@MarieAntoinette @Sheogorath @Paya @Rusalka
@southheart dir gebe ich erst mal die Gelegenheit, aufzuschließen :)
10: Gnadenlos
„Halt...Cedric...hey, jetzt bleibt doch mal hier.“
Tristan lies sich nicht einfach abweisen und packte Cedric nun wiederholt, dieses Mal nur sehr viel kräftiger, am Handgelenk. Widerwillig lies sich der Waldläufer aufhalten und betrachtete ihn nur aus nüchternen Augen. Tristan schien einen Moment lang etwas in ihnen zu suchen, seufzte allerdings nur nach ein paar stillen Sekunden und erhob sich ebenfalls.
„Ich sagte dir doch, du sollst nicht zu ihr rüber gehen.“, belehrte er ihn, schien sich einzubilden, eine Ahnung zu haben, was Remilia zu Cedric gesagt haben könnte.
„Eine unangenehme Zeitgenossin, nicht wahr?“
Cedric ignorierte Tristans Kommentar, schwieg auch für ein paar weitere Momente, was dazu führte, dass die Beiden mitsamt ihren Pokémon stumm im Raum standen. Ein weiterer, kurzer Blick über die Schulter verriet, dass Remilia ihnen immer noch den Rücken kehrte. Gar mochte man von ihr den Eindruck haben, noch überhaupt keine Kenntnis von den Zwei genommen zu haben. Cedric entfuhr ein Schnauben, ehe er sich letztendlich Tristan zuwandte.
„Ich kann dir versichern, wir haben sehr unterschiedliche Ansichten von ihr. Aber sie hat mich zum Nachdenken gebracht.“
„Nachdenken worüber?“
Keine Antwort. Cedric hatte nicht die geringste Ahnung, wie viel Gewicht er den Worten Remilias geben sollte, für den Fall aber, dass er sich vor Tristan tatsächlich in Acht nehmen musste, hatte er mit bedrohlichem Unterton eine Warnung andeuten wollten. Ohne Ergebnis, entweder war Tristan wirklich harmlos, oder konnte wahnsinnig überzeugend den Unschuldigen spielen. Verflixtes Dilemma.
Mit ihren Pokémon im Schlepptau steuerten sie nun auf den Ausgang zu. Doch noch bevor sie die Kneipe durchquert hatten, geschah etwas unerwartetes.
Ein Knall ertönte ob des wuchtigen Einschlages. Holz krachte, zersplitterte laut und alle Anwesenden schreckten auf. Die ruhige Atmosphäre war in Sekundenbruchteilen zerstört worden und ein Raunen ging durch die gesamte Gästeschaft, während jedes Augenpaar auf dem Mann ruhte, der gerade eben durch die Holztür geflogen war. Cedric erkannte ihn sofort als den grimmigen Türsteher, der ihnen zuvor den Weg nicht hatte frei machen wollen. Ein anderer Besucher schien weniger zurückhalten mit roher Gewalt an ihm vorbei zu wollen. Für ihn offenbar ein sehr unglücklicher Tag.
Lange betrachtete er den Mann am Boden allerdings nicht, da der offensichtliche Verursacher dieses Aufruhrs eintrat. Er bemerkte noch, wie Komura sich an die Seite seines Herren gesellte, bereit, jeden potentiellen Feind zu attackieren.
Für den ersten Moment rechnete Cedric mit einem wahrscheinlich groß gebautem, kräftigen Unruhestifter, dem ebenfalls der Zutritt zur Kneipe verwehrt werden sollte und darüber nicht erfreut war. Jedenfalls war dieser Gedanke naheliegender , als das, was Cedric gerade tatsächlich sah.
Er selbst wurde mit seinen 19 Jahren von den meisten alten Leuten immer noch ein Junge genannt. Die eintretende Person war - das sah man schon auf den ersten Blick – definitiv jünger als er. Dementsprechend fassungslos war sein Blick, angesichts der Tatsache, dass sie in prächtiger Rüstung gekleidet war, die so gut poliert war, dass man selbst bei dem etwas spärlichem Licht die Details erkennen konnte. Der glänzend saubere Stahl war elegant verarbeitet und mit anmutigen Gravuren versehen. Am Oberkörper besaß die Panzerung keinerlei Lücken, Arme Beine dagegen schützte sie nur an der Vorderseite, wodurch die Beweglichkeit wohl gewahrt werden sollte. Darunter erkannte er dickes, schwarzes Leder. Ein Blickfang waren auch die Schulterplatten, die mit gewellt hervorstehenden Spitzen entfernt an Flammen erinnerten und ebenfalls von Gravuren geziert wurde. Eine meisterliche Schmiedearbeit wie diese, sah Cedric zum ersten Mal.
Einen Helm trug die Person nicht, so konnte man klar das kantige Gesicht mit dem grimmigen Blick sehen. Die Haare waren kurz, dunkelblond und etwas zerzaust. Spontan schätzte Cedric ihn auf höchstens 18 Jahre, vielleicht sogar weniger. Konnte das dennoch wirklich ein Ritter sein? Was sollte solch eine Persönlichkeit hier zu suchen haben? Gab es jetzt etwa noch mehr Schwierigkeiten?
Beim Eintreten – den Mann am Boden lies er relativ unbeachtet – kniff er ein paar Mal die Augen fest zusammen, musste sich offensichtlich an die schwache Beleuchtung hier drinnen gewöhnen. Er allerdings kam nicht dazu, die Stille mit seinem Wort zu brechen. Das übernahm just in diesem Moment Tristan.
„Kecigor?!“
Während Cedric gerade ungläubig abschätzte, ob er sich verhört hatte, sah der Angesprochene prompt auf und schien in Tristan ein bekanntes Gesicht zu finden.
„Mir war klar, dass ich dir hier irgendwo finde.“, sein Ton war irgendwie mürrisch, jedenfalls nicht unbedingt erfreut, wie Cedric fand. Tristan ignorierte dies und ging auf diesen Kecigor zu. Eine kameradschaftliche Geste zur Begrüßung blieb aus. Stattdessen sah Tristan auf den niedergeschlagenen Türsteher hinab, der sich nur schwach und sichtlich unter Schmerz rührte.
„Was hast du denn mit dem gemacht?“
„Tse, der wird in Zukunft wissen, wie er mit mir zu reden hat.“, war alles, was er sagte.
„Verstehe, hör mal, die ich will dir jemanden vorstellen.“
Er wandte sich um.
„Hey Cedric, komm mal her, anstatt so geistlos zu starren.“, lächelte er.
Zunächst kam er der Aufforderung nicht nach. Nicht, ehe er die Frage stellen konnte, die ihm auf der Zunge brannte.
„Was für Leute kennst du denn?“
Vorsichtig lugte Cedric um die Mauer des alten Hauses, den Körper gerade so gegen selbige gedrückt, um nicht zu sehr aufzufallen und somit die Aufmerksamkeit vorbei trottender Menschen auf sich zu ziehen. Niemand schien sie beachtet zu haben, als das Trio mitsamt der zwei Pokémon aus der Kneipe herausgetreten und direkt in eine Seitengasse abgebogen war, um dem allgemeinen Trubel zu entgehen. Dass in einer solchen Gegend niemand diesen Ritter ins Visier genommen haben sollte, hielt er für sehr unwahrscheinlich, doch niemand schien ihnen Beachtung geschenkt zu haben. Trotzdem wollte er weiterhin vorsichtig bleiben, solche Gegenden waren unberechenbar. Misstrauisch grübelnd drehte Cedric sich letztendlich von der Wand weg und widmete sich Tristan und dessen Bekannten.
„Kein schöner Ort, um sich kennen zu lernen, aber darüber müssen wir wohl hinweg sehen.“
Tristan, der mit verschränkten Armen abwartend an der Wand gelehnt hatte, machte Anstalten, den Ritter vorzustellen, der dies jedoch rasch selbst übernahm.
„Nun denn, ich bin Kecigor, Ordensritter der Flamme.“
Mit gestraffter Haltung und ernstem Gesicht salutierte er vor ihm, indem er seine Faust auf den Brustkorb schlug.
„Es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen, Freund von Tristan.“, und ihm anschließend die Hand hinhielt.
Cedric lächelte amüsiert, schaut kurz zu Tristan rüber, der nur eine Augenbraue hob. Den Händedruck – der Kerl hatte gewaltige Kraft – erwiderte er dann ohne weiteres Zögern.
„Ganz meinerseits, aber Cedric reicht vollkommen aus.“
„Ich hätte nie gedacht, dich hier zu treffen, warum bist du hier?“, mischte sich Tristan wieder ein.
„Ich bin nicht allein in die Stadt gekommen.“
Tristans Augen wurden groß.
„Hast du ihn etwa mit hergeb...“
„Einer unserer erfahreneren Ritter spricht gerade mit dem Kommandanten der Miliz. Mit ihm bin ich hergekommen.“, unterbrach er ihn. Eine Antwort von Tristan bahnte sich an, doch vorerst fuhr Kecigor mit nun viel ernsterem Gesicht fort.
„Dort in der Kaserne habe ich eure Steckbriefe gesehen.“
Mit einem Mal war Cedric höchst alarmiert. Verfluchter Dreck. War der etwa hier, um die Beiden in den Knast zu befördern? Rasch zog er sich einen Schritt zurück, die Hand schon am Schwertgriff und Komura ebenfalls in Angriffsbereitschaft.
„Lass das sein.“, gab ihm Kecigor in seiner autoritären Haltung zu wissen. „Ich habe nicht vor, euch festzunehmen.“
Cedric hielt inne, entschied sich aber, seine Hand noch nicht von dem Griff zu entfernen.
„Sondern?“
„Ich habe vom Kommandanten erfahren, was in etwa passiert ist. Ihr werdet mit mir zur Kaserne kommen und die Chance kriegen, ihn davon zu überzeugen, dass ihr kein Verbrechen begangen habt.“
Er hob eine Augenbraue.
„Sofern das denn der Fall ist.“
Cedric fiel auf, dass er nicht nur ihn, sondern auch Tristan mit scharfen Augen musterte.
„Dass du mir nicht traust, verstehe ich, aber ich dachte ihm gegenüber sei das anders.“, sagte Cedric mit einem Nicken in Tristans Richtung.
„Ich traue ihm.“, antwortete er ohne Wimpernzucken, „Aber wenn er diesmal doch einen Fehler begangen und das Gesetz gebrochen hat, bin ich nicht sein Freund, sondern der Mann, der ihn zur Verantwortung ziehen wird.“
Er sah zum Schwarzgekleideten hinüber.
„Und das weiß er auch.“
„Dann haben wir nicht viel zu befürchten.“, sagte Tristan heiter. Er war mit einem Mal in Aufbruchstimmung. Auch Cedric hatte keine Einwände mehr und folgte Kecigor, der die Gruppe nun stumm anführte. Seine Augen blieben einen Moment lang an der riesigen, schwarzen Schwertscheide, die er am Rücken trug, hängen. Wie er so über den Ritter nachdachte, kam er nicht drum herum, erstaunt von seiner Einstellung zu sein. Sich seinen Rang in diesen jungen Jahren zu erarbeiten, war schon eine besondere Leistung. Doch sein Pflichtbewusstsein gegenüber dem Gesetz hatte noch mehr Priorität, als seine Freundschaft zu Tristan. Aus seiner Sicht nicht sehr vorteilhaft, aber neutral betrachtet doch lobenswert. Eigentlich brannte ihm die Frage auf der Zunge, woher sich die beiden überhaupt kannten, doch er entschied sich, dieses Thema zu verschieben. So, wie er Tristan bereits kannte muss es auch für diese Bekanntschaft ein interessantes Ereignis in seiner Vergangenheit geben.
Als seine Gedanken eine andere Richtung einschlugen, fragte er sich erneut, welches Märchen die Torwache seinem Boss wohl eingetrichtert hatte, damit diese dämlichen Steckbriefe gemacht wurden. Besorgt blickte er zu Boden. Er hoffte inständig, beim Kommandanten nicht auf taube Ohren zu stoßen und dass dieser sie nicht einfach einbuchten würde.
„Keine Sorge.“, flüsterte Tristan von der Seite.
„Ich hab dir doch von damals erzählt oder? Kommandant Ullrich kennt mich. Er wird mir zuhören und es wird gut ausgehen, da bin ich sicher.“
Cedric atmete einmal tief und blickte gen Himmel. Er hoffte, dass Tristan Recht hatte. Ihm würde eine große Last abgenommen werden, wenn er sich darüber keine Sorgen mehr machen müsste. Schließlich wollte er hier einen Neuanfang machen.
'Nur optimistisch bleiben', erinnerte er sich selber und musste innerlich lachen. Früher hätte er nie so gedacht.
In den darauf folgenden Minuten wurden keine weiteren Worte gewechselt. In den Gassen des Problemviertels unter einem grauen Himmel war eine erdrückende Atmosphäre spürbar, die mit jedem Schritt deutlicher wurde. Unberührt davon führte Kecigor die Gruppe weiter in die Richtung in der Cedric den Marktplatz in Erinnerung hatte in dessen Nähe angeblich die Kaserne der Stadtwache war. Die absolute Stille öffnete die Tür für seine Gedanken, sich verschiedene Szenarien auszumalen, was ihn dort erwarten könnte und seinen Herzschlag ganz langsam immer weiter beschleunigten.
Dann, mit einem mal wurde dieser Puls unglaublich schmerzhaft in der Brust, als er etwas bemerkte. Absolute Stille? Schnell blickte er zu seiner Rechten, wo Komura neben ihm herlief. Als hätte er es in genau dem selben Moment gemerkt, blickte sein Pokémon ihm in die Augen, welche bei ihm alarmiert aufgerissen waren. Das Tornupto festigte seinen Stand und begann wütend zu knurren.
„Hey!“, rief Cedric den beiden Vorderleuten zu, die seine Reaktion anscheinend nicht bemerkt hatten und sich erst jetzt nach ihm umdrehten. Beide realisierten sofort die Situation, Tristan stellte sich dich an Maros Seite und zog sein Schwert. Kecigor hingegen drehte sich wieder um, da er als Erster die Person bemerkt hatte, die plötzlich auf der Straße vor ihnen aufgetaucht war. Eine dünne Frau von gebräunter Hautfarbe und schwarzem, geflochtenem Haar grinste die Gruppe mit verschränkten armen frech an. In enger, dunkler Kleidung, gezeichnet von Wunden und einer ungewöhnlichen Körperhaltung machte sie den Eindruck eines Raubtieres. Weitere Menschen kamen langsam aus den Ecken der Häuser hervor, alle ungepflegt, dreckig, bewaffnet. Sie waren von mindestens einem Dutzend Straßenräubern eingekreist.
„Ach, verdammt.“, fluchte Cedric leise, doch er hätte es ahnen müssen. Nachdem Kecigor auf dem Weg hierher sämtliche Blicke auf sich gezogen hatte, hatte Cedric nicht gemerkt, wie menschenleer es auf einmal war. Die trügerische Ruhe war ebenfalls ein Anzeichen darauf, dass hier ein Hinterhalt geplant war. Mit gezogener Waffe nahm er seine Kampfposition – die Knie leicht gebeugt und das Schwert in der rechten Hand parallel zum Bein – ein. Nur Kecigor stand nach wie vor seelenruhig da und betrachtete die Frau, welche womöglich die Anführerin der Bande war.
„Schau an, heute ist ein echter Glückstag. Gleich zwei gesuchte Verbrecher und sogar ein Ritter.“, lachte sie.
„Ich dachte mir schon, dass sowas passieren wird.“, antwortete dieser seufzend, sprach aber mit drohenden Ton weiter.
„Wenn du meinen Rang kennst, brauche ich dich wohl nicht zu warnen oder? Falls doch, lass dir gesagt sein, dass ich dich und alle anderen hier als Feinde anerkenne, sollte es jemand wagen, uns anzugreifen.“
Nun zog auch er seine Waffe.
„Ich werde ohne Zurückhaltung kämpfen.“
Aus der Scheide an seinem Rücken zog er das größte Schwert, das Cedric jemals gesehen hatte. Es war beinahe Mannshoch und breiter als ein Oberarm. Es hatte einen geraden, ungeschärften Rücken von schwarzer Farbe. Die Klinge dagegen war leicht gebogen, glänzte in einem hellen Silber. Seine Hand umfasste fest einen Griff, den dunkelrotes Leder und ein nur sehr schmaler Knauf zierte. Ein paar edle Gravuren zierten den Stahl. Zudem besaß die Waffe keine wirklich Parierstange, sondern eine Verdickung, die Griff und Klinge voneinander trennte. Cedric konnte es nicht fassen, als er sah, dass Kecigor scheinbar keine Mühe hatte, dieses monströse Schwert zu führen, als er es auf die Frau richtete.
„Kommt her, ich werde es mit jedem von euch aufnehmen.“
„Überschätze dich ja nicht!“, schrie sie und stürmte los, was selbige Reaktion bei den anderen Männern auslöste.
Cedric tauschte erneut einen Blick mit Komura aus. Er und Tristan befanden sich momentan unter der Obhut eines Ritters. Da dieser ebenfalls angegriffen wurde, würde jede Kampfhandlung hier unter Selbstverteidigung fallen und keine neue Strafe nach sich ziehen. In diesem Falle...
„Keine Zurückhaltung.“, befahl er.
Komuras Gesicht zieht etwas, dass einem Grinsen ähnlich kam und entzündete seinen Flammenkragen.
„Los, Flammenwurf.“
Das Tornupto holte einmal tief Luft, wobei es heißes Feuer in seinem Rachen sammelte. Als er diese in einem sengenden Flammenstrahl entweichen ließ, trieb das die Banditen sofort zur Seite und spaltete die gesamte Gruppe in zwei Hälften. Nach diesem einen Befehl agierte Komura dann auf eigene Faust.
Brüllend rannte er auf einen der Angreifer zu. Der hatte bereits zu einem Schlag mit seinem Beil angesetzt, scheiterte aber an der Ausführung, als das Tornupto auf ihn zu sprang, sich in dessen Arm verbiss und ihn mit seinem ganzen Kampfgewicht zu Boden riss. Cedric dagegen verweilte in seiner Kampfhaltung, als sich ihm ebenfalls ein Gegner näherte. Dieser holte zu einem beidhändigen Schlag aus, sprang zudem in die Luft um zusätzliche Kraft für seinen Angriff zu gewinnen. Die Bewegung war leicht zu lesen, sodass Cedric den Schlag rechtzeitig parieren konnte, allerdings um seinen festen Stand kämpfen musste und in Rücklage geriet. Kreischend schabten die Klingen aneinander, als beide Kontrahenten versuchten, den Gegner zurück zu drängen. Mithilfe einer Körperdrehung schaffte es Cedric, den Angreifen an sich vorbei zu lenken und ihm mit der freien Hand einen Faustschlag auf die linke Wange zu verpassen. Gleich darauf drehte er sich im Uhrzeigersinn und fügte ihm einen schmerzhaften Schnitt quer über dem Rücken zu wodurch er schreiend zu Boden ging und sich beeilte kriechend dem Kampf zu entkommen.
Da von ihm also keine Gefahr mehr ausging, suchte Cedric sich einen neuen Gegner. Weil ihn aber in diesem Augenblick niemand angriff, wagte er es einen Moment, sich nach der Lage von Tristan und Kecigor zu erkundigen. Beide hatten sie schon mehrere Angreifer Kampfunfähig gemacht.
Dass Tristan fast schon spielend mit seinem Gegner fertig wurde überraschte ihn in diesem Augenblick nicht mehr. Mit seiner schnellen Reaktion hatte er keinerlei Hilfe nötig, sodass sich Maros darauf beschränkte, ihm den Rücken zu decken und weitere Feinde mit Ruckzuckhieben und Finten abzuwehren, denen mit bloßem Auge nicht zu folgen war . Um die zwei musste er sich definitiv keine Sorgen machen.
Kecigor duellierte sich mit der Anführerin der Gruppe, welche ein großes Talent für den Umgang mit dem Säbel aufwies. Man erkannte auf den ersten Blick, dass ihre Kampffähigkeiten sich von denen der anderen unterschied. Die Art und Weise, mit der Kecigor ihre Schläge blockte, war erstaunlich. Tatsächlich schien sein Zweihänder für ihn so gut wie nichts zu wiegen, so schnell führte er ihn. Mittels einer Körpertäuschung lies er sie schließlich ins leere rauschen und befand sich plötzlich direkt hinter ihr. Blitzschnell drehte er die Waffe in seinen Händen und versetzte ihr mit dem Schwertrücken einem Hieb in den Nacken, wodurch sie Augenblicklich ihre Waffe fallen ließ und zu Boden ging.
„Mira!“, rief plötzlich jemand.
Cedric erblickte einen Mann, ebenfalls von gebräunter Haut und kurzem, schwarzem Haar. Sein Blick war panisch, als er zu der Frau eilen wollte, um ihr zu helfen. Ein treuer Anhänger? Oder vielleicht sogar ihr Geliebter? Egal wer, er wollte so schnell es ging zu dieser Mira. Komura drängte sich jedoch vor ihn. Er holte zum Schlag aus.
„Aus dem Weg!“
Cedric Beschützerinstinkt setzte ein. Niemand würde Komura etwas antun, dafür würde er sorgen. Das hatte er geschworen. Und keinesfalls würde ein armseliger Dreckskerl aus der Gosse dafür sorgen, dass er scheiterte.
Den Blick nicht von ihm abwendend griff Cedric an seinen Stiefel, versuchte gleichzeitig den Laufweg des Mannes zu antizipieren. Er zog den Dolch, den er dem alten Dacol genommen hatte hervor und warf ihn mit einer Mischung aus Kraft und Präzision. Er war kein zielsicherer Werfer, doch mit einem Treffer, der die Schwerthand des Mannes durchbohrte, was diesen stoppte und aufschreien lies, hatte er wohl den Wurf seines Lebens gemacht.
Komura nutzte seine Gelegenheit. Ein Feuer sammelte sich in seinem Rachen, wuchs weiter und hüllte fast seinen ganzen Kopf ein. So ging er schließlich seinem Angreifer an die Kehle, grub seine Fangzähne in sein Fleisch und verbrannte es. Statt einem Schrei brachte der Mann nur ein schwaches Röcheln hervor. Einige Augenblicke rührte sich niemand, bis schließlich Komura den Mann los ließ und dieser zusammen brach.
Nun war es Mira, die laut und voller Wut schrie.
„Wie kannst du es wagen, du Mistvieh!“
Ebenfalls wollte sie Komura mit gezogener Waffen angreifen. Doch aus diesen Angriff konnte mittels eines heißen Flammenstrahles aufgehalten werden. Nur knapp schaffte Mira es, rechtzeitig zur Seite zu springen, und weitete vor Schreck die Augen, als Cedric auf einmal neben ihr stand. Ein schwungvoller Hieb entwaffnete ihre Hand schließlich von dem rauen Säbel. Als sie sich panisch umsah, musste sie feststellen, dass die meisten ihrer Männer bereits kampfunfähig waren. Manche geflüchtet, die meisten verwundet, aber am Leben. Nur einen Toten gab es, ihren Mann.
Cedric wusste dies natürlich nicht, als er der Frau gegenüber stand und die Waffe auf sie richtete. Mit verachtenden Augen voller Tränen blickte sie in die seinen.
„Tse, so tief gesunken, dass du eine wehrlose Frau töten musst, um dich stark zu fühlen, Scheißkerl?“, zischte sie zwischen ihren Zähnen hervor.
Leicht verwundert hob Cedric eine Augenbraue.
„Wäre ich nun in deiner Lage, du würdest keine Sekunde zögern, mich zu töten. Nicht nur das.“
Er nickte zu Komura.
„Du würdest auch ihn töten, dann meine Leiche plündern und mich hier im Staub zurück lassen. Warum also sollte ich einer schäbigen Krähe wie dir mein Mitgefühl schenken?“
„Weil ich das so will!“, mischte sich Kecigor auf einmal ein und trat vor.
„Tötest du sie im Kampf, wenn du keine andere Wahl hast, so würde ich es dir vergeben. Das hier ist aber eine völlig andere Situation.“
Schon stand er direkt neben ihm und fixierte Cedric mit scharfem Blick.
„Deine Worte sind war, doch sind sie auch der Grund, warum du dich zurück halten solltest. Wenn du hier Gleiches mit Gleichem vergelten willst, begibst du dich auf einen Pfad, der mich dazu zwingen wird, dich als Verbrecher anzusehen. Tu dir einen Gefallen und mache das nicht.“
Weder mitfühlend, noch bedrohlich klangen Kecigors Worte. Mehr hörte er sich an, wie ein Lehrmeister, der einen Schüler von einem fatalen Fehler abhalten wollte.
„Willst du mich verarschen?“ Das wären wohl Cedrics Worte gewesen. Er wollte gerne erwidern, wollte ihm ins Gesicht sagen, dass dies genau das wäre, was sein Instinkt ihm befahl. Töte die, die dich töten wollen. So hatte er immer gelebt.
Als er merkte, dass Kecigos Augen, die ihn scheinbar aufspießen wollten, keinen Widerspruch zuließen, tauschte er einen Blick mit seinem Pokémon. Er war düster, nicht nur der seine, sondern auch Komuras. Er steckte seine Waffe weg.
„Gut, ich werde ihr nichts antun.“
„Schön.“, sagte der Ritter, wandte sich anschließend noch an Mira.
„Dein Glück besteht darin, dass wir gerade wichtigeres zu tun haben, als dich der Miliz zu übergeben, deshalb darfst du gehen. Ich rate dir davon ab, uns zu folgen und nochmal anzugreifen.“
Sie nickte schwach, ihre Augen sahen jedoch verräterisch und plötzlich sah Cedric eine perfekte Gelegenheit.
„Lass uns schonmal vor gehen, Komura wird hier auf sie aufpassen und uns folgen, sobald er sicher ist, dass sie das nicht ebenfalls tut. Nur als Vorsichtsmaßnahme.“
Nach kurzem Überlegen willigte Kecigor ein und Cedric wandte sich ein letztes Mal an Mira.
„Du wirst dich nun umdrehen und es nicht wagen uns nachzustellen. Rühre dich erst wieder, wenn er wegläuft. Einholen wirst du ihn eh nicht.“, wies er an, worauf sie widerwillig gehorchte. Cedric besah sich kurz die umher liegenden Ausrüstung, die zurück gelassen wurde.
„Und denk' nicht daran, eines dieser Schwerter aufzuheben. Du wärst tot, bevor deine Hand den Griff packen kann.“
Keine Reaktion, er hatte aber auch keine erwartet.
„Gehen wir.“, sagte Kecigor und machte sich mit Tristan, der stumm zugesehen hatte auf den Weg.
Cedric wartete noch einen Moment. Mira konnte ihn nicht sehen, stand mit zu ihm gekehrtem Rücken zu ihm und zitterte vor Wut. Auch Tristan und Kecigor schenkten ihm gerade keine Aufmerksamkeit. So wagte er es, Komura noch einmal einen bedeutenden Blick zu schenken. Er war düster, fordernd, seine Augen befehligten stumm, sein Mund war zu einem diabolischen Grinsen geformt. Das Tornupto erwiderte es. Dann schloss er schnell zu den anderen auf, die ihn neugierig betrachteten.
„Sicher, dass das in Ordnung ist?“, fragte Tristan, leicht besorgt um das Feuerpokémon.
„Glaub mir, es ist okay.“, antwortete er beiläufig. Innerlich dagegen freute er sich. Komura hatte verstanden.
Ein pfeifender Wind zog durch die Straße, wirbelte Staub auf und verlieh der Szenerie etwas trostloses. Mira hielt die Hände etwas nach oben und zeigte damit ihre Unterwerfung. Sie hatte es akzeptiert, dass sie die falschen Männer angegriffen hatte und wollte das Tornupto nicht versehentlich zu einem Angriff provozieren. Also kniete sie dort, wartete, zitterte und hoffte, dass es bald verschwinden würde.
Komura stand nach wie vor direkt in ihrem Rücken, sodass sie nicht sehen konnte, was er tat. Er erlaubte es sich, sich nach beiden Richtungen umzusehen. Von den verletzten Männern waren die meisten geflohen, bevor Cedric und die anderen gegangen waren. Nur noch eine handvoll von ihnen lag noch bewusstlos da, einer sogar leblos. Abgesehen von der Frau vor ihm war hier kein Mensch, der sie beobachtete. Perfekt um das zu tun, was Cedric von ihm gefordert hatte.
Mit langsamen, geräuschlosen Schritten rückte er dichter an sie heran. Sie rührte sich auch weiterhin nicht. Komura setzte zu einem Sprung an. Mira wusste nicht, wie ihr geschah, sie bekam nicht die Chance, etwas zu realisieren. Noch ehe sie aufschreien konnte, als Komura mit geneigtem Kopf seine Zähne in ihrem Nacken vergrub, drehte er diesen mit der ganzen Kraft seines Körpers und brach der Frau so das Genick. Ein lautes Knacken ertönte, als ihre Knochen auf eine für den Körper nicht vorgesehene Weise verdreht wurden und schließlich brachen. Der Körper erschlaffte und ging mit einem dumpfen Aufschlag zu Boden.
Komura schenkte ihr keine weitere Sekunde Beachtung und beeilte sich, seine Gruppe wieder einzuholen. Mit schnellen Schritten verschwand er die Straße entlang.
Nichteinmal die stark ausgeprägten Sinne des Feuerpokémons hatten ausgereicht, um zu bemerken, dass doch ein Augenpaar auf ihm geruht hatte. Im Schatten einer Gasse schien einen Moment die Luft zu flimmern, dann war deutlich eine leuchtende, gemein grinsende Fratze zu sehen, als sich langsam eine Gestalt verdeutlichte. Absolut geräuschlos schwebte sie sogleich davon, steuerte einen einsamen Hinterhof an, wo ihre Herrin, eine Frau in schneeweißer Tracht auf ihn wartete.
„Und?“, wollte sie wissen.
Der dunkle Schemen kam nun endgültig aus seiner Tarnung hervor, grinste noch etwas breiter. Jeder normale Mensch wäre schreiend geflohen beim Anblick der diabolischen Fratze.
„Wie interessant.“, murmelte sie.