Ich möchte diese erneute Gelegenheit nutzen und weitere Missverständnisse aus der Welt schaffen, sowie ein paar grundsätzliche Dinge erklären.
Der Veganismus ist und war schon immer primär eine ethische "Bewegung", hat aber auch offensichtlich gesundheitliche, ökologische und sonstige Facetten (wie z.B. Verteilungsgerechtigkeit). Somit bedeutet das, dass jemand, der vegan isst und lebt, dies natürlich nicht automatisch aus ethischen Gründen tut, aber die meisten tuen das. "Vegan" ist auch kein Synonym für gesund oder umweltfreundlich. Mein Snooker-Held bspw. (Neil Robertson) ist auf eine vegane Diät gewechselt, primär aus gesundheitlichen Gründen - er trägt immer noch nicht-vegane Kleidung (wie Schuhe, Anzugwesten) und sein Köö hat vermutlich immer noch eine Spitze auf Schweinsleder. Veganer sind genauso wenig homogen wie Fleischesser und niemand sollte im Namen aller sprechen. Hier in diesem Thread (und auch darüber hinaus) haben wir das Problem, dass oft Diskussionen über verschiedene Themen vermischt werden, denn man versucht ja schließlich, seine Argumente möglichst zu kompaktieren.
Man kann niemals ein 100%-iger Veganer sein. Das liegt einerseits an der schieren Allgegenwart tierischer Produkte und Stoffe in sonstigen Produkten. Dass Getränke wie Säfte und Weine häufig mit Gelatine geklärt werden, die allermeisten Süßigkeiten Milch(produkte), Eier und/oder Gelatine enthalten, häufig Kleidung aus Tieren gemacht ist, Kosmetik, Müsli, Backwaren uvm. tierische Inhaltsstoffe enthalten, macht es schwierig, auf etwas nicht-veganes nicht zu stoßen. Das lässt sich umgehen, indem man regionale und Bio-Produkte kauft sowie solche, die möglichst wenig "behandelt" wurden und mittlerweile werden viele Produkte als vegan/vegetarisch gekennzeichnet, wo man auch davon ausgehen kann, dass es auch so sein wird.
Andererseits ist nun mal die harte Realität, dass die Menschen alleine durch ihre Existenz Tiere auch unbeabsichtigt töten. Natürlich tritt man beim Laufen auf Ameisen und im Mehl wird sich vermutlich die ein oder andere Fliege eingefangen haben. Durch Schädlingsbekämpfung werden unzählige Ratten in Fabriken getötet, in denen unter anderem auch Soja für Menschen verarbeitet wird und mit Pestiziden werden Schnecken, Insekten, Spinnen und Vögel vernichtet.
Die offizielle Definition besagt, dass der Veganismus eine Lebensweise ist, die versucht - soweit wie praktisch durchführbar - alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und anderen Zwecken zu vermeiden. Die Fettierungen sind der Kernpunkt dieser Definition - es geht darum, soweit wie es uns möglich ist, auf Tierprodukte zu verzichten. Wirklich vegan werden wir wohl nur leben können, wenn es keine anderen Tiere auf der Erde mehr gibt; bis dahin (lol) geht es lediglich um Schadenbegrenzung.
Wenn Fleischesser mit Argumenten gegen den Fleischkonsum konfrontiert werden, löst das oft einen Verteidigungsmechanismus aus, aus welchem heraus Veganern vorgeworfen wird, sich auf ein moralisch hohes Ross zu stellen. Das liegt daran, dass Veganismus gegenüber Fleischkonsum laut unseren ethischen Standards höher gestellt ist. Daraus folgt aber doch nicht, dass Veganer bessere Menschen seien und es ist ein Gerücht, dass die meisten Veganer das auch glauben. Denn (wie schon mal gesagt) geht es erstens nicht um dich und mich, sondern um das Tier, das in dieser Diskussion leider kein Stimmrecht hat und zweitens schon gar nicht darum, dich und mich gegenüberzustellen und unsere Moral zu messen. Es geht darum, dass ich besser handle als mein früheres ich.
Niemand hat hier je behauptet, Reduktion des Fleischkonsums sei nichts wert oder würde nicht hingenommen werden. Denn egal ob es nun um ethische oder Umweltschutz-Standpunkte geht, natürlich ist eine Reduktion besser als nichts, schon allein mathematisch gesehen. Aber, und das hat
@Vast Vision korrekt angemerkt, ist eine totale Abstinenz immer noch besser als eine Reduktion. Soll heißen: gar kein Fleisch > ein mal Fleisch > 5 mal Fleisch > 10 mal Fleisch pro Woche (">" heißt hier "besser als"). Da ändert auch nichts daran, wenn man nun schon die Ehrlichkeit der Diskutanten in Frage stellt.
Niemand ist perfekt. Was ist denn schon perfekt!? Auch der Veganismus wird als Lebensweise nie perfekt sein, aber das heißt doch nicht, dass man nicht zumindest versuchen soll, nach Perfektion zu streben. Von Veganern verlangt man aber oft genau das - Perfektion. Denn wenn Veganer mal einen Schluck Milch trinken oder mal Auto fahren obwohl sie aus Umweltschutz handeln, sind sie riesige Heuchler.
Ob umweltschutztechnisch nun Veganismus oder Fahrradfahren besser ist, weiß ich nicht ganz. Ich tendiere zu ersterem, da für Tiere in der Tierhaltung ein vielfaches an Ressourcen (wie Grünfläche, "Futter" und vor allem Wasser) gebraucht wird und die Massentierhaltung alleiniger Spitzenreiter als Klimasünder ist. Ob ich aber umweltfreundlicher als z.B. Arrior - der seine Produkte regional kauft und (so weit ich mich erinnere) kein/kaum Auto fährt - handle, wage ich mir nicht anzumaßen, da dazu mehr dazugehört und ich nicht mehr über seine Klimasünden weiß und mir definitiv über einige meiner nicht klar bin. Aber ich handle auf jeden Fall umweltfreundlicher als ich es letztes Jahr oder vor 5 Jahren tat. Und so werde ich auch versuchen, weiterzumachen.