Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen.
Firebird97 :
1. Es geht mir darum, dass man Protest anders verpacken kann, als eine Partei zu wählen, die offen mit Nazis paktiert. Es muss einen Grundkonsens geben, der darin besteht, dass man unsere Grundordnung respektiert, indem man solche Parteien nicht wählt, auch nicht aus Protest. Wer dies dennoch tut und nicht davon ablässt, kann nicht erwarten, dass seine Meinung als eine demokratische Meinung akzeptiert wird. In Bayern beispielsweise könnte man die FW als eine Art "Protestpartei" gegen die CSU verstehen, das ist vollkommen in Ordnung. Die AfD ist ein ganz anderes Level.
2. Dass die Gesellschaft älter wird, die Urbanisierung zunimmt, ebenso wie Globalisierung und wir ein Einwanderungsland sind, sind alles Fakten, die lange bekannt sind. Deswegen sind genannte Probleme aber nicht die notwendigen Resultate - das sind sie nur, weil auf diese Phänomene nicht entsprechend reagiert wurde. Und ich glaube, du unterschätzt enorm den Einfluss der von mir genannten Punkte. Hinsichtlich der Wohnungsnot kann ich die neueste Folge der Anstalt nahelegen, welche für ihre Sendungen auch immer viele Quellen angeben. Wieso Privatisierungen oftmals eine Problematik darstellen, ist beispielsweise für Wohnungen auch in der Sendung erklärt, wo gezeigt wird, dass die Anzahl an Sozialwohnungen enorm abgenommen hat; ein weiteres simples Beispiel für eine misslungene Privatisierung stellt beispielsweise die Bahn dar. Wenn du ein Extrembeispiel sehen willst, schau nach Großbritannien, wo das Schienennetz ein reines Chaos ist. Auch die Privatisierung der Telekom hat uns von einem Vorreiter in Sachen digitaler Infrastruktur in den 80ern/frühen 90ern in den aktuellen Zustand versetzt. Privatisierte Autobahnabschnitte kosten den Staat insgesamt mehr, weil er den Investoren einen gewissen Gewinn versprochen hat und diesen im Zweifel ausgleichen muss. Die Privatisierung der Pflege ist wohl der Gipfel der Absurdität - mit der Bedürftigkeit von Menschen im Alter wird Geld verdient, was dazu führt, dass Stationen unterbesetzt sind, Pflegekräfte unterbezahlt, you name it. Die Urbanisierung wäre kein Problem, hätte man in bessere öffentliche Infrastruktur investiert. Die Globalisierung wäre kein Problem, hätte man nicht unserem Sozialsystem die Beine weggeschlagen. Die Einwanderung wäre kein Problem, hätte man von vornherein klare Regeln festgesetzt. Die Flüchtlingskrise wäre kein Problem, hätte man bereits 2013 (!!!) auf Berichte im Innenministerium reagiert und sich vorbereitet. Diese Probleme sind durch politische Fahrlässigkeit entstanden, nichts weiter. (Privatisierungen sorgen übrigens nicht selten dafür, dass etwas auch für den Staat teurer wird, beispielsweise im Bereich der Wohnungen, auch da verweise ich auf die entsprechende Folge der Anstalt...) Und hör mir auf mit dem "es ist nicht unendlich viel Geld da". Früher waren für diese ganzen Dinge genug Geld da, wir sind eines der reichsten Länder der Erde, und du willst mir sagen, wir haben nicht genug Geld? Ich bitte dich. Wenn die Ärmeren mehr Geld zum Ausgeben haben, kurbeln sie im Übrigen die Wirtschaft an... Eine Sparpolitik ist aber schädlich, wenn dafür die Infrastruktur verfällt und notwendige Investitionen in Bildungs- und Sozialsysteme nicht stattfinden. Würde dir raten, dich mal mit dem Keynesianismus auseinanderzusetzen.
Sozialer Wohnungsbau, zusammen mit Eindämmung von Mietspekulation und Gentrifizierung, können das Problem schon zum Großteil beheben, der Rest wird durch eine gute Anbindung der suburbanen Gebiete erreicht. Alleine in Berlin gibt es laut Vermietern (!) schon 18.000 leere Wohnungen. Zugleich gibt es Überlegungen, Vermieter zu enteignen, in Höhe von circa 100.000 Wohnungen, ich denke, das zeigt schon ordentlich, wie die Lage ist...
Wie wäre es, wenn man in den Pflegeberuf investieren würde, ihn finanziell aufwerten würde, und DANN mal schauen würde, was denn noch so fehlt, anstatt zu sagen "ne das wird nicht reichen"? Und die Groko hat keine Lösungsvorschläge dafür, das sind bestenfalls Pflaster, die man auf riesige Risse klebt.
Eine Vermögenssteuer ist nicht unsinnig, wenn man bedenkt, wie verdammt viel Geld manche Leute haben, das einfach nur rum liegt. Schon mal was davon gehört, dass Eigentum verpflichtet? Steht im Grundgesetz. Geld gehört dazu. Die Einkommenssteuer reicht ja offensichtlich nicht aus. Und mit bürokratischem Aufwand kannst du mir echt nicht ankommen, wenn du ein paar Sätze später sagst, dass die Abschaffung der Hartz 4-Sanktionen ideologisch ist. Ebensowenig ist es hilfreich, zu sagen "ach komm, ehe sie illegalerweise noch mehr Steuern hinterziehen, erheben wir diese erst gar nicht", weißt du eigentlich, wie lächerlich das ist? Ich sehe sogar ein, dass diese Leute dann vermutlich noch mehr versuchen würden, zu hinterziehen; in dem Fall muss das aber auf einer europäischen Ebene geschehen.
Die Hartz-Sanktionen sind bürokratischer Unfug, der einfach nur kostet und wenig bringt, zumal er in meinen Augen gegen den ersten Artikel unseres Grundgesetzes verstößt. Das gesamte Hartz-System schafft es eher, Leute zu demobilisieren als sie in Arbeit zu bringen, eben weil man sie so sehr kontrolliert (die psychologischen Probleme, die damit einhergehen können, sind erheblich) und dann noch so hirnrissige Auswüchse hat, wie dass Einkommen 1:1 angerechnet wird, sodass man trotz Arbeit gleich viel Geld zur Verfügung hat. Die Mindestrente der Groko ist einfach zu niedrig und zumindest aktuell wäre mir nicht bewusst, dass diese länger als 2025 halten soll. Wieso würde die Abschaffung der privaten Vorsorge die Probleme verschärfen? Wir haben auf der einen Seite die Menschen, die sich die private Vorsorge leisten können, und auf der anderen Seite die, die das nicht können. Wenn die Systeme zusammengelegt werden, haben erstere weniger und letztere mehr. Das verringert die Schere zwischen arm und reich, weil letztere sich nicht mehr dem Solidarsystem entziehen können. Österreich hat auch Probleme, ja, aber dennoch ist es richtig, alle einzahlen zu lassen.
3. Das Video werde ich mir nicht ansehen, weil es nichts beiträgt, genauso gut könnte ich dir ein Video verlinken, in dem das genaue Gegenteil gesagt wird.
4. Wenn ich mir ansehe, wie groß der Frauenanteil in Führungsgremien, Managerpositionen oder beispielsweise auch bei Professuren oder sogar im Bundestag ist, dann haben wir noch lange keine Gleichheit, auch keine gleiche Leistungsbewertung.
5. Bei Autos sollte man sich imo auf Brennstoffzellen fokussieren, die haben zwar einen geringeren Gesamtwirkungsgrad, haben aber nicht das Problem der Batterieherstellung.
Scorchwood :
1. Nein, diese Versuche gibt es ca. seit 2016, das Asylrecht wurde seitdem konstant verschärft, Asylanträge werden immer öfter (fälschlicherweise!) abgelehnt. Wenn du das Leistungsbetrieb so siehst, wie du es gerade beschreibst, solltest du ein riesiger Befürworter dessen sein, dass Pfleger besser bezahlt werden. Bist du das?
Lässt sich nicht auf Schule anwenden. Ich bin ebenfalls zu Zeiten von rot-grün in die Schule gegangen; meine Noten sagten damals wie heute nichts darüber aus, wie leistungsfähig ich bin, sondern lediglich, wie schnell und einfach man sich an Sachen erinnern kann oder dieses Schulsystem zu seinem Vorteil nutzen kann. Wer erbringt denn mehr Leistung - der, der ohne sich Mühe zu geben, richtig gute Noten schreibt, oder der, der sich viel Mühe gibt, vielleicht sogar Nachhilfe nimmt, und damit gute Noten schreibt? Wer gehört wie gefördert und wie hat das auszusehen? Muss man nicht viel eher die Stärken aller Schüler fördern, und zugleich die, die nicht so stark sind, umso mehr fördern?
Inklusion geht dann schief, wenn es nicht genug Personal gibt, um alle Schüler entsprechend zu fördern. Das ist das große Problem. Im Übrigen würde ich mich nie beschweren, dass meine Mitschüler mit damals runtergezogen hätten, das wäre nämlich eine Lüge. Vielleicht war das bei dir ja anders, aber auch das kann man nicht verallgemeinern. Beispielsweise kann es auch den positiven Effekt haben, dass man nicht schon von Kindesalter an "Eliten" heranzüchtet, die mit den "normalen" Leuten nie was zu tun hatten.
2. Nein, neben der CSU war immer schon die Wand und daneben Nazis, das hat sich damals wie heute nicht geändert. Viel eher verschiebt die AfD das politische Koordinatensystem und die Grenzen des Sagbaren. Nur, weil die CSU nicht rechtsextrem wie die AfD ist, heißt das nicht, dass die CSU nach links gerückt ist.
3. Zur Erbschaftssteuer wurde bereits etwas gesagt.
@derlombax :
Die Grünen sind inhaltlich relativ beliebig geworden und haben in den Jamaika-Sondierungen alles, was ansatzweise "links" ist, als erstes über Bord geworfen, in BW sind sie praktisch schwarz. Mal schauen, wie sich das mit den beiden Vorsitzenden (die ich im Übrigen ebenfalls sympathisch finde) entwickeln wird, aber bisher ist diese Kritik berechtigt.
Du darfst gerne ausführen, wo die Grünen "rassistisch gegenüber Deutschland" sind, was wirklich himmelschreiender Unfug ist, mit Verlaub...
Ich fände irgendwas ohne die konservative CDU erfrischend...
Edex :
Bei einigen Punkten stimme ich dir zu, diese kommen zu den von mir genannten Punkten hinzu, bei denen, denen ich nicht zustimme, wurde bereits widersprochen.
...so viel zu "ich fasse mich kurz"...