiger Song, der sich sowohl bzgl. des Titels als auch bzgl. des Inhaltes bei "The Hitchhiker's Guide to the Galaxy" bedient. Erzählt wird aus der Sicht von Marvin, dem "paranoid Android". Ein sehr abwechslungsreicher Track, der auch nach etlichen Malen Hören noch lange nicht langweilig wird.
3.) Subterrean Homesick Alien
Dieser Song behandelt die Isolation, die das Lyrische Ich verspürt. Er/Sie empfindet seine Mitmenschen als "[...] weird creatures, who lock up their spirits, drill holes in themselves and live for their secrets", wünscht sich aber dennoch, ein Teil eben dieser Gesellschaft zu sein. Er/Sie wünscht sich, sie würden ihn/sie in ihre Mitte aufnehmen, kommt jedoch zu dem Schluss, dass er/sie vielleicht einfach selbst verklemmt ist und selbst die Schuld an der eigenen Isolation trägt.
4.) Exit Music (for a Film)
Ein trauriger, ruhiger Song. Ich stelle mir eine Mutter vor, die mit ihrem Kind vor dem Missbrauch durch den eigenen Ehemann bzw. den Vater des Kindes ("pack and get dressed before your father hears us, before all hell breaks loose") flieht. Auf der Flucht wünscht sie sich, er würde einfach ersticken und sie auf ewig mit seinen Weisheiten und Regeln in Frieden lassen.
5.) Let Down
Zu Beginn thematisiert das Lied den monotonen und teils auch traurigen Alltag. Danach behandelt der Song das Gefühl, allein gelassen (oder verlassen) zu werden und welche Enttäuschung damit einhergeht. Gleichzeitig entstehen aber auch neue Chancen, dem Lyrischen Ich wachsen metaphorische Flügel und er/sie fühlt sich freier denn je. Genauso entwickelt sich auch der Song: so traurig und monoton der Song am Anfang klingt, genauso fröhlich und befreit klingt er gegen Ende. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich ganz groß!
6.) Karma Police
Das Lyrische Ich übt harsche und unbegründete Kritik an anderen und versucht, ihnen seine/ihre Standards aufzudrängen. Dies läuft allerdings darauf hinaus, dass die "Karma Police" ihn/sie wegen eben dieses Verhaltens nun selbst verurteilt. Er/Sie kommt zu der Erkentniss, dass das eigene Verhalten ebenfalls alles andere als vorbildlich war und er/sie zu hart über andere geurteilt hat. Was dieses Lied in meinen Augen so genial macht, ist jedoch nicht unbedingt der Inhalt, sondern vielmehr der musikalische Aspekt. Mir läuft jedes Mal ein wohliger Schauer über den Rücken, wenn Thom Yorke den letzten Abschnitt des Songs mit den Worten "for a minute there, I lost myself" anstimmt.
7.) Fitter Happier
Ein Song, der eigentlich keiner ist. Deshalb werde ich ihn auch nicht als solchen bewerten. Es wird der "perfekte Mensch" beschrieben, dem jedoch in seinem Leben etwas ganz entscheidendes fehlt: Emotionen und Individualität. Dies wird perfekt durch die emotionslose Computerstimme symbolisiert.
"Fitter, happier, more productive, comfortable, not drinking too much, regular exercise at the gym (three days a week), getting on better with your associate employee contemporaries, at ease, eating well (no more microwave dinners and saturated fats), a patient better driver, a safer car (baby smiling in back seat), sleeping well (no bad dreams), no paranoia, careful to all animals (never washing spiders down the plughole), keep in contact with old friends (enjoy a drink now and then), will frequently check credit at (moral) bank (hole in the wall), favors for favors, fond but not in love, charity standing orders, on Sundays ring road supermarket (no killing moths or putting boiling water on the ants), car wash (also on Sundays), no longer afraid of the dark or midday shadows, nothing so ridiculously teenage and desperate, nothing so childish, at a better pace, slower and more calculated, no chance of escape, now self-employed, concerned (but powerless), an empowered and informed member of society (pragmatism not idealism), will not cry in public, less chance of illness, tires that grip in the wet (shot of baby strapped in back seat), a good memory, still cries at a good film, still kisses with saliva, no longer empty and frantic like a cat tied to a stick, that's driven into frozen winter shit (the ability to laugh at weakness), calm, fitter, healthier and more productive, a pig in a cage on antibiotics."
Besonders nachdenklich stimmt mich die letzte Zeile. Sie ist im Prinzip eine perfekte Metapher für einen solchen Menschen: ein Nutztier (der Gesellschaft), welches in seinem Käfig der Unmündigkeit eingesperrt ist, und dessen Leben durch bestimmte (medizinische) Fortschritte zwar verlängert, aber nicht zwingend verbessert oder bereichert wird.
8.) Electioneering
Ein politischer Song, der die Manipulation an der Bevölkerung durch die Politik thematisiert. Allerdings gefällt mir der Song vom musikalischen Standpunkt aus eher weniger. Er passt meiner Meinung nach nicht wirklich in dieses sonst so ruhige und eher langsame Album.
9.) Climbing Up the Walls
Mein absoluter Favorit auf diesem Album. Der Song handelt von einer geisteskranken Person, die - egal, wie sehr sie sich auch bemüht - nicht aus ihrem seelischen Gefängnis ausbrechen kann "and either way you turn, I'll be there, open up your skull, I'll be there, climbing up the walls". Dabei werden die Auswegslosigkeit und Verzweiflung perfekt durch den Klang der Musik verkörpert. Zwar sind hier ziemlich viele Effekte im Spiel, jedoch erscheint der Song als ganzes keineswegs mit Effekten überladen oder überproduziert.
10.) No Surprises
Dieses Lied behandelt das Thema Selbstmord. Ein schwer belastetes Herz, nicht heilen wollende Verletzungen, die letzten Bauchschmerzen, ein "Händeschütteln" mit Kohlenstoffmonoxid.
11.) Lucky
Das einzig durchwegs positive Lied auf diesem Album. Es handelt von einem Optimisten, der zwar Rückschläge erleidet, aber immer wieder von seiner großen Liebe (?) aufgerichtet wird. Er weiß jedoch, dass dies vielleicht nicht für immer der Fall sein wird "I feel my luck could change", "We are standing on the edge".
12.) The Tourist
In The Tourist erzählt das Lyrische Ich davon, wie er/sie durch das Leben "rennt", ohne Rücksicht auf sich selbst "sometimes I get overcharged, that's when you see sparks". Ein sehr gelungener Abschluss eines grandiosen Albums. Ich habe einmal gelesen, dass jemand in diesem Lied einen nahtlosen Schluss zum Anfang des Albums erkennt. In Seinen Augen wird der Protagonist bei seiner viel zu schnellen Hetzjagd durch das Leben von dem im ersten Song erwähnten Airbag aufgefangen und beginnt nun sein "zweites Leben". Macht daraus, was ihr wollt ;)
Fazit: Das Album ist ein großartiges Gesamtkunstwerk, welches den Hörer - wenn dieser sich darauf einlässt - mit seiner düsteren und dystopischen Stimmung anstecken kann. Selbst heute noch haben die Thematiken, die das Album aufgreift eine gewisse Relevanz. Auch musikalisch ist das Album definitiv hörenswert. Wer Art Rock liebt, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten. Allerdings ist dieses Album (ähnlich wie Pink Floyd's The Wall und andere großartige Alben) nicht unbedingt direkt beim ersten Hören eingängig. Sobald man das Album aber mehrere Male gehört hat, kann man jeden Song mitsingen und -fühlen. Wer also gerade 4,99€ übrig hat, sollte sich das Album schnellstmöglich z.B. beim orangenen Versandriesen zulegen. Wer sich kein ganzes Album anhören möchte, dem empfehle ich ganz besonders "Paranoid Android", "Let Down", "Karma Police" und "Climbing Up the Walls".