Wobei ich mich frage, wie oft man erwähnen muss, dass Gesetze nur menschengemachte Regeln sind
Das sind sicher interessante Diskussionen, die man führen kann und auch sollte. Mir ging es bei meinem Beitrag jetzt auch weniger darum zu philosophieren, wo Mord anfangen oder aufhören sollte, sondern lediglich darum, Begrifflichkeiten etwas näher einzugrenzen, die zumindest in den Medien aktuell relativ "frei" definiert und benutzt werden.
Ganz davon abgesehen ist das aber definitiv etwas, was ich gerne auch aus anderen Blickwinkeln diskutiere. Wo und wie würdest du denn Tötungsdelikte voneinander abgrenzen, damit im Endeffekt nicht jede Tötung plötzlich "gleich" behandelt wird?
Ich finde die Abgrenzungen, die im deutschen Recht getroffen wurden schon sehr einleuchtend. Soweit ich das richtig sehe, ist das Schweizerische Strafgesetzbuch zumindest bezüglich der Regelung von Tötungsdelikten ja auch einen ähnlichen Weg gegangen.
Grundsätzlich gibt es ein Tötungsdelikt, das für "den Regelfall" der vorsätzlichen Tötung einschlägig sein sollte. (Totschlag)
Demgegenüber gibt es eine Vorschrift (Mord) - ob nun als Qualifikation des Totschlags oder als Norm sui generis - in dem ein besonderes (verwerfliches) Merkmal vorliegen muss um erfüllt zu sein.
Durch diese Aufteilung wird der Diversität von Tötungen meiner Meinung nach schon gut Rechnung getragen.
Dass in den Medien Begriffe oft falsch gebraucht werden wird sich angesichts der Komplexität der Rechtsordnungen und der nicht vorhandenen juristischen Ausbildung der meisten Journalisten wohl auch nicht so schnell - wenn überhaupt - ändern.
Genau wie bodennaher monarch weiter oben ausführt, lässt die momentane Autopsie keinen anderen Schluss zu, als dass das Verhalten des Polizisten nicht allein kausal war für den Tod. Dies macht es sehr viel einfacher, den sogenannten „intent“ (ist wohl am ehesten mit dem Vorsatz aus der deutschsprachigen Tradition zu vergleichen) zu bestreiten.
Grundsätzlich ist die Kausalität zunächst einmal klar vom Vorsatz zu trennen. Nun stimmt es aber, dass man im Regelfall auf Grund der Feststellung (Vorliegen mehrerer Umstände, die kausal für den Eintritt des Todes waren) durch die Autopsie davon ausgehen kann, dass der Täter, der von diesen anderen Umständen nichts wusste, zu einer hohen Wahrscheinlichkeit bezüglich des Todes nicht vorsätzlich gehandelt haben wird. Schließlich führte nicht nur seine Handlung zum Tod, sondern eben gerade auch andere Faktoren, mit denen er nicht rechnen konnte.
Nur liegen in diesem Fall Videos vor, die klar zeigen, dass der Typ auch nachdem das Opfer schon für eine beträchtliche Zeit offensichtlich bewusstlos war weiterhin mit seinem Knie auf dem Hals des Mannes verweilte.
Damit ist für mich das Ergebnis der Autopsie bezüglich der Beurteilung des Vorliegens von Vorsatz irrelevant, weil der Polizist zumindest ab dem Zeitpunkt, in dem er auf die Bewusstlosigkeit hingewiesen wurde eine klare Entscheidung getroffen hat - nämlich weiterhin auf dem Hals eines bewusstlosen Menschen zu knien - und was dies zur Folge haben kann ist wohl jedem verständigen Menschen klar.
Deshalb habe ich große Schwierigkeiten damit, den Vorsatz zu verneinen, denn seine Handhabung der Situation im späteren Verlauf zeigt für mich ganz klar, dass zumindest eine billigende Inkaufnahme der Schädigung des Lebens eines Menschen - mithin Eventualvorsatz - vorliegt.