Ich weiß gar nicht, wie oft ich jetzt schon angefangen habe, das hier zu schreiben, nur, um es am Ende doch wieder zu löschen. Ich weiß, dass mir bei diesem Thema keiner behilflich sein kann und das erwarte ich auch gar nicht. Aber da es mich so sehr beschäftigt, dass ich teilweise nachts nicht mehr schlafen kann will ich es einfach nur mal los werden.
Ich bin jetzt seit fast zwei Jahren in einer Beziehung mit meinem Partner, den ich wirklich über alles liebe. In einer Woche werde ich 37 und er wird im Sommer 52 Jahre alt. Leider ist er durch eine Autoimmunerkrankung (Morbus Wegener), Diabetes, Rheuma und einige andere Geschichten, gesundheitlich stark angeschlagen. Einige Monate bevor wir uns kennenlernten, wäre er fast gestorben, da durch Entzündungen ein Blutgefäß in seiner Lunge so porös geworden ist, dass sich fast zwei Liter Blut in seiner Lunge gesammelt haben. Als ich ihn dann kennenlernte, hatte er sich davon aber schon wieder gut erholt und man merkt ihm davon heute kaum etwas an.
Zusätzlich zu seinen gesundheitlichen Problemen kommt chronischer Schlafmangel, teils durch Rheumabedingte Schmerzen, teils durch seine Arbeit. Er ist seit über 25 selbstständig und hat einen Abschleppdienst, früher noch mit Angestellten, heute macht er alles ganz allein. Das führt dazu, dass er nachts oft aus dem Bett geklingelt wird und nicht einmal drei bis vier Stunden Schlaf bekommt. Natürlich mache ich mir andauernd Sorgen um ihn und seine Gesundheit und nehme deshalb sehr viel Rücksicht auf ihn.
Da ich immer froh bin um jede Minute Schlaf, die er bekommen kann, lasse ich ihn auch meist in Ruhe, wenn er Abends nach Hause kommt, selbst, wenn ich eigentlich gern mal mit ihm kuscheln oder auch einfach nur mal über irgendwas reden würde. Ich will ihn nach seiner Arbeit aber auch einfach nicht stören.
Was mich aber eigentlich dazu treibt, mich hier "auszukotzen", ist die Tatsache, dass ich vor ca. einem Jahr festgestellt habe, dass sich, entgegen allem, was ich mir selbst mein ganzes Leben immer wieder eingeredet habe, ein massiver Kinderwunsch eingeschlichen hat. Ich habe aber furchtbare Angst davor, mit meinem Partner darüber zu reden, denn ich weiß durchaus, dass es absolut unvernünftig wäre, in dieser Konstellation ein Kind in die Welt zu setzen und ich schäme mich sogar, überhaupt den Wunsch danach zu haben.
Mittlerweile ist der Kinderwunsch aber so stark geworden, dass mir schon beim Anblick von Müttern mit Kindern und Babys die Tränen kommen.
Vor drei Wochen ging es mir deswegen so schlecht, dass mein Partner wissen wollte, was los ist. Ich habe in dem Moment aber absolut kein Wort heraus bekommen. Weil ich mich deswegen dann aber auch schlecht gefühlt habe, habe ich es ihm dann aufgeschrieben. Seine Antwort war dann folgendes:
"Das tut mir Leid. Ich bin dafür aber der falsche und zu alt dafür. Sorry.
Wenn du so einen großen Wunsch danach hast, musst du dir, traurig dann für mich, einen jüngeren dafür suchen, auch wenn es dann schmerzlich für mich ist, dich zu verlieren. Ich möchte aber nicht, dass du wegen mir leidest oder auf was verzichten musst. Ich kann nicht mehr in dem Alter und vor allem mit meinen Krankheiten."
Damit war das Thema für ihn gegessen.
Natürlich wusste ich, dass so eine Antwort kommt und ich weiß auch, dass er im Grunde ja Recht hat und es unfair von mir ist, deswegen traurig zu sein. Er hat jedes Recht der Welt, keine Kinder haben zu wollen und es ist ja auch definitiv verantwortungsvoller, bei dieser Konstellation keine Kinder in die Welt zu setzen. Aber es hat mich trotzdem verletzt. Ich fühle mich absolut beschissen, habe gleichzeitig aber ein furchtbar schlechtes Gewissen weil ich mich beschissen fühle.
Mit meiner Familie kann ich darüber nicht reden. Meine Eltern sind beide schon tot und meine Schwestern sind auch keine Option. Die ältere strickt in Gedanken schon Babyklamotten, seit ich wohl einmal irgendeine Bemerkung gemacht habe und für die jüngere habe ich allein durch den Gedanken an eigene Kinder schon Hochverrat und sämtliche Verbrechen begangen, die es gibt. Zu meiner dritten Schwester habe ich seit Jahren keinen Kontakt mehr, die fällt also auch weg.
Zur Mutter meines Partners traue ich mich auch nicht, seit sie mal sagte, ich solle doch froh sein, dass ich keine Kinder habe, man wäre im Alter ja doch allein, nachdem ich mal sagte, dass ich den Wunsch meiner jüngeren Schwester, für immer Kinderlos zu bleiben nicht mehr wirklich verstehen kann.
Ich weiß, letzten Endes führt kein Weg daran vorbei, dass ich eine Entscheidung treffen muss, die mir keiner abnehmen kann. Bei dem Mann bleiben den ich liebe und dafür auf Kinder verzichten oder die Beziehung aufgeben und versuchen jemand anderen zu finden, solange ich noch Kinder kriegen kann.
Wie gesagt, ich wollte mich einfach nur mal auskotzen weil ich einfach nicht mehr wusste wohin damit.