Liebe Leute,
wenn ihr bis hierher dran geblieben seid, seid ihr echt nicht zu beneiden: Ihr müsst einen Rechner bauen oder kaufen, weil ihr sonst nicht arbeiten oder nicht zocken könnt. Ein Ratschlag vorab: Wenn ihr euch irgendwie mit Controllern anfreunden könnt, kauft eine Xbox Series S, spielt solange ihr wollt und verkauft sie mit leichtem Verlust weiter - das ist deutlich günstiger, als der unverschämte Aufpreis, den ihr momentan für PC-Hardware bezahlt.
Ich gehe davon aus, da ihr noch weiterlest, dass ihr wirklich dringend einen PC haben wollt oder müsst. Dann legen wir los.
Da momentan Ryzen-prozessoren so gut wie nicht verfügbar sind, gehen wir wohl oder übel auf Intel. Hier nehmt ihr, je nach Anforderungsprofil:
Prozessor: i3 10100F oder 15 10400F
Die beiden Prozessoren sind die einzigen, die momentan entsprechend ihres Markt- und Performance-Werts bepreist und verfügbar sind. Ihre größten Nachteile werden uns bei diesem Build gleichzeitig zum Vorteil gereicht: Sie sind absolut locked. Das heißt, Intel möchte nicht, dass an den Spezifikationen dieser Prozessoren (im BIOS via Overclocking oder per Software) irgendetwas geändert wird. Ihr könnt sie nicht übertakten, sie vertragen nur Arbeitsspeicher bis 2666 MHz und boosten genau wie von Intel voreingestellt auf ihren maximalen Takt. (Hier kann man mit dem richtigen Mainboard und etwas Tweaking dennoch ein wenig Leistung rausholen). Der 100F ist ein 4-kerner mit 8 Threads, der 400F ist ein 6-Kerner mit 12 Threads. ich habe letzteren gekauft und würde ihn auch empfehlen, wenn Gaming angesagt ist. Für nur-office-angelegenheiten oder echt leichtes Gaming passt der 100F.
Preis: 90 € (10100F neu auf eBay) bzw. 133 € (10400F neu auf eBay, bei Mindfacotry werden 138€ fällig)
Mainboard: Literally das billigste Sockel 1200-Mainboard, das ihr finden könnt.
Ich habe mich für ein Biostar H410-schießmichtot entschieden. (Habe das Zeug tatsächlich gekauft). Das kann im Prinzip nichts außer einen Prozessor aufnehmen, PCIe-Lanes bereitstellen (natürlich nur 3.0 Standard) und RAM-DIMMS aufnehmen. Die RAM-Geschwindigkeit bei diesem Board ist auf 2933 MHz beschränkt, da der Prozessor aber eh nur 2666 kann, alles gut.
Kostenpunkt: 54 € (ebenfalls neu auf eBay)
RAM: Der billigste 2666er RAM den ihr finden könnt ODER ein günstiger 3200er-RAM
wirklich billiger RAM ist leider nicht gut zu finden momentan, 8GB 2666er Riegel kosten auf ebay zwischen 23 und 27€, das macht für meine Referenzmenge von 16GB insgesamt etwa 50€. Allerdings kann man im Angebot auch schon ein Set 3200er CL16 RAM für 56/57 € bekommen. Den Aufpreis würde ich, wenn ihr eh in einem Shop bezahlt, bei dem Versandkosten anfallen, in Kauf nehmen. Ihr bezahlt so viel wie anderswo Versandkosten und erhaltet den deutlich hochwertigeren RAM. Der Prozessor kann zwar ohnehin nur 2666 MHz schnellen RAM bespaßen, aber "bessere" RAM-Kits könnten noch Spielraum für die Senkung der Latenzen mitbringen, was tatsächlich Leistung bringt, weswegen ich persönlich den Aufpreis zahlen würde.
Kostenpunkt: 49 € bzw. 56 € (billiger vs. teurerer RAM auf eBay und Mindfactory oder Alternate)
Jetzt habt ihr einen "Barebone"-PC zusammengestellt. Dieser hat noch kein Gehäuse und ist ohne Grafikeinheit nicht lauffähig, ihr seid jetzt allerdings auch erst bei
günstigstens: 193 €
empfohlen: 243 €
Ich würde an dieser Stelle zwei Optionen empfehlen, die nur dann funktionieren, falls ihr einen bestands-PC habt, der nicht defekt ist:
Übernehmt alle Teile, die irgendwie gehen. Gehäuse, Festplatten/SSDs und bestenfalls auch die Grafikkarte. Verkauft den Rest eures PCs in Einzelteilen. oder:
Übernehmt alle Teile die irgendwie gehen. Kauft die billigsten Ersatzteile, die euch unterkommen (gebrauchte SSD, gebrauchte Grafikkarte, gebrauchtes billigstes Gehäuse, billigstes Netzteil usw.), schustert einen Frankenstein-PC zusammen und verkauft diesen als Komplettpaket.
Falls das nicht geht, oder als Anregung für zu kaufende Teile steigen wir jetzt etwas Tiefer hinab in die Hardwarehölle
Grafikkarte:
Gerade Grafikkarten bekommt ihr momentan überhaupt nicht (...zu angemessenen Preisen). Wie geschildert, sind die aktuellen grafikkarten überall ausverkauft oder wenn überhaupt nur mit Aufschlägen von um die 100% auf die UVP erhältlich. Hierdurch sind natürlich die "Auslaufmodelle" in den Fokus der Käufer gerückt (ähnlich wie bei den Prozessoren dargestellt), weswegen auch diese unverschämt teuer sind. Eine MSI-2080 habe ich letztes Jahr vor Weihnachten für 520€ neu bei Saturn kaufen können. Zwischenzeitlich habe ich sie für 320€ wieder verkauft, momentan bezahlt man für ne neue 2080 Super um die 650€. Gebrauchte Karte auf eBay Kleinanzeigen schießen? Fehlanzeige. Waren bis vor einigen Wochen noch 2080 tis für 500€ handelbar, sind die Preise in der Zwischenzeit auf über 700€ gestiegen, bevor die restlichen Karten ganz weg waren.
Im bereich der 2070 scheint es noch ab und zu Angebote zu geben, die einigermaßen vernünftig sind. So habe ich z.B. auf Kleinanzeigen eine MSI 2070 mit defektem Lüfter für 250€ gesehen. Klar, was für Profis, aber anhand des Fehlerbildes oder durch Umbau auf WaKü leicht zu lösen. Ansonsten gibts hier m.E. momentan ein paar Angebote, die mit dem freien Markt mithalten können: gebrauchte 2070 super für 460€. In der gleichen Leistungsklasse gibt es die ältere, allerdings mit 11GB VRAM ausgestattete 1080ti. Leider ist der freie Markt auch überteuert, also muss man in den sauren Apfel beißen. M.E. gibt es hier einige Optionen:
2070 super für 460€ gebraucht
1080ti für 400€ gebraucht
vega 56 für 250€ gebraucht
980ti/1070 für 200€ gebraucht
RX480 für 100€ grbaucht zum Aufmöbeln des Alt-PCs oder flashen des 580 BIOS
Mit diesem kurzen Marktüberblick lass ich euch alleine, die GPU-Kosten (zwischen 0€ - ihr habt eine taugliche GPU und 460€ für eine gebrauchte 2000er-Karte) müsst ihr drauf addieren.
Ihr könnt aber auch einen Deal-Alarm setzen und hoffen, dass ihr bei nVidia ne Founders Edition 3070 abbekommt, das wäre sowas wie der hardware-Lottojackpot dieses Jahr. Hier erwarten euch für 499€ die Leistung, aber nicht der Stromverbrauch einer 2080ti.
Gehäuse:
Kurze Antwort: Coolermaster Masterbox (eine beliebige) für 40€. Oder Gebrauchtes Billo-Gehäuse für eure alte Hardware für 20€
günstigstenfalls: 20 € (kumuliert 213 € ohne GPU)
empfohlen: 40 € (kumuliert 283 € ohne GPU)
Festplatte/Speicher:
Ebenso kurze Antwort: Die 1TB nvme-SSD von Crucial aus dem Mediamarkt-Angebot für 77€. Zukunftssicher und günstig. Andere interne SSDs von crucial mit sata-Anschluss gibts bei otto für ca. 40€
günstigstenfalls: 40 € (kumuliert 253 € ohne GPU)
empfohlen: 77€ (kumuliert 360 € ohne GPU)
Netzteil:
Hier gibt es wieder mehrere Optionen. Ein Gebrauchtnetzteil kann eine Art Überraschungsei sein. Wenn nur eine Sicherung kaputt ist oder ein Kondensator gammelt, kann das Netzteil unter Umständen keine ripplefreie Spannung mehr liefern und eure Hardware beschädigen. Daher würde ich nur für den verkaufs-PC zum gebrauchtnetzteil von eBay mit etwa 500 Watt für um die 25€ raten. Hier bekommt ihr ein markennetzteil. Ihr könnt auch ein billiges Chinanetzteil zum gleichen Kurs in neu erwerben, müsst aber bei den Billigdingern drauf achten, dass alle Kabel zu den Anschlüssen passen, die eure Hardware bereithält. Auch hier würde ich die Billignetzteile für den Verkaufs-PC vorschlagen.
Als günstigste Möglichkeit, an ein Netzteil zum behalten zu kommen sehe ich momentan die einsteigerlinien der bekannten marken (Gigabyte, Corsair, etc.) für um die 45€. Hier würde ich auf mindestens 550W auf der 12V-Rail und die 80+ Bronze Zertifizierung setzen, die zwar nicht unmittelbar etwas mit der Qualität zu tun haben, aber schonmal ein gewisser Indikator sind.
Weiterhin muss man bedenken, dass nVidia für die neuer 30-Series Netzteilempfehlungen herausgibt: für eine 3080 solltet ihr ein gutes 750W-netzteil vorhalten, für eine 3070 ein 650W-Netzteil. Ich werde also als Empfehlung zum späteren Aufrüsten ein 650W-netzteil berechnen (etwas über 50€), günstigstenfalls nehmen wir den Chinakracher von ebay für 25€. Wollt ihr die GraKa nicht aufrüsten, sondern den Rechner so wie er zusammengestellt ist, betreiben, wovon bei der Hardware auch irgendwie auszugehen ist, reichen euch die 550W-Modelle für 45€.
günstigstenfalls: 25 € (kumuliert 278 € ohne GPU)
empfohlen: 54 € (kumuliert 414 € ohne GPU, aber mit Aufrüstmöglichkeit in Richtung 3070)
Mehr braucht ihr für diesen Build nicht. Ihr habt ein fertiges System zusammengestellt, das euch folgende Möglichkeiten bietet:
- Gaming je nach Grafiklösung: alle AAA-Spiele bis 4K60 /1080p144 (mit dem 6-kerner), leichtes Gaming bis 1440p/60 mit dem 4-Kerner sollte drin sein.
- Overclocking über RAM-Timings, erhöhung des Powerlimits (sofern vom Mainboard supportet) und ggfs. Baseclock (ebenfalls sofern supportet). Das genannte Biostar-Board werde ich noch persönlich testen, schaut hier mal auf meinem Blog vorbei.
- Slot-In-Replacement des Prozessors: Die nächste Intel-Generation (11-Series) wird ebenfalls auf den Sockel 1200 setzen und für die i5, i7 und i9 Serie eine neue Architektur (im alten Fertigungsverfahren, also ein Backport) bieten. Es sind auch für die billigen H410 Mainboards schon BIOS-Updates angekündigt.
Unter dem Strich kommt ihr mit der minimalst-Lösung und der minimalst-Grafikkarte auf
378 €
und mit den empfohlenen Teilen und einer Grafiklösung, die ein bisschen was kann auf etwa
620 €
Dafür erwartet euch ein aktueller, jedoch gelockter 6-Kerner von Intel mit einer nicht-so-aktuellen aber potenten Grafiklösung aus dem letzten Jahrzehnt. Hiermit sollten Konsolen-Like Gaming und produktives Arbeiten bis hin zur Arbeit mit Blender und Adobe Premiere (nutze ich selbst) möglich sein.
Ich persönlich habe mich für die Frankenstein-Lösung mit vielen eBay-Teilen entschieden und halte euch gerne auf demLaufenden, was Leistung und Funktion angeht.